東京幻想 von abgemeldet (Tokyo Illusions (Kapitel 1 - 8 korrigiert)) ================================================================================ Kapitel 22: Missing you ----------------------- Als sie am nächsten Tag die Studios von Universal J betraten, sah sich Naomi mit großen Augen staunend um. Sie war so damit beschäftigt, dass sie gar nicht wirklich darauf achtete, dass Luca schimpfend und fluchend neben ihr herging, weil sie ihren Freund Kohta immer noch nicht erreicht hatte. Auf einem der Gänge kam ihnen Rikuo entgegen, der die beiden Frauen freudig begrüßte. "Da seid ihr ja!" "Konnichi wa", grüßte Naomi ihn und verbeugte sich höflich. Luca verzog das Gesicht. "Hey, baka." "Freundlich wie immer", gab der Japaner schmunzelnd zurück und bot ihnen je einen Arm an. "Sollen wir dann mal?" Die Brünette nickte und hakte sich bei ihm ein, wobei Luca stur an ihm vorbeistapfte. Er führte sie in ein Tonstudio, in dem allerdings schon einige Leute saßen und aufstanden, als sie den Raum betraten. Luca setzte sich auf eine Ledercouch und zündete sich eine Zigarette an. Sie grummelte die ganze Zeit über irgendwelche Flüche vor sich hin und verwünschte Kohta in allen ihr bekannten Varianten. Rikuo beachtete dies gar nicht, sondern stellte alle Anwesenden einander vor. Naomi nickte den Jungs freundlich zu. Ein rothaariger Typ, der ihr als Kôji vorgestellt worden war, sah sie abschätzend an. "Das soll ein Mädchen sein?", meinte er ungläubig. "Und du sollst ein Kerl sein?", erwiderte Luca abfällig, ohne aufzuschauen. Der rothaarige Gitarrist grinste breit. "Das sieht doch schon viel besser aus", freute er sich und warf sich links neben Luca auf die Couch. Als er versuchte, seinen Arm um ihre Schultern zu legen, sog Rikuo förmlich die Luft ein, doch noch bevor er etwas sagen konnte, ertönte ein gequälter Aufschrei. "Noch einen Zentimeter weiter", erklärte sie kalt und schaute weiterhin auf ihr Handydisplay, "und du kannst in Tonlagen singen, wie es nur ein Knabe in der Kirche kann. Habe ich mich klar ausgedrückt?" Der Gitarrist fiepte und nickte eifrig mit dem Kopf, woraufhin Luca ihre Hand aus seinem Schritt nahm. "Braver Junge", gab sie zurück. "Und jetzt geh spielen." Genauso schnell, wie er sich auf die Couch geworfen hatte, sprang er auf. "Ah ja... bevor ich es vergesse..." Ihre Augen blitzten gefährlich auf, als sie ihn schließlich doch noch ansah. "Rührst du Naomi nur einmal an... bist du sofort tot." Der Rothaarige schluckte und stellte sich ganz weit von den beiden Mädchen weg. Nach einiger Zeit fing sich Rikuo wieder und sah die Jungmusiker an. "Also, wie es aussieht, müsst ihr ab heute miteinander auskommen." Naomi sah ihn irritiert an. "Der Bandname steht auch schon fest", erklärte er weiter. "Ihr fünf Anfänger seid ab heute (R)Evolution." Er sah die fünf einen nach dem anderen an. "Einwände? Nicht? Gut." Plötzlich flog Rikuo ein Handy an den Kopf. "Ah... stirb einfach." Der Scout sah sich verwirrt um und hielt sich den Hinterkopf. "Hast du etwa Einwände?" Die Blonde schaute ihn verwirrt an. "Ich...? Wieso? Wogegen denn?" Der Japaner schüttelte den Kopf. "Ich will nur wissen, womit ich diese Freundlichkeit mal wieder verdient habe." Die Studentin schaute ihn baff an. "Rikuo... hast du Fieber?", fauchte sie. "Du existierst, reicht das nicht?" Sie zündete sich eine neue Zigarette an. "Außerdem bist du ein Mann und hast somit schon verloren." "Zu gütig", gab er zerknirscht zurück. "Danke für die Info." Naomi setzte sich neben ihre Freundin und schaffte es nur mit Mühe, sich ein Grinsen zu verkneifen. Sie zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. "Sie hat eh schon schlechte Laune", erklärte sie. "Lass sie einfach." Rikuo verdrehte die Augen. "Ja, wie immer." "Vielleicht hat sie ihre Tage", warf Kôji ein. Doch kaum hatte er dies ausgesprochen, traf ihn etwas unsanft im Gesicht. Die kleine Handtasche fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Kôji hätte schwören können, das Geräusch von Ziegelsteinen gehört zu haben. Die drei anderen Musiker fingen zu kichern an. "Erst denken, dann sprechen", kommentierte ein schwarzhaariger Mann mit blondierten Spitzen trocken, der ihnen zuvor als Shinoda Yûichi vorgestellt worden war. "Hat dich jemand nach deiner Meinung