Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 11: Miez, Miez ---------------------- ~ Miez, Miez ~ Schuldig lachte leise, seine Augen funkelten belustigt über die Mordlust des Anderen, über die verzweifelte Wut in den grünen Augen seines Gegenübers, der sich kaum auf den Beinen halten konnte. Gekonnt überbrückte er den Abstand zwischen ihnen, warf sich auf Yohji und pinnte den Mann unter sich fest, ein diabolisches Lächeln präsentierend. "Hör mal zu ‚Weiß'", zischte er das letzte Wort unheilvoll. "Niemand ersetzt Aya so schnell, was würde der Rotschopf nur dazu sagen, wenn er das wüsste, hmmm?", fragte er spöttisch lächelnd. Youji gebärdete sich wie wild, bäumte sich unter dem anderen Mann auf. „Sagt mir WER? Was hast du mit Aya gemacht? Was hast du ihm angetan?“, zischte er hasserfüllt, ohne jegliche Angst in seinem Blick. Alles, was ihm wichtig war, war, dass Aya noch lebte. Dass er nicht von Schwarz… Erst jetzt sickerten die Worte des anderen Mannes richtig durch seine wild laufenden Gedanken. Ersetzen? Was Aya dazu sagen würde? Was sollte das? Ein vielsagendes Grinsen begleitete Schuldigs abrupten Rückzug und er entfernte sich einige Schritte. ‚Können wir Crawford?’ ‚Wir haben nur auf dich gewartet. Du hast unnötige Zeit verschwendet, Schuldig, das zieh ich dir von deinem Sold ab‘, las er in Brads Gedanken und verzog nur das Gesicht zu einer Grimasse. Geld war ihm momentan sowas von unwichtig. Viel lohnenswerter war das Gesicht des Weiß gewesen. Sie verschwanden, gesichert durch die schmerzhaften Nachwirkungen von Schuldigs Attacke. ‚Wer konnte denn schon ahnen, dass die einen ‚Neuen’ haben... den musste ich doch gleich einmal einweihen.‘ ‚Außerdem stell ich dir die Kopfschmerzen ebenfalls in Rechnung.‘ Schuldig hob die Augenbraue, während sie durch die Nacht liefen, um zu ihrem Wagen zu gelangen. Brad schien bereits die Kasse zu machen. o~ Schuldig stieg aus dem Wagen und ging einige Schritte zu seinem eigenen hinüber. Sie hatten einen kleinen Zwischenstopp auf dem einsamen Parkplatz eingelegt, wo Schuldig seinen Sportwagen abgestellt hatte. Der schwarze Gehrock wischte über die blutende Wunde des sauberen Schnittes an seinem Oberschenkel. "Ruf mich an, falls es was Neues gibt. Du weißt ja, auf welches Konto, abzüglich des Schmerzensgeldes natürlich", grinste er immer noch zu aufgeputscht, um die Schmerzen wirklich zu registrieren. "Schuldig, versorg dein Bein, wenn du zuhause bist und...", wollte Brad Schuldig daran erinnern, dass dieser einen Gast hatte, bereits wieder in die Befürchtung fallend, dass er Aya vergessen hatte. "Keinen Stress, den kleinen Kratzer von der Mieze krieg ich schon verarztet und wenn nicht, hab ich ja eine zuhause, die mir meine Wunden lecken kann", grinste er dreckig und schwang sich in seinen Wagen, um gleich danach abzurauschen. Er fuhr mit lauter Musik und dementsprechendem Fahrstil nach Hause, den Fuß wie ein Irrer auf dem Gas, bis er seinen Wagen in die Tiefgarage eingeparkt hatte und nach oben fuhr. Auf dem Weg zur Wohnung zog er seine Waffe aus dem Holster, öffnete nachlässig die Tür, ließ sie wieder ins Schloss fallen und ging bereits dazu über, sie in Sicherheitsverwahrung zu geben. Seine Schritte automatisch zum Schlafbereich richtend, stockte er für einen Moment. Wie ein Blitz durchfuhr ihn die Gier danach, Schmerzenschreie zu hören, die Lust darauf, die Angst in den Augen eines Anderen zu sehen, seine Gedanken voller Panik, voller Todesangst durch ihn strömen zu lassen. Der Gedanke der Macht, die er über Andere ausüben konnte überrollte ihn und das Leder der behandschuhten Rechten, mit der er die Waffe hielt, knirschte in der Stille des Raumes, als er die Waffe fester umfasste. Bilder zuckten in seinem Kopf vorbei, spiegelten ihm die Realität wieder, vermischt mit dem was in ihm lauerte, was er befriedigen wollte. Wie klebriger Sirup setzte es sich in seinem Geist fest, diese Gier, die sich nicht einfach abschütteln ließ... Die klare Nacht und ihre Himmelskörper reichten ihm, um der Gestalt auf dem Bett Form zu geben, reichten ihm um die andere Seite des Bettes anzustreben, lauernd, wie ein Jäger, der seine Beute gesichtet hatte. Wieder zuckten nur Teile des Gesamtwerks durch seine Gehirnzellen. Das zerzauste Haar, die geschlossenen Augen, die Blässe der Haut im Schein des Mondes, der klaren und kalten Nacht, der ausgestreckte Arm, die Finger, die etwas umfassten... . Sein Augenmerk galt wieder dem Gesicht, der schmalen Figur des Mannes. Die Hand mit der Waffe streckte sich. Das Metall strich behutsam über den Kopf des Schlafenden, bis hinunter in den Nacken, weiter die Länge der Haare nach, über die Flanke, bis Schuldig sie wieder zurückzog. Wie hypnotisiert starrte er auf die Waffe, während sie sich über den Mann bewegte. Völlige Stille hatte sich in ihm ausgebreitet. Ruhe. Klebrige, zähe Stille. o~ Gerade noch in tiefem, ihm endlich Erholung schenkenden Schlaf entzog sich Aya leise murrend dem kitzelnden Gefühl, das nun seine Sinne störte. Den ruhigen, schwarzfließenden Strängen, die seinen Schlaf darstellten. Etwas störte ihn, machte ihn unruhig, ließ ihn sich schließlich auf die andere Seite drehen. Unwissentlich weg von Schuldig. Weg von der Gefahr, die immer noch wie feiner Nebel über ihm waberte. Die seine Instinkte beeinflusste. Genau die Instinkte, die er zum Überleben brauchte. Ein wissender Teil in ihm selbst zerrte ihn erbost aus seinem Schlaf, ließ ihn abrupt die Augen öffnen. Es war dunkel…Nacht noch. Sein Herz klopfte schmerzhaft schnell, wie nach einem langen Alptraum, an den er sich jedoch nicht einmal in Bruchstücken erinnerte. Aya seufzte leise. Nichts passiert…es war alles in Ordnung. Bis auf ein minimales Gefühl der Beunruhigung, das ihm etwas zuflüsterte. Du bist nicht allein hier, wisperte es. Hauchte in seinen ohnehin schon schnellen, fliegenden Herzschlag…Nein, da konnte nichts sein…da war nichts. Er vertat sich…doch was, wenn es wirklich so war? Wenn - wie in Kindertagen – ein Monster hinter seinem Rücken lauerte…bereit, seine Klauen nach ihm auszustrecken? Aya war hellwach. Atmete flach. Was, wenn DOCH? Nein…das war kindisch, das war…. Jeglicher Gedanke brach abrupt ab, als er sich ruckartig herumwarf, im gleichen Moment brachial zurückschreckte. Zusammenfuhr. Schwarz…ein Schatten…ein großer, bedrohlicher Schatten mit…GOTT…die Umrisse eines Mannes…einer Waffe…Gefahr! Gefahr für ihn, eine Bedrohung! Keuchend griff er in die weichen Laken, zog sich mit Gewalt nach hinten. Weg von diesem Mann! Die Waffe nun ruhig in seiner Hand haltend, blickte er auf Aya hinab, die weit aufgerissenen Augen, das Weiß der Bindehaut merkwürdig hell in der trügerischen Dunkelheit des Zimmers. Er beobachtete nur, ließ seinen Gedanken keinen Raum für Spekulationen oder gar die Möglichkeit, Befehle zu geben. Schuldig hatte den Kopf im wahrsten Sinne zu voll um nun vernünftig zu reagieren. Er wollte nicht denken, also handelte er... Aya war wie gelähmt vor momentaner Angst, die jeglichen Gedanken an Flucht unterband. Blut…Blut und Blei lagen in der Luft. Männlicher Schweißgeruch. Ummantelte ihn, ließ einen Einblick auf die vor ihm stehende Bedrohung zu, die er mit Mühe als den deutschen Telepathen erkannte. Lange, strähnig abstehende Haare, die Gestalt, die Größe….das Gesicht, das er nur mäßig sah. Mäßig…gar nicht, stand der andere Mann doch so, dass er von schwachen, hereinfallenden Licht verschont wurde. Seine immer noch erschrockenen Augen starrten den Schwarz stumm an. Beinahe schon