Coming Closer von Nea-chan (Wer sagt, dass Liebe einfach ist?) ================================================================================ Kapitel 2: Dears ---------------- 02 Dears ****Und auch, wenn dieses Leben verbraucht ist, gibt es Wertvolles, das man nicht vergessen kann. Die Zeit, für die wir gemeinsam gekämpft haben. Auch wenn diese Stimme dich nicht erreicht, auch wenn wir nie mehr dorthin zurückkehren, ich werde da sein und weiter rufen. „Ja, eines Tages wird der Regen enden, nicht wahr…“*** „Oh… mein… Gott…“, waren die letzten Worte, die Chrissie noch mit halber Intensität aussprechen konnte. Da kam er, der Mann, der noch vor einer halben Stunde hunderte von Menschen um den Versand gesungen hatte, unter anderem sie beide. Nina konnte es gar nicht fassen, sie war regelrecht einer Ohnmacht nahe! Gackt kam verschwitzt, ohne ein Oberteil an sie herangetreten. Vereinzelte Strähnen seiner dunkelbraunen Haare hingen über seine faszinierenden, ausdrucksstarken Augen. „Gackt-sama…“, antwortete der große Mann überrascht und ließ sogleich von den Mädchen ab. Diese standen da wie überfahren, stillschweigend und scheinbar ohne jegliche Atemzüge zu vollziehen. Gackt blieb fragend vor den Dreien stehen, in der einen Hand eine Flasche Volvic haltend. „Nan da yo?“, wiederholte er, nachdem er keine Antwort erhalten hatte. Grummelnd schubste der Schwarze die beiden Mädchen von sich. „Ey, wir sind kein Spielzeug!“, maulte Chrissie angesäuert, während Nina sich immer noch in Schweigen hüllte und ihren Blick zu Boden wendete. Ihrer Freundin blieb nicht verborgen, dass sie verdächtig rot geworden war und nervös an ihren Fingern knibbelte. Gackt schaute verdutzt drein als er hörte, wie Chrissie ihren Satz in einer ihm nun vollkommen fremden Sprache sagte. Er schaltete jedoch gleich und wechselte ins Englische. „What’s the matter?“ Nina warf Chrissie Blicke zu, die sie sofort richtig deutete. Gackt warf in den nächsten Augenblicken noch mit weiteren Sätzen um sich, allerdings taten sich beide Mädchen äußerst schwer, seine Aussprache zu verstehen. >>Warum ausgerechnet Englisch?<<, fragte sich Chrissie, die Nina eben kurz zur Seite nahm, um Gackt und den anderen Mann ungestört ihrem Gespräch zu überlassen. Schon nach wenigen Augenblicken wechselten sie wieder die Sprache und unterhielten sich dann fortan auf Japanisch. Das blauäugige Mädchen schwenkte ihre Hand vor der Nase ihrer Freundin. „Hey, lebst du noch?“ Nina starrte sie mit aufgerissenen Augen an, sie bewegte ihren Mund zwar, aber die Worte hatten ihr momentan entsagt. „Gackt… Das da ist Gackt…!“, betonte sie, nachdem sie sich langsam wieder gefangen hatte. „Haben wir ein Glück Nina! So was passiert unter 100 Menschen nur 0,5%!“ Wie erhofft schmunzelte Nina endlich wieder, sie hatte schon die Befürchtung gehabt, dass ihr jüngerer Schützling jetzt ernsthaft einen psychischen Knacks weg hatte. „Entweder einem halben Menschen, oder zwei durchgeknallten Fangirls wie uns.“, fügte Nina lächelnd hinzu. „Schau ihn dir an! Er steht vielleicht zwei Meter von uns weg, halbnackt und ist zum Greifen nahe!