It's your love story von abgemeldet (~The Suicide Book~) ================================================================================ Kapitel 1: 01 ~ Bröckchen ------------------------- It‘s your love story ~The Suicide Book~ ********* Vielleicht fällt mir bis zur Veröffentlichung ja noch ein anderer Titel ein, denn der hier ist leider alles andere als aussagekräftig... Das erste Kapitel geht nicht bis zu der Szene, bis zu welcher ich eigentlich kommen wollte, aber ich hol das nach, denn ich wollte erst mal das posten, was ich schon habe, bevor ich alles aus Frust wieder lösche... (Ist mir schon passiert... T___T) Mmh, ich hoffe, dass ich das hier noch ein wenig fortführen kann, denn bisher ist noch nicht alles so, wie ich es gern hätte... ano, mal schauen; bin aber eigentlich recht zuversichtlich... (^.^)v Ich würde mich freuen, wenn ihr es trotzdem lest und mir sagt, was ihr davon haltet, auch wenn meine eigentlich Idee noch nicht mal richtig begonnen hat... dedicated to: Ebichiru&Auris; ich hab euch einfach nur lieb... *knu~~~ff* It‘s your love story ~can‘t you just lie next to me pretending you love me~ ichi ~ 01 Bröckchen Ihm war kalt. So entsetzlich kalt. Sein Atem kondensierte nicht einmal mehr an der Frontscheibe seines Autos, welches er, mit gleichgültiger Sicherheit, durch den dichten Verkehrsjungle Tokyos lenkte. Es schien ihm beinahe so, als sei durch die Kälte nicht nur sein Atem erfroren und hing nun in Bröckchen an der Windschutzscheibe, sondern auch die Welt um ihn herum erschien in Bröckchen. Sie schien zerfallen zu sein, klimperte vor sich hin, schob sich durch die Zeit, auf nichts achtend, an alles aneckend. Er atmete noch einmal tief ein, bevor er sich, einfach um seine eigene Atemluft nicht in Kristallen vor sich zu sehen, eine Zigarette am Anzünder des Armaturenbrettes ansteckte und den Rauch durch das Innere des Wagens blies. Wie konnte ihm nur so schrecklich kalt sein, fragte er sich zum wiederholten Male, bevor er zu gähnen begann. Das ganz allein war schuld, dieses verfluchte Gähnen und obwohl er das mit ganz bestimmter Sicherheit wusste, so konnte er doch nichts anderes, als es entweder zu unterdrücken oder zu ignorieren. Einher kam diese bleierne Müdigkeit. Er fühlte sich beinahe erschlagen, festgefroren und langsam selbst ins Bröckchenstadium übergegangen, denn so sehr er sich auch bemühte, er konnte sich auch nicht daran erinnern, wann er das letzte mal richtig tief und fest geschlafen hatte. Auch wusste er nicht, die wievielte Nacht das jetzt schon gewesen war, in welcher er sich ruhelos, gedankenvoll und hellwach durch sein Bett gewälzt hatte, nur um letzten Endes doch aufzustehen und sich ins Wohnzimmer zu setzen, indem es seltsamerweise trotz voll aufgedrehter Heizung schneidend frostig war. Eine Decke hatte einfach nicht helfen können und Kaffee konnte er keinen trinken, denn davon wäre er niemals zur Ruhe gekommen. Tee besaß er zur Zeit nicht und die Aussicht auf einfaches heißes Wasser ohne jedweden Geschmack sagte ihm alles andere als zu. Also hatte er in seinem Wohnzimmer vor dem Fernseher gesessen und sich stundenlang Telefonsexwerbungen und anderes zwielichtiges Zeug angesehen, da um diese nachtschlafende Stunde einfach nichts anderes zu sehen war; noch nicht mal die Spielfilmkanäle brachten da Abwechslung und Musikkanäle besaß er nicht. Sein Ekel über diese