Seydon von Linchan (2007er Version) ================================================================================ Kapitel 42: Zu achtzig Prozent die Wahrheit ------------------------------------------- Am nächsten Morgen schien die Sonne. Zenta erwachte durch lautes Gerumpel und Geschepper in der Küche, die direkt neben der Stube lag, in der er, Nadaiya und Osea geschlafen hatten. Nadaiya und Osea lagen zusammen auf dem Schlafsofa, dicht aneinandergekuschelt. „Was’n das für’n Lärm, verflucht-...?!“ grummelte Zenta und setzte sich mürrisch auf. Das Sofa war nicht sonderlich bequem gewesen, stellte er fest, als sein Rücken zu schmerzen anfing. In dem Moment tauchte Lilis Gesicht in der Tür zur Stube auf. „Oh, guten Morgen!“ grüßte sie, „Hab ich dich geweckt? Tut mir leid!“ „Was rödelst du da in der Küche herum??“ gähnte Zenta und rieb sich den Rücken, und auch Nadaiya und Osea wachten jetzt auf. „Mau maaauu!“ machte Nadaiya sinnloserweise, „Hallo, Lili!!“ „Guten Morgen!“ grüßte Lili jetzt auch Nadaiya, „Ich mache gerade das Frühstück, deshalb der Krach, verzeiht bitte!“ „Du machst Frühstück??!“ fragte Osea, „Toll!!“ Das Mädchen sprang auf und jubelte. Von der Treppe her war noch mehr Getöse und Getrampel zu hören, und Nadaiya wusste, dass die anderen jetzt auch wach waren. „Lili macht Frühstück für uns!“ erklärte Osea den anderen stolz, und Zitan sah seine Cousine an. „Hey, klasse! Wir nehmen auch Proviant für die Reise mit! – Ach, Lili?“ Lili sah auf. „Ja??“ Zitan sah sie an und räusperte sich. „Wenn du mit uns gehst-... brauchst du eine Waffe zur Sicherheit-... wir werden verfolgt und kämpfen oft, okay?...“ Lili strahlte. „Yo!“ machte sie, „Ich hab ´nen Säbel, den nehm ich mit!“ „Hauptsache, sie kann damit umgehen,“ brummte Zenta und polierte dabei eins seiner unzähligen Messer mit einem Taschentuch. Osea kam mit einem Korb Brötchen aus der Küche in die Diele. „FRÜHSTÜCK!!“ Nach dem Frühstück gingen sie zum ersten Mal zu neunt los, nach Nordosten. Lili hatte Jägermeister als Reittier genommen, Atay kam selbstverständlich auch mit. Die Hina flog neben Lili her, als die neun sich auf den Weg nach Kade machten. Sie verließen das Land Taje schnell und überquerten die Grenze zum Nachbarland Siniore, von dem Kade die Hauptstadt war. „Sagt mal, wie gefährlich ist denn dieser Kindarn eigentlich?“ fragte Lili nach einer Zeit, und die acht sahen sich an. „Also,“ sagte Siana, „Er ist ein großer Mann mit einer Rüstung und einem Helm! Er hat ein Schwert, er kann zaubern – er kann Schwarzmagie, um genau zu sein! Und dann hat er noch eine Masamune, die auf unerklärliche Weise auftaucht, wenn er seinen Ring am Finger anfasst...“ „Was heißt denn unerklärlich?“ fragte Zenta, „Mich hat nie jemand gefragt, ich weiß, was das ist! Das ist Waffenteleport via Waffensender, ganz logisch!“ „Waffenteleport??!“ fragten die anderen im Chor, und Liona blinzelte. „Ich hab auch mal davon gehört!“ sagte sie, „Das ist eine Technik, die begabte Magier anwenden können, um eine Waffe zu sich zu rufen, ohne sie mitschleppen zu müssen!“ Zenta nickte knapp. „Genau. Die meisten können den Waffenteleport – wenn sie ihn überhaupt können – nur mit Hilfe eines Waffensenders ausführen! Dazu nimmt man einen Gegenstand, wie zum Beispiel Kindarns Ring, und verbindet ihn durch einen höheren Fluch mit der Waffe, die man rufen will – also hat Kindarn seine Masamune mit dem Ring verbunden, und wenn er den Ring anfässt, erscheint die Masamune durch Teleport!