Die Rechnung ohne den Dämon von Hotepneith (Der fünfte Dämonenkrimi) ================================================================================ Kapitel 1: Wo ist die Leiche? ----------------------------- Mal sehen, wer diesmal als erstes auf die Lösung kommt. Aber wie immer werdet ihr es schon bald erraten, fürchte ich... Ich habe die Töpferei und die Vorgehensweisen, was das Brennen etc. betrifft, so beschrieben, wie ich es brauchte. Es mag daher sein, dass nicht alles mit der Realität übereinstimmt. Viel Spaß beim raten! 1. Wo ist die Leiche? Sakura neigte sich tiefer, beobachtete genau, wie ihr Lehrer, der Heiler Neigi, die trockenen Blätter zu einer Paste verarbeitete. Sie war noch immer fasziniert von der Heilkunst und Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru mehr als dankbar, nicht nur hier im Dämonenschloss in Sicherheit und Ruhe leben zu können, sondern auch noch eine solche Ausbildung zu erhalten. Wenn sie das mit ihrem vorherigen Leben unter Menschen verglich, war sie hier im Paradies gelandet. Die anderen menschlichen - und auch die dämonischen - Diener fürchteten zwar den Prinzen, aber sie fand, dass er ihr noch nie etwas getan hatte, oder von ihr verlangt hatte, was nicht auch ein menschlicher Prinz getan hätte. Und immerhin hatte sie schon miterlebt, wie er schwierige Mordfälle geklärt hatte, ihm dabei sogar helfen dürfen. Draußen tönte lautes Geschrei. Neigi hob den Kopf. Sakura wusste, dass sein Gehör als Dämon viel besser war, als das ihre und so wartete sie, ob er etwas zu dem Aufruhr dort im Hof sagen würde. Neigi nickte zu ihr: „Menschen! Ein Streit unter den Dienern, wohl. – Sieh her. Wenn ich jetzt vorsichtig mit dem Spatel das auf einer Verletzung verreibe, wird diese innerhalb von zwei Tagen abheilen, solange sie nicht tiefer unter die Haut geht, als ein Messerrücken, gleich, ob es eine Schnittverletzung oder eine Brandverletzung ist.“ Er brach ab, denn jemand stürmte in sein Zimmer. Es war eine junge menschliche Dienerin. Tränen liefen über ihre Wangen und sie wirkte vollkommen entsetzt. „Sakura!“ schluchzte sie. Diese sprang auf: „Atari? Was ist denn passiert?“ Sie nahm sie in die Arme, sah entschuldigend zu ihrem Lehrer: „Verzeiht, sensei.“ „Schon gut. - Ich lass euch beide mal allein. Das scheint was für Menschenohren zu sein.“ Neigi erhob sich. Er wusste nur zu gut, dass Menschen, gerade weibliche Menschen, sich untereinander leichter taten zu reden. Und er würde draußen gewiss den Grund auch erfahren, warum solch ein Geschrei war, warum Atari so aufgelöst war. Soweit er sich entsann, arbeitete sie als Hausmädchen im Schloss, putzte die Zimmer. Sakura hatte unterdessen Atari sanft zu Boden gesetzt: „Was ist geschehen?“ erkundigte sie sich nochmals: „Du zitterst ja und bist ganz verstört.“ „Oh, Sakura….“ Das Mädchen nahm sich mühsam zusammen: „Ich habe keinen schlechten Scherz gemacht, wirklich nicht….Und jetzt sind sie alle so böse auf mich.“ „Alle? Die menschlichen Diener?“ „Ja.“ Atari begann wieder zu weinen: „Ich habe ihn doch gefunden…“ „Wen gefunden? Wo?“ Sakura griff hinter sich und goss einen Schluck Tee ein: „Hier. Und dann erzählst du mir einfach alles. Vielleicht kann ich dir helfen.“ Sie wusste, dass sie durch ihre Ausbildung einen gewissen Rang unter den menschlichen Dienern einnahm. Und natürlich durch die Gerüchte, sie sei die Geliebte des Prinzen. Ihre entgegengesetzten Beteuerungen fanden keinen Glauben. Atari trank den Tee, ehe sie hervorbrachte: „Fumio-san ist tot.“ „Ah ja“, machte Sakura, die zum ersten Mal selbst erlebte, wie mühsam es sein konnte, ein Verhör zu führen: „Und wer ist Fumio-san?“ „Sie haben ihn umgebracht!