A Birthday Story von Leiser_Tod ================================================================================ Kapitel 1: ----------- A Birthday Story Author: Leiser_Tod Pairing: Gackt/Hyde Genre: Romance, Drama Warning: This might not be a great surprise, but see, there are two boys making out, so if this ever bothered you, please be so kind and leave. Without making yourself known. Thanks. Summary: Warum Gackt mit der Suche nach Weihnachtsgeschenken bereits im August beginnen sollte. Besonderer Dank an: -Ashitaka- für die liebevolle Korrektur. Grummelnd schaute ein verschlafener Hyde auf die leere Bettseite neben ihm. Es war 8 Uhr morgens in den Schulferien und Gackt war wieder weg. Schon seit einer Woche ging das jetzt so. Und wenn er ehrlich war, hasste Hyde das abgrundtief. Seufzend erinnerte er sich an die angenehme Körperwärme Gackts zurück, die es besonders in den kalten Januartagen schlicht und einfach unmöglich machte, aus dem Bett zu kommen. Verdammt, was war denn nur los? Was stimmte nicht mehr in ihrer Beziehung? Hyde hatte das Gefühl, als entfernten sie sich immer weiter voneinander, dabei wollte er nichts anderes, als dem Blonden wieder nahe sein. Hatte er – Hyde – etwas falsch gemacht? In dieser Woche hatten sie sich nur zwei gottverdammte Stunden am Tag gesehen. Das ist doch der Beziehungskiller schlechthin! Hatte Gackt etwa die Nase voll von ihm? Schon bei dem Gedanken daran, dass der Blonde ihn verlassen könnte, sammelten sich Tränen in seinen Augen. Trotzig schüttelte der Langhaarige (mit ausgesprochen femininen Gesichtszügen) den Kopf. Nein, diesmal würde er nicht heulen. Das hatte er in den vergangenen Tagen genug getan, jetzt war Schluss! Seinen Beschluss bekräftigend sprang Hyde aus dem Bett und jaulte auf, als seine Füße eine unangenehme Bekanntschaft mit dem kalten Boden machten. Oh Mann, wo war eine Fußbodenheizung, wenn man sie brauchte? Aber andererseits, wenn man sich eine leisten könnte, dann könnte man auch gleich in eine größere Wohnung umziehen. Denn zwei Zimmer mit winziger Küche und einem noch kleineren Bad waren nicht das, was man als groß bezeichnete. Dennoch, das war ihr kleines Reich, für das sie lange gespart hatten. Hydes Füße rissen ihn mit der Meldung eines weit fortgeschrittenen Vereisungsstadiums aus seinen Gedanken, sodass er sich beeilte, in seine Hausschuhe zu schlüpfen. Langsam schlurfte er ins Bad und erschrak vor seinem eigenen Spiegelbild, das ihm durch die sterbensgleiche Blässe und den todtraurigen Gesichtsausdruck nun ganz und gar nicht gleichen wollte. Schnell brachte er die lästige Prozedur des Zähneputzens hinter sich und hielt sich mit dem Frisurenmachen gar nicht erst auf. Der kalte Wind würde sie sowieso zerzausen, wozu sich abmühen? Schnell zog er sich an und verließ frühstückslos die Wohnung. Hyde seufzte. Ein Morgen ohne Gackt war einfach kein Morgen. Lustlos machte er sich auf, in die Ferienschule. Er musste schließlich seinen Level hoch halten, um weiterhin sein Stipendium zu bekommen. Hyde war anfangs sehr wütend gewesen, denn er hatte befürchtet, dass die Schule ihm wertvolle Zeit mit Gackt raubte, doch nun war er recht froh, wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen zu können, dass er (nach dem Unterricht) die Wohnung genauso leer vorfinden würde, wie er sie verlassen hatte. Und Hyde hasste Morgen wie diese. *** Gackt stöhnte vor Anstrengung, als er die schweren Zeitungspakete in den dazugehörigen Wagen hievte und fast im Langlauf seine übliche Runde um die Häuserblocks startete. Er war wieder mal zu spät zu seinem Arbeitsplatz gekommen. Zur Strafe gab es einen Häuserblock mehr zum Beglücken mit der Mainichi News. Aber das war nun wirklich nicht seine Schuld! Was konnte Gackt denn dafür, dass Hyde beim Schlafen so niedlich aussah, dass er beim Zuschauen ganz die Zeit vergessen hatte? Also die Strafe war nun wirklich unberechtigt. Obwohl er eigentlich frustriert sein sollte, lächelte Gackt stumm vor sich hin. Der Gedanke an das süßeste und liebenswerteste Geschöpf auf Erden brachte ihn immer zum lächeln. /Nur zwei Wochen! Nur noch zwei Wochen und dann hat Haido Geburtstag! Und dann ist endlich Schluss mit der dämlichen Zeitungsaustragerei!/ Seine Sorgen über Hydes Gemütsverfassung während ihrer unfreiwilligen Trennzeit wischte der Blonde mit der Hoffnung beiseite, dass sein Geburtstagsgeschenk alles wettmachen würde. Gackt wusste, dass Hyde sich schon lange eine Gitarre wünschte. *Flashback* „Hey, sieh mal, da hat ein neues Musikgeschäft aufgemacht!“ Und bevor Gackt etwas sagen konnte, zog ihn der Langhaarige schon hinein. Was von draußen wie ein kleines graues Häuschen aussah, entpuppte sich als ein wahres Musikinstrumentenschloss. Verschiedenste Arten von Gitarren und Blasinstrumenten hingen in ihren Vorrichtungen. Sogar ein Klavier war zu finden. Staunend konnte Hyde seine Augen nicht von den Musikinstrumenten losreißen. Der Blonde musste unwillkürlich bei diesem Anblick purer Kindesfreude lächeln. Plötzlich blieb Hydes Blick auf einer schwarzen Akustikgitarre hängen und wie von einer unsichtbaren Hand wurde der Langhaarige zu ihr hingezogen. „Du darfst sie ruhig ausprobieren, wenn du willst.“ Der Besitzer war neben ihn getreten und lächelte ihn aufmunternd an. Der Schreck Hydes über das plötzliche Erscheinen des Inhabers wich der Dankbarkeit. „Arigatou“, murmelte der Langhaarige. Gackt kam hinzu, um zu sehen, wie Hyde ehrfurchtsvoll das schwarz glänzende Instrument nahm und ein paar Akkorde anschlug. Die Gitarre gehorchte einwandfrei. /Er…er ist wirklich gut! Wo hat er das nur gelernt?/, staunte Gackt, als der Kleinere gerade dabei war, sein drittes Lied zu spielen. Nun wurde auch Hyde der Dauer seiner Vorführung gewahr und stellte mit einem leisen „Oh, hab völlig die Zeit vergessen“ das Instrument wieder in ihr Gestell zurück. „Die Gitarre ist wirklich sehr schön!“ Hyde lächelte den Besitzer dankbar an, verbeugte sich und verließ den Laden. Ein paar Sekunden später trat auch Gackt heraus. Sie hatten seitdem nie wieder darüber gesprochen. Aber jedes Mal, wenn der Blonde Hyde sah, wie dieser verstohlen im Schaufenster des Ladens nach der schwarzen Gitarre schielte – dann festigte sich Gackts Entschluss, ihm dieses Instrument zu kaufen immer mehr. *Flashback Ende* Hydes Magen knurrte und kalt war ihm ebenfalls. Aber er hatte weder Lust zu Essen, noch seine Glieder in einem Lokal aufzutauen. Langsam schlenderte er durch verschneite dunkle Straßen. Trotz der vielen Menschen, die an ihm vorbeihasteten, fühlte er sich allein. Ein Gefühl, das der Langhaarige schon lange nicht mehr verspürt hatte. Es war wirklich seltsam. Eigentlich müsste er glücklich sein, denn er hatte die Liebe seines Lebens gefunden und konnte sogar mit ihr zusammenziehen. Doch irgendwie ging alles in die entgegengesetzte Richtung und er konnte nur hilflos zusehen. Hyde bemerkte, dass er wieder vor dem Musikladen stand. In letzter Zeit kam er oft hierher und jedes Mal tat es seiner Seele wohl. Die Tür schloss sich leise hinter ihm, als er eintrat. Zielstrebig bewegte sich der Langhaarige zu der Vorrichtung, die seiner Lieblingsgitarre als Halt diente. Und fand sie leer. Weg. Verkauft. Für einen Moment war Hyde geschockt, doch dann fasste er sich. Natürlich wusste er, dass die Gitarre nicht ihm gehörte und irgendwann verkauft werden würde. Trotzdem tat es ihm weh, denn er hatte gehofft, dass dieses ‚irgendwann’ sich nicht als ein ‚bald’ herausstellen würde. Anscheinend hatte er sich geirrt. Traurig wendete sich Hyde ab und wollte das Geschäft schon verlassen, als etwas Aufblitzendes seinen Blick auf sich lenkte. Seine Depressionsgedanken verflogen sofort, als er den Besitzer mit dem schwarzen Musikinstrument in der Hand sah. Hyde versuchte, seine Freude zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht so recht. Das schien auch der Inhaber zu merken, dem Erstaunten die Gitarre in die Hand mit den Worten: „Vielleicht möchtest du sie noch einmal ausprobieren.“ Dankbarkeit leuchtete in Haidos Augen, als er die Gitarre entgegen nahm. „Sie wird bald verkauft werden, nicht wahr?“ Eine leise, dunkle Melodie begleitete die Frage. „Das weiß ich nicht. Heute wollte sie jemand kaufen, aber als er die Gitarre ausprobierte, klang sie nicht so gut wie jetzt. Sie schien recht verstimmt zu sein, in der Tat.“ „Das ist gut!“ Hyde konnte sich nicht halten. „Oh, verzeihen Sie“, bedauerte er einen Moment später seinen Fehler. „Das war sehr egoistisch von mir.“ Der Besitzer lächelte nur. „Irgendwie scheint es mir, dass nicht der Mensch das Instrument aussucht, sondern das Instrument den Menschen… Ach apropos, wo ist eigentlich dein Freund?