Angst vor Gefühlen von Serenah ================================================================================ Kapitel 12: Kalt wie Stein -------------------------- Es war später Abend als Kojiro sich doch noch entschied in sein Zimmer zurückzukehren. Ken und Takeshi sahen ihn erschrocken an, als Hyuga die Tür schloss, das Zimmer entlang ging und sich auf sein Bett fallen liess. Erst dann schaute er die Beiden an. „Also?“ „Also was, Kojiro?“ fragte Takeshi vorsichtig. „Ich warte. Bringen wir’s hinter uns.“ „Was?“ „Was soll die dämliche Frage?!“ mit einem Mal stand Hyuga auf. „Ihr wisst genau, wovon ich spreche! Ihr habt doch sicher auch ein paar belustigende Sprüche auf Lager, oder nicht?! Also, werdet sie endlich los, damit ich mich auch in Ruhe schlafen legen kann!“ „Hyuga!“ Ken erhob sich auch von seinem Bett. „Nur weil Jito sich wie ein Vollidiot aufgeführt hat, erwartest du doch wohl nicht von uns dasselbe! Falls du es vergessen hast: wir sind deine Freunde! Und ich sehe nichts lustiges an der ganzen Sache!“ Kojiro beruhigte sich und schaute die Beiden verwundert an, sein Blick wurde jedoch gleich wieder zornig. „Ihr findet also nichts komisches daran, dass ich womöglich schwul bin?“ „Möchtest du denn, das wir es tun?“ Hyuga holte lauf Luft und setzte sich wieder. „Nein, das möchte ich nicht.“ „Dann ist ja alles in bester Ordnung. Nichts ist passiert und du solltest dich auch nicht länger deswegen verrückt machen. Die anderen werden auch sicher bis morgen die ganze Sache wieder vergessen.“ Die drei Freunde saßen längere Zeit schweigend da, bis Kojiro die Stille unterbrach. „Nur zu eurer Information: ich bin nicht schwul. Das mit Wakabayashi hat euch einen falschen Eindruck gegeben.“ „Uns ist es egal, ob du’s bist oder nicht, das ist nicht wichtig“ sagte Takeshi. „Aber trotzdem will ich das ihr wisst, das ich es nicht bin.“ „OK Kojiro, wir haben’s kapiert“ beendete Ken das Thema. Wieder wurde es in dem Raum still; Sawada warf Hyuga immer wieder unsichere Blicke zu. Nach einiger Zeit bemerkte Kojiro auch diese. „Was ist?“ fragte er scharf. „Kojiro, wir wollten dir eigentlich noch was sagen, aber du musst uns versprechen, dass du nicht ausrastest.“ „Gut, versprochen. Um was geht’s?“ Takeshi zögerte mit der Antwort, also sprach Ken: „Wakabayashi war heute ein paar Mal hier und hat nach dir gefragt.“ „Wakabayashi?!“ Hyuga ballte seine Fäuste. „Was wollte er?!“ „Hat er uns nicht gesagt. Und du hast uns versprochen, dass du nicht ausrastest.“ Kojiro warf sich mit einem wütenden Schrei aufs Bett und biss die Zähne zusammen, versuchte sich zu beruhigen. Die ganze Sache überstieg langsam seine Geduld. Was zum Geier will Wakabayashi jetzt wieder von ihm? Hatte er nicht genug Demütigungen für einen Tag, muss er sich selbst und Kojiro noch vor seinen Freunden lächerlich machen?! Hyuga hatte alle Mühe sich zu beruhigen, aber je länger er dalag, desto ruhiger wurde er und langsam ging seine Wut auch weg. Nun fühlte er sich niedergeschlagen, resigniert, zu tiefst unglücklich. Er nahm sich vor seine „Beziehung“ mit Genzo zu beenden. Sie hatte keinen Sinn, war darüber hinaus auch keineswegs normal. Es wird das Beste sein. Die Zeiger des Weckers trafen sich auf zwölf Uhr, als die Jungs ein Klopfen an ihrer Tür vernahmen. Ken stand auf und wollte aufmachen. „Nein!“ schrie Hyuga. „Mach nicht auf! Oder doch. Wenn er’s ist, sag ihm, ich bin noch nicht da.