Der Tag an dem ich dich wiedersah... von -Sessy- (Sesshoumaru x Rin) ================================================================================ Kapitel 4: Neue Freundschaft ---------------------------- Die dichten Baumkronen und die gigantischen Bäume ließen nur vereinzelt ein paar Sonnenstrahlen durch. Der angenehm warme Wind ließ die Blätter rauschen und die hohen Gräser streichen. Bis jetzt hatte Rin keine Probleme gehabt. Ohne Zwischenfälle hatte sie schon ein gutes Stück Weg hinter sich gelassen. Einige Stunden war sie jetzt schon unterwegs gewesen und die Sonne stand hoch über den Bäumen. Aber Rin blieb lieber im Schatten, dort war es wesentlich angenehmer umher zu ziehen. Schon eine ganze Weile dachte sie darüber nach, wo sie hier eigentlich war. Diese Gegend war ihr unbekannt und sie wunderte sich auch, dass sie bis jetzt noch niemandem begegnet war. Außer ein paar wilden Tieren hatte sie nichts außergewöhnliches gesehen. Vielleicht war es auch ganz gut so. Sie wusste nicht, wie lange sie noch laufen musste. Eigentlich wusste sie nicht mal genau, wonach sie suchte. Klar, sie suchte nach Sesshoumaru, der sich vermutlich irgendwo im Westen aufhielt. Vermutlich...? Sie konnte nur hoffen, dass er dort war. Ansonsten würden ihre Chancen wohl bei Null liegen ihn zu finden. Rin seufzte. >Wo ist eigentlich die Grenze zu den westlichen Ländern? Bestimmt nicht hier in der Nähe. Ich werde mit Sicherheit noch einige Tage brauchen.< Das würde sie ganz sicher, da sie nicht einmal den genauen Weg kannte. „Vielleicht treffe ich unterwegs jemanden, der mit helfen kann. Einer muss doch wissen, wo hier die Grenzen liegen. Oder, wenn ich es mir recht überlege, ist es doch besser, wenn ich niemanden treffe.“ Sie erinnerte sich, dass Yazuma ihr den Dolch mitgegeben hatte. „Ich bin nicht besonders gewillt das Ding zu benutzen.“ Plötzlich blieb sie stehen und horchte auf. In ihren Ohren erklang das Rauschen und Plätschern von Wasser. „Na endlich.“ Mit schnellen Schritten folgte sie dem Geräusch. Während den paar Stunden, die sie schon auf der Reise war, musste sie schon zweimal ihren Trinkbecher nachfüllen. Es war zwar nicht sonderlich heiß, aber sehr drückend und schwül, was darauf hinwies, dass bald ein Gewitter aufziehen würde. Rin war das nur recht. Sie liebte es im Regen draußen zu sein. Nur draußen zu schlafen, während es regnete, dass musste nicht sein. Da war ein trockenes Plätzchen doch willkommener. Rin nahm den Deckel ihres Bechers ab und tauchte ihn in den Fluss. Als der Becher dann voll war, verschloss sie ihn wieder und achtete darauf, dass er nicht auslief. Sie nahm sich einen Apfel und setzte sich kurz hin. Dieser Ort war recht schön. Hinter dem Fluss, in der Ferne, konnte man viele Felder sehen. Es musste ein Dorf in der Nähe sein. Doch Rin wollte lieber einen großen Bogen darum machen. Sie war froh, dass sie aus dem Menschendorf raus war und dann sollte sie gleich ins nächste gehen? Nein, darauf konnte sie verzichten! In Ruhe aß sie den Apfel auf, bevor sie wieder aufbrach. Langsam zogen einige Wolken auf und der Wind wurde zunehmend immer kühler. „So, dann geht die Reise weiter.“, sagte sie munter zu sich selbst. „Ich muss mir noch einen guten Platz zum Übernachten suchen. Wenn es nachher wirklich anfangen sollte zu regnen, habe ich keine Lust im Schlaf zu ertrinken.“ Einige Kaninchen hoppelten über den schmalen Pfad, den Rin einschlug, um wieder in den Wald zu kommen. Es war besser dort zu reisen. Der Wald bot ihr ein wenig Schutz. Wenn sie auf freier Ebene reisen würde, wäre sie schutzlos gegen Feinde. So konnte sie sich im Wald wenigstens verstecken, falls Banditen oder andere fiese Gestalten ihren Weg kreuzten. „Ich muss wirklich langsam aufhören ständig Selbstgespräche zu führen.