“ „Wenn ich das wüsste…“ Hydes Lächeln war trauriger als Tränen. *** Es war genauso wie er es erwartet hatte. Kalt und dunkel gähnte ihm der offene Eingang entgegen. Schnell trat der Langhaarige ein und schaltete das Licht an. Lustlos streifte er sich Schuhe und Mantel ab und wollte schon ins Wohnzimmer reingehen, als ihm etwas Rotes ins Auge fiel. Es war ein dickes rotes Kreuz über seinem Geburtsdatum im Kalender. Hyde seufzte. Ob der Blonde an diesem Tag genauso abwesend sein wird wie heute? Aber andererseits, wieso sollte dieses Datum eine andere Bedeutung haben, als all die anderen Tage, die er ohne Gackt verbracht hatte? Hyde wollte nicht darüber nachdenken. Um sich von seinen selbstzerstörerischen Gedanken abzulenken, schritt er in das kleine Wohnzimmer und riss das Fenster auf. Kalt. Der Langhaarige wusste nicht mehr, wie lange er in dieser Kälte gestanden hatte, aber dem Taubheitsgefühl seiner Glieder nach zu urteilen, musste mehr als eine halbe Stunde vergangen sein. Hyde schlug das Fenster zu, doch statt des Wärme erkennenden Entspannungsgefühls breitete sich ein Frösteln in seinem Körper aus. Er holte sich eine Decke, mit der er sich auf der Couch einnestelte, in der Hoffnung, dies sei nur vorübergehend. Doch aus einer Decke wurden drei und sein Körper bebte nun von der nicht vorhandenen Kälte. Die Eingangstür fiel leise ins Schloss. Gackt seufzte erleichtert. Endlich zu Haus. Doch dann fing die Uhr seinen Blick und er knirschte mit den Zähnen. Diese Sklaventreiber! Haben ihn tatsächlich bis halb zehn schuften lassen! Als ob jemand um diese Zeit verdammte Zeitung liest! Haido schlief bestimmt auch schon. Gackt schlich ins Schlafzimmer, um seinem Engel wenigstens einen verspäteten Gute-Nacht-Kuss zu geben und war sehr überrascht, ihn dort nicht vorzufinden. Irritiert erweiterte der Blonde sein Suchfeld und fand ihn schließlich im Wohnzimmer. Ein zitterndes Häufchen Elend. Erschrocken stürzte Gackt zu dem Langhaarigen. „H-Haido! Mein Gott, was hast du? Was ist mir dir los?“ Gackt berührte den Angesprochenen ganz sachte an den Schultern, seinen Wunsch, Hyde zu schütteln, unterdrückend. „…kalt…“, war das einzige, was der Kleinere herausbrachte. Besorgt befühlte der Blonde Hydes Stirn. „Oh, nein…! Du glühst ja richtig! Und um diese Zeit sind alle Praxen geschlossen, sodass ich dir erst morgen einen Arzt holen kann.“ Gackt strich zärtlich über den Kopf des Zitternden im Versuch, Trost zu spenden. Sanft – und sehr darauf bedacht, die Decken mitzunehmen – hob der Blonde das lebende Bündel auf seine Arme und trug es ins Schlafzimmer. Die kranke Hitze konnte er selbst durch die Decken noch spüren. Nachdem er Hyde vorsichtig aufs Bett gelegt hatte, schlüpfte Gackt gleich mit hinein, entrollte das verkrampfte Häufchen und drückte den Kleineren an sich. Nach einigen non-verbalen Protesten wurde der Blonde als neue Wärmequelle akzeptiert und der glühende zierliche Körper schmiegte sich zitternd und schutzsuchend an ihn. Am nächsten Morgen wurde Gackt durch einen heftigen Hustanfall wach geschüttelt. Sein vom Schlaf benebelter Blick wanderte zu der zusammengekrümmten Figur neben sich. Hilflosigkeit schwappte wie eine kalte Welle über den Blonden und er drückte den kleinen brutal hin und her geworfenen Körper an sich, Trostworte leise murmelnd. Nach einer halben Ewigkeit – wie es Gackt vorkam – ebbte der Anfall schließlich ab. Der Kleinere drehte seinen Kopf zu ihm und murmelte, mit Tränen in den Augen (...vom Husten natürlich...), ein heiseres: „Guten Morgen, Ga-chan. Habe ich dich geweckt? Du kommst zu spät zur Arbeit.“ „So ein Unsinn!“ Gackt stutzte, doch er ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen nahm er das Gesicht des Langhaarigen in seine Hände und begann die Tränen wegzuküssen. „Deine Gesundheit ist mir wichtiger als irgendwelche Arbeit! Ich werde dir jetzt einen Arzt holen.“ Damit kletterte er aus dem Bett. Hyde erwiderte nichts. / Habe ich deine Aufmerksamkeit nur dann, wenn ich krank bin? Schon seit einer Woche kümmerst du dich nicht um mich. Gehst mir aus dem Weg, als ob ich keine Bedeutung mehr für dich hätte. Was verschweigst du mir, Gackuto?/ Dem Kleineren war elend zumute. Er rollte sich zu einem Ball zusammen und machte sich noch kleiner, als er ohnehin schon war. Eine Viertelstunde später klingelte es an der Tür. Die Diagnose des Arztes war nicht besonders überraschend. Hyde hatte Angina und musste eine Woche im Bett bleiben. Von alledem bekam dieser nicht viel mit. Er befand sich in einem Dämmerzustand, aus dem er allerdings durch einen hin und her huschenden Schatten geweckt wurde. „Wohin…wohin gehst du?“ schaffte Hyde eine heisere Frage herauszubringen, als sein vernebelter Geist den sich anziehenden Blonden erkannt hatte. „Ich gehe dir deine Medikamente holen. Ich bin gleich wieder zurück“, antwortete Gackt, als er an Hydes Bett trat. Er beugte sich langsam vor, in der Absicht, den Kleineren zu küssen, doch dieser drehte den Kopf weg. „Du…wirst dich noch anstecken…“ Das gab Gackt einen Stich ins Herz und er bildete sich ein, ebenfalls eine dunkle Wolke über das Gesicht des Langhaarigen huschen zu sehen. Dennoch drängte er nicht weiter. Als die Tür ins Schloss fiel, kreuzte der letzte Gedanke Hydes Geist, bevor er in die wabernde Dunkelheit seiner Krankheitstrance wieder zurück kroch. /Wenn er krank gewesen wäre, hätte ich ihn trotzdem geküsst…/ Oh, nein. Er hatte vollkommen vergessen, seinem Chef Bescheid zu sagen, dass es ihm unmöglich war, heute zur Arbeit zu kommen. Gackt überlegte. Sein Arbeitsplatz lag näher als die Apotheke. Andererseits war es auch egal, wann er nun Bescheid sagte, da könnte er genauso gut von Zuhause anrufen. Aber Moment, hatte er überhaupt noch die Telefonnummer? Na ja, je schneller er das hinter sich gebracht hatte desto besser. Gedacht, getan. Schon marschierte er Richtung Zeitungsausgabe. Und bereute es. Sehr. „Du. Bist. SPÄT!“ Die ganze Halle wandte sich bei dieser Begrüßung nach Gackts Chef um. Der Blonde erntete mitleidvolle Blicke. Es war seltsam, denn der Chef war normalerweise viel umgänglicher. „Aber Nakamura-san, ich habe einen kranken Freund zu Hause und…- “ „Es ist mir vollkommen egal, was du zu Hause hast! Deine einzige Sorge sollte es sein, pünktlich hier anzukommen!“, wurde Gackt unterbrochen. „Los, marsch an die Arbeit!“ „Aber ich kann nicht! Ich muss ihm Medikamente besorgen und…- “ „Dann bist du gefeuert.“ Damit wandte sich der Chef zum Gehen. „WAS?!“ Gackt konnte es nicht fassen. „Aber das können Sie doch nicht machen!“ „Wie es aussieht, schon. Guten Tag.“ Geschockt und wütend verließ der Blonde das Gebäude. Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Er hatte gute Lust, irgendetwas zu zerbrechen. Also formte er einen Schneeball und zielte damit auf eine Taube. Er verfehlte sie zwar, aber es ging ihm trotzdem besser. „Schneetaubenschießen?“, lachte eine Stimme hinter ihm. „Huh?“ Gackt wirbelte herum und entdeckte „Masa-kun?“ den reichsten seiner Mitschüler. „Höchstpersönlich!“ und den arrogantesten. „Ich…“ Masa wurde ernst. „…bin grad and der Zeitungshalle vorbeigegangen…“ „Aaah, das ist nicht so schlimm.“ Gackt winkte ab. „Das passiert.“ Das wenigste, was er jetzt wollte, war von einem reichen Muttersöhnchen getröstet zu werden. Wenn der Blonde ehrlich zu sich war, dann mochte er den Schwarzhaarigen ohnehin nicht besonders. Also sah er auf seine Uhr und musste seine Eile nicht einmal vortäuschen. Hyde brauchte seine Medikamente. „Oh, nein, schon so spät? War nett, dich wiederzusehen, Masa-kun“, wandte Gackt sich an den Schwarzhaarigen. „Hey, Gackuto, warte! Ich werde dich begleiten. Wohin musst du denn?“ „In die Apotheke.“ /Hat der zuviel Zeit, oder was?/, knurrte Gackt in Gedanken. „Du bist doch hoffentlich nicht etwa krank?“ Masas Stimme klang Übelkeit erregend aufrichtig besorgt in Gackts Ohren. „Nein, aber man muss doch vorsorgen, nicht?“ Gackt versuchte ein entwaffnendes Lächeln, in der Hoffnung, dass diese Nervensäge endlich von ihm abließ. Erreichte aber leider das Gegenteil. Masa wurde es heiß und kalt. Verdammt, er wollte diesen Jungen haben, egal mit welchen Mitteln! Es war ein offenes Geheimnis in der Schule, dass der Schwarzhaarige verrückt nach Gackt war. Doch dieser schien es nicht zu merken, weil diese Transe, dieser Hyde ihm völlig den Kopf verdreht hatte. Gott, wie Masa dieses Flittchen hasste! Dabei passte Gackt viel besser zu ihm, als zu diesem dämlichen Langhaar! „Weißt du, mein Vater ist nicht gerade erfreut über meine schulischen Leistungen. Er hat mich dazu verdonnert, Nachhilfe zu nehmen! Und das mitten in den Ferien!“, weinte Masa. /Jaja, Sorgen eines reichen Muttersöhnchens. Es gibt auch Leute, die freiwillig in eine Ferienschule gehen, du Idiot!/ Nach außen jedoch setzte Gackt einen mitfühlenden Blick auf, murmelte ein „Tja, das ist schlimm…“ und rollte insgeheim mit den Augen. „Aber ich komme nicht mit den Nachhilfelehrern klar. Dann habe ich das Gefühl, ich vergesse mehr als dass ich lerne.“ /Und was hat deine angeborene Blödheit jetzt mit mir zu tun?/ „Weißt du Gackuto-san, ich hab mir gedacht…(/Gedacht? Oh, Gott, bloß das nicht!/)…da du ja so gut in der Schule bist und einen Job brauchst…Könntest du mir nicht Nachhilfe geben?