Lost Boys von Angie_Cortez (Well, if you wanted honesty, that's all you have to say) ================================================================================ Kapitel 18: Still you ask, is love to blame? -------------------------------------------- Still you ask Is love to blame? „So Jungs, hier ist der Glühwein!“ Tovey glitt kichernd durch die Tür, die Alexej ihm aufhielt. Nach seinem Gang zu urteilen hatte er schon die halbe Ration geleert, aber eigentlich war Tovey absolut nüchtern. Brian grinste schief und streckte die Hände nach dem Becher aus, den Tovey ihm hinhielt. „Du torkelst wieder mal durch die Gegend wie ein Alki“, sagte er und betrachtete die dampfende rote Flüssigkeit in seiner Tasse. Tovey zuckte unschuldig mit den Schultern und ließ sich auf Alexejs Schoß nieder. „Prost auf den Heiligen Abend, ihr Süßen“, sagte er und hob leicht den Becher. „Gehabt euch wohl!“ Er versuchte sein Kichern zu unterdrücken, schaffte es aber nicht. „Prost“, antworteten die anderen und dann nippten sie schweigend an ihren Tassen. Der Glühwein war heiß und sehr alkoholhaltig. Keiner der vier Jungs ahnte, dass über ihren Köpfen eine Stecknadelkopfgroße Kamera schwebte und jede Bewegung unweigerlich aufzeichnete. Und keiner der vier Jungs hätte gedacht, dass in diesem Moment Ronald Bleckets Augen auf ihnen ruhten. „Was machst du da?“ fragte Sonny und köpfte gekonnt die Sektflasche. „Big Brother“, Blecket grinste dreckig. Sonny hob eine Augenbraue und stellte zwei leere Gläser vor sich auf den Schreibtisch. Vorsichtig kippte er den sprudelnden, kalten Sekt hinein. Blecket sah zu ihm hoch. „Alle wollen Glühwein, nur du bestehst auf Sekt.“ Sonny antwortete darauf nicht. Er hasste Glühwein. Außerdem hatte er nie verstanden, wie man sich mit einem Heißgetränk besaufen konnte. Schwungvoll nahm er die beiden zarten Gläser vom Tisch und reichte seinem Liebsten eines davon. „Danke dir, Kleiner.“ Sie stießen an. Das leise Klirren war laut im stillen Raum. „Was genau tust du denn jetzt hier?“ fragte Sonny noch einmal, nachdem er einen Schluck genommen hatte. „Ich spiele Gott“, antwortete Blecket wieder vage. Sonny zog die Augenbrauen zusammen, stellte sein Glas ab und ging um den Tisch herum, um zu sehen was Blecket wirklich tat. Einen Moment herrschte erdrückendes Schweigen, bis Blecket sich vorbeugte und die Boxen seines PCs anstellte. Brians Stimme klang durch den Raum. Sonny wollte einfach nicht begreifen, was er da sah. „Ich muss sagen, es ist schon komisch ohne Sonny und seinen Sektfaible Weihnachten zu feiern. Aber trotzdem bin ich froh, dass dieser Arsch mit Ohren nicht hier ist …“ Danke Brian! „Moment“, begann Sonny langsam und riss seinen Blick vom Bildschirm. Jetzt redete Tovey, doch Sonny hörte gar nicht mehr zu, wie sie über ihn lästerten. Verstört blickte er hoch in Ronald Bleckets Gesicht. „Du hast in der 76 eine Kamera?“ Blecket grinste. „Nein“, sagte er prompt. „Ich habe überall Kameras.“ Sonny senkte den Blick auf den Boden. „Aber du … hast kein Archiv?“ „Wieder falsch. Ich habe jede Sekunde, jede Minute, jeden Tag und jedes Jahr seit einer halben Ewigkeit archiviert.“ Sonny ließ sich auf den Boden hinter dem Schreibtisch und neben Bleckets Stuhl fallen. „Kleiner, glaubst du wirklich, dass ich nicht weiß, wer hier in meiner Schule mit Streichhölzern spielt?“ Blecket erhob sich von seinem Stuhl und hielt Sonny seine Hand hin. „Komm hoch.