Tischdame von M (Mizuki hat endlich mal ein Date. Atobe hat unlautere Absichten. Aber nicht die, die Mizuki erwartet... (Atobe x Mizuki. Mal was total anderes...)) ================================================================================ Kapitel 5: Rondo Towards Affection ---------------------------------- H-hi alle. *schäm* Hier kommt – endlich – das zweiteilige Finale von Tischdame. Ich weiß, ich kann die massive Verspätung nicht wieder gut machen. ><“ Aber ich möchte allen, die sich noch an diese Geschichte erinnern, von ganzem Herzen für die Kommentare und die Geduld danken. Und ich hoffe, dass euch die beiden letzten Kapitel gefallen. Ein spezieller Dank an Maddle, Luina und Keks, die mich immer wieder freundlich gepokt haben, nicht aufzugeben. ♥ You nasty girl, You nasty, you trashy, you classless girl, You’re sleazy, You’re freaky Destiny’s Child, Nasty Girl ***** Nach dieser hormonellen Vollkatastrophe kauerte Mizuki, was wirklich nicht seiner Art entsprach, noch mindestens eine halbe Stunde wie ein verschrecktes Kaninchen in einer Klokabine und versuchte, den Schock, die Schande und die Scham durch verschärftes Lockenzwirbeln in den Griff zu bekommen. Ohne nennenswerten Erfolg. Es war merkwürdig – normalerweise hätte er locker seine Oma versteigert, um wenigstens einmal im Rampenlicht zu stehen. Im Moment trieb ihm der Gedanke, jemals wieder von irgendwem gesehen zu werden, den nackten Angstschweiß auf die Stirn. Es war schwer zu sagen, was Mizuki mehr verstörte: die Tatsache, dass er eben das erste Sex-Angebot seines Lebens (wenn man den gruseligen Bootsverleiher im letzten Urlaub vergaß, was Mizuki nur zu gern tat) vergeigt hatte – oder die Tatsache, wie sehr ihn das ärgerte. Erst, als Kamio und sein murmelnder bester Freund durch die Tür platzten, um sich am Waschbecken laut um ihr Campingziel zu streiten, kam Mizuki strauchelnd auf die Beine. “Das ist hier übrigens immer noch das Mädchenklo,” Knurrte er, während er steif an den beiden vorbei zur Tür stakste, “Ich weiß wirklich nicht, warum hier ALLE aufs Mädchenklo rennen!” Vor der Tür zum Ballsaal legte er zögernd die Hand an die Klinke, als sei sie mit 100 Volt verkabelt. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Er erwartete fest, drinnen von einem Mob höhnisch lachender Tennisspieler empfangen zu werden, die vereint auf seinen Hosenschlitz deuteten. Oder möglicherweise von Kabaji, der ihn ohne Umschweife zu einem Luftballonpudel verknotete, weil er es gewagt hatte, Ore-sama zu entweihen. Oder ähnlich Schlimmes. Es half nichts; ein letzter Wisch durch die glänzenden schwarzen Haare (wenigstens sein Haarwachs ließ ihn nicht im Stich!), und rein da … - Nichts passierte. Zumindest nicht mit Mizuki. Inzwischen war das Licht lauschiger (was ihm sehr entgegenkam, da er hoffte, nicht erkannt zu werden), und die Gäste wesentlich enthemmter. Die braven Schüler hatten sich längst alle verdrückt, um pünktlich ins Bett zu kommen. Was blieb, waren die Feierfreudigen, die Vorwitzigen und Mutigen, die schon ihre Ausreden für die Eltern bereit und ihre älteren Schwestern bestochen hatten, ihnen vor der Feier Sekt zu kaufen. Leute tranken mitgebrachtes Bier und knutschten mitgebrachte Freundinnen. Momoshiro tanzte wacker mit Ann, was bedeutete, er ließ sich leicht desorientiert von ihr über das Parkett navigieren. Am Tisch von Yamabuki zeigte Lucky Sengoku unter den Begeisterungsrufen seiner Fans auf seinem Handy intime Fotos von … Mizuki wollte nicht wissen, wovon. Er blickte sich um. Der Tensai und sein Buchou waren nirgends zu entdecken. Wahrscheinlich schoben sie schon irgendwo auf dem Heimweg eine leidenschaftliche Nummer auf Tezukas Gepäckträger. Mizuki war vage bewusst, dass das anatomisch unmöglich war, aber wenn irgendwer es schaffte, dann Fuji Syuusuke. Der Wahnsinnige. Das Leben war ungerecht. Und Ore-sama … Ore-sama kam offensichtlich bestens allein klar. Man konnte ihn kaum erkennen hinter der wuselnden Traube aus Bewunderern, die er sich offenbar sofort nach dem Verlassen der Toilette rekrutiert hatte. Mizuki sah seine makellosen Zähne mit seinem weißen Anzug um die Wette glänzen. Blergh. Er wusste nicht so recht, was er tun sollte. Es war klar, dass sein Magen nun kein einziges Gläschen Punsch und sein Stolz keinen einzigen Smalltalk mehr verkraften würde, also stellte er sich erst mal ans verwüstete Buffett und aß in sehr kurzer Zeit abartig viele Salzbrezeln, denn irgendwas musste er schließlich machen. Er würde sich später elend fühlen wegen der Brezeln ... aber in diesem Fall war das egal, momentan war sein ordentlich geführter Kalorienkalender sein kleinstes Problem. Schließlich setzte er sich an einen verlassenen Tisch vor der Tanzfläche und fummelte hilflos an einer Serviette herum. Und da er sich wirklich hochgradig masochistisch fühlte, wählte er einen Tisch mit ausgezeichnetem Blick auf Atobe. Man konnte von Atobe denken, was man wollte – er stand zu seinem Wort. Er verschwendete tatsächlich keinen Blick mehr an Mizuki. Und