“ Masa schaute ihn hoffnungsvoll an. „Ich zahle doppelt so viel, wie sie dir bei deinem letzten Job bezahlt haben.“ Fügte er noch schnell hinzu, als er Gackts skeptischen Gesichtsausdruck bemerkte. „Darum geht es doch gar nicht.“ Der Blonde versuchte, sich dem Verdacht zu entziehen, käuflich zu sein. „Ich bezweifle, dass meine Kenntnisse als ausreichend eingestuft werden können…- “ „Ach, Unsinn!“, wurde der Blonde schon zum dritten Mal an diesem Tag unterbrochen. „Ich bin mir vollkommen sicher, dass du das hervorragend meistern wirst!“ Gackt wollte nicht. Er konnte es förmlich riechen, dass etwas nicht in Ordnung war. Wieso tauchte der Typ ausgerechnet dann auf, wenn er – Gackt – rausgeschmissen wird? Aber andererseits brauchte er das Geld. Und er müsste nicht so früh aufstehen. Masa strahlte mit der Sonne um die Wette, als der Blonde schließlich zusagte. Hyde bekam weder vom Jobwechsel noch von dem Rest der Welt etwas mit. Abgetaucht in dunkle, krankheitliche Gefilde, war sein Geist sogar sehr froh darüber, nicht über seine Einsamkeit nachdenken und leiden zu müssen. Auch Gackts rührende Pflege ging unbemerkt an ihm vorbei. Der Blonde hingegen hatte seine liebe Mühe, die mehr oder weniger eindeutigen Annäherungsversuche Masas abzuwehren. „…und wenn du da x einsetzt, ist die Endformel viel mehr vereinfacht…Masa? He, hörst du mir überhaupt zu?“ „Du…hast so schöne Augen…“ Dieser machte sich nicht einmal die Mühe, seinen träumerischen Gesichtsausdruck zu verbergen. „Was?“ Gackts Schrecken war nicht gespielt. „Du hast doch sicher einen Freund, nicht wahr?“ Masa lächelte anzüglich. „Mein Herz ist bereits vergeben, ja, wenn du das meinst.“ Der Blonde war absolut nicht gewillt, sein Liebesleben zum Gesprächsgegenstand zu machen. Doch ohne, dass er es verhindern konnte, huschte ein kleiner Schatten über sein Gesicht. Und Masa wäre nicht Masa, wenn er es nicht bemerken würde. „Läuft es etwa zurzeit nicht so gut zwischen euch beiden?“ Der Dunkelhaarige versuchte, die Hoffnung in seiner Stimme zu unterdrücken. „Sag mal, Masa-kun, soll ich dir hier etwas beibringen oder mein Leben vor dir ausbreiten?“ Gackt zog seine Braue hoch. /Aha, so ist das also. Na, dann wird es sicherlich niemanden stören, wenn ich mir das nehme, was ich haben will. Du brauchst mir nicht zu verheimlichen, wer dein Freund ist, und dass ihr beide zusammen wohnt weiß ich auch. Aber glaub mir, ich werde nicht zulassen, dass dieser Bastard namens Hyde dich weiterhin quält! Nur ich kann dich glücklich machen. Und ich werde dich bekommen!/ Mit einem dreckigen Siegeslächeln machte Masa sich an die Aufgaben. Gackt bekam eine Gänsehaut, als er den Gesichtsaudruck des Dunkelhaarigen bemerkte, doch er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was dieser plante. Es war sehr früher Nachmittag, als die Blumen kamen. Hyde lag bereits seit ein paar Stunden wach, doch er fühlte sich wie tot. Schwach. Und er war wieder allein. /Ihm ist es egal, ob ich krank bin oder nicht. Also bin ich wirklich bedeutungslos für ihn geworden./ Hyde war zu kraftlos, um zu weinen. /Wie lange habe ich geschlafen?/ Mühsam drehte er seinen Kopf zum Radiowecker und erstarrte. /Eine…eine ganze Woche?/ Das penetrante Schrillen der Türklingel riss den Langhaarigen aus seinem Schockzustand. Langsam stand er auf, zog sich den Morgenmantel über und schlurfte zur Tür. Die ganze Wohnung drehte sich und er musste sich an den Wänden festhalten, um nicht hinzufallen. Doch statt eines Störenfriedes, den er ordentlich zusammenstauchen konnte, lag ein riesiger Strauß blauer Rosen vor der Tür. Als Hyde ihn aufhob, fiel ein kleiner weißer Zettel herunter. *Obwohl gleich von der Farbe, können sich diese Rosen nicht mit der Schönheit deiner blauen Augen messen. Dennoch hoffe ich, dass du sie als ein kleines Geschenk akzeptierst. Dein Verehrer* Dem Langhaarigen wurde übel. Ohne es verhindern zu können, liefen ihm Tränen über das Gesicht. /So ist das also. Wie ich sehe, hast du keine Zeit verloren, Gackuto./ Wie in Trance ging Hyde in die Küche, holte eine Vase, füllte sie mit Wasser und stellte die Blumen hinein. Es waren schließlich Gackutos. Wieso sie ihm vorenthalten? Den Zettel jedoch warf er weg. Gackt würde wahrscheinlich wissen, von wem sie sind. Eine neue Schmerzenswelle drohte ihn zu überfluten und er verschwand schnell ins Bad, um wenigstens sein Äußeres in Ordnung zu bringen. Als Gackt die Tür aufschloss, hörte er Stimmen. Sein Herz schlug bis zum Hals und er beeilte sich, die Schuhe und Mantel auszuziehen. Schnell ging der Blonde ins Wohnzimmer, aus dem er die Stimmen vernommen hatte, und sah dort eine kleine, in Decken gehüllte Gestalt vor dem Fernseher sitzen. „Haido.“ Mehr als ein Flüstern konnte er nicht hervorbringen. Er ging um das Sofa herum, fiel vor dem Langhaarigen auf die Knie und drückte ihn fest an sich. Dabei ignorierte er die Tatsache, dass Hyde die Umarmung nicht erwiderte. „Endlich bist du aufgewacht. Wie fühlst du dich? Vielleicht solltest du zurück ins Bett, nicht dass du wieder krank wirst…“ Er konnte nichts anderes als flüstern. „Es geht mir gut“, winkte Hyde ab. „Verzeih mir. Ich bin nicht da gewesen, als du aufgewacht bist.“ „Du hast sicher Hunger, warte, ich werde dir etwas zu Essen machen“, fuhr Gackt fort, als der Langhaarige nicht reagierte. Doch als schon aufstehen wollte, wurde er zurückgehalten. „Nein, lass nur, ich brauche nichts. Du musstest ja arbeiten, ich verstehe das. Um mich musst du dir keine Sorgen machen.“ Ein leicht ungeduldiger Ton mischte sich in Hydes Stimme. „Na denn, wie du möchtest“, gab der Blonde auf. Dennoch blieb er stehen und betrachtete das Gesicht Hydes, das wieder dem Fernseher zugewandt war. Schließlich konnte er nicht widerstehen und beugte sich dem Kleineren entgegen. Doch bevor der Blonde ihm einen Kuss auf die Lippen drücken konnte, drehte Hyde seinen Kopf zur Seite, sodass er nur die Wange erwischte. Daraufhin täuschte der Kleinere schnell einen Hustanfall vor und kleisterte sich ein schiefes Lächeln ins Gesicht. „Ich glaube, du solltest noch ein wenig damit warten. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du auch noch krank wirst.“ Gackt sah nicht überzeugt aus, doch er hakte nicht weiter nach. Stattdessen stand er auf, strich über Hydes Kopf und verschwand in der Küche. Um sogleich mit der erstaunten Frage „Haido? Wo hast du denn diese Blumen her?“ wieder zurückzukommen. „Ich weiß es nicht“, zuckte der Angesprochene mit den Schultern. „Heute hat jemand an der Tür geklingelt und da lagen sie. Es war auch kein Absender dabei.“ „Hm, sehr seltsam.“ Damit kehrte der Blonde wieder in die Küche zurück. /Er weiß es. Er weiß, woher oder besser von wem die Blumen kommen./, durchzuckte es plötzlich den Kleineren. /Wieso sollte er sonst so schnell aufgeben?/ Als Gackt aus der Küche zurückkam, fand er das Wohnzimmer verlassen vor. Er setzte seinen Weg ins Schlafzimmer fort und fand dort tatsächlich einen offenbar tief schlafenden Hyde vor, dem er sogleich Gesellschaft leistete. Der Langhaarige dagegen lag noch bis in die tiefe Nacht wach, lauschte den ruhigen Atemzügen Gackts und weinte still in sein Kopfkissen. Der nächste Morgen verlief schweigsam. Hyde fragte nicht einmal nach, warum Gackt so lange im Haus blieb, wo er doch meistens noch vor ersten Anzeichen des Lichts verschwand. Gackt schob das seltsame Verhalten seines Freundes auf die erst kürzlich überstandene Krankheit und schwieg ebenfalls. „Haido? Ich gehe jetzt.“ Stille. „Haido?“ Schon fast der Verzweiflung nahe versuchte Gackt wenigstens ein Wort des Abschieds aus dem Kleineren zu bekommen. „Brauchst du irgendetwas? Soll ich vielleicht…“ „Nein, geh schon! Ich möchte ohnehin allein sein“, wurde Gackts Annäherungsversuch schroff unterbrochen. Hyde ignorierte den verletzten Ausdruck in Gackts Augen. Er war wütend. Warum zog der Blonde diese dämliche Komödie ab, wo er – Hyde – es doch wusste, dass dieser einen anderen hat? Eine andere Erklärung gab es nicht. Der Blonde mied ihn schon seit Wochen. Von wegen Arbeit! Wahrscheinlich vergnügte Gackt sich mit seinem Lover, während der kleine Hyde sich die Augen ausheulte und vor Einsamkeit verging! Das leise Klicken der ins Schloss fallenden Tür stoppte Hydes Wutwelle. Der Ärger verflog genauso schnell wie er gekommen war und machte einer beklemmenden Unsicherheit Platz. Der Langhaarige unterdrückte den plötzlich aufkommenden Wunsch, dem Blonden nachzulaufen, sich ihm um den Hals zu werfen, um diese unsichtbare Mauer, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, zu überbrücken. Stattdessen stand er auf und begann in der Wohnung herumzuwandern. Gackt schloss ihn aus. Immer wieder hatte Hyde ihn nach den Gründen für seine plötzliche Arbeitswut gefragt und immer wieder schaffte es der Blonde, ihm eine Antwort schuldig zu bleiben. Wo war nur das Vertrauen geblieben? Der Langhaarige konnte förmlich fühlen, wie das Glück durch seine Finger rann, während er nur hilflos zusehen konnte. Der Hilfeschrei einer vergewaltigten Türklingel riss Hyde aus seiner Depression und er bemerkte, dass er die ganze Zeit seine Hände angeschaut hatte. Er eilte zur Tür und hielt erschrocken inne. Obwohl Blumen eigentlich dazu gedacht waren, deren Empfängern Freude zu bereiten, bewirkten die am Boden liegenden roten Rosen bei dem Langhaarigen genau das Gegenteil. Beinah feindselig stierte er auf die Blumen, doch dann besann er sich, schnappte die Rosen und schmiss die Tür zu. Ein dumpfes *Bonk* machte Hyde darauf aufmerksam, dass etwas Schweres aus dem Strauß gefallen war. Misstrauisch hob der Langhaarige den an Gackt adressierten Umschlag auf, öffnete ihn. Und erstarrte vor Schock. *Ich danke dir. Nie hätte ich gedacht, dass du mir solch ein Geschenk machen würdest. Hast du etwa dafür die ganze Zeit gearbeitet? Hier hast du meine Antwort. Ich hoffe, er gefällt dir.