Wünsch Dir Was von abgemeldet ("Ne verzwickte Lovestory =) ") ================================================================================ Kapitel 35: Gespräch von Mann zu Mann und Frau zu Frau (Hintergrundinfos aus Swantjes Leben) -------------------------------------------------------------------------------------------- „Wow, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Ich dachte eher, dass ihr irgendwie aufeinander geprallt wärt oder du irgendwas gemacht hättest, was ihr nicht gepasst hat. Aber wenn das so ist… Müsstet ihr nicht eigentlich eben Zeit und Raum vergessen haben, mich auch, und über einander hergefallen sein? Aber warum seid ihr denn dann so abweisend zueinander?“, Fabian verstand das nicht. René seufzte tief: „Wenn ich das mal wüsste. Sie hat sich nach dieser Nacht nicht mehr bei mir gemeldet.“ „Hast du etwa was angestellt? Du hättest ja auch anrufen können!“ René schüttelte den Kopf: „Nein, ich habe nichts angestellt. Ganz sicher nicht, hoffe ich zumindest. Und anrufen konnte ich sie nicht, weil ich ihre Nummer gar nicht habe. Ich wollte sie erreichen, mit ihr reden, sie wieder sehen, aber ich habe keinerlei Infos über sie rausbekommen können. Gerlinde, die Chefin vom Fanclub, wollte mir ihre Nummer nicht geben, Thomas, der Chef vom Clipdreh auch nicht, weil er da irgendeine Klausel im Vertrag mit Swantje hat, dass die Daten nicht weitergegeben werden dürfen. Und Anne durfte sie mir nicht geben, mit der Begründung, dass Swantje nicht wolle, dass ich mich bei ihr melde, und es für sie nur eine schöne Nacht gewesen wäre. Aber das habe ich nicht so gesehen und bei ihr schien es eigentlich auch anders gewesen zu sein. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch in ihr und sie ist gar nicht wirklich die Person, die ich in ihr gesehen habe in der Nacht. Naja, aber die hätte sich ja auch melden können. Mein E-Mailadresse rauszubekommen ist nun wirklich nicht so schwer.“ Fabian nickte und meinte dann: „Hmm, ich sag nur soviel, dass Swantje ein Vernunftmensch ist. Sie hatte einen schönen Abend, ok, und dann fängt sie an, darüber nachzudenken. Wie alt bist du, René?“ „Ich bin 32. Und ja, ich weiß, worauf du hinaus willst.“ Fabian sprach weiter: „Swantje ist 22. Das sind knappe 10 Jahre Unterschied. Du stehst bereits voll im Leben, bist selbstständig und unabhängig. Swantje dagegen hat gerade mal vor drei Jahren ihr Abi gemacht, ist jetzt mit ihrer Ausbildung fertig geworden und wohnt noch zu Hause. Im Moment jobbt sie sich durch die Welt und fängt im Oktober an, Tiermedizin zu studieren. Sie hat mehr oder weniger gerade mal den ersten Schritt im Leben einer Erwachsenen gemacht.“ „Ja, ich weiß wirklich was du meinst, und das ist auch alles verständlich, aber eigentlich auch wieder nicht. Weißt du, ich hab mit ihr geredet und nicht das Gefühl gehabt, dass wir 10 Jahre auseinander sind. Sie wirkt älter, wenn man sich mit ihr ernsthaft unterhält. Klar das Rumgealbere und so, aber das kann ich mit 32 auch noch ganz gut. Ich bin einfach verwirrt. Versteh das jetzt nicht falsch, aber normalerweise bin ich jemand, der einer Frau ziemlich direkt sagt, was er denkt und was er will. Aber mit Swantje war das so anders. Wenn ich Bock auf Spaß hatte und die Frau auch, und wir ohne Gefühle in die Sache rein sind, dann war das meist schnell