Trusting von Shijin (Yami x Yugi) ================================================================================ Kapitel 1: Der neue alte Schüler -------------------------------- ~~Joey~~ Endlich ist es soweit. Yugi kommt wieder in die Schule. Seit er diesen Unfalls gehabt hat, hat er das Haus nur verlassen, wenn er ins Krankenhaus musste. Ich bin extra eine Stunde früher losgegangen, um genug Zeit zu haben, falls es doch noch irgendwelche Schwierigkeiten gibt. Freudig klingel ich an der Tür und warte darauf, dass mir die Tür geöffnet wird. Ideal wäre es, wenn Yugi es selbst tun würde, aber das ist noch Illusion. In der Zwischenzeit kann ich im Haus hektische und schnelle Schritte von verschiedenen Personen hören. Was ist denn da heute morgen los? Eine unglückliche Sanjo öffnet mir dann die Tür. „Morgen, Joey. Gut dass du kommst. Komm erstmal rein.“ Na, als hätte ich es nicht geahnt. Ich trete in den Hausflur und lasse mir dann von Sanjo erklären, was soll ist. „Yugi will nicht in die Schule. Ich soll dich bitten zu gehen und ihn zu entschuldigen.“ Ich seufze und schüttle den Kopf. „Nein, das werde ich nicht schon wieder tun. Heute wird er in die Schule gehen.“ Mir reicht es jetzt. Ich konnte es das letzte Mal noch verstehen, weil die Folgen noch nicht ganz abgeheilt waren, aber heute ist alles in Ordnung. So geht es nicht weiter. Yugi muss endlich wieder unter Menschen. Mir gefällt es absolut nicht, dass er sich verkriecht und damit ist heute Schluss. Ich stelle meine Tasche im Flur ab und klopfe an Yugis Zimmer an. Ohne auf eine Antwort zu warten, gehe ich in das Zimmer. ~~Yugi~~ Das erneute Klopfen an meiner Tür weckt mich wieder auf. Können die mich nicht in Ruhe lassen? Ich habe gesagt, dass es mit nicht gut geht. Ich gebe keine Antwort und hoffe, dass ich in Ruhe gelassen werde, aber die Person vor der Tür kommt einfach ins Zimmer und schaltet das Licht an. Ich rutsche unter die Decke, wo sich meine Augen langsam an das Licht gewöhnen können, aber dieser jemand zieht mir unbarmherzig die Decke weg. „Komm endlich, Yugi. Es wird langsam Zeit.“ An der Stimme erkenne ich endlich die Person. Joey. Was macht der so früh schon hier? Langsam kann ich die Augen öffnen und erkenne Joey, der schon im Begriff ist mich aus dem Bett zu heben und mich in meinen Rollstuhl zu setzen. „Stopp, Joey. Ich habe gesagt, dass mir nicht gut ist und ich zu Hause bleibe.“ Joey schüttelt den Kopf und verschränkt die Arme vor der Brust. „Du siehst gesund aus, Yugi. Außerdem konntest du gestern auf Basketball spielen. Wer zum Training kommen kann, kann auch am nächsten Tag in die Schule gehen. Diese Ausrede zählt bei mir nicht.“ Na schön, wenn er streiten will, bitte. Das kann ich auch. „Gestern ging es mir auch noch gut, aber das hat sich geändert. Heute fühle ich mich nicht fit genug für die Schule.“ Joeys Gesichtsausdruck gefällt mir jetzt ganz und gar nicht. Sei ehrlich, Yugi. Du hast einfach nur Angst vor der Schule. Ob deine Freunde dich gerne mal wieder sehen würden, ist die egal. Du verkriechst dich lieber. Übrigens hat dein Arzt nicht gesagt, dass du so schnell wie möglich in den Alltag zurück kehren sollst, wenn du wieder gesund werden willst? Das willst du doch, oder liege ich da falsch?“ Treffer. Joey fährt heute aber schwere Geschütze auf, aber er hat schon Recht. Mein Arzt hat das gesagt. Trotzdem weiß Joey doch ganz genau, dass genau das mein wunder Punkt ist. Wie kann er nur so fies sein? Wortlos lasse ich mich von ihm in den Rollstuhl setzen und fahre ins Bad, wo ich mich langsam fertig mache. Vielleicht lässt er mich ja hier, wenn wir zu spät los kommen. ~ Leider ist dem nicht so. Ich komme um viertel nach sieben aus dem Bad und Joey sitzt immer noch bei uns um Wohnzimmer. Der Schulweg beträgt zwanzig Minuten, aber wir haben nur noch eine Viertelstunde Zeit. Jedoch bietet mein Vater an uns zur Schule zu fahren. Toll, jetzt muss ich wohl oder übel dort hin. Ich habe sogar noch Zeit zu frühstücken. Etwa zehn Minuten später stehen Joey und ich vor meiner alten Schule. Auf dem Schulhof ist nicht mehr viel los, da ja gleich der Unterricht beginnt. Mir soll es recht sein. So sieht nicht gleich jeder was ich für ein Krüppel geworden bin. Früher war ich auch nicht sehr beliebt gewesen, aber ich sah wenigstens noch normal aus. Joey schiebt mich quer über den Schulhof und durch die Aula zu meiner neuen alten Klasse. Kaum haben wir die Tür erreicht, klingelt es und der Lehrer kommt die Treppe herunter. Er muss neu sein, denn ich habe ihn noch nie hier gesehen. Er stutzt, als er Joey und mich vor der Tür warten sieht. „Mr. Wheeler! Was suchen Sie noch hier draußen. Es hat gerade geläutet. Und wer ist ihr Freund?“ Joey erklärt kurz wer ich bin und kurz darauf findet er mich auch in seiner Schülerliste. Freundlich stellt er sich mir jetzt ebenfalls vor und betritt hinter uns die Klasse. Dann schaut er sich in der Klasse um und meint zu mir: „Neben Mr. Athem ist ein Platz frei, Mr. Muto.“ Joey schiebt mich zum freien Platz, der Lehrer heißt mich kurz willkommen und beginnt dann mit seinem Unterricht. Mathe. Wie ich dieses Fach hasse und verstehen tue ich auch nichts. Desinteressiert schreibe ich die Tafelanschrift ab und male auf meinem Blatt herum, während die Anderen Aufgaben lösen. Doch auch das wird langweilig und ich beschäftige mich lieber mit meinem Nachbarn. Viel Zeit um ihn zu betrachten, habe ich ja vorhin gehabt. Ohne dass der Lehrer etwas bemerkt, wende ich mich etwas zur Seite und beobachte meinen Nachbarn, der angestrengt eine Aufgabe löst. Das Erste was mir sofort auffällt ist die ähnliche Frisur. Er hat auch schwarz gefärbte Haare, jedoch sind die Spitzen rot und auch ein blondes Pony hat er. Bis auf das Pony sind seine Haare wie Stacheln hochgegelt. Joey hat mal erwähnt. dass es einen neuen Jungen geben würde, der mir ähnlich sehen würde. Könnte Joey etwa ihn gemeint haben? Sein Name hat er auch erwähnt. Ich glaube Yami oder so ähnlich. Hat Mr. Noru ihn nicht vorhin so genannt, als er eine Antwort auf eine Frage haben wollte? Joey muss wohl einen Knick in der Optik haben. Yamis Frisur ähnelt mir vielleicht, aber ansonsten gibt es keine Ähnlichkeit. Er ist groß, sieht gut aus und hat bestimmt an jeder Finger eine Freundin. Wie soll der mir ähnlich sehen? Mir, einem Rollstuhlfahrer und zu klein geratenen Jungen. Ich merke wie mir bei diesem Gedanken langsam Tränen in die Augen steigen, aber im Unterricht werde ich bestimmt nicht anfangen zu weinen. Außerdem lenkt mich gerade etwas anderes ab. Ein Zettel ist auf meinem Block gelandet. Schnell schaue ich nach was der Lehrer macht und stelle fest, dass er einem der Mädchen in der hinteren Reihe etwas erklärt. Vorsichtig falte ich den Zettel auseinander und stutzte erst einmal. Von wem ist der Zettel? Ich kenne diese Handschrift nicht. Ich lese den Zettel durch und staune bei der Unterschrift. Yami. Mein Banknachbar?! Er bietet mir seine Hilfe an? Schüchtern schaue ich zu ihm und stelle fest, dass er mich schon eine Zeit lang beobachtet hat. Er deutet auf den Zettel und fragt flüsternd: „Und? Was sagst du?“ Ich überlege, ob ich das Angebot annehmen soll, aber um den Anschluss an die Klasse wieder zu bekommen, brauche ich Hilfe. Warum also nicht von ihm, wenn er sie mir schon anbietet? Ich nicke und frage ihn jetzt mal nach seinem Namen. Rätselraten will ich nicht mehr. Dieser grinst entschuldigend und stellt sich als Yami vor. Ich sage ihm auch meinen Vornamen, aber weiter können wir jetzt nicht mehr reden, weil es geläutet hat und es unruhig geworden ist. Alle packen hastig ihre Sachen zusammen und verlassen das Klassenzimmer. Kapitel 2: Mobbing ------------------ ~~Yugi~~ Kaum hat der überstürzte Aufbruch begonnen, steht Joey neben mir und rollt mich aus der Klasse. Sehr darauf achtend keinen der anderen Schüler zu behindern. Aus diesem Grund sind wir die Letzten, die die Klasse verlassen. Ich weiß selber, dass ich eine Behinderung für anderen bin. Da muss mich Joey bestimmt nicht dran erinnern. „So Yugi, jetzt haben wir Erdkunde. Marik ist im gleichen Kurs, aber du hast Glück, der Sensei unterrichtet uns nicht mehr.