er hatte offensichtlich wirklich vor, sich erbarmungslos zu betrinken. Es war sehr Atobe, dass er es mit riesigen bunten Cocktails tat, aus denen eine wirklich albern große Anzahl von Schirmchen und Plastikflamingos herausragte. Es war aber auch sehr Atobe, dass er es schaffte, dabei trotzdem schneidig und verwegen auszusehen. Man konnte wirklich sagen, dass er leuchtete – nun ja, in erster Linie seine Zähne, aber bei Weitem nicht nur die. Seine lebhaften Augen funkelten, während er seinen Bienenschwarm aus Freunden und Fans unterhielt. Mizuki beobachtete, wie er Oshitari und Gakuto mit irgendwas zum Lachen brachte, die ergebenen Freshmen mit gestenreichen Erzählungen seiner besten Tennis-Heldentaten verzauberte und ab und zu nach Kabaji schnippte, der ihm noch mehr Cocktailschirmchen mit Alkohol darunter brachte. Immer, wenn Atobe hell auflachte, war es, als würde man Mizuki einen Eimer kalten Wassers über den Kopf schütten. Und Atobe lachte oft. Gut für ihn. Verdammt. Hätte er Atobe vor einer Stunde so gruselig intensiv angestarrt, anstatt Fuji die Füße zu walken, wäre ihm eine Menge Ärger erspart geblieben. Vielleicht würde er sich sogar schon mit Ore-sama auf dem Boden seiner Stretchlimousine wälzen … Mizuki erschauerte bei dem Gedanken. Ob aus Scham, oder etwas anderem, war schwer zu sagen. Sein Blick fiel auf das verwaiste Mikrofon, das nach der Preisverleihung stehen geblieben war. Plötzlich beschlich ihn die bizarre Idee, die Bühne zu entern und Atobe ein Liebeslied zu schmettern. Es war eine Mischung aus Erdbeerpunsch und nackter Verzweiflung, keine Frage, aber mit einem Mal kam es ihm vollkommen plausibel vor. Mizuki ballte die Fäuste, maß das Mikro mit glasigem Blick und war nicht weit davon entfernt, aufzuspringen und es sich zu krallen. Genau. So was brauchte er nun. Eine große Geste, eine romantische Geste voller Leidenschaft und Selbstbewusstsein, durch die er Atobe von den Socken hauen und mit dem Geist der Musik verzaubern würde. In Hollywood und Bollywood zog so was doch immer ... das verliebte Paar fiel sich in die Arme, und das war dann so toll, dass es alle anderen ebenfalls von ihren Sitzen riss, und alles endete in einer konfettibunten Choreografie der Liebe, wo man sich an den Händen hielt, scheinbar mühelos durch komplizierte Tanznummern hüpfte, und keiner mehr daran dachte, wer zu welchem Zeitpunkt eine Erektion bekommen hatte … - Wow, er war wirklich sehr betrunken. Wankend kam er auf die Beine. Es war schließlich nicht so, als könne der Abend noch peinlicher werd – „Oishi,“ schallte es in diesem Moment von der Bühne, wo Kikumaru plötzlich hinter das Mikro gesprungen war, „Das hier ist für dich!“ Mizuki duckte sich unauffällig wieder auf seinen Platz zurück. Um ihn herum flogen die Köpfe in Richtung Podium, um dem Spektakel in mehr oder weniger furchtsamer Ehrfurcht zu folgen. „Wow“, brummte Kapitän Tachibana düster, als würde er Zeuge eines mittelgroßen Zugunglücks werden. „Also, ich find´s romantisch,“ flötete Ann, und umklammerte Momoshiros Arm. „Ich weiß nicht, er tut mir irgendwie leid,“ brummte ihr Bruder. „Mir tut Oishi-senpai leid,“ flüsterte Momoshiro, bevor er mit Ann dezent in der Menge abtauchte. In einer anderen Ecke versuchte Oishi aussichtslos, sich hinter einer großen Yucca-Palme zu verstecken. „Ist das ein echtes Lied?“ wollte Tachibana verstört wissen. „Besser er als ich,“ sagte Mizuki geschmeidig zu ihm, wurde aber von dem Kapitän ignoriert. „Du sagst es, Kirihara-sama!“ krähte Dan Taichi ihm begeistert zu und hob sein Glas mit Ponta. Mizuki lächelte süßlich. „Du kannst kein Tennis, und dein Stirnband ist out!“ rief er ihm über Kikumarus Geträller zu. Taichi winkte ihm begeistert. Mizuki grinste irre. Idioten, alles Idioten, außer Saint Rudolph und ihm … Auch Atobe und seine Clique verfolgten das Schauspiel. Atobe sah etwas verstimmt aus, dass er es nicht als erster ans Mikrofon geschafft hatte. Obwohl, Atobe hätte wahrscheinlich gesagt: „Das hier ist für mich!“ Und es auch so gemeint. Was präzise einer der Gründe war, aus denen Mizuki Atobe mochte. Kamio stürmte die Tanzfläche und begann, sich leidenschaftlich den Frust über den Urlaubsstreit mit Ibu von der Seele zu breakdancen, obwohl es in keinster Weise zu der romantischen Nummer passte. Mizuki schnaubte und schmiss die Serviette auf den Tisch, wo sie in einer Pfütze Erdbeerbowle ertrank. Was machte er hier eigentlich!? Saß in der Ecke wie ein Mauerblümchen, glotzte bekümmert Atobe hinterher und fantasierte sich romantische Musicalszenen zusammen? Das war einfach nicht er. Mizuki war kein romantischer Held, der am Ende des Abends eine ölige Ballade trällerte. Er konnte Leute nicht mit einem Augenaufschlag in die Knie zwingen wie Atobe. Er konnte keinen disneymäßigen Balltanz hinlegen wie Fuji und Tezuka, ohne dass was Schräges passierte. Er konnte sich nicht einfach das Hemd ausziehen und alles war geritzt, wie Kaidoh, Yuuta oder Echizen. Er war kein Prinz des Tennis. Er war ein schmieriger, kleiner Schurke, und das würde er auch immer sein. Und in dem Moment wusste er ganz genau, was er zu tun hatte. Seine Hand wanderte wie von selbst an sein Kinn, wo sie hingehörte, und bevor er es sich versah, entwich ihm ein böses kleines Kichern. Wenn irgendwer ihn beobachtet hätte, hätte er sicher angenommen, Mizuki von Saint Rudolph habe einen weiteren Nervenzusammenbruch. Zum Glück beachtete ihn aber niemand, denn in diesem Moment tönte ein angenehmer Tenor von der Bühne. „Das hier ist für mich!