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Eikyû - gesegnetes Land

Die Legende der schlafenden Götter
von

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Der Wandel

Kapitel 26: Der Wandel

Es kam Ryuujin noch immer seltsam vor – die Situation, in der er sich befand. Nun lag er schon eine ganze Weile gegenüber der Füchsin auf dem Futon in ihrem Zimmer. Und noch immer wirkte das alles so vollkommen irreal auf ihn.

Er lag nicht direkt neben ihr, sondern etwas von ihr entfernt, so dass sich ihre Körper kaum berührten, und er wusste, dass es wohl das beste wäre, würde er nun aufstehen und zurück in das ihm zur Verfügung gestellte Zimmer gehen. Doch etwas hielt ihn davon ab. Stattdessen lag er einfach hier und starrte sie an, während auch ihre Augen auf ihn gerichtet waren.

Die ganze Zeit hatten sie nichts gesagt. Wieso auch? Jedes Wort wäre unnötig gewesen, denn am Ende wusste keiner von ihnen Antworten auf die sich stellenden Fragen.

Das einzige, was dafür sorgte, dass er die Situation nicht als eine Fantasie abtat, war der pulsierende Schmerz seiner rechten Schultern. Schon die ganze Zeit, seit er zur Kitsune gekommen und sie geküsst hatte, schmerze sein Mal, als würde es in Flammen stehen.

Erneut tat er sich selbst für verrückt ab. Wieso war er überhaupt hergekommen?

So oft er sich diese Frage auch noch stellte: Beantworten würde sie sich dadurch nicht.

Ein Windstoß kam durch das Fenster über ihnen und ließ ihn leicht frösteln, da die Decke nicht reichte, um sie beide völlig zu bedecken. Vielleicht war es ein Zeichen aufzustehen – doch irgendwie schaffte er es nicht so recht seinen Körper zu bewegen.

Noch immer sah sie ihn an und brach schließlich das Schweigen. „Du bist ein seltsamer Mann, Ryuujin“, flüsterte sie.

Seltsam… Unwillkürlich machte sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit, als er sich fragte, wie ausgerechnet sie ihn als seltsam bezeichnen konnte. „Und du?“, erwiderte er schließlich. „Du bist ein sehr seltsames Mädchen.“

„Ich bin eine Kitsune“, antwortete sie schlicht und lächelte.

Kurz schwieg er, da er dies – die Tatsache, dass sie eine Füchsin war – die ganze Zeit verdrängt hatte. „Du…“, setzte er unsicher an. „Du bist nicht, wie die anderen Kitsune, oder?“

Weiterhin lächelte sie, ein Ausdruck, der ihrem Gesicht eine gewisse Unnahbarkeit zu geben schien. „Wieder willst du das wissen?“

„Ich habe deine Fuchsgestalt gesehen…“ Als wäre es gestern gewesen, erinnerte er sich an jene Nacht in Unaru. „Dein Fell ist weiß. Außerdem…“ Er kam sich noch immer dumm und unwissend vor, fast so, als sei er noch ein kleiner Junge, der er eindeutig nicht war. „Die Menschengestalt der Kitsune ist eine Illusion. Dein Körper ist echt.“

„Bist du dir da so sicher?“, erwiderte sie. „Oder willst du es nur glauben?“

Wieder schwieg er. Auch wenn ihm der Beischlaf mit ihr Befriedigung verschafft hatte, auch wenn er sich die ganze Zeit danach gesehnt hatte, so war der Gedanke daran, dass sie eigentlich nicht menschlich war immer wieder erschreckend und abstoßend. Doch das war nicht nur der Grund für seine Vermutung. „Zuvor hattest du Fieber“, murmelte er. „Dieser Körper ist genau so echt, wie der des Fuchses.“

Erneut lächelnd war es dieses Mal an ihr zu schweigen. Sie drehte sich auf den Rücken und sah den Kopf ein Stück in den Nacken legend zum Fenster über dem kühlen Lager hinauf. „Ich habe meine Geheimnisse“, sagte sie schließlich, ehe sie ihn noch einmal ansah. „Wie du…“ Damit schloss sie die Augen und wandte den Kopf etwas von ihm ab, so als würde sie nun schlafen.