“ Sie fixierten ihn, beobachteten jede Regung in seinem Gesicht und jede typische Haltung oder Bewegung entlockte ihnen ein weiteres, freudiges Grinsen oder gar ein kurzes Freudenquietschen. Plötzlich aber wichen sämtliche Gesichtsausdrücke aus ihren Mienen und sie wurden kreidebleich. Gackt hatte sich zu ihnen umgedreht und musterte sie genau, er atmete noch etwas geschafft. Dann kam er auf sie beide zu, sein leicht schwankender Gang unterstrich seine Müdigkeit. „Scheiße, soviel zum Herzkasper!“, flüsterte Nina Chrissie hektisch zu. Sie krallte sich in ihrem rechten Arm fest, sicherlich war er inzwischen grün und blau. „Where are you from?“ „Wow, man kann’s verstehen!“, freute sich Chrissie mit einem Hauch von Sarkasmus in ihrer Stimme. Nina warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. „Ist ja gut, aber ist doch wahr…“, nuschelte sie geknickt. Gackt’s Blicke wechselten zwischen den beiden Mädchen, fragend zog er eine Augenbraue hoch. Der Gedanke, dass die Zwei vielleicht der englischen Sprache gar nicht mächtig waren, drängte sich ihm langsam auf, auch wenn er das für ziemlich unwahrscheinlich hielt. „Parler vous francé?“, fragte er höfflich nach. Ihm war klar, dass auch das nicht die Sprache sein konnte, welche die Beiden, ihn ignorierend, die ganze Zeit über sprachen. Allerdings empfand er den aufgeregten Wortwechsel inzwischen als doch recht amüsant anzusehen und ließ sich auf das kleine “Ratespiel“ ein. Vor allem, weil ihn die größere junge Frau wohl gerade verstanden hatte und verlegen lächelte. Sie wiederholte den Satz noch einmal und hing, so vermutete er, die Übersetzung hinten ran. „Aber Gackt müsste doch merken, dass wir nicht Französisch sprechen.“ „Wetten, er weiß schon längst von wo wir sind? So fremd wird ihm Deutsch ja wohl kaum sein.“ Nina nickte. „Atashi wa doitsu-jin desu.“, begann Chrissie optimistisch. „Atashi mo.“, schloss sich Nina an. Gackt’s Gesichtsausdruck war sichtlich verblüfft, er grinste und Nina musste sofort wieder ihren Blick abwenden, um nicht unkontrolliert aufzuquietschen. „Ah, ihr könnt also Japanisch?“ Sie nickten bestätigend, ihre Herzschläge hallten in ihren Ohren wieder, Gackt hatte ja nicht die geringste Ahnung, wie aufgeregt die Beiden vor ihm waren und was er allein schon mit seiner bloßen Anwesenheit in ihnen anrichtete. „Hai, so desu!!“, antworteten sie ihm gleichzeitig. Er verschränkte die Arme. „Sagt mal, ihr habt vorhin nicht zufällig in der ersten Reihe gestanden? Die kleine Blonde hier kommt mir doch recht bekannt vor.“ Chrissie schnaubte beleidigt, Nina klopfte ihr tröstend auf den Rücken. „Ja, das sind dann wohl wir gewesen, Deutschland ist übrigens das unscheinbare Fleckchen neben Frankreich, welches sie bisher immer verdammt geschickt ignoriert haben.“ Nina musste sich auf die Unterlippe beißen um sich ihr Grinsen zu verkneifen, da war wohl gerade Chrissie’s sarkastische Ader zum Durchbruch gekommen. >>Autsch! Wenn das mal nicht zuviel des Guten war…<<, befürchtete sie. Gackt schmunzelte und kratzte sich am Hinterkopf, die junge Frau vor ihm war auf keinen Fall auf den Mund gefallen. „Nun, wie auch immer. Tut mir leid, wenn euch mein Bodyguard etwas zu hart angefasst hat, aber es ist nun mal sein Job darauf zu achten, dass auch wirklich alle die Halle wieder verlassen, wenn das Konzert beendet ist. Merkt es euch fürs nächste Mal.