“, verkündete Atobe, der das Mikro für sich erobert hatte. Mizuki sah ihn finster an und zückte sein kleines pailettenbesetztes Telefon wie andere Leute eine Waffe. Yuuta war so schnell am anderen Ende, als habe er den ganzen Abend nur über dem Telefon gelauert, falls etwas passierte. „Yuuta-kun,“ schnurrte Mizuki, während er sich den Finger aufs Ohr legte, um Atobes beleidigend wohlklingender Singstimme zu entgehen, „Was? Nein, es läuft bestens. Yup, das ist Atobe, der da singt." Er wurde rot. "…nein, nein, er singt das nicht für mich. Nein.“ Er nahm einen beherzten Schluck aus einem Glas, das ihm nicht gehörte. Auch seine latente Keimphobie hatte nun Sendepause. Es gab Wichtigeres. „Yuuta-kun, ich brauche dich hier. Du musst mir Data aus meinem Schließfach bringen. Der Schlüssel ist in meiner Louis XIV-Schmuckschatulle. Da findest du einen USB-Stick mit der Aufschrift ORE-1. Den bringst du mir. … ich weiß, es ist spät, aber ich mach’s wieder gut, in Ordnung?“ Er dachte einen Augenblick nach. „Kein Diätplan nächste Woche, ok? Sieben Tage Nachtisch essen, und Cheeseburger für das ganze Team! Versprochen. Triff mich am Hintereingang. Und, Yuuta? Verteidige den Stick mit deinem Leben, wenn du es musst.“ Mizuki würgte Yuutas Protest ab, dass sich noch nie irgendeiner um Mizukis Daten geprügelt hätte, und legte auf, um selbstzufrieden mit einem Finger durch den fremden Drink zu rühren. Atobe glitzerte oben auf der Bühne im Licht der Scheinwerfer. Fast war Mizuki versucht, sitzen zu bleiben und seiner Stimme eine Weile zu lauschen, aber dazu hatte er keine Zeit. Er stand auf, um Phase zwei seines Plans einzuleiten. Wahrscheinlich würde er gar nichts verpassen; bestimmt war Atobe noch am Singen, wenn er wiederkam. Atobe, Sonne des Sandplatzes hatte immerhin 18 Strophen. Er fand die romantische Terrasse, die Fuji ihm beschrieben hatte, ohne Probleme. Sie war tatsächlich romantisch; so romantisch, dass sich dort gleich mehrere schnäbelnde Tennisspieler tummelten. Aber Mizuki war immer noch Mizuki, und daher wurde er sie alle auf einen Schlag los mit der gezischelten Warnung, dass Spieler, die beim Knutschen erwischt wurden, automatisch von den Nationals disqualifiziert waren. Warum ihm das irgendwer glaubte, war ihm ein Rätsel – aber wahrscheinlich sah er besessen genug aus, um alle in die Flucht zu schlagen. Nachdem er die Terrasse effektiv geräumt hatte, flitzte er runter an den Hintereingang, um Yuuta abzufangen. Er musste nicht lange warten. Man konnte von Yuuta sagen, was man wollte, aber er war treu, verlässlich, und abartig schnell auf einem Fahrrad. Mizuki nahm den USB-Stick aus seiner zitternden Hand entgegen und wollte ihn wieder wegschicken. Aber irgendwas an der Art, wie Yuuta ausgepowert und keuchend über seinem Lenker hing, rührte Mizukis kleines schwarzes Herz. Nach kurzer Überlegung nahm er seinen VIP-Pass ab und hängte ihn Yuuta um. „Geh rein,“ sagte er. „Amüsier dich ein bisschen. Dein Bruder ist weg, und es sind noch Brezeln da.“ „Echt? Brezeln?!" Yuutas Gesicht leuchtete kurz auf, fiel dann aber wieder in sich zusammen. "A-aber ich bin nicht eingeladen …“ Mizuki winkte ab. „Du wirkst dehydriert, Yuuta-kun,“ sagte er streng. „Ich verordne dir mindestens zwei Drinks, bevor du nach Hause darfst!“ Yuuta grinste und wendete sein Rad, um es anzuschließen. Mizuki stahl sich durch den Hintereingang wieder hinein. Nun kam der wirklich schwere Teil: Atobe von der Herde trennen. Vielmehr, mit Atobe reden und ihn dabei ansehen. Mizuki fühlte sich dem nicht wirklich gewachsen, aber wie vor einem wichtigen Tennismatch schien er auf einer irrwitzigen Welle aus Adrenalin getragen zu werden, als er den Ballsaal betrat und fest auf die Bühne zuhielt. Er stemmte die Hände in die Hüften und wartete geduldig, bis die 18. Strophe von Sonne des Sandplatzes verklungen war. Sein Herz begann zu wummern, als Atobe das Mikro senkte. Mizuki lauerte direkt am Zugang zur Bühne auf ihn. Atobe musste an ihm vorbei. Er musste sich anhören, was Mizuki zu s … - „Mein nächstes Lied …“ Mizuki stöhnte. Das konnte doch nicht wahr sein! Aber genau dann passierte etwas Seltsames. Was immer Atobe dazu bewegte, in die Reihen vor der Bühne zu schauen, sein Blick fiel auf Mizuki, und er zögerte. Er sah ihn an, als habe er seine Existenz bis eben komplett vergessen. Mizuki versuchte, gleichgültig und spöttisch aus der Wäsche zu gucken. Was schwer war, wenn man sich fühlte, als würden einem gerade sämtliche Magengeschwüre auf einmal explodieren. Für die Sekunden, in denen ihre Blicke sich kreuzten, hörte er nichts weiter als das laute Hämmern in seiner Brust. Atobe sah wieder weg und griff gelassen nach dem Mikrofon. „Mein nächstes Lied,“ fuhr er fort, „Wird mein letztes heute Abend.