Games von Ashling ================================================================================ Kapitel 9: act nine ------------------- Titel: Games Teil: 9/? Autor: Ashling Fandom: Yellow Pairing: Go x Taki Disclaimer: Yellow gehört nicht mir, sondern Makoto Tateno und ich leihe mir ihre Charaktere nur für diesen kleinen Schwachsinn hier aus, ohne damit Geld zu verdienen. Warnungen: Dem werde ich vielleicht noch etwas hinzufügen, zunächst aber mal nur lime, drama, sap, vielleicht hin und wieder etwas Humor. Ob es einen Lemon geben wird, weiß ich noch nicht OO“ Ach, und ja, das hier ist zum reinen Vergnügen gedacht^^ Kommentar: *puh* Also, ich weiß, dass ich euch immer ziemlich lange sitzen lasse, und umso mehr freut es mich, dass ich trotzdem für jeden neuen Teil so wunderbare Kommentare von euch bekomme. Danke schön! Aber irgendwie… brauche ich immer wieder aufs Neue einen kleinen Arschtritt XD“ Okay, was ich hierzu auf jeden Fall noch sagen muss: Ich habe die ganze Geschichte nach dem zweiten Teil von Yellow begonnen, dementsprechend kann ich also gar keine Rücksicht auf Band drei und vier nehmen, die inzwischen ja schon draußen sind (und jetzt ist Yellow zu Ende, ich könnt’ heulen .___.). Ergo… ist die Vergangenheit, die ich Taki angedichtet habe, in keiner Weise mit der zu vergleichen, die sich Makoto Tateno ausgedacht hat… *pfeift* Aber da ihr bestimmt alle die Bände schon gelesen haben werdet, bemerkt ihr das sicherlich selbst XD“ … spätestens im nächsten Teil… Und jetzt halte ich die Klappe und mach’ die Bühne frei… act nine „Seiji Reiyamata“, sagte Taki ohne zu zögern, als er an der Rezeption des Viersternehotels Sakura erneut nach seinem Namen gefragt wurde. Unglücklicherweise sah er sich keiner hübschen, weiblichen Angestellten gegenüber, die er sicherlich leicht hätte um den Finger wickeln können, sondern einem grimmigen älteren Herren mit scheußlichem Zwicker auf der Nase. Sicherlich hätte er den auch um den Finger wickeln können, wenn er sich genügend Zeit und Mühe genommen hätte, aber Zeit fehlte ihm im Moment eindeutig und Geduld konnte er gerade auch nicht aufbringen. Er hatte keine Ahnung, wann Seiji wieder ins Hotel zurückkehren würde, und es hatte ihm schon gereicht, eine halbe Stunde in der Hotellobby herumzulungern, ehe Seiji das Hotel endlich verlassen hatte. Noch einmal würde er diese Beherrschung nicht aufbringen können. Flüchtig kam ihm der Gedanke, dass er sich diesen ganzen Zirkus an der Rezeption hätte sparen können, wenn er mit Go zusammenarbeiten würde. In Null Komma Nichts hätte er es bestimmt geschafft, dieses neumodische Schloss an den Hotelzimmertüren zu öffnen. Taki hingegen traute seinen Fähigkeiten diesbezüglich nicht. Wenn er Pech hatte und er zu langsam war, kam just in dem Moment, in dem er sich Zugang zu Seijis Zimmer verschaffen wollte, irgendjemand – sei es nun ein Gast, eine Putzfrau oder irgendein anderer Angestellter – vorbei und ertappte ihn buchstäblich auf frischer Tat. Genauso schlimm wäre es, wenn er dank seiner mangelnden Kenntnis beim Versuch, das Schloss aufzubrechen, den hausinternen Alarm auslösen würde. Aber Go war nicht hier, um ihm aus der Patsche zu helfen. Er hatte es selbst so entschieden, und er wusste – irgendwo tief in sich drinnen –, dass es die einzig richtige Entscheidung gewesen war. Etwas verspätet bemerkte Taki, dass der Kerl hinter der Rezeption ihn angesprochen hatte. „Entschuldigung?“ Mürrisch verzog der Mann die Mundwinkel. „Ihre Zimmernummer, Reiyamata-san?“ „Woher soll ich das wissen?“, schoss Taki augenblicklich mit schmalen Augen zurück. Herrisch deutete er auf den Computer direkt neben dem Mann. „Schauen Sie doch nach. Ich kann mir auch nicht jede Nummer von jedem Hotel merken, in dem ich übernachte.“ Kaum merklich verblüfft starrte ihn der Mann über den Rand seines Zwickers hinweg an und zögerte einige Schrecksekunden lang. Taki befürchtete schon, zu dick aufgetragen zu haben, doch dann wandte sich der Mann dem Monitor zu. „Verzeihung, Reiyamata-san, ich wollte nicht unhöflich sein.“ Taki nickte knapp und – wie er glaubte – selbstherrlich. „Besser ist das für Sie.“ Der Mann tippte den genannten Namen in den Computer ein und sah dann wieder Taki an. „Dürfte ich trotzdem Ihren Ausweis sehen? Reiyamata-san?“ Ein minutiöses Lächeln umspielte die dünnen Lippen des Mannes. „Nur zur Sicherheit unserer Gäste. Sie verstehen?