Abenteuer im Abwasser von S_ACD (Von Ratten, Taschenlampen und unverständlichen Karten...) ================================================================================ Kapitel 2: Karten ----------------- Sie stapften los. Kakashi ging, die Taschenlampe in der Hand, voraus und Naruto folgte ihm auf dem Fuß. Die Karte des Kanalisationssystems trug er wie einen Orden vor sich her und kniff in dem Versuch, bei dem Dämmerlicht, das Kakashi ihm übrig ließ, überhaupt etwas zu erkennen, die Augen fest zusammen. „Okay“, meldete er sich zu Wort, „Bei der Gabelung jetzt müssen wir rechts.“ Kakashi blieb so abrupt stehen, dass Naruto in ihn hineinrannte. „Hey!“ „Naruto“, stöhnte sein Sensei auf, „Naruto, du hast mir doch gesagt, du kannst eine Karte lesen?“ “Kann ich auch!”, bestätigte Naruto selbstbewusst und eine Spur verwirrt, „Wieso?“ „Und du bist dir ganz sicher, dass du eine Karte lesen kannst?“ „Hundertprozentig, Kakashi-sensei! Bei der Gabelung jetzt rechts, mein Wort drauf!“ „Tja“, machte Kakashi dumpf, „Blöd nur, dass da weit und breit keine Gabelung ist.“ „Was?!“ „Bitte sehr“, sagte Kakashi und schwenkte die Taschenlampe demonstrativ hin und her. Der Lichtkegel glitt über feuchten, braun-grünen Untergrund und fleckige, rostige Kanalwände – aber es war keine Gabelung zu sehen. „Oh…“, sagte Naruto, „Ja, das ist… wirklich blöd.“ „Gib mir die Karte, Naruto“, seufzte Kakashi und fragte sich zum wohl hundertsten Mal an diesem Tag, welcher Teufel ihn geritten hatte, heute aus dem Bett zu kriechen. „Aber… ich versteh das echt nicht, Sensei“, Naruto machte ein trotziges Gesicht, „Ich hab wirklich… ich wollte nicht… kann es sein, dass die Karte falsch ist?“ „Die Karte ist ganz sicher nicht falsch“, sagte Kakashi so ruhig, wie es ihm nur irgendwie möglich war. Es hilft dir nicht weiter, wenn du ihm hier unten den Hals umdrehst, sagte er sich in Gedanken, bleib einfach ruhig und versuch, das Ganze so schnell wie möglich hinter dich zu bringen. Er streckte die Hand aus. „Und jetzt gib her.“ „Bitte schön“, Naruto reichte sie ihm mit leicht beleidigtem Gesichtsausdruck, „Ich wette, Sie werden auch nicht schlau draus.“ „Wetten das?“, gab Kakashi zurück und nahm das Papier an sich. „So, und jetzt halt das mal.“ Er drückte Naruto die Taschenlampe in die Hand. Dann warf er einen Blick auf die Karte und runzelte die Stirn. Naruto musterte ihn eindringlich und Kakashi war, wie schon so oft in seinem Leben, froh, dass andere Leute nur einen Bruchteil seines Gesichts sehen konnten. Hätte sein Schüler die verwirrte Miene, die er gerade machte, gesehen, hätte er sich vor lauter Lachen wahrscheinlich gar nicht mehr eingekriegt. Himmel noch eins, was war denn das bitte für ein Mist? Tausend schmale Tintenstriche, ein paar Kleckse, dort, wo man durch die Kanaldeckel einsteigen konnte und ein paar Gänge, die rot markiert waren. Und das alles so winzig, dass er mit dem Gesicht ganz nahe an das Papier wandern musste, um überhaupt etwas zu sehen. „Ähm… Sensei?“ „Nicht jetzt, Naruto.“ Er legte den Kopf leicht schief und runzelte die Stirn. Okay, das hier war ganz offensichtlich Norden… oder doch eher Süden… und der kleine schwarzen Punkt da war… „Äh… Sensei!“ „Nicht jetzt, Naruto!“ Verdammt, gab es hier nicht irgendwo eine Legende oder so was? Eine Übersetzung? Eine beigelegte Lupe? IRGENDWAS? „Sensei!!“ „Naruto, sei ruhig!“ „Aber Sensei…!“ „Verdammt, wie soll ich denn aus dem Gefitzel hier schlau werden, wenn ich keine fünf Sekunden Ruhe vor dir habe!“ „Gar nicht, Sensei“, Naruto Grinsen war so breit, das es beinahe nicht mehr auf sein Gesicht zu passen schien, „Sie halten das Teil nämlich verkehrt herum.“ „A-ach…“ Kakashi spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. „Tatsächlich… ich meine…“ Meine Güte, war das peinlich! Und ausgerechnet vor Naruto musste er sich dermaßen blamieren. Oh ja, dieser Tag konnte nur noch besser werden! „Sie meinen was, Sensei?“, fragte Naruto frech. „Ich meine, dass… ich… äh… dass ich…“ Zur Hölle noch mal, eine Ausrede musste her, aber ganz schnell! „Äh… das… das war… ein Test… äh… Gratuliere!“ „Was?“ „Das war ein Test“, wiederholte Kakashi mit fester Stimme, „Gratuliere, hätte nicht gedacht, dass du das bemerkst. Klasse, ich äh… bin stolz auf dich.