“ Sonny gehorchte und ließ sich von seinem Lehrer hochziehen. „Wenn ich dich hätte wegsperren lassen wollen, dann hätte ich es längst getan. Aber hab ich das? Richtig, hab ich nicht. Also hoch mit dem Köpfchen.“ Sonny seufzte. „Du hättest doch mal was sagen können“, er ließ sich leicht nach vorn in Bleckets Arme sinken. „Hab ich doch grad“, meinte der betont lässig und schob die Hände in die hinteren Taschen von Sonnys Jeans. „Und jetzt hör auf dich zu bedauern. Die Nacht ist noch lang.“ Der Himmel war klar. Man konnte jeden Stern am Firmament glänzen sehen. Doch wer das draußen tun wollte hatte mächtig mit der Kälte zu kämpfen, die die Wolkenlosigkeit mit sich brachte. Brian starrte an die dunkle Decke. Er war noch wach. Aron lag neben ihm. Seine gleichmäßigen Atemzüge verrieten ihm, dass sein Freund schlief. Brian hob seinen Kopf leicht von seinem Arm und musterte Aron. Ein paar Haarsträhnen waren ihm ins Gesicht gefallen. Vorsichtig schob Brian sie weg und küsste Aron auf die Stirn. Heute wäre es perfekt gewesen einen neuen Anlauf zu nehmen, aber Aron war noch nicht bereit. Brian seufzte und im selben Moment wurde ihm klar, wie viel Aron ihm wirklich bedeutete. Der Sex war ihm fast egal geworden. Natürlich dachte er daran, wie auch nicht? Und natürlich wünschte er es sich manchmal so sehr, dass es fast wehtat, aber er holte es sich nicht und das war der springende Punkt! Braver Junge! Sagte Brian sich und grinste dabei. Ja, Aron war ihm wirklich viel wert. Mehr als alles andere, mehr als alles Geld der Welt und mehr als sein kleines Dasein. Er schloss die Augen und legte seine Stirn an Arons. „Ich liebe dich“, sagte er und zum ersten Mal fühlte es sich richtig gut an. Wie sehr hatte er sich davor geekelt das zu sagen? Wie sehr hatte er verdrängt, dass er lieben konnte? Beim ersten Mal war es kaum aussprechbar gewesen, doch jetzt war es süß. Brian grinste schläfrig. „Ich liebe dich.“ Und er driftete langsam in einen seichten Schlaf. Die Tür ging und Brian schrak aus seinem Traum hoch. Tovey und Alexej waren wieder da. Ein schneller Blick auf seinen Wecker sagte ihm, dass die Beiden fast drei Stunden verschwunden gewesen waren. Hatten die eine Ausdauer! Brian hatte mit dieser Einschätzung nicht ganz Unrecht. Die beiden Jungs hatten Ausdauer bewiesen, aber in nichts anderem als Reden und Zuhören. Nach der Bescherung hatte Alexej Tovey beiseite genommen und ihn gefragt, ob sie eine Weile unter vier Augen reden könnten. Tovey war schier in Panik verfallen, als er Alexej so ernst vor sich stehen sah. Ihm waren tausend Dinge durch den Kopf gegangen. Hatte er etwas Falsches getan? Etwas Falsches gesagt? Falsch reagiert? Unten in den Kellerräumen, auch als Aufenthaltsräume bekannt und beliebt suchten sie sich einen ruhigen Ort. Toveys Hände waren feucht, als sie sich nebeneinander auf der unweigerlich durchgesessenen Couch niederließen. „Ich möchte dir was erzählen“, sagte Alexej vorsichtig. „Ich finde, es ist wichtig, dass du das weißt, weil ich denke, dass das mit uns Zukunft hat.“ Tovey atmete auf, aber nur ein wenig, und hoffte dass Alexej es nicht mitbekam. „Es geht um meine Vergangenheit.“ Tovey schlug die Beine übereinander, lehnte sich zurück und sah seinen Freund überrascht an. Was würde das für eine Geschichte werden? „Ich möchte dich nicht auf die Probe stellen, ich möchte nur, dass du mich kennst“, fuhr Alexej fort und legte jetzt auch den Kopf gegen die Lehne. Tovey sah ihm direkt in die Augen. So hübsch konnte einem nur ein Geliebter Mensch vorkommen. In Alexejs Augen wurde Brian zu einem flüchtigen Schatten. „Bist du bereit es zu hören?