geklärt. Wenn aber von einer Seite mehr dabei war, also an Gefühlen, dann hab ich da lieber die Finger von gelassen. Und mit Swantje das, naja, das war alles andere als der Anfang eines One-night-stands: Es war alles irgendwie so besonders, so vorsichtig, so schüchtern. Ich hab sie nicht einmal geküsst. So kenne ich mich selber nicht. Ich weiß nur, dass ich mich sehr wohl gefühlt habe in ihrer Anwesenheit. Ich dachte, ihr wäre es ähnlich ergangen, aber vielleicht hat Anne ja Recht, mit dem was sie mir gesagt hat und ich war für Swantje wirklich nur eine gelungene Abendbeschäftigung, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass sie auch nicht wollte, dass es einmalige Sache bleiben würde.“ Fabian sah Renés verletzten und enttäuschten Gesichtsausdruck: „Glaub mir, alles, was sie dir in diesen Stunden gesagt hat, wird ihr voller Ernst gewesen sein; alles, was sie dir an Gefühlen gezeigt hat, wird echt gewesen sein… Sie spielt niemandem etwas vor, das braucht sie nicht. Sie ist auch niemand, der einen Mann nur um den Finger wickelt, nur um sich zu beweisen, Spaß zu haben und sich zu amüsieren. Ich kenne Swantje jetzt seit fast zwölf Jahren. Sie ist meine beste Freundin und wir haben Einiges zusammen durchgemacht. Viel Spaß, wie gemeinsame Urlaube oder Ähnliches, aber auch eine Menge Scheiße. Da wäre zum Beispiel die Trennung von ihrem Freund im letzten Jahr nach fünf gemeinsamen Jahren. Swantje war fertig mit der Welt, obwohl sie es war, die sich von ihm getrennt hat, weil sie gemerkt hatte, dass es nur noch Freundschaft und Gewohnheit war. Aber sie war so fertig, weil sie Stefan nicht verletzen wollte, was sie aber wohl oder übel musste. Das dürfte dir auch zeigen, das Swantje niemanden ausnutzen würde. Das könnte sie gar nicht. Naja, aber so die schlimmste Erfahrung, die uns noch enger zusammengeschweißt hat, war der Tod ihres Vaters vor sechs Jahren. Ich war durch Zufall gerade bei ihr, als der Anruf kam und man ihr sagte, dass ihr Vater einen tödlichen Unfall gehabt hatte. Es war auf dem Weg vom Flughafen zu ihnen nach Hause gewesen. Die Polizei dachte, sie hätten Swantjes Mutter am Telefon, dabei war es Swantje. Sie musste dann ihrer Mutter sagen, dass ihr Vater tot war. Sie ist fast zerbrochen an diesem schrecklichen Tag. Sie hat kaum mehr gesprochen, hat innerhalb von zwei Wochen zehn Kilo abgenommen, weil sie nicht essen wollte… Ihr Vater war immer für sie da gewesen und hat versucht, ihr alles im Leben zu ermöglichen: Er hat ihr Cure gekauft, weil sie reiten wollte, hat ihr Gesangsunterricht besorgt, sie war seine kleine Prinzessin. Aber sie war und ist nicht verwöhnt. Sie wurde nicht von ihm in den Himmel erhoben, er versuchte nur, ihr zu ermöglichen, was sie erreichen wollte. Er war ihr Freund, ihr Beschützer und ihr Vater. Swantje war schon immer ein Papa-Kind gewesen. Aber als er dann nicht mehr da war, ist sie in ein tiefes Loch gefallen. Ihre Mutter und sie sind zwar finanziell abgesichert, weil es eine ordentliche Unfallversicherung für ihren Vater gab, aber es fehlt halt jemand in ihrem Leben. Zeitweise konnte Swantje nicht mal den Namen ihres Vaters aussprechen ohne direkt zu weinen und zusammenzubrechen. Aber mittlerweile ist es ok. Sie ist darüber weg, soweit so etwas möglich ist, auch wenn sie ihn immer noch total vermisst. Durch diese Sache ist sie im Wesen aber viel erwachsener geworden, also das, was du meintest, dass man nicht denkt, dass sie erst 22 ist, wenn man mit ihr spricht. Naja, ich denke mal, behaupten zu können, dass ich sie sehr gut kenne, eben durch diese Zeiten. Und dass Anne behauptet, oder für Swantje behaupten soll, dass es nur eine einzelne schöne Nacht gewesen wäre, da steckt was anderes dahinter. Ich weiß zwar nicht was, aber es ist doch sehr untypisch. Du solltest morgen einfach mit ihr reden.