Warten von chryssantes ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Warten von Chryssantes Rating: G Disclaimer: Alle Rechte an „Stormy Night – Arashi no Yoru ni“ verbleiben bei TBS. Hinweis: „Stormy Night“ basiert auf Yuichi Kimura's picture books (Mangas für Groß und Klein) Danke an meine Betaleserin Trista! Die ersten Sonnenstrahlen leckten über den Gipfel des schneebedeckten Berges. Noch waren sie weit davon entfernt Wärme zu schenken. Inmitten der eisigen Kälte, auf dem höchsten und mit frischem Schnee bedeckten Bergplateau, war eine kleine Höhle. Dort schmiegte sich ein zitterndes Fellbündel an den felsigen Boden, die Hufe fest an den kleinen Leib gepresst. Hunger und die ungewohnte Kälte hatten den zarten Körper empfindlich geschwächt. Hoffnungslosigkeit und Trauer bedrückten das Herz des jungen Ziegenbocks. Mei befand sich seit dem ernsten Streit und dem Weggang seines Freundes Gabu in einem Dämmerzustand. Tagelang hatte ein Wintersturm das Plateau fest in seinem Griff gehabt. Beide Weggefährten hatten nichts zu Fressen gefunden. Er wusste nicht, ob Gabu auf seiner Suche nach Futter Erfolg gehabt hatte. Wer auch immer das unglückliche Wesen war, welches mit seinem Fleisch Gabus Hunger stillen konnte – Mei mochte nicht daran denken. Die Unterschiede, welche ihn und seinen Freund trennten waren groß. Auf der anderen Seite teilten beide so viele gemeinsame Gedanken und Ideen, dass es für Mei immer noch ein Wunder war, dass er einen Wolf seinen Freund nannte. Vergangene Nacht, bevor der Berg plötzlich anfing zu donnern und zu grollen, hatte er einen kurzen Augenblick geglaubt die Stimme seines Freundes zu hören. Aber Gabu war nicht zu der kleinen Höhle zurückgekehrt. Mittlerweile stand die Sonne bereits hoch am Himmel und tauchte das Felsplateau in warmes Licht und fand ihren Weg in die kleine Höhle. Mei blinzelte schläfrig und bemerkte verwundert den hellen Lichtschein, der ihn umgab. Irgendetwas war anders. Angestrengt lauschte er. Das stete Heulen des Sturms war endlich verstummt! Hunger und Schwäche vergessend, schlüpfte Mei über die Schneewehe am Höhleneingang und und stand staunend inmitten einer silberweißen Landschaft. Der Himmel über Meis Kopf war von einem hellem Blau und es war weit und breit kein einziges Wölkchen in Sicht. Er atmete einmal tief die frische, kühle Luft ein und schaute sich um. Nirgends waren irgendwelche Spuren eines anderen Lebewesen zu entdecken. Schnuppernd hielt er seine Nase in alle Himmelsrichtungen. Ein leichtes Lüftchen brachte überraschender Weise den Duft von Wald, süßen Blüten und saftigem Gras mit sich. Mei rannte so schnell seine vier Beine es erlaubten quer über die Schneefläche dem wunderbaren Geruch entgegen. Er stoppte, als das Plateau abrupt zu Ende war. Staunend betrachtete er die fantastische Aussicht, die sich ihm darbot. Weit unterhalb des Berges erstreckte sich ein grünes Tal mit einer dichten Decke von Baumkronen. Er hatte ihn gefunden! Er hatte tatsächlich den Grünen Wald gefunden, von dem er geträumt, für den er und Gabu die Strapazen des Bergaufstiegs, die Kälte und den Hunger in Kauf genommen hatten. Dieser Wald existierte wirklich, der Ort wo Wolf und Ziege gemeinsam und glücklich leben konnten! Das Glück stieg von Meis Bauch auf bis in es seiner Stimme ankam. „Gabu! Gabu, komm schnell! Er ist hier! Der Grüne Wald ist wirklich hier! Beeile dich Gabu, wo immer du auch bist! GAAAABBUUUUU!!!!!!!