“ „Die Technik ist schwer zu lernen und kann nur mit höchster Konzentration ausgeführt werden!“ addierte Liona nachdenklich, „Man kriegt wohl Übung, wenn man ein guter Magier ist und sich im höheren Magiebereich bewegt!“ Die anderen staunten, vor allem Siana – woher wusste denn Zenta den ganzen Kram?? Aber er wusste eine Menge, also warum nicht auch sowas... „Es gibt auch selten Magier, die den Waffenteleport ohne Waffensender hinkriegen,“ sagte Zenta da noch, „Aber das grenzt schon an eine Perfektion der Magiebegabung, das ist-... beinahe der Bereich der Götter, wenn ihr mich fragt-...“ „Whee,“ machte Nadaiya, „Du kennst dich ja aus!“ Zenta schnaubte bloß, ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Also gut,“ sagte Lili, „Dann weiß ich jetzt über Kindarn bescheid.“ „Am Besten, ich bringe dir schnell Zaubern bei!“ sagte Liona ernst, „Du bist eine Sari! Und Saris sind bekanntlich die mächtigste Familie der Mesumanier gewesen! Mit zwei Saris hätten wir eine Chance gegen Kindarn!“ Lili sah auf Jägermeisters Rücken herunter. „Ich-... habe keine Ahnung von Magie-...“ „Dazu ist Liona ja da!“ lachte Nadaiya, „Ziddy hatte auch keine Ahnung! Haha!“ „Reiß deine Klappe nicht auf, Lolita,“ warf Zenta ihr ins Gesicht, „Du hast am allerwenigsten Ahnung von irgendwas!“ Sie sah ihn an. „Hey, hey!“ empörte sie sich, „Was hab ich dir denn jetzt wieder getan??!“ Zenta schnaubte nur, und die anderen verdrehten die Augen. „Diese ewigen Streitereien!“ stöhnte Zitan und sah Lili an, „Zenta und Nadaiya sind so, tut mir leid...“ „Eigentlich lieben sie sich nämlich,“ addierte Tiras grinsend, und Nadaiya kicherte an ihre Wette denkend, Zenta fuhr herum und starrte Tiras entgeistert an. „WAS??!!?!“ „Irgendetwas ist zwischen den Felsen in Menuko abgelaufen, haha!“ kicherte Tiras, „Ich bin nicht blöd!!...“ Zenta lenkte Jali stürmisch zu Yanko herüber, dann packte er Tiras mit solcher Wucht am Hals und zerrte ihn in die Luft, dass dieser erschrocken aufschrie und nach Luft rang. „Z-...Zenta!!“ „ZENTA!! LASS IHN SOFORT LOS!!!“ schrie Zitan wütend, doch Zenta packte nur fester zu und starrte den Rothaarigen wutentbrannt an. „Ich warne dich nur einmal, Arenka!!“ zischte er, bewusst Tiras‘ Nachnamen nennend, „Misch dich-... niemals wieder in meine Angelegenheiten, und rede nicht töricht von Dingen, die du weder gesehen noch miterlebt hast!!! Verstanden??!!“ Tiras keuchte. „Alter-...!!“ „Haben wir uns verstanden, Arenka??!!“ wiederholte Zenta wütend, und Tiras nickte verkrampft. „J-ja, verdammt!!“ In dem Moment spürte Zenta eine kalte Klinge an seinem Hals, und er verfinsterte seinen Blick. Er wusste, wer ihn mit seinem Schwert bedrohte. „Zitan!“ sagte er ruhig, und Zitan presste die Klinge gegen Zentas Hals. „Du lässt ihn auf der Stelle los, Zenta!! Hast du mich verstanden??!! – Du bist immer mein Freund gewesen, aber das geht zu weit!! Lass Tiras los, oder ich muss...“ Zenta zischte. „Stell dich nicht töricht, Ziddy,“ sagte er mit einem grausigen Lächeln, bevor er Tiras unsanft zurückstieß und Jali dann urplötzlich herumzerrte, ein Messer zückte und es an Zitans Kehle hielt, wie Zitan sein Schwert an Zentas Kehle hielt. „Oh Gooottt!!!“ schrie Siana, „HÖRT SOFORT AUF, BEIDE!!!“ Zitan starrte Zenta finster an, und Zenta tat es ihm gleich. Dann grinste Zenta plötzlich. „Ich bewundere manchmal deinen Starrsinn, Zitan!