Liebe, bis dass der Tod sie scheidet von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Ein gequälter Schrei, voller Schmerz und tiefster Verzweiflung, zerriss die vollkommene Stille. Abrupt blieb Laures stehen so, dass der Soldat hinter ihm fast in ihn hineinrannte. Schwungvoll streckte der Dämonenkaiser seinen rechten Arm zur Seite aus, um seinem Gefolge zu signalisieren, dass es schweigen sollte. Die dunkelblauen Augen konzentriert zu Schlitzen verengt, ließ er seinen Blick umherschweifen, wandte den Kopf langsam nach links und rechts und lauschte in die nun wieder herrschende Stille hinein. Er senkte langsam seinen Arm und machte einen Schritt nach vorne. Dieser Schrei...es war zweifellos Titius' Stimme gewesen. Diese Stimme würde er immer und überall wiedererkennen, ganz gleichgültig unter welchen Umständen. Er war hier ganz in der Nähe. Ihm war als müsse er nur seine Hand ausstrecken und er würde ihn ergreifen und an sich reißen können. Laures fragte sich, ob der Drachenreiter ihn selbst oder den verhassten Shogun verwundet hatte. Die letztere der beiden Möglichkeiten legte ein finsteres, eisiges Lächeln über seine Lippen, das schnell wieder verblasste. „Los darüber!“, herrschte er seine Soldaten unvermittelt an und deutete in Richtung Norden. Mit weit ausholenden Schritten setzte er sich in Bewegung, eilte auf die Stelle zu, an der er Titius vermutete. Es kam ihm vor, als würde er sich nicht einen Meter von der Stelle rühren. Am liebsten wäre er gerannt… Regungslos lauschte Titius seinem lauten, keuchenden Atem und starrte in Zadeis blasses Gesicht hinab. Seine ungehalten zitternden Hände tief ins Gras gegraben kniete er paralysiert neben dem Leichnam seines Geliebten und betrachtete ungläubig dessen leblose Züge. Immer wieder schüttelte er den Kopf, wiederholte im Geiste ein und dasselbe Wort, „nein“ hallte es laut und verzweifelt in ihm, „nein“, „nein“, „nein“… Mit einem Leid erfüllten Aufschluchzen rückte der Dämon ganz dicht an Zadeis toten Körper heran und schmiegte sein tränennasses Gesicht an dessen glatte Wange. Er sah so friedlich aus, so unbekümmert als schlafe er nur. Unsicher hob er eine seiner mit Erde befleckten Hände und streichelte dem Shogun über die leicht geöffneten, erkaltenden Lippen, wischte das trocknende Blut fort und küsste ihn sanft. „Zadei...weißt du noch, was du zu mir gesagt hast?“, fragte er leise, fast furchtsam, und ließ seine Hand vom Gesicht des Dämons langsam zu seiner Brust streifen und tiefer bis hin zu seinem Bauch, wo seine Finger den tödlichen Bolzen ertasteten und sich fest um ihn schlossen. „Als wir in dem dunklen, kalten Kerker saßen... und du mich in deinen Armen hieltest...“. Er hielt einen Moment inne, blickte Zadei abwartend, mit leicht fragend hochgezogenen Brauen an, als warte er darauf, dass der Shogun ihm bestätigte, dass er sich erinnere. „Du hast gesagt, nichts und niemand würde sich jemals zwischen uns stellen können, weißt du noch?“. Mühsam versuchte er ein Schluchzen zu unterdrücken, was ihm nicht gelang. „Du hast gesagt...wir würden… auf ewig zusammen… sein...“, stammelte er in Tränen aufgelöst und wischte sich über seine geröteten Augen, Erdflecken in seinem Gesicht hinterlassend. Einen Moment lang verharrte er ganz ruhig, regte sich nicht mehr, hörte auf zu schluchzen und hielt den Atem an. Nur das Zittern, das seinen Körper in Besitz genommen hatte, schien um weiteres zu zunehmen. Ganz langsam, als fürchte er dem Geliebten Schmerz zu zufügen, zog er den Bolzen aus Zadeis Leib und betrachtete ihn mit fremdem Blick als wisse er nicht was er dort in der Hand hielt. Erneut stürzten bittere Tränen unaufhaltsam aus seinen Augen, als Titius das dunkle, glänzende, fast schwarze Blut von der Bolzenspitze auf seinen Handrücken tropfen sah. Voller Leid krümmte er sich zusammen, dass seine Stirn fast den Boden berührte und krallte auch die zweite Hand verzweifelt um die Waffe. Seine lautlosen Schluchzer folgten so schnell aufeinander, dass er kaum mehr Luft bekam und mit einem erstickten Laut nach Atem rang. „Auf ewig hast du gesagt…ganz gleichgültig…ob…ob im Leben oder im…im Tod…“, seine Finger hielten das tödliche Geschoss so unnachgiebig umschlossen, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Schwerfällig wie ein alter, schwacher Mann richtete er sich auf seine Knie auf und musterte den Leichnam des Shoguns ein letztes Mal, die Augen voll untröstlicher Trauer. „Und genau so wird es sein Zadei…unzertrennlich auch im Tod…“, eine gefühlte Ewigkeit lang verharrte er reglos, dann presste er die Lider fest aufeinander und stieß sich den Bolzen mit aller Kraft, die seinen zitternden Händen noch inne wohnte, tief in die Brust, direkt durch sein Herz. Er spürte wie der Geschmack von Blut seinen Mund füllte und ein befreites Lächeln legte sich auf seine Lippen. Leise aufseufzend sank er neben Zadei ins Gras und schloss die Augen, als sich sein Sichtfeld zu verdunkeln begann. „Ich bin bei dir…ich bin auf ewig dein…“. Laures' energische Schritte wurden allmählich langsamer, als er das strahlende Weiß von Titius' Schwingen durch das verworrene Blattwerk hindurch erspähte. Seine saphirfarbenen, vorm Zorn verdunkelten Augen leuchteten triumphierend auf und ein freudig erregtes Grinsen glitt über seine Lippen, erfasste seine gesamten Züge. „Dort ist es ja, das verachtenswerte Engelchen“, murmelte er mehr zu sich selbst, als dass er sich an seine Männer richtete. „Drüben!