Angebote hatte ihn dabei ebenso wachgehalten, wie die Kälte und seine starren Glieder. Eigentlich waren diese Werbungen doch gar nicht so schlimm, hatte er sich mehrfach einzubilden versucht, doch hatte dann aufgegeben. Zwar erklangen Stimmen aus dem Fernseher, aber diese sprachen nicht explizit zu ihm und als er das letzte Mal bei solch einer Nummer angerufen hatte, nur, um des nachts eine Stimme hören zu können, welche nicht vom Band kam und wenigstens bis zu einem gewissen Punkt lebendig wirkte, hatte sich eine so junge am anderen Ende der Leitung gemeldet, dass er vor Schreck den Hörer hatte fallen lassen. Erst da war ihm aufgefallen, dass er bei einer Agentur für die Vermittlung Minderjähriger angerufen hatte... Die Ampel schaltete nach endlosen Augenblicken auf grün und Kamijo trat aufs Gaspedal. Der Motor heulte in der kalten Dezemberluft auf; er war noch immer nicht warm gelaufen, obwohl der junge Mann nun schon seit etwa einer Stunde unterwegs war. Aber viel gefahren war er nicht und auch nicht weit gekommen, denn der Berufsverkehr der tokyoter Innenstadt stand eher still als dass er sich bewegte. Allerdings schien das Hupen leiser geworden zu sein, aber vielleicht lag das auch nur an seiner Übernächtigung und seiner langsamen Wahrnehmung. Abermals sog er den Rauch seiner Zigarette ein, um ihn dann abermals gegen die Frontscheibe zu blasen. Es kam ihm dabei beinahe so vor, als gefriere der warme Rauch aus seinen Lungen schon nach den ersten Zentimetern in der Luft und Kamijo hätte sich nur traurig bestätigt gefühlt, hätte der Rauch ein Kratzen an der Glasoberfläche vor ihm erzeugt, auf die er traf. Nach weiteren langgestreckten zwanzig Minuten erreichte er endlich seinen Bestimmungsort und bog dort in eine kleine Querstraße ein, weil der Parkplatz davor, wie er aus dem Seitenfenster erblicken konnte, bis auf den letzten Platz vollgestellt war. Er parkte sein Auto, dann würgte er den kalten Motor ab, stieg aus und verschloss den Wagen. Den Schlüssel zusammen mit seiner Hand in der Manteltasche verstauend, lief er über die Straße zu dem großen, grauen Gebäude, welches sich fast nicht vom grauen Himmel dahinter abhob. Er betrat den Fahrstuhl und drückte die richtige Taste, in der Hoffnung, dass es nun nicht mehr allzu lange dauerte, bis die Wärme ihn umschloss, bei welcher er sich schon nicht mehr zu erinnern glaubte, wie sie sich eigentlich anfühlte. Solange war ihm schon so kalt zumute, doch hätte man ihn danach gefragt, es wäre ihm erst in jenem Augenblick aufgefallen. Manchmal, so schien es ihm, war diese Kälte ein Teil seines Wesens, ein Teil seiner Welt, ohne die er sich an nichts erinnern konnte, ohne die keine Erinnerung Bestand hatte... Aber auch das war ihm so nicht bewusst... Auf dem Flur, auf welchem er ausstieg, schlug ihm eine feste Geräuschkulisse entgegen und in diesem Augenblick ging auch die Tür auf, nach deren Klinke er gerade greifen wollte und ein junger Mann erschien in seinem Blickfeld. „Kamijo, da bist du ja, ich dachte schon, du hättest verschlafen...“, ertönte die freudige Stimme ebenjenes jungen Mannes, der ihm die Tür geöffnet hatte und während sich Kamijo fragte, ob er denn jemals wieder in der Lage sein würde, zu verschlafen, zog ihn der junge Mann in die Garderobe zu einem Stuhl und schubste ihn in die weiche Lehne. „Du bist ja ganz kalt...