anklagend. Ganz sicher noch ängstlich. Wieso…in welcher Absicht…? Dumpf fiel die Waffe auf das Bett, blieb achtlos liegen, ebenso achtlos, wie Schuldig nun sich seines teuren Gehrockes entledigte, ihn auf den Boden gleiten ließ. Der dünne Rollkragenpullover gesellte sich zu dem vorangegangen Kleidungsstück und er ließ die Hände wieder sinken. Wie jemand, der im Schockzustand war, wirkten seine eigenen Handlungen auf ihn selbst hölzern. Den Blick noch immer auf den im Bett sitzenden Mann gerichtet, hob er schleppend seine rechte Hand, öffnete mit bedächtigen Bewegungen die obersten Knöpfe der Lederhose. Aya überlegte für einen Moment, ob er sich nicht auf die Waffe stürzen sollte. Doch das verwarf er. Er war zu weit weg…bis er dort war, hatte Schuldig sie schon längst aufgehoben… Er musste sich ihren Abstand zunutze machen, ihn vergrößern, sich bereit machen nach hinten auszubrechen und zu fliehen. Weg von Schuldig…von dessen Absichten. Sein Herz schlug bis in seinen Hals, weit darüber hinaus, während er noch mehr zurückstreckte. Seinen Körper anspannte. Schuldig nie…niemals aus den Augen ließ. Völlig entsetzt zusah, wie dieser seine Kleidungsstücke löste, die Hose aufknöpfte…SEINE Hose…nur um ihn…? Wer ist das?, drang die Frage zu ihm durch und sofort weiteten sich Schuldigs Augen. Stopp. Er festigte den Blick auf die angespannte Gestalt, deren Augen ihn angstvoll anblickten; durch die Lichtverhältnisse verstärkte sich der Eindruck, doch Schuldig wies die Frage in seinem Kopf brüsk zurück. Ich weiß wer das ist!, antwortete er kalt und beherrscht, ließ von seiner Tätigkeit ab und drehte sich abrupt um, setzte sich auf das Bett neben die Waffe, die nun links neben ihm lag. Sowieso nutzlos, da mit leerem Magazin. Für einen Augenblick saß er nur da, verengte die Augen, runzelte die Stirn, wusste, dass er langsamer reagierte, dass er vielleicht aber auch reflexartiger reagieren könnte. Insgeheim darauf hoffend, dass Aya nichts tat, was seine Schutzmechanismen auf den Plan rief. Erst einmal musste er alles was den Einsatz betraf verarbeiten, sich zurückziehen. Doch Aya dachte nicht daran, den anderen Mann anzugreifen. Er wusste nicht, was er daraus machen sollte…wie sich der andere Mann nun neben ihm auf die Matratze fallen ließ. Ihm seinen Rücken zudrehte. Ihn nicht mehr beachtete. Es ließ Aya ruckartig das Bett verlassen, zurückstolpern. Beinahe die Stufen hinabstürzen. Abstand gewinnen. Notwendigen Abstand. Sicheren Abstand. Was war in den Deutschen gefahren? Was dachte er sich? Aya atmete zitternd ein, verspürte erst jetzt den Schock, der sich wie Gift in seinen Venen ausbreitete. Er stand ein paar Meter entfernt von dem Schwarz, der immer noch nichts sagte. Ihn scheinbar ignorierte. Er wollte Licht! Nicht im Dunkeln bleiben…nicht nach dem Schreck der letzten Minuten, nach der immer noch anhaltenden Anspannung und Ungewissheit, was Schuldig nun letztendlich tun würde. Leise ging er zur Couch, nahm sich dort die Fernbedienung und tauchte den Raum mit vibrierenden, unsicheren Fingern in gedämpftes Licht. Besser als gar nichts…auch wenn er sich nun zur Küchenzeile begab. Sich in der Nähe des Messerblocks aufhielt. Sich langsam wieder beruhigte, den Blick jedoch immer noch nicht von Schuldig nahm. Mit bedächtigen Bewegungen öffnete Schuldig die schweren Stiefel, schlüpfte aus ihnen heraus, ließ das Schuhwerk stehen, zog die Socken aus. Danach erhob er sich hölzern, bewegte sich Richtung Badezimmer, nebenbei bemerkend, dass Aya nicht mehr in der Nähe war. Die Badezimmertür hinter sich schließend, holte er in exakten Bewegungen den Verbandskoffer, zog die Lederhose vorsichtig aus und legte einen wasserdichten Verband an. Der saubere Schnitt, der durch die Lederhose gegangen war, wurde von ihm mit kleinen, sterilen Klebestreifen versorgt. Er stellte das Wasser in der Dusche an, dimmte das Licht und stellte sich unter den warmen, tröstenden Wasserstrahl. Wie schon viele Male zuvor begann er, die Bilder und Eindrücke, vor allem aber die Gedanken der letzten Nacht zu verarbeiten, sie soweit zu verbannen, dass sie nicht mehr wiederkommen konnten. Und dabei hatte er gelernt, dass es sinnvoll war auch einmal etwas zu vergessen, doch nicht alles. Nicht alles durfte vergessen werden... Nach einiger Zeit sank er auf den Boden der Dusche, die Augen halbgeschlossen, den Blick nach innen gerichtet. Aya ertrug die Tatenlosigkeit in dem Moment nicht mehr, in dem Schuldig im Bad verschwand und ihm so signalisierte, dass er außer Gefahr war…vorerst. Der andere Mann duschte, lange…sehr lange, vielleicht vierzig Minuten, vielleicht auch eine Stunde, bevor Aya begann, mit mühsam vorgehaltener Ruhe Kaffee aufzusetzen. Irgendetwas zu tun, das ihn davon ablenkte, so aufgeweckt zu werden. Eine große, starke Kanne Kaffee. Um ruhiger zu werden…gelassener. Auch wenn er sich nie weit von seinen neu erwählten Begleitern entfernte. Nur um ganz sicher zu sein, war er sich doch nicht vollkommen sicher, was nun geschah. Auf welche Ideen der Schwarz nun noch kam. Vielleicht war es auch einfach nur diese…andere Seite an ihm gewesen. Die verrückte, gefährliche Seite. Die nun verschwunden war? o~ Die Haare hingen ihm nass und schwer vor dem Gesicht als er blinzelnd die Augen öffnete, nun sicher, dass er die Gedanken, der Hassenden, die Gedanken der Manipulierten und die Gedanken der Sterbenden aus seinem Gedächtnis verbannt hatte, sie so geformt hatte, dass sie nicht mehr diese rohe, reine Kraft hatten ihn zu vereinnahmen, ihn zu bezwingen. Sie waren da und doch wieder nicht. Wie ein Hintergrundgeräusch, wie Straßenlärm den man nach einiger Zeit nicht mehr bewusst wahrnahm. Er streckte sich und wurde sich seines verspannten Rückens gewahr. Die Haltung auf dem harten Boden war nicht gerade förderlich um sich zu entspannen. Sich darauf konzentrierend, dass er sich sicher erhob, begann er damit sich zu waschen. Kaffee, Milch und Zucker. Für Aya eine gern gesehene Kombination. Schwarz konnte er ihn nicht trinken, keinen einzigen Schluck hinunterwürgen. Kein Wunder also, dass er sich auf die zeitaufreibende Suche begab, schließlich alles zusammen und immer noch nicht gegessen hatte. Doch das machte ihm nichts aus. Er hatte einfach keinen Hunger…nicht mehr, seitdem sein Magen derart abrupt erfahren hatte, dass man auch ohne Nahrung überleben konnte…zu welchem Preis. Das war egal. Er nahm sich eine Tasse aus dem Schrank, füllte sie mit starkem, schwarzem Tod. Fertig und seine Haare kurz abtrocknend, mit einer alten Jeans und einem ebenso alten Shirt bekleidet ging Schuldig mit nassen Haaren in die Küche als Aya sich gerade eine Tasse Kaffee einschenkte. Er sagte nichts, setzte sich auf einen der Barhocker und sah Aya dabei zu. Was sollte er sagen? Dass er sich wie ein Junkie auf Droge gefühlt hatte, als er von dem Auftrag zurück gekommen war? Und eine Droge war es...die Droge nach der unerfüllten Gier nach mehr und mehr Macht. Sein Gesicht verbarg nicht die Müdigkeit, die ungeschminkte und offene Wahrheit über sein ursprüngliches Wesen. Ohne es zu wissen, wirkte er im Moment sehr jung, wie er dort saß, die Beine vom Stuhl hängen lassend, den Blick seitlich abgewandt, den Kopf leicht zur Seite gelegt und das Kinn auf die Rechte gestützt. Instinkte hatten Aya fast erschlagen mit ihrer Wucht, als er sich der Gegenwart des nun geduschten und nicht mehr nach Blut riechendem Mann ausgesetzt sah. Hörte, wie dieser sich hinter ihm niederließ. Alarmbereitschaft ließ ihn sich umdrehen. Ein weiteres