“ Mei rief und rief, aber Gabu antwortete nicht. Der Abstieg in das Tal hinunter ging wesentlich schneller voran, als der tagelange und mühselige Aufstieg bei unfreundlichem Wetter. Mei konnte es kaum erwarten, endlich in seinen lang ersehnten Paradieswald zu gelangen. Es bestand ja immer noch die Möglichkeit, dass es Gabu, auf der Suche nach geeignetem Futter, bereits vor ihm bis in den Wald geschafft hatte. Nach stundenlangem Abstieg über verschlungene Steinpfade rannte Mei alle Müdigkeit vergessend in freudiger Erwartung über die sanfter werdenden Hügel bis zum Waldrand. Ein paar neugierige Baumbewohner blickten abschätzend auf den silbergrau und braun gefleckten Ankömmling herab und stuften ihn als harmlos ein. Mei war von seinem Wald überwältigt! Eine reichhaltige Auswahl an schmackhaften Grün, unzählige duftende Blumen und ein sattes Buschwerk mit leckeren Knospen unter den Bäumen luden geradezu zum Schmausen und zum Ausruhen ein. Vielleicht hatte sich Gabu bereits ein schattiges Plätzchen gesucht und wartete nur darauf von seinem Freund Mei gefunden zu werden? Mei lächelte innerlich über so viel Spieltrieb bei einem erwachsenen, wenn auch sanftmütigen Wolf. Er machte sich schmunzelnd auf die Suche nach seinem Freund. Verwundert betrachteten die Streifenhörnchen auf den breiten Astgabeln, die Vogelfamilien von ihren Nestern und der Affenclan vom sicheren Versteck unter den Wipfeln der Bäume, das merkwürdige Treiben des Neuankömmlings. Nachdem Mei eine Hirschkuh mit ihrem Kalb von ihrem Mittagsschläfchen aus Versehen aufgescheucht hatte, zog sich der junge Ziegenbock mit hängendem Kopf zurück. Die Hirschkuh, die normalerweise nie mit Fremden sprach, hatte Mitleid mit dem traurigen Fremdling. Vorsichtig näherte sie sich Mei und fragte: „Sag, woher kommst du und warum bist du hier ganz allein? Hast du deine Herde verloren?“ Ihre großen braunen Augen blickten mütterlich. Mei erinnerte sich an seine Großmutter, die ihn ebenso angeblickt hatte und nahm sich ein Herz. „Ich und mein Freund Gabu sind von der anderen Seite des Schneeberges gekommen, um in diesem schönen, grünen Wald für immer zusammen zu sein. Aber ich habe ihn im Schneesturm verloren.“ Als Mei diese Worte sprach, wurde ihm klar, dass das wohl die bittere Wahrheit war, der er bisher aus dem Weg gegangen war. Gabu war nicht in diesem Wald. Er war immer noch auf dem Schneeberg. „Vom Schneeberg kommst du?“, die gutmütige Hirschkuh schüttelte bedauernd den Kopf. „Du bist der einzige Fremdling hier in diesem Wald. Ich weiß von keinem anderen. Tut mir leid, Kleiner. Ich hoffe für dich, dass dein Freund es eines Tages bis hierher schafft.“ Danach trottete sie gemächlich mit ihrem Kalb zu einem anderen Lagerplatz. Mei zwinkerte krampfhaft die Tränen aus seinen blauen Augen weg, die sich einfach so hinein gestohlen hatten. Nein, er würde nicht anfangen wie ein Zicklein zu weinen. Noch gab es Hoffnung, dass Gabu es bis hierher schaffen würde. Immerhin hatte er - eine Ziege - Schnee und Eis erfolgreich getrotzt. Gabu war stark, er würde es schaffen. Wer weiß, was ihn aufgehalten hatte? Ein Tag nach dem anderen verging und Mei war schon lange nicht mehr die Attraktion des Grünen Waldes. Zuerst bestaunten