“, stellte er vorwurfsvoll fest, bevor er sich umwandte. „He, Kazumi, ist der Tee schon fertig...? Kamijo verwandelt sich gleich in ein Eis am Stiel...“, rief er über seine Schulter hinweg und musterte Kamijo danach wieder stirnrunzelnd. „Wir haben nämlich Tee gemacht, Kazumi und ich...„ Kamijo blickte den Bassisten derweil aus müden Augen an. „Sind schon alle da, Emiru...?“, fragte er mit blauen Lippen und unterdrückte ein weiteres Gähnen, während er mit der linken Hand in seiner Jackentasche nach dem Autoschlüssel tastete, um ihn dann herauszuholen und in der Brusttasche mit Reißverschluss zu verstauen, da es nun schon der dritte seit sechs Monaten war und er ihn nicht schon wieder verlieren wollte. Der junge Mann vor ihm hatte ihn dabei beobachtet und schaute ihm nun strahlend ins Gesicht. „Mayu fehlt noch, aber er kommt bestimmt gleich...“ Mit diesen Worten ließ er seinen kleinen Mund auf und ab hüpfen und drehte sich nun zu Kazumi um, der in diesem Augenblick mit einer Tasse dampfendem Tee neben ihm trat. Er reichte ihn Kamijo, welcher die Tasse wortlos dankend entgegen nahm und hineinsah. Das heiße Wasser schien keinerlei Bröckchen zu beinhalten und dankbar presste Kamijo seine kalten Hände um die warme Keramik. Er wagte es jedoch nicht, zu trinken, denn er fürchtete, sich die Zunge zu verbrennen und das wäre gerade heute eine Katastrophe gewesen. Außerdem hatte er das unbestimmte Gefühl, dass ihm auch nicht warm werden würde, selbst wenn er in der Tasse badete. Emiru hatte derweil begonnen, fröhlich vor sich in zu plappern und Kazumi verzog sich mit einem Buch in eine andere Ecke des Raumes, in dem vier junge Stylistinen herumwuselten, von denen eine über alle Maßen nervös wirkte. Kamijo schloss die Augen und drückte seine Hände enger an die warme Tasse. Dann trank er einen Schluck, während Emiru weiterhin fröhlich plappernd ans Fenster trat und in den Hof hinabschaute. „...wäre gestern Abend gern noch mit Leila spazieren gegangen, aber es war einfach viel zu kalt. Leila und ich haben uns stattdessen einfach ins Wohnzimmer gesetzt und einen Videofilm angeschaut: Aristo Cats. Ich glaube, sie liebt das ebenso sehr wie ich...“ Kamijo hörte dem Bassisten nur mit einem Ohr zu und kurz trat die Frage in sein Bewusstsein, wer Leila denn eigentlich gleich noch mal war. Emiru erzählte zwar seit Tagen von nichts anderem mehr, aber irgendwie schien er vergessen zu haben, zu erwähnen, mit wem er sich denn nun genau Tisch, Bett und Leben teilte. „...ist einfach wundervoll, sie passt zu mir... Nur schade, dass sie nicht mehr lange bleiben wird... Meine Nachbarin kommt heute Nachmittag aus dem Urlaub wieder, ich habe Leila schon heute morgen in ihr Körbchen gesetzt und zu ihr rübergetragen... Und dann haben wir uns ganz traurig verabschiedet... Vielleicht sollte ich mir auch eine Katze besorgen... Es gibt ja sowieso viel zu viele, die nachts allein in der Kälte sitzen und nicht wissen, mit wem sie reden sollen und wer sie streichelt, weil einfach keiner da ist... Was meinst du, Kamijo...?“ Kamijo schreckte auf. Hatte Emiru eben direkt mit ihm gesprochen...? Er hatte gerade überhaupt nicht zugehört, sondern so lange in die bodenlose Teetasse gestarrt, bis er das Gefühl hatte, gleich hinein zu fallen. Doch nun riss ihn Emiru‘s letzte Bemerkung wieder in die Realität zurück. „Was...?“, entfuhr es ihm und Emiru drehte sich zu ihm. „Meinst du, zu mir würde eine passen, Kamijo...?