Mal zusammenfahren. Das war nicht der Schuldig vom Bett. Nein. Dieser war viel, viel harmloser, wie er da saß. Beinahe schon ZU harmlos. Den Blick immer noch fest auf seine Helferlein gerichtet, nahm er sich die Tasse und setzte sich Schuldig gegenüber. Eine Mutprobe. Er war nicht ängstlich. Er klammerte sich innerlich an die feste Überzeugung, dass es nicht die dunkle Seite des Deutschen war, die er vor sich hatte. Nein…das war der Mann, der genauso hilflos war, wie er selbst es manchmal sein konnte. Er wollte Antworten auf seine Fragen. Antworten, ob Schuldig Weiß begegnet war. Ob sie überlebt hatten. Die Kaffeetasse erhoben, den Blick fest auf die zusammengesunkene, anscheinend um Jahre jüngere Gestalt gerichtet, starrte er diesen durchdringend an. Trank noch nicht. Starrte nur. Antworten. Er wartete auf Antworten. Obwohl die Blickrichtung eine andere war, wurde er sich der penetranten Aufmerksamkeit bewusst und seine Augen wanderten zu Ayas. Die ihn schier durchbohren wollten. Lag etwas Bestimmtes an? Hatte er etwas ...nun ja.... sollte er sich an etwas Bestimmtes erinnern?, grübelte er nach und seine Augen wanderten wieder zu dem Bonsai, den er zuvor schon bewundert hatte. Nun ja, eher eines gelangweilten Blickes gewürdigt, würde es eher treffen. Aber das Starren nervte schon gehörig. Allen Zweifeln zum Trotz vokalisierte Aya sich nicht, sondern behielt es bei seinem Blick. Forderte das, was Schuldig ihm bis jetzt noch verweigerte. Er würde den anderen Mann schon dazu bekommen, mit ihm zu reden. Ganz sicher. Und wenn er ihn zermürben musste. Langsam kippte er die Tasse gen Lippen, schlürfte in der bisher vollkommenen Stille der Wohnung durchdringend laut seinen ersten Schluck Kaffee. Schluckte. Kam es nur ihm so vor, oder war es wirklich so laut, als würde es noch dutzendfach nachhallen? Als würde es donnern? Bildete er sich das nur ein? Nein. Ausdruckslos starrte Schuldig momentan die Tasse an. Dann Ayas Augen. Dann wieder die Tasse. Okaaaay, zog er in Gedanken das Wort etwas länger und wandte seinen gelangweilten Blick vollständig Aya zu. Verzog die Lippen zu einem leicht kindlichen Schmollen, als hätte er die Pokerrunde verloren. "Wa-as? Willst du mir damit etwas sagen? Oder gibt es etwas was du wissen möchtest?", fragte er möglichst bissig, konnte jedoch die belustigte Note darin nicht verhehlen. Was für ein Unterschied zu dem Mann, der sich gerade noch so bereitwillig vor ihm ausgezogen hatte. Was für ein großer Unterschied, der ihn jedoch nicht im Geringsten aus seiner Ruhe brachte. Schuldig wusste ganz genau, was er wollte. Ohne einen Ton zu sagen, kippte Aya die Tasse ein weiteres Mal. Schlürfte beinahe unanständig laut. Schluckte noch lauter. Ließ den feuchtkehligen Laut in der auf die Frage des anderen Mannes folgenden Stille verhallen. Starrte weiter. Ungerührt. Starrte einfach nur. Verzog weder Lippen noch Augenbrauen. Blinzelte nicht. Starrte. Das laute Geräusch kratzte in Schuldigs Ohren, schraubte sich in seinen empfindlichen nach Ruhe schreienden Verstand. Sowas hasste er. Dieses Starren... . Schuldig runzelte die Stirn. Irgendwas entging ihm gerade. Scheinbar wollte Aya etwas von ihm wissen... Kurz erhellte sich sein gedankenumwölktes Gesicht nur um danach wieder die gelangweilte Maske zu präsentieren. "Sie waren da....konnten es scheinbar nicht lassen", murmelte er. "Sind alle ‚drei' noch putzmunter", sagte er als ginge es um das Gießen der Blumen. Dabei betonte er die Anzahl, sich sicher, dass Aya dies jedoch auf sein Fehlen in dem vierblättrigen Kleeblatt beziehen würde. "Zufrieden?", maulte Schuldig und zog eine beleidigte Schnute, hoffend dass Aya dieses penetrante Starren nun einstellen würde. "Is noch Kaffee da?", grummelte er. Das war beruhigend zu hören...wirklich. Es war ihnen also nichts passiert, wenn er Schuldig Glauben schenkten sollte. Was er tat. Der andere Mann hatte keinen Grund, ihn anzulügen. Überhaupt keinen. „Zufrieden“, stimmte er schließlich mit Nicken ein und setzte seine Tasse ab, rollte mit den Augen, um sich gleich darauf auf ein anderes Ziel zu richten… Dem Bären samt Foto. Und danach…seine Hose. „Es gibt keinen Kaffee mehr. Alles Einbildung. Geh ins Bett.“ Aber nicht bevor er noch ein kleines Wörtchen mit dem Deutschen gesprochen hatte…Schweigend zog er nun ein drittes und vermutlich auch letztes Mal das Bild hervor, suchte sich den Teddy und ging damit zurück in die Küche. Platzierte die Fotographie sauber genau vor dem Telepathen, behielt den Bären aber erst noch hinter seinem Rücken, außer Sichtweite des anderen Mannes. „Nettes Bild.“ "Einbildung?", wiederholte Schuldig und schärfte seinen müden Blick auf die Tasse, ging auf das harmlose Spiel ein und genoss es. "Ich seh ihn aber...", murmelte er und wurde kurz danach von dem Bild aus seiner Betrachtung gerissen. Verzog unwirsch die Lippen und stutzte. "Hmm", machte er nur, sah zu Aya auf, die Augen kreisrund. „Du hast was mit den Augen.“ Als wenn er ihm nicht einreden könnte, dass es keinen Kaffee gab. „Es gibt keinen mehr…“, wiederholte er schon beinahe geduldig und starrte in die großen, fragenden Augen. „Lass mich raten…du warst der da?“ Er zeigte auf den großen Jungen…auf das arrogante Lächeln. Na komm….bestätige mir schon meinen Verdacht, feuerte er den Telepathen in Gedanken an, WUSSTE, dass dieser ihm zustimmen würde. Schuldig folgte dem Fingerzeig und verzog das Gesicht leidend, bevor er etwas trotzig das Bild ansah, in Erinnerungen verfiel. "Schön wär’s gewesen", sagte er, die Kinder nacheinander musternd. "Der Kerl war echt die Pest, hat nur Mist gebaut und ständig uns Jüngere genervt", erinnerte er sich und schürzte leicht die Lippen. "Ich bin der mit dem Bär, wollte nicht mit aufs Foto und hatte glaub ich ordentlich Radau gemacht, bis mir jemand den Bär in die Hand gedrückt und mich in die Gruppe geschoben hat. Mein erstes Kuschelviech", sagte er mit seltsamem Unterton, weich, etwas belegt. Seine Stimme leise. So. Hatte Aya also gewusst, dass der Andere ihm zustimmen würde? Wie gebannt und vor allen Dingen wieder einmal völlig überrumpelt und geschockt starrte er auf das Bild. Hörte er auf die Stimmlage des Schwarz. Es war wirklich der Kleine. ER war es. Schuldig…der Kleinste in der Gruppe, hatte Ayas Menschenkenntnis mit einem Dackelblick über den Haufen geworfen. Aya schüttelte beinahe lächelnd den Kopf, stellte dem Sitzenden den kleinen Bären auf den Tresen. „Dann solltest du besser auf ihn aufpassen und ihn nicht deinem Feind überlassen…wer weiß. Vielleicht hätte ich ihn in die Waschmaschine gesteckt.