Vielleicht wollte sie damit nur klar machen, dass sie nicht weiterreden wollte, doch er hatte ohnehin kein Interesse weitere Worte zu wechseln. Es verwirrte ihn am Ende ohnehin nur. Stattdessen rückte er ein Stück näher an sie heran, da er fror und so zumindest einen Teil seines Rückens mit der Decke bedecken konnte.

Noch immer flüsterte eine Stimme aus seinem Hinterkopf ihm zu, dass es besser wäre, würde er nun zurück auf sein Zimmer gehen. Würde Haruka am nächsten Morgen nach Tsuki schauen und ihn hier finden, würde sie zumindest nicht erfreut darüber sein. Der alte Taru hatte ihm eingeschärft, dass er nachts nichts in diesem Gebäude zu suchen hatte, denn es war das Haus der Frauen. Schlimmstenfalls war dies wohl die letzte Nacht, die sie hier verbrachten.

Trotzdem fehlte ihm der Antrieb aufzustehen, seine Hose anzuziehen und zurückzugehen, von wo er gekommen war. Er fühlte sich müde, so, als würden ihn seine Beine ohnehin nicht tragen, wenn er es probieren würde.

Noch immer brannte das Zeichen auf seiner Schulter, doch das hatte er mittlerweile gelernt zu ignorieren. Stattdessen nutzte er die Ruhe, um das Gesicht der Fuchsfrau noch einmal ausführlich zu mustern, wie er es schon den ganzen Abend tat.

Momentan störte es ihn nicht einmal mehr besessen von ihr zu sein – behext. Ja, seit sie sich ihm zuvor hingegeben hatte, war es als wüsste er, dass genau dies hatte geschehen müssen. Und noch etwas anderes wusste er ebenso: Er würde sie von nun an beschützen, zumindest sofern er das konnte.

„Idiot“, murmelte er zu sich selbst, ehe er schließlich seinerseits die Augen schloss und versuchte zu schlafen, um zumindest für eine Weile den Fragen in seinem Kopf zu entkommen.
 

Die Nacht verging und als Tsuki wieder aufwachte, war zumindest die Unsicherheit der letzten Tage verschwunden. Wieso verstand sie selbst nicht wirklich, aber sie war schließlich zu dem Schluss gekommen, dass es besser war, nicht darüber nachzudenken, so wie sie auch nicht über die letzte Nacht nachdenken wollte.

Als der Morgen kam und sie erwacht waren, war Ryuujin aufgestanden, hatte sie noch einmal angesehen und den Raum wortlos verlassen. Ihr war es recht gewesen, aber es hatte trotzdem ein seltsames Gefühl hinterlassen. Wie die ganze vergangene Nacht.

Sie war sich sicher, dass auch die anderen Kitsune, wie auch Haruka, die nicht viel später nach ihr gesehen hatte, durchaus mitbekommen hatten, was in der Nacht geschehen war. Doch keiner hatte sie darauf angesprochen oder irgendetwas gesagt. Als wäre nichts gewesen und dabei war Tsuki völlig klar, dass die anderen Füchse hier es nicht übersehen hatten. Warum also sagte niemand etwas?

Ach – wieso machte sie sich überhaupt solche Gedanken darüber? Eigentlich wollte sie ohnehin nicht länger als nötig hier bleiben, auch wenn sie sich noch immer nicht sicher war, ob sie es vor Wintereinbruch nach Hayashimura zurückschaffen würde.

Aber was wäre mit Ryuujin, würde sie dorthin zurückgehen? Würde er ihr folgen?

Sie seufzte. Eigentlich konnte ihr auch das egal sein. Bis auf die letzte Nacht gab es nicht viel, was sie verband. Sie liebte ihn nicht und er sie genau so wenig – auch wenn sie ihm vertraute. Er konnte gehen wohin er wollte, nur dass Tsuki sich auf einmal nicht mehr wohl dabei fühlte die ganze Reise zurück allein hinter sich zu bringen.

Dabei würde niemand sie bedrohen, solange sie nicht erneut auf Raiu Akki traf, welcher ihr selbst allerhöchstens ebenbürtig war. Es war nur so, dass sie sich alleine unwohl fühlte und es vor allem hasste hier untätig sitzen zu bleiben, während die anderen ihre Reise allein fortführten…

Und wenn sie ihnen folgte? Hatte sie eine Chance sie noch einzuholen? Der Weg nach Ichimori war weit, aber nicht unüberwindbar. Die Frage war nur, ob sie rechtzeitig in die Hauptstadt des westlichen Reiches gelangen würde und wenn ja, ob sie die anderen dort fand. Sie wusste nicht einmal, ob sie wirklich dorthin gegangen waren, auch wenn sie es glauben wollte.