* Der Verlobungsring lag schwer in der kleinen zitternden Hand Hydes und glänzte verächtlich im spärlichen Winterlicht. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, als er krampfhaft versuchte, aus diesem Alptraum aufzuwachen. Das konnte doch einfach nicht sein! Die Hand, die die Rosen hielt, schloss sich fest um die dornbesetzten Stiele bis warmes Blut hervorquoll. Nein, diesmal würde er nicht heulen! Solche Typen wie Gackt haben es nicht verdient, dass man wegen ihnen heult. Immer weiter drückte er seine Hand in die Dornen hinein. Blut floss langsam seinen Arm hinab, tropfte auf den Boden. Doch selbst dieser Schmerz konnte sich nicht mit dem messen, der sich in Hydes Innerem ausbreitete und seine Eingeweide auf Eis legte. Mechanisch schlurfte der Langhaarige in die Küche, wechselte die Blumen aus und schmiss nach einigen Sekunden des Überlegens den Ring mit in in die dunkle Vase. Hyde fühlte sich ausgelaugt. Mit letzter Kraft wusch er seine schmerzende Hand und verband sie notdürftig, bevor er auf das Sofa kletterte. Schließlich gab der Langhaarige es auf, sich gegen die Tränen zu wehren und weinte sich in den Schlaf hinein. Masas Annäherungsversuche wurden immer eindeutiger und nervender. Bei Begrüßungen und Abschieden reichte ein Händedruck und eine Verbeugung nicht mehr. Eine von Gackt als äußerst unangenehm empfundene Umarmung musste her. Reichte der Blonde ihm ein Buch herüber (was ungewöhnlich oft vorkam – Masa musste irgendwie die ihm hingereichten Bücher auf einem unsichtbaren Fließband wieder zurückbefördern), so hielt er unnötig lange die Hand des Blonden, sodass dieser es nicht aushielt und seine Hand ruckartig in Sicherheit bringen musste – wobei das Buch meistens herunterfiel. Immer hatte der Dunkelhaarige ein stupides, Gackt- (und sich selbst-) verliebtes Grinsen in sein Gesicht tapeziert, während seine Augen vor Boshaftigkeit nur so überquollen. Gackt verspürte mit jedem Tag immer weniger Lust, Masa wiederzusehen. Das einzig positive war, dass er seinem Ziel finanziell endlich näher gerückt war und dieser lebenden Tortur (sprich: Masa) bald endlich kündigen konnte. Erleichterung durchflutete den Blonden als er endlich die Villa des Dunkelhaarigen verließ und sich Richtung Zuhause aufmachte. Dort fand er einen zusammengerollten Hyde auf dem Sofa und wollte sich schon Sorgen machen, beruhigte sich aber schnell, als er bemerkte, dass dieser nur schlief. Der Blonde konnte seinen Blick nicht von dem schlummernden Engel losreißen. Der Langhaarige strahlte selbst jetzt eine unschuldige Verführung aus, der Gackt am wenigsten widerstehen konnte. Zart berührten seine Lippen die Hydes, fuhren langsam die Gesichtszüge nach. Dieser seufzte wohlig, verriet im Schlaf, wie sehr ihm das gefehlt hatte. /…ob er ihn genauso berührt und geküsst hat?/ von diesem Gedanken vollständig erwacht, stieß Hyde den Blonden heftig von sich. „Hast…hast du mich erschreckt!“, log er und wieder diente ein Hustanfall als Täuschungsmanöver. „Mein Kopf tut so weh…“ Die Ablenkung schien zu funktionieren, denn Gackt stand sofort mit einer gemurmelten Entschuldigung auf, um ein paar Kopfschmerztabletten zu besorgen. Glücklicherweise enthielten sie schlaffördernde Wirkstoffe, sodass Hyde schnell wieder in die Traumwelt entfliehen konnte. Gackt lag noch stundenlang wach und grübelte über das seltsame Verhalten des Langhaarigen nach, bis ihm ebenfalls die Augen zufielen. Hyde spürte die Wärme noch, bevor er gänzlich aufgewacht war. Er fand sich in einer festen Umarmung Gackts wieder. Obwohl sein Verstand ihm zuschrie, sich davon zu befreien und in die hinterste Ecke zu kriechen, gab der Langhaarige seinem Herz nach und kuschelte sich noch weiter in die wärmende Nähe. Und wurde mit einem zärtlichen Morgenkuss belohnt. Dem folgte sogleich ein sanftes „Guten Morgen, Haido“ und ein etwas besorgtes „Geht es dir jetzt besser?“ „Ja…“ seufzte der Angesprochene, nicht willig zu antworten und den schönen Augenblick der Ruhe zu stören. Langsam und unendlich vorsichtig, als bestehe der kleine Körper aus Glas, strichen die Hände Gackts über die weiche Haut und der Blonde musste bei dem zufrieden-entspannten Gesichtsausdruck des Langhaarigen lächeln. Mit der gleichen langsamen Zärtlichkeit wurde die Wanderschaft über die schmalen Schultern die Arme hinab fortgesetzt. Plötzlich stoppte sie. Stattdessen zog der Blonde die Hände Hydes näher zu sich und riss den Kleineren damit aus seinem Dämmerzustand. „Haido?“, flüsterte Gackt, als er vorsichtig den blutverschmierten Lappen betastete. Dieser sog zischend die Luft ein, denn das Stück Stoff war an den teilweise tiefen Schnitten angetrocknet und klebte fest. „Es ist nichts. Bin nur ausgerutscht und hingefallen…“, schaffte er schließlich herauszubringen. „Ach, Haido, was machst du nur für Sachen.“ Mit einem Seufzer kletterte Gackt aus dem Bett und nahm den Langhaarigen auf seine Arme. Es wurde lautstark protestiert. „Hey, lass das! Das ist doch nur eine Hand! Laufen kann ich noch selbst! Ich bin doch keine Memme!“ „Das weiß ich doch.“ Kurz wurde ein Kuss auf Hydes Nasenspitze gepflanzt und Gackt setzte glücklich seinen Weg fort. Der Langhaarige gab verdächtig schnell auf und lehnte seinen Kopf in Gackts Halsbeuge. Doch die Reise endete geschwind und Hyde wurde an einem Küchenstuhl abgesetzt. Gedankenverloren betrachtete er seine Hand, zupfte an dem (leider fest sitzenden, wie er feststellen musste) Lappen herum, während Gackt Wasser in eine Schüssel füllte. „Leg deine Hand hinein.“ Der Blonde stellte die volle Schüssel vor Hyde auf den Tisch. Dieser tat – wenn auch etwas skeptisch – was man von ihm verlangte und nach kurzer Zeit ließ sich der Stoff widerspruchslos entfernen. Gackt zischte als er vorsichtig die Wunden betrachtete. „Ich frage mich, wie man ausrutschen und hinfallen kann, um sich so etwas zuzufügen…“ Hyde ging nicht darauf ein. Er wollte nicht darüber nachdenken. Alles, was für ihn zählte, war, dass der Blonde sich um ihn kümmerte und ihm die Beachtung schenkte, die Hyde schon seit langem ersehnte. Vorsichtig wurde Desinfektionsmittel auf die vielen Schnitte getupft. Dennoch konnte der Langhaarige ein leises schmerzvolles Luftholen nicht unterdrücken. „Tut es sehr weh?“ Zwei eisblaue Augen blickten ihn voller Sorge an. Hyde schüttelte den Kopf und grinste. Er fühlte sich wie ein kleines Kind behandelt, dem die Mama den Splitter aus dem Finger zieht. Aber es tat ihm trotzdem gut. „Nicht, wenn du bei mir bist… “, flüsterte er leise und bemerkte, dass Gackts Wangen in verräterischem Rot aufleuchteten. Etwas überrascht, aber dennoch glücklich erlaubte Hyde sich ein Fünkchen Hoffnung, dass die ganze Rosen-und-Ring-Geschichte doch nur ein großes Missverständnis gewesen war. *** Dieses Mal war es nur eine Rose. Doch mehr Anlass zur Beunruhigung gab der weiße Umschlag daneben. Wie auch die beiden Male davor, war der Absender nirgendwo zu entdecken. Das Zittern, mit dem der Langhaarige den bedrohlichen Umschlag in der Hand hielt, hörte sofort auf, als er bemerkte, dass er von Gackt sein musste. Wer sonst würde ihm ein Treffen am Nachmittag vorschlagen? Verträumt starrte Masa in die Luft, konnte sich aber ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen. Bald, sehr bald würde er Gackt seine Gefühle gestehen und dann würde der Blonde ihm gehören. Hand in Hand würden sie durch die Stadt spazieren und hier und da würde Masa diesen verlockenden Lippen einen Kuss stehlen. Oder sie könnten dorthin wegfahren, wo es wärmer ist. Irgendwo am Strand entlang schlendern und dann vor einer verlassenen Hütte stehen bleiben. Langsam würde Masa dem Blonden das bunte Hemd von den Schultern streichen und ihn in die Hütte drängen, dessen einziges Zimmer mit einem riesigen Bett versehen war. Eine große Spielwiese nur für sie beide…Brutal wurde der Dunkelhaarige aus seinen Tagträumen gerissen, als ein Mathebuch auf den Tisch knallte. „Masa.