“ „Toll, als ob wir hier Dauerurlaub machen würden…“, konterte Chrissie bissig. „Na ja, ich muss wieder hinter zum Staff. Ich hoffe, es hat euch wenigstens ein wenig gefallen.“ Er winkte ihnen und machte Kehrt, lässig lief er die Treppen hinunter, für einen Moment lang waren die beiden Mädchen sprachlos. „Ob es uns gefallen hat?! Das war doch sicherlich nicht ernst gemeint!“, rief ihm die Kleinere nach. Tatsächlich drehte er sich noch einmal zu ihnen um. „Es war fantastisch!“, bestärkte Nina ernst. Dankbar lächelte er nochmals, doch dann verschwand er endgültig hinter der Bühne und ließ die Beiden zurück. „Aber das war jetzt auch kein Traum, oder Chrissie?“ Noch immer mit ihrem Blick auf der Stelle ruhend, wo Gackt soeben verschwunden war, schüttelte Diese ihren Kopf. Doch dann begann sie ihre Zeigefinger gegeneinander zu tippen und setzte eine mitleidserregende Miene auf. „Du Nina…“ „Hm? Ja?“ Sie war noch etwas in Trance. „Wegen dem Hotel…“, führte Chrissie ihren Satz fort. Verträumt schenkte ihr ihre größere Freundin ihre Aufmerksamkeit. „Tja, also…“ Langsam verfinsterte sich Nina’s Blick. „Es gibt keins.“ Mit erhobenen Händen und gekünstelt grinsend machte sie sich auf das demnächst folgende Donnerwetter gefasst. Momentan verfolgte sie jedoch noch das interessante und aufschlussreiche Spiel von Nina’s Gesichtzügen. Wie sich ihre Augenbrauen langsam hoben, ihre Augen sich weiteten und hervortraten, ihr Unterkiefer sich langsam aber bestimmt verselbstständigte und wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. „WAS?! WAS SOLL DAS HEIßEN?!“, brüllte sie schließlich los. Chrissie zog sie an ihrem Arm nach draußen, als sie den Schwarzen wieder in Erscheinung treten sah. „Reg dich ab.“ „ABREGEN?! ICH BIN GRAD BESTER LAUNE!“ „Ich merk es schon…“ Nina starrte sie verständnislos an, es verschlug ihr die Sprache, so aufgebracht war sie. Wild gestikulierend stampfte sie auf dem Bürgersteig unter ihren Füßen herum. „Oh, ich könnte dich…!“, fluchte sie bedrohlich. „Sorry, ich habe es in der ganzen Aufregung einfach vergessen! Es tut mir leid, ganz ehrlich!“ Wild nach Luft schnappend versuchte sich die Jüngere zu beruhigen. „Gut, dann sag mir, was wir jetzt machen werden.“ „Ähm, als erstes mal unsere Taschen abholen.“, sagte sie kleinlaut und blickte sie entschuldigend an. Wieder konnte sich Nina nicht halten und begann zu lachen, als sie ihrer Freundin um den Hals fiel. Lange böse zu sein war nicht ihre Stärke, aber das änderte leider rein gar nichts an ihrer Situation. Als sie ihre schweren Taschen wieder auf ihren Schultern trugen, war es bereits halb elf, bedröppelt zogen sie ihre Kreise vor dem Eingang zur U-Bahn. „Toll, dann verbringen wir die erste Nacht wohl unfreiwillig im Freien…“, beschwerte sich Nina müde. Sie warf ihre Tasche zu der von Chrissie und setzte sich neben sie auf die niedrige Mauer. „Och, nicht unbedingt. Vielleicht werden wir vorher von der Polizei aufgegabelt. Die quartieren uns dann entweder in ihren gemütlichen Zellen ein oder sind bestenfalls so freundlich, dass sie uns an ein Hotel vermitteln, wo wir noch Zimmer mieten können.