“ Schuldig verengte die Augen zu Schlitzen. "Jaaa", sagte er gedehnt, als hätte er den übelsten Verbrecher vor Augen, den das Universum je gesehen hatte. "…das traue ich dir auf jeden Fall zu. Ihr Weiß wascht ja gern alles porentief sauber", sagte er nuschelnd und schmunzelte den Bär an. Das alte Ding. "Hat er dich also ausgegraben..", grinste er etwas müde. "Wolltest dir wohl die Reizwäsche ansehen, was?", lächelte er und sah möglichst unschuldig zu Aya auf. Es gelang ihm nicht ganz. Er fühlte sich so wohl im Augenblick und das spiegelten auch seine Augen wider. Gelöst saß er da und sein Blick wärmte sich an dem anderen Mann, der vor ihm stand. Aya, der Dinge zutage förderte, die er längst in Vergessenheit gewähnt hatte. Ertappt… und das, obwohl Schuldig seine Gedanken nicht lesen konnte. Aya funkelte sein Gegenüber beinahe böse an, stupste dem Teddy leicht vor die Nase, ließ ihn zufrieden auf den Rücken plumpsen. „Ich wasch gleich wen anders porentief rein…oder wahlweise die Flausen aus dem Kopf“, gab er zurück und griff demonstrativ zu seinem Kaffee, nahm ein paar tiefe, wohlige Schlucke. Wie entspannt der andere Mann doch war. Nach der…Katastrophe von zuvor, ein erstaunlicher, Aya aber nicht mehr wirklich überraschender Wendepunkt. Anscheinend eine stark ausgeprägte Charaktereigenschaft des Telepathen. Wahnsinn und Sorglosigkeit. Herrje. Was für eine gefährliche Mischung. "Hast du dir was gekocht?" fragte Schuldig und stützte seine Arme verschränkt auf den Tresen. "Und was getrunken?" Seine Stimme hatte etwas Bohrendes an sich, so wie er Aya inquisitorisch ansah, die Lippen etwas gespitzt. "Da trinkst du Kaffee und wehe du hast nichts anderes getrunken, außer dem Zeug", oberlehrmeisterte er und verstummte dann. Er wusste um die Anzeichen von Müdigkeit bei ihm: Er wurde launisch und dann redefaul. Aya starrte in den ihn schier durchbohrenden Blick. Stellte die Tasse langsam ab und verschränkte schließlich die Arme. „Nein…ich habe noch nichts gegessen“, erwiderte er entgegen besseren Wissens und hob warnend eine Augenbraue. Auch wenn das ganze Bild durch den ihn etwas schmal aussehen lassenden Schlafkimono zunichte gemacht wurde, der sich allem Übel nun auch noch an seinem Brustkorb soweit gelöst hatte, dass ein großer Teil an blasser Haut zum Vorschein kam. Er verzichtete darauf, sich ihn nun zusammenzuzupfen, wusste er doch, wie lächerlich das ausgesehen hätte. „Aber wenigstens getrunken habe ich was…zufrieden, Papa?“ "Und wie geht's denen da?", wies Schuldig auf die bandagierten Hände mit einer energiesparenden Deutung seines Kinns in die Richtung Ayas, den Blick akribisch darauf gerichtet. "Ich mach uns ne Miso Suppe", sagte er nach einigem Überlegen und ließ sich vom Hocker gleiten, seinen Entschluss in die Tat umsetzend. "Is zwar etwas früh für dich und etwas spät für mich, aber ich hab Hunger und du noch nichts gefrühstückt, passt hervorragend." „Lass mich das machen“, gab Aya zurück und war in der gleiche Bewegung vorgetreten, hatte sich an Schuldig vorbei zur Arbeitsplatte gedrängt und nach einem Messer gegriffen, das er nun ungelenk in einer bandagierten, durchaus immobilen Hand hielt. Schuldig ansah. Er würde den Teufel tun und Schuldig noch einmal etwas kochen lassen, was auch er essen sollte. Dazu war er viel zu verwöhnt, was seinen Geschmack anging. Er sah auf seine Hände hinunter. Ja…als wenn er sich mit diesen unversöhnlichen Klumpen einen derartigen Luxus erlauben konnte. Und dass er die Verbände jetzt schon abnahm…auch wenn es nicht mehr so schmerzte wie zuvor? Nein…das war nicht ratsam. Schuldig seufzte genervt und fuhr sich durch die nassen Haare. "Musst du alles selber machen? So schlecht schmeckt es nun auch wieder nicht, wenn ich das mache." Jetzt wirklich ungehalten, aber eher zu müde für Diskussionen. "Was ist schon dabei? Das Bisschen Fleisch und Gemüse kann ich auch in eine Suppe verwandeln. Und deine Hände sind auch noch nicht in Ordnung." Die Brauen zusammengezogen stand er vor Aya, der noch immer das Messer in der Hand hielt, welches er momentan nicht als Bedrohung ansah. Überhaupt war Aya seltsamerweise und auch gefährlicherweise, nie eine Gefahr in seiner Wahrnehmung gewesen. Aya verstummte, klappte nutzlos seinen Mund zu. Starrte schließlich auf das Messer in seiner Hand. „Es ist viel dabei…vor allen Dingen viel, das man falsch machen kann“, sagte er mehr zu sich als zu seinem Gegenüber und sah hoch, entschlossen in die Augen des anderen Mannes. Dennoch legte er nun das Messer nieder. Drehte sich weg…auch weg von der Genervtheit des Schwarz. Eine Szene wie gerade vor dem Bett brauchte er nicht noch einmal. Nicht heute Abend. „Es ist deine Küche…mach, was du willst“, erwiderte er schließlich und setzte sich erschöpft langsam in Bewegung. Nein…das wollte er wahrlich nicht. Für heute wollte er Ruhe. Schuldig knurrte weich und berührte Aya sanft am Arm, als dieser an ihm vorbei wollte. "Heey", meinte er leise, hatte untrüglich gespürt, dass Aya eine Eskalation befürchtete, wenn er weiterhin darauf beharrte, selbst kochen zu wollen. "Ich musste nur den Auftrag verdauen, deshalb war ich vorhin etwas Frankensteinmäßig drauf. Du kannst sicher und ohne Frage besser kochen und...", suchte er nach Worten um zu erklären, warum er genervt reagiert hatte. "Ich bin einfach nur müde, Aya", sagte er schließlich und durchwühlte sich selbst die Haare, eine Geste der temporären Hilflosigkeit, in deren Anschluss er die Hand wieder sinken ließ und die Schulter zuckte. „Das weiß ich…ich bin es auch“, gab der rothaarige Weiß zurück und drehte sich noch einmal um, aufgeschreckt durch das leise Knurren und vielmehr durch die minimale Berührung. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Züge. „Frankenstein? Nein…das war Dracula… höchstpersönlich“, scherzte er, auch wenn ihm wirklich nicht dafür zumute war, saß ihm doch immer noch der Schrecken von vor ein paar langen Minuten, oder war es mittlerweile eine Stunde?, in den Knochen. Doch etwas anderes erhaschte in diesem Moment seine müden Gedanken. Verdauen…Schuldig musste den Auftrag genauso verdauen, wie sie es auch müssten. Ruhe danach…verschiedene Stadien der Wut, die sie alle kannten. Also doch nicht der emotionslose, freudige Killer, für den er den anderen Mann gehalten hatte. „Koch du…ich bin sowieso nicht in der Lage, das Messer zu halten…“ Damit löste er sich aus der ungefragten Berührung und schlich zum Schlafbereich, nahm sich dort eine der beiden Decken und zog sich auf die breite Couch zurück. Versuchte, ein weiteres Mal etwas Ruhe zu bekommen. "Darf ich dich dann auch mal anbeißen?", nuschelte Schuldig leicht grinsend, sich jedoch seiner bevorstehenden Aufgabe widmend. Er werkelte nicht länger als zwanzig Minuten und füllte die Suppe in zwei Schalen. "Willst du sie drüben essen oder besser hier?", fragte er zu Aya hinüber, als wohnten sie schon lange zusammen, als wäre es Normalität. Aya, gerade eben durch die geschäftigen Geräusche des Telepathen weggedöst, wurde nun wieder aus seinem hart erkämpften Schlummer gerissen, was er, nach den letzten Tagen Schlaflosigkeit, nicht wirklich zu schätzen wusste. Eigentlich überhaupt nicht, schon gar nicht, wenn es um so eine Lappalie wie das Essen ging. Und genau das teilte er Schuldig auch mit einem gedämpften, verschwommen-rüden Fluch mit. Sich schließlich zur Lehne drehend und sich die Decke über den Kopf ziehend, drückte er mit seiner gesamten Gestalt ein ‚Lass mich in Ruhe’ aus. Wenn doch endlich dieses verdammte Licht aus wäre…ganz zu schweigen von dem Essengeruch, den er momentan wirklich nicht haben konnte. Er hörte seinen Magen schon förmlich dagegen protestieren und rebellieren. Schuldig wandte sich um, den Mundwinkel kurz verziehend und damit seinen Unmut ausdrückend. "Nun komm schon, du solltest etwas essen." Unschlüssig stand er da, zuckte dann mit den Schultern und holte noch Essstäbchen die er neben die Schüsseln platzierte. Erst will er selbst kochen, und dann nichts mehr essen, grübelte Schuldig vor sich hin. Grollend drehte sich Aya erneut dem Raum zu, bedachte Schuldig mit einem säuerlichen Blick. Wie gut der andere Mann es doch schaffte, ihn wieder und wieder aus seinem Schlaf zu reißen und ihn zurückzuholen…und das, obwohl er nicht wirklich großen Hunger hatte. Eine scharfe Replik lag ihm auf der Zunge, die er jedoch in dem Moment abmilderte, als sie drohte, seine Lippen zu verlassen. „Morgen ist auch noch ein