“ fragte Alexej und hob die Hand um über Toveys Wange zu streicheln. Tovey nickte. Dann folgte die Geschichte: Alexej Robanov war in mehr als einer Hinsicht nie ein ganz normaler Junge gewesen. Zwar hatte er keine blitzförmige Narbe auf der Stirn, oder schwang einen Zauberstab, aber trotzdem lief in seinem Leben alles etwas anders. Alexej war der Sohn eines Bordellbesitzers. Seine Mutter war seine der besseren Huren seines Vaters. Als sein Vater bemerkte, dass sie schwanger war, glaubte noch keiner, dass er wirklich der Erzeuger des Kindes sein sollte, doch ein Gentest bestätigte das. Alexej wurde im Bordell seines Vaters geboren und er lebte dort, sah diese Umgebung als sein zu Hause und lernte früh, dass das Leben seine Schattenseiten hatte. Zwar bekam er alle erdenkliche Zuneigung und materielle Zuwendung seines Vaters (und auch seiner Mutter), doch Alexej spürte, dass etwas an seinem Leben anders war. Mit zwölf Jahren, als er von Sex mehr wusste als mancher Stricher, entdeckte Alexej etwas Neues im Reich seines Vaters: Die Jungen. Die Stricherjungen. Die halbnackten Frauen hatten ihn nie wirklich interessiert, aber diese zarten Gestalten zogen ihn an. Und mit 14 Jahren trat Raphael in sein Leben. Raphael war damals 17 gewesen. Ein hübscher Blondschopf. Alexejs Vater hatte ihn immer als guten Fang bezeichnet. Zweifelsohne war er das auch. Die Halblangen blonden Haare hatten ihm immer leicht im Gesicht gehangen, die Augen waren eisblau gewesen. Alexej suchte zunehmend seine Nähe. Er erinnerte sich noch, dass es kurz nach Mitternacht war, damals. Eine Stunde lang hatte er vor Raphaels Zimmer gehockt und gewartet. Endlich hatte der Freier das Zimmer verlassen. Alexej huschte hinter ihm in den hübschen Raum. Sein Vater war kein schlechter Mensch und er behandelte seine „Angestellten“ auch nicht übermäßig abwertend, nur das Geld war schmutzig. So hatte Alexej es gelernt. „Was machst du hier?“ Raphael stand am Fußende des Bettes und zog seinen Gürtel zu. Alexej sah die Boxershorts und dem Hosenbund hervorleuchten. „Ist es nicht ein bisschen spät für dich?“ Alexej lächelte entwaffnend. Raphael sprach das schönste russisch, dass er sich vorstellen konnte. Seine Stimme war klar und angenehm. „Ich wollte mich umsehen“, sagte er und ging auf seinen liebsten Blondschopf zu. Die kindliche Vernarrtheit in Alexejs Augen schien Raphael zu belustigen. Er lächelte, entblößte weiße Zähne unter seinen blassen Lippen. Alles an ihm war Strahlend in Alexejs Erinnerung. Raphael wandte sich ab, ließ sich auf dem Bett nieder und griff nach dem Geld auf dem niedrigen Nachttischchen. Er begann die Scheine zu zählen, wirkte zufrieden, machte zwei Häufchen und schob einen in die Hintertasche seiner Jeans. „Das ist für Papa, nicht wahr?“ fragte er und tippte auf den Stapel, den er auf dem Nachttisch zurückgelassen hatte. Dabei lächelte er Alexej an. Alexej zuckte mit den Schultern. Ein unbekanntes Kribbeln machte sich in ihm breit. „Ich hoffe du entschuldigst die Frage, aber hast du schon mit einem der Mädels Sex gehabt? Ich bin so neugierig.“ Die Hände in die Taschen geschoben ging Alexej hinüber zu Raphael und setzte sich neben ihm. „Ich hatte noch keinen Sex. Ich wollte nicht. Die Mädchen gefallen mir nicht.“ „Oh“, Raphael schien überrascht. „Aber es sind wirklich hübsche Mädchen.“ „Das ist mir egal.