Bergnebel von -Elenya- ================================================================================ Kapitel 2: Der Tag der Ablösung ------------------------------- Der Tag der Ablösung Die Anreise zum Bergwächter war eine Anstrengung, die die Kräfte des jungen Elar weit überstieg. Sein Vater, Tranûr, war der König von Donara und Elar trottete nun hinter ihm den steilen Berghang hinauf. Es war ein geheimer Weg, den nur der König und sein engster Hofstaat kannte. Heute war der Tag, an dem sie die Ablösung des Bergwächters Feldar hinauf begleiteten. Es war sein fünfundzwanzig jähriger Sohn Pian. Elar kannte ihn gut und verstand sich mit ihm, den er hatte Jahre am Hof gelebt. Obwohl er zehn Jahre jünger war, interressierte er sich viel für Pian. Er war wie ein großer Bruder für ihn, denn Elar hatte nur eine kleine Schwester mit Namen Meral. Und heute war auch der Tag, an dem Elar zum ersten Mal das dunkle Land betreten würde. Wenn die anderen davon erfahren könnten! Doch Tranûr hatte Elar verboten mit seinen Freunden darüber zu sprechen. Deshalb war er nun missmutig und richtete seinen Blick nicht auf seinen Vater, der in seiner unscheinbaren Kleidung keinesfalls wie ein König aussah...nur die Krone zeigte seinen Stand an. Elar trug seine Wanderkleidung, die aus edlem Leder bestand. Ihm sah man an, das er der Prinz von Donara war. Elar Tranûr. Der Nachfolger von Tranûr Neglem. „Wann sind wir da?“, fragte Elar mit großer Anstrengung. „In ungefähr drei Stunden haben wir über die Hälfte des Berges geschafft.“, meinte sein Vater und Elar wurde nur noch missmutiger. Drei Stunden! Da stand die Sonne schon weit am Himmel und seine Freunde konnten am Hof reiten! Aber Elar würde das dunkle Land betreten. Das würden die Jungen nie können. Elar grinste leicht. Wie war es wohl im Land hinter dem riesigen Berg? Bis vor zwei Tagen hatte er nicht einmal gewusst, dass sich dahinter ein Land befand. Es war ihm sehr peinlich gewesen, doch niemand hatte ihn darüber aufgeklärt. Erst der Magier am Hof seines Vater hatte ihm in seinem Unterricht erzählt, das hinter dem steil aufragenden Berg ein Land sei, voller gefährlicher Wesen und Babaren die ungebildet seien und in den Wäldern in Holzhütten lebten. Ein bisschen Angst hatte Elar schon vor ihnen, aber was sollten Babaren seinem Vater und ihm schon tun können? Nichts! Wovor hatte er Angst? Elar schnaufte, seine Beine taten fürchterlich weh und zu seinem Übel rollten dem Trupp plötzlich Steine entgegen, die sich durch irgendetwas von der Bergwand, an der sie gerade entlangschritten, lösten. Alle konnten rechtzeitig ausweichen, doch Elar wurde nicht verschont. Er war der jüngste in der Gruppe, alle anderen waren über zwanzig Jahre älter als er und hatten in den zwei Stunden, die sie schon unterwegs waren ein schnelles Tempo angegeben. Elars Beine waren schwer wie Blei und seine Reflexe waren langsam – zu langsam. Ein Stein von der größe eines Stuhls traf ihn an der Seite und zeriss leicht seine Lederjacke. Alle stürmten schnell zu ihm und halfen ihm auf. „Elar, ist alles in Ordnung?“, fragte Pian, der als erster bei ihm war. Elar nickte, doch dann fasste er sich an die Seite. „Hier ist ein Stechen.“, sagte er und zeigte mit seinem Finger auf die Seite. Zwei der begleitenden Krieger kamen näher und einer von ihnen sprach: „Wir sind ebenfalls ausgebildete Heiler und es würde uns eine Ehre sein Euch zu untersuchen, Prinz Elar.