Tag“, erwiderte er nicht wirklich freundlich, aber auch nicht aggressiv. Drehte sich wieder weg und zählte insgeheim die Sekunden, bis Schuldig ihn ein weiteres Mal stören würde. Die Stäbchen sorgfältig ablegend, hielt seine Hand inne in ihrem Tun, nur um die Stirn zu runzeln, als er die Worte hörte und sich in die Lippe zu beißen, kaute er ein Weilchen auf dem inneren Fleisch herum, um sich etwas abzulenken von seinen gekränkten Gefühlen. So stand er da und starrte auf die beiden dampfenden Schüsseln, innerlich einen Kampf führend. Er wollte nun nicht zu Aya sehen. Gut, er konnte nicht so gut kochen, aber er hatte sich Mühe gegeben. Hilflos stand er vor den Schüsseln, seine Hände betrachtend. Scheinbar nicht wert um etwas für Aya zu essen zu machen, zuviel Blut dran, was?, keimte kurz sein Schutzwall aus Zynismus in ihm auf, der jedoch der Müdigkeit zum Opfer fiel und verklang. Müde wie er war, der Situation nicht ganz gewachsen, ließ er alles wie es war, schaltete das Licht aus und ging an der Sitzgruppe vorbei. Es tat weh. Dieser Moment schmerzte so sehr, wie schon seit Jahren nicht mehr. Schon sehr lange hatte er das nicht mehr gefühlt. Etwas in seiner Brust hatte sich zusammengezogen bei diesen Worten und schmerzte. Das lag alles nur daran das er müde war, angreifbarer. Er ging zu seinem Bett und zog sich rasch aus, legte sich gewohnheitsmäßig auf die Seite, die Aya zuvor belegt hatte, und wurde sogleich mit dessen Geruch, der noch immer im Kissen haftete konfrontiert. Während seine Augen ins Dunkel blickten, nahm er eine Haltung ein die er schon lange nicht mehr eingenommen hatte. Er lag auf der Seite, die Hände vor sich, die Beine leicht angewinkelt. o~ Er hatte nicht gut geschlafen. Auch wenn es durchaus besser war, als letzte Nacht, war es immer noch nicht das, was Aya brauchte um wirklich wieder zu genesen. Ganz zu schweigen von der Abstinenz der Nahrung, die er in der letzten Zeit entweder nicht bekommen oder wie gestern, nicht gewollt hatte. Aya kämpfte sich, die Haare vom Schlaf zu Berge stehend, vom Sofa und wankte in den Küchenbereich. Schuldig war die Nacht ausgesprochen ruhig gewesen…hatte ihn nicht mehr belästigt und das wollte Aya belohnen, auch wenn es ihm innerlich davor grauste, die Suppe zu probieren. Anlässlich der schlechten Erfahrung während der nicht ganz wachen Zeit kein Wunder. Auch wenn er nun stockte, als er die beiden Schüsseln sah. Fein säuberlich gefüllt, die Stäbchen daneben. Beide gefüllt und nicht angerührt. Schuldig hatte also auch nichts gegessen? Nur weil er sich geweigert hatte? Dummer Mann…wirklich dumm. Der Teddy, der wirklich traurig auf dem Rücken lag. Na sowas…hatte ihn Schuldig doch nicht wieder aufgestellt…sowas gemeines. Diese Aufgabe übernahm nun Aya, als er das kleine Plüschtier auf den Allerwertesten setzte und seinen Blick ein weiteres Mal auf das Bild richtete. Der kleine, verloren schauende Junge war also Schuldig. Was für ein Vergleich zur heutigen Person… Aya schüttelte den Kopf, stellte schweigend den Herd an. Ebenso wie das Radio, das ihm im Moment wirklich bessere Gesellschaft zu leisten schien, als die Stille. Als seine Gedanken, die sich in zu aufmerksamen Kreisen um das Verhalten des Telepathen drehten. Verflucht war Schuldig, dass er ihn zwang, die persönliche Seite von Mastermind kennen zu lernen! Ohne dass er die dargebotenen Schwächen adäquat ausnutzen konnte. Denn das verbot ihm alleine sein Stolz. Tief in der Musik versunken, machte er sich daran, der gar nicht mal so schlechten Suppe noch den letzten Schliff zu verleihen. Sich somit die Zeit zu vertreiben… o~ Die teuren Schuhe überquerten den Flur in gelassenen Schritten, hallten auf dem Marmor verhalten wider. Blieben stehen, öffneten die Tür, mit einer Schlüsselkarte und traten, als das Öffnen der Tür getätigt werden konnte, in die Wohnung ein. Brad verschaffte sich einen schnellen Überblick, sein Augenmerk sofort auf die Schlafstatt rechts werfend, die etwas entfernt lag, jedoch der feuerrote Haarschopf gut zu erkennen. Schuldig schlief also noch. Er hatte sich heute frei genommen, die Übergabe der Sicherungskopien bereits getätigt. Er trug den maßgeschneiderten Anzug, die Jacke über dem Arm, Hemd und Weste, da er gerade von der Transaktion kam. "Ah, die Mieze kocht", sagte er beiläufig, für sich selbst feststellend, als er vor der Küchenzeile ankam. Aya schien gerade erst aufgestanden zu sein, bot einen zugegebenermaßen verlockenden Ausblick. Schuldig nach dem Schlafen zu erblicken, hätte jedoch einen Reiz für sich, den Brad vorzöge. Völlig unerwartet wurde Aya aus seiner Konzentration gerissen. Das war nicht Schuldigs Stimme, soviel konnte er auf Anhieb sagen. Auch ohne nun zur Quelle der unwillkommenen Störung herumzufahren. Crawford. Schon wieder. Hatte der andere Mann keine eigene Wohnung? Auch wenn er es nicht zugab, war das Orakel ein Faktor in seinem vorsichtigen Tanz mit Schwarz, den er nicht berechnen konnte. Böse reichte in diesem Fall als Beschreibung alleine nicht aus. Leider nicht. Sein Blick glitt wie schon am vorgestrigen Tage abschätzend über die ihm gegenüber stehende Gestalt. Teurer Anzug, noch exquisitere Schuhe…alles in allem ein Vermögen wert. Fehlten nur noch die diamantenen Manschettenknöpfe. Die Taschenuhr an der Weste… „Na…schon so früh wach? Deine Jungs gerade abkassiert…waren sie auch ordentlich anschaffen diese Nacht?“, lächelte er freundlich, mit zynischem Amüsement in seiner Stimme, war sich nur am Rande bewusst, dass er in genau diesem Moment wie eben einer dieser Männer aussehen musste. Der Kimono im Brustbereich halb offen, die Haare wie nach einer wilden Nacht völlig zerzaust. Am Herd…sich ein Süppchen kochend. Brad verzog keine Miene, lediglich die braunen Augen, erschienen einen Tick heller, als das amüsierte, spöttische Funkeln darin auftrat. "Soll ich bei dir auch abkassieren? Sieht nach einer kräftezehrenden Nacht aus, Schuldig schläft noch", stellte er fest und blickte wieder in die Richtung wo der Telepath schlief. "Ich hoffe, er war nicht zu sanft zu dir, hat dir dein loses Mundwerk gestopft, mein kleiner Loverboy", ließ er die Worte ebenso freundlich zu Aya wehen, als ginge es um das Wetter, ein netter Plausch am Morgen. Er legte die Jacke ab, ging in die Küchenzeile um sich eine Tasse Kaffee zu machen, beachtete Aya nicht, mit den Gedanken bei anderen Dingen. Für ihn war es ein Spiel, Aya keine wirklich interessante, lohnende Beute. „Vielleicht solltest du bei Schuldig abkassieren…ER schläft schließlich noch. Nicht ich“, gab Aya zurück und drehte sich, entgegen der Präsenz des anderen Mannes in der Küche, wieder zum Herd und kostete vorsichtig die nun heiße Suppe. Ja…so schmeckte sie besser. Viel besser. Er dachte nicht im Teufel daran, auf den allzu scharfen Spott des älteren Schwarz einzugehen, sondern nahm sich seine alte Schüssel, füllte sie wieder auf und griff sich die Essstäbchen. „Vielleicht sollte dir mal jemand dein Mundwerk stopfen…schon ausprobiert?