“ Damit zog er sein Messer zurück und steckte es weg, „Aus dir wird nochmal ein großer Mann! Wie dein Vater einer war!“ Damit wendete er Jali ohne weitere Worte und ging einfach weiter, als wäre nie etwas gewesen. Spät in der Nacht machten sie Halt. „Kommen wir morgen in Kade an?“ fragte Lili, und die anderen sahen sich an, während Tiras ein kleines Lagerfeuer im Wald entzündete. Die Kizayas grasten in der Nähe. Doch als Zitan auf die Tiere sah, fiel ihm auf, dass Jali fehlte. „Wir kommen morgen in Kade an, ja,“ sagte Liona zu Lili, und Zitan stand auf. Siana sah zu ihm hoch. „Zid?? Was ist??“ fragte sie, und Zitan blinzelte. „Wo ist Zenta???“ Die anderen hielten in ihrem Tun inne und sahen sich um. „Whee??!“ machte Nadaiya, „Er ist weg!“ „Das sehe ich selber, du kleine Bratze!“ blaffte Zitan sie perplex an, und Nadaiya blinzelte. „Hmm...“ „Ich seh' mal nach,“ meinte Zitan nachdenklich und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Zenta war launisch und schnell eingeschnappt – er war auch während der Jahre, die die vier Räuber zusammen im Labana-Wald gewohnt hatten, oft vorgekommen, dass Zenta beleidigt abgehauen war. Mitten in der Wildnis von Siniore hielt Zitan es für besser, ihm nachzugehen. „Soll ich mitkommen?“ fragte Siana kleinlaut, als Zitan zum Dickicht ging, und der Blonde schüttelte den Kopf. „Bloß nicht, was Zenta angeht, bin ich schon lebensmüde genug, wenn ich alleine zu ihm gehe – wenn ich noch einen von euch mitbringe, gibt’s ein Massaker, das möchte ich vermeiden.“ Er grinste Siana fröhlich an, „Aber danke für dein Angebot, kleine Prinzessin!“ Sie schmollte, als er wegging. Tss!! Von wegen klein!! Zenta saß auf Jalis Rücken ein ganzes Stück von Lager entfernt. Das Kizaya stand mitten auf einer Lichtung, und Zenta starrte ins Leere, als sei er hypnotisiert. Als Zitan jedoch aus dem Gebüsch trat, drehte er blitzschnell den Kopf und zückte schon ein Messer – als er seinen besten Freund erkannte, ließ er das Messer sinken. „Hey,“ machte Zitan zu ihm, und Zenta verdrehte die Augen. „Lass mich in Frieden.“ Zitan ging nicht weg. „Komm schon!“ sagte er zu Zenta, „Was ist los??! Bist du noch sauer auf mich, weil ich dich bedroht habe?? Es tut mir leid, Zenta! Aber dass du Tiras fast erwürgst, geht wirklich zu weit!!“ Zenta stöhnte. „Scheisse, darum geht’s doch garnicht!“ sagte er, „Ich hätte genauso gehandelt, wenn jemand dich fast erwürgt hätte! Das-... tut man doch für Freunde, oder?“ Zitan lächelte. „Ja.“ Er lehnte sich gegen einen Baum und sah Jali an. „Und – was ist dann?? Warum rennst du wieder eingeschnappt weg??“ „Pfff!“ machte Zenta, „Ich bin wütend auf Tiras, so!! Was fällt dem Arsch eigentlich ein, sich in meine Angelegenheiten in puncto Nadaiya einzumischen??! Halt, noch schlimmer, warum redet er Dinge, von denen er keine Ahnung hat??!!“ „Weil er gesagt hat, du würdest – Nadaiya lieben?“ fragte Zitan beklommen, und Zenta raufte sich die Haare. „W-wie kommt der eigentlich darauf??!! Sehe ich so aus, als würde ich mich für Frauen interessieren??! Für diese Frau??!!“ „Um ehrlich zu sein,“ sagte Zitan leise, „Wenn du dich so darüber aufregst, dass Tiras sowas sagt, erweckt das noch mehr den Eindruck, dass er recht hat!“ Zenta hustete. „Wie bitte??!! – Oh nein, fang du nicht auch noch an!!!! Was Nadaiya angeht – ich kann sie nicht ausstehen!!! Sie ist ein furchtbar albernes, kindisches und unreifes Mädchen!!! Sie nervt mich, und nichts, garnichts an ihr könnte mich dazu bewegen, sie zu-... lieben! Pff, wer bin ich denn??!