“, wies er die Soldaten an, zog sein Schwert und deutete in die Richtung, wo er Titius erblickt hatte. Seine langsamen, siegessicheren Schritte gewannen plötzlich wieder an Eile, ließen ihn die letzten Meter regelrecht gehetzt auf die am Boden liegende Gestalt zu stürzen, um dann plötzlich abrupt auf der Stelle zu verharren. Jede Regung seines Gesichts erstarb, die Farbe wich aus seinen Wangen, bis sein Antlitz weiß und ausdruckslos war, wie eine unbelebte Maske. Sein Körper schien erstarrt, keiner Bewegung mehr fähig, im Boden verankert wie die dicken Wurzeln eines Baumes, der schon hunderte Sommer hatte kommen und gehen sehen. Dann, ganz langsam, als bereite ihm jeder Zentimeter Schmerz, senkte er seinen Arm, der sein Schwert kampfbereit hoch erhoben hielt und er ließ die Waffe mit einem dumpfen Laut achtlos ins Gras fallen. Absoluten Schrecken in den ungläubig geweiteten Augen, verharrte sein Blick auf dem Blutfleck in Titius’ Gewand, der sich stetig ausbreitete, den Stoff mit dunklem Rot tränkte und ihn nass und schwer an die schmale Brust klebte, aus der der tödliche Bolzen ragte. Verwirrt, als verstünde er nicht was er sah, ließ Laures seinen Blick wieder und wieder zwischen Zadei und Titius hin und her wandern, betrachtete er die Wunde, die im Bauch des Shoguns klaffte, um seine Augen dann erneut auf den Bolzen, der Titius’ Leib durchbohrte, zu heften. Dann plötzlich, als die Erkenntnis ihn wie eine mächtige Welle übermannte, fiel er neben den reglosen Gestalten auf die Knie. Mit bebenden Lippen musterte er Titius’ friedliches Gesicht, das an Zadeis Schulter lehnte und einen so befreiten Ausdruck trug, wie er ihn zu seinen Lebzeiten nie bei ihm gesehen hatte. Vorsichtig strich er über die schmale, blasse, mit Erde beschmutzte Hand, die sich unter die viel größere, kräftigere des Shoguns geschoben und ihre Finger miteinander verschränkt hatte. Der Dämonenkaiser öffnete mehrmals den Mund als wolle er etwas sagen, doch er blieb stumm. Seine Stimme versagte ihm ihren Dienst und dennoch hörte er sie in sich laut und schmerzlich schreien. Was hast du getan? Was hast du getan? WAS HAST DU NUR GETAN LAURES?!!!! „Was ich getan habe…“ stieß er rau hervor und spürte wie sich seine Augen mit Tränen füllten. „Ich habe ihn getötet…ich habe ihn mehr geliebt als mein Leben und nun habe ich ihn getötet. Gott im Himmel was habe ich getan? …“, wisperte er, die geballten Fäuste auf seine zusammen gepressten Augen drückend. Kraftlos sank sein Körper vorn über und krümmte sich zitternd zusammen, vom leisen Weinen des Kaisers geschüttelt. Gewaltsam sog er Luft in seine Lungen, die ihm den Atem zu versagen drohten, riss den Kopf in die Höhe. „Hast du gedacht du könntest so deinem Schicksal entfliehen?!“, brüllte er seinen Männern, die die Szene verstört mit ansahen, entgegen. Er schloss die Finger um eine von Titius’ weichen Haarsträhnen und wischte liebevoll die Tränen fort, die er auf das ruhige, bleiche Gesicht vergossen hatte. „War er dir wirklich so viel wert, dass du glaubtest dein Glück darin zu finden zusammen mit ihm zur Hölle zu fahren? Niemals habe ich gewollt, dass es so endet Titius. Ich habe dich so sehr geliebt und es selbst nicht gesehen, nicht verstanden…ich wollte nichts weiter als dich für mich zu haben, aber anstatt dessen habe ich dich für immer verloren“. Hinter sich hörte er das verhaltene Raunen, das durch die Soldaten ging. Zärtlich legte Laures seinen Umhang um die leblose Gestalt, lud sie auf seine Arme und erhob sich langsam. „Die Suche ist beendet“, wandte er sich an seine Männer und schritt langsam an den Soldaten vorbei, den toten Geliebten an seine Brust gedrückt, als fürchte er man könne ihn ihm jeden Augenblick entreißen. Noch einen letzten Blick warf er auf Zadeis Leichnam, den er einsam zurückließ, dann ergab er sich dem wütenden Schmerz und der tobenden Reue in ihm, ließ sie in sein Herz einziehen, jegliches Gefühl das er noch in sich hatte vernichten. Leer blickten seine toten Augen dem weiten, blassen Horizont entgegen, der vor ihm lag… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)