“ Er drehte die Karte herum. Bitte sehr, die nächste Klippe elegant umschifft. Haarscharf vorbeigeschrammt zwar, aber geschafft. Naruto verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn argwöhnisch. „Ein Test“, sagte er. „Ein Test“, bestätigte Kakashi nochmals, „Und jetzt gib Ruhe, damit ich die Karte hier kapieren kann.“ „Und warum“, fragte Naruto und seine Stimme klang misstrauisch, „Warum sind Sie dann rot im Gesicht?“ Um ein Haar wäre Kakashi der Kragen geplatzt. Was schwafelte der Bengel da von seinem Gesicht daher! Das konnte er doch noch nicht mal sehen! „Ich bin überhaupt nicht rot“, erklärte er bestimmt, „Mir ist nur warm, das ist alles.“ Damit widmete er sich wieder der Karte. „Und warum“, fragte Naruto und jetzt klang er triumphierend, „Halten Sie die Karte dann schon wieder verkehrt herum?“ „Öhm…“ Kruzitürken noch mal, das durfte doch nicht wahr sein! Aber der Junge hatte Recht. Kakashi spürte, wie er tatsächlich noch um eine Spur röter wurde. Tja, an manchen Tagen blieb man wohl wirklich besser im Bett… „Okay“, knurrte er, „Ein blödes Wort von deiner Seite und du kannst mal kosten, wie das Zeug unter deinen Füßen schmeckt.“ „Ich sag gar nichts, Kakashi-sensei.“ Naruto schwieg tatsächlich. Aber er grinste so breit, dass Kakashi trotzdem das Gefühl hatte, er würde vor lauter Scham in Flammen stehen. Und das Allerbeste an der ganzen Sache war, dass er aus dem vermaledeiten Fetzen Papier tatsächlich nicht schlau wurde. Naruto hielt die Taschenlampe zwar so, dass er möglichst viel sehen konnte, aber das half auch nicht viel. Nach zehn Minuten ebenso angestrengtem wie erfolglosem Punkt- und Strichgestarre hatte er Kopfschmerzen und war keinen Deut schlauer als vorher. „Na schön“, seufzte er letztendlich, „Ich blick da auch nicht wirklich durch.“ Ehrenvolle Kapitulation war schließlich immer noch besser als klägliches Versagen. „Hab ich doch gesagt, Sensei“, sagte Naruto zufrieden, „Und was machen wir jetzt?“ „Tja, äh… keine Ahnung.“ „Wie, keine Ahnung?“, Naruto sah ihn entgeistert an, „Was soll das denn heißen?“ Mit einem Mal fühlte sich Kakashi furchtbar müde, obwohl es keine drei Stunden her sein konnte, seit er aufgestanden war. „Dass ich keine Ahnung habe“, sagte er resigniert, „Wir sollten zusehen, dass wir hier irgendwie rausfinden, dann besorgen wir uns ne anständige Karte und starten von vorne.“ „Okay“, sagte Naruto, „Das klingt selbst für Ihre Verhältnisse vernünftig.“ Kakashi glaubte, sich verhört zu haben. Was fiel diesem ungezogenen Bengel eigentlich ein?! „Wie bitte?“ „Das klingt ganz vernünftig“, wiederholte Naruto, „Sogar für Ihre Verhältnisse.“ „Was soll das heißen, für meine Verhältnisse?!“ „Nun… ich dachte, Sie wüssten, dass Sie ein unzuverlässiger Mensch sind, Sensei.“ Naruto sah ihn aus großen, blauen Augen treuherzig an, „Ich meine, deswegen sind Sie kein schlechter Mensch, auch Chaoten haben ihre Stärken und…“ DAS WAR DOCH WOHL DIE HÖHE!!! Nicht nur, dass Naruto – ausgerechnet Naruto, der größte Chaot auf Gottes schöner Erde – ihn unzuverlässig und chaotisch nannte, nein, jetzt wollte er ihm noch weismachen, dass er trotzdem Stärken hatte und sein Selbstbewusstsein aufpäppeln. Kakashi musste sich hart an Riemen reißen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Es nützt dir nichts, wenn du ihm hier unten den Hals umdrehst, betete er sein Mantra still vor sich hin, es nützt dir nicht, es nützt dir nichts… „Naruto“, brachte er mit zusammengebissenen Zähen und unter großer Kraftanstrengung in normaler Zimmerlautstärke hervor, „Sei still. Zu deinem eigenen Besten, sei die nächste halbe Stunde einfach still… Sonst kann ich für nichts mehr garantieren.“ „Ähm…“, Naruto verstand nicht, warum sein Sensei auf einmal so aufgebracht war, aber er spürte instinktiv, dass es diesmal wirklich besser war, die Klappe zu halten. „Gut, geht klar.“ Kakashi murmelte irgendetwas und knüllte die Karte zusammen. Dann warf er sie schwungvoll über seinen Rücken und sie landete ein Stück weiter mit einem leisen Platsch. „Gut“, sagte er, mehr zu sich selbst, „Und jetzt suchen wir den nächstbesten Ausgang und verschwinden von hier.“ >.< >.< >.< >.< >.< >.< >.< >.< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)