“ Raphael zuckte mit den Schultern und sammelte ein weißes T-Shirt vom Boden auf. Alexej beobachtete ihn dabei, wie er es dann überstreifte und seine Haare wieder richtete. „Du solltest gehen, es kommen noch andere Kunden“, sagte der Ältere und betrachtete den kleinen Zuhälterjungen ernst. „Magst du den Job?“ fragte Alexej, ohne auf das vorher gesagte einzugehen. „Niemand mag den Job“, antwortete sein Gegenüber und schüttelte traurig mit dem Kopf. „Es ist der letzte Ausweg.“ „Dann willst du ihn doch bestimmt loswerden“, fuhr Alexej fort. „Du würdest gern weg, nicht wahr?“ „Ja, schon, aber …“ Alexej hörte nicht mehr zu. In seinem Kopf wuchsen andere Pläne. Er rutschte vom Bett und verließ das Zimmer im Laufschritt. Tovey betrachtete seinen Freund schweigend. Einen Zuhälter als Vater … Nicht zu glauben. Das war gruselig. „Was hattest du dir denn überlegt?“ fragte er vorsichtig. Alexej sah ihn mit einem schiefen Lächeln an. „Das war ganz einfach. Ich bin zu meinem Vater gegangen …“ Alexejs Vater hatte eine innige Beziehung zu seinem Sohn. Inniger als es ihm viele zugetraut hätten und er war stolz darauf. Nun rückte Alexejs 15. Geburtstag näher. „Was wünscht du dir?“ fragte Herr Robanov seinen Augapfel und Alexej zögerte nicht sehr lang mit seiner Antwort. „Ich habe nur einen Wunsch“, sagte er prompt. Sein Vater sah ihn neugierig an. „Der wäre?“ „Ich will Raphael.“ Alexejs Vater zog die Augenbrauen zusammen und schien darüber nachzudenken, während er eine übel riechende Zigarre anzündete. „Was willst du mit Raphael?“ fragte er vorsichtig. Alexej lächelte verschlagen. „Ich will ihn besitzen.“ Eine steile Falte grub sich in die Stirn des Vaters, der seinen 14-jährigen kleinen Stöpsel kritisch betrachtete. „Und was gedenkst du dann mit ihm zu tun?“ Wieder ließ Alexejs Antwort nicht auf sich warten. „Ich will mit ihm schlafen.“ Alexejs Vater lachte schallend auf. „Sag mit nicht, dass mein kleiner Junge abenteuerlustig ist?“ „Nein, schwul.“ Stille machte sich breit. Alexejs Vater drückte die halb abgebrannte Zigarre in seinem vergoldeten Aschenbecher aus. Eben solch einen Aschenbecher, der sich später auch in Ronald Bleckets Büro einen Platz ergattern konnte. „Gut“, sagte Robanov langsam. Alexej musterte ihn gespannt. Die Sache mit dem Schwul sein hatte er nur in den blauen Dunst hinein gesagt, aber es kam ihm gut vor, kam ihm richtig vor. Er mochte die Vorstellung. „Du bekommst deinen Raphael.“ Doch dazu sollte es bei allem guten Willen nie kommen. Tovey verzog das Gesicht, wie ein kleines Kind, das bei seinen ersten tapsenden Schritten durch die Welt auf dem Hosenboden gelandet war. „Komm jetzt der Teil, bei dem ich mit im Kino immer die Augen zuhalte?“ Alexej nickte bedächtig. Tovey schniefte leise. „Nicht zu viele Details, bitte.“ Für diese Worte erntete er nur ein leises Schulterzucken. Tovey wusste, dass alles betteln nichts half. Jetzt würde eine unverblümte böse Wahrheit kommen, vielleicht böser, als Arons Vergewaltigung, böser als … der verlorene Kampf um Brians Liebe. Brian das kleine fiese Schreckgespenst, das niemals aus seinen tiefsten Träumen entweichen würde. „Du denkst schon wieder an ihn“, Alexej konnte man nichts vormachen. Tovey fühlte sich ertappt. Er wurde rot und senkte den Blick. „Ich sehe das in deinen Augen, wenn du an Brian denkst. Du hast dort diesen traurigen Glanz. Weißt du wie der weg geht?“ Unsicher schüttelte Tovey mit dem Kopf. Alexej überbrückte die geringe Distanz zwischen ihren Gesichtern und küsste ihn liebevoll auf die Lippen. Tovey fühlte Erleichterung durch seinen Körper rauschen. Trotzdem kamen ihm die Tränen. „Erzählst du weiter?