“, fragte der Bassist den blonden Sänger, welcher ihn mit einem verwirrten Blick bedachte. „Eine... was...?“, murmelte er lahm und Emiru zog einen Flunsch. „Na, eine Katze... Du bist wohl doch noch zu müde, oder, Kamijo...? Wie hast du es hierher geschafft ohne am Steuer einzuschlafen und einen Unfall zu bauen...?“, fragte Emiru ein wenig empört, plapperte jedoch gleich wieder munter weiter, als sei nichts geschehen. „Eine Katze... Das wäre so schön... Ich würde ihr jeden Morgen ihr Futter hinstellen und dann könnten wir gemeinsam frühstücken... Tagsüber könnte sie an meinem Sofa herumkratzen oder mit Leila spielen und wenn ich nach hause komme, dann setzen wir uns gemeinsam vor den Fernseher und schauen Aristo Cats und Der gestiefelte Kater... Ach, wie schön wäre das... Findest du nicht auch, Kamijo...?“ Der Angesprochene hatte diesmal zugehört und nickte nun. „Das wäre eine schöne Idee, Emiru-chan... Eine Katze würde ganz ausgezeichnet zu dir passen...“ Emiru strahlte glücklich. „Super, dann gehen wir heute nach der Arbeit zusammen ins Tierheim und suchen ein hübsches Kätzchen für mich aus.... Eins, das auch für mich gemacht ist... Ich werde bestimmt eins erkennen, wenn ich es sehe, es ist ja dann für mich bestimmt, das Kätzchen... Schade, dass es sie nicht auch in rosa gibt... Das wäre doch schön, meinst du nicht auch, Kamijo...?“ Der junge Mann nickte nur abwesend, aber Emiru bekam das gar nicht mit, sondern klatschte begeistert in die Hände - die gute Laune und unterschwellige Nerverei mancher Leute war einfach zu allumfassend und unumstößlich - und verbrachte nun die nächsten zehn Minuten damit, sich lautstark Namen für sein neues Haustier auszudenken, während Kazumi in seinem Buch las und Kamijo, dem noch immer kalt war, sich bemühte, nicht in seine Teetasse zu fallen und dort zu ertrinken... Die Stylistin rümpfte gerade die Nase über Kamijo‘s tiefe Augenringen, als die Tür aufging und der Sänger im Spiegel vor sich Mayu erblicken konnte, der, vollkommen eingeschneit, hereinkam. Emiru blickte als erster auf. „Mayu, kommst du auch schon...“, rief er fröhlich und drehte sich dem Gitarristen zu, ohne auf seine völlig entnervte Stylistin zu achten, welche ihm eigentlich gerade einen Lidstrich ziehen wollte. „Wir dachten schon, du findest es nicht...“, lachte er, während Mayu begann, sich aus seinem Mantel zu schälen. Kamijo beobachtete ihn dabei im Spiegel vor sich, während seine Stylistin gerade den roten Lippenstift auf einen Pinsel strich, um damit die Konturen seiner Lippen anzudeuten. Mayu hatte gerade seinen Mantel abgelegt und stand nun mitten im Raum, ein wenig verloren, wie Kamijo fand. Schnee glänzte in seinen braunen Haaren und auch er sah ein wenig müde aus. Vielleicht kann er nachts auch nicht schlafen, dachte der Sänger, während er Mayu‘s schmale Gestalt im Spiegel beobachtete, in deren Haaren gerade die winterlichen Eiskristalle zu schmelzen begannen. „Weißt du was...?“, plapperte Emiru in diesem Augenblick und sprang aus seinem Stuhl, wobei er seine Stylistin zurückließ, welche sich, wie Kamijo mit einem schnellen Seitenblick feststellen konnte, nun vollends genervt mit zittrigen Händen an den Garderobenstuhl lehnte und für einen Moment die Augen schloss. Emiru trat jedoch, ohne darauf zu achten, zu Mayu und nahm dessen Hände in die seinen, während sich sein fast fertig geschminktes Gesicht vor Freude noch weiter erhellte, als er sogleich von Leila und seinen neuen Haustierplänen zu erzählen begann. „... und nach den Videodreh fahren Kamijo und ich ins Tierheim, um für mich eine Katze auszusuchen... Aber nicht irgendeine, ich will eine Katze, die ganz perfekt zu mir passt und nur für mich gemacht ist... Findest du das nicht auch eine schöne Idee, Mayu...?