“ Gackt hatte genug. „Wenn du meinen Nachhilfeunterricht langweilig findest, dann kannst du mir das ruhig sagen. Ich mache mir garantiert nicht die Mühe, hierher zu kommen, um meine Zeit mit Masa-vom-Luftstarren-abzuhalten-und-wieder-in-die-Realität-zurückholen zu verplempern. Da habe ich weiß Gott, was Besseres zu tun!“ Erschrocken sprang Masa auf, lief um den Tisch herum und drückte sich an den Blonden. „Es tut mir Leid! Ich mach’s nie wieder, nur bitte bleib hier! Geh nicht weg!“ „Scho – schon gut.“ Irritiert von Masas Verhalten versuchte Gackt ihn wegzuschieben. Glücklicherweise löste sich der Dunkelhaarige, bevor der Blonde sich gezwungen sah, ihn zu treten. „Als Entschuldigung möchte ich dir etwas zeigen.“ Ohne auf Gackts Proteste zu achten, zog Masa den Blonden auch schon Richtung Tür. /Ein Juweliergeschäft?/ Hyde verstand nicht, warum Gackt unbedingt wollte, dass sie sich in einer Seitenstraße gegenüber einem Schmuckladen trafen. Der Blonde wollte ihm doch nicht einen Ring zum Geburtstag kaufen, oder? Aber so weit sich der Langhaarige sich erinnern konnte, war sein Geburtstag erst in ein paar Tagen und außerdem, woher hatte Gackt denn so viel Geld? Hyde bezweifelte, dass man beim Zeitungsaustragen genug verdiente, um selbst den billigsten Ring in diesem Geschäft bezahlen zu können. Fragen über Fragen und der Langhaarige hoffte, dass Gackt sich beeilte, denn ihm wurde langsam aber sicher kalt. Kaum gedacht, sah er ihn schon auf den Laden zugehen. Aber was war das? Hand in Hand mit einem anderen? „Masa, hör auf mich zu ziehen! Ich kann sehr wohl auch alleine gehen! Und außerdem, was willst du denn in diesem Geschäft?“ „Ach komm, sei kein Spielverderber und lass mich nur machen. Ich habe eine Überraschung für dich!“ Hyde bildete sich ein, Gackts Augen leuchten zu sehen, als der andere Typ auf den Laden zeigte und den Blonden anlächelte. Er sah die beiden in das Juweliergeschäft hineingehen. „Los, probier den Ring an!“, drängte Masa, als sie wieder draußen waren. „Was? Wozu denn?“ Gackt hatte ein ungutes Gefühl. Er wollte so schnell wie möglich nach Hause. „Frag nicht, mach einfach“, grinste Masa und konnte es sich nicht nehmen lassen, Gackt selbst das Schmuckstück überzustreifen. „Also ich persönlich finde, dass er dir hervorragend steht.“ Sanft hielt der Dunkelhaarige die Hand Gackts in seiner, nur um angeblich den Ring zu betrachten. „Du kannst ihn behalten, wenn du möchtest.“ „Was?!“ „Aber er ist nicht umsonst!“, setzte Masa schnell nach. „Aber Masa, ich…“, wand Gackt ein. Er wollte den Schmuck doch gar nicht haben. „Ich will kein Geld von dir“, unterbrach ihn der Dunkelhaarige. „Was denn dann?“, wunderte sich der Blonde. Aber wenn er ehrlich war, wollte er es gar nicht wissen. Doch Masa sah es anscheinend als Zeichen. „DAS!“, antwortete er und zog den Gackt zu sich herunter, um seine Lippen in einem innigen Kuss zu versiegeln. Hyde konnte es nicht fassen. Eine Schmerzenswelle nach der anderen überflutete sein Herz. Mühsam hielt er sich an der Hauswand, hinter welcher er die beiden beobachtet hatte, und rang röchelnd nach Luft. Das tat so unglaublich weh! Ohne es zu merken, liefen ihm die Tränen über die Wangen. Der Langhaarige wollte nur noch weg von diesem fleischgewordenen Alptraum. Ohne nachzudenken lief er jedoch in die falsche Richtung, nämlich auf die beiden zu. Aber wahrscheinlich würden sie ihn nicht einmal bemerken, wenn Hyde direkt in sie hineinrennen würde, so sehr waren sie miteinander beschäftigt! Gackt wachte endlich aus seiner überraschten Starre, als er etwas Langhaariges unweit von ihm über die Straße rennen sah. „Haido!“, schrie er erstickt auf und riss sich los, um dem Kleineren zu folgen. Doch durch Masas verzweifelte Umklammerung wurde er erfolgreich daran gehindert und konnte nur beobachten, wie Hyde in der Menge verschwand. „Nein!“ die Stimme des Dunkelhaarigen klang gedämpft, denn dieser hatte seinen Kopf in Gackts Rücken gedrückt. „Ich lasse dich nicht gehen! Ich liebe dich! Wir beide sind füreinander bestimmt!“ „Verdammt, Haido, was hast du hier gemacht?“ Gackt hörte Masa nicht einmal zu. „Warum bist du ausgerechnet hier gewesen?“ Der Dunkelhaarige lachte auf und ging um Gackt herum. „Warum?“, wiederholte er spöttisch. „Ganz einfach. Weil ich ihn herbestellt habe, darum! Genauso wie ich dir die Blumen und den Ring geschickt habe! Und dich feuern ließ!“ Der Blonde konnte ihn nur geschockt ansehen. „Was…hast du angestellt?“, flüsterte er. „Ich habe das nur für dich getan!“ Masas Miene wechselte plötzlich von höhnisch zu weinerlich. „Ich liebe dich!“ „Was hast du angestellt!“, wiederholte Gackt. Diesmal viel lauter und aggressiver. Masa bekam es mit der Angst zu tun. „Zu – zuerst habe ich dich beobachten lassen und herausgefunden, wo du wohnst. Und mit wem.“ Gackt ignorierte den Hass in Masas Stimme. „Dann hast du angefangen zu arbeiten, und zwar in der Tochterfirma eines Unternehmens meines Vaters. Es war sehr einfach, dich feuern zu lassen…Dann habe ich versucht, Hyde eifersüchtig zu machen und habe auf deine Adresse Blumen schicken lassen, während du bei mir warst. Heute habe ich ihm eine Rose mit der Einladung, hierher zu kommen, geschickt. Und dieser Depp ist natürlich prompt drauf reingefallen!“, konnte Masa es sich nicht verkneifen. Augenblicklich brachte ihn der hasserfüllte Blick Gackts zum Schweigen. „Dann war das also alles dein Werk?!“ Der Blonde zitterte vor Wut. „Bitte nicht!“ Masa warf sich an Gackt. „Ich konnte nicht länger ertragen, wie er dich verletzt hat! Du gehörst mir! Verstehst du denn immer noch nicht, dass dieser Hyde der größte Fehler deines Lebens ist?“ Abermals versuchte der Dunkelhaarige Gackt zu küssen. Doch dieser stieß ihn dermaßen heftig von sich, dass Masa im Schnee landete. „Wage es ja nicht noch einmal mich anzufassen, kapiert? ‚Mich verletzt’? Haido ist der einzige, der mich jemals glücklich gemacht hat! Wie kannst du dir überhaupt anmaßen, darüber zu urteilen?“ Mit ruckartigen Bewegungen streifte sich der Blonde den – seiner Meinung nach zu hoch bezahlten – Ring vom Finger und warf ihn neben dem Liegenden in den Schnee. „Sehe ich dich irgendwo in Haidos Nähe, schwöre ich, dass dir keine Ärzte der Welt werden helfen können!“ Damit drehte sich Gackt um und lief in die Richtung, wohin vorher der Langhaarige verschwunden war. „Haido! Was um Gottes Willen machst du da?“ Tetsu war genauso überrascht wie erschrocken, als er in der zusammengekrümmten Gestalt am Boden vor seiner Haustür seinen Freund erkannte. „Te – Tet-chan, ich…ich…“ Der Langhaarige brachte kein Wort heraus. „Oh, mein Gott, was ist denn mit dir passiert?!“ Auch Tetsu hatte nun die Tränen bemerkt. „Bist du verletzt? Hat dir jemand wehgetan? Na, der wird was erleben! Aber komm erst mal rein…“ Dankbar, von der Pflicht entbunden zu sein, antworten zu müssen, ließ sich Hyde in die Wohnung ziehen. Dort angekommen, drückte Tetsu den Schluchzenden an sich. „Habt ihr euch gestritten?“, wagte er vorsichtig zu fragen, als der Tränenfluss verebbte. Müde und ausgelaugt konnte der Langhaarige nur den Kopf schütteln. „Was? Was ist denn dann passiert?“ Tetsu verstand nicht. Die Antwort Hydes war wieder nur ein Kopfschütteln. Der Langhaarige löste sich aus der Umarmung und wankte auf das Sofa zu. Dort rollte er sich in zu einem kleinen Ball zusammen. Tetsu seufzte. „Okay, ich hab schon verstanden, du möchtest nicht darüber reden.“ Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Am liebsten hätte er die Wahrheit aus Hyde herausgeschüttelt, doch Tetsu wusste ganz genau, dass dies nur das Gegenteil bewirken würde (er hatte es nämlich schon ein paar Mal versucht und meistens endete es in einem Streit). „Tet-chan?“ Eine schwache Stimme lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das lebende Bündel. „Was ist los?“, fragte Tetsu flüsternd zurück, als er sich neben den Langhaarigen kniete. Hatte Hyde es sich doch anders überlegt und wollte ihm gleich alles erzählen? „Darf ich bei dir schlafen?“ Ein lautes *BONK* wäre garantiert zu vernehmen gewesen, würde Tetsu nicht schon sitzen. „Was?“, lachte er auf. „Aber natürlich! Was für eine Frage! Glaubst du wirklich, ich würde dich vor die Tür setzen?