“, endete er schließlich fröhlich und fischte sich das erste Gemüsestückchen aus der Suppe, lehnte sich gegen die Anrichte. Als hätte Aya nichts gesagt, überging er die Worte, hakte sie als unwichtig ab. Der Rotfuchs hatte damit begonnen, ihn zu provozieren, also was sollte dieses Geschwätz nun? Die Tasse mit dem schwarzen Gold füllend und sich bereits auf den ersten Schluck freuend, ging er zum Tresen, stellte die Tasse langsam ab, als er die Photographie erblickte, sie mit den schlanken Fingern berührte. Den Teddy in die Hand nehmend. In der Betrachtung der Kinder vertieft, erkannte er den Bär auf dem Foto wieder. Ließ das Bild auf den Tresen zurückfallen als hätte er sich verbrannt, als ginge von dieser Aufnahme ein schleichender Tod aus. Aya runzelte stumm die Stirn, als er sah, dass der ältere Mann das Bild zu Gesicht bekam. Konnte aber sein Erstaunen nicht bemerken, als dieser es fallen ließ. Als Teamführer müsste er doch über die Vergangenheit seiner Untergebenen Bescheid wissen...oder etwa nicht? Aya schüttelte verständnislos den Kopf. Lebten Schwarz wirklich so aneinander vorbei, dass sie solche Dinge nicht interessierten? Wenn er ehrlich war, wollte er die Antwort auf diese Frage gar nicht haben. Auch wenn seine bloßen Füße ihn nun zu eben diesem Mann trugen, sich neben Crawford stellten. Er war kleiner als der Schwarz…ein ganzes Stück. Aber das hieß noch lange nichts. Die Augen fest auf den Teddy gerichtet, strich er diesem mit einem Lächeln über die ausgefransten Öhrchen, hob seinen Blick schließlich in die Augen des Amerikaners. „Netter Teddy…passt zu seinem Besitzer“, ließ er schon beinahe sanft durch den Raum hallen, ohne jeglichen Spott, nur wie zuvor schon wissend. Und die Bedeutung dessen wurde auch ihm nun deutlich klar. Wenn es wirklich stimmte, dass Crawford vorher nichts von diesem Bild gewusst hatte… Den Blick mit der von ihm so bekannten Kälte darin und einem geradezu frostigen Lächeln auf Aya richtend, fixierte er den anderen Mann für Sekunden, stellte das Stofftier, ein tröstendes Relikt aus vergangen Tagen, auf den Tisch ab. Die Augen wie blank polierte Spiegel, die keinen Einblick boten. Er wandte sich von der Fotographie ab, ging zur Fensterfront und blickte mit maskenhaften Gesichtszügen hinaus. Dort hatte er ihn gesehen, den Mann, den er auch noch hinter dem Wahnsinn erkannt hatte. Eine Bestätigung dessen was er mit Sicherheit sagen konnte...das Schuldig im Inneren wie dieser Junge mit seinem Stofftier aussah. Und Aya hatte es ebenso erkannt. Schneller als er, leichter als er. Brad hatte keine Photographie gehabt, er hatte sich dies durch jahrelange kollegiale und vielleicht auch zaghafte freundschaftliche Bindung zu dem Telepathen erarbeitet. Und nun... kam dieser Weiß und überholte ihn einfach. Gelassen stand Brad da, blickte unergründlich in die Stadtlandschaft. "Dieses Stofftier ist ein Relikt aus Tagen, die längst vergessen sind", antwortete er etwas verspätet, die Stimme pures, Eis, welches dunkel unter der Oberfläche dahin glitt. Schuldig hatte das nicht vergessen, sondern der Schuldig auf dem Bild war zu tief in dem Chaos das diesen Mann nun beherrschte verborgen. Er selbst konnte nur Teile davon in Ordnung halten. Aya lächelte ungesehen für den anderen Mann. Längst vergessen? Es gefiel ihm selbst nicht, doch er glaubte nicht daran, dass diese Tage vergangen waren. Nicht im Geringsten, hatte er selbst noch gestern erfahren, dass der Telepath auch ganz anders konnte. Neben seinem dämonischen Ich auch noch eine andere Seite besaß, die Aya wieder und wieder kennen lernte. Auch wenn er das verdammt nochmal nicht wollte! Er drehte sich um, nahm sich erneut seine Schüssel auf, ebenso wie die Stäbchen und eine Flasche Saft mit Glas aus dem großen Kühlschrank. Begab sich damit in den Wohnbereich und setzte sich auf das noch warme Sofa. Besah sich nicht zum ersten Mal seine Verbände. Sie mussten ab! Jetzt! Leise seufzend löste Aya sie, legte die darunter geschundene Haut frei und stellte fest, dass die Schnitte bereits mit farbenfrohen Hämatomen unterlegt waren. Bis das verheilt war… Die Geräusche im Hintergrund wahrnehmend, jedoch interesselos an sich vorbeiziehen lassend, stand Brad weiterhin am Fenster, die Hände lässig in den Hosentaschen verborgen. Sein Handy klingelte und er wandte sich um, ging zu seinem Jackett und zog es heraus. "Ja", meldete er sich. "Ist alles glatt über die Bühne gegangen?" fragte Nagi, die Stimme so monoton wie immer. "Ohne Probleme, wie vorausgesehen.“ "Wo bist du?" Brad wandte sich wieder ab, warf einen kurzen Blick zu Aya der sich die Verbände von den Händen schälte. Er ging wieder zur Fensterfront. "Bei Schuldig." "Es ist eine zusätzliche Belastung für ihn, wenn dieser Weiß bei ihm ist", stellte Nagi fest. "Ja...ich bin mir da teils nicht mehr so sicher." "Hast du heute noch Termine?" "Nein, ich komme in Kürze wieder", sagte er etwas milder, als die Worte die er an Aya gerichtet hatte. "Gut", antwortete Nagi und legte auf. Für einen Moment konnte Aya das seltsame Geräusch nicht identifizieren, das aus dem abgelegten Jackett des anderen Mannes drang. Doch dann dämmerte ihm, was es war und er sah interessiert, wenn nicht sogar mit einem unterdrückten Grollen zu, wie Crawford telefonierte. Mit wem auch immer… Doch Aya wusste, dass es nichts brachte, sich darüber aufzuregen. Er musste selbst zusehen, wie er von hier entkommen konnte, sein Team würde er garantiert nicht mit hineinziehen. Nur nebenbei lauschte er dem für ihn unschlüssigen Gespräch und griff zur Suppe, fischte sich nach und nach kleine Gemüsestückchen heraus, trank die nun besser schmeckende Flüssigkeit. Lehnte sich zurück und starrte nachdenklichen Blickes in die Küchenzeile. Aber Gott sei Dank war der Amerikaner bald wieder verschwunden. Wenigstens ein Lichtblick. Brad kümmerte sich nicht weiter um Aya, nahm seine Jacke auf und trank seine Tasse leer, stellte sie in die Spüle. Nur um danach wortlos die Wohnung zu verlassen. Die Augenbraue zweifelnd erhoben starrte Aya dem älteren Schwarz ebenso schweigend hinterher. Da war er wieder weg, der gute Mann. Nicht, dass es ihn nicht erleichterte. Kopfschüttelnd zog Aya seine Beine mit auf die Couch, schlug sich die Decke über seine Gestalt und lauschte gedankenlos dem Radio. Nahm sich hin und wieder einen Schluck Suppe oder Saft und versucht nicht darüber zu sinnieren, welche Bedeutung dieser Bär wohl noch hatte. o~ Die Nase kurz kraus ziehend und sich gegen das Wachwerden sträubend drehte sich Schuldig auf die lichtabgewandte Seite, doch schlussendlich musste er einsehen dass er nun mal wach war und die Wirkung der Ladung Schlafsand in seinen Augen nachgelassen hatte. Die Rollläden waren glücklicherweise fast ganz geschlossen, dennoch reichte es aus um ihn in seinem anschließenden Gedöse zu stören. Mit einem Gähnen und einem Haareraufen stand er schließlich auf, sich in das dünne Leintuch wickelnd in das Bad gehend. Und da wurde der nächste Schwarz munter. Aya seufzte leise. Dafür, dass er es normalerweise pflegte, jeglichen Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit anderen aus dem Weg zu gehen, indem er ganz einfach menschlichen Kontakt mied, hatte er für diesen Morgen bereits schon sein Pensum an zwischenfeindlichen Kontakt auf. Bei weitem. Und dass er nun auch noch wunderbar sehen konnte, wie der andere Mann in seiner vollen Nacktheit aus dem Bett stieg, bevor er so gütig war, sich ein dünnes, nicht wirklich bedeckendes Laken um die Hüften zu schwingen. Aya schüttelte innerlich seufzend den Kopf. War insgeheim froh, auf der Couch geschlafen zu haben. Es genügte ihm schon, wenn Youji morgens in aller naturalen Pracht zum Bad sprang…das musste nicht auch noch… Mit striktem Abschluss des Themas wandte sich Aya wieder seiner Suppe zu und nahm einen weiteren, tiefen Schluck. Ohne wirkliche Kleidung, trottete Schuldig wieder aus dem Bad sich streckend und ging zur Fensterfront, ein "Guten Morgen", murmelnd. Das Wetter war ja nicht gerade aufbauend, bemerkte er für sich, als er einen Blick hinauswarf, Aya den Rücken zugedreht. Schulterzuckend wandte er sich um. "War Brad schon da?", fragte er unumwunden, in die Küche gehend. Konnte…sich der Telepath nicht etwas Vernünftiges anziehen? Bedeutsam die Augenbraue in Richtung Himmel erhoben, verfolgte Aya dessen Weg zum Fenster und zurück in die Küche, sah nicht ein, warum er seinen Blick abwenden sollte. Das Tuch machte Schuldig blass. Aber das war ja nicht sein Problem. „Ja, war er“, ließ Aya anstelle dessen verlauten, erstaunt über die Frage des Anderen. Woher wusste Schuldig vom Besuch seines Teamführers? „Er hat geguckt, ob ich dich im Schlaf abgemurkst habe und ist wieder gegangen. Macht er das immer so?