“ Das wurde interessanter: „Wer? Und wie kommst du darauf?“ „Ich…ich war heute Vormittag im Wald, Beeren für die Küche sammeln. Dabei gehe ich auch tief ins Unterholz. Und da...da lag er. Er hatte ganz viel Blut auf seiner Kleidung und ein tiefes Loch in der Brust. Ich…ich bin so erschrocken.“ Atari begann wieder zu zittern. „Das glaube ich. Jeder würde da erschrecken. Aber wer ist das?“ „Fumio-san? Er ist aus unserem Dorf. Ihm gehört...gehörte da die Töpferei.“ Sakura nickte. Der Ort, aus dem die meisten menschlichen Diener hier im Dämonenschloss stammten, lag wenige Kilometer entfernt. Dort fanden auch Märkte statt. Und die große Töpferei lag am Ortsende. Soweit sie wusste, wurden das Geschirr weithin verkauft. „Und du hast deinen Korb mit den Beeren fallen gelassen und bist hierher gelaufen, um Alarm zu schlagen?“ „Ja. Ich…ich lief so schnell ich konnte, weil ich Angst hatte, jemand laufe hinter mir her. Und einige Männer kamen dann ja mit…Aber ich hatte ihn gesehen!“ „Dann lag da jetzt keine Leiche von Fumio-san mehr?“ „Nein.“ Atari begann wieder zu weinen: „Da lag nur Männerkleidung, ausgestopft mit Gras und Blättern. - Sie, sie sagen jetzt, ich hätte einen schlechten Scherz gemacht, sie wollten mich schon schlagen…aber ich schwöre, Sakura, ich habe ihn doch erkannt. Es war Fumio-san. Oder habe ich mir das nur eingebildet? Ich weiß nicht, was ich noch denken soll. Was soll ich nun nur tun?“ Sakura brauchte nicht nachzudenken: „Du sagst, du hast die Leiche des Besitzers der Töpferei gefunden. Dann gibt es eine einfache Möglichkeit, das zu überprüfen. Geh ins Dorf und sieh nach, ob er da ist. Ist er verschwunden, hast du ihn wirklich gefunden gehabt. Sitzt er aber in seiner Töpferei, hast du es dir eingebildet.“ „Aber…ich darf doch das Schloss nicht ohne Erlaubnis verlassen.“ „Ich sollte heute Nachmittag sowieso hinüber gehen, weil Neigi-san etwas vom Markt wollte. Wenn ich ihn bitte, dass du statt meiner gehen darfst?“ „Oh, das würdest du tun?“ Atari atmete auf: „Dann….dann glaubst du mir?“ „Ich weiß nicht, ob du es dir eingebildet hast oder nicht, “ korrigierte Sakura prompt: „Aber ich bin mir sicher, du wirst keine Ruhe finden, ehe du nicht weißt, ob Fumio-san lebt oder nicht.“ „Ja, da hast du recht. Oh, die anderen waren so böse auf mich.“ „Nun, wenn sie nur Kleidung mit Heu finden, verständlich. Warte kurz hier. Ich werde Neigi-san fragen.“ Sie stand auf. Sie traute Atari eigentlich nicht zu, einen makabren Scherz zu veranstalten. Aber wenn sich das Mädchen das eingebildet hatte - wieso wollte sie ausgerechnet den Töpfereibesitzer erkannt haben? Nun, sie sollte einfach in das Dorf gehen und sich mit eigenen Augen überzeugen. Der Heiler hatte inzwischen von den anderen die Geschichte gehört und nickte leicht, als Sakura ihn bat, Atari an ihrer Stelle auf den Markt zu schicken: „Eine ausgezeichnete Idee, meine Schülerin. Das wird sie so oder so von ihrer Anspannung heilen.“ Er schloss langsam die Augen, ehe er sie genau ansah: „Lügt sie, wie es die anderen behaupten?“ „Ich denke nicht, sensei. Sie glaubt sicher, ihn gefunden zu haben. Aber ob sie es sich eingebildet hat oder nicht, lässt sich ja so herausfinden.“ „Gut. Sie soll gleich gehen. Bis sie heute Abend zurückkommt, wird sich die Stimmung unter den anderen schon wieder ein wenig beruhigt haben. Und ich möchte frisches Obst haben.“ „Ja, sensei.“ Den gesamten Nachmittag über arbeitete Sakura im Kräutergarten. Sie sah erst auf, als der Heiler zu ihr kam: „Sakura?“ „Ja?“ „Hat sich Atari bei dir gemeldet?“ „Nein, sensei.“ Sie warf einen Blick zur Sonne. Diese berührte schon den Horizont: „Sie ist noch nicht zurück?“ „Sie hat mir nichts gebracht. Frag unter dem menschlichen Personal. Ich werde die Dämonen befragen.