“ Der Angesprochene nickte, schwieg jedoch. Emiru plapperte denn auch weiter von seinen Adoptionsvorhaben, während er Mayu‘s Hände fest in den seinen hielt und sie vor Freude schwingen ließ. Kamijo beobachtete seine beiden Freunde im Spiegel und es verwunderte ihn mit jeder Sekunde mehr, die Emiru mit Plappern und Mayu mit Starren und Schweigen verbrachte, wie der Gitarrist nur so ruhig bleiben konnte. Die Augen des Sängers hingen an dem schmalen Körper des Gitarristen, welcher zu den richtigen Augenblicken nickte, sonst jedoch nur weiter vor sich hin blickte. Kamijo kam es beinahe so vor, als würde Mayu ganz und gar verdrängen, dass Emiru auf ihn einplapperte und ihm zusetzte. Der Schnee in Mayu‘s Haaren war nun fast vollkommen geschmolzen und hinterließ nasse braune Haare, aber Mayu schien dies gar nicht zu bemerken. Er stand einfach nur da, verloren in der Mitte des Raumes, kühl und wortlos. Kamijo wünschte sich in diesem Augenblick, dass der Gitarrist Emiru einfach mal unterbrechen würde, da der Sänger diesen Anblick plötzlich nicht mehr ertragen konnte. Doch Mayu schwieg weiter und starrte ins Leere. Neben Kamijo erhob sich Kazumi, in der Zwischenzeit komplett fertig geschminkt und auch schon angezogen, aus seinem Stuhl, um sich mit seinem geliebten Buch die letzten Minuten bis zur Kälte mit stillem Lesen zu vertreiben. Falls er bei Emiru‘s freudiger Geräuschkulisse überhaupt die nötige Konzentration dafür aufbringen würde. Kamijo beobachtete den Gitarristen noch immer und fragte sich gerade, warum sie diesen Dreh ausgerechnet an so einem kalten Tag in leichten Kleidern und auch noch draußen hinter sich bringen mussten, als Emiru ihn mit seinem hellen Lachen kurzzeitig aus dem Grübeln riss. „... und dann werde ich sie füttern und mit ihr Filme anschauen... Am liebsten Disneyfilme...“ Kamijo versank wieder in seiner Grübellei. Das hatte er vor einer halben Stunde schon mal von Emiru gehört. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Mayu. Der Gitarrist stand noch immer wie zur Salzsäule erstarrt und blickte aus müden Augen an Emiru vorbei auf keinen bestimmten Punkt. Kamijo wünschte sich abermals, der Gitarrist möge Emiru einfach unterbrechen, anstatt einfach nur dazustehen und nichts zu tun und Kamijo erwischte sich dabei, wie Mayu ihm plötzlich leid tat. Der Gitarrist wohnte allein in der Nähe des Studios, in dessen Aussenhof sie ihr neustes Video drehen wollten. Soweit Kamijo wusste, hatte er keine Freundin, die auf ihn warten würde, wenn er heute Abend vollkommen fertig mit den Nerven und zu Tode geschafft nach Hause kommen würde, um sich in die Arme einer Person fallen zu lassen, die ihre Wärme und ein Lächeln nur für ihn aufbewahrt hatte. Niemand schien jemals auf Mayu zu warten, aber so genau wusste Kamijo das auch nicht. Er war in diesem Augenblick nur sehr froh darüber, das Ayako zuhause für ihn da sein würde, wenn er, durchgefroren und hundemüde, nicht dass er das jetzt schon nicht auch