“ „Na ja…ich bin ohne Vorwarnung bei dir hereingeplatzt…“, rechtfertigte sich Hyde. Ohne zu antworten, dafür immer noch lachend, deckte Tetsu den Langhaarigen zu und verließ das Zimmer. Als er mit einem Kissen wieder zurückkehrte, war Hyde bereits im Land der (Alp-)Träume. *** Der Verzweiflung nahe schloss Gackt die Wohnungstür auf und rutschte langsam an ihr herunter. Eine vierstündige Suche erwies sich als fruchtlos. (Die Batterie seiner Armbanduhr ließ den Stundenzeiger noch weiter von der Zwölf wegrücken). Er hatte keine Ahnung, wo Hyde steckte. Er konnte nur hoffen, dass er an einem sicheren Ort und ihm nichts zugestoßen war. Das würde der Blonde sich niemals verzeihen! Mit einem Ruck stand der Blonde auf, stapfte in Richtung Schlafzimmer und warf sich ins Bett. Nach zwei Stunden unruhigen Herumwälzens stand er wütend auf. Entschlossen ging Gackt in die Küche, kramte nach einer verstaubten Flasche Vodka und trank sich bewusstlos. Ausnahmsweise nicht der Wecker, sondern sein Magen riss ihn aus seinem traumlosen Schlaf. Blindlings stolperte er ins Badezimmer und übergab den letzten Rest des Mittagessens – der das Pech (oder das Glück) hatte, dort zu verweilen – der Kloschüssel. Der Kater meldete sich nur kurze Zeit später. Während seiner Morgenhygiene vermied der Blonde tunlichst, auch nur einen kleinen Blick Richtung Spiegel zu werfen. Damit ersparte er sich einen weiteren Schock an diesem Morgen. Unruhig wanderte Gackt in der Wohnung auf der Suche nach Telefonnummern von Hydes Freunden. Er hatte sich nie für sie interessiert, wozu auch? Der Langhaarige beherrschte diktatorisch seine Gedankenwelt, es gab keinen Platz für andere. Das erste, was dem Blonden ins Auge fiel, als er Hydes Nachtschränkchen aufmachte, war ein Foto. Ein Bild aus fröhlicheren Tagen. Ein rot gewordener Hyde und ein schelmisch grinsender Gackt - der den Kleineren von hinten umarmte und seinen Kopf an dessen Schulter stützte – strahlten in die Kamera. (Der Grund für Hydes Rotwerden war klar: Das Foto wurde mitten auf dem schülerüberfüllten Korridor aufgenommen. Spätestens dann wusste auch der letzte Verehrer Hydes – viele hielten wirklich für ein Mädchen – dass dieser vergeben war). Vorsichtig fuhr Gackt mit seinem Finger die Gesichtszüge des Langhaarigen nach. Es war nicht einmal ein Tag vergangen und er vermisste Hyde bereits so sehr! *DOMP* Ein plötzlicher Schmerz an seinem Fuß holte den Blonden aus seiner Lethargie. Das ohnehin schon überfüllte Schränkchen hatte seine liebe Mühe damit, seine Innereien bei sich zu behalten und konnte nicht verhindern, dass ein schweres Mathebuch geradewegs auf Gackts ungeschütztem Gehwerkzeug landete. Gackt konnte sich ein Schmerzenswinseln nicht verkneifen (...tja, da sieht man’s…Mathe IST einfach schlecht für die Gesundheit...). Als er es aufhob, um es in die nächste Ecke zu pfeffern, bemerkte er, dass es nicht Hyde gehörte. Der Name des Besitzers war nämlich unübersehbar auf Vorder- und Rückseite geschrieben. (Tetsuya Ogawa ≠ Hyde). Ein weißer Zettel segelte aus dem potentiellen Mordinstrument. Gackt wagte nicht, zu hoffen, dass es sich hierbei um Adresse des Besitzers handelte. Seine nicht vorhandenen Hoffnungen wurden bitter enttäuscht. *Für Haido-chan von Tetsu. Viel Spaß beim Büffeln!* Ein genki Grinsen zierte den freien Platz auf dem Papier. Seufzend stand der Blonde auf, um im Telefonbuch nach der Nummer des gnädigen Spenders zu suchen. Selbst wenn dieser Tetsu keine Ahnung hatte, wo Hyde war, so wusste er sicherlich mehr über Hydes Freunde Bescheid als Gackt. *** „Er hat WAS?!“ Tetsu konnte es nicht fassen. „Vor deinen Augen? Hat er überhaupt kein Schamgefühl mehr?“ Je mehr Fragen Tetsu stellte, desto mehr bereute der Langhaarige, es ihm überhaupt erzählt zu haben. Verdammt, wieso musste ausgerechnet ihm so etwas passieren? Dabei sah alles so schön aus. Ein Stipendium an einer berühmten Hochschule, unzerstörbar wirkende Liebe… Wirkend. Scheinbar. Nicht real. War es seine Schuld? Hatte er etwas falsch gemacht? Der Langhaarige wollte doch nichts anderes als wieder in Gackts Arme zu springen, alles vergessen und endlich wieder glücklich sein. Aber es war unmöglich. Nie wieder würde es so sein wie früher. Hyde bemerkte nicht, wie Tetsu mit ernstem und nachdenklichem Gesicht aufstand und das Zimmer verließ. Erst als die Taschentücher in seinem Blickfeld auftauchten, wurde er darauf aufmerksam, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Sanft zog Tetsu seinen langjährigen Freund in seine Arme. Während er ihn hin und her wiegte, reifte in ihm ein Entschluss. „Es wird alles gut werden“, flüsterte er leise. /Dafür werde ich sorgen, das verspreche ich dir./ Eine regelmäßige Schrille übertönte erfolgreich das Geplärr des Fernsehers. Ein verwunderter Tetsu eilte zum Telefon. So spät abends riefen ihn nur wenige an. „Ja? Tetsuya Ogawa am Apparat.“ „Guten Abend, hier spricht Gackt. Verzeih bitte die Störung. Ich wollte dich fragen, ob du heute zufällig irgendwo Hyde getroffen hast.“ Tetsu schielte vorsichtig ins Wohnzimmer, doch Hydes dumpfem, leeren Blick auf den Fernseher nach zu urteilen, hatte dieser wohl nichts mitgekriegt. „Nein. Wieso? Ist er etwa verschwunden?“ Tetsu versuchte, so überrascht wie möglich zu klingen. „Um ehrlich zu sein, ja.“ Man konnte deutlich heraushören, wie ungern der Blonde darüber sprach. „Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung und danach ist er weggelaufen.“ /Eine kleine Auseinandersetzung?!/ Tetsu wurde langsam wütend. /Du nennst Betrug und Vertrauensmissbrauch eine kleine Auseinandersetzung?!/ „Bitte! Hilf mir, ihn wiederzufinden!“, flehte Gackt, der das Schweigen Tetsus falsch interpretierte. „Ich verlange ja nicht, dass du dich auf die Suche nach ihm machst, gib mir nur Telefonnummern von seinen anderen Freunden, falls du welche kennst! Alles was ich will, ist zu wissen, ob es ihm gut geht!“ Beinahe verzweifelt redete der Blonde auf ihn ein. /Es geht ihm aber nicht gut und daran bist nur du Schuld!/ Tetsu konnte sich gerade noch davon abhalten, dies laut auszurufen. Dennoch, dass Gackt sich solche Sorgen um Hyde machte, besänftigte Tetsu ein wenig. Konnte es am Ende sogar sein, dass der Langhaarige Opfer eines Missverständnisses geworden war? Oder aber Gackt war ein sehr talentierter Schauspieler. Zeit, das herauszufinden. „Das klingt furchtbar!“ Tetsu nahm sich vor, ebenfalls Schauspielunterricht zu nehmen. Lügen waren einfach nicht sein Ding. „Natürlich helfe ich dir, Hyde wiederzufinden, immerhin ist er mein Freund! Ich würde vorschlagen, dass wir uns morgen Nachmittag bei Maru Sho’s treffen, um alle Einzelheiten zu besprechen. Vielleicht gibt es ein paar Lieblingsorte, an denen sich Hyde möglicherweise aufhalten könnte.“ „Ich danke dir vielmals.“ Ein Hoffnung geschöpfter Gackt verabschiedete sich und legte auf, während ein geschockter Tetsu die apathische Hülle seines langjährigen Freundes betrachtete. Mit schnellen Schritten überbrückte er die Distanz zwischen ihnen und berührte den Langhaarigen an der Schulter. Der still Angesprochene zuckte zusammen und hob seinen Blick. Die sonst so lebensfreudig glänzenden Augen sahen nun leer und tot in die Tetsus. „Willst du nicht lieber schlafen gehen? Es ist schon spät.“ Hyde schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht müde. Ich würde gern weiter fernsehen, falls es dich nicht stört.“ Tetsu seufzte leise. „Nein, es stört mich nicht, aber bleib trotzdem nicht zu lange auf, okay?“ Der Langhaarige antwortete nicht. Und er ging auch nicht zur Ruhe – wie Tetsu am nächsten Morgen beim Anblick des unberührten Bettes erkannte. Nach einer kurzen, aber panischen Suche fand er Hyde in der Küche vor einer Tasse kaltem Kaffe sitzen. Mit seinem zerzausten Haar und dem blassen Gesicht sah der Kleinere dermaßen Mitleid erregend aus, dass Tetsu es nicht lange bei diesem Anblick aushielt und ihn von hinten fest an sich drückte. „Huh? Gackuto?“, schreckte Hyde aus seiner Lethargie auf. „Nein, ich bin’s.“ Tetsu gewann schnell seine Fassung wieder. „Oh, Tet-chan…“ Hatte er sich verhört oder klang in Hydes Stimme tatsächlich Enttäuschung mit? „Morgen. Habe ich dich geweckt?“, unterbrach der Langhaarige Tetsus Gedanken. Dieser ließ Hyde los und setzte sich ihm gegenüber. „Mit was hättest du mich wecken können? Kaffeeschlürfen?“ Falls der Langhaarige in irgendeiner Weise amüsiert war, so wusste er es sorgfältig zu verbergen. Sein Blick ging durch den schief lächelnden Tetsu hindurch, auf einen weit entfernten Punkt konzentriert. „Ist der Kaffe nicht etwas zu kalt?“ Krampfhaft versuchte er, eine Konversation aufrecht zu erhalten. „Hyde? Hyde!“ Er wedelte mit der Hand vor dem erstarrten Gesicht des Langhaarigen. „Ja?“, wurde nur leise und abwesend gemurmelt. „Ach, nichts“, seufzte Tetsu. Es hatte keinen Sinn. Er stand auf und verließ die Küche, um sich anzuziehen. „Äh, Hyde? Ich muss noch mal kurz weg, okay? Warte mit dem Mittagessen nicht auf mich“, rief Tetsu, als er fast schon zur Tür raus war. Obwohl er stark anzweifelte, dass der Langhaarige überhaupt etwas essen würde. Schweigen war die einzige Antwort, die Tetsu bekam. Erst als das Klacken des Schlosses das Verschwinden seines Freundes bestätigte, gab Hyde es auf, die Tränen zurückzuhalten. Schluchzend versank er im Sumpf des Liebeskummers und der Einsamkeit. *** Irgendwie schien dieser Tetsuya nicht sehr überrascht über Hydes Verschwinden gewesen zu sein. Gackts Verdacht bestätigte sich, nachdem er herausgefunden hatte, wo Tetsu wohnte. Nicht nur die Nähe zum Juweliergeschäft war eindeutig, sondern auch die Richtung wich nur geringfügig von der ab, in die Hyde verschwunden war. Dennoch, um alle möglichen Irrtümer auszuschließen, musste der Blonde die Adressen anderer Freunde des Langhaarigen überprüfen. Doch die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen wurde durch Verzweiflung verdrängt. Was, wenn Tetsuya doch die Wahrheit gesagt hatte und Hyde tatsächlich nicht bei ihm war? Wo dann? Er merkte, wie sehr er eigentlich hoffte, dass der Langhaarige sich doch bei Tetsuya befand. Gackt versuchte, sich mit dem Versprechen an sich selbst, Haido zu finden, zu beruhigen. Wo auch immer dieser sich aufhielt, der Blonde weigerte sich, seine Liebe einfach aufzugeben. Nichtsdestotrotz…egal, was er sich einredete, der Kleinere fehlte ihm so sehr! Er vermisste sein fröhliches Lachen (was in letzter Zeit eher eine Seltenheit geworden war), sein munteres „Ga-chan, wach endlich auf!