“ Als sich der Heiler und seine Gehilfin wieder trafen, wusste Sakura schon die Antwort: „Niemand hat sie mehr gesehen. Die Menschen nehmen an, dass sie wegen ihres schlechten Scherzes sich in ihr Elternhaus geflüchtet hat. Sie ist ja aus diesem Dorf.“ „Möglich. – Du gehst morgen früh gleich nach Sonnenaufgang dorthin und wirst das überprüfen, Sakura. Wenn der Töpfereibesitzer noch lebt und sich Atari nach Hause geflüchtet hat, ist alles in Ordnung. Sollte aber auch nur ein Punkt nicht zutreffen, werden wir den Inu no Taishou informieren.“ „Ja, sensei.“ Sakura machte sich Sorgen. Atari hatte so verzweifelt gewirkt. Hoffentlich hatte sie sich nichts angetan, als sie feststellte, dass dieser Fumio-san nicht tot war. So war sie eineinhalb Stunden nach Sonnenaufgang bereits in dem Dorf. Es war groß, eher schon ein Marktflecken zu nennen. Die beiden größten Gebäude waren die Töpferei am östlichen Ortsrand und das Herrenhaus am gegenüberliegenden. Sie ging zunächst auf den Markt. Neigi-san brauchte frisches Obst, um Säfte zubereiten zu können. Sie war schon öfter hier gewesen und so erkannten die Marktleute sie. Das Dämonenschloss lag so nahe, dass viele Menschen aus dem Dorf dort arbeiteten oder auch in ihrer Jugend dort gearbeitet hatten. Auch die Verwaltung wurde in der Kanzlei des Dämonenfürsten erledigt. Und seit Jahrhunderten dienten die Menschen hier Inu no Taishou. Sakura fragte sich zum ersten Mal, wie alt er wohl in Wahrheit sein mochte. Aussehen tat er wie vielleicht vierzig, eher jünger. Aber bei Dämonen war das anders, das wusste sie. „Ah, die junge Heilerin, “ sagte der Händler: „Was darf es heute sein?“ Sakura reichte ihm ihre Liste. Während er die Früchte in den Korb packte, meinte sie beiläufig: „Der Ort wirkt ruhig wie eh und je. Ein Glück, dass nichts Aufregendes passiert.“ „Ja. Aber durch die Nähe des Dämonenschlosses kommen keine Angreifer hier her. Das ist viel wert in dieser Zeit. - Aber heute Abend passiert etwas Aufregendes.“ „Ja? Was denn?“ „Geht einmal hinüber, zur Töpferei. Dort ist ein großer Holzstoss aufgebaut. Jeder hat altes Holz, der Herr sogar einen alten Ochsenkarren, zur Verfügung gestellt. Und das wird heute Abend angezündet. Es gibt ein großes Fest.“ „Mit Tanz?“ „Aber ja doch. Kommt Ihr?“ „Das werde ich nicht dürfen. - Aber wieso ausgerechnet an der Töpferei?“ „Weil dort der Löschwasserteich ist. Falls zu sehr Funken fliegen, können wir da rasch löschen. Würden wir es auf dem Marktplatz machen, wäre die Gefahr für das Dorf zu groß.“ Er schien erstaunt. „Ich wusste nichts von dem Teich“, entschuldigte sich Sakura. „Ach ja, Ihr seid ja eine der wenigen, die nicht hier aus dem Ort kommen. – So, hier. Ist es Euch nicht zu schwer?“ „Nein. Danke. Ich werde mir jetzt dennoch den Holzstoss ansehen. Dann werde ich heute Abend an euch denken.“ Sie schwang sich den Korb auf den Rücken. „Tja, Dienst geht vor, nicht wahr?“ Der Händler lächelte noch einmal, als sie sich abwandte. Schade, dass sie die Heilerin wurde. Sie war wirklich ein hübsches Ding. Aber auch er hatte schon gehört, dass da Lord Sesshoumaru die Hand draufhatte. Also war sie natürlich tabu. Ein Fest? Und sie hatte vergessen, ihn nach Atari zu fragen. Aber nun gut, jetzt würde sie erst einmal zu der Töpferei gehen und sich erkundigen, ob Fumio-san da sei. War er es, müsste sie Atari suchen. Sie ereichte den großen Platz vor der Mauer der Töpferei. Man hatte die gut abgeschirmt, um zu verhindern, dass die heißen Brandöfen durch Funkenflug die Häuser der Umgebung anzünden würden. Ein wenig erstaunt betrachtete sie den Holzstoss. Offenbar hatte wirklich jeder Holzabfälle gehabt. Bretter, Dachschindeln