“ Zitan sah ihn kurz an. „So schlimm ist sie doch wirklich nicht,“ sagte er, „Okay, sie ist nervig, ja... aber wenn du mal ehrlich bist – sie ist doch auch ganz niedlich, oder??“ „N-niedlich??!!“ platzte Zenta hervor, „Frauen sind nicht niedlich, Frauen sind Furien!!! Nadaiya ganz besonders!! Sie ist töricht und notgeil und versucht, Männer um den Finger zu wickeln!!“ Zitan grinste. „Soll das heißen, sie – hat versucht, dich zu umgarnen??!!“ Zenta stutzte. Was hatte er da bloß gesagt? „Aargh, nein!! Blödsinn!!“ rief er entgeistert, „A-als ob ich-... ... scheisse-...“ Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, und Zitan seufzte. „Hey – ist echt nichts zwischen euch gewesen? Irgendwie wart ihr doch zwischen den Steinen in Menuko eingesperrt, oder so-... hau mich nicht, aber Tiras hat gesagt, er hätte gehört, wie Nadaiya gesagt hätte, du sollst deine Weste zumachen, oder so??!“ Zenta schnaubte entrüstet. „Und Nadaiya glaubst du mehr als mir??!! Na, danke!!“ Zitan blinzelte. „Sag mir die Wahrheit,“ sagte er, „Ich – habe dir auch gesagt, dass ich Siana liebe! Was war da in Menuko mit Nadaiya??!“ „Scheiße, verflucht – wir haben nicht den Punkt gemacht, nein!!!! Wir-...“ Er wurde plötzlich rot, als er an die besagte Szene dachte, und räusperte sich kleinlaut. „Wir – haben uns-... ... geküsst-...“ „Waaaas??!!“ schrie Zitan und strahlte, „Du hast Nadaiya geküsst??!! Whoa, krass!! Dein erster Kuss, yaay, Party!!!“ „Sp-spinnst du??!!“ zischte Zenta, „Nicht so laut!!! Muss doch nicht jeder erfahren!!! – Scheiße, es war ein-... Ausrutscher!“ „Garantiert!“ grinste Zitan ironisch, „Erzähl! Wie war's??“ „Hey, hey!“ Zenta zeigte drohend mit dem Messer auf Zitan, „Geh nicht zu weit, mein Freund!!! – A-außerdem hat sie mich geküsst, nicht andersrum! Eigentlich hatten wir damit gerechnet, in dem Haufen zu verrecken, deshalb-... ... hab ich gedacht, dann hat man wenigstens einmal im Leben-...“ Er hustete wieder, „Nein, was rede ich??!!“ Zitan lachte. „Dann – hast du aber darüber nachgedacht, mit ihr zu schlafen??! Hätte ich dir garnicht zugetraut-...“ „Vergiss es, zwischen Nadaiya und mir läuft nichts!!“ platzte Zenta heraus, „Außer dieser kleinen-... Liebelei in Menuko war nie wieder was, und dazu wird es auch nie wieder kommen!!! Kapiert??!“ Zitan seufzte. „Und das stimmt zu wieviel Prozent...?“ Zenta sah ihn an. „Bitte??!“ „Du bist dir hundertprozentig sicher, dass – das alles war?? Für immer??“ Zenta blinzelte und überlegte. „Achtzig,“ sagte er beleidigt, „Gut, achtzig Prozent!!“ Zitan kicherte. „Mensch – auch, wenn sie nur ´ne Schlampe ist... ich finde, sie hat sich wirklich gebessert! Mach was draus, Zenta, okay??“ Zenta schnaubte und wendete Jali, als Zitan zurückgehen wollte. „Tse!!“ machte er, da blieb Zitan stehen. „Zenta?“ Zenta schnaubte. Zitan blinzelte. „War deine Weste in Menuko offen oder nicht??“ Zenta ritt Jali neben Zitan und sah ihn nicht an, und als er wusste, dass Zitan ihn ansah, antwortete er. „Ich hatte sie... garnicht an!“ Mit diesen Worten trieb er sein Kizaya vorwärts, zurück zum Lager, und ließ einen breit grinsenden Zitan zurück im Wald. ___________________ XD Jaja, Zentas berühmt-berüchtigte 80%! XD Ziddy hat gesagt Nadaiya wäre niedlich o_ô' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)