“, murmelte sie. Rin war schon auf eine Art froh, dass sie jetzt etwas Abstand von allem hatte. Aber allein umher zu ziehen war auch nicht besonders toll. Ihr fehlte mindestens eine Person, mit der sie sich etwas unterhalten konnte. Früher war das Sesshoumaru gewesen. Er war zwar nie sehr gesprächig, aber er hatte immerhin mit ihr geredet, auch wenn das nicht so oft war. Und wenn Sesshoumaru nicht da war, hatte sie immer noch Jaken, den sie nerven konnte. Aber nun hatte sie niemanden und langsam merkte sie, dass es ihr nicht lag allein auf Reisen zu gehen. „Ja, stimmt. Jaken war ja auch noch da. Wie es ihm wohl geht? Ob er immer noch bei Sesshoumaru ist? Ganz bestimmt. Es sei denn, er hat Sesshoumaru so genervt, dass dieser ihn eigenhändig erwürgt hat.“ Rin lächelte. Sie fand es irgendwie immer lustig, wenn Jaken panisch mit den Armen herumfuchtelte, nachdem er das falsche Wort zur falschen Zeit gesagt hatte. Jaken konnte manchmal richtig nervig sein, weil er nie wusste, wann er besser den Mund zu halten hatte. Aber genau das fand sie an ihm so toll, auch wenn er manchmal eine echte Nervensäge sein konnte. Sonst wäre er ja auch nicht Jaken. Ein kalter Luftzug streifte Rin und brachte ein paar Regentropfen mit sich. Die Sonne war schon fast verschwunden und in der Ferne konnte man am Himmel dichte schwarze Wolken aufkommen sehen, die genau in ihre Richtung steuerten. „Es wird langsam Zeit, dass ich mir eine Bleibe suche.“ Umso weiter sie ging, desto windiger und kälter wurde es. Im Wald würde sie so gut wie keine Möglichkeit haben einen trockenen Platz zu finden, an dem sie auch übernachten konnte. Dafür brauchte sie einen besser geschützten Ort. Zwar würde sie durch die Bäume hier nicht ganz so schnell nass werden, aber auch die dichtesten Blätter würden irgendwann mal nachgeben. Am besten wäre eine Art Höhle, etwas, wo sie ein Dach über den Kopf hatte. Rin hatte keine große Wahl, sie musste aus dem Wald raus. Doch kaum hatte sie diesen Entschluss gefasst, fing es an wie aus Kübeln zu schütten. >Hoffentlich ist das nur ein Schauer, sonst habe ich schlechte Karten...< Sie lief zu dem großen Eichenbaum, der nicht weit von ihr entfernt stand. Der gewaltige Stamm sagte ihr, dass ihr der Baum eine Weile Schutz bieten konnte. Nach einigen Minuten hatte es schon wieder aufgehört zu regnen. >Zum Glück, es war doch nur ein Schauer.< Nur vereinzelt kamen noch ein paar Regentropfen herunter. Rin machte sich wieder auf den Weg. Der jetzt unangenehme Wind verschaffte ihr eine Gänsehaut. Von dem schönen Wetter, das vor einer knappen Stunde noch da war, merkte man nichts mehr. „Warum ist es jetzt so kalt? Ich hätte mir doch einen...“ Plötzlich unterbrach sie sich selbst. Warum, war ihr auch nicht ganz klar. Aber sie vertraute ihren Gefühlen und meistens behielten diese auch recht. Rin blieb stehen und bewegte sich nicht mehr. Die kleinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche in ihrer Umgebung. Es war nichts Ungewöhnliches zu hören. „Komisch, ich hätte schwören können, dass ich...“ Da hörte sie es. Ein Knacken. Wie das Knacken von Ästen und Zweigen. Rin fuhr schnell herum. „Wer ist da?“ Sie hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Eigentlich wollte sie nicht wissen, wer noch da war. Doch sie spürte deutlich die Anwesenheit von jemandem. Dieses Mal hatte sie auch keine Möglichkeit an einen Ort zu flüchten oder sich gut zu verstecken und es war auch niemand da, den sie kannte und den sie um Hilfe beten konnte. „Komm raus und zeig dich! Ich habe keine Angst vor dir!