“ Verdammte Sch…! Taki war kurz davor, wütend zu knurren, konnte aber noch rechtzeitig die Zähne zusammenbeißen. Verdammt! Wieso hatte er ausgerechnet heute so ein Pech und mit so einem sturen, widerlichen Dickschädel zu tun?! Konnte er nicht einfach Seijis Nummer rausrücken und gut war? Aber natürlich hatte sich Seiji wieder einmal eines der teureren und luxuriöseren Hotels aussuchen müssen. Da war kein einfaches Rein- und wieder Rausflitzen, ohne dabei von jemandem bemerkt zu werden. Aber gut. Vielleicht wenn er… Einer spontanen Eingebung folgend, umklammerte Taki den Empfangstresen und beugte sich dicht zu dem Mann dahinter vor, den Blick keine Sekunde abwendend. „Wissen Sie was?“, grollte er leise und mit einem drohenden Unterton. „Stecken Sie sich Ihren Ausweis sonst wohin.“ Einige Sekunden starrte er den Mann noch an, dann lehnte er sich langsam wieder nach hinten und erhaschte dabei aus den Augenwinkeln einen Blick auf den Monitor. Ein durchgängiger Balken unterlegte den Namen Reiyamata, Seiji und die Nummer des Zimmers, das er in diesem Hotel bewohnte: 612. Ein triumphierendes Schmunzeln tanzte um seine Lippen. Na bitte. War doch gar nicht so schwer. Allerdings war der Mann offenbar misstrauisch geworden, da er mit zusammengekniffenen Augen den Monitor weiter von Taki wegdrehte – eindeutig zu spät, aber bis zu einem gewissen Grad war dieser Mann sein Geld auf jeden Fall wert. „Wenn Sie nicht Seiji Reiyamata sind, möchte ich Sie bitten, jetzt zu gehen. Sonst rufe ich die Polizei“, setzte er noch hinzu und verdeutlichte diese Worte damit, dass er schon mal nach dem Telefonhörer griff. Gelassen hob Taki abwehrend die Arme, machte auf dem Absatz kehrt und verließ lässig und möglichst ganz unauffällig die Empfangshalle des Hotels. Dass ihm der Mann trotzdem argwöhnisch hinterher starrte, konnte er nicht ändern. Er hoffte bloß, dass er diesen Vorfall binnen der nächsten fünfzehn Minuten vergessen haben würde. Ihm selbst fehlten jetzt zwar auch wichtige Minuten, aber wenn er nicht anders an Seiji, oder besser gesagt an seine Sachen herankommen konnte, musste es eben so sein. Er musste sich einfach davon überzeugen, dass Seiji wirklich der Mörder von Kuzowan war, obwohl daran für Taki fast keine Zweifel mehr bestanden. Aber vielleicht fand er trotzdem irgendetwas. Wenn nicht… nun, er könnte Seiji immer noch irgendwelches Gift in seinen heiß geliebten Whiskey kippen, den es sicherlich in der Minibar gab. Das wäre für alle Beteiligten die einfachste Lösung, um aus diesem ganzen Schlamassel herauszukommen. Und Taki wäre nicht mehr ständig auf der Flucht oder müsste sich verstecken. So schnell er konnte, ohne dabei aufzufallen, legte er den Weg zu seinem Hotel zurück, sprintete in sein Zimmer hoch und fuhr den Laptop hoch. Er musste sich beeilen, wenn er nicht wollte, dass Seiji schon wieder zurück war, wenn er in sein Zimmer einstieg. Unglücklicherweise wusste er nicht, aus welchem Grund er überhaupt das Hotel verlassen hatte. Möglicherweise wollte er sich die Stadt ansehen oder einen längeren Einkaufsbummel machen – Seiji konnte nie genügend Armani-Anzüge besitzen –, möglicherweise war er aber auch nur mal schnell zum nächsten Zeitschriftenladen, um sich irgendein Wirtschaftsmagazin zu kaufen. Gleichwie, Taki musste schnell sein. Einigermaßen problemlos hackte er sich in die Stadtarchive ein und fand bald schon den Grundriss für das Hotel Sakura. Zimmer 612 bedeutete – wie er fast schon vermutet hatte –, dass sich das Zimmer im sechsten Stock befand. Gut. Je höher, desto besser. Und die sechste Etage bei insgesamt acht war doch schon relativ weit oben. Eilig, aber gründlich prägte er sich den Aufbau der Etage ein und wo genau Zimmer 612 lag. Dann fuhr er den Laptop wieder runter und sammelte in Windeseile seine Einbruchsutensilien zusammen, die er vorsorglich mitgenommen hatte. Zu seinem Glück, wie sich jetzt herausstellte. Er würde zwar am helllichten Tage bei Seiji einbrechen müssen, wenn er nicht riskieren wollte, auf ihn zu treffen – und das wollte er auf gar keinen Fall. Zwei oder möglicherweise drei Stunden zu warten, ehe die Dämmerung einsetzte, war ihm eindeutig zu viel. Nichtsdestotrotz zog er sich zudem seine dunkle Kleidung an, obwohl diese aus reinem Tarnungsgrund nicht notwendig gewesen wäre. Es war jedoch ein Stück weit Gewohnheit, dass er sie anzog, und außerdem hatte er bei ihr die Gewissheit, dass sie ihn bei seinem Unterfangen nicht stören würde. Keine zehn Minuten nachdem er sein Zimmer betreten hatte, verließ er es auch schon wieder und spurtete mit einem voll gepackten Rucksack zum Sakura zurück. In der Eingangshalle des Hotels hatte er einige Schwierigkeiten, ungesehen am Empfangsschalter vorbei zu den Fahrstühlen zu kommen, aber nachdem er ein paar Minuten gewartet hatte, kam ihm eine große Reisetruppe zu Hilfe, die offensichtlich gerade einchecken wollte. Taki nutzte die Gunst der Sekunde und flitzte einmal quer durch die Eingangshalle