“ „Dein Sarkasmus hilft uns im Moment auch nicht weiter…“ „So? Ich dachte…“ „Chrissie!“, mahnte sie vorwurfsvoll. „Tschuldige...“ Sie schwiegen für einige Augenblicke, ratlos baumelten ihre Beine in der Luft. Der Wind war angenehm kühl, wann immer er ihnen auch durch die Haare fuhr. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir heute auf einem Konzert von Gackt gewesen sind… Und noch weniger, dass wir mit ihm gesprochen haben.“, sagte Nina, als ihre Augen den letzten Rest Licht nutzten, um wieder einmal über das übergroße Plakat zu wandern. „Ja! Das war einfach unglaublich! Ich hätte mir einen abquietschen können, als er so vor sich hin gegrinst hat!“ Die Stimmung unter ihnen hob sich schlagartig. „Mou! Das war wirklich voll süß, oder als er das letzte Mal zu uns aufgesehen hatte, da hat er so richtig liebenswürdig gelächelt!“ Nina hätte schmelzen können, wenn sie daran dachte. Gackt war ja schon auf Bildern oder in Videos ein Schönling gewesen, aber in Natura war er mehr als das! Er war nicht einfach nur sexy und gut anzusehen! Seine Aura war natürlich, man hatte das Bedürfnis noch viel mehr über diesen Menschen wissen zu wollen. So verstrichen die Stunden, in denen sie sich über alles unterhielten, was nur irgendwie mit dieser Tour und ihm zu tun hatte. Man hätte das Spektakel filmen sollen, sie lachten, quietschten oder erröteten, während sie immer wieder ihre Gliedmaßen zur Untermalung ihrer Gesprächsthemen nutzten. „So, ab jetzt rühre ich mich nicht mehr von deiner Seite, meine Nachtblindheit schlägt gerade zu.“ „Die Laternen sind doch an, es ist doch genug Licht da.“, antwortete Chrissie verwundert. „Dann eben nicht meine Nachtblindheit, sondern meine Angst vor dunklen, menschenleeren Straßen.“ „Wenn ich fies wäre, würde ich dir jetzt sagen, dass wir es gerade 24 Uhr haben und somit die Geisterstunde begonnen hat.“ „Hör doch auf! Geister schrecken mich nicht, ich hab nur keine Lust, in der Nacht von irgendwelchen Krabbelviechern angefallen zu werden!“, maulte Nina argwöhnisch und suchte ihre nächste Umgebung nach Insekten ab. Ihre Freundin zuckte verdächtig mit einer Augenbraue. „Du steigst in das Auto zweier Kerle, von denen dir von Anfang an klar ist, dass sie nichts Gutes im Schilde führen und lässt dich davon nicht weiter beeindrucken, aber sobald allein das Wort Spinne fällt, wirst du kribbelig und bekommst Panik. Sollte uns das zu denken geben? Ich glaube nein…“ Nina zuckte verdächtig, auch Chrissie’s Mundwinkel verzogen sich bereits ankündigend. Schon warfen sie sich nach hinten und lachten lauthals los. Nina hatte allerdings zu viel Schwung gehabt und kippte kurzerhand rückwärts von der Mauer. Wie sie da nun so ihre Arme von sich gestreckt auf den Taschen lag, die Beine immer noch senkrecht an der Mauer lehnend, konnten sie vor Lachen kaum mehr atmen. „Ich sterbe! Aua!“, jammerte Chrissie während sie sich krampfhaft den Bauch hielt. Nina kreischte auf vor Lachen, Chrissie’s Kommentar veranlasste sie dazu, das Atmen noch weiter zurückzustellen. „Du, du… du bist doch schon scheintot!