“ Das sind ja relativ gute Neuigkeiten. Marik und der Sensei zusammen sind unausstehlich. Ich wundere mich zwar, aus welchem Grund er uns nicht mehr unterrichtet und frage Joey sofort danach. Vielleicht ist er ja in eine andere Schule versetzt worden. „Er muss die Klasse seiner Kollegin übernehmen, die in Mutterschutz gegangen ist.“ Schade, nicht versetzt worden, aber das hört sich auch nicht schlecht an. Leider hat von uns heute noch keiner auf das schwarze Brett geschaut. Nicht nur Joey und ich bekommen einen riesen Schock, als statt der neuen Lehrerin der Sensei im Klassenzimmer steht. Aus der Traum von einem geruhsamen Schultag. Schon allein der Blick, den er mir zu wirft, ist angsteinflößend. Er ist der Schülerschreck persönlich. Sobald der Sensei jemandem auf dem Kicker hat, hat dieser Schüler nichts mehr zu lachen in der Schule. Sehr wenige Ausnahmen verstehen sich gut mit ihm und diese Ausnahmen sind meistens genauso schlimm wie er selbst. Der Unterricht wird von eiserne Disziplin beherrscht. Wir dürfen ihn nur mit „Sensei“ ansprechen und müssen aufstehen wenn uns etwas fragt. Während den Arbeiten dürfen nur ein Stift und die Aufgabenblätter auf dem Pult liegen haben. Ein Merkmal ist auch, dass er in jeder Klasse einen Schüler hat, den er bis auf die Knochen demütigt und quält. Wie könnte es anders sein, in dieser Klasse bin ich der Auserwählte. Doch noch hat er nichts gesagt und Joey schiebt mich auf den Platz neben sich. Neben ihm sitzt noch Tristan und ich habe noch keinen Banknachbarn, aber der Neue kommt schon auf mich zu und fragt, ob er sich neben mich setzen kann. Da er mir sympatisch ist, lasse ich ihn sich zu mir setzen. Während Yami sich setzt, schaue ich schnell noch in meinem Stundenplan nach, wie oft ich Erdkunde habe. 3mal in der Woche. Schrecklich. Ich überlege, ob ich diese Tage nicht zu Hause bleiben kann, aber Papa wird das auf keinen Fall erlauben und danach wird das Mobbing sowieso meistens schlimmer. Bang warte ich auf das Klingelzeichen und harre der Dinge, die da jetzt auf mich zukommen. Kaum sind die Letzten im Klassenzimmer angekommen, klingelt auch das Zeichen für den Stundenbeginn. 45 min Hölle auf Erden. Herr Tamoa stellt sich vor das Pult und lässt seine „wohlklingende“ Stimme erschallen. „Wie Sie sehen hat sich die Veränderung wegen einer Kollegin noch einmal verändert. Ein Referendar ist als Ersatz für Frau Otogi gekommen und so gab es keinen Lehrerwechsel mitten im Schuljahr. Einige werden sich darüber freuen, aber Andere sind wahrscheinlich nicht sehr angetan davon.“ Geschockt ist wohl eher der richtige Ausdruck. Der Sensei schaut über uns Schüler und sein Blick bleibt an mir hängen. „Ah, Mr. Muto, wie schön sie wieder zu sehen. Ich hoffe sie haben sich gut erholt und sind auch gut vorbereitet.“ Ich gebe ihm keine Antwort und fixiere meinen leeren Block vor mir, der im Moment sehr interessant ist. Kann ich wenigstens heute meine Ruhe haben? Sie haben noch genug Zeit im Schuljahr mich zu demütigen. Fürs Erste lässt er jetzt auch von mir ab und beginnt mit seinem Unterricht, aber ich habe nicht lange meine Ruhe. Schnell schreibt er etwas an die Tafe, was wir abschreiben und dann diktiert er uns noch Fragen, akum dass wir fertig abgeschrieben haben. Zum Beantworten dieser Fragen haben wir keine Zeit. Es sind vier Fragen, die wie zu beantworten haben, die ersten Drei kann ich auch beantworten, nur die letzte Frage verstehe ich nicht. Herr Tamao wählt vier Schüler aus, die ihm diese Frage zu beantworten haben. Wie ich es geahnt habe, nimmt er mich für Frage drei. Na ja, zumindest ist es nicht die vierte Frage. Ich beschließe mein Glück zu versuchen und will antworten, als ich an der Reihe bin. Da er seine Regeln noch nicht aufgegeben hat, unterbricht er mich sofort und verlangt von mir aufzustehen. Ich bin nicht in der Lage dazu, falls Sie das noch nicht bemerkt haben. Jedoch hüte ich mich diesen Gedanken laut auszusprechen, denn das führt zu noch mehr Komplikationen. Mit Sicherheit ist dies beabsichtigt gewesen, denn jetzt kann er wieder über mich herziehen. Ich kann fast sehen, wie sich seine Mundwinkel zu einem gemeinen Grinsen verziehen und ich höre Mariks gehässiges Lachen. Obwohl ich genau weiß, dass er mich nicht antworten lässt, versuche ich es einfach noch einmal. Vielleicht hat er sich ja doch jemanden anderen gesucht und nimmt Rücksicht auf mich. Tja, zu früh gefreut. Kaum mache ich den Mund auf, unterbricht er mich schon. „Mr. Muto, Sie werden sich doch wohl noch an die Verhaltensweisen erinnern können, oder haben Sie zu lange gefehlt? Also, stehen Sie gefälligst auf, wenn ich sie auffordere eine Frage zu beantworten!“ Ich reagiere darauf nicht, denn selbst er muss gesehen haben, dass ich im Rollstuhl sitze, und wissen, dass ich nicht in der Lage bin zustehen. Der Sensei redet weiter auf mich ein und macht sich über mich lustig. Joey mischt sich schließlich ein und erklärt ihm die Situation. Verzweifelt ziehe ich ihn zurück, um die Sache nicht noch Schlimmer zu machen, aber selbst das bringt nichts. „Vielleicht sind Ihre Nachbarn ja so freundlich und helfen Ihnen. Wenn sie mit nicht bald antworten, gebe ich Ihnen eine 00 für Leistungsverweigerung.“ Ohne groß zu überlegen habe ich mich innerlich für die 00 entschieden, aber ich habe nicht mit Joey gerechnet. Er greift nach meiner rechten Hand, fordert Yami auf nach meiner linken zu greifen und bevor ich realisiere, was geschehen ist, stehe ich auf dem Boden. Links werde ich von Yami gestützt, dem ich diese Kräfte überhaupt nicht zugetraut habe, und rechts stützt mich Joey. „Na also geht doch“ ist das einzige Kommentar von meinem Lehrer und ich gebe meine Antwort, mit der er zufrieden ist. Ich darf mich setzten und er lässt mich für den Rest der Stunde in Ruhe. Nach dieser Stunde müssen wir uns beeilen um noch pünktlich in die Doppelstunde Japanisch zu kommen. Um diesen Unterrichtsraum erreichen zu können, müssen wir Treppen hoch. Joey geht das Problem mutig an, aber mir ist ziemlich mulmig dabei, wenn er mich rückwärts die Treppe hochzieht. Ich sehe mich schon am Ende der Treppe unten liegen und merke wie ich mit jeder weiteren Stufe immer weiter an den Rand des Rollstuhls rutsche. „Bitte Joey, geh Hilfe holen. Ich kann mich nicht mehr lange halten.“ Ich bin erleichtert, als wir die erste Treppe hinter uns haben und erst einmal zum Stehen kommen. „Ich glaube wir müssen das anders machen.