zu den Fahrstühlen, wo er sich unauffällig einer Gruppe laut diskutierender Geschäftsmänner anschloss, die gerade in die Kabine stieg. Er fuhr bis zum achten Stock hoch und suchte dann nach der Treppe, die ihn rauf aufs Dach bringen würde. Dank des Grundrisses musste er nicht lange Ausschau halten und stand schon kurz darauf auf dem zugigen Dach des Hotels. Der Wind, den er unten kaum zu spüren bekommen hatte, riss und zerrte hier oben an seiner Kleidung und wehte ihm die Haare ins Gesicht, die er kurzerhand mit einem Gummiband zurück band. Gleichzeitig sah er sich schon mal nach einer geeigneten Befestigung um, an der er sein Seil befestigen konnte. Die richtige Dachseite, an der er sich hinunterhangeln musste, hatte er bereits ausfindig gemacht. Einige Probleme dürfte es jetzt nur noch dabei geben, das richtige Zimmer zu finden; das würde er auf der Etage abzählen und sich dann eventuell hinüberschwenken müssen. Abermals kam Taki flüchtig in den Sinn, dass er bei dieser Aktion sehr gut Gos Hilfe hätte gebrauchen können. Einer von ihnen wäre ganz einfach auf dem Dach stehen geblieben und hätte den anderen, der am Seil hängen würde, in die gewünschte Richtung geschwungen, um dann später, wenn der andere im richtigen Zimmer angekommen wäre, hinterherzukommen. Das würde um einiges schneller gehen und wäre nicht ganz so kraftaufwendig, auch wenn das Risiko, erwischt zu werden, bei zwei Fassadenkletterern natürlich größer war. Aber Go ist nicht hier, wies sich Taki scharf zurecht, und bis zu einem gewissen Grad war das auch gut so. Besser, er und Seiji trafen nicht aufeinander. Zielstrebig schlang Taki das Seil um einen massiven Steinschornstein und befestigte es anschließend an dem extra dafür vorgesehenen Gürtel, den er sich umgebunden hatte. Routiniert überprüfte er, ob er alles richtig gesichert hatte, schnappte sich seinen Rucksack und seilte sich anschließend vorsichtig, aber nicht langsam über den Rand des Daches hinunter in die Tiefe ab. Am sechsten Stockwerk angekommen, zählte er rasch die Zimmer durch, bis er meinte, das dritte Fenster zu seiner Linken als Zimmer 612 identifiziert zu haben. Er hangelte sich wieder ein kleines Stückchen nach oben, bis er oberhalb der Fenster hing, spannte sich dann an und drückte sich mit aller Kraft von der Hauswand ab, um soweit wie möglich nach links zu springen. Unglücklicherweise machte ihm der immer noch heftige Wind hier oben einen Strich durch die Rechnung, so dass er gerade mal das eine Fenster übersprungen hatte, ehe er etwas ungeschickt gegen die Wand knallte. Sogleich wollte ihn das Seil wieder zurück in seine Ursprungsposition ziehen, doch Taki ließ sich schnell ein Stück nach unten rutschen, um mit den Füßen halt am oberen Rahmen eines der Fenster im sechsten Stock zu finden. Schwer atmend gönnte er sich einige kostbaren Sekunden Pause, in denen er Architekten im Allgemeinen und die Erbauer genau dieses Hotels im Besonderen inbrünstig verfluchte. Wo waren die guten alten zweigeschossigen Häuser geblieben, von denen jeder Einbrecher nur träumen konnte? Wobei er vermutlich noch dankbar sein konnte, dass das Sakura trotz seiner vier Sterne kein zwanzig Stockwerke hoher Wolkenkratzer war. Egal. Hör auf zu wimmern, umso schneller hast du es hinter dir. Abermals sammelte Taki seine Kräfte, um zu einem zweiten Sprung anzusetzen, den er anschließend noch einmal wiederholen musste, ehe er am richtigen Fenster ankam. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, als er sich endlich auf dem Fenstersims niederlassen konnte, um sich daran zu machen, das Fenster zu öffnen. Eine Ewigkeit zu viel, in der ihn vorbeigehende Passanten oder gar irgendwelche Vogelbeobachter entdeckt haben könnten. Diese unangenehme Möglichkeit verdrängte er jedoch resolut aus seinen Gedanken, war dafür aber umso erleichterter, als er endlich durch das Fenster in Zimmer 612 einsteigen konnte. Es musste doch ein erheblich größerer Druck auf ihm gelastet haben, als er anfangs gedacht hatte, da er die Erleichterung regelrecht von sich abfallen spüren konnte. Dann verschwendete er jedoch keine Zeit mehr, hakte sich von dem Seil los und band dieses stattdessen um die Heizung direkt unter dem Fenster, damit er nachher auch wieder zurückkam. Den Rucksack ließ er ebenfalls dort stehen, um sich leichter und schneller durch das Zimmer bewegen zu können. Es war ein ganz gewöhnliches Hotelzimmer, etwas luxuriöser vielleicht und mit einem etwas breiteren und bequemer aussehenden Bett als üblich, da es schließlich ein Viersternehotel war, aber ansonsten konnte er nicht viel entdecken, was Aya’s Room nicht auch zu bieten gehabt hätte. Zwei Nachtschränke, ein