“, versuchte sie krampfhaft zu antworten. Das Gelächter, oder zumindest die kurzen, aber lauten Atemzüge, hallten durch das gesamte Viertel, aber noch niemand sah aus seinem Fenster oder schrie zu ihnen herunter. Dafür aber hörten sie das leise Brummen eines Autos, welches sie veranlasste ihre Lachorgie abrupt abzubrechen. Scheinwerfer bogen um die Ecke der Halle, ein sportliches Auto parkte direkt davor. Ein großer Mann im Anzug stieg heraus und verschwand in der Halle. „Sag mal, war das nicht unsere unangenehme Bekanntschaft von vorhin?“, flüsterte Nina leise ihrer älteren Freundin zu. „Keine Ahnung, ich hab meine Brille nicht auf, aber ich würde es doch mal ganz stark annehmen. Zwei von der Sorte und die Welt würde zugrunde gehen.“ Im nächsten Moment kam der Bodyguard wieder heraus, einen etwas kleineren und wesentlich schmaleren Mann neben sich. „Chrissie! Das ist Gackt!“, sprudelte es aufgeregt aus ihrem Mund. Nina fuhr entgegen ihrer Unsportlichkeit hoch, packte ihre rotblonde Freundin am Arm und zerrte an ihr herum. Diese hatte allerdings überhaupt nicht mit ihrem Ausraster gerechnet und leistete so keine Gegenwehr. Noch bevor sie reagieren konnte, hatte Nina sie zu sich heruntergerissen. Quer lag sie nun bäuchlings auf der Größeren. Anscheinend hatten die beiden anderen sie wohl gehört, da sie inne hielten, ihre Köpfe nach rechts wanden und zu ihnen hinüber sahen. „Toll gemacht Nina, verschaff uns ruhig einen Ruf als Stalker…“, stöhnte Chrissie halblaut. Gackt nahm seine Sonnenbrille ab und fixierte beide Mädchen, oder zumindest das abstrakt zusammen gewürfelte Gebilde aus zwei nicht deutlich identifizierbaren Körpern. „Du kannst Feierabend machen Mike, ich fahre heute alleine nach hause. Wir sehen uns dann.“ Sein Leibwächter stutzte zuerst ein wenig, doch dann nickte er und schüttelte seinem Vorgesetzten die Hand um sich anschließend zurückzuziehen. Chrissie und Nina schauten noch immer zur Seite und beobachteten Gackt’s Handlungsweise. Dieser drehte sich jetzt zu ihnen um und bewegte sich kontinuierlich auf sie zu. „Chrissie, du wirst auf Dauer schwer…“, jammerte Nina. Seine Schritte näherten sich ihnen, plötzlich verstummte ihr Hallen. „Ist es bequem da unten?“ Über Nina war es kurz dunkel geworden, eisblaue Augen trafen auf ihre Grünbraunen. Belustigt schauend beugte er sich genau über die Beiden, da Nina nicht imstande war zu antworten, übernahm Chrissie diesen Part. Zuerst jedoch stützte sie sich mit einem Arm ab, während sie mit der anderen Hand ihren Kopf hielt, von dem Sturz drehte sich kurz alles vor ihren Augen. „Och, klar ist es bequem hier unten! Am liebsten würde ich den ganzen Tag hier verbringen, willst du auch mal?“, maulte Chrissie in ihrem altbekannten, sarkastischem Ton. Nina horchte auf, was hatte ihre Freundin da eben gesagt? Gackt grinste kurz verschmitzt. „Gerne.“ Mit einem ähnlichen Tonfall spielte er das kleine Spiel mit. „Hey! Moment mal, hab ich da vielleicht auch noch ein Wörtchen mitzureden? Nicht das ich was dagegen hätte… ABER DOCH NICHT HIER!“, beschwerte sich Nina auf deutsch und errötete, während sie krampfhaft versuchte sich unter ihrer Freundin hervorzuziehen. Gackt ging grinsend in die Hocke und half der Rotblonden von Nina herunter, er hätte zu gern gewusst, was die andere da gerade gesagt hatte. Chrissie lachte leise für sich. „Was hat sie gesagt?