“, sagte sie laut und mit einer zittrigen Stimme. Dass das eine Lüge war, wusste nicht nur sie, sondern auch ihr stiller Begleiter. „Du hast keine Angst? Das ich nicht lache!“ Rin zuckte erschrocken zusammen, als sie die laute und ernste Stimme hörte. >Ich hatte Recht...<, dachte sie. Die Stimme aber schien ihr nicht gefährlich. Es war eine junge, männliche Stimme und sehr energisch. „Wo bist du...?“, flüsterte Rin und ging einige Schritte rückwärts, bis sie an einen Baum stieß. „Ich bin direkt vor dir. Siehst du mich nicht?“, sprach derjenige zu ihr. Zunächst sah Rin gar nichts. Dann sah sie einen dunklen Schatten auf sich zukommen. Erst nach einigen Sekunden bekam der Schatten eine richtige Gestalt und ein Aussehen. Ein junger Mann kam mit langsamen, aber eleganten Schritten auf sie zu und blieb ein paar Meter vor ihr stehen. „Du müsstest dein Gesicht jetzt sehen.“, sagte er vergnügt. Rin stand immer noch wie versteinert an ihrem Baum. Sie wusste nicht recht, ob sie lachen oder sich fürchten sollte. Auf eine Art wirkte er nett, offen und freundlich. Aber sie merkte auch, dass er anders war. Er war kein Mensch, dass stand fest. Er musste ein Dämon sein. Nur was für einer? Rin traute sich nicht ihn zu fragen. Sie wusste, dass Dämonen unberechenbar sein konnten. Vor allem Dämonen, die man nicht kannte. Sie wollte lieber nichts riskieren und schon gar nicht ihr Leben. „Was ist mit dir? Du sagst ja gar nichts. Sehe ich etwa so schrecklich aus, dass es dir die Sprache verschlägt?“ Rin schüttelte leicht den Kopf, ohne den jungen Mann aus den Augen zu lassen. Eigentlich fand sie ihn sehr gutaussehend. Seine langen goldenen Haare glänzten und die ebenfalls goldenen Augen waren auf eine bestimmte Art faszinierend, irgendwie anziehend. „Verrätst du mir deinen Namen?“, fragte er, nachdem Rin keine Anstalten gemacht hatte sich zu rühren, geschweige denn zu reden. „Ich... ähm... Rin...“ „Ich... ähm... Rin..., was für ein ungewöhnlicher Name.“ „Ich heiße Rin. Einfach nur Rin.“, fasste sie sich jetzt ein bisschen. „Ich weiß. Das war nur ein Scherz.“, lächelte er. Rin sah ihn ungläubig an. >Woher soll ich das wissen? Er ist so seltsam. Ich kann ihn schlecht einschätzen.< „Nun, Rin, was verschlägt dich hier in die Gegend? Du hast dir einen schlechten Tag für deine Wanderung ausgesucht.“ „Wie... wie meinst du das?“ Wieder setzte er ein freches Grinsen auf. „Du kennst dich nicht sonderlich gut hier aus, oder?“ „Nein, diese Gegend ist mir fremd.“ „Das ist kaum zu übersehen.“ Er machte eine kleine Pause. „Es wird die nächste Zeit durchgehend regnen. Jedenfalls in diesem Teil des Landes. Wusstest du das nicht?“ „Nein, und es ist mir auch egal.“ Rin hatte sich wieder gefasst und wurde etwas mutiger. Sie war sich sicher, dass er keine Gefahr für sie darstellen würde. „Ich reise auch bei Regen. Das macht mir nichts aus.“ „Du könntest ernsthaft krank werden bei so einem Wetter.“, meinte er. „Sollen das jetzt gute Ratschläge werden?“, fragte Rin nun etwas genervt. „Nein, ich will dir damit nur sagen, was dich hier alles erwartet.“ „Du kennst dich hier wohl sehr gut aus, was?“, meinte sie und entfernte sich von ihm. „Aber natürlich. Ich kenne in dieser Gegend jeden einzelnen Baum.“, sagte er stolz. „Auch mit Vornamen?“ „Oh, du kannst ja auch witzig sein.“ Er ging ihr nach. Die dunklen Wolken näherten sich jetzt rasend schnell und färbten sich tief schwarz. Langsam hörte man Donnergrollen, das zunehmend immer lauter wurde. Der junge Dämon hielt immer noch mit Rin schritt. >Wieso läuft er mir nach wie ein Hund? Als ob ich ein Stück Fleisch in der Tasche hätte. Aber so hätte ich wenigstens etwas Gesellschaft.