Kleiderschrank, zwei Sessel, ein kleiner, runder Tisch, eine Kommode mit Fernseher obendrauf und integrierter Minibar, ein Schreibtisch mit Telefon, eine Tür, die wahrscheinlich zum Bad führte, die üblichen, geschmacklosen Bilder an den Wänden – der ganz normale Schnickschnack. Augenblicklich ging Taki auf den großen Kleiderschrank links neben dem Bett zu, öffnete ihn und fing wahllos an, sich umzusehen. Jacketttaschen, Schubladen, Hosentaschen. Er wusste ja nicht einmal genau, wonach er eigentlich suchte – obwohl, so gesehen, ein blutverschmiertes Messer, das mittels DNA-Analyse als Mordwaffe im Fall Kuzowan identifiziert werden konnte, wäre schon nicht schlecht gewesen –, aber wenn er es gefunden hatte, würde er es wissen. Das leise Klirren von Eiswürfeln gegen Glas ließ ihm schier das Blut in den Adern gefrieren. Er war nicht allein. Mit einem Keuchen wirbelte er herum. Das Herz hämmerte ihm so stark in der Brust, als wollte es sie entzweireißen. Und es wurde noch schlimmer, als er ihn erkannte. „Du hast schon immer gerne in meinen Sachen herumgewühlt. Interessant, dass du diese Eigenart in all der Zeit nicht abgelegt hast.“ Mit einem amüsierten Schmunzeln im Gesicht stand Seiji gelassen an den Rahmen der Tür zum Bad gelehnt. In einer Hand hielt er ein Glas mit Eiswürfeln und – höchstwahrscheinlich – Whiskey. Er war ganz normal angezogen, hatte nur seine Anzugjacke ausgezogen, aber was… machte er dann im Bad? Zudem mit einem Whiskeyglas? Hatte er… auf ihn gewartet? Verdammt, warum hatte er vorher nicht nachgesehen, ob das Zimmer wirklich leer war?! Nicht, dass ihm das viel genützt hätte, weil Seiji schließlich trotz allem da gewesen wäre, aber… verdammt! „Wie… hast du mich gefunden?“, wollte Taki wissen, obwohl ihm eigentlich wesentlich wichtigere Fragen durch den Kopf geisterten. Eine davon war zum Beispiel, wie er hier so schnell wie möglich wieder herauskam. Jetzt, wo er wusste, dass Seiji in der Stadt war, war er sich noch mal zu hundert Prozent sicher, dass er Kuzowan getötet haben musste. Wer wusste schon, wozu der Kerl noch alles fähig war? Go… ich muss Go warnen… „Ich habe gesagt, dass ich dich finden werde.“ Elegant hob er die Schultern an, ein schwaches Eingeständnis eines Fehlers. „Es hat etwas gedauert, aber ich habe dich gefunden.“ „Du bist krank.“ „Vielleicht.“ Das Schmunzeln kehrte zurück auf seine Lippen. Ein eisiger Schauer rann Taki den Rücken hinunter. Verdammt, dieser dämliche Kerl an der Rezeption musste Seiji irgendwie gewarnt haben, dass jemand hier gewesen war, der sich für ihn ausgegeben hatte. Die perfekte Warnung. Takis Puls schnellte rasant in die Höhe, als er mit Blicken verfolgte, wie Seiji das Glas auf der Kommode abstellte und dann langsam auf ihn zukam. „Hast du Kuzowan umgebracht?“, griff sich Taki wahllos die nächste Frage raus, die in seinem Kopf umherschwebte. Ablenken… er musste ihn irgendwie ablenken, dann das Überraschungsmoment ausnutzen und nichts wie weg hier. Und sei es durch die Zimmertür. Verblüfft blinzelte Seiji, aber die Irritation erreichte nicht die eisblauen Augen, die kalt und berechnend wie eh und je blieben und ihn verrieten. Natürlich wusste er, von wem die Rede war. Trotzdem fragte er: „Wen?“ „Also ja“, murmelte Taki und drückte sich unbewusst dichter an den Schrank heran, was nicht ganz einfach war, da dieser noch immer geöffnet war. Für seinen Geschmack war Seiji mittlerweile nah genug. „Bleib stehen.“ Das Schmunzeln verwandelte sich in ein hämisches Grinsen, obwohl Seiji tatsächlich im ersten Moment auf der Stelle stehen blieb. „Warum? Hast du Angst vor mir?“ Seiner Stimme war zu entnehmen, dass er diese Vorstellung äußerst erregend fand. „Nein“, log Taki deshalb aus purem Trotz, obwohl sein gewaltiges Herzrasen diese Worte Lügen strafte. Das Dumme daran war nur, dass er wusste, wozu Seiji fähig war und wie skrupellos er vorzugehen bereit war, dass er wusste, dass Seiji stärker war als er, rein physisch betrachtet. Taki hatte seit seiner… nun, Flucht vor ihm zwar noch etwas an Kraft und Muskeln zugelegt, aber er bezweifelte trotzdem stark, dass es gegen Seiji reichen würde. Auf seine Antwort hin hob Seiji eine seiner elegant geschwungenen Augenbrauen und kam Taki wieder näher. „Und warum zitterst du dann wie ein Baby?“ Direkt vor ihm kam er zum Stoppen. Ihre Fußspitzen berührten sich fast und Taki war gezwungen, den Kopf leicht in den Nacken zu legen. Er hasste sich dafür, dass er seine Angst nicht unter Kontrolle halten konnte, dass er wusste, dass er wahrscheinlich wirklich leicht zitterte und dass sich seine Furcht wie ein gefundenes Fressen für Seiji in seinen Augen widerspiegelte. Und er hasste es umso mehr, weil er ganz genau wusste, dass Seiji sich daran aufgeilte. „Geh zur Seite.