“ Ken machte die Tür auf. Vor ihm stand Genzo. „Tut mir leid, dass ich euch jetzt noch störe, aber ich muss wirklich unbedingt mit Kojiro reden, es ist wichtig.“ „Da hast du Pech gehabt, er ist noch nicht da.“ „Lass das Theater Wakashimazu, ich hab seine Stimme gehört. Lass mich zu ihm, es ist wirklich wichtig.“ Genzo drückte die Tür breiter auf und ging rein. Takeshi starrte ihn genervt an, Hyuga lag mit geschlossenen Augen auf seinem Bett. „Kojiro...“ „Verschwinde Wakabayashi.“ „Jetzt bin ich also wieder Wakabayashi für dich, was?“ Kojiro richtete sich auf und sah ihm in die Augen. „Sag mal, hast du überhaupt kein Taktgefühl. Drängst dich mitten in der Nacht mir und meinen Zimmergenossen auf, machst dabei ne peinliche Szene. Schon gemerkt? Wir sind nicht alleine.“ „Wenn’s dich stört, können wir ja woanders hingehen. Mir ist es egal, ich muss einfach mit dir sprechen.“ „Ich gehe nirgends mit dir hin, das kannst du gleich vergessen.“ „Wie wär’s, wenn wir euch einfach für einen Augenblick allein lassen?“ fragte Ken, wartete aber nicht auf eine Antwort. „Komm Takeshi.“ „Ist gut.“ Beide gingen aus dem Zimmer und schlossen die Tür hinter sich. Wakabayashi sah Hyuga ernst an. „So Kojiro, jetzt sind wir allein, wie du’s wolltest.“ „Ich fass es einfach nicht. Du gibst wohl nie auf, was? Hilft dir auch nicht weiter, ich habe keine Lust mit dir zu reden, also geh wieder.“ „Ich liebe dich.“ „Sag mal, spinnst du jetzt total?!“ „Was soll der Mist Hyuga?! Noch vor ein paar Stunden hast du mit mir rumgeturtelt und jetzt benimmst du dich, als ob all das, was in den letzten Wochen passiert ist, nie gewesen war!“ „Ist es auch nicht. Vergiss das Ganze. Nichts ist passiert.“ „Was hast du den bloß?! Schämst du dich etwa für mich?“ Hyuga senkte den Kopf. „Lass mich einfach in Ruhe.“ „Du schämst dich, hab ich Recht?“ Genzo redete mit einer milden Stimme auf ihn ein. „Die Situation heute, mit der Mannschaft... Das war wohl zuviel für dich, was Tiger?“ „Nenn mich nicht so. In deinem Mund klingt das Wort richtig pervers.“ Wakabayashi wurde wieder angriffslustig: „Deswegen hat’s dir wohl immer so gefallen, was?“ Hyuga sprang auf und packte Genzo am Hemd. Er warf ihn auf den Boden, setzte sich auf ihm und hob seinen Arm, bereit zuzuschlagen. Doch er tat es nicht. „Und Kojiro? Willst du jetzt zuschlagen, nur weil du die Wahrheit nicht ertragen kannst?“ „Seit du hier reingekommen bist, laberst du nur Unsinn. So was kann ich überhaupt nicht ab und das weißt du.“ „Das Einzige was ich weiß ist, dass du sehr gerne aggressiv wirst, sobald jemand eine Wahrheit zu deinem Thema ausspricht, mit der du selbst nicht umgehen kannst. Und ich weiß auch, wieso du gerade in diesem Moment nicht zuschlägst.“ „Ach ja du Schlaumeier? Wieso wohl?“ „Weil du mich anstatt schlagen, viel lieber ficken würdest.“ Das waren brutale Worte, aber es stimmte, Kojiro konnte es vor sich selbst nicht leugnen. [Ja verdammt, er hat ja Recht! Wohin hat mich der ganze Beziehungskram hingeführt, jetzt kennt er mich anscheinend gut genug, um sogar meine Gedanken zu erraten! Und ich selbst bin auch durch ihn verrückt geworden! Das gibt’s doch nicht, eigentlich sollte ich ihm eine verpassen, aber stattdessen denke ich wirklich daran ihm einfach die Hose wegzureisen und... Nein! Hyuga, konzentrier dich auf dem Wesentlichen!] Genzo beobachtete, wie Kojiro sich in seinen Gedanken verlor und musste lächeln. Er wusste doch, dass Kojiros Gefühle für ihn nicht einfach auf Wunsch