“ Er machte eine angemessene Pause, damit seine Fans ‚Oooch’ rufen konnten, was sie dann auch taten. Mizuki rollte mit den Augen. Und dann sang Atobe die wahrscheinlich schnellste Version der Hyotei-Hyme, die die Welt bisher gehört hatte. Seine Teamkollegen hatten sichtlich Mühe, ihm durch den Refrain hinterher zu stolpern. Kaum war die letzte Note verklungen, sprang er behände von der Bühne und stand kurz darauf in voller Pracht vor Mizuki. Mizuki krümmte sich unwillkürlich. Verdammt, er hatte vergessen, wie groß Atobe aussehen konnte. Größer war nur Kabaji, der sich auch gleich schützend vor seinem Buchou aufstellte. Was erwartete der denn? Dass Mizuki Atobe nun aus lauter Schmach mit einem Plastikmesser von der Snackbar erdolchte? „Kabaji,“ sagte Atobe, „Kusch. Geh tanzen.“ Kabaji sah einigermaßen unbegeistert aus, aber auf Atobes Anweisung hin stapfte er auf die Tanzfläche und begann, sich zu der nun eingespielten Discomusik lustlos im Kreis zu drehen. Mizuki war unwillkürlich beeindruckt. Wenn er Saint Rudolph erstmal dieses Maß an blindem Gehorsam angewöhnt hatte … „Du bist meiner Einladung an die Bar nicht gefolgt,“ stellte Atobe fest. Sein Blick war komplett undeutbar. Er fegte sich eine violette Haarsträhne aus der leicht verschwitzten Stirn, um Kränkung anzudeuten. „Das nennst du Einladung?!“, keuchte Mizuki, und meinte damit den ganzen Abend. Irgendwer schob Atobe einen weiteren bunten Drink in die Hand. Niemand schob Mizuki einen Drink in die Hand. Ohne seinen Blick von ihm abzuwenden, nippte Atobe an dem Strohhalm. „Du hast was vor,“ sagte er dann schlicht. Mizuki wurde unwillkürlich rot. War er so leicht zu durchschauen? „Du machst dieses wütende kleine Wieselgesicht,“ informierte Atobe ihn, während er ihn weiterhin nieder starrte wie eine Schramme auf seinem schicken Auto. „Das hat was zu bedeuten. Gut für die Haut ist das übrigens nicht.“ Mizuki versuchte, sein Gesicht zu entspannen. So viel zu Atobe, wie er ahnungslos in Mizukis Falle tappte. Von wegen. Er zwang sich selbst ein tückisches Grinsen auf. „Ich möchte dich … entführen,“ sagte er dann wie der windigste Bösewicht auf Erden, „Da oben gibt es eine ganz reizende Terrasse.“ In Atobes feinen Zügen zuckte es unbestimmt. „Für einen kleinen Fremdflirter bist du ganz schön dreist,“ sagte er dann anzüglich. Mizuki verkniff sich eine Antwort. Technisch betrachtet konnte man nicht fremdflirten, wenn man kein Paar war, aber geschenkt. Für Atobe hatte der Entzug von Aufmerksamkeit wahrscheinlich denselben Stellenwert, als würde man ihm ein Messer in den Rücken stecken. Mizuki senkte die Stimme mit tödlicher Präzision. „Oh, ich denke schon, dass du mitkommen willst, Schnuffelhasi,“ säuselte er. Atobes Augen flogen weit auf. Oh ja, jetzt hatte er seine volle Aufmerksamkeit. Der Prinz von Hyotei wurde blass. Zum ersten Mal war da so was wie Unsicherheit in seiner Stimme. „Woher weißt du davon?“, zischte er zurück. Mizuki grinste. Gut so. Schluss mit dem Geplänkel, nun ging es ans Eingemachte. „Ich weiß so einiges, Pummel-Keigo,“ sagte Mizuki fröhlich, etwas lauter diesmal. „Oder war das etwa nicht dein Spitzname im Diät-Camp – “ Bevor er enden konnte, hatte Atobe ihn bereits am Arm gepackt und schleppte ihn in einem Tempo auf die Terrasse ab, in dem Fuji ihm normalerweise nicht mal die Kleider vom Leib riss … in seinen Träumen. Der Mond schien perlenweiß und romantisch über ihnen, als Mizuki sich unsanft in einen Balkonstuhl gepflanzt wieder fand. Über ihm zitterte Atobes steile Zornesfalte. Mizuki fuhr ein Schauer über den Rücken. Atobe sah gut aus, wenn er vor Wut bebte. Man fragte sich, wie sich seine Tennisgegner auf das Match konzentrierten. Mizuki würde wohl nie gegen ihn spielen. Aber diese Art Match war sein Metier. Die Luft zwischen ihnen schien zu knistern. Dann wandte Atobe sich brüsk ab, lehnte sich gegen das Geländer und begann mit dem Verhör. „Woher weißt du von Schnuffelhasi?“ Wollte er wissen. Seine Stimme war so kalt, als hätte Mizuki eben gestanden, die Baupläne einer geheimen Regierungsbasis verscherbelt zu haben. „Das…das dürfen nur meine Tanten zu mir sagen, ok? Was soll ich denn machen, die sind alle über 70, und ich hatte als Kind diesen Stoffhasen …“ Mizuki winkte ab. "Rosa mit violetten Pünktchen, verlor sein linkes Ohr während eines Ibiza-Urlaubes, als du acht warst." Natürlich kannte er die Geschichte. Mizuki wusste alles. Atobe ballte ob dieser schmerzlichen Erinnerung die Fäuste, und fuhr wieder herum. „Und als ich im Diät-Camp war, war ich 11!“ Hektische rote Flecken erschienen auf seinem hübschem Gesicht. „I-ich hab kein Gramm Fett zugenommen seitdem. Ich hab alle Kinder von damals bestochen, damit die Wahrheit niemals …“ „Nicht genug.