< „Wieso begleitest du mich?“, fragte sie nun, ohne ihn anzusehen. „Hast du nichts besseres zutun?“ Ihr Begleiter machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. „Nein. Ehrlich gesagt, habe ich nichts besseres zutun.“ „Und deshalb nervst du mich?“ „Oh, ich nerve dich? Tut mir leid, das wollte ich nicht.“ Er machte ein paar schnelle Schritte und ging nun rückwärts vor ihr her, um ihr ins Gesicht zu sehen. „Ich dachte mir, du könntest vielleicht etwas Unterhaltung gebrauchen.“ >Das könnte ich wirklich gut gebrauchen, da hat er recht.<, dachte sie und seufzte. „Dann such dir doch eine sinnvolle Beschäftigung.“, meinte Rin in einem trotzigen Ton. „Das tu ich ja gerade. Weißt du, es ist sehr langweilig nur durch die Wälder zu streifen, ohne etwas zu machen. Hier ist alles friedlich. Es ist selten, dass hier Banditen oder andere Dämonen auftauchen.“ Wieder setzte er kurz aus, um zu sehen, wie Rin darauf reagierte. Doch sie ließ sich nichts besonderes anmerken und ging in normalem Schritt weiter. „Ich sollte mal wieder ein paar Bösewichte in das Land bringen, um sie zu dann wieder rauszuschmeißen.“ >Wie? Ist das etwas sein Land? Kann gar nicht sein...<, grübelte Rin, was auch dem jungen Dämon nicht entging. „Na? Kein Kommentar zu meiner Aussage?“ „Kannst du nicht jemand anderem Geschichten erzählen?“ „Wie du siehst, ist außer dir niemand da.“ Er blieb stehen und sah, wie Rin ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei ging. Rin ging es langsam auf die Nerven, dass ihr dieser Fremde folgte. Sie wusste doch überhaupt nicht, wer er war und was er von ihr wollte. Aber er redete mit ihr, als würden sie sich schon seit Ewigkeiten kennen, oder mehr, als würde er sie kennen. „Und wie war dein Tag?“, fragte er nun und ging wieder hinter ihr her. „Der war super, bis ich dich getroffen habe!“ Das sie ihm Gemeinheiten an den Kopf warf, interessierte ihn anscheinend gar nicht. „Ich habe langsam das Gefühl, dass du mich nicht sonderlich gut leiden kannst.“ >Ach, wie er bloß darauf kommt...<, dachte Rin und verdrehte die Augen. „Nun gut. Wie ich sehe, magst du nicht reden. Das ist sehr schade. Du hast es wohl eilig mit deiner Wanderung.“ „Ja, wie man sieht...“ Über ihnen war deutlich das Grollen des Donners zu hören. Blitze zuckten aus den Wolken und erhellten nun auch die dunkelsten Orte taghell. „Hast du noch weit zu Laufen?“, fragte er und sah sich den Himmel an. „Ja.“, kam sofort die knappe Antwort von Rin. „Wenn das so ist, dürfe ich dir vielleicht eine trockene Unterkunft anbieten? Zumindest für diese Nacht?“ Rin blieb stehen. „Eine Bleibe?“ Sie fuhr herum und sah ihn an. „Ist das dein Ernst? Das würdest du machen?“ „Natürlich. Das ist mein voller Ernst, sonst hätte ich dich nicht gefragt.“ Sie überlegte noch eine Weile, ob sie das wirklich tun sollte. Er bot ihr einen Platz an, um zu übernachten. Jedoch war er fremd und er war schlecht zu durchschauen. Schließlich gestand sie es sich aber ein, dass dies die beste Möglichkeit war und nickte ihm zu. „Gut, einverstanden. Aber morgen früh ziehe ich weiter!“ Der Dämon sagte nichts. Seine goldenen Augen funkelten und ein leichtes Lächeln flog über seine Mundwinkel, welches Rin aber nicht mitbekam. Er führte sie in die Richtung, aus der sie gekommen war. Nach einiger Zeit verließ er den normalen Waldweg und schlug einen Weg ein, der mit Moos, Brennnesseln und dichtem Farn durchwachsen war. Für den Dämon war der Weg kein Hindernis. Doch Rin hatte es nicht so einfach. Die Brennnesseln machten ihr zu schaffen. Ihre Waden waren teilweise schon ganz rot, brannten und juckten höllisch. Und zu allem Überfluss, tobte das Gewitter über ihnen im vollen Maße. „Sind wir bald da?