waren da aufeinander getürmt worden, sogar der hölzerne Reisewagen einer vornehmen Dame, wenn auch ohne Deichsel und Räder. Es wirkte sehr unordentlich. Sie betrachtete ein wenig nachdenklich den Wagen. So vornehm von Ochsen gezogen zu werden war das Privileg von reichen Damen und das würde sie sicher nie werden… Da hatte jemand wohl die Stoffbespannung nicht ganz abgezogen. Ein Stück Stoff wehte hinten im Wind. Plötzlich erstarrte Sakura. Vorsichtig setzte sie den Korb von ihrem Rücken ab und ging näher. Diesen Stoff hatte sie schon einmal gesehen. Sie musste auf einige Holzbretter steigen, um emporzuklettern, aber dann konnte sie sich den Stoff genauer ansehen. Es war tatsächlich Ataris Kimono - und Atari. Sakura hätte keine Ausbildung als Heilerin gebraucht, um zu erkennen, dass das Mädchen tot war. Ihr Gesicht war angeschwollen und um ihren Hals lag eine dünne Seidenschnur, eng zusammengezogen. Hastig blickte sich Sakura um. Niemand sollte sie hier bemerken, sonst könnte sie leicht auch solch ein Ende finden. Sie müsste den Hundefürsten informieren, dass jemand seine Dienerin umgebracht hatte. Aber zunächst einmal sollte sie herausfinden, ob Fumio-san da war. Wenn ja, wurde das Rätsel nur umso größer. So nahm sie wieder ihren Korb auf den Rücken, ging hinüber zum Tor der Töpferei. Neugierig betrachtete sie den großen Hof. Unter dem Dach drehten mehrere Töpfer ihre Scheiben, rechts brannten Feuer in verschiedenen kleineren Öfen, ein großer wirkte kalt. Ein Junge in ihrem Alter schob gerade einen Wagen mit grauen, ungebrannten Vasen in die Richtung der Öfen, als er sie entdeckte: „Hallo. Willst du etwas kaufen?“ „Nein. Ich…ich soll für meinen Herrn fragen, ob Fumio-san da ist oder auf Reisen.“ „Er ist weder noch.“ Der Junge grinste: „Er ist krank und war daher schon ein paar Tage nicht hier. Aber der Vorarbeiter redet mit ihm und daher denke ich, dass dein Herr ihn vielleicht auch besuchen kann. Frag doch seine Frau. Sie macht das Geschäft hier im Augenblick.“ „Danke. Das werde ich meinem Herrn ausrichten.“ Sakura wandte sich ab und kehrte sehr nachdenklich zurück zum Schloss des Westens. Irgendetwas war hier faul, das wusste sie. Aber das Beispiel der armen Atari zeigte, dass es eine sehr gefährliche Sache war. Und das sollte sie besser melden. Neigi stimmte ihr da zu und so erbaten die beiden Audienz beim Fürsten. Der Inu no Taishou war etwas überrascht, dass sie zu zweit kamen, erst recht, als Neigi sagte: „Sakura soll berichten, mein Fürst.“ „Verzeiht, Herr“, meinte sie zögernd: „Es geht um den Mord an einer Eurer Dienerinnen…“ „Mord.“ „Ja, Herr.“ „Dann warte einen Moment, Sakura.“ Er klatschte in die Hände: „Holt meinen Sohn her.“ Kurz darauf kam Sesshoumaru. Falls er überrascht war, Neigi und Sakura vorzufinden, so zeigte er es nicht. Er verneigte sich höflich vor seinem Vater, nahm an dessen Seite Platz. „Also, Sakura, “ meinte der Fürst: „Wer ist ermordet worden? Und was ist genau geschehen?“ Sie berichtete so ausführlich, wie sie es von den Ermittlungen Lord Sesshoumarus gewohnt war, sachlich und die Unterhaltungen möglichst Wort für Wort. Am Schluss meinte sie: „Ich…es wurde mir zu gefährlich, selbst weiter zu fragen.“ „Du hattest Recht.“ Der Dämonenfürst sah seitwärts: „Das übernimmst du, Sesshoumaru. Und Sakura soll dich unterstützen.“ Der Hundeprinz seufzte unmerklich. Das hatte er schon befürchtet. Immerhin sollte er Sakura mitnehmen. Und sie war eine wirkliche Hilfe. ******************************************************* Auch schon bemerkt? Das nächste Kapitel heisst: Wer hat Angst vor dem Dämon? Wer so nett ist, mitzuraten und mir einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)