Strawberry Panic! von Flammenschwert ================================================================================ Kapitel 5: Aussprache (Teil 2) ------------------------------ AUSSPRACHE (Teil 2) Nagisa begleitete die Shizuma ins Wohnheim. Dort führte der Weg aber nicht zu deren Zimmer im Erdgeschoss, sondern in die zweite Etage. "In dieses?" Nagisa erinnerte sich, einmal hier gewesen zu sein - ganz am Anfang, als sie die Étoile für die Willkommensfeier der Erstklässler gesucht hatte. Es war dieses seltsame, leere Einzelzimmer im Obergeschoss. Von Miyuki hatte sie später erfahren, dass Kaori dort gewohnt hatte... "Ja, in meinem ist doch das Fenster kaputt." Sie schloss auf und beide betraten den dunklen, stillen Raum. Nagisa fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, in Kaoris ehemaligen Zimmer zu bleiben. Was, wenn wieder so etwas wie in der Sommervilla passieren würde? Unwillkürlich tastete sie nach der Halskette mit dem Schlüssel. "Keine Sorge." Shizuma betrachtete das Mädchen aufmerksam und verstand die Geste. "Es hat sich inzwischen einiges verändert." Sie ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Helles Mondlicht flutete in den Raum. Nagisas Blick streifte über den Schreibtisch. Dort stand ein gerahmtes Foto. "Darf ich?" fragte sie und deutete darauf. Shizuma nickte nur und setzte sich auf die Bettkante. 'Die beiden Étoile", dachte das Mädchen und hielt das Foto nachdenklich vor sich. 'So glücklich...' Zum allerersten mal sah Nagisa jenes junge Mädchen von damals. Die Ähnlichkeit mit ihr war unbestreitbar. "Es entstand am Tag unserer Vereidigung als Étoile", sagte die ältere Schülerin leise. "Ihr beide seht wunderschön aus." Shizuma stand auf und trat hinter Nagisa. Dann legte sie ihre Arme so um sie, beinahe so, wie sie es auf dem Bild bei Kaori tat. "Was meinst du, wie wir beide aussehen?" Das Mädchen lehnte sich in die Umarmung der Étoile. Warum fragte sie so etwas gerade in diesem Augenblick? "Shizuma, bitte sieh mich nicht als Ersatz für Kaori", antwortete Nagisa leise. "Das habe ich nie. Tut mir Leid, wenn dir das noch immer so vorkommt." Sie drehte die Schülerin zu sich herum und strich ihr mit der rechten Hand durch das rotbraune Haar. "Glaubst du denn wirklich, dass ich nur einen Ersatz gesucht habe?" "Ich... ich weiß es nicht. Du hast bisher nie deine Gefühle gezeigt." Nagisa stellte das Foto wieder auf den Schreibtisch. "Miyuki hat mir alles erzählt. - Du konntest diese lange Zeit über nichts an dich heranlassen, das war dein einziger Schutz." Nagisa stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang ihre Arme um Shizumas Hals. "Bitte lass mich in Zukunft teilhaben - wenn du dich einsam fühlst oder trauerst. Und natürlich, wenn du glücklich bist." "Das willst du wirklich?" "Natürlich. Gehört das denn nicht zur Liebe dazu?" "Aber..." Weiter kam Shizuma nicht, denn ihr Mund wurde durch einen Kuss verschlossen. Sie ging einen Schritt rückwärts, dann einen weiteren, bis das Bett ihre Bewegung bremste. Dort ließ sich die Étoile mit dem Mädchen im Arm einfach nach hinten fallen. "Ich möchte dich nie wieder loslassen", flüsterte sie, als Nagisa auf ihr lag. "Ah, Shizuma! Lass den Unsinn!" protestierte das Mädchen lachend, rutschte von der jungen Frau hinunter und setzte sich auf die Bettkante. "Was wolltest du eigentlich mit mir besprechen?" "Ach, ich wollte hauptsächlich Tamao von dem Gedanken ablenken, dass ich dich heute Nacht verführen könnte." Sie machte ein unschuldiges Gesicht und verschränkte die Hände im Nacken. "Eigentlich möchte ich nur in deiner Nähe sein." "Ich möchte auch einfach nur bei dir sein." Nagisa legte sich nun ebenfalls auf das Bett zurück. So blieben beide liegen und sahen einander schweigend an. Shizuma erhob sich nach einer Weile und ging zum Fenster. "Ich habe oft den Nachthimmel betrachtet", sagte sie leise. "Und meistens fühlte ich mich allein, aber auch sicher in der Dunkelheit." Nagisa stand ebenfalls auf und stellte sich vor die Étoile. Die schlang ihre Arme um das Mädchen und beide blickten in die Nacht hinaus. Zum ersten mal fühlte sie sich in diesem Zimmer nicht traurig. Erleichtert kuschelte sie ihr Gesicht in Nagisas Haarschopf. "Ich habe viel nachgedacht in der letzten Zeit", sagte die Étoile leise. "Miyuki ist der Meinung, dass ich Kaori endlich vergessen muss, um wieder so wie früher zu werden. - Aber all diese Erinnerungen, die wundervollen und ebenso die traurigen... Haben sie mich nicht zu dem gemacht, was ich heute bin? Gibt es die Shizuma Hanazono von damals überhaupt noch?" Nagisa schwieg. Sie hatte nicht nur einmal versucht sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Sie hatte beim gemeinsamen Herbstausflug erlebt, wie Shizuma von Erinnerungen eingeholt worden war und sich daraufhin weinend in ihre Arme geworfen hatte. Und selber traf sie die Zurückweisung am gestrigen Tag wie ein Stich ins Herz. "Nagisa, bist du denn wirklich bereit, an meiner Seite zu bleiben? Ich kann auch jetzt nicht jeden Tag glücklich sein und du wirst meine Schmerzen ebenso fühlen wie ich." "Haben wir denn eine Wahl?" sagte das Mädchen leise und legte ihre Hände auf Shizumas. "Ich bin die Eine für dich und du bist die Eine für mich." Die Étoile schwieg. Für dieses Mädchen schien die Welt so einfach. Eigentlich hatte sie Nagisa so viele Dinge sagen wollen, doch die schienen jetzt nicht mehr wichtig... Nagisa empfand diese Stille als sehr angenehm. Vor allem war sie erleichtert, weil Shizuma offensichtlich nicht daran dachte, sie erneut in ihr Bett zu bekommen. Die Zeit verging und sie lauschte dem Herzschlag der Étoile, gleichzeitig genoss sie die enge Umarmung. Sie wusste nicht, wie lange sie einfach nur so dagestanden hatten, plötzlich gaben ihre Knie nach und sie fühlte sich sanft aufgefangen. "Leg dich einfach etwas hin, wenn du müde bist." Shizuma lächelte und strich Nagisa durch das Haar. "Ich bitte dich nur, nicht zu gehen." Nagisa setzte sich auf das Bett. "Ich bleibe", lächelte sie. "Bin gleich zurück." Shizuma ging ins Badezimmer. Als sie zurückkehrte, hatte es sich das Mädchen auf dem Bett bequem gemacht. "Schläfst du etwa schon?" Weil sie keine Antwort bekam, holte die Étoile eine weitere Decke aus dem Schrank und breitete sie vorsichtig über der Schlafenden aus. Sie ging wieder zum Fenster und blickte in den Nachthimmel. In dieser Nacht fühlte sie sich seit langer Zeit nicht mehr einsam und von Dunkelheit umgeben... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)