“ René schluckte: „Au man, sie hat ja schon eine ganze Menge durchgemacht. Aber vielleicht hast du Recht. Ich sollte wirklich mal mit ihr reden, aber das ist gar nicht so einfach. Als sie heute in die Regie kam, wusste ich nicht, ob ich Purzelbäume schlagen sollte oder sie nur begrüßen oder ganz schweigen.“ Fabian klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken: „Versuch es einfach. Sie lässt mit sich reden, wenn man es vernünftig anstellt. Naja, und jetzt lass uns weiter arbeiten, damit wir heute noch fertig werden. Ist ja nur noch ein Song bis zum Ende.“ Die beiden gingen wieder in die Mühle. „Machs gut, Papa! Drück mir dir Daumen! Ich hab dich lieb!“, Swantje verließ mit Raven den Friedhof. Es war inzwischen schon dunkel geworden und sie ging jetzt lieber nach Hause. Sie war ruhiger und irgendwie ging es ihr besser, auch wenn sich in ihr immer noch Wut anstaute gegen René. Sie hatte beschlossen, René morgen alles an den Kopf zu werfen, was sie bewegte und ihn mit der E-Mail zu konfrontieren. Auch wenn sie das eigentlich gar nicht wollte. Eigentlich wollte sie ja, dass sie vernünftig miteinander reden konnten. Sie kam zu ihrem Haus. In den Fenstern brannte noch Licht. Ihre Mutter war noch wach und wartete darauf, dass sie zurückkam, wie jedes Mal, wenn Swantje auf dem Friedhof gewesen war. Swantje schloss die Tür auf und ging mit Raven in die Küche. Sie setzte sich an den Küchentisch und trank ein Glas Wasser. Ihre Mutter stellte ihr eine Schüssel noch warmen Vanillepudding auf den Tisch: „Hier! Allheilmittel gegen jegliche Beschwerden! Geht’s denn wieder? Du weißt, dass wenn du mir es erzählen willst, dann kannst du das ruhig tun.“ Swantje lächelte ihre Mutter an: „Danke, Mama, du bist echt ein Schatz. Ich erzähl’s dir gerne, bin ja jetzt wieder abgekühlt, aber du musst doch schon in zwei Stunden wieder auf die Arbeit. Du hast doch heute Nachtschicht im Krankenhaus, oder?“ Ihre Mutter setzte sich ihr gegenüber, nahm sich ein Schälchen und aß Pudding: „Bis dahin schlaf ich eh nicht viel, also schieß los!“ Die beiden löffelten genüsslich und Swantje erzählte ihrer Mutter alles, was sie belastete: Vom Konzert, bei dem sie auf die Bühne musste, von den folgenden Stunden, von der alten Dame mit ihrem Stock, von der E-Mail, den Gesprächen mit Anne und Gerlinde und auch vom heutigen Tag im Studio. Ihre Mutter schüttelte den Kopf: „Hm, du bist doch normalerweise kein Mensch, der sich ein Bild von jemandem über die Meinung anderer macht. Was sagt dir denn dein Bauchgefühl?“ „Mein Bauch sagt: Oh, mein Gott! Was für ein Mann!“, Swantje und ihre Mutter lachten. „Und er sagt auch: Was für ein netter Kerl! Aber dann kommt mal wieder mein Kopf. Der meint: Du bist zehn Jahre jünger als er! Er ist ein Fan-Verschlingendes Monster und…“ „Stopp! Lass mal die E-Mail außer Betracht. Oder hast du ihn schon mal mit verschiedenen Mädels gesehen? Was sagt dir dein Kopf dann, wenn du das außen vor lässt?