“ fragte er und schlang die Arme um Alexejs Nacken. Es war zwei Tage nach dem Gespräch mit seinem Vater, als Alexej auf Zehenspitzen durch das Bordell schlich, wie er es nur zu gern tat. Er hatte kein bestimmtes Ziel, doch früher oder später führte es ihn zu Raphael in sein warmes Zimmer, das leicht nach Vanille duftete. Schon Minuten nachdem Robanov sein OK gegeben hatte, war Alexej in eben dieses Zimmer gestürmt und hatte Raphael von der bevorstehenden Wendung seines Lebens berichtet. Daraufhin war die blonde Schönheit in fröhliches Gelächter ausgebrochen, nur um dann Alexej in seine Arme zu ziehen und ihn in die Freuden des Erwachsenseins einzuweihen. Danach war Alexej klar, dass er nicht nur den Gedanken liebte, sich als schwul zu bezeichnen, sondern, dass es wirklich wahr war. Beschwingt huschte Alexej um eine Ecke, immer mit den Fingerspitzen an der kühlen Wand. Zu seiner Linken tat sich eine Tür auf. Alexej war also gezwungen die Finger von der Wand zu lösen, was ihm missfiel. Forschend blickte er in den Raum. Es war eines der teilweise eher unsauberen Bäder, mit den aufgereihten Duschen und Waschbecken, die ihm später im Internat Schauer über den Rücken jagen sollten. Er hörte Wasser laufen und fragte sich, wer wohl jetzt, zur Hauptarbeitszeit, mit Duschen beschäftigt war. Mit schmollendem Gesicht betrat er das Bad. Die Fliesen standen unter Wasser. Rotem Wasser. Der schmollende Ausdruck wich aus Alexejs Gesicht. Sein blick wanderte hinüber zu der Dusche, aus der unablässig Wasser in kleinen Strömen lief. Der feste Sichtschutz war geschlossen. Schemenhaft sah Alexej eine Gestalt dahinter hocken. Seine Hände begannen zu zittern. Doch ganz entgegen seinem Fluchtinstinkt, machte er nicht auf dem Absatz kehrt. Vorsichtig setzte Alexej einen Fuß in das verfärbte Wasser und näherte sich langsam der Dusche. Seine Hand streckte sich fast wie von selbst nach dem Sichtschutz aus. Nur noch wenige Millimeter. Alexej kniff die Augen zusammen und ließ beide Hände vorschnellen um den Sichtschutz aufzureißen. Ein heißer Schwall Wasser durchnässte seine Hose. Das Rauschen war unnachgiebig. Langsam öffnete er die Augen. Dort in der Dusche lag sein Raphael. Die vergilbte Keramik war mit Blut besudelt. Die ganze Duschkabine schien mit seinem Blut gestrichen worden zu sein. Der Schwall heißen Wassers hatte Blut auf Alexejs Kleidung zurückgelassen. Er zitterte trotz der dampfenden Hitze. Noch einige Sekunden starrte er auf seinen toten Raphael, sein totes Geschenk, seinen ersten Liebhaber. Dann gaben seine Knie nach und Alexej begann laut zu schluchzen und zu schreien. Wer das getan hatte, erfuhr er nie. Eine einsame Träne lief über Toveys Wange. „Das ist ja schrecklich“, sagte er mit belegter Stimme. Alexejs Blick war in weite Ferne gerückt, obwohl die Sitzfläche der Couch schon einen vorzeitigen Horizont hervorbrachte. „Und neulich“, sagte er tonlos und schien gar nicht zu merken, dass Tovey leise schluchzte, „habe ich Elya in der Dusche gefunden. Es war einfach schrecklich …“ Tovey, der sich während Alexejs Erzählung wieder etwas von seinem Freund gelöst hatte fiel ihm nun erneut um den Hals. Alexej drückte ihn tröstend an sich. „Seitdem trage ich immer ein Messer bei mir“, sagte er leise. „Als Sonn versucht hat Brian etwas zu tun, da hatte er es sofort unter der Nase. Ich will nicht, dass Menschen sich gegenseitig umbringen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)