“ Sie verbeugten sich und Elar wurde von ihnen zur Seite getragen und untersucht. Als die Heiler Elars Jacke und Untekleidung abstreiften sahen sie, dass Elars Seite nur leicht verlezt war. Jedoch blutete er und die Wunde des jungen Prinzen sah seltam und unnatürlich aus. Es waren drei Kratzer übereinander und ein letzter, der einem Punkt ähnelte. Die Heiler scherten sich nicht darum und verbanden die Wunde. Die weitere Reise ging nur schleppend voran, da Elar mit seiner Wunde und der betäubten Seite nur schwer laufen konnte, jedoch erreichte die Königstruppe nach nur sechs Stunden, den Gipfel des Berges. Feldar erwartete sie bereits und kam aufgeregt auf sie zugerannt, verbeugte sich vorm König und sprang dann seinem Sohn Pian um die Arme. Beide – Vater und Sohn – weinten. Die Ablösung erfolgte rasch, doch Elar hatte genug Zeit, sich umzuschauen. Die Hütte des Bergwächters war klein und als er sie betrat befand er sich nur in einem Zimmer, in dem sowohl das Schlafzimmer, als auch die Küche eingebaut war. Die Wände waren etwas verrußt und aus Holz. Fing es hier schon an? Das primitive Land mit den Holzhütten und Babaren? Elar blickte um sich, sah aber kein Lebewesen, außer einer Ziege, die auf der Wiese weidete. Man hatte einen herrlichen Ausblick von dem riesigen Berg. Sein Land war hell und freundlich, doch als Elar sich umdrehte, den Blick in das Land hinter dem Berg warf, sah er fast nichts. Es war so dunkel wie die Nacht, der Schatten des Berges fiel auf den Rest der Welt. Elar schauderte und wandte sich ab. Er umarmte Pian. Es war wohl das letzte Mal, wo er seinen Freund sehen würde und er konnte sich die Tränen nicht verkneifen. Pian hier oben auf dem Berg, ganz allein, nur mit einer Ziege. „Ich werde dich nie vergessen, Elar.“, sagte Pian zum Abschied zu seinem jungen Freund und Elar spürte plötzlich ein Gefühl in sich hochkommen und sagte leise: „Ich verspreche dir, Pian, Sohn von Feldar, dass du niemals dein ganzes Leben hier oben allein verbringen wirst. Das verspreche ich, Prinz Elar, Sohn von Tranûr bei meinem Leben! Ich werde dich hier oben nicht allein lassen, ich werde jeden Monat zu dir kommen! Das verspreche ich hoch und heilig beim alten Geist und Luna und Kyio. Auf das sie mich strafen sollen, wenn ich nur ein Treffen versäumen sollte!“ Da verdunkelte sich auf einmal der Himmel und es begann urplötzlich zu regnen. Ein Blitz schlug nahe von Elar ein. Pian wurde weiß. „Du hast einen Schwur abgelegt, den du nicht halten kannst, Elar. Mache ihn rückgängig!“, sagte er mit zitternder Stimme. Die Götter waren wohl nicht nicht gut auf Elar gestimmt. Niemand durfte zum Bergwächter kommen, das wiedersprach einer wichtigen Regel, die von Nârls Magier aufgestellt wurde. Doch Elar schüttelte den Kopf. „Den Schwur muss ich halten, oder ich sterbe. Ich habe es geschworen...bei meinem Leben.“ Er war ebenfalls weiß, doch er hatte keine Angst vor dem Zorn des alten Geistes, oder vor Kyio, der einst die Schatten in die Welt gebracht hatte. „Lebewohl Pian, auf das wir uns bald wiedersehen!“, sprach Elar dann laut, umarmte seinen vom Regen durchnässten Freund und folgte dann seinem Vater, den steilen Weg hinab, zu dem geheimen Durchgang ins dunkle Land. 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