“ Endlich hat auch Joey das eingesehen und er hebt mich kurzerhand aus dem Rollstuhl heraus und trägt mich die nächste Treppe rauf, wo er mich auf die ersten Stufen der folgenden Treppe absetzt um den Rollstuhl auch hochzuziehen. Das geht jetzt einfacher, weil kein mehr Gewicht darin sitzt. Für mich ist das auch ungefährlicher, aber ich werde mir wieder der Belastung bewusst, die ich für Andere darstelle. Durch diese Aktion haben wir einiges an Zeit verloren und die Stunde hat ohne uns begonnen. Ich habe Joey daran gehindert pünktlich zum Stundenbeginn da zu sein, obwohl das für ihn sehr wichtig ist, denn Frau Mori kann Joey nicht wirklich leiden. Das wird ein erneuter Tadel wegen Zuspätkommens geben. Nur wegen mir. Als Joey mich wieder in den Rollstuhl gesetzt hat und wir auf dem Weg zum Klassenzimmer sind, entschuldige ich mich noch bei Joey. Dieser erklärt mir darauf sofort, dass ich mich nicht zu entschuldigen brauchen. Natürlich Papa hat ihn ja darum gebeten auf mich aufzupassen und ihm nicht auch einen Geldschein zugesteckt? Am Klassenzimmer angekommen, hören wir lautes Lärmen daraus. Nanu, ist sie etwa noch nicht da? Verwirrt schauen wir uns an und Joey zuckt mit den Schultern, bevor wir hineingehen. Es stimmt. Frau Mori ist wirklich nicht da. Was ist mit ihr los? Ist sie etwa krank und wir wissen noch nichts davon. Joey bringt mich wieder neben Yami und setzt sich dann zu Tristan. Wieso setzt er mich eigentlich immer neben diesen Yami? Ich kenne ihn nicht und er kennt mich genauso wenig. Vielleicht ist es ihm überhaupt nicht Recht, dass ein Krüppel wie ich neben ihm sitzt. Wenn er sich mit mir abgibt, hat er bei den Mädchen in der Klasse keine Chance und muss wahrscheinlich noch mit weiteren Konsequenzen rechnen. Ich nehme mir vor mich von ihm fern zu halten. Weitere Gedanken kann ich mir nicht mehr machen, weil Frau Mori in die Klasse gestürmt kommt und sich hastig für ihre Verspätung entschuldigt. Dann beginnt der Unterricht. Eine Buchbesprechung von der ich auch wieder keine Ahnung habe. ~*~ Endlich klingelt es zur Mittagspause und diese langweiligen Stunden nehmen eine Ende. Schon eine halbe Stunde nach Beginn der Stunde hat sich so gut wie keiner mehr für den Unterricht interessiert. Joey und Tristan spielen Schiffe versenken und viele der Anderen unterhalten sich flüsternd. Yami interessiert sich auch nicht wirklich für den Unterricht und ich würde mich gerne mit ihm unterhalten, ihn kennen lernen, aber ich traue mich nicht ihn anzusprechen. Jetzt kann ich mich wenigstens ein bisschen zurückziehen, wenn wir das Problem Treppe gemeistert haben. Wie es scheint hat Joey sich Verstärkung gesucht, denn während er mich zur Treppe fährt, unterhält er sich mit Tristan. Joey trägt mich dann die Treppe herunter und Tristan nimmt den Rollstuhl. Untern angekommen verabschiede ich mich von Joey und Tristan. Ich möchte einfach meine Ruhe haben. Joey versucht mich noch zu überreden mit ihnen zu kommen, aber ich möchte einfach nicht. „Joey, ich bin kein Kleinkind mehr, dass rund um die Uhr beaufsichtigt werden muss.“ Er zögert kurz, bevor er zustimmt und sich mit Tristan in Richtung Mensa entfernt. Endlich mal allein. Damit das auch so bleibt, verschwinde ich nach draußen, wo es für Herbst noch angenehm warm ist und ich genieße die letzten warmen Sonnenstrahlen. Jedoch bleibe ich nicht lange alleine. Marik und seine Schlägertruppe kommt mit fiesem Grinsen in den Gesichtern auf mich zu. Können die mich nicht mal in Ruhe lassen? Obwohl ich krank bin, scheinen sie mich noch lieber als Opfer zu sehen. Die Gruppe bleibt in einiger Entfernung stehen und ich hoffe schon, dass sie mich in Ruhe lassen, aber Marik kommt auf mich zu und umrundet mich abschätzend. „Du bist ein Krüppel geworden, Yugi,...“ Sein Gesichtsausdruck wechselt von ausdruckslos zu fiesem Grinsen. „...aber das wird uns nicht abhalten können.“ Schon finde ich mich auf dem Boden wieder und die Anderen kommen dazu. Kapitel 3: Ein neuer Freund --------------------------- **Yami** Nach dem Unterricht beginnt endlich die lange Mittagspause. Freudig gehe ich in die Cafeteria um meinen hungrigen Magen zu füllen. An der Tür treffe ich auf Joey und Tristan, die mich zu ihrem Tisch mitschleifen. Ich habe zwar keine Lust bei dem schönen Wetter in der Cafeteria zu bleiben, aber zum Essen setze ich mich doch zu den Beiden. Recht schnell wandert unser Gespräch vom heutigen Unterricht zu dem Neuen, Yugi, der gar nicht so neu zu sein scheint, wenn man die Reaktion unseres Erdkundelehrers betrachtet. Ich habe mir noch kein Bild von ihm machen können, weil er sehr verschlossen ist. Mich interessiert besonders, warum er im Rollstuhl sitzt, aber weder Joey noch Tristan wollen darüber reden. „Wo steckt er eigentlich jetzt, Joey?“ „Yugi wollte seine Ruhe haben. Lass ihn besser mal alleine, Yami!“ Ich nicke und esse erst einmal mein Mittagessen. Auch nach einer halben Stunde ist Yugi noch nicht aufgetaucht und Joey wird langsam unruhig. In der mittlerweile gefüllten Cafeteria fehlt Marik mit seinem Schlägertrupp, was kein gutes Zeichen ist. Normalerweise sind sie bei den Ersten in der Cafeteria. Wenn sie in der Cafeteria abwesend sind, findet man sie meistens auf den Schulhof, wo sie jemanden verprügeln. Da Yugi ebenfalls fehlt, kann ich mir denken, wer diesmal ihr Opfer ist. Joey ist dies auch gerade aufgefallen und er springt mit der Entschuldigung auf, dass er Yugi suchen geht, obwohl er noch nicht mal mit dem Essen fertig ist wie ich. Also halte ich ihn zurück und werde Yugi selbst suchen gehen. Außerdem kann ich ihm besser helfen, wenn etwas passiert ist. „Lass, Joey, ich mach das schon. Iss du erst einmal fertig.“ Ich verlasse die Cafeteria als mir Marik mit seinen Freunden entgegen kommt, die lautstark über einen »Krüppeln« lachen. Damit ist klar, wo Yugi steckt und was mit ihm passiert ist. Irgendwo auf dem Schulhof. Nach längerem Suchen finde ich ihn endlich in der verlassensten Ecke des Schulhofs. Er sitzt ziemlich benommen an die Wand gelehnt und hat eine Platzwunde am Kopf. Sein Rollstuhl steht neben ihm und sieht noch einigermaßen normal aus, aber diesem Schein traue ich nicht. Garantiert haben sie auch an dem Ding herumgebastelt. Doch bevor ich an den Rollstuhl, sollte ich mir Gedanken um Yugi machen. Langsam um ihn nicht zu verschrecken komme ich auf ihn zu und gehe vor ihm in die Knie. Sein Gesicht, welches er gesenkt hält, hat einige leichte Schürfwunden und eine blutige Nase. Sein Anblick erschreckt mich sehr. Wie könne sie Yugi so etwas überhaupt antun? Er ist behindert, braucht einen Rollstuhl und kann sich nicht wehren. Wenn sein Gesicht schon so aussieht, ist er wahrscheinlich auch an anderen Stellen verletzt. Vielleicht sogar an inneren Organen. Ich ziehe mich leise wieder zurück und rufe zu aller erst einen Krankenwagen. Alleine traue ich mir nicht zu ihn zu versorgen, weil ich kein Arzt bin, aber die Wundversorgung erledige ich natürlich schon mal. Wozu bin ich sonst Sanitäter. Damit er überhaupt versorgt werden kann, muss ich ihn aus seiner Starre holen, damit er mir sagen kann, wo es ihm weh tut und wo nicht. Während ich ihn gemustert habe, hat er keine Regungen gezeigt, aber an seinen Augen habe ich gesehen, dass er mich die ganze Zeit beobachtet hat. „Wo hast du Schmerzen, Yugi?“ Yugi deutet auf sein Gesicht, seinen Bauch und seine Rücken. Ich nicke verstehend und verschwinde in die Schule um den Verbandskasten zu suchen. Dieser Kasten hat in unserer Schule Beine und verschwindet dauernd von seinem Platz, obwohl er oft benötigt wird. Dann verarzte ich Yugis Gesicht, aber den Bauch und Rücken überlasse ich lieber den Experten. Obwohl ich als Sanitäter in meiner Freizeit für das Krankenhaus arbeite, bin ich keine Notarzt. Ich setze mich also vor ihn, bewaffne mich mit Jod, Wattestäbchen und Pflastern aus dem Kasten und beginne vorsichtig Yugi zu verarzten. „Ich habe noch den Krankenwagen gerufen. Den Rücken und den Bauch muss sich ein Experte ansehen, da kann ich nichts für dich tun. Es könnten Organe verletzt sein. Wird es besser?“ Von Yugi kommt nur ein Nicken. Das Sprechen scheint ihn anzustrengen. Mittlerweile habe ich die Verletzungen verarztet und wende mich jetzt Yugis Nase zu. Damit ich mir die Nase anschauen kann, hebe ich Yugis Kopf vorsichtig an. Dabei begegne ich seinem Blick, der Verwirrung ausstrahlt, und er fragt mich plötzlich zögernd: „Warum hilfst du mir, Yami? Wir kenne uns doch kaum.