“, fragte sie. „Es dauert nicht mehr lange.“, gab er zurück. „Noch etwas Geduld.“ Endlich, nach einigen Minuten, die Rin wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, wurde der Weg zu einer breiten Straße, die aus dem Wald hinaus zu führen schien. Gerade, als sie auf die Straße traten, fuhr eine Kutsche an ihnen vorbei. Der Fahrer der Kutsche sah die beiden und hielt an. „Komm, beeil dich.“, sagte der junge Mann zu ihr, packte sie an der Hand und zog sie mit sich. Schnell ergriff er die Tür der Kutsche und öffnete sie. Er lies Rin den Vortritt und kletterte anschließend auch hinein. „Danke, Fumi.“ Der Fahrer nickte einmal und schon im nächsten Augenblick setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung. „Da haben wir noch einmal Glück gehabt, was?“, grinste der junge Dämon wieder. „Wir hätten sonst den ganzen Weg noch laufen müssen. Und das bei dem Wetter.“ „Was macht das schon. Ich bin eh völlig durchnässt. Es dauert lange, bis der Kimono wieder trocken ist.“, sagte sie etwas verärgert. „Mach dir deswegen mal keine Sorgen. Du bekommst neue Kleidung und den Kimono hängen wir so lange zum trocknen auf.“ Rin fühlte sich auf einmal nicht mehr so wohl. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sein verlockendes Angebot anzunehmen. Sie hoffe nur, dass es sich nicht als einer ihrer größten Fehler heraus stellte. Plötzlich wurde sie durch einen Ruck aus ihren Gedanken gerissen. Die Kutsche war zum stehen gekommen. Als Rin sich umschaute, merkte sie, dass sie in einem ziemlich großen Dorf waren. „Vielen Dank für das Mitnehmen, Fumi.“, sagte der junge Mann, der neben Rin saß. „Das hab ich gern gemacht, mein Herr.“, antwortete der ältere Mann, der die Kutsche fuhr. Das war das erste Mal, dass er gesprochen hatte. Rin hatte schon angenommen, dass er gar nicht reden könne. „Wir sind da.“ Der Dämon mit den goldenen Haaren öffnete die Tür und trat hinaus. Anschließend reichte er Rin die Hand, um ihr beim aussteigen behilflich zu sein. Etwas zögernd nahm sie seine Hand. >Was für ein Schleimer...< Die Kutsche fuhr wieder ab und ließ die Beiden im Nassen zurück. Der Regen war nun noch schlimmer geworden und die Straße, auf der sie eben noch unterwegs waren, wurde matschig. Das Wasser sammelte sich in den Spurrillen, die die Wagen hinterlassen hatten. „Wir werden gleich im Trockenen sein.“, sagte Rins Begleiter und ging mit großen Schritten auf ein kleines bescheidenes Haus zu. Rin hatte Mühe mit ihm schritt zu halten. Kurz darauf betraten sie das Haus. Es war gar nicht mal so schlicht eingerichtet, wie es von außen aussah. Es war schön bequem und sah sehr einladend aus. „So, da wären wir.“, sagte der Dämon und wies Rin mit einer schnellen Handbewegung auf, näher einzutreten. Sie befolgte seiner Anordnung und ging an einem Tisch vorbei, auf dem jede Menge frisches Obst stand. Bei dem Anblick knurrte Rin der Magen. Etwas weiter hinten stand ein Schrank, in dem Kimonos, Mäntel, Tücher, Decken und sogar eine Rüstung aufgewahrt waren. >Ob die Rüstung ihm gehört?< „Willkommen in meinem kleinen Heim.“ Rin schaute sich immer noch neugierig um. „Ich werde dir einen frischen Kimono geben. Dort hinten kannst du dich umziehen.“ Er wies auf eine Trennwand hin, die etwas am Rande stand. Rin nickte kurz und ging auf diese zu. Hinter der Trennwand zog sie ihren durchnässten Kimono aus. Durch die Nässe war ihre Haut blass und kalt geworden. An ihren Haaren tropfte immer noch Regenwasser hinunter. Ihr wurde ein sonnengelber Kimono gereicht, der mit Blumen, in einem kräftig orangefarbenen Ton, bestickt war. „Danke.