“ Ein dünnes Lächeln. „Nein.“ Langsam streckte Seiji einen Arm nach ihm aus. „Ganz bestimmt nicht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe. Taki.“ Taki überkam es eiskalt, als Seiji seinen Namen auf diese gierige Art und Weise aussprach, aber er versuchte, es zu ignorieren und spannte stattdessen nahezu jeden einzelnen Muskel in seinem Körper an. Das Ablenkungsmanöver hatte nicht hingehauen, damit war das Überraschungsmoment hinfällig. Also musste er jetzt auf Schnelligkeit setzen. Noch bevor Seiji ihn berühren konnte, holte Taki mit seiner geballten Faust aus, fest darauf hoffend, dass Seiji zu sehr von sich überzeugt war und Taki in seiner Angst vor ihm unterschätzte. Allerdings hatte er offensichtlich eher Seiji unterschätzt. Blitzschnell schoss Seijis Arm hoch, fing Takis Arm ab, drehte ihn ihm brutal auf den Rücken und wirbelte Taki anschließend in dem schmerzvollen Griff einmal um die eigene Achse, um ihn dann rücksichtslos gegen die Wand neben dem Schrank zu drücken. Taki entfuhr ein leiser Schmerzensschrei, als seine linke Gesichtshälfte wenig sanft mit der harten Wand kollidierte. Kurz darauf schmeckte er Blut; er hatte sich auf die Lippe gebissen. Anstatt dass er das jedoch überhaupt zur Kenntnis nahm, beschäftigte er sich eher damit, sich gegen Seijis stahlharten Griff zu wehren, ruckte und zappelte in dem ihm zur Verfügung stehenden Bewegungsfreiraum, bis Seiji diese Versuche mit einem weiteren Ruck an seinem Arm nach oben unterband, bei dem Taki glaubte, sein Schultergelenk wäre raus gesprungen. Erneut konnte er es nicht verhindern, dass ihm ein Schmerzenslaut über die Lippen kam, zu dem sich auch noch erste Schmerzenstränen in den Augenwinkeln sammelten. „Ah, komm schon, Taki. Kuzowan kann nicht so gut gewesen sein, dass du mich darüber hinaus vergessen hast.“ „Ich habe nicht mit Kuzowan geschlafen!“, presste Taki zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Instinktiv hob er ein Bein an und rammte Seiji seinen Hacken mit voller Wucht auf die Zehenspitzen, die unglücklicherweise in Schuhen steckten. „Verdammt!“, zischte Seiji dennoch schmerzhaft auf. Für eine Winzigkeit lockerte er den Griff um Takis Arm, doch die Sekunde reichte nicht aus, um sich zu befreien. Stattdessen riss ihn Seiji abermals herum und schleuderte ihn mit Schwung auf das große, breite Bett. Mit rasendem Herzen nutzte Taki hastig die Gelegenheit der Freiheit, kämpfte sich auf Hände und Knie hoch und wollte über den Rest der Matratze auf die andere Seite springen, zum Fenster stürzen und sich aus dem Fenster schwingen, ungesichert, in sechs Stockwerken Höhe in der Luft an einem winzigen Seil baumelnd, aber das wäre ihm egal gewesen. Absolut egal. In seinem Kopf existierte nur ein einziger Gedanke, und der pumpte mit beständiger Intensität Adrenalin durch seine Adern. Weg. Weg. Weg. Weg, weg, weg! Bevor er jedoch vom Bett springen konnte, ließ sich ein schwerer Körper auf ihn fallen und drückte ihn mit ganzem Gewicht in die weiche Matratze hinein. Nein. Einen Moment lang erstarrte Taki in purem Entsetzen. Schweiß brach ihm aus und er erkannte, dass er nur kurz davor stand, in absolute Panik auszubrechen, an deren Rand er schon gefährlich schlingerte. Doch sollte das der Fall sein, konnte er nicht mehr klar denken, konnte er nicht mehr rational handeln und er würde sich in ein winselndes, hilfloses Etwas verwandeln, das Seiji mühelos überwältigen konnte. Aber nicht mit ihm! Nicht schon wieder! So schwer es auch war, die sich langsam regenden Dämonen der Vergangenheit zurück in ihre dunklen Ecken zu drängen, Hände, die rau über seinen Körper fuhren, zu vergessen, Lippen, die sich nahmen, was sie wollten, zu verdrängen, und die Schatten vergangener Schmerzen zu ignorieren, so sehr bemühte sich Taki trotzdem darum. Er versuchte, sich gegen Seijis Gewicht auf ihm zu stemmen, was jedoch nur mäßigen Erfolg hatte, ebenso wie der Versuch, unter ihm hervor zu kriechen. „Geh runter von mir! Verdammt, geh runter von mir!“ Er wollte sich herumdrehen, damit er Seiji besser angreifen konnte als in seiner momentanen Position auf dem Bauch, aber gekonnt wusste Seiji das zu verhindern. Zielsicher wanderten seine Hände unter Takis Körper und fingen an, an dem Gürtel seiner Hose herumzufummeln. „Nein! Lass das! Seiji! Hör auf!“ Die Panik nagte wieder an ihm, als er mittels erfolglosen Aufbäumens seines Körpers Seiji von sich herunter katapultieren wollte. Glücklicherweise verhalf ihm ihre ungünstige Stellung dabei, dass Seiji nickt wirklich leichtes Spiel damit hatte, seinen Gürtel zu öffnen und die Hosen herunterzuziehen, vor allen Dingen nicht, wenn Taki sich auch weiterhin so vehement wehrte. Trotzdem machten ihm die tastenden, suchenden Finger des anderen zunehmend Angst. „Nein! Hör auf damit!