“ Wenn er ehrlich war, fand er den Gedanken an Crawford als umsorgendes Hausmütterchen, das all seine Schäfchen im Trockenen haben wollte, durchaus amüsant. Innerlich wie äußerlich, was sich als nicht allzu verborgenes Lächeln äußerte. Schuldig kramte in den Schränken, machte sich nach seinem allmorgendlichen Ritual einen frischen Kaffee. "...nach bestimmten Einsätzen macht er das", sagte er beiläufig, während er den gemahlenen Kaffee in die Maschine füllte. "Er hatte nicht die Sorge, dass DU mich abmurkst...", erklärte er nüchtern und ruhig. Er fühlte sich gut, ausgeschlafen, im Gleichgewicht. Aya zuckte nur mit den Schultern und nippte ein weiteres Mal an seinem Saft, beschäftigte sich momentan mit der Frage nach der Kategorisierung. Nach welchen Einsätzen? Auch wenn er sich die Antwort schon fast denken konnte. „Sondern? Dass DU etwas anderes im Sinn hast?“, versuchte er den Satz zu beenden, mochte sich jedoch nicht vorstellen, was das wirklich implizierte. Wie weit Schuldig gestern wirklich gegangen wäre, wäre ihm nicht irgendetwas dazwischen gekommen. Was auch immer es war, Aya dankte ihm. Die Kaffeekanne mit heißem Wasser ausspülend, blickte Schuldig kurz auf, fing den Blick des anderen ruhig ein. "Könnte sein, dass er das dachte", sagte er vage. "Bei Crawford ist das schwierig zu sagen. Er macht Dinge...die wir...die ich nicht verstehe und dann wieder wenn ich ein Muster glaube zu erkennen, reagiert er wieder komplett anders." Er stellte die Kaffeemaschine an, gab dem Teddy, der neben dem Foto saß, einen Schubs und sammelte die Tassen vom Vortag ein um sie in die Spülmaschine zu verräumen. Das war auch wieder eines der Dinge, die er eigentlich nicht hören wollte. Überhaupt nicht. Information, die nur Weiß, seine Schwester und ihn selbst gefährdeten, da er sie nicht preisgeben würde. Natürlich…besäße er keine Ehre, würde er das sicherlich tun. Ohne zu zögern. Doch angesichts der Tatsache, dass auch Schwarz nie ihren persönlichen Lebensraum angegriffen hatten, musste er eben diese Dinge wohl oder übel verschweigen. Vorausgesetzt, er entkam eines Tages. Vielmehr in den nächsten Tagen. Denn je länger er wegblieb, desto mehr gefährdete er seine Schwester. Kritiker würden nicht zögern, sie umzubringen, wenn er nicht mehr auftauchte. Wenn er nicht rechtzeitig genug zurückkam. Ein weiterer Faktor in seiner verzweifelten Planung nach Flucht. Ein harter Zug schlich sich von ihm selbst unerkannt um seine Lippen. Er durfte Aya nicht vergessen…sie war seine Hauptantriebsquelle. Er musste dafür sorgen, dass es ihr gut ging…nur wie sollte er das tun, wenn er hier festsaß? Und Schuldig fragen, ob sie noch lebte? Nein…das ging nicht. Was, wenn Schwarz dadurch dann wusste, wo sie sich befand? Dass sie dadurch noch ein Mittel mehr hatten, um ihn zu erpressen? Schuldig bemerkte das fauchende Geräusch, welches ihm signalisierte, dass sein Kaffee bald fertig war, mit zufriedener Miene und ging um sich etwas anzuziehen. Die bequeme, leichte Hose und das enge Langarmshirt, schmiegten sich weich an seinen Körper, gaben einen schönen Kontrast zu den noch immer zerzausten wilden feurigen Haarsträhnen, als er das Fenster im Schlafbereich öffnete, das Bett kurz aufschüttelte, wieder zur Küche ging und sich den Kaffee einschenkte. Zu Aya kam und sich ans Fenster setzte, ins trübe Nass des Tages blickend. Aya merkte erst, dass das Fenster hinter ihm offen war, als frische, kühle Winterluft zu ihm herüberzog. Ihn sich herumdrehen ließ. Endlich. Eines der Fenster war offen. Ohne sich um jeglichen Kommentar von Seiten des Telepathen zu kümmern, strebte er diese Erlösung zielsicher an. Trat hinaus in die kalte, beinahe schon klirrende Kälte und atmete tief durch. Frischluft. Gnädige Frischluft. Wobei ihm egal ab, ob seine Füße abfroren. Dass er zitterte. Einfach nur raus. Den Wind fühlen, den Regen in sein Gesicht wehen lassen. Ein kurzer Schein von Freiheit, wie er sich bewusst war, als er ans Geländer trat, die Hände um die schmalen Metallstreben schlang. Seine Augen schloss und einfach genoss, was sich ihm bot. Kälte, Winter, Gerüche der Hauses, der Stadt. Laute, die ihm bisher verborgen geblieben waren. Atemzug um Atemzug tat er, um sich zu stärken, um in sich selbst den Wunsch nach Freiheit zu schüren. Sich nur kurz umwendend um dem raschen Aufbruch in Richtung Fenster nachzublicken, wandte sich Schuldig wieder seinem Getränk zu. Erst nach einigen Minuten der Ruhe stand er auf, griff von dem kleinen Tischchen ein Päckchen Zigaretten und klopfte sich eine heraus, ging gemächlichen Schrittes zum Schlafbereich in dem er die Terrassentür und ein kleineres Fenster geöffnet hatte. Er blieb in der Tür stehen, lehnte sich lässig an den Rahmen, die nackten Füße auf dem beheizten Wohnungsboden und zündete sich die Zigarette an, den Blick auf die einsame Gestalt vor ihm gerichtet. Schuldig zog die Brauen zusammen, als ihn dieser Vergleich auf Aya bezogen in den Sinn kam. Hatten sie nicht schon von Einsamkeit gesprochen? Und nun...jetzt sah er sie, wie sie um die schmale Gestalt des Mannes lag. Aya öffnete langsam seine Augen, als er merkte, dass Schuldig hinter ihm stand. Doch er sah sich nicht genötigt, sich umzudrehen oder irgendeine Konversation zu beginnen. Er wollte einfach noch genießen, was sich ihm hier bot. Schade, dass es nicht schon angefangen hatte zu schneien, dass die ganze Stadt in dichte, stumme Flocken gebettet war, die sämtliche Geräusche zu dämpfen schienen. Die Weiß und ihm wieder und wieder Spaß machten. Besonders dann, wenn sie Schnee schippen durften. Wie sehr sie sich doch um Schichten am frühen Morgen rissen, die um sechs Uhr in der Früh raus und schaufeln bedeuteten. Sein Blick glitt über die Stadt, während er, entgegen seiner bisherigen Stärke, nun einen Fuß auf den anderen stellte. Damit es nicht ganz so kalt wurde. Auch wenn es nicht viel half, waren sie doch beide schon eisig. „Haben sie sich gestern gut geschlagen?“, fragte er leise in die Stadt hinaus, als erwartete er von den Millionen, die dort unterwegs waren, eine Antwort auf das, was ihm wichtig war. Welch Ironie doch, wo ihm nur ein Mensch die Wahrheit geben konnte. Der Boden schien genauso eisig zu sein, wie die Luft, die messerscharf in dem nun sacht aufkommenden Wind durch sein Gesicht fuhr, bemerkte Schuldig, wie Aya die bereits bläulich für ihn aussehenden Füße vor dem Boden schützen wollte. Ein schräges Lächeln erhellte die nachdenklichen Gesichtzüge, welches die Augen erreichte, den Blick auf Aya weich werden ließ. Und dies in der Stimme zum Tragen kam. "Haben sie. Balinese hat sich auf und in meinem Oberschenkel verewigt", wollte er sanft aufmuntern, nahm einen tiefen Zug und blies den Rauch in die Morgenluft hinaus. "Willst du nicht wieder reinkommen? Du frierst." Von Wollen konnte wohl keine Rede sein, fiel Schuldig etwas traurig ein. Gerade jetzt war es ihm so, als sollte er ihn gehen lassen. Alles sprach dafür. Nur seine Ruhe, die er empfand, sprach dagegen. Wieder nahm er einen Zug. Ein leichtes Lächeln huschte über Ayas Züge. Youji…natürlich. Er konnte es sich denken. Seine Arme nun doch um den Oberkörper schlingend drehte er sich schließlich wieder zum Telepathen. Ja….reinkommen war eine gute Idee. Sagten ihm seine Füße. Auch wenn er liebend gerne länger hier stehen geblieben wäre. An Schuldig vorbeihuschend, labte er sich schließlich an dem warmen Boden und als das nicht genügte, an den Heizkörpern, gegen die er seine Füße einen nach dem anderen stellte und sie zum feurigen Brennen brachte. Erst, als ihm nicht mehr GANZ so kalt war, zog er seine Augenbrauen in die Höhe. „Auf deinem Oberschenkel? Auf MEINER Hose?