“, flüsterte sie und nahm das Kleidungsstück entgegen. Endlich kam Rin wieder zum Vorschein. Der Kimono passte ihr wie angegossen. „Wow, nicht schlecht. Der steht dir wirklich sehr gut.“, kam es von dem Dämon, der an dem Tisch saß und genüsslich an einer Kirsche knabberte. „Der ist wunderschön. Woher hast du den?“, wollte Rin wissen. „Der gehört meiner Freundin. Aber sie wird nichts dagegen haben, wenn du ihn behältst. Sie hat so viele davon.“ „Aber ich kann doch nicht...“ „Doch, doch. Das geht schon klar. Behalte ihn!“ Rin musste kurz lächeln. Die weiche Seide fühlte sich so angenehm auf ihrer Haut an. Rin hatte eine Weile überlegt, ob sie sich nicht zum ihm setzten sollte. Er hatte sie neugierig gemacht. Sie wollte etwas mehr über ihn wissen. Wo er herkam, was seine Position war. Er musste einfach von adeligem Geschlecht sein. Anders konnte sie sich das alles hier kaum erklären. Das Haus, in dem er lebte, schien von außen wie jedes andere auch. Aber von innen war es ausgestattet mit Unmengen von kleinen Reichtümern, die sich ein normaler Mensch niemals hätte leisten können. Rin fasste ihren Mut zusammen, ging schließlich auf ihn zu und setzte sich ebenfalls an den kleinen Tisch. Der Korb mit dem Obst stand direkt vor ihrer Nase und sie hatte das Verlangen, eine der saftigen Früchte zu probieren, die dort bereit lagen. „Bediene dich ruhig. Es ist genug da.“ Das lies Rin sich nicht zweimal sagen und griff nach einer exotisch aussehenden Frucht, dessen orange-rote Farbe sie förmlich hypnotisierte. Genüsslich aß sie die süße Frucht. „Darf ich dich was fragen?“ Rin versuchte ihr Glück, nachdem sie aufgegessen hatte. „Natürlich. Was willst du wissen?“ „Wieso kannst du dir all dies hier leisten? Der Kutscher hat dich vorhin mit ‚Mein Herr’ angeredet. Du bist nicht so, wie die anderen Leute hier, oder?“ Eine kurze Stille trat ein, die aber nur wenige Sekunden anhielt. „Oh, bitte verzeih mir. Ich hatte mich vorhin ja gar nicht vorgestellt. Wie unhöflich von mir.“ Der junge Mann stand auf und nahm Rins Hand. „Ich bin Kisho, Lord der östlichen Länder.“ Er verbeugte sich und gab Rin einen Handkuss. >Ein Lord? Lord der östlichen Länder? So sieht er gar nicht aus.<, dachte sie etwas verdutzt. „Du bist ein Youkai?“ „Ganz recht.“ „Das sieht man dir gar nicht an.“ Sie musterte ihn etwas genauer. „Du hast keine Merkmale, die ein Youkai hat.“ „Oh doch, die habe ich. Aber woanders.“ Rin zog eine Augenbraue hoch. >Aha... gut zu wissen.< Er sah fast so aus wie ein ganz normaler Mensch. Aber nur fast. >Er hat goldene Augen. Genau solche, wie auch Sesshoumaru sie hat.< Jetzt war sie wieder bei ihrem eigentlichen Gedanken, um den sich alles drehte: Sesshoumaru. >Wann ich ihn wohl endlich wiedersehen werde? Ich hoffe schon sehr bald.< In Gedanken versunken merkte sie nicht, wie Kisho sie anstarrte. „Hey, du. Sag, wo willst du eigentlich hin? Hat deine kleine Wanderung ein bestimmtes Ziel?“, fragte Kisho neugierig. Auch er wollte etwas mehr über Rin erfahren. „Ja, ich gehe Richtung Westen. Ich will dort...“ Doch weiter kam sie nicht. „Bitte? Westen? Was willst du denn dort? Das kann ich dir nun wirklich nicht empfehlen. Es gibt bessere Orte als die im Westen.“ „Möglich, aber ich muss dort hin.“ Kisho schaute sie überrascht an. „Entweder bist du verdammt mutig, oder aber total lebensmüde.“ „Wie bitte soll ich das denn verstehen?