“ Mizuki lehnte sich vor und krallte sich in die Lehnen seines Stuhls. Seine Augen blitzten im Triumph. „Kenzo aus der Siebten hat geredet. Ha-ha!“ In dem Moment sah er etwas, das er auf Atobes Gesicht wirklich noch nie gesehen hatte, vielleicht auch sonst niemand außer seiner wechselnden Nannies: verwundeten Trotz. „Na schön,“ sagte er leise, während sein Gesicht immer noch glühte, „Dann war ich eben fett, und schüchtern, und konnte ohne Schnuffelhasi nicht einschlafen. Na und? Heute bin ich Atobe!“ Aber es kam nicht mit demselben Glanz wie sonst. Mizuki wusste, dass sein Moment gekommen war. Er erhob sich aus dem Stuhl, der unter ihm würdelos quietschte. Ein Teil von ihm wollte vor Atobes aufrichtig verletztem Blick Reißaus nehmen, aber er würde das hier durchziehen. Das hier konnte er besser als anderen, besser als Inui, besser als Yanagi. Keiner war so durchtrieben, so boshaft, so indiskret wie er. „Oh, heute ist alles anders?“ Zwitscherte er. „So wie letztens im Camp, als du nachts im Schlafanzug die Kuchenvorräte aufgefuttert hast und dann allen erzählt, Sengoku wär’s gewesen? Oder als du nach deiner Niederlage gegen Tezuka in der Umkleidekabine heimlich geheult hast?“ Atobe machte eine Grimasse. „D-das sollte keiner sehen …“ „Oh, ich hab’s gesehen. Und dann hab ich’s fotografiert . Und nächste Weihnachten könnten alle Tennisspieler der Stadt einen Abzug davon als Grußkarte haben, was meinst du?“ In Atobes Gesicht spiegelte sich nun ganz eindeutig Abscheu, aber was noch viel besser war, nacktes Entsetzen. „Mizuki, das würdest du nicht – “ Ach so? Nun war er also plötzlich Mizuki, nicht mehr nur Saint Rudolph? Es lief noch besser, als erwartet. Mizukis Stimme wurde zu einem gefährlichen Zischeln, während er unaufhaltsam auf Atobe zugeschritten kam. "Ich würde nicht? Denkst du? Wie wär’s stattdessen mit einer Aufnahme von diesem Telefongespräch, als du Tezuka um ein Date bitten wolltest und er dich abgewimmelt hat mit der Begründung, er würde gerade was kochen, und wir alle wissen, dass Kunimitsu Tezuka nicht kocht ?!“ Atobe sah mittlerweile elender aus als damals, als Seigakus Kapitän den Tennisplatz mit ihm gefegt hatte. „Hör auf damit!“ „Ich würde gern,“ sagte Mizuki liebreizend. „Aber ich bin noch lange nicht fertig.“ Es war herrlich. Warum hatte er das nicht schon den ganzen Abend gemacht? „Ich hab die Fotos von dem Elvis-Ähnlichkeitswettbewerb, den du verloren hast. Ich hab den inoffiziellen heimlichen ersten Text deines Songs für Tezuka. Ich hab die Aufnahmen von dem Stepptanz-Turnier, zu dem deine Mutter dich geschickt hat. Ich habe sogar eine Kopie von deinem taiwanesischen Werbespot für rosa Lipgloss, von dem keiner was wissen sollte. Ich habe alles. Ich habe genug Material, um das Image von Atobe Keigo für immer zu … verändern ....“ Und das war der richtige Moment, um drohend den USB-Stick aus seiner Hosentasche zu ziehen und ihn Atobe vor die Nase zu halten. Mizuki musste zugeben, dass das hier seine beste Schurkenrede aller Zeiten war. Goldstandart. „Und alles, was ich dazu brauche, ist auf diesem Ding.“ Was folgte, war zunächst einmal Schweigen. Bleiernes Schweigen. Als Mizuki von seinem Adrenalinrausch herunterkam und das wilde Pochen seiner Schläfen abklang, stellte er erschrocken fest, dass Atobe mittlerweile nicht mehr gepeinigt, sondern gelangweilt aussah. Seine Miene drückte elegante Verachtung aus. Eine Haarsträhne klebte ihm hinreißend an der Stirn fest, aber er machte keine Anstalten, sie zu entfernen. „Du bist so berechenbar, Mizuki von Saint Rudolph,“ Sagte er matt. „Ich nehme an, du wirst gleich morgen losrennen, um Flugblätter mit Fotos von meiner … ähm, Krise nach dem Match mit Tezuka über die ganze Stadt zu verteilen? Nur, weil ich nicht mit dir gefummelt habe?“ Mizuki presste die Lippen zusammen. Von nun an bewegte er sich auf glattem, dünnem Eis. Denn so was wie jetzt hatte er noch nie getan. „Nein.“ Atobes ehrlich überraschtes Gesicht ließ sein Herz einen kleinen Sprung machen. Interessant. Sein Herz machte ansonsten nicht besonders viele Sachen, mit Ausnahme der vorgeschriebenen Kardio. Er wusste genau, dass er ungelenk aussah, als er Atobe den USB-Stick hinstreckte. „Nein. Ich will dir das hier anbieten. Ich gebe dir die einzigartige Chance, das alles für immer verschwinden zu lassen. Niemand sonst braucht davon zu erfahren. Ich mache das, weil …" Und plötzlich hatte er seinen Text vergessen. Verdammt. Auf den letzten Metern seines brillanten Plans. Mizukis empfindsame Haut schien im Licht der Laternen zu braten. Vielleicht war ihm auch einfach nur heiß. Um es schlimmer zu machen, hatte Atobe sich nun vom Geländer losgeschweißt, und kam argwöhnisch näher. „W-weil…“ Der letzte Rest Worte kam in einem zittrig vorgetragenen Schwall. „Weil es auch in meinem Leben, ähem, andere Aspekte gibt als Data, und ich bereit wäre, von der Veröffentlichung dieser Dinge abzusehen, wenn du …“ Atobe Keigos Augen wirkten seltsam klar und offen, wie er so direkt vor Mizuki stand. „Wenn du noch mal mit mir ausgehst,“ Röchelte der Manager von Saint Rudolph erbärmlich. Dann verstummte er verkrampft, und wartete. Er fragte sich, ob Atobe verstand, was es für ihn bedeutete, das aufzugeben. Mizuki hütete seine Informationen wie einen Schatz. Er hatte sich all dieses Wissen über Atobe für einen ganz speziellen Moment in seinem Leben aufgehoben. Und … wenn man ehrlich war … spezieller als heute wurde es nicht mehr. „Versuchst du gerade,“ fragte Atobe langsam und gedehnt, als wolle er sichergehen, dass er nicht bei Versteckte Kamera war, „Mich zu einem Date zu erpressen?