wäre, nach hause kam und sich einfach nur von ihrer Wärme einlullen lassen wollte. Kamijo stellte sich das Gesicht der jungen Frau vor, mit welcher er seit etwa drei Monaten zusammen war. Sein Typ war sie eigentlich nicht. Ayako war eher von zierlicher Gestalt, hatte kleine runde, fast schwarze Augen und kurzes Haar. Eigentlich genau das Gegenteil von Kamijo‘s Frauengeschmack, weshalb er es sich nicht nehmen ließ, hin und wieder nach anderen zu suchen und diese auch zu finden, aber Ayako hatte sich in dieser Hinsicht als sehr angenehm erwiesen. Sie bekam seine Affären erst gar nicht mit und wenn doch, dann schien sie niemals eifersüchtig zu sein. Sie machte ihm keine Szene, wenn er sich tagelang nicht meldete, sie war gut im Bett und gab ihm alle nötigen Freiheiten. Nur eins vermisste er und das war das Gefühl, nicht allein zu sein. Generell sprach sie nicht viel, eigentlich kaum, aber wenn sie dann doch mal den Mund aufmachte, hörte Kamijo immer weg. Nein, Gespräche konnte er mit Ayako nun nicht führen, aber das war ihm egal, solange sie ihm das gab, was er zur Zeit am Nötigsten brauchte: Wärme und Befriedigung... Emiru hatte die ganze Zeit über munter weiter geplappert, hatte über Disney-Filme philosophiert und alle aufgezählt, die auch nur im Entferntesten etwas mit Katzen zu tun hatten. „... und dann mache ich ihr morgens Frühstück und wir können uns gemeinsam Aristo Cats anschauen und...“ An dieser Stelle verdrehte Mayu die Augen. „Emiru, das sagst du jetzt schon zum vierten mal... Ich glaube, du wirst langsam alt...“, unterbrach er ihn kalt und befreite sich aus Emiru‘s Griff. Er ließ den Bassisten stehen und wandte sich zu Kazumi‘s freigewordenem Stuhl. Emiru schnappte nach Luft ob der Beleidigung und empörte sich im nächsten Augenblick brüsk. „Alt...? Wer wird hier alt...? Ich ganz bestimmt nicht...“, rief er Mayu hinterher, welcher sich gerade in Kazumi‘s Stuhl gleiten ließ und Kamijo ein Nicken schenkte. „Du siehst ja wohl mal viel älter aus als ich... Du mit deinen Augenringen... Hast du schon mal in den Spiegel geschaut...?“ Kamijo warf Mayu ein mitleidiges Lächeln zu, was dieser ignorierte, während Kazumi‘s Stylistin ihm einen Umhang um die Schultern legte. Emiru lief derweil wieder zu seinem Stuhl und ließ sich von seiner Stylistin fertig schminken und ins Kleid verhelfen. Dabei murmelte er immer wieder die gleichen Beschimpfungen über Mayu‘s Beleidigung, die er ihm ja niemals zugetraut hätte und die Gemeinheit, dass Mayu so schamlos lügen musste. Endlich war jedoch das Kleid angezogen, das Make-up perfekt und Emiru baute sich hinter Mayu auf, um dessen Spiegelbild anzustarren. „Jetzt sehe ich wieder wie ein hübsches kleines Mädchen aus, so...“, schmollte er, bevor er Mayu die Zunge rausstreckte und sich zu Kazumi wandte, welcher von der ganzen Diskussion anscheinend gar nichts mitbekommen hatte, sondern nur selig in seinem Buch las. Kamijo beneidete ihn geradezu um diese Unwissenheit, denn er würde es wohl hauptsächlich sein, der Emiru‘s zutiefst gekränkten Stolz nachher wieder aufbauen musste. Der Bassist ergriff jedoch zu dessen Erstaunen Kazumi am Ärmel. „Komm Kazumi, wir gehen noch eine rauchen und lassen den gemeinen Herrn mit seinen Augenringen und seiner Midlife crisis allein...