“ Kurz mustere ich ihn und widme mich schweigend seiner Nase. Die Antwort bleibe ich ihm schuldig, obwohl ich darüber lange nachdenken. Yugi scheint fremde Nähe nicht sonderlich zu mögen und Hilfsbereitschaft überhaupt nicht zu kennen. Yugis Nase hat in der Zwischenzeit aufgehört zu bluten, sodass ich einfach nur das Blut abwischen muss. Dann taste ich vorsichtig die Nase nach Bruchstellen ab, jedoch finde ich zum Glück keine. Ein Seltenheit bei Marik und seine Freunden. Die Nase trägt normalerweise die schlimmsten Verletzungen davon, aber Yugi sieht schon schlimm genug aus. Beruhigter nehme ich jetzt Yugis Rollstuhl unter die Lupe und sehe meine Vermutung bestätigt. Die Stangen sind verbogen, die Sitzfläche so manipuliert, dass selbst ein Federgewicht wie Yugi darin einbricht und wichtige Schrauben herausgedreht. Fazit: Der Rollstuhl ist nicht mehr zu gebrauchen. „Kannst du mich in meinen Rollstuhl setzten?“ Ich zeige Yugi wie es um seine Rollstuhl steht, in dem ich meine Hand kurz auf die Sitzfläche setzte und der Rollstuhl schon bei dieser kleinen Belastung zusammen bricht. „Der ist nicht mehr zu gebrauchen. Marik hat ganze Arbeit geleistet.“ „Niemand hat etwas mit meinem Unfall zu tun. Ich bin hingefallen.“ Sicher, Yugi! Natürlich hat der Boden dir diese ganzen Verletzungen zugefügt. Erzähl mir was besseres, Kleiner. Ich behalte diese Gedanken für mich, damit sich Yugi nicht aufregt. Hoffentlich kommt der Krankenwagen bald. Endlich höre ich das erlösende Martinshorn, welches sich der Schule nähert. Yugi und ich sind immer noch alleine auf dem Schulhof, aber kaum ist der Krankenwagen zu sehen, füllt sich der Hof mit neugierigen Schülern. Uns haben sie schnell gefunden, aber seine Hilfe biete niemand an, sondern sie gaffen nur. Einige fangen an zu tuscheln, während andere Yugi auslachen und dumme Sprüche klopfen. So etwas habe ich echt noch nie erlebt. Liegt das nur daran, dass Yugi im Rollstuhl sitzt, oder ist er einfach nur unbeliebt? Das Zweite kann ich gar nicht verstehen, er wirkt doch so unschuldig, aber vielleicht kapselt er sich auch von den anderen ab. Ich lasse meine Blick über die Menge schweifen und bemerke Joey in Mitten der Schüler, der verzweifelt versucht einen Weg zu uns zu finden, doch keiner der Schüler lässt ihn zu seinem Freund. Ich gebe ihm ein Zeichen, dass alles in Ordnung ist und er sich keine Sorgen machen muss. Stimmt zwar nicht ganz, jedoch brauche ich nicht auch noch einen aufgeregten Joey hier. **Joey** Ich kann nicht glauben, was ich hier grad erlebe. Gaffende und tuschelnde Schüler stehen um Yami und Yugi und lassen jemanden, der helfen will nicht einmal zu seinem Freund. Schlimmer noch: Sie fahren mich böse an. Ich könnte allen eine kräftige Ohrfeige geben, aber ich beherrsche mich, denn ein Verletzter ist für heute genug. Was ist da nur passiert? Yami gibt mir ein Zeichen, dass alles unter Kontrolle ist und versucht Yugi vor den gaffenden Blicken ein wenig zu schützen. Dabei fällt mir auf, dass Yami und Yugi ein schönes Paar abgeben würden. Bei Yami weiß ich, dass er auf Jungs steht. Die Frage wäre nur noch wie Yugi dazu steht. Schnell verwerfe ich den Gedanken Yugi mit Yami zu verkuppeln, denn mein kleiner Freund braucht erst etwas mehr Selbstvertrauen bevor ich an so etwas denken darf. Um nicht ganz zerquetscht zu werden ziehe ich mich aus der Menge zurück und sehe wie Yugis Vater aus dem Rettungswagen springt. Voll beladen rennt er auf die Menge zu, wobei sich ihm ein Lehrer in den Weg stellt, der schnell mit einigen Geräten beladen wird. Ich versuche mit Hilfe einiger Klassenkameraden eine Gasse für den Notarzt zu bilden, damit er schnell zu seinem Sohn, dem Verletzten kommt. Diese Vorhaben erweist sich als schwierig, denn die sensationslüsternen Kleinen wollen etwas sehen. Zum Glück klingelt es zum Pausenende, sodass sich alle in ihre Klassenräume begeben und somit genug Platz und Ruhe entstehen. Wird auch langsam Zeit! Auch ich gehe in meine Klasse, denn Yugi ist jetzt in guten Händen, und begegne einer panischen Kagome, die wohl von ihren Freundinnen gehört hat, was passiert ist. Bevor sie so ihrem wahrscheinlich wütenden Vater in die Arme läuft, halte ich sie auf und beruhige sie. „Vater wird mich umbringen! Ich sollte doch auf ihn Acht geben.“ Ich verspreche ihr nachher sie ins Krankenhaus zu bringen und schicke sie zurück in ihre Klasse. Den späteren Ärger gibt es für mich. **Yami** „Yugi!“ Entsetzt ruft Dr. Muto den Namen des Kleinen. Woher kennt er Yugi? Fragen kann ich ihn nicht mehr, denn sofort kriege ich die ganze Notfallausrüstung in die Arme und Befehle. „Leg einen Zugang! Zieh ein Schmerzmittel und ein Beruhigungsmittel auf.“ Während ich meine Aufgaben erledige, kontrolliert der Arzt Yugis Puls und schaut sich sein Gesicht an. „Gute Erstversorgung, Yami. Gab es irgendwelche Komplikationen?“ „Nein, die ganze Zeit bei Bewusstsein. Jedoch hat er Schmerzen im Rücken und im Bauch.“ Dann wendet er sich erneut Yugi zu, der ihm auch etwas sagen will. „Ich habe kein Gefühl mehr in den Beinen, Dad.“ Dad?! Überrascht mustere ich die Beiden unauffällig, während Dr. Muto seinen Sohn vorsichtig auf den Rücken legt und ihn abtastet. Ab der Hüfte zeigt Yugi keine Reaktion mehr auf die durchaus festen Griffe seines Vaters. Mit Samthandschuhen fasst er seinen Sohn absolut nicht an. Auch die Füße kann Yugi nicht bewegen. Der Arzt verlangt nach der Vakuummatratze und mit Hilfe einer speziellen Trage bringen die Fahrer des Rettungswagen Yugi zum Auto. Wir sammeln unsere Utensilien ein und ich helfe Dr. Muto noch beim Tragen. Am Wagen steht der Direx, der sich für den Vorfall entschuldigt und verspricht, dass sich so etwas nicht wiederholt. Super, er hätte dafür sorgen sollen, dass es gar nicht dazu gekommen wäre. Das Versprechen hält er nicht ein, denn was auf dem Schulhof während der Pausen passiert, ist ihm und den anderen Lehrern total egal. Der Direx redet auch noch von anderen Dingen, die er verändern und verbessern will, aber ich kann mich nicht mehr beherrschen und unterbreche ihn kalt: „Wo waren die Lehrer, als Yugi von Marik so zugerichtet wurde? Wo waren sie danach, zum Helfen oder um ihn vor den gaffenden Schülern zu schützen? Sie standen alle am Fenster des Lehrerzimmer uns haben ebenfalls nur zugesehen.“ Der Direktor mustert mich ziemlich sauer, während Yugis Vater sich an ihn wendet. „Das wird ein Nachspiel haben. Komm, Yami!“ Ich will zu Yugi in den Rettungswagen steigen, aber der Direx hält mich entschieden am Arm fest. „Mr. Anub hat noch Unterricht. Das gilt als Schwänzen.“ Ziemlich gereizt entgegnet Dr. Muto: „Ich brauche einen Sanitäter im Wagen. Yami hat Yugi schon erstversorgt und uns gerufen, jetzt soll er auch seinen Patienten abliefern. Eine Entschuldigung des Krankenhaus genügt doch sicher, Herr Direktor.“ Widerwillig lässt er mich nach einiger Zeit der Diskussion schließlich fahren. Im Wagen lässt Dr. Muto uns im hinteren Teil alleine, sodass wir uns ungestört unterhalten können. Er hat wahrscheinlich gemerkt, dass wir noch kurz miteinander reden wollen. Ich gebe ihm jetzt eine Antwort auf seine Frage von vorhin. „Ich habe dir geholfen, weil du Hilfe gebraucht hast, Yugi. Das gehört zu meiner Erziehung wie einiges andere auch.“ „Danke, Yami! Du bist sehr freundlich zu mir gewesen. Vielen Dank.“ „Keine Ursache, Yugi. Freunden helfe ich immer gern.“ Verwirrt schaut mich Yugi und ich lächele einfach zurück. „Heißt das, du willst mit mir befreundet sein?“ „Ja. Natürlich nur, wenn du auch nichts dagegen hast.“ Er schüttelt auch nur den Kopf und reicht mir seine Hand, die ich ergreife. „Freunde!