Seufzend sah sie in Richtung des Meeres, an dessen Ufer sie nun am Felsstrand hinter dem Kloster stand. Das Meer war unruhig an diesem Tag, ließ Welle um Welle über ihre natürlich nackten Füße spülen, auch wenn es noch nicht tobte. Doch es lag etwas in der Luft, dass ihr sagte, dass das Wetter nicht mehr lange so bleiben würde. Ein Gefühl, dass sie kurz erschaudern ließ, ehe sie sich umdrehte und Ryuujin ansah, der ihr scheinbar gefolgt war.

„Was ist?“, fragte er und trat an sie heran.

„Nichts“, erwiderte sie schlicht, so wie er es bereits auf so viele von ihren Fragen getan hatte.

Noch etwas näher rückte er an sie heran, so dass sie nun seine Brust an ihrem Rücken spüren konnte, während sie sich wieder dem Meer zuwandte.

„Du weißt noch immer nicht, was du jetzt tun willst?“ Eigentlich war es eher eine Feststellung, als eine Frage, das hörte sie aus seiner Stimme heraus. „Wenn du dich nicht bald entscheidest wird der Winter da sein.“

Noch einmal ließ sie ein leises Seufzen hören. „Das weiß ich“, murmelte sie etwas grimmig. „Aber ich habe noch nicht entschieden, was das Richtige ist.“ Damit drehte sie sich zu ihm um. „Wenn ich mich entscheide – wirst du mir folgen?“

Unsicher und offenbar etwas verblüfft versuchte er ihrem Blick standzuhalten, sah jedoch schließlich an ihr vorbei zum Meer. „Vielleicht…“ Seine Augen jedoch sagten, dass er es tun würde, obwohl er sich selbst nicht sicher war, warum. „Wieso fragst du mich das?“, erkundigte er sich schließlich vorsichtig.

Sie schürzte kurz nachdenkend ihre Lippen. „Weil es meine Entscheidung vielleicht beeinflusst…“ Damit sah sie noch einmal zum Meer und ging dann an ihm vorbei zum Kloster zurück.
 

Als es schließlich dämmerte und sie bereits zu Abend gegessen hatten, auch wenn es nicht viel war, kam der Krieger erneut, wie in der Nacht zuvor zu ihr und erneut schliefen sie miteinander. Es war genau so irreal, wie es bereits am vergangenen Abend gewesen war, denn wieder wechselten sie keine Worte.

Alles schien so furchtbar still, selbst für ihre Fuchsohren. So, als gäbe es nur sie und ihn und ihre warmen Körper in der kalten Dunkelheit der Nacht.

Doch sie bemerkte auch, wie er erneut das Gesicht mehrmals schmerzverzerrt verzog und sich, als er glaubte, dass sie bereits schliefe, an die Schulter fasste. Es ließ sie ahnen, dass das seltsame Zeichen auf seiner Haut ihn quälte, doch auch danach fragte sie nicht.

Nicht einmal in der nächsten Nacht stellte sie Fragen, versuchte auch die ihres Verstandes an sich selbst zu ignorieren. So seltsam es auch war, genoss sie es mit ihm zu schlafen und danach, auch wenn er auf Abstand blieb, seine Nähe zu spüren. Ja, es gab ihr eine Gewisse Art der Sicherheit, wenn sie einschlief.

Und weiterhin sprach niemand im Kloster sie darauf an. Wieso wurden sie ignoriert?

Doch auch sie sprachen es nicht an, so dass alle weiterhin so tun konnten, als würde nichts geschehen, und spätestens, als sie nach ihrer dritten gemeinsamen Nacht erwachte, war dies auch völlig unwichtig.

Das erste, was sie bemerkte, als sie aufwachte, war, dass es ziemlich kalt war. Gleichzeitig roch sie auch Schnee. War der Winter etwa schon da?

Vorsichtig stand sie auf und hob das dünne Sommergewand vom Boden auf, das ihr Ryuujin am Vorabend ausgezogen hatte. Der Mann selbst lag, scheinbar noch schlafend, ganz am linken Rand des Futons und rührte sich nicht als sie aufstand.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte auf den Hof des Tempels hinaus, der tatsächlich nicht mit Frost, sondern mit einer dünnen Schicht Schnee bedeckt war. Trotzdem lief sie hinaus und band sich dabei den hellblauen Kimono zu, während sie das Haus der Frauen umrundete und wie an den letzten Tagen so oft, von einem Gefühl geleitet, zum Strand hinab lief.