“ Mit erhobenem Haupt stolzierte der Bassist auf die Tür zu und zog einen unwissenden Kazumi hinter sich her, welcher gerade noch sein Buch auf den Tisch hatte fallen lassen können, bevor der rosa Bassist ihm aus der Tür buxiert hatte, die geräuschvoll ins Schloss zurück fiel. Mayu seufzte und richtete seine volle Aufmerksamkeit nun auf sein eigenes Spiegelbild. Kamijo warf ihm einen Blick zu, schwieg jedoch und schloss die Augen, als seine Stilistin ihm den Lidschatten auflegte. Ihm war noch immer nicht gerade warm, trotz Tee, und er wünschte sich angesichts des verheißungswürdig sehr kalten Tages, welcher ihm nun unmittelbar bevorstand, dass er vorhin doch in die Tasse gefallen und dort lautlos ertrunken wäre... „Mmh...“, machte Mayu‘s Stilistin eine gute viertel Stunde später und stemmte die Hände in die Hüften. „Mayu-san, Sie müssen unbedingt was gegen ihre trockene Haut tun...“, sagte sie und verzog den Mund. „Es wird langsam sehr schwer, das alles abzudecken, das Puder bildet schon Bröckchen auf Ihren Wangen...“, fügte sie hinzu und wischte Mayu die Puderbröckchen aus dem Gesicht; dann trug sie noch eine weitere Creme auf seine Wangen auf. Der Gitarrist starrte weiter reglos in den Spiegel. „Sagen Sie doch gleich, dass Sie unfähig sind...“, erwiderte er tonlos und warf ihr einen Blick zu. „Dann suche ich mir eine neue, von Ihrer Sorte gibt es ja zu viele, die das besser können als Sie...“, sagte er bissig. Trotzdem schaffte er es, seiner Stimme keinen anklagenden Ton zu verleihen, sondern mit einer Ruhe zu sprechen, die Kamijo mit einiger Verblüffung registrierte. Die Stilistin jedoch ließ die Cremedose fallen und wäre beinahe in Tränen ausgebrochen. „Wa... warten Sie, ich... hab... das nicht so gemeint... Ich wollte doch nur...“, stotterte sie und ihre braunen Augen füllten sich mit Tränen, von denen ihr einige auch sogleich über die Wangen liefen. Mayu zeigte sich jedoch gänzlich unbeeindruckt. „Na los, verschwinden Sie, Yoko wird mein Make-up richten... Gehen Sie raus zu ihr und holen Sie sie her...“ Damit wandte er sich wieder seinem Spiegelbild zu und schwieg. Das Mädchen hatte nun vollkommen angefangen zu weinen und zitterte am ganzen Körper. Kamijo und seine Stilistin, die gerade das letzte Rouge auf Kamijo‘s Wangen verteilten, starrten Mayu an, und als der Sänger sich gerade an das Mädchen wenden wollte, lief sie davon. Kamijo blickte ihr nach, dann erhob er sich. „Was sollte das denn...?“, verlangte er von Mayu zu wissen. „Du weiß doch, dass es ihr erster Tag ist... Du hättest sie nicht so anpflaumen sollen...“ Mit diesen Worten verließ er den Raum, um nach dem Mädchen zu suchen, welches er eben noch um die Ecke verschwinden sah. Emiru‘s Stilistin Yoko trat auf ihn zu und erkundigte sich, was passiert sei. „Ach, Mayu hat nur schlechte Laune und hat sie an ihr ausgelassen... Würden Sie so nett sein und sein Make-up fertig machen...? Wir sind eh schon spät dran...“ Sie nickte und verschwand, während Kamijo dem jungen Mädchen hinterher lief, sie auch schließlich einholte und sie beruhigte, dass man sie nicht feuern würde. Währenddessen hatte Mayu seine Puderquaste vom Tisch gefegt, sodass Yoko diese nun nicht mehr verwenden konnte und Mayu‘s Gesicht stattdessen mit einem Abdeckstift fertig schminken musste, der seiner trockenen Haut den Anschein von wächserner Festigkeit verlieh... to be continued... ********************* stay tuned for the next crime... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)