“ Mizuki wand sich. „W-wir müssen nicht so technisch werden …“, würgte er hervor. Mist, das hier hätte sein großer Triumph werden sollen. Warum also fühlte er sich, als würden ihm gerade die Hosen runter gezogen? Atobe lachte. Mizuki biss sich auf die Lippen. Verdammt, warum zum Henker fand Atobe ihn immer so komisch, wenn er versuchte, gemein zu sein? Er war gut darin, gemein zu sein! So hatte das nicht zu laufen! „Saint Rudolph, du bist unbeschreiblich schrecklich.“ Stellte Atobe fest. Mizuki lächelte dünn und schnippisch. Endlich hatte er’s kapiert. „Ich weiß. Also, kommen wir zur einer Einigung oder … eek!“ Er hatte nicht damit gerechnet, dass Atobe noch näher kommen würde. Noch weniger hatte er damit gerechnet, dass Atobe plötzlich die Hände nach ihm ausstrecken würde. Im ersten Moment dachte er, es sei so eine Art Attacke, und machte sich bereit, den mickrigen Datenträger mit seinem schmächtigen Körper zu beschützen. Das wurde knifflig. Mizuki hatte sich noch nie gehauen, höchstens ein bisschen Haareziehen hier und da … Bevor er das alles verarbeiten konnte, hatte Atobe sich seine Arme geschnappt und ihn fest an sich gezogen. So fingen Prügeleien aber nicht an. Atobes Augen waren braun, und viel gewöhnlicher als die von Seigakus Tensai. Aber andererseits waren sie auch … sie waren sehr … Mizuki leckte sich die trockenen Lippen. Sein Lippenbalsam hatte vor geraumer Zeit den Geist aufgegeben. Allein die Tatsache, dass er ihn noch nicht nachgezogen hatte, sprach Bände über seinen momentanen Geisteszustand. Er hörte sich selbst drauflos plappern. "Ich muss dich davon ins Bild setzen, dass ich von diesen Daten mehrere K-Kopien gezogen habe …" "Saint Rudolph." Atobes Stimme schien einige Oktaven tiefer gerutscht zu sein. "Sie befinden sich in einem geheimen Schweizer Bankschließfach, das mir mein V-Vater …" Das war gelogen, gelogen, alles davon war gelogen, Mizuki hatte nichts. "Mizuki …" "Widerstand ist zwecklos!" "Hajime." Die unerwartet intime Anrede ließ Mizuki den Mund wieder zuklappen. Der Kapitän von Hyotei schien schneller zu atmen als sonst. Seine Augen funkelten. Er bebte in seinen teuren cremefarbenen italienischen Schuhen. Er musste wirklich unendlich sauer sein. … er war sauer, oder? Normalerweise reagierte Leute ganz anders, wenn sie von Mizuki erpresst wurden. Viele warfen mit Gegenständen. "Du verstehst auch gar nichts." Atobes Stimme war gefährlich leise. "Bist du so daran gewöhnt, zu verlieren, dass du nicht mal merkst, wenn du gewonnen hast?" Mizuki blinzelte. "Ich … hab was gewonnen?" Das kam so selten vor, dass sich die Worte komisch auf seiner Zunge anfühlten. Er wollte Atobe erklären, dass Saint Rudolph rein statistisch betrachtet gar nicht mal so oft verlor; er hatte die Zahlen! Aber aus irgendeinem Grund schien es nicht der richtige Zeitpunkt zu sein. Atobes hübsch geschwungener Mund zuckte leicht. "Du kapierst es immer noch nicht? Ore-sama lässt sich nicht erpressen. Und Ore-sama geht auch vor allem nicht mit irgendwelchen Leuten auf irgendwelche romantischen Terrassen, es sei denn, er hat wirklich Lust dazu." Lust, das Wort hatte plötzlich einen seltsamen Nachklang, und Mizuki blieb der Atem im Hals stecken. Im selben Moment wusste er, dass sein pompöser Plan ihm gerade um die Ohren flog. Atobes Lippen schienen vor seinen eigenen zu flattern, sehr nah und doch unerreichbar, wie eine unruhige Motte, die eine Lampe umkreiste. "Was ist mit Tezuka…?" Brachte Mizuki mit Mühe heraus. Ein kleines bitteres Lächeln umspielte Atobes Lippen. "Du weißt doch alles, Mizuki von Saint Rudolph. Sag du's mir." "Tezuka steht auf Fuji Syuusuke. Und daran wird sich auch nichts ändern." Für einen Moment lang sah Atobe gar nicht mehr so aus wie Atobe. Er sah irgendwie kleiner aus, seine Schultern irgendwie nicht mehr ganz so breit, die flotte Haartolle nicht mehr ganz so flott. Er wirkte nicht überrascht oder sonst irgendetwas, nur … verloren. Für etwa zwei Sekunden. Dann nickte er nur. Er sah Mizuki direkt an, als er sagte: "Fuji steht auf Tezuka Kunimitsu. Und daran wird sich auch nichts ändern." Und mit einem Mal wusste Mizuki genau, wie sich Atobe eben gefühlt hatte. Wenn man es so laut ausgeprochen hörte, war es einfach…es war einfach Scheiße. Er biss sich auf die Unterlippe. "Ich weiß." Atobe ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. Dann legte er drei Finger an seine Stirn und schaute Mizuki sehr, sehr lange an, ohne etwas zu sagen. Mizuki wusste nicht so recht, was passierte. "Was