“, fragte er ruhig, freundlich. Beinahe schon zu freundlich. „Du hast es tatsächlich gewagt, dich in meiner Hose verletzen zu lassen?“ Ein fröhliches Lächeln legte sich zum zweiten Mal auf seine Lippen. Blitzte gefährlich. Schuldig grinste leicht in sich hinein, drückte die Zigarette aus und schnippte sie rebellisch über das Terrassengeländer. "Hätte ich mich ausziehen sollen, bevor ich Balinese an meinen Körper lasse?", grinste er zweideutig, wandte sich um und trat etwas mehr in den Raum, die Tür schließend. „Ja natürlich!“, erwiderte Aya, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Dann wäre wenigstens meine arme Hose verschont geblieben!“ Wenn Schuldig sich die zweideutige Ebene wünschte, dann konnte er sie haben. Aya war in der richtigen, gelösten Stimmung um auf die Neckerei des anderen Mannes einzugehen. „Also ICH habe sie bisher immer gut aufgepasst…und hatte NIE einen Kratzer an ihr!“ Er wechselte schnell den Fuß, bevor es ihm an dem einen zu heiß wurde, während er den Deutschen VÖLLIG empört anfunkelte. Nachdem er das Fenster auch noch geschlossen hatte, kehrte er Aya den Rücken zu und ging Richtung Küche, mit den Worten: "Na, ICH habe auch auf sie aufgepasst, solange DU sie getragen hast", die in samtenes Dunkel gekleidet waren, wandte sich jedoch nicht um. Langsam hatte er Hunger und er erwägte die Suppe zu kosten. Zumindest als Vorspeise zu einem ausgedehnten Frühstück. Aya schüttelte leise lachend den Kopf. Soso…einen Schutzengel hatte er also gehabt? Als wenn er selbigen mit seinen neun Leben brauchte… Innerlich wie äußerlich schaudernd beschloss er, dass er am Besten duschte, bevor er gänzlich erfror. In dem Zuge konnte er sich dann auch ganz anziehen. Mit einem leicht spöttisch angehauchten „Guten Appetit“, als er sah, dass Schuldig die Suppe in Augenschein nahm, verschwand er im Bad und schloss die Tür hinter sich, entledigte sich seiner Sachen. Genoss die momentane Ruhe, die ihn schon seit dem Aufwachen befallen hatte. Ruhe, die nicht hätte sein müssen, wie ihn Crawfords Worte unnütz an andere Möglichkeiten seines Hierseins erinnerten. Ruhe, die sein ‚Urlaub’ hier mit sich brachte, wie Aya es sich zähneknirschend eingestand. Sich seine knöchellange schwarze Schürze umbindend und die Haare lose mit einem dünnen Haargummi auf den Rücken verbannend, deckte Schuldig sich in der Zwischenzeit einen reichlichen Frühstückstisch, mit diesmal eher westlichen Zutaten. Die Musikanlage lauter stellend, hantierte er entspannt in der Küche herum, richtete sich einen bunt gemischten Start in den Tag zusammen. Weder fehlten Früchte, noch aufgebackene Brötchen oder verschiedene Beläge und Marmelade oder Erdnussbutter. Sein Blick fiel dabei auf die traurige Gestalt des Bonsais und er verzog den Mundwinkel zweifelnd. "Na, ob du noch mal was wirst, Kleiner?", murmelte er dem kleinen Bäumchen damit nicht unbedingt Mut zusprechend. Eher unbewusst wippte Aya im Takt der Musik unter der Dusche mit, während er das heiße, wohltuend entspannende Wasser über seine geschundenen Muskeln prasseln ließ. Seine Haare und seinen Körper schließlich mit dem eigens für ihn gekauften Duschgel einseifte. Nun…jetzt konnte er wenigstens nicht mehr behaupten, dass er nicht duschen konnte, nur weil ihm das Duschgel des Telepathen nicht zusagte. Welch trauriges Ereignis. Vorsichtig darauf Acht gebend, dass seine Hände nicht in zuviel Kontakt mit der beißenden Substanz kamen, säuberte er sich schließlich gänzlich und stieg aus der dampfenden Dusche, wollte automatisch einen Blick in den Spiegel werfen. Den er gestern zertrümmert hatte. Aya fluchte stumm. Hätte sich im Nachhinein für diesen Ausbruch ohrfeigen können. Ausgerechnet vor Schwarz so die Beherrschung zu verlieren, würde ihm nie wieder passieren. Nie wieder. Auch wenn es ihn schon erstaunte, wie schnell und effektiv er den Hass hatte verbannen können, obwohl er einen leisen Verdacht hatte, dass es nicht nur an seiner inneren Stärke, sondern auch an dem atypischen Verhalten des Deutschen lag, dass Schuldig bestimmte Denkweisen in seinem Hirn einfach durch kleine Gesten oder Mimiken beruhigen konnte. Kopfschüttelnd ließ er seinen Blick an sich hinuntergleiten, hatte das Gefühl, doch dünner geworden zu sein, als er es ohnehin schon war. Zumindest zog sich sein Bauch unangenehm nach innen, schien sich leicht auszuhöhlen. Zeichen, dass er nicht genug aß, doch was sollte er machen, wenn er einfach keinen Hunger hatte? Schicksal eines verwöhnten Mannes eben, wie es sich Aya lächelnd eingestand, während er beschloss, in die Sachen des gestrigen Tages zu schlüpfen, es sich jedoch nicht nehmen zu lassen, zunächst nur im Badehandtuch zum Schlafbereich zu gehen und sich dort frische Wäsche zu nehmen. Jedoch nicht das rote Tuch, was sich allzu charmant vor seinen Augen drapierte. Ganz normale Wäsche. Und dicke, warme Socken. Ebenso schnell verschwand er wieder auch im Bad, schnupperte jedoch aus Interesse, was Schuldig in der Zwischenzeit alles vorbereitet hatte. So wie es roch, alles nur leckere Sachen… Aya zog die Tür ein weiteres Mal hinter sich zu und machte sich winterfertig. Hose, Pullover, Wäsche, Socken, die allesamt die Wärme des Duschens einfingen und ihn selbst angenehm temperiert hielten. Mit feindlichem Blick auf seine Haare nahm Aya sich schließlich einer der daliegenden Bürsten und ließ sich auf die Couch fallen. Fuhr sich in gewohnt brutaler Manier durch die lange Mähne. Die VIEL zu lange Mähne. Wäre…da nicht etwas dazwischen gekommen, wäre sie jetzt schon ab! Mit zusammengebissenen Zähnen fuhr er sich durch die verfilzten Strähnen, rupfte sie auseinander. „Ich hätte nie auf diesen Handel mit den Haaren eingehen sollen“, grollte er laut genug in Richtung Küche. „Dann wären sie jetzt schon längst ab! Kurz!“ Die letzte Eitelkeit…beseitigt. Schuldig schloss gerade den Toaster ans Stromnetz an, als Aya wiederkam. Unauffällig huschten seine Blicke zu Aya hinüber wie dieser sich die langen Haare ruppig bürstete. Einige Minuten sah er zu, bis ihm der Geduldsfaden langsam ausfranste und er die Schürze ablegte, zu Aya hinüberging. "Ist gut...", sagte er leicht genervt. "Ich weiß du magst sie nicht, aufgrund des Versprechens, aber sie dir deshalb ausreißen, wird die Sache auch nicht ändern." murmelte er leise und streckte die Hand wortlos nach der Bürste aus. "Außerdem könnten wir das besser im Bad machen und da du die Haare aufgrund meiner Forderung nicht schneiden kannst, habe ich auch nichts dagegen dir bei dieser unliebsamen Notwendigkeit zu helfen", lächelte er neckend. Danke für's Lesen. Fortsetzung folgt! Gadreel & Coco Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)