ihn die ältesten Einwohner, flüsterten und raunten sich zu, wenn Mei unter ihren Bäumen wanderte. Mit der Zeit und dem Heranrücken des Winters ließ auch dieses absurde Verhalten der Baum- und Bodenbewohner nach. Futter sammeln und sich für das Überwintern vorbereiten war wichtiger, als ein trauriger Fremdling, der für sich lebte und jeden Tag hinauf zu den höher gelegenen Hügeln wanderte, um Ausschau zu halten. Der Herbst schritt zügig voran, die Bäume verloren nach und nach ihre Blätter und es wurde kälter. Regen und Herbststürme wechselten sich mit Schneegestöber und einem Kälteeinbruch ab. Mei litt den Winter über wenig an Hunger. Er wanderte viel im Wald umher und wenn es nicht zu sehr stürmte auch außerhalb bei den Hügeln, um sein Futter zu suchen. Seine Hufe scharrten emsig den Schnee beiseite, um an das darunter liegenden Gras zu gelangen. Je mehr Zeit seit seiner Ankunft im Wald verging, desto schwerer wurde Meis Herz. Er verlor zunehmend den Glauben, Gabu je wieder zu sehen. War er etwa nicht daran Schuld, dass Gabu seinetwegen die schützende Höhle auf dem Plateau verlassen hatte? Beide Freunde quälte damals der Hunger und Mei war durch die ungewohnte, schrecklichen Kälte bereits so sehr geschwächt, dass er nicht mehr daran geglaubt hatte, seinen Grünen Wald je zu sehen. Es war falsch gewesen sich Gabu als Mahlzeit anzubieten, wenn dieser bereits die ganze Zeit über gegen seine Instinkte als Wolf ankämpfte, um seinen besten Freund nicht anzufallen und zu verschlingen. Als der Frühling ins Land zog und die Welt wieder zu Leben erwachte, wuchs die Traurigkeit in Meis Herz. Sein großer Kummer, den einzigen Freund verloren zu haben, dann auch noch weit weg von seiner Herde zu sein und die Einsamkeit, die dieser Zustand mit sich brachte – sie alle drückten schwer auf seiner Seele. Eines Tages legte sich Mei in das saftige Gras am Rande einer kleinen Lichtung, ohne es wirklich zu sehen oder zu riechen. Seine trüben Gedanken kreisten um seine Großmutter, seine Kindheitsfreunde Tap und Mii, das mutige Ziegenmädchen. Sie alle hatte er hinter dem Großen Schneeberg zurückgelassen. Er vermisste seine Herde und er vermisste seine Familie. Sein Herz schmerzte und drohte zu zerspringen. Plötzliche erschütterte ein ohrenbetäubendes Geschrei und Geheul den Frieden des Waldes. Die Hirsche und Hasen hetzten in angstvoller Flucht an Mei vorbei. Vögel aller Art pfiffen, schnatterten und glucksten in wilder Aufregung. Mei öffnete langsam seine blauen Augen und lauschte, was die Waldbewohner einander zu riefen. Erst als die Affenherde von Baum zu Baum schwingend “Ein Wolf! Ein Wolf! Rette sich wer kann, da ist ein Wolf!“ kreischte, begriff Mei. 'Gabu! Gabu ist wieder da!' Die Schwere und die Traurigkeit der vergangenen Wochen vergessend rannte Mei in die Richtung, aus der die Waldbewohner geflohen waren. Es konnte sich bei dem Wolf nur um Gabu handeln. Der junge Ziegenbock war sich da sicher. Wer sonst sollte sich die Mühe machen und den Großen Schneeberg überqueren? Jetzt würde alles wieder gut werden! „GABU!“, rief Mei und sein Herz klopfte voller freudiger Erwartung. Er schoss, so schnell ihn seine vier Hufe trugen, über die Waldpfade bis hin zu den höher gelegenen Hügeln, am Fuße des Berges. Mei rannte und rannte. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)