in aller Welt machst du d- HEY! Oh zur Hölle noch mal, machst du gerade Insight!?" Genau so war's. Atobes behämmerter Tennis-Move, mit dem er die Schwächen seiner Gegner scannte. Atobe konnte doch wohl nicht wirklich in ihn reinsehen, oder? Das konnte er doch nicht. "Hör auf damit," fauchte Mizuki ihn an. Sein Gesicht drohte zu verglühen. Er war es, der andere ausspionierte, nicht andersrum! "Lass das! Du siehst so affig aus!" Aber Atobe ließ sich nicht beirren. Er schien Mizukis Gezeter gar nicht zu hören, bis er schließlich gnädig die Hand sinken ließ und wieder normal wurde. "Ist doch nur fair," sagte er mit einem Zucken seiner stattlichen Schultern. "Da du alles über mich weißt - lass mich sehen, wie viel ich mit meiner Methode herauskriegen kann." Mizuki verschränkte die dünnen Arme vor der Brust und schmollte. Pah. Gar nichts. Niemand wusste irgendwas über ihn. In erster Linie, weil niemand wirklich fragte. "Nfu. Lass hören." Darauf hatte Atobe gewartet. "Du bist Mizuki Hajime von Saint Rudolph. Du bist ein Biest, und du bist es gern. Du bist ein gefährlicher Gegner, und ein noch gefährlicherer Freund." Mizuki bleckte verächtlich die Zähne. Schwacher Einstieg; jeder, der mal fünf Minuten mit ihm im selben Raum verbracht hatte, konnte das wissen. "Du weißt alles über jeden Tennisspieler der Stadt, und sogar noch mehr über jede teure Modemarke, jeden edlen Duft, jedes erlesene Stück Schmuck, und jeden Titel, den du gerne hättest. Um genau zu sein, verbringst du ungefähr 75% deines Tages damit, an Dinge zu denken, die du gerne hättest." Das schmierige Grinsen begann Mizuki aus dem Gesicht zu rutschen. Atobes Stimme war leise und fest, und mit jedem Satz schien er wieder ein Stück näher zu kommen. "Wenn du andere Spieler triffst, gehst du davon aus, dass sie dich nicht leiden können, weil es meistens so ist. Wenn dein Team gewinnt, umarmst du deine Spieler nie. Du behauptest dann, das sei, um die nötige Distanz zu wahren, aber eigentlich weißt du, dass du es nicht machst, weil sie es irgendwie komisch finden würden. Dein Protegé ist Fuji Yuuta, aber 'Protegé' ist nur dein Ausdruck für 'einziger Freund', doch das würdest du niemals irgendwem sagen, vor allem nicht Yuuta." Die Worte hätten Mizuki stechen sollen wie tausend Nadeln, aber da war keine Spur von Boshaftigkeit in Atobes Stimme. Atobe wusste offensichtlich nicht, wie das gemacht wurde. Wenn man einem anderen seine Unzulänglichkeiten ins Gesicht rieb, hatte man sich dabei gehässig anzuhören. Nicht so … weich? Plötzlich fand Mizuki es schwer, Atobe anzusehen. Aus irgendeinem Grund hatten seine Augen angefangen, zu brennen. Er senkte den Blick und schaute sich ausführlich die schicken Treter an, die man ihm für den Abend gegeben hatte. Die waren wirklich vom Feinsten. Ob er die behalten durfte…? Das Blut rauschte in seinen Ohren. Aber nicht laut genug, um Atobes idiotisch freundliche Stimme zu übertönen. "Du magst italienische Opern, spanische Küche und skandinavische Hautprodukte. Aber du sprichst nie darüber, weil du überzeugt bist, dass keiner wissen würde, wovon du eigentlich redest." "Deutsche Opern," murmelte Mizuki steif, ohne den Blick von seinen Füßen zu nehmen, "und französische Küche." "Touché." Er konnte hören, dass Atobe lächelte, und … und wie nahe konnte er ihm eigentlich noch kommen, ohne ihm auf die Füße zu treten?! Das wäre nicht gut, da Mizuki seine Füße brauchte, um draufzustarren. "Wenn du es dir leisten kannst, dann bestellst du deine Klamotten, deine Schuhe, und deine Haarprodukte nur bei den allerbesten internationalen Anbietern, und wenn die Lieferung ankommt, rennst du zur Tür wie ein kleines Kind an Weihnachten. Aber nur, wenn niemand zusieht. Und dann sitzt du allein in deinem Zimmer und faltest deine bestickten Pullis und pflegst deine lackierten Teemöbel und reibst deine Haare mit Lotionen ein. Du bist ziemlich oft allein. Deine Eltern sind nett, aber sie sind fast nie zu Hause. Wenn sie es sind, dann erwarten sie, dass du in allem der Beste bist, und das bist du auch. Immer." Plötzlich war sich Mizuki nicht mehr sicher, ob Atobe von ihm redete, oder von sich selber, oder von ihnen beiden. Irgendwie kriegte er es hin, den Kopf zu heben. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er dabei ein besonders intelligentes Gesicht machte. Als sie sich ansahen, stolperte Atobe fast über seine nächsten Worte. "Du, ähm. Du glaubst, dass dich keiner durchschauen kann, aber im Grunde wünscht du dir nur, es würde wenigstens mal einer versuchen. Und gleichzeitig gibt es nichts, vor dem du mehr Schiss hast." Seine Stimme klang belegt. Nervös. Die zartrosa Spitze seiner Zunge kam für Sekunden zum Vorschein, so schnell, es hätte Einbildung sein können. "… und auch, wenn du es niemals, niemals, zugeben würdest, und auch, wenn du viel zu feige bist, um den ersten Schritt zu machen, wartest du immer noch auf deinen …" Der USB-Stick rutschte Mizuki aus den Händen und landete klackernd zwischen ihnen auf dem Boden, vergessen. "…ersten …" Atobes Lippen wirkten betörend schön im gedämpften Licht der Laternen, während sie all diese furchtbaren, peinlichen, persönlichen, akkuraten Dinge sagten; und auch, wenn Mizuki prinzipiell gegen rohe Gewalt war, wusste er, dass er nur noch eine Möglichkeit hatte: er musste Atobe eine Ohrfeige verpassen, bevor er diesen Satz zu Ende führte, andernfalls würde sein Gesicht in Flammen aufgehen. "Du weißt auch nicht alles über mich Keigo," presste er zwischen den Zähnen hervor, und holte zum Schlag aus – …schlang seinen Arm um Atobes Hals und zog ihn zu sich herunter, bis sich ihre Lippen berührten. Das war… Das war so nicht geplant. Egal. Ein Ruck schien durch Atobes Körper zu gehen, wie ein elektrischer Schlag. Der große Tenniskapitän erschauerte am ganzen Leib, aber es war nicht dieselbe Art Schauer wie wenn man Inui-Drinks kippte, oder die Mannschaftsduschen morgens schrecklich kalt waren. Etwas daran war warm; nicht warm, heiß. Und dann fuhr er seine Arme aus, als würde er Mizuki auffangen, obwohl dieser nicht einmal fiel, und hielt ihn fest, und man konnte beinahe den Aufprall hören, als ihre beider Egos am Boden kollidierten und in tausend Stücke zersprangen. Mizuki riss sich einen Moment von Atobes Lippen los, um zu beteuern: "Das wollte ich nicht – " "Ich schon," knurrte Atobe wie ein hungriger Wolf, bevor er seinen Kopf an Mizukis Hals vergrub. Mizuki stöhnte leise auf. Verdammt, das war schlimmer als dieser Abend in der Bäckerei, an dem er sich geschworen hatte, wirklich nur eins von den Törtchen zu essen. Er wollte mehr und mehr und mehr. Es war unmöglich, aufzuhören. Sie waren wie ein unkoordiniertes, schlecht einstudiertes Ballett, als sie blindlings knutschend über den Balkon stolperten, an Haaren und Klamotten zerrend, während ihre Lippen und Hände versuchten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Mizuki fuhr zusammen, als er merkte, wie sich ein metallenes Gartenmöbel in seinen Rücken presste. Im nächsten Moment japste er erschrocken, als Atobe – der sein Ziel nie aus den Augen verlor – ihn an den Hüften nahm und vor sich auf den Tisch pflanzte, um ihn besser küssen zu können. Fast wie von selbst schlossen sich seine Beine um Atobes Körpermitte. Um sie herum fielen Gartenstühle scheppernd zu Boden. Das war Irrsinn alles, kompletter Irrsinn. Er schloss die Augen und lauschte, wie Atobe leise, sehnsüchtige Laute in sein Ohr machte. Der Atem des Kapitäns ging schnell und brannte heiß auf seiner Haut. Vielleicht war Ore-sama nicht ganz der lässige Playboy, der er vorgab, zu sein. Er hätte nie gedacht, dass solche Geräusche aus Atobe Keigo überhaupt rauskommen konnten. Noch weniger, dass er sie eines Tages hören würde. Ohne nachzudenken, fanden Mizukis Finger die Knöpfe an Atobes makellos gebügeltem Hemd, um zu erkunden, ob die Haut darunter so warm war wie es den Anschein hatte. "V-vergiss es…" flüsterte Atobe gequält, während seine Hände gleichzeitig in Mizukis Smoking verschwanden. "Das ist … feinster Angora-Alpaca-Hybridzwirn mit Knöpfen aus 100% Okapihorn … unzerstörbar …" Mizuki erschaurte; Atobe hätte nichts Erotischeres sagen können. "Ich weiß," hauchte er dann ebenso gequält zurück. "W-wir sollten hier verschwinden…", murmelte Atobe daraufhin, und irgendwas in der Dringlichkeit, mit der er das sagte, ließ Mizuki erneut erschauern. Aber er war sich nicht sicher, ob er schon bereit war, Atobe aus seiner Beinschere zu entlassen. Oder ob er bereit war für das, was als nächstes passieren würde. Er hatte … im Laufe der Zeit sehr viel Theorie zu dem Thema, nun, studiert, aber … Atobe biss sich auf die Lippen. Er schien Mizukis Zögern zu spüren. Aber dann grinste er, lehnte sich vor, und führte mit unglaublicher Präzision seinen Schlag aus: "Mein Bett ist feinstes poliertes Kirschblütenholz aus Kakunodate…" "Oh mein Gott," Mizuki musste sich schwer beherrschen, Atobe nicht vor lauter Lust seine Fingernägel in die Brust zu schlagen. "Du Tier." "Meine Bettwäsche," fuhr Atobe fort, während er sich immer tiefer zu Mizuki herunterlehnte, der sich vor ihm auf dem Tisch aalte, "Ist handgewebtes französisches Leinen mit Goldornamenten …" "…doppelt bestickt?" "Doppelt bestickt." "Ooh!" "M-mein privates Badezimmer ist eine … 1:1 Replika von Kaiserin Elisabeths Badezimmer in…" "Oh Gott, sag's nicht – " "Neuschwanstein…" "Aah!" "Ich besitze Wagners Ring der Nibelungen auf Schallplatte, CD, DVD und BluRay…" "Oh Gott hör nicht auf…warte, welche Inszenierung?" "Alle." "Küss mich, du wundervoller Bastard – " Sie wären beide fast zu Boden gekracht, als plötzlich und unerwartet Licht auf die Terrasse fiel. "‘tschuldigt die Störung, Jungs, aber wir machen nun dicht. Morgen um 7 ist schon wieder Senioren-Hallenball." Der kleine, bärtige Mann mit dem Wischmop musterte ihre beiden ineinander verschlungenen Körper eingehend, runzelte die Stirn, und stemmte die Hände in die Hüften. "Ihr wisst nicht zufällig, wer im Herrenklo ins Waschbecken gereihert hat?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)