“ „Ach, halt die Klappe, verflucht!“, blaffte Seiji, packte Takis Hinterkopf und drückte sein Gesicht mit einer Hand, die er gezwungenermaßen unter Taki hervorziehen musste, in die Bettlaken. Taki japste erschrocken nach Luft und musste notgedrungen seinen kräftezehrenden Widerstand ein wenig abschwächen, wenn er nicht riskieren wollte, zu ersticken. Denn Luft konnte er so nur bedingt in seine Lungen bekommen. „Seiji, bitte…“ „Stell dich nicht so an“, schnappte Seiji mit deutlich verärgerter Stimme, was vermutlich auf dieses für ihn zu lange andauernde ‚Vorspiel’ zurückzuführen war. „Als ob du es nicht gewohnt wärst, gevögelt zu werden.“ Rüde biss er Taki in den Nacken, bis er Blut schmeckte und Taki erneut schmerzhaft aufjammerte. „Selbst wenn es nicht Kuzowan ist, gibt es da noch einen hübschen Kerl auf seinen Überwachungsvideos. Deinen edlen Ritter, der dich geradezu mit Blicken verschlungen hat, als du ihm an der Tür halbnackt in die Arme gelaufen bist.“ Go! Für den Bruchteil einer Sekunde setzte Takis Herzschlag aus, brach sich die Panik in ihm mit solcher Wucht Bahn, dass er vollkommen unüberlegt und auch wenig wirksam, weil er noch immer das Bettlaken direkt vor der Nase hatte, fauchte: „Wenn du Go was antust, bring ich dich um.“ „Ah, Go heißt der Gute“, entgegnete Seiji hämisch. „Gut zu wissen.“ Erst da ging Taki auf, was er gerade möglicherweise für einen fatalen Fehler begangen hatte. Gleichzeitig brachte ihm diese Erkenntnis jedoch auch einen neuen Energieschub ein, angefacht von der schieren Angst um Go. Intuitiv holte er mit seinem frei schwingenden Bein aus und ließ es hart auf Seijis Rücken krachen. Da er auf dem Bauch lag, konnte er nicht so genau sehen, wo er ihn getroffen hatte, aber das war ihm auch herzlich egal. Es war eine Stelle, die offensichtlich schmerzte, da Seiji ein gequältes Ächzen ausstieß und sein Körper mit einem Schlag alle Spannung verlor. Ohne wirklich darüber nachzudenken, kämpfte Taki sich mit Händen und Füßen unter Seiji hervor, als dieser sich bereits wieder erholt zu haben schien und nach ihm greifen wollte. Rücksichtslos verpasste Taki ihm einen deftigen Faustschlag auf seine gerade Nase, der seinen Kopf nach hinten fliegen ließ. In der nächsten Sekunde war er vom Bett gesprungen und zum Fenster hinüber gehechtet. Er kümmerte sich nicht groß um irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen, als er das Seil von der Heizung losmachte und sich daran wie Tarzan an einer Liane aus dem Fenster schwang, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen. Das Blut rauschte ihm wie ein ganzes, aufgepeitschtes Meer in den Ohren und er zitterte so sehr am ganzen Körper, dass er sich kaum an dem Drahtseil festhalten konnte, doch irgendwie und mit absolut eisernem Willen schaffte er es, sich hoch zu hangeln, ohne zu registrieren, dass sich dabei das Drahtseil durch die Handschuhe in seine Handflächen schnitt. Oben auf dem Dach angekommen, warf er sich schweratmend auf den Rücken und gönnte sich einige kostbaren Sekunden Verschnaufpause. Erst dabei bemerkte er, dass sein Gesicht tränenüberströmt war, als er den kalten Wind bewusst über es hinwegwehen spürte. -- Unruhig tigerte Go im Zimmer mit der Nummer 12 des Hotels Aya’s Room auf und ab. Es war Takis Zimmer, in das er auf freundliches Bitten und Betteln seiner alten Kellnerbekanntschaft aus dem Restaurant im Erdgeschoss hineingelassen worden war. Dazu hatte er dem Guten Hayate zwar versprechen müssen, sich demnächst mal wieder bei ihm zu melden und sich mit ihm zu verabreden, aber was tat ein sich sorgender Partner nicht alles, um die Gelegenheit zu bekommen, Taki die Leviten zu lesen? Hayate war jedenfalls deutlich leichter Zugang zu Zimmer Nummer 12 gewährt worden – er hatte einfach gesagt, er müsste dort Geschirr abholen –, als es Go nicht mit den besten schauspielerischen Fähigkeiten erlaubt worden wäre. Sicherlich hätte er auch einfach sein Einbrecherwerkzeug einsetzen können, aber obwohl Aya’s Room nur ein mickriges Zweieinhalbsternehotel war, war das Personal wachsam und die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend, um ihn ganz schön ins Schwitzen zu bringen. Zur Not hätte er natürlich auf seine diebischen Fähigkeiten zurückgegriffen, aber wo er nun schon mal Beziehungen hatte... Überhaupt, eigentlich wäre ein Eindringen in Takis Zimmer gar nicht erst nötig gewesen, hätte Go sich nicht von Taki abschütteln lassen und wäre mit ihm zusammen in dieses Zimmer marschiert. Unglücklicherweise hatte