“ Kapitel 4: Alles halb so schlimm! --------------------------------- **Yami** Im Krankenhaus werden wir schon erwartet. Sie bringen Yugi sofort nach dem Röntgen in den OP, da die Bilder nicht besonders gut aussehen. Das Rückenmark ist zwischen zwei Wirbeln eingeklemmt. Eine böse Situation! Ein falscher Schnitt, ein Zucken oder Unaufmerksamkeit – kurz eine falsche Bewegung von Ärzten und ihm kann Yugi für sein ganzes Leben lähmen. Dr. Muto operiert seinen Sohn selbst. Riskant, aber auch verständlich! Er vertraut keinen anderen Ärzten in Angelegenheiten um seinen Sohn. Ich könnte es allerdings nicht! Zum Glück muss ich nicht mit in den OP und ihm assistieren. Ich werfe stattdessen einen genaueren Blick auf die Röntgenbilder, die mich mehr interessieren. Dabei sehe ich, dass Yugi eigentlich nicht querschnittsgelähmt ist. Bis jetzt zumindest noch nicht! Eine andere Frage beschäftigt mich trotzdem: Warum sitzt Yugi dann im Rollstuhl, obwohl er doch gesund ist? Zwei rennende Gestalten, die nach mir rufen, reißen mich aus meinen Überlegungen. Joey und ein junges Mädchen kommen schnaufend vor mir zum Stehen. Sie sind direkt von der Schule hergelaufen. „Wie geht es, Yugi? Was ist mit ihm?“ Das Mädchen ist ganz aufgeregt und kann kaum richtig sprechen. Joey holt erst einmal tief Luft, bevor er mir das Mädchen als Yugis Schwester Kagome vorstellt. „Setz euch erst mal! Yugi liegt im OP. Er hat das Rückenmark zwischen zwei Wirbeln eingequetscht. Wahrscheinlich durch den Fall aus dem Rollstuhl! Sein Vater operiert ihn.“ Joey scheint mit den Angaben gar nichts anfangen zu können, aber Kagome bricht in Tränen aus, was ich nicht verstehen kann. Schließlich ist ihr Vater der beste Arzt in der Neurochirurgie. Wenn einer Yugi helfen kann dann er! Joey tröstet sie. „Das wird schon, Kagome! Dein Vater schafft das schon.“ „Joey, das ist es nicht. Dad wird mich umbringen! Ich konnte nicht auf Yugi aufpassen.“ Joey nimmt das Mädchen liebevoll in den Arm. „Es ist nicht deine Schuld, Kagome! Hätte ich Yugi auf seinem Wunsch hin nicht alleine gelassen, dann wäre nichts passiert.“ Joey und ich versuchen Kagome so gut es geht zu beruhigen, aber es hilft nichts. Sie macht sich schreckliche Sorgen um ihren älteren Bruder! Ich finde das ja ziemlich unnötig. Yugi ist 18 und alt genug um auf sich selbst aufpassen zu können. Er sollte sich um seine Schwester kümmern und nicht sie sich um ihn. Endlich kommt Dr.Muto aus dem OP-Bereich, aber er sieht ungewöhnlich ernst aus. „Wie sieht es aus?“ Joey kann sein Unbehagen nicht verbergen. Auch mir gefällt das ernste Gesicht des Arztes nicht. „Das kann ich noch nicht sagen. Es gab keine Komplikationen, aber ob er nicht doch für immer im Rollstuhl sitzen muss, kann ich noch nicht sagen. Ich hoffe nicht!“ Er redet nur mit Joey und mir. Seine Tochter mustert er mit keinem Blick. „Können wir zu ihm, Dr Muto?“ „Nein, Joey. Yugi liegt noch im künstlichen Koma, damit er sich besser von der OP erholen kann. Morgen Nachmittag könnt ihr ihn besuchen. Geht jetzt! Hier könnt ihr momentan nichts mehr tun.“ Joey verabschiedet sich daraufhin schnell und verschwindet froh kein Donnerwetter erlebt zu haben. Auch ich will verschwinden und biete Kagome an mit mir zu kommen, aber ihr Vater lehnt das Angebot ab und will seine Tochter selbst mitnehmen. Na gut, dann schnappe ich mir Joey noch einmal! „Warte mal, Joey!“ „Was ist, Yami?“ Ich hole erst einmal zu ihm auf, bevor ich ihn noch zu einem kurzen Kaffee überreden kann. „Vielleicht kannst du mir helfen Yugi besser zu verstehen. Ich habe ein paar Fragen!“ Joey mustert mich abschätzend und schaut dann in seinen Kaffee. „Ich kenne Yugi schon sehr lange. Daher gebe ich dir den Rat Yugi selbst zu fragen.“ Ich kann Joey verstehen, trotzdem versuche ich es erst einmal. „Ich stelle dir einfach meine Fragen und du kannst sie beantworten oder auch nicht. Ist das ein Deal?“ Joey stimmt zu und so lege ich los. „Warum sitzt Yugi im Rollstuhl?“ „Schon die erste Frage werde ich dir nicht beantworten. Yugi soll dir diese Geschichte selbst erzählen, wenn er es für richtig hält.“ Das hätte ich wissen müssen! Dann versuche ich es mit meiner nächsten Frage zu Yugis Familie und ich bekomme meine ersten Antworten. Joey erzählt mir dann doch noch sehr viel, obwohl er alles Persönliche von Yugi weglässt. * Am nächsten Morgen begegne ich einer ziemlich niedergeschlagenen Kagome auf dem Weg zur Schule. Es muss gestern noch ziemlich zwischen ihr und ihrem Vater gekracht haben. Ich werde mich allerdings nicht einmischen. Ein aufmunterndes Lächeln schenke ich ihr trotzdem und sie erwidert es auch. Joey gibt mir dann auch noch einen Rat wegen ihr. „Kagome, kommt auf uns zu, wenn sie uns braucht. Sie wirkt zwar nicht stark, aber glaube mir, dass sie viel Tragen kann. Gib ihr einfach nur das Gefühl für sie da zu sein, wenn sie dich braucht. Sie holt sich die Hilfe dann auch.“ Mit Joey mache ich aus, dass ich Yugis Arbeitsblätter und Unterlagen zu ihm ins Krankenhaus bringe, da ich sowieso jeden Nachmittag zu ihm gehe. Mittlerweile liegt er auf normaler Station und es geht ihm wieder besser. Heute treffe ich ihn sogar sehr fröhlich in seinem Bett an und werde mit einem Lächeln begrüßt. „Was ist los, Yugi?“ Er zeigt mir einen Zettel, der wohl die Freude auslöst. „Ich werde morgen schon entlassen.“ „Das ist ja toll!“ Ich freue mich ehrlich für Yugi. Es ist sicherlich kein Vergnügen im Krankenhaus zu liegen. Wegen seinem gesundheitlichen Zustand mache ich mir trotzdem sorgen. „Was sagen die Ärzte zu deinem Unfall?“ „Ich habe keine Spätfolgen davon getragen.“ Das ist gut! Das Thema vom Laufen lasse ich unberührt. Dafür ist unsere Freundschaft einfach noch zu jung. Yugi will jetzt auch wissen, was wir heute durchgenommen haben und ich fange an es ihm zu erklären. Erst gegen Ende der Besuchszeit werden wir damit fertig und ich muss ihn schnell verlassen. „Kommst du mich morgen abholen?“ „Ja, ich werde da sein!“ Kapitel 5: Das glaube ich jetzt nicht! -------------------------------------- ~~Yami~~ Am nächsten Morgen gehe ich direkt nach der Schule zu Yugi ins Krankenhaus. Er darf wieder nach Hause! Im Zimmer treffe ich ihn schon im Rollstuhl sitzend an. Er beobachtet vom Fenster aus den Parkplatz. Seine Taschen warten schon gepackt darauf, dass sie ins Auto getragen werden. „Du kannst es wohl gar nicht mehr erwarten, Yugi!“ Yugi dreht sich zu mir, aber er sieht traurig aus. Freut er sich etwas nicht auf zu Hause? „Was ist los?“ „Mein Vater wollte mich nach seiner Schicht heute morgen direkt mitnehmen, aber er muss eine Doppelschicht machen. Ein Kollege ist nicht da. Jetzt muss ich bis morgen warten. Ich wäre ja ganz alleine zu Hause. Das will Dad nicht verantworten!“ Der Arme! Da kommt mir eine Idee! „Hast du etwas dagegen, wenn ich mit dir zu dir nach Hause komme? So bist du nicht alleine und du musst nicht länger hierbleiben.“ Überrascht schaut mich Yugi an. „Das würdest du für mich tun?“ Ich zucke mit den Schultern. „Klar, wenn es dir recht ist!! Ich habe heute und morgen nichts besonderes vor.“ Yugi nickt sprachlos. „Dann rede ich mal mit deinem Vater!“ ~~Yugi~~ Natürlich bekommen wir die Erlaubnis. Mein Vater organisiert noch einen Krankentransport zu uns nach Hause und dann geht es los. Endlich komme ich hier raus! „Danke, Yami!“ * Zu Hause angekommen bringen wir meine Sachen in mein Zimmer und ich zeige Yami das Haus. Es ist schon seltsam, so schnell habe ich noch niemanden zu mir eingeladen. Yami ist schon besonders! Ich glaube, ich vertraue ihm schon. Unglaublich! In der Küche erwartet uns allerdings … NICHTS?! Es gibt nur noch Gemüse, Obst und Brot. Und im Kühlschrank einige Bierflaschen! „Entweder wir gehen jetzt einkaufen oder wir bestellen uns später etwas zu essen. Mehr Auswahl haben wir nicht, Yugi!