“, fragte er höfflich nach. Nina lief hochrot an und versuchte aus ihrer Position heraus Chrissie den Mund zuzuhalten, was ihr allerdings nicht gelang, da Diese sich schnell aus ihrer Reichweite bewegte. Stattdessen lag sie nun bäuchlings auf dem Bürgersteig, sie war erfolgreich von den Taschen heruntergepurzelt. Chrissie bekam einen Lachkrampf, auch Gackt versuchte erfolglos seine gehobenen Mundwinkel hinter seiner Hand zu verstecken. Gott, war das Nina peinlich! Ihre Freundin bekam Mitleid und versuchte ihr aufzuhelfen, doch vor Lachen war sie so geschwächt, dass sie ihre Hand wieder losließ und sich auf den Hosenboden setzte, um mit Tränen in den Augen weiter zu lachen. Schließlich griffen zwei große Hände unter Nina’s Achseln und richteten sie auf, vor lauter Scham traute sie sich nicht in Gackt’s Gesicht zu sehen, welcher sich als Helfer herausstellte. „Arigatou…“, nuschelte sie sehr leise. „So sieht man sich wieder, was macht ihr beiden denn eigentlich um diese Uhrzeit noch hier vor der Halle?“ Sie klopften sich den Staub von den Klamotten und schnappten nach Luft. „Tja, eigentlich nichts Besonderes…“, beantwortete die Ältere seine Frage. Gackt sah die beiden mit fragenden Blicken an. „Wir sind aber keine Stalker, falls sie das jetzt vielleicht denken sollten.“, fügte sie noch hastig hinzu. Er hob beschwichtigend seine Hände und nickte. „Lasst doch bitte dieses alberne sie weg.“, meinte er verlegen. „Das ihr mich nicht krankhaft verfolgt, dachte ich mir schon. Trotzdem weiß ich noch nicht, warum ihr hier so verloren mitten in der Nacht herumsitzt.“ Die beiden Freundinnen sahen sich kurz an, Nina warf Chrissie einen Giftblick zu. „Verloren ist das richtige Wort, meine Freundin hier war der Meinung, vergessen zu müssen, ein Hotel für uns zu buchen, wir sind momentan also ziemlich obdachlos.“ Sie klang dabei verhältnismäßig schlecht gelaunt, Chrissie wurde verlegen. Gackt machte große Augen. „So was gibt’s?“ „Sehen wir so aus, als würde es uns Spaß machen hier abzuhängen?“, fragte Chrissie. STILLE Der Dunkelhaarige verschränkte die Arme. „Ihr macht doch sicher Urlaub hier, wie lange soll der Aufenthalt denn dauern?“ Überrascht sahen sie sich an, warum wollte er das wissen? „Ähm, ab heute zwei Wochen.“, murmelte Nina. „Habt ihr irgendwelche Veranstaltungen geplant?“ „Nein, selbst wenn, müssten wir sie jetzt über den Haufen werfen. Wahrscheinlich werden wir morgen durch die Stadt touren und nach einem Hotel für uns suchen.“, antwortete Chrissie diesmal ein wenig betreten. Verlegen kratzte Gackt sich am Hinterkopf. „Nun, das könnte schwer werden, ich will ja nicht voreingenommen oder so klingen, aber ich habe noch ein paar Auftritte hier, deswegen sind sämtliche Hotels hier in Kyoto wahrscheinlich ausgebucht.“ Nina schlug die Hände vors Gesicht, das konnte doch nicht wahr sein! Nicht das sie das nicht verstehen konnte, aber warum passierte so etwas immer nur ihnen? „Tja, dann blieben nur noch die Optionen, dass wir uns morgen wieder in den Flieger setzen und die Heimreise antreten…“ „Vergiss es!“, warf Nina dazwischen. „…oder wir schlagen uns die Nächte im Freien um die Ohren.