er seinen Partner auf den mit muffeligen Passanten überladenen Straßen verloren, als dieser überhastet aus dem Sakura gestürmt war. Go hatte absolut keine Ahnung davon, was Taki dort drinnen getrieben hatte, da er draußen gewartet hatte. Ziemlich lange, um genau zu sein. Irgendwann hatte er sich so sehr gelangweilt, dass ihm Taki beinahe durch die Lappen gegangen wäre, als er plötzlich aus dem Hotel gefegt war. Na ja, und letztendlich hatte er ihn dann im Gewühl der Menschen verloren. Er hatte zwar noch einige Zeit darauf verwand, ihn vielleicht zufällig wiederzusehen, aber da er sich auch keine Vorstellung davon machen konnte, wo Taki hingelaufen sein könnte, war er schließlich zum einzigen Ort zurückgekehrt, an den Taki unweigerlich ebenfalls zurückkehren musste, wenn ihm nichts passiert war. Ein wenig wütend war Go dann schon gewesen, als er festgestellt hatte, dass Taki in der Zwischenzeit offenbar einmal in seinem Hotelzimmer gewesen war, da seine Einbruchskleidung fehlte – und die hatte er beim ersten Verlassen des Hotels garantiert nicht bei sich gehabt. Er wollte also irgendwo einsteigen – ohne ihn. Fragte sich nur, wo? Und warum? Und vor allen Dingen: am helllichten Tag? Als Go diese Fragen zum x-ten Mal durch den Kopf geisterten, knurrte er frustriert auf und warf sich verdrießlich in einen der zwei unbequemen Sessel, die das Hotelzimmer zu bieten hatte. Wenn er hier noch länger warten musste, würde er wahnsinnig werden. Nein, erst würde er anfangen, vor lauter Ungeduld die gesamte Einrichtung zu zertrümmern, und dann würde er wahnsinnig werden. Wo zum Teufel trieb Taki sich nur um?! Das verhaltene Klicken, als ein Schlüssel ins Schloss der Zimmertür geschoben und langsam herumgedreht wurde, katapultierte Go mit einem Satz aus dem Sessel heraus. Er hatte ein finsteres Gesicht aufgesetzt und eine gesalzene Strafpredigt auf der Zunge, die er Taki gleich mit allem, was er hatte, entgegen schießen würde, doch sobald sein Partner mit hängendem Kopf ins Zimmer getreten war und die Tür leise hinter sich ins Schloss gezogen hatte, verpuffte seine Wut zu einem Häufchen Asche und verwandelten sich die harten Worte in einen einzigen Buchstabensalat. Was zur Hölle war hier los?! „Taki...“ Go war selbst überrascht, wie leise der Anruf klang, aber das vollkommen kraftlose, aufgewühlte Bündel Mensch dort an der Tür hatte ihn total aus der Bahn geworfen. Mit einem Ruck fuhr Takis Kopf nach oben und der gehetzte Ausdruck in den grauen Augen war fast zu viel für Go. „Go. Was... machst du denn hier?“ „Sag mir lieber, was mit dir passiert ist“, forderte Go, dessen Stimme sich mittlerweile wieder etwas erholt hatte. Im Gegenteil. Inzwischen formte sich in ihm sogar eine leichte Wut auf das große, unbekannte, schwarze Etwas, das Taki so zugesetzt hatte. „Du siehst absolut scheiße aus.“ Er ging zu Taki hinüber, der noch immer an der Tür stand und sich, seit er Go erblickt hatte, nicht gerührt hatte. Jetzt, wo Go allerdings auf ihn zukam, hob er Einhalt gebietend eine Hand und wich einen Schritt vor ihm zurück. Das schnitt Go so tief ins Herz, dass er es fast körperlich spüren konnte. Am liebsten hätte er schmerzhaft aufgeheult. Er riss sich jedoch zusammen und versuchte, sich stattdessen auf die Situation zu konzentrieren. Irgendetwas war absolut nicht in Ordnung. Eben hatte er nur eine Ahnung davon gehabt, jetzt sprang es ihn regelrecht an, dass etwas nicht stimmte. Und er wollte das unbekannte, schwarze Etwas auf der Stelle in Stücke reißen. „Okay, gut.“ Zum Zeichen seiner Harmlosigkeit hob Go die Hände in die Luft. „Ich fass’ dich nicht an, versprochen. Aber du bist so weiß wie die Wand. Könntest du mir den Gefallen tun und dich setzen, bevor du zusammenklappst?“ Taki sah ihn an, als hätte er Suaheli gesprochen. „Was machst du hier?“, wiederholte er seine Frage von eben. „Ich hab’ auf dich gewartet“, antwortete Go ruhig und wagte es, noch einen Schritt nach vorne zu gehen. Als er sah, dass Taki weder zusammenzuckte, noch weiter vor ihm zurückwich, wurde er mutiger und streckte vorsichtig die Arme nach ihm aus, um ihn am Arm zu packen. „Taki, bitte. Setz dich irgendwo- Scheiße!“ Unvermittelt war jegliche Kraft aus Taki gewichen und er brach einfach so in sich zusammen. Wie ein Kartenhaus. Go hatte Mühe, ihn gerade noch so aufzufangen, ehe er unsanft auf den Boden aufschlagen konnte. Ohne noch weiter zu fackeln, hob er ihn hoch und trug ihn zum Bett hinüber; der einzige Gegenstand in dem winzigen Hotelzimmer, auf dem es möglich war, sich in die Horizontale zu geben – vom Fußboden einmal abgesehen. Vorsichtig legte er Taki auf die viel zu weiche Matratze ab und setzte sich selbst neben seinen Partner. Etwas zögerlich strich er ihm einige der blonden Strähnen aus dem Gesicht zurück, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten. Augenblicklich öffnete Taki die Augen wieder, sah Go jedoch nicht an. „Geht’s wieder? Taki?