“ Da hat Yami Recht! Zum Glück hat mir mein Vater in weiser Voraussicht Geld für uns mitgegeben. „Wir bestellen!“ Ich will auch nicht in die Öffentlichkeit! Den Tag vertreiben wir uns dann mit verschiedenen DVDs und Computerspielen. Yami hat da echt die gleichen Interessen wie ich! Gegen Abend bestellen wir uns Pizza und lassen es uns gut gehen. Dann bekomme ich plötzlich Schmerzen im Rücken und an den Schultern. Toll! Das viele Liegen und ständige Sitzen in der letzten Zeit haben zu Verspannungen geführt. Jetzt sehne ich mich richtig nach meiner Physiotherapie! Unruhig bewege ich mich im Rollstuhl und versuche die Sitzposition zu verändern. Da habe ich aber leider nicht viele Möglichkeiten. „Ist alles in Ordnung, Yugi?“ „Ich bin total verspannt. Mein Rücken und die Schultern schmerzen sogar schon.“ „Willst du eine kleine Massage haben? Ich kann das recht gut.“ „Schlecht ist es bestimmt nicht.“ Erst danach habe ich begriffen, worauf ich mich da eingelassen haben. Eine Massage heißt sich ausziehen müssen. Zumindest bei einer richtigen! Ob ich soweit schon bin? ~~Yami~~ Ich merke wie er zögert, aber jetzt kommst du aus der Nummer nicht mehr raus. „Dann mach dich mal frei! Die Boxershort kannst du anbehalten, wenn du es möchtest.“ Langsam beginnt Yugi sich auszuziehen. „Soll ich dir helfen?“ Er schüttelt mit dem Kopf. Als er jedoch versucht sich auf sein Bett zu legen, greife ich ihm unter die Arme. Die Hand schlägt er dieses Mal nicht aus. „Leg dich auf den Bauch. Ich gehe dir noch ein Handtuch holen und dann helfe ich dir bei der Hose.“ „Was willst du an meinen Beinen? Da spüre ich doch sowieso nichts mehr.“ „Sie gehören zu einer Ganzkörpermassage nun einmal dazu. Gerade für die Rückenschmerzen ist das wichtig!“ Außerdem lasse ich ihm diese Lüge nicht mehr durchgehen. Heute werde ich Yugi beweisen, dass er noch ein Gefühl in seinen Füßen und seinen Beinen hat. Als ich mit dem Handtuch zurückkomme, hat er die Hose schon so weit wie es ihm möglich ist, ausgezogen. Ich muss sie nur noch herunterziehen. Dann lege ich ihm ein Handtuch über seinen süßen Hintern und gebe ihm noch ein weiteres als Kopfkissen. Damit er möglichst gerade liegt, stopfe ich noch ein paar Kissen unter verschiedene Stellen. Schließlich nehme ich meinen Platz an seiner Seite ein und reibe ihm etwas Massage-Öl auf den Rücken. Als ich dann anfange, den Rücken mit meinen Händen zu bearbeiten, merke ich wie sich unter ihnen schon die ersten Verspannungen lösen. Meine Güte! Yugi braucht dringend mehr Bewegung. Er selbst spannt sich bei meinen Berührungen allerdings leicht an. Bis er sich völlig entspannen kann, bleibe ich an seinem Oberkörper. Besonders sein Rücken hat eine gute Massage echt nötig. Durch die ständig sitzende Haltung sind manche Muskeln sehr beansprucht und andere kaum benutzt. Ich lockere die einen auf und kräftige die anderen wieder ein bisschen. Natürlich reize ich auch ein paar andere Körperstellen. Yugi genießt im Moment einfach. Langsam wandere ich dann zu seinen Beinen. Noch merkt er nicht, wo ich hin möchte. Ich beginne sein linkes Bein langsam auf und ab zu streichen. Dabei merke ich, dass seine Beinmuskulatur total erschlafft ist. Er beansprucht sie ja auch nicht. Vorsichtig beginne ich das Bein zu massieren und wandere zu seinem linken Fuß. Dort versuche ich eine Reflexzonenmassage und ... Yugis Bein fängt an zu zucken! Ich wusste es! Auch er bemerkt jetzt, an welcher Stelle ich angekommen bin. „Yami, hör auf!“ Das kommt zu spät, Kleiner. Er dreht sich langsam um, aber das verhindere ich. Ich gebe ihm schweigend zu verstehen, dass ich die Massage noch beenden möchte. Da ich sowieso schon gesehen habe, was ich nicht sehen sollte, kann ich doch auch dem anderen Bein dieses Vergnügen geben. Yugi folgt der Aufforderung nur widerwillig. Er ist auch nicht mehr entspannt. Das lässt sich leider nicht ändern. „Na, geht’s dir besser?“ „Ja, danke!“ Er hört sich etwas kleinlaut an. Falls er erwartet, dass ich ihn jetzt auf das Geschehen von eben anspreche, muss er lange darauf warten. Eine Erklärung möchte ich schon haben, das weiß er auch. Ich werde sie aber nicht einfordern. Er soll es mir erzählen, wenn er es für richtig hält. „Komm, wir gehen schlafen, Yugi.“ Ich suche Yugi ein T-Shirt, das sich Yugi zum Schlafen überzieht, während ich mich im Bad fertig mache. Gemeinsam statten wir das Bett dann für zwei Personen aus. Ich helfe Yugi noch unter die Bettdecke und lege mich dann zu ihm. Er kuschelt sich gleich mit seinem Rücken an meine Brust. Ich lege meine Arme dann um seine schmale Brust. „Yami, ich muss dir etwas sagen! Es geht um vorhin.“ Das ist ja schneller gegangen als ich gedacht habe. „Aha! Dann schieß mal los.“ ~~Yugi~~ Warum habe ich mich bloß auf den Vorschlag eingelassen? Ich glaub's einfach nicht! „Also, was ist jetzt? Erzählst du mir noch, was los ist?“ „Ich spüre meine Beine. Schon die ganze Zeit! Ich benutze sie einfach nicht mehr.“ Danach herrscht einfach nur noch Stille. Yami bewegt sich kaum hinter mir. Er scheint auf irgendetwas zu warten oder ... Ich spüre einen Atemzug in meinem Nacken. … er ist eingeschlafen! Blödmann!! Jetzt teile ich mit ihm mein größtes Geheimnis und er schläft einfach ein. Vorsichtig wende ich mich aus seinen Armen und sehe ihm dabei zufällig in die Augen. Die sind offen! Er beobachtet mich! Die ganze Zeit schon! „Warum? Was ist passiert?“ //Flashback// Auf einem Schulhof! Joey hat sich mit seiner Bande um mich postiert und kommt auf mich zu. „Wo sind meine Hausaufgaben, Kleiner?“ Ängstlich umklammere ich mich meine Schultasche. Aber Joey greift schnell danach und reißt sie mir aus der Hand. Ich stürtze hinterher und lande in den Armen eines Jungen aus seiner Bande. Dieser zieht meine Arme auf meinen Rücken und hält mich fest. Joey durchwühlt währenddessen meine Schultasche. Die Hausaufgaben behält er, während alles andere achtlos auf Boden verteilt wird. „Vielen Dank, Yugi! Bis morgen!“ Er verlässt seine Bande, die mit mir jetzt machen darf, was sie möchte. Sie schlagen auf mich ein bis ich am Boden liege. Danach folgen noch einige Tritte. Erst die Schulglocke beendet die Tortur. Die Bande geht zum Unterricht. Ich bleibe auf den Steinen liegen und krümme mich vor Schmerzen. Erst nach Minuten setze ich mich auf, sammle meine Sachen ein und versuche aufzustehen, aber meine Beine halten mich nicht mehr. //Flashback Ende// „Ich kann sie seit dem nicht mehr benutzen. Gar nichts mehr! Mein Vater hat mich mehrmals operiert, aber er konnte nichts erreichen. Ich habe viele Rehas und Therapeuten durchlaufen. Nichts! Niemand konnte erklären, woran es liegt und mir helfen. Irgendwann wurde daraus mein Geheimnis. Es war schön so viel Aufmerksamkeit und Hilfe zu bekommen. Sogar Joey änderte sich und wurde mein bester Freund.“ ~~Yami~~ Das glaube ich jetzt nicht! Yugi nutzt mit einer nicht vorhandene Behinderung andere Menschen aus und versucht noch nicht einmal die Blockade zu lösen! Ich werde richtig sauer. Bevor ich noch irgendeine Dummheit mache und Yugi im schlimmsten Fall verletzen könnte – egal ob seelisch oder körperlich – verlasse ich wortlos das Bett. Ich gehe in die Küche und hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Aber auch jetzt bekomme ich die Wut nicht in den Griff! Andere können es sich leider nicht mehr aussuchen, ob sie gelähmt sein wollen oder nicht. „Dieser kleine, arrogante Arztsohn!“ Aus dem Schlafzimmer höre ich lautes Poltern. Was macht der denn jetzt schon wieder? „Bevor er sich noch verletzt, schaue ich mal nach.