“, ihre Mutter unterbrach sie. „Dann bleibt da der Altersunterschied! Ich bin erst 22, Mama! Und er 32!“ Swantjes Mutter begann an zu schmunzeln: „Liebelein, ich bin 47 Jahre alt. Dein Papa wäre dieses Jahr 56 geworden. Du bist doch gut in Mathe. Fang mal an zu rechnen!“ Swantje blieb der Mund offen stehen: „Darüber hab ich noch nie nachgedacht! Das sind ja auch neun Jahre.“ „Ja, und waren wir deshalb weniger glücklich, als andere, die nur ein oder zwei Jahre auseinander sind?“ Swantje schüttelte den Kopf. „Na, siehst du! Und, meine liebe Tochter, dass ich dich vom Geist und Verhalten her für reifer als 22 halte, muss ich dir ja nicht sagen. Ich denke, es gibt nicht viele Fünfzehnjährige, die ihrer Mutter helfen würden, die Beerdigung für den Vater zu organisieren oder ihre Mutter aufbauen würden, obwohl sie selber kurz vorm zusammenklappen sind. Ich weiß, dass du den ganzen Tag versucht hast, stark zu sein, um mich zu entlasten und zu stützen und dann abends weinend in deinem Bett lagst, oder Fabian hier mitten in der Nacht vor der Tür stand und dich wieder auf die Beine gebracht hat. Du hast auf vieles verzichten müssen damals. Kein Vater, der auf der Abifeier mit dir tanzt, der deinen ersten Freund genauer unter die Lupe nimmt, der dich auf den Konzerten deiner Band anfeuert. Und keinen mehr, der jetzt mit dir diskutieren würde, was richtig und falsch im Verhalten mit diesem jungen Mann ist. Und ich, ja ich war im ersten Jahr auch nicht für dich da. Es sind jetzt bald sieben Jahre und ich denke, dass wir mittlerweile gut klar kommen ohne ihn, aber er hat eben ein riesen Loch gelassen, was nicht aufzufüllen ist. Naja, aber um zu unserem eigentliche Thema zurückzukommen: Damals wolltest du auch nicht mit Stefan zusammenkommen, weil dir dein Kopf gesagt hat, dass dein Papa gerade mal ein halbes Jahr tot ist, und ich dann sehen müsste, wie glücklich du mit Stefan bist. Gott sei Dank hast du damals, nachdem Fabian, Anne und alle anderen auf dich eingeredet haben, deinen Kopf ausgestellt. Hör doch hier auch darauf, was dir dein Bauch und vor allem dein Herz sagen! Ansonsten rede mit ihm, konfrontiere ihn mit dem, was du über ihn denkst. Es bringt dir doch nichts, wenn du dich über ihn aufregst, aber nicht mal weißt, ob deine Wut überhaupt berechtigt ist. Wenn er so ein Arsch ist, dann wirst du das merken, dann darfst du ihn anschreien, beißen, schlagen, naja, mehr oder weniger zumindest, und wenn er keiner ist, dann solltest du dir mal Gedanken machen!“ Sie lächelte ihre Tochter an. „Ach, Mama, ich weiß ja gar nicht so genau, ob ich das alles so genau wissen möchte. Es ist alles so blöde gelaufen. Vielleicht sollte ich es jetzt dabei belassen, morgen noch die Aufnahmen machen und dann nichts mehr mit ihm zu tun haben.“ „Das ist letztendlich deine Entscheidung, aber du wirst dich schon das Richtige tun. Naja du, ich geh jetzt duschen und mach mich fertig für die Arbeit. Und du, junge Dame, könntest mal ins Bett gehen. Du bist bestimmt total müde, oder?“ Swantje nickte, drückte ihrer Mama noch einen Kuss auf die Wange und ging in ihr Zimmer. Sie schmiss sich aufs Bett, machte das Fernseh an und schlief direkt ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)