verschwinden können. Nach einer Weile stand Hyuga auf und half Genzo aufzustehen. Wakabayashi lächelte immer noch, er war sich sicher, dass nun wieder alles in Ordnung sei. Doch statt ihn zu küssen, oder wenigstens zu umarmen, packte Hyuga wieder mit beiden Händen an sein Hemd und stieß ihn aus ganzer Kraft nach Hinten, so dass Wakabayashi wieder am Boden lag. „Geh jetzt endlich, ich hab genug von deinem Psychoterror. Denkst wohl, du weißt alles über mich, was? Dann hab ich Neuigkeiten für dich: du bist nicht ich, also weißt du auch nicht was ich will. Deswegen sag ich’s dir auch. Ich will, dass du verschwindest. Ich will, dass du mich in Ruhe lässt. Ich will, dass du vergisst, was zwischen uns war. Geht das in deinen Schädel rein?“ „Du machst mich traurig Kojiro, weißt du das?“ „Du mich auch. Du bist ja noch anhänglicher, als eine Klette! Wirst du mich jetzt überall wimmernd verfolgen, wie ein kleines Mädchen? Sei doch endlich ein Mann!“ Wakabayashi machte einen Hechtsprung Richtung Hyuga und traf ihn mit voller Wucht mit der Faust ins Gesicht. „Ist dir das männlich genug?!“ Hyuga hob den Arm, um zurückzuschlagen, aber Wakabayashi hielt ihn fest. „Kojiro!“ er blickte ihn verzweifelt und todtraurig an „Sieh uns doch an! Wir sind genau da, wo wir angefangen haben!“ Hyuga schaute zur Seite, konnte Genzos Blick nicht ertragen. Es tat ihm doch auch weh, die ganze Situation brachte in nah ans Heulen, aber sie können doch nicht zusammensein, das geht einfach nicht... Es wird das Beste sein wenn sie sich trennen, Jito hatte doch Recht, Kojiro musste das zugeben... Das ist doch nicht normal, wenn zwei Männer zusammen sind... Sie wurden ausgelacht, höhnisch ausgelacht... „Warum vergessen wir die ganze Sache nicht einfach, warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?“ Kojiros Frage klang wie eine Bitte. „Weil ich dich zu meinem Unglück über alles Liebe! Kapierst du das denn nicht? Und du? Ich weiß noch genau, wie diese Worte von dir gesagt klangen. Es war so unbeschreiblich schön das von dir zu hören und ich wusste, dass das auch wahr ist. Willst du mir jetzt etwa wirklich einreden, das wegen dem, was irgendjemand gesagt hat, du aufgehört hast mich zu lieben?!“ „Ich habe dich nie geliebt.“ „Du lügst. Ich seh’s doch in deinen Augen Kojiro. Hör auf mir und dir selbst mit diesen Lügen wehzutun. Hör auf...“ Mittlerweile lagen Kojiros Hände auf Genzos Armen. Er schaute ihn todtraurig an und wisperte: „Ich kann nicht. Es tut mir leid.“ Er sah Genzo einen kurzen Moment noch mit diesem unglücklichem Blick an, dann ging er zur Tür, lief den Flur entlang zum Ausgang und verschwand im nächtlichem Nebel. Wakashimazu und Sawada traten herein, starrten Wakabayashi fragend an. Genzo ging an ihnen vorbei, zurück auf sein Zimmer. Er legte sich aufs Bett und spürte, wie Tränen sich ihren Weg durch sein Gesicht bahnten und dabei heiße Spuren hinterließen. Eine von ihnen rinn zu seiner Lippe. Er leckte sie ab, vernahm ihren salzigen Geschmack und erinnerte sich an den Geschmack von Kojiros verschwitzter Haut. Genzo drückte sein Gesicht ins Kopfkissen, versuchte vergeblich sein schluchzen zu unterdrücken. Abwechselnd schrie und heulte er ins Kissen, konnte nicht glauben, dass alles vorbei war. Er liebte Kojiro, er liebte ihn so sehr, dass es ihm in der Seele wehtat. Aber Kojiro blieb seinen Gefühlen gegenüber kalt wie ein Stein... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)