“, wenn er den Blonden mit kaltem Wasser übergoss…und den zierlichen Körper, der so perfekt in seine Arme passte. Ertappt ließ Gackt seine Hände sinken, hatte er sich die ganze Zeit selbst umarmt. Abermals nahm er seine Wanderschaft in der Wohnung auf. Bis zu dem Treffen mit Tetsuya war es noch lange hin. Der Blonde merkte auf einmal, wie langsam die Zeit verging, wenn man niemanden hatte, mit dem man sie verbringen konnte. Und wieder war es der Kalender, der die Aufmerksamkeit seiner Besitzer auf sich zu ziehen vermochte. Gackt sog scharf die Luft ein. Dann begann er sich mit einer Lichtgeschwindigkeit anzuziehen, die einer Rakete alle Ehre gemacht hätte und lief aus dem Haus. Hydes Geburtstag lag an einem Sonntag und über das Wochenende waren alle Läden geschlossen. Sein Treffen mit Tetsuya war genau an dem Freitag vor Haidos Geburtstag anberaumt. Somit könnte der Blonde nur hoffen, dass der Kauf der Gitarre ihn nicht zu spät kommen ließ. Er erstaunte sich selbst. Seit wann war er so zuversichtlich, dass Hyde zu ihm zurückkehren würde? Gackt verbot sich jeden weiteren Gedanken. „Du bist eine Viertelstunde zu spät!“, klagte den Blonden eine Stimme hinten an, als er vorsichtig durch das überfüllte Café schlich, auf der Suche nach Tetsuya. Trotz der etwas vorwurfsvollen Begrüßung war Gackt ungemein erleichtert, von seiner Suche befreit worden zu sein, denn eine Person auszumachen, die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, war auch für sein fotographisches Gedächtnis kaum zu meistern. „Hallo. Ich nehme an, du bist Tetsuya Ogawa? Es tut mir Leid, dass ich jetzt erst komme, aber ich musste etwas Dringendes erledigen.“ „Na ja, solange du mich nicht versetzt, ist es schon in Ordnung. Komm, setzten wir uns. Das, was du mir am Telefon berichtet hast, ist wirklich Besorgnis erregend.“ Tetsu musste sich nun wahrlich nicht anstrengen, um beunruhigt auszusehen, reichte doch schon das Bild Hydes von heute Morgen, um sein Herz zusammenkrampfen zu lassen. „Hast du was über seine weiteren Freunde herausfinden können?“, unterbrach der Blonde sein Geistesgut. „Ich habe natürlich herumtelefoniert, aber die meisten scheiden aus, weil sie mittlerweile umgezogen sind oder schlicht und einfach unerreichbar sind.“ Tetsu merkte, wie der Blonde bei seiner Schwindelei etwas weiter in sich zusammensackte. „Vielleicht wäre es hilfreicher, wenn du mir die ganze „kleine Auseinandersetzung“ erzählen würdest“, fuhr Tetsu fort. „Es könnte ja sein, dass es Hinweise auf andere Personen gibt, mit denen Haido etwas zu tun haben könnte.“ Gackt seufzte. Er fühlte sich plötzlich todmüde und verspürte nicht den geringsten Wunsch, diesem (für ihn persönlich) Fremden sein Herz auszuschütten. Dennoch, Tetsu hatte Recht, es war durchaus annehmbar, dass er etwas übersehen hatte, was unter Umständen wichtig sein könnte. Mit jeder einzelner Wendung Gackts Darstellung des Geschehenen weiteten sich Tetsus Augen. Er konnte es kaum glauben, wie unterschiedlich ein und dieselbe Geschichte sein könnte. „Ich wünsche mir nur Gewissheit, dass es ihm gut geht“, endete Gackt seinen Monolog. „Vielleicht ist er an seinem jetzigen Aufenthaltsort besser aufgehoben als bei mir.“ Die Stimme des Blonden klang verdächtig belegt. „Ist er nicht“, platzte Tetsu schließlich heraus. Gackt konnte nur ein schwaches, ungläubiges „Was?“ von sich geben. „Haido ist ein Schatten seiner selbst! Er isst und schläft nicht und das schon seit Tagen. Nicht einmal einen vollständigen Satz kann man ihm entlocken. Er lebt in seiner eigenen Welt…nichts interessiert ihn mehr.“ Tetsus von Verzweiflung geprägter Wortschwall brachte den Blonden zum Leben. „Wie? Er ist also doch bei dir! Warum hast du mir das nicht gesagt?“ Gackt war aufgesprungen. Ups. So war das eigentlich nicht gedacht…Tetsu hätte sich auf die Zunge beißen können. Eigentlich hatte er noch herausfinden wollen, ob der Blonde auch wirklich die Wahrheit sagte. Er wollte sich nicht eingestehen, dass er bereits überzeugt war. „Setz dich.“ Eine einladende Geste zum Stuhl. Gackt folgte nur widerwillig. „Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich deine Version hören wollte. Es könnte genauso gut sein, dass du Hyde wirklich betrogen hast und es kein Missverständnis gewesen war. Ich würde nicht zulassen, dass mein Freund gequält wird.“ Entschlossenheit war eindeutig in Tetsus Augen zu sehen. „Bring mich zu ihm. Bitte. Ich möchte ihm endlich die Wahrheit sagen, um diesen Fehlschluss aus der Welt schaffen. Und ich…ich möchte ihn endlich wiedersehen.“ Gackt sah ihn ernst an. „Warum sollte ich das machen? Immerhin bist du ein Fremder für mich und Fremde sollte man nicht in seine Wohnung lassen.“ „Du hast es doch selbst gesagt.“ Gackt hob eine Augenbraue. „Weil du es nicht zulassen würdest, wenn dein Freund gequält wird.“ Der Blonde fand ihn immer merkwürdiger. Tetsu lächelte wortlos und stand auf. Ein dennoch erleichterter Gackt folgte ihm. /Schwarz?/ Hyde blinzelte. Warum war der Fernseher schwarz? War die Batterie etwa alle? Er fühlte, dass das Kissen, auf dem er saß, auf einmal etwas hart geworden war. Hyde angelte nach dem Störenfried und hielt schließlich eine Fernbedienung in der Hand. Abwechselnd blickte der Langhaarige erst zum Fernseher, dann auf die Bedienung und wieder zurück. Er stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus und schüttelte den Kopf. War er jetzt vollkommen verrückt geworden? Nur, weil Gackt ihn betrogen hatte, drehte er anscheinend völlig am Zeiger! Hyde hob den Kopf und starrte in die Schwärze der stummen Röhre. Wo war es? Wohin war es verschwunden? Er hatte es doch in den Händen gehabt. Er hatte es gestreichelt und geküsst. Sein Herzensglück, seine Lebensfreude, seine Zweisamkeit. Nun war es weg. Verschwunden mit ihm, seiner Liebe, die wahrscheinlich nie erwidert worden war. War er denn so blind gewesen, um nicht die vorgespielten Gefühle von echten unterscheiden zu können? War Gackt tatsächlich so ein guter Akteur? Nein, unmöglich. Sehnsüchtig erinnerte sich Hyde an die glücklichen Momente, die Augen des Blonden strahlten heller als die Sonne. Aber was war passiert? Warum…wieso…wohin…Fragen – zur Antwortlosigkeit verdammt – die nur zu stellen schmerzhaft war. Hyde wollte diesem Schmerz, dieser Einsamkeit entfliehen. Sich in Schwärze auflösen. Die Fähigkeit verlieren, die Pein in seinem Herzen fühlen zu können. Tief in seinen dunklen Gedanken versunken bemerkte Hyde nicht das Klacken der Tür, zwei leise Stimmen, von denen eine sich entfernte und hinter einer sich schließenden Tür wieder verschwand. Der Langhaarige bemerkte auch nicht einen blonden jungen Mann, obwohl er gerade an ihn dachte, sich leise neben ihn stellen. Gackt krampfte es das Herz zusammen, als er die abgemagerte Gestalt von der Seite betrachtete. Die verfilzten Haare fielen ihm ins Gesicht, der Schlafmangel machte sich in tiefen Augenringen bemerkbar, der Blick war wie irre an den ausgeschalteten Fernseher geheftet. Doch am schlimmsten waren Hydes Augen. Kein verstecktes Lachen in ihnen, das Licht erloschen. Es war genauso wie Tetsuya es gesagt hatte. Sie waren wie tot. Schuldgefühle prasselte wie lauter kleine Nadeln auf sein Herz. War das alles wegen ihm? Ohne dieses Bild des am Boden zerstörten Langhaarigen ertragen zu können, zog er Hyde in seine Arme. „Haido! Verzeih mir! Bitte!“ Der Angesprochene wagte nicht, seine vor Schreck zusammengekniffenen Augen zu öffnen, als vertrauter Duft in seine Nase stieg, vertraute Wärme seinen steifen Körper umhüllte, vertraute Stimme an sein Ohr drang. „Gackuto?“, flüsterte er schließlich. „Warum bist du hier?“ „Weil ich dich liebe.“ Der Blonde antwortete ohne nachzudenken. Liebe. Plötzlich waren sie wieder da. Die Erinnerungen. Der Schmerz. „LÜGNER!“ Hyde stieß den Blonden grob von sich. „Du bist ein verdammter Lügner! Du hast mich die ganze Zeit hintergangen, meine Gefühle verletzt und jetzt besitzt du auch noch die Vermessenheit mir zu sagen, dass du mich liebst! Wie kannst du nur? Du…-“ Der Langhaarige hielt auf einmal inne. Eine verräterisch glänzende Spur auf Gackts Wange hatte ihn zum Schweigen gebracht. Geschockt versuchte er sich in die Erinnerung zu rufen, ob er den Blonden jemals weinen gesehen hatte. Ihm fiel nichts ein. „Haido…“, flüsterte der Blonde heiser. „Hör mich bitte an. Wenn du mir danach immer noch keinen Glauben schenken kannst, dann werde ich aus deinem Leben verschwinden und dich nie wieder belästigen.