“ Ich stelle das Bier in den Kühlschrank zurück und gehe zu ihm. Das Zimmer ist hell erleuchtet. Durch die geöffnete Tür kann ich Yugi unbemerkt bei seinen Steh- und Gehversuche beobachten. Diese Versuche sind schon wieder süß! Doch jetzt bleibt er zwischen seinen Klamotten sitzen und … weint er? OK an ihn habe ich gerade am allerwenigsten gedacht. Er öffnet sich mir gegenüber, vertraut sich mir an und ich reagiere wie eben, stoße ihn weg. Ich gebe mir einen Ruck. Auch er braucht jemanden, der ihm Hilft. Jemand, der ihn zurück in ein normales Leben führt. Und dieser jemand bin ich! ~~Yugi~~ Das ist ja wieder typisch! Ich vertraue mich jemandem an und werde enttäuscht. Irgendwie bin ich ja auch selbst daran schuld. Beim Aufsetzen überkommt mich plötzlich die Lust einfach mal aufzustehen und zu meinen Kleidern zu GEHEN. Leider funktioniert es nicht so wie gedacht. Meine Beine knicken unter mir weg und ich lade unsanft auf dem Boden. Hoffentlich hat Yami meinen Versuch nicht gehört oder gesehen. Ich versuche noch ein paar Mal aufzustehen und meine Kleider zu erreichen, aber es läuft wie vorher. Erschöpft bleibe ich auf dem Boden sitzen. Bei der Vorstellung gleich auf dem Boden zu meinen Kleidern rutschen zu müssen, treibt mir die Tränen in die Augen. Das ist so demütigend! Ich höre wie leise Schritte zu mir kommen. Yami kommt zurück! „Lass dir helfen, Yugi!“ Vorsichtig greift er unter meine Arme und hebt mich aufs Bett zurück. Mit geübten Griffen überprüft er meine Beine nach Verletzungen. „Du brauchst Training, Yugi! Deine Beine können dein Gewicht nach der langen Zeit nicht mehr tragen. Aber das weißt du selbst!“ Yami schiebt mich zurück ins Bett und deckt mich zu. Ich will noch mit ihm reden, aber er schüttelt den Kopf. „Warte bis morgen!“ Ich erwarte, dass Yami wieder verschwindet. Zu meiner Überraschung kommt er von anderen Seite zu mir ins Bett. Jetzt bin ich verwirrt! Doch er unterbricht meine Frage sofort. „Morgen, Yugi! Lass uns morgen reden! Schlaf gut!“ „Gute Nacht!“ Kapitel 6: Der Preis der Wahrheit --------------------------------- ~~Yugi~~ Sobald ich erwache, hängt der gestrige Abend wie eine dunkle Wolke gleich wieder über mir. Yami will mit mir darüber reden! Das macht mir ein wenig Angst. Er hat gestern schon so wütend reagiert. Wahrscheinlich sieht er im Krankenwagen viele Schicksale, die ihre Beine wirklich nicht mehr bewegen können. Dann komme ich mit der Fähigkeit wieder zu laufen und nutze es nicht. Hoffentlich kündigt er nicht unsere frische Freundschaft! Vorsichtig werfe ich einen Blick auf die andere Seite des Bettes. Yami liegt nicht mehr dort. Irgendwie überrascht es mich und … irgendwie auch wieder nicht. Betrübt sinke ich zurück in mein Bett und ziehe mir die Decke über den Kopf. Ich werde heute nicht mehr aus diesem Bett aufstehen. Doch ganz so alleine – so wie ich gedacht habe – bin ich nicht. Einige Zeit – ob Minuten, Sekunden oder Stunden? - höre ich, wie sich die Zimmertür öffnet und jemand leise hereinschleicht. „Ah, guten Morgen, Yugi! Ich sehe, du bist wach.“ Woran er das erkennt, weiß ich nicht. Ohne Vorankündigung zieht mir Yami die Decke vom Bett und entblößt meinen Körper. Reflexartig ziehe ich meine Beine an den Körper und suche nach einer anderen Wärmequelle. Mir ist richtig kalt. Eiskalt! Vorhin war ich zwar enttäuscht, dass Yami nicht mehr da zu sein scheint, jetzt breitet sich wieder eine Gänsehaut in meinem Körper aus. Das Gespräch! Seine Standpauke an mich! Doch darüber verliert er erst einmal kein Wort. Er setzt sich gemütlich auf mein Bett und stellt seine – mit Sicherheit vorbereitete – Frage. „Wie willst du es machen, Yugi? Möchtest du duschen und dich selbst fertig machen?“ Spinnst du, Yami? Du hast noch im Kopf, dass ich nicht alleine laufen kann, oder? Also sicherlich keine Dusche! „Oder soll ich dir helfen?“ Ganz …. sicher …. nicht! Seine Stimme klingt dabei immer noch gleichgültig. Mir schießt dagegen das Blut in den Kopf. Sag mal, willst du mich ärgern? „Wie wirst du sonst fertig, Yugi? Ich habe mit dir einen Ausflug vor.“ Vor Scharm möchte ich im Boden versinken. Für die Antwort, die ich ihm geben müsste, schäme ich mich genauso wie dafür seine Hilfe annehmen zu müssen. „Ich will doch gar nicht aus dem Haus gehen!“ „Darüber werde ich mit dir nicht diskutieren, Yugi! Ok, ich habe dich gefragt, was dir lieber wäre. Da es dir egal ist, entscheide ich jetzt wie es läuft.“ Er hebt mich vom Bett auf, setzt mich in meinen Rollstuhl und schiebt mich zur Dusche. Danach verschwindet er noch einmal in meinem Zimmer. Er kommt nur noch mit einer Badehose bekleidet zurück. Der will doch nicht mit mir in die Dusche?! Anscheinend! „Zieh dich aus und die kannst du anziehen! Wir gehen duschen. Ich weiß, dass du dich alleine umziehen kannst.“ Damit verlässt er das Bad wieder. Viel Zeit lässt er mir nicht. Nur mühsam kann ich mir die Badehose anziehen. Doch ohne werde ich sicher nicht mit Yami duschen gehen. Dafür kennen wir uns viel zu wenig! Dann steigt Yami mit mir auf dem Arm in die Duschkabine. Meine Eltern haben diese Kabine nicht zu einer Dusche für mich umbauen lassen. Dadurch kann ich weder mit dem Rollstuhl hinein, noch mich irgendwo absetzen. Es gibt aber einen Haltegriff. „Versuch selbst zu stehen, Yugi. Falls du dich nicht mehr halten kannst, sag mir Bescheid.“ Yami greift nach dem Duschkopf. Warmes Wasser fließt über unsere Körper. Ich habe also nur die Aufgabe stehen zu blieben?! Mit der Zeit stellt sich heraus, dass diese Aufgabe doch nicht so einfach ist. Meine Arme sind nicht daran gewöhnt, mein gesamtes Gewicht zu halten. Noch können mich meine Beine halten. Die Frage ist nur, wie lange wird das andauern. Ich beiße aber die Zähne zusammen. So schnell will ich doch nicht schwach werden! Ich bin noch nicht mal richtig nass. Geschweige denn, fast fertig geduscht! Tapfer halte ich durch. Während der ganzen Zeit spricht Yami kein Wort mit mir. Er geht nur seiner Aufgabe nach: Mich zu duschen. Dabei ist er zwar vorsichtig, aber … ich vermisse doch etwas. Nähe?? Vertrautheit??? … Zärtlichkeiten???? Schnell streiche ich diese Gedanken aus meinem Kopf. Yami und ich sind Freunde. Mehr aber auch nicht!! Er setzt mich nach der Dusche zurück in den Rollstuhl, schiebt mich in mein Zimmer zurück und gibt mir Sachen zum Anziehen. „Komm, in die Küche, wenn du fertig bist, Yugi!“ Damit lässt er mich wieder alleine. Er behandelt mich doch etwas distanzierter. Wegen gestern? Hoffentlich kann ich das wieder hinbiegen. Ich kann ihn ja verstehen, trotzdem… Ein paar Minuten später rolle ich zu Yami in die Küche. Er sitzt am Tisch und trinkt eine Tasse Kaffee. Der Tisch ist mit leckerem Frühstück gedeckt. Ich setze mich ihm gegenüber an den Tisch und suche mir etwas zum Essen aus. Yami hat echt an alles gedacht! Croissant, Nutella, Müsli, Joghurt...sogar Eier und frische Brötchen... Ich richte mich wieder auf ein Schweigen seinerseits ein. Dann spricht er den verhängnisvollen Satz. „Lass uns reden, Yugi.“ Ängstlich hebe ich meine Augen und treffe auf dunkle Amethysten, die mich eindringlich mustern. Es lässt sich sowieso nicht vermeiden! Ich nicke zögernd. Innerlich wappne ich mich gegen Vorwürfe und harte Worte. Doch Yami überrascht mich wieder. Er streckt seine Hand über den Tisch nach meiner aus. Kälte trifft auf Wärme. „Hey, keine Angst, Kleiner!“ In seiner Stimme höre ich ein Schmunzeln. Doch dann wird sie wieder ernst. „Ich kann immer noch nicht verstehen, dass du deine Lage einfach so ausnutzt. Das passt gar nicht zu dir, Yugi!“ Ich ziehe meinen Kopf zwischen die Schultern. Es stimmt ja, dass ich die anderen ausnutze. Ich weiß das und es ist nicht fair von mir! Trotzdem brauche ich die Hilfe ... jetzt zumindest. „Ich habe aber auch gesehen, dass du diese Hilfe jetzt brauchst. Deine Beine können dich gar nicht mehr tragen. Du musst zur Physio.