gefragt?", fragte Luca ihn giftig. "Hab ich dir was getan?", fragte er ruhig. "Sag jetzt nicht, 'du existierst'", mischte sich ein Typ mit blauen Strähnchen ein. "Das hattest du schon bei Rikuo." Er grinste breit. Naomi verzog belustigt das Gesicht und legte den Kopf zurück, als sie an ihrer Zigarette zog. Irgendwie amüsierte sie dieser bunte Haufen. Der Scout räusperte sich und schaute Hideo ernst an. "Wie heißt das?", fragte er ihn. "Rikuo?", gab dieser zurück. "Wie heißt das?", fragte nun Luca ebenfalls. Der Bassist schluckte. "Sakurai... dono?" "Geht doch." Sie warf ihren Kopf amüsiert in Richung Naomi. "Die Jugend heutzutage ist wirklich erschreckend." Die brünette Studentin legte einen Arm um ihre Freundin. "Tja...", seufzte sie. "Da machst du leider nichts dran." "Was heißt hier Jugend?", wollte Yû wissen. "Du bist doch selbst nicht älter als..." Er überlegte. "Neunzehn?!" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Das versuchen wir jetzt noch einmal." Luca jedoch stand auf und ging auf den Sänger zu. "Du hast neunzehn gesagt, richtig?" Er nickte und bereute kurz darauf seine Aussage, denn Luca klammerte sich an seinen Hals. "Gott, war das lieb von dir", fiepte sie überglücklich. Rikuo und Kôji sahen den Schwarzhaarigen grummelnd an. "Toll", seufzten beide wie aufs Stichwort. Die Musikstudentin lachte auf. "Das ist mal wieder typisch." "Was denn?", wollte der Sänger wissen und wuschelte Luca verlegen durch die Haare. "Du hast ihr gerade ein Kompliment gemaht", erklärte die Brünette. "Natürlich freut sie sich darüber." Sie drückte ihre Zigarette in dem kleinen Aschenbecher auf dem Tischchen vor ihr aus. Rikuo räusperte sich. "Wollen wir anfangen?", verlangte er zu wissen. "Womit anfangen?", fragte Naomi verwundert. "Na, mit den Proben?", erklärte er. "Ich will sehen, wie ihr zusammen agiert." Die vier Jungs nickten knapp und gingen an ihre Instrumente, alle außer Yû, der ging ans Mikro. "Naomi... kommst du?", fragte er sie freundlich. Die Brünette nahm ihre Gitarre und gesellte sich wortlos zu den Musikern. "Improvisiert mal ein wenig", forderte Rikuo. "Hide, gib den Takt an." Er setzte sich zu Luca auf die Couch und legte ihr eine Hand auf das Knie, bereute es aber im selben Augenblick, als ihre Hand mit einem lauten Klatsch seine Wange erreichte. Die fünf Musiker brauchten zwar ein paar Versuche, aber nach einer Weile schafften sie es, ein harmonisches Arrangement zu erschaffen. "Das üben wir noch", erklärte Rikuo abschätzend und wandte sich dann zu der Blonden. "Die sind ziemlich gut, ne?!" Sie nickte. "Kein Wunder, ist ja mein Naomi dabei." Der Schwarzhaarige ließ den Blick wieder zu der Band schweifen. "Hast ein gutes Näschen", sagte er anerkennend. "Lust, die Branche zu wechseln?" Sie schnaubte abfällig. "Nein... dafür gehen mir Musiker zur Zeit zu sehr auf den Nerv. Außer Naomi kommt mir im Moment keiner davon ins Haus oder so." Er sah sie verwirrt an, traute sich jedoch nicht, zu fragen, aus Angst, sie würde ihre gute Laune wieder verlieren. "Okay, ihr Anfänger. Schluss für heute." Der Japaner stand auf und ging zur Tür. "Nächster Termin in einer Woche, dann fangen wir mit den Aufnahmen an." Er warf dem Grüppchen noch einen letzten Blick zu und ging. Kirito war zutiefst frustriert als er sein Hotelzimmer betrat. Mittlerweile war es schon über drei Wochen her, seit er Naomi zum letzten Mal gesehen hatte. Noch immer ärgerte er sich darüber, dass er so dumm gewesen war, sie nicht einmal nach ihrer Nummer gefragt zu haben. Aber in der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war es für ihn irgendwie selbstverständlich geworden, dass sie da war. Normalerweise hätte er damit rechnen müssen, dass es vorkommen konnte, dass sie auch mal nicht zu Hause war. Deprimiert ließ er sich auf das Sofa fallen und fuhr sich mit beiden Händen durch die blondierten Haare. Er hätte niemals gedacht, dass er sie so sehr vermissen würde. Natürlich war ihm durchaus bewusst, dass er selbst für seine Situation verantwortlich war. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass er deswegen nicht unglücklich sein durfte. Die Tatsache, dass es im Grunde seine eigene Schuld war, machte es ehrlich gesagt nur noch schlimmer. Seufzend lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Irgendwie fühlte er sich leer. Wie hatte er nur zulassen können, dass sie so wichtig für ihn geworden war? Die Antwort darauf war so simpel, dass er sie nicht verleugnen konnte, auch wenn er es eigentlich nicht wahrhaben wollte. Einerseits hatte er es durch ihre Anwesenheit nicht verhindern können... andererseits hatte er es praktisch herausgefordert, weil er so oft wie möglich ihre Nähe gesucht hatte. Der Sänger war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht hörte, wie jemand an seine Tür klopfte und diese zögernd öffnete. Vorsichtig steckte Kohta den Kopf zur Tür herein und sah seinen Bruder trübselig auf der Couch sitzen. Irgendwie schmerzte es ihn, den sonst so fröhlichen und optimistischen Mann so niedergeschlagen zu sehen. Er konnte durchaus nachvollziehen, wie der andere sich fühlen musste, wo es ihm selbst im Grunde genauso erging. Der Bassist betrat lautlos den Raum und schloss die Tür hinter sich. "Onii?" Kirito zuckte erschrocken zusammen, er bemerkte die Anwesenheit seines jüngeren Bruders und Kollegen erst jetzt. Er verzog missbilligend das Gesicht. "Musst du mich so erschrecken? Kannst du nicht anklopfen?" "Ich habe angeklopft." Kohta legte die Stirn in Falten. "Es ist ja nicht meine Schuld, dass du das nicht gehört hast, oder?" "Aber du kannst doch nicht einfach so..." "Ich mache mir Sorgen um dich!", fiel ihm der Bassist ins Wort. "Und die anderen ebenso." Er setzte sich ebenfalls auf die Couch, wobei er den Sänger die ganze Zeit im Auge behielt. "So deprimiert kennen wir dich nicht. Ich weiß ja, dass dir die Sache mit Naomi zu schaffen macht, aber..." Kirito schnaubte ungläubig. Wie sollte ihn irgendjemand von den anderen auch nur ansatzweise verstehen können? Sie alle hatten nicht die geringste Ahnung, wie es in ihm aussah. Kohta verdrehte die Augen und seufzte. "Denkst du etwa, ich verstehe nicht, wie du dich fühlst?", brummte er mürrisch. "Was soll ich denn sagen? Ich habe Luca schließlich auch nicht erreichen können!" Der blonde Sänger blinzelte, dann verbarg er sein Gesicht in den Händen. "Tut mir Leid...", murmelte er. "Ich weiß, es ist egoistisch..." Das Gesicht des Bassisten verdüsterte sich. "Sei froh, dass sich wenigstens niemand als Naomis Ehemann ausgegeben hat..." Der ältere der beiden stutzte. Ehemann... "Meinst du, der Kerl ist tatsächlich mit Luca verheiratet?", fragte er vorsichtig. "Ich meine... es kam mir schon sehr merkwürdig vor..." "Was weiß ich?", entgegnete Kohta frustriert. "Ich habe nicht mit ihm gesprochen." Kirito überlegte kurz. "Er hat mich nicht mal gefragt, wer ich bin und was ich mit Luca zu tun habe... was sagtest du, wie hieß Luca noch mal mit Nachnamen?" Kohta sah ihn verwirrt an. "Coven... aber was hat das damit zu tun?" "Weil sich der Kerl mit Namen gemeldet hat... und wenn ich mich richtig erinnere, war der nämlich auch Coven..." Nachdenklich legte der Sänger den Kopf in den Nacken. Er war sich jetzt zwar nicht hundertprozentig sicher, aber er war ziemlich davon überzeugt, dass es genau dieser Name gewesen war, den der Typ damals genannt hatte. Hoffnungslos sackte sein Bruder in sich zusammen. "Da hast du's", meinte er leise. Ungläubig drehte sich Kirito zu dem anderen Musiker um. "Das beweist doch noch gar nichts", erwiderte er bestimmt. "Es kann durchaus sein, dass ich mich mit dem Namen irre. Abgesehen davon besteht ja auch durchaus die Möglichkeit, dass sich jemand einfach nur einen üblen Scherz mit uns erlaubt hat!" "Das ist dann aber ein sehr makabrer Scherz!", grummelte Kohta düster, dennoch ein klein wenig optimistischer klingend als noch Sekunden zuvor. Schließlich seufzte er. "Du hast Recht... ich sollte die Hoffnung nicht zu schnell aufgeben." Als er das sagte, klopfte er dem Sänger auf die Schulter. "Du übrigens auch nicht... das passt gar nicht zu dir!" Kirito nickte entschlossen und die beiden standen auf. "Wir sollten nach der Probe noch mal versuchen, die beiden anzurufen." Der Bassist brachte ein halbherziges Grinsen zustande. "Aber erst sollten wir etwas essen! Auf leeren Magen probt es sich nicht so gut", scherzte er, legte Kirito einen Arm um die Schultern und die zwei Musiker machten sich auf den Weg ins Hotel-Restaurant. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)