“ Keine Reaktion. Verdammt. „Taki? Alles okay?“ Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Verdammt. „Möchtest... du mir erzählen, was los ist?“, zwang sich Go zu fragen, obwohl in ihm mit rasend schneller Geschwindigkeit der Wunsch heranwuchs, sofort und auf der Stelle die gesamte Wahrheit von Taki zu erfahren, damit er diesem an ihm nagenden schwarzen Etwas gegenübertreten konnte. Um es zu vernichten. Innen drin war er bei weitem nicht so ruhig, wie er sich befahl, zu sein. Taki seufzte leise, schüttelte dann wieder kaum wahrnehmbar den Kopf. „Vielleicht geht es dir dann besser“, redete ihm Go weiterhin gut zu. Vielleicht geht es aber auch nur mir selbst dann besser. So voller Ungewissheit hatte er das Gefühl, jeden Moment zu platzen und etwas ganz Dummes zu tun. „Nein.“ Taki fuhr sich mit einer Hand über die Augen, um die herum Go deutlich Tränenspuren hatte ausmachen können. Ihm zog sich regelrecht das Herz zusammen bei dem Gedanken, dass Taki geweint hatte. Warum hatte er geweint? Was hatte ihn zum Weinen gebracht? Und wo zur Hölle konnte er es finden, um es umzubringen?! „Nein“, wiederholte Taki nur, ließ die Hand jedoch weiterhin seine Augen verdecken. „Ich muss... mich nur etwas ausruhen. Ein bisschen.“ Go presste die Lippen zusammen. Sicherlich wäre es relativ leicht für ihn gewesen, Taki jetzt mit lauter Fragen zu bombardieren und ihn mit Feststellungen und Bemerkungen zu überrumpeln, die er früher oder später bestätigen oder korrigieren würde, um seine Ruhe zu haben. Er könnte ihn nach Seiji Reiyamata ausfragen, nach Asako, nach diesem Fall. Eine Frage nach der anderen abschießen, bis Taki so sehr von ihnen zerlöchert war, dass die Antworten regelrecht aus ihm heraus fließen würden. Aber er tat es nicht. Was das anbelangte, fühlte er sich gerade, als hätte ihm jemand einen unentwirrbaren Knoten in die Zunge gemacht. Morgen ist auch noch ein Tag, sagte er sich. Vielleicht fühlte sich Taki dann bereit, ihm endlich zu sagen, was hier gespielt wurde. Und wenn nicht... Nun, morgen wäre die Schonfrist guten Gewissens vorbei. Dann hätte sich sicherlich auch der Knoten aufgelöst und dann würde er Taki mit Fragen bombardieren. Das hier war doch kein Zustand. Außerdem hatte Go eine ungefähre Ahnung davon, dass Taki gerade vermutlich Kontakt mit seiner Vergangenheit hatte. Wahrscheinlich in Form von diesem Reiyamata oder in Form von Asako. Möglicherweise nächtigte einer von beidem im Hotel Sakura. Die große Quizfrage blieb dann nur, weshalb Taki wie ausgekotzt aussah. „Okay“, murmelte Go, sich halb geschlagen gebend – wieder einmal. Er stand vorsichtig vom Bett auf und warf von oben herab einen Blick auf Taki, der noch immer so auf der Matratze lag, wie Go ihn dort abgelegt hatte. Die Hand verdeckte immer noch seine Augen. Go konnte nur hoffen, dass er nicht schon wieder weinte. Sein Körper zitterte so verräterisch. Seine Augen wanderten weiter zu den schweren Schuhen, die Taki an den Füßen trug und die sicherlich reichlich unbequem waren. „Ich zieh’ dir die Schuhe aus, okay? Dann ist’s bequemer.“ Da von Taki keine Reaktion kam, machte sich Go einfach an die Arbeit. Sobald er die Schuhe neben das Bett gestellt hatte, zog Taki die Beine an, drehte sich auf die Seite, versteckte das Gesicht in einem Kissen und rollte sich ganz klein zusammen. Go musste bei diesem Anblick den dicken Kloß in seinem Hals hinunterschlucken. Er wollte sich gerade umdrehen und zurück zu den Sesseln gehen, um es sich in der Zwischenzeit dort drinnen irgendwie gemütlich zu machen, als ihm etwas Ungewöhnliches ins Auge sprang. Blut. Auf Takis Nacken. Mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen Augen hielt Go in der Bewegung inne und bewegte sich leise zur Seite des Bettes, um sich davor hinzuhocken und einen besseren Blick auf den roten Fleck zu haben. Es stellte sich tatsächlich als Blut heraus, das aus einer kleinen – Go erstarrte. Wie, verdammt noch mal, kam eine Bisswunde auf Takis Nacken?! Ein Teil seines Verstandes wollte ihn noch davon abhalten, aber da hatte er schon einen Arm nach Taki ausgestreckt, ihn an der Schulter gepackt und mit Schwung zu ihm herumgedreht. Taki japste erschrocken nach Luft und starrte Go aus geröteten Augen an, in denen tatsächlich Tränen schwammen. Trotzdem kratzte er noch eine beachtliche Menge Wut zusammen, als er Go anfauchte: „Verdammt, was soll das?“ „Du hast eine Bisswunde im Nacken, weißt du das?“ Ertappt