“ Ich gehe sofort in Abwehrhaltung. „Da werde ich nicht hingegehen, Yami.“ Yami hebt beschwichtigend die Hände. „Vielleicht musst du das auch nicht. Ich kann dir dabei auch helfen. Aber … bevor ich mit dir übe, musst du noch etwas erledigen.“ Was kommt denn jetzt? „Joey wird darüber aufgeklärt, dass er nicht an dem Rollstuhl Schuld ist. Deine Schwester bekommt ihre Freiheit zurück. Du entschuldigst bei beiden.“ Ich muss schlucken und kann Yami nicht anschauen. Verdammt, das wird nicht einfach. Vor allem Joey! Er ist doch jetzt mein bester Freund. Hält so etwas unsere Freundschaft aus?? Und Kagome? Was meint Yami damit, dass ich ihr ihre Freiheit zurückgeben soll? „Einverstanden?“ „Yami ... ich weiß nicht, ob ... ich das schaffe.“ Jetzt wird er gehen! Da bin ich mir sicher. ~~Yami~~ Warum überrascht mich diese Aussage von Yugi jetzt so gar nicht? Klar, er will seinen Wohlfühlraum nicht verlassen und hat mit der Zeit verlernt an sich zu glauben! Bei dem Vater auch kein Kunststück. So übervorsichtig und ängstlich wie er mit Yugi umgeht... Der Kleine sollte endlich anfangen zu leben! Ich antworte ihm nicht und lasse auch sonst keine Reaktion erkennen. Stattdessen beobachte ich Yugi. Er senkt seinen Kopf. Sein Frühstück rührt er nicht weiter an. Irgendwann schiebt er den Teller von sich und schaut auf. Als sein Blick meinen trifft, erschrickt er sich. Komisch! Was hat er erwartet? „Du bist noch da?“ Verwirrt verenge ich die Augen. Natürlich! „Was hast du erwartet? Nur weil du nicht an dich glaubst, lasse ich dich in Ruhe? Kleiner, da hast du dich ziemlich geschnitten. Mich wirst du so schnell nicht wieder los.“ Dann reiche ich ihm sein Telefon. „Ruf Joey an! Wir treffen uns in 30 Minuten im Park mit ihm.“ Ergeben folgt Yugi der Aufforderung. Joey hat nichts besonderes heute vor und freut sich auf ein Treffen mit uns. Auch wir machen uns auf den Weg zum Park. Da der Park von Yugi aus zu Fuß gut zu erreichen ist, entscheide ich, dass wir diesen Weg nehmen. Yugi spricht sich nicht eindeutig dagegen aus, als ist er damit einverstanden. Dass seine Mimik eindeutiges Unwohlsein und Skepsis zeigen, ignoriere ich erst einmal. Wenn ihm etwas nicht angenehm ist oder ihn überfordert, muss er lernen es zu sagen! Den Weg legen wir schweigend zurück. Ich beobachte Yugi genau. Er müht sich ziemlich mit seinem Rollstuhl ab, ist aber auf der anderen Seite zu stolz mich, um Hilfe zu bitten. Anscheinend wurde er bisher häufig geschoben und wenig nach seiner Meinung gefragt. Als uns im Park allerdings Kieswege erwarten, greife ich die Griffe und schiebe ihn. „Lass dir helfen, Yugi!“ Natürlich wehrt er sich auch dagegen nicht. Ich glaube, es würde Yugi wirklich gut tun, auch mal zu widersprechen. Vielleicht kann ich ihm das ja beibringen! Ein fieses Grinsen schleicht sich bei diesem Gedanken auf meine Lippen. Zum Glück sieht Yugi es nicht. Sonst könnte er noch auf falsche Gedanken kommen. Joey ist noch nicht am Treffpunkt zu sehen. „Naja, Joey ist nicht unbedingt der Pünktlichste, Yami! Das ist normal.“ „Hier ist doch ein guter Platz um auf ihn zu warten.“ Wir stehen vor einer Bank, die vom Weg etwas abgewandt steht und von Bäumen beschattet wird. Ihr Blick ist auf ein kleines Blumenbeet gerichtet. Perfekt für unser Vorgehen geeignet! „Stimmt, Yami!“ Habe ich auch eine andere Antwort erwartet? Nein! Ich stelle Yugi mit seinem Rollstuhl neben die Bank und strecke mich genüsslich darauf aus. Sogar die Sonne scheint zwischen den Blättern hindurch auf uns herab. Wunderbar... Ein Seitenblick auf Yugi zeigt mir, dass er weniger entspannt ist. Er schaut sich die Umgebung nicht an oder genießt die Sonnenstrahlen zwischen den Blättern. Stattdessen blickt er nach unten auf seine Hände, die er unruhig im Schoß knetet. Er macht sich Sorgen! „Was ist los, Yugi?“ Doch er kommt nicht mehr zum Antworten. Joey hat uns gefunden. Freudestrahlend und winkend kommt er auf uns zu. „Hey zusammen! Was unternehmen wir?“ Ich erwidere den fröhlichen Gruß und bedeute ihm sich zu uns zu setzen. Yugi ist weiter still schweigsam und verkrampft. Joey merkt, dass irgendetwas uns beschäftigt und wird ernster. „Was ist los, Leute?“ Yugi sucht noch einmal den Blickkontakt zu mir, dem ich aufmunternd begegne. Dann wendet er sich Joey zu. Yugi zögert wieder lange. Joeys Augen erwidern erst Yugis Blick und wechseln dann zwischen ihm und mir hin und her. „Leute, was ist los? Ihr macht mir Angst!“ Yugi, jetzt komm schon! ~~Joey~~ Verwirrt beobachte ich Yugi und Yami. Ich werde das Gefühl nicht los, dass mir einer der beiden etwas sagen möchte. Etwas ernstes! Nach einem erneuten Blickwechsel zwischen Yami und Yugi, nickt Yami verstehend und zieht sich zurück. Ok, es geht also um Yugi! Yugi schluckt noch einmal unsicher. Dann trifft mich sein entschlossener Blick, aber er schaut wieder weg. „Yugi, was ist passiert? Hat Yami ...“ „Nein, Joey, Yami hat mir nichts getan. Er hat mir lediglich die Augen geöffnet. Joey, ich muss dir etwas erklären...“ Yugi senkt seinen Blick. Es fällt ihm echt schwer mir zu erzählen, was los ist. Er scheint sich vor meiner Reaktion zu fürchten. Dabei habe ich mich doch geändert. Dank ihm! „Joey, ich weiß, dass du annimmst, dass ich für immer im Rollstuhl sitzen werden. Du glaubst, dass du mir die Wirbelsäule irreversibel verletzt hast, als ihr mich zusammengeschlagen habt. Doch … so stimmt es nicht.“ Okay … ? Heißt das etwa, dass du doch wieder laufen kannst? Yugi, das wäre toll … Warum bist du so ängstlich? Ich kann seine Vorsicht und Ängstlichkeit immer noch nicht verstehen. „Ich mag dich als Freund. Sehr sogar! Du hast mich zwar zusammengeschlagen, aber du bist der erste echte Freund, den ich habe. Und den habe ich schamlos ausgenutzt! Mein Vater stellte fest, dass zwei Wirbel gebrochen waren, aber das Rückenmark unverletzt war. Ich hatte und habe immer ein Gefühl in den Beinen gehabt. Acht Wochen musste ich in den Rollstuhl. Danach sollte ich zur Physio und wieder aus dem Rollstuhl aufstehen. In der Zwischenzeit habe ich mich so sehr an die Hilfsbereitschaft und Aufmerksamkeit von euch allen gewöhnt. Das wollte ich nicht wieder verlieren.“ Yugi schluckt schwer. Ich kann ihm immer noch nicht ganz folgen. Er spricht auch schon weiter. „Also habe ich allen erzählt, dass ich nichts mehr in meinen Beinen spüre. Ich konnte sehen, wie ich dir damit ein schlechtes Gewissen gemacht habe. Doch du hast mich nicht, wie ich es erwartet habe, verlassen, sondern unterstützt mich. Bist mir sogar mein bester Freund geworden. Und was war ich dir für ein Freund. Ich habe dich und deine Veränderung ausgenutzt, Joey. Es tut mir leid!“ Allmählich begreife ich, was Yugi mir erzählt hat. Er hat mich glauben lassen, dass ich sein Leben zerstört hätte und ... ich habe mich von ihm ausnutzen lassen! Entsetzt über seine Dreistigkeit starre ich ihn an. Ich kann noch nicht sagen, ob ich nur sauer oder auch wütend auf Yugi bin. Es bedarf einiger Tage um das Herauszufinden. „Joey??“ Zögernd nennt Yugi meinen Namen. Ich wartet auf eine Reaktion von mir. „Ich brauche etwas Zeit, Yugi!“ Mit einer voreiligen wütenden Reaktion will ich unsere Freundschaft nicht gefährden. Sie ist mir wichtig geworden. „Yugi, gib mir ein paar Tage Zeit. Ich muss das Ganze erst einmal verdauen.“ Damit lasse ich ihn einfach stehen. Der Samstag ist für mich definitiv gelaufen! „Joey, warte!“ Ohne einen weiteren Gruß gehe ich auch an Yami vorbei zum Parkausgang. Dieser schaut sich kurz zu mir um und rennt dann zu Yugi. Fast zur gleichen Zeit höre ich ein Poltern hinter mir. Yugi ist mit seinem Rollstuhl beim Versuch mir zu folgen umgekippt. Doch Yami steht schon neben ihm und hilft ihm. 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