“ /Auch wenn es mir das Herz bricht/, fügte er noch in Gedanken hinzu. Hyde war außerstande, einem lächelnden Gackt etwas abzuschlagen, wie war es erst bei einem weinenden Gackt? Er nickte. Sie setzten sich auf das Sofa, wobei der Langhaarige darauf achtete, genügend Abstand zwischen ihnen zu haben. „Es war alles Masas Werk. Vielleicht weißt du nicht mehr, wer das ist, aber Masa gehörte zu den hartnäckigsten meiner Verehrer, wie es aussieht. Anscheinend hatte er alles dran gesetzt, uns auseinander zu bringen…und wie ich sehe, hat er das auch geschafft…“ Unwillkürlich musste Hyde schlucken. Der niedergeschlagene Gesichtsausdruck Gackts versetzte ihm einen Stich der Schuld ins Herz. Konnte es sein, dass…? „…er war es auch, der die diese Rosen geschickt hat“, fuhr der Blonde fort. /Woher weiß er das?/ Diese Frage musste wohl eindeutig in Hydes Gesicht zu lesen gewesen sein, denn der Blonde schüttelte nur ernst den Kopf und murmelte ein leises „Lass mich bitte zuerst ausreden.“ „Am Tag, als du krank wurdest, bin ich gefeuert worden. Zufälligerweise kam Masa vorbei und bot mir an, ihm Nachhilfe zu geben. Es erschien mir sehr verdächtig, aber ich nahm sein Angebot trotzdem an. Zuerst lief es ganz gut. Ich musste nicht so früh aufstehen und hatte mehr Zeit, dich beim Schlafen zu beobachten…“ Unwillkürlich wurde Hyde rot im Gesicht und senkte schnell seinen Kopf, um dies zu verbergen. Bemerkte somit das kleine Lächeln Gackts nicht, das leider nicht von langer Dauer war. „Doch dann fing er an, mich zu belästigen. Seine scheinbar beiläufigen Berührungen gingen mir auf den Geist. Fragen über dich stellte er auch, aber ich habe ihm nichts erzählt. Dennoch glaube ich, dass es für einen reichen Pinkel wie Masa ein leichtes ist, Informationen über andere Leute zu erhalten. Dann fing er an, dir diese Blumen zu schicken. Natürlich wusste ich nichts davon. Am letzten Tag schleppte er mich in diesen Laden und drängte mich diesen Ring erst anzuprobieren, als wir wieder draußen waren…Was war ich nur für ein Idiot! Warum habe ich das bloß nicht früher bemerkt?“ Die Verzweiflung des Blonden brachte Hydes Zweifel über dessen Aufrichtigkeit gehörig ins Wanken. /Sagt er mir die Wahrheit? Oder ist es wieder eine perfekt vorgetragene Lüge? Warum ist er dort geblieben, obwohl es ihm unangenehm war?/ Unsicherheit hielt ihn davon ab, etwas anderes als Schweigen zur Antwort zu geben. „Er…er hat mich dann zu sich heruntergezogen und mir seinen Mund aufgedrückt.“ Der Blonde konnte ein angewidertes Schütteln nicht unterdrücken. „Masa meinte, dass er alles veranlasst hat…meine Entlassung, diese Einladung, die du bekommen hast…Er hat uns sogar ausspionieren lassen. Diese kleine hinterhältige Schlange! Dann, als du weggelaufen bist…ich habe dich bis in die Nacht gesucht. Ich habe mir so große Sorgen um dich gemacht.“ Hyde hob den Blick und bemerkte neue Tränen Gackts Wangen hinunterlaufen. Er ertrug es nicht länger. Mit einer Bewegung überbrückte er den Abstand zwischen ihnen und warf seine zitternde Gestalt in Gackts Arme. „Ich…ich habe dich so vermisst!“, konnte Hyde gedämpft in den warmen Körper des Blonden flüstern. „Ich liebe dich. Und nur dich! Das musst du mir glauben, Haido! Diese paar Tage waren die Hölle für mich. Ich brauche dich. Bitte, Haido, verlass mich nie mehr wieder!“, flehte Gackt mit tränenerstickter Stimme. „Hai…“ Der Langhaarige zog Gackts Gesicht zu sich, küsste sanft seine Tränen weg. „Ich liebe dich auch.“ Damit rollte er sich bequem in Gackts Schoss zusammen und schlief ein. *** Zärtliche Küsse weckten den Langhaarigen am nächsten Morgen auf. „Hnn…“ Er weigerte sich, die Augen zu öffnen, aus Angst, dies sei nur ein Traum. „Guten Morgen, Haido-chan…“ Weiche Lippen wanderten von Hydes Ohr zu seinem Mund. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.“ wurde ihm nach einem sanften, aber intensiven Kuss geflüstert. „Danke.“ Der Langhaarige streckte sich. Endlich fühlte er sich rundum wohl. Die Mauer zwischen ihnen war ihrer Existenz beraubt. Für immer, wie er hoffte. Plötzlich wurde sein Körper zum dem Gackts gezogen. Der Blonde vergrub sein Gesicht im Haar des Kleineren. „Ich habe sie so vermisst…Diese Morgen mit dir. Ich wünschte, es würde für immer so bleiben“, nuschelte er. „Wenn du das nächste Mal wieder so scharf darauf bist, zu arbeiten und in aller Herrgottsfrühe aufzustehen, dann nein. Und immer noch nicht hast du mir verraten, wofür überhaupt…“ Hyde seufzte. „Weil es eine Überraschung für dich werden sollte!“ „Das größte Geschenk, was ich bekommen habe, bist du. Unglaublich, dass du es immer noch nicht verstanden hast…“ „Komm, aufstehen. Du willst doch wissen, was es ist, oder?“ Der Blonde war schon im Begriff, aus dem Bett zu steigen, als eine ruckartige Bewegung seitens Hyde ihn wieder zurückbeförderte. „Nichts da. Du bleibst hier. Und wärmst mich. Schon seltsam, dass Tet-chans Wohnung genauso kalt ist wie unsere…!“ Zum Schluss wurde der Langhaarige immer leiser, bis er ganz verstummte. „Gackuto?“, wurde nach einigen Sekunden der Umgebungsbetrachtung gefragt. „Ja?“ Verzweifelt versuchte der Blonde seinen Lachanfall zu untedrücken. „Wir sind nicht in Tetsus Wohnung, oder?“ „Nein.“ „Wieso?!“ Gackt hielt es nicht länger aus und fing an, laut zu lachen. „Na du stellst auch Fragen! Du bist nicht in Tetsuyas Wohnung, weil ich dich nach Hause getragen habe“, schaffte er es nach einigen Momenten zu formulieren. „Lach nicht!“ Hyde zog eine Schnute, für die er prompt einen Kuss bekam. „Heißt das, du hast mich schlafend durch Halb-Tokyo geschleppt?!“ Gackt brauchte diesmal etwas länger, um sich zu fangen. „Natürlich nicht! Ich hab ein Taxi gerufen…Wenn du wüsstest, wie niedlich du im Schlaf aussiehst…“, lächelte er. „Also was ist? Kein bisschen neugierig?“, fügte er schnell hinzu, als er zum Protest vorbereiteten Gesichtsausdruck Hydes bemerkte. „Nein. Ich habe sowieso vor, den halben Tag mit dir im Bett zu verbringen.“ Damit schlang Hyde seine Arme um Gackts Körper und stützte sein Kinn auf dessen Brust. 5 Minuten später. „Uhm…was ist es denn?“ Gackt lachte auf und verließ das warme Bett. Zusammen mit einem grummelnden Hyde. Kurz vor dem Wohnzimmer befahl der Blonde ihm, die Augen zu schließen. „Wie groß ist es denn?“, wunderte sich Hyde. Doch statt einer Antwort wurde er sanft vorwärts geschoben. „Du kannst die Augen wieder aufmachen“, flüsterte der Blonde. Hyde tat wie ihm gesagt und war wie vom Donner gerührt. Da lehnte sie – mit einer blauen Schleife versehen – unschuldig glänzend an der Wand. Die schwarze Gitarre. „Haido?“ Gackt begann, sich langsam schon Sorgen zu machen. „Gefällt es dir etwa nicht?“ Plötzlich drehte sich der Kleinere um und umarmte Gackt so heftig, dass diesem die Luft wegblieb. Sachte strich der Blonde ihm über die morgendlich wilde Mähne. „Ich…ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich kein Geschenk brauche…dass ich auch so glücklich bin. Aber bei so einem Geschenk…“ Hyde hob den Kopf. „Dafür hast du also die ganze Zeit gearbeitet? Warum hast du mir nicht einen kleinen Hinweis gegeben? Das hätte mich wenigstens beruhigt…“ „Nenne mich einen Perfektionisten, aber ich wollte, dass es eine echte Überraschung wird“, grinste Gackt. „Und wie ich sehe, ist es mir auch gelungen…“ Der Kleinere drückte sein Gesicht in Gackts Brust und seufzte. „Wenn wir uns deswegen getrennt hätten, wäre das aber gar nicht gelungen, du Möchtegern-Überraschungskünstler…“ „Was?“ Der Blonde hatte kein einziges Wort des genuschelten Flüsterns verstehen können. (...zum Glück, sonst müsste ich ja noch mehr schreiben...) „Danke!“ Zwei braune Augen glitzerten den Blonden an. „So und jetzt hören wir eine kleine Vorstellung unseres Gitarristen Haido.“ „Erst nachdem du mich ins Bett gebracht hast.“ „Also wirklich. In deinem Alter könnte man wohl annehmen, dass du auch selbst gehen kannst…“ „Jetzt tu nicht so, als ob du mich noch nie getragen hättest!“ „Du hast geschlafen! Und mit der Gitarre bist du doppelt so schwer. „Hey, das ist unfai…WAHH! Warn doch wenigstens vor, wenn du mich hochhebst!“ „Ach, jetzt willst du wohl nicht mehr? Gut, dann lass ich dich fallen…“ „NEIN!“ „War doch bloß ein Scherz! Und vergiss deine Gitarre nicht.“ „Haido?“ Der Blonde hielt inne. „Ja?“ Etwas alarmiert sah Hyde auf. „Bitte versprich mir, dass du mir nie so ein teures Geschenk machen wirst.“ Gackt setzte seinen Weg ins Schlafzimmer mit dem Langhaarigen nebst Gitarre auf dem Arm fort. „Was? Warum denn nicht?“ „Weil ich nie wieder von dir getrennt sein möchte“, antwortete der Blonde ernst. Hyde drückte ihm einen Kuss auf die Wange und lächelte ein leises „Ja…“ ENDE A/N: Meine erste Geschichte! Und die Menge tobt. Tja. Glückwunsch an all diejenigen, die sie erfolgreich überstanden haben. Vielen Dank für all die Kommentare, ich habe mich sehr gefreut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)