Doch dieses Mal schlugen keine Wellen gegen die Felsen, denn das Meer selbst war komplett erstarrt und von einer dicken Eisschicht besetzt. Eis, dass viel zu fest und viel zu dick war, um in einer Nacht entstanden zu sein, und Tsuki war klar, was das zu bedeuten hatte. Zumindest blieb nun keine Zeit mehr, um zu überlegen.

Sie wusste, dass sie gehen würde…



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Jitsch
2012-09-24T20:37:31+00:00 24.09.2012 22:37
Oho, wir kommen Tsukis Geheimnis ein Stück näher. Ryuujin hat ja echt eine gute Beobachtungsgabe, dafür, dass er eigentlich nichts über Dämonen weiß.

Aber jetzt gehts erstmal mit was andrem weiter. Bei dem ganzen Schnee würde ich ja irgendwie auf Yuki tippen, oder eine andere Schneefrau.
Von: Futuhiro
2010-01-01T14:58:13+00:00 01.01.2010 15:58
Woher wusste ich nur, daß das so weitergeht? Komisches Kloster, in dem man sich ungestraft vergnügen darf. Ich hätte die rausgeschmissen, wenn ich Klostervorsteher gewesen wäre XD
Tja, das Ende sah nach einem Aufbruch aus. Jetzt kommt wohl endlich wieder Schwung in die Sache. Nun wird es wieder spannender. *freu*
Von:  Heruvim
2009-11-05T16:47:34+00:00 05.11.2009 17:47
Tsuki ist so misterioes und interessant... Genau wie eine Kitsune :P
Nicht zu viel und nicht zu wenig hat man in dem Kapitel an Informationen gefunden. Viel mehr durfte man selbst eintauchen und eigentlich nur versuchen Tsuki zu verstehen.

Wie auch vorherige Kommentare, finde ich, dass die Kapitel zueinander passen und bin gespannt was es mit dem Schnee auf sich hat... Ob es wohl eine Yuki Ona ist...? >___>
Von:  Taroru
2009-03-22T20:01:19+00:00 22.03.2009 21:01
ich finde man merkt hier das ryuu und tsuki sich doch irgendwo ähnlich sind und doch wieder völlig verschieden (ich weiß nicht wie ich das besser sagen soll, ich hoffe du weißt was ich meine ^^°)
dieses kappi rundet die beziehnung zwischen, den beiden gut ab
es hat spaß gemacht es zu lesen, auch wenn es leider viel zu kurz ist XD aber das ist vollkommen in ordnung, wenn es länger gewesen wäre, dann wäre es zu sehr in die länge gezogen worden, und das wäre nicht so gut gewesen ^^

Von: abgemeldet
2009-03-02T18:28:42+00:00 02.03.2009 19:28
Wunderschönes, sanftes Kapitel. Es fügt ich wirklich perfekt an das letzte Kapitel, beinahe wie ein Epilog. Du hast einen sehr leichten, fast unschlüssigen TOn gewählt, was Tsukis Unentschlossenheit unterstreicht.
Mir gefiel besonders die Stelle, an der beide am Meer standen. :3

Du hast die Beziehung wirklich gut beschrieben, ohne zu konkret zu werden. Ich denke spätestens jetzt wissen alle, was du damit ausdrücken wolltest. :D
Von:  DINO2011
2009-02-21T10:42:54+00:00 21.02.2009 11:42
Naja, da das Kapitel relativ kurz ist werde auch ich mich kurz halten ^^

Die ganze Sache mit Tsuki und Ryuujin hast du wirklich gut beschrieben, man merkt worauf es in der Beziehung der beiden an kommt.

Ihr Unschlüssigkeit hast du nur so am Rande eingebracht, auch ist das ganze Kapitel ja eher ein Epilog zum vorherigen und daher finde ich es nicht schlecht. Der plötzliche wechsel dann zum Schluss ist ganz gut gekommen und macht mich jetzt etwas neugierig was im nächsten Kapitle nun genau geschieht. Ich würde mir jedoch wieder ein Kapitel mit Fukuro und den anderen wünschen ^^

mfg DINO


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