“, führte sie den Satz, Nina ignorierend, weiter. Wieder schmunzelte Gackt, diese beiden deutschen Frauen waren weiß Gott nicht langweilig. „Oder ich nehme euch mit zu mir.“ Nina’s Unterkiefer verselbstständigte sich schlagartig. „Wäre auch noch eine Möglichkeit…“, philosophierte Chrissie unberührt weiter. Es wurde still und Chrissie schien zu versteinern, als sie Gackt’s Satz noch einmal durchging und ihn wirken ließ. „Moment! Nee jetzt, das war doch jetzt nicht ernst gemeint, oder?!“ Ihre Stimme zitterte aufgeregt, Nina’s Blick wechselte immer wieder hektisch zwischen Gackt und Chrissie. „Eigentlich schon, aber ich will euch ja nichts aufdrängen.“, antwortete Gackt verunsichert über Chrissie’s Reaktion. STILLE Gackt beobachtete, wie sich die Kinnlade der Blauäugigen zu der ihrer Freundin gesellte und sich die Augen beider weiteten. „Das, das können wir doch nicht, ich meine… Du bist doch… und wir sind…!“ Nachdem Nina den letzten Satz mehr als nur gestottert hatte, versuchte sie ruhig zu bleiben und einen vernünftigen Anfang zu finden. „Wir können uns doch unmöglich bei dir einquartieren! Du bist doch sicherlich geschafft von deinem Auftritt und willst deine Ruhe haben. Nebenbei kannst du doch nicht einfach wildfremde Menschen, vor allem Fans, wie uns, mitnehmen! Das widerspricht doch außerdem sämtlichen Prinzipien… Wir können dir doch unmöglich auf der Pelle hängen!“ Gackt lachte leise für sich. „Ihr braucht euch wirklich nicht zu genieren oder irgendwelche Bedenken zu haben. Ich habe auch wirklich kein Problem damit. Ich nehme zwar wirklich nicht jeden Tag Fans von mir mit, aber ihr seid ja auch nicht normal.“ „Danke, dass wussten wir auch, ohne das man uns das so direkt sagt.“ Nina biss sich bei Chrissie’s Spruch auf die Unterlippe, Gackt hingegen schmunzelte wieder, so häufig kamen ihm so lustige Menschen wirklich nicht unter, so oft wie sich seine Mundwinkel heute schon verselbstständigt hatten. „So meinte ich das eigentlich nicht. Die meisten Fans lassen es sich nicht nehmen, mich sofort anzuspringen und mich mit ihren Liebeserklärungen zu überhäufen. Als ihr während des Konzertes die Gelegenheit gehabt habt, wart ihr auch die Einzigen, die nicht krampfhaft versucht haben, an mich heranzukommen, auch jetzt nicht.“ Die Angesprochenen sahen sich verdutzt an, darüber hatten sie so genau noch gar nicht nachgedacht. „Na kommt, springt über euren Schatten.“ Als ob die Mädchen nicht am liebsten sofort zugestimmt hätten. Immerhin bekam man nicht jeden Tag die Gelegenheit bei einem der genialsten Künstler Japans unterzukommen. Er konnte doch unmöglich denken, dass es sie stören würde, ihn zu begleiten. „Aber nur, wenn es auch wirklich kein Problem für dich darstellt!“, bestärkte Nina noch einmal ihre Bedenken. Ihnen war unglaublich warm, es konnte sich doch nur um einen Traum handeln! Ein Traum, der bitte nicht so schnell enden sollte. „Gut, dann wäre doch jetzt alles geklärt. Kommt, steigt ein.“, sagte er zufrieden, lief zu seinem Wagen vor und winkte sie zu sich heran. Die Freundinnen waren sprachlos, mechanisch luden sie sich ihre Taschen auf und marschierten ihm hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)