“, wollte Rin wissen. „Der Lord, der über den Westen herrscht, ist nicht gerade freundlich zu Fremden, die sein Land unbefugt betreten. Ehrlich gesagt, ist er auch nicht zu denen freundlich, die eine Erlaubnis haben, sein Land zu durchqueren. Genaugenommen war er noch nie freundlich. Aber seit ein paar Jahren ist es noch schlimmer geworden. Er ist zunehmend aggressiv geworden. Zu dem ist er auch wie besessen darauf, Streit zu suchen. Er legt sich mit jedem an, der ihn auch nur falsch ansieht. Glaub mir, ich weiß wovon ich rede. Ich hab es selbst mitbekommen.“ >Spricht er wirklich über Sesshoumaru? Kennt er ihn etwa?< Rin konnte es nicht glauben. So, wie Kisho von ihm sprach, kannte sie Sesshoumaru nicht. Sicher, er war eine Marke für sich, aber nicht so! Nachdem, was Rin gehört hatte, hielt sie es für das Beste, Kisho vorerst nicht zu sagen, dass sie vorhatte Sesshoumaru zu finden. Jedoch war sie sich sicher, dass er sie zum ihm bringen könnte. „Kisho, ich muss dort trotzdem hin. Ich kann nicht anders. Deswegen habe ich mich auf den Weg gemacht. Ich muss einfach!“ „Du bist total irre! Rin, wenn du vorhast dich umzubringen, dann sag mir vorher bescheid! Das lässt sich auf einfachere und schnellere Art erledigen!“ „Lass das, ich mein das ernst!“, meinte sie streng. „Ganz recht, ich auch!“, antwortete ihr der Dämon und nahm wieder eine bequeme Sitzhaltung ein. „Das ist keine gute Idee. Was willst du denn dort? Wenn du Sesshoumarus Land betrittst und er dich erwischt, kannst du dein Testament schreiben.“ >Das kann ich mir nicht vorstellen. Er weiß doch, wer ich bin. Oder etwa nicht? Was ist, wenn er mich vergessen hat, nach all den Jahren? Wenn er sich nicht mehr an mich erinnern kann?< „Kisho, ist es noch weit bis zu der Grenze der westlichen Länder?“, wollte Rin wissen. „Ja, ist es. Einige Tage wirst du schon noch unterwegs sein. Wir sind hier an der äußerten Grenze der östlichen Länder.“, sagte er zu ihr, mit einem etwas besorgtem Ausdruck. „Ich rate dir wirklich davon ab, dort hinzugehen. Egal, was du dort willst. Es ist einfach zu gefährlich.“ Rin schwieg. Sie konnte sich das einfach nicht vorstellen. „Hör zu, Rin. Wieso bleibst du nicht hier? Hier ist es friedlich, selten gibt es Vorfälle, in denen Menschen oder Dämonen angegriffen werden. Dort, wo du hin willst, ist es anders. Dort kümmert sich niemand darum, ob dort gekämpft, entführt oder gemordet wird. Die Leute, die im Westen leben, haben dort keine Regeln. Sie halten sich an nichts und genau das ist es, was die ganze Sache so gefährlich macht.“ Rin dachte einige Zeit über seine Worte nach. >Was soll das? Er hört sich ja schon so an wie Yazuma.< Das, was sie eben gehört hatte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Verärgert schüttelte sie den Kopf. Sie wollte es nicht wahrhaben. Sesshoumaru konnte sich nicht so zum Negativen verändert haben. „Kisho, ich muss dort hin. Es geht um einen Teil meiner Vergangenheit. Ich habe keine andere Wahl. Es ist eine Art Aufgabe, die ich mir selbst gestellt habe und die ich erfüllen muss. Ich brauche Gewissheit. Gewissheit für mich selbst.“ Der Dämon sah sie lange an, sagte aber nichts. „Kannst du mir zeigen, wo die Grenze ist? Du kennst dich doch gut aus.“, fragte sie mit einem Flehen in der Stimme. Kisho seufzte laut. Hübschen jungen Frauen konnte er noch nie einen Wunsch abschlagen. „Ich sag dir was. Wenn du die Regentage hier abwartest, werde ich dich persönlich zu der Grenze bringen. Das geht schneller, als wenn du dich allein auf den Weg machst.“ „Einverstanden!“, rief Rin, ohne groß darüber nachzudenken. „Ähm, wie lange dauern denn hier die Regentage?“ „Normalerweise zwischen vier und sieben Tagen. Kann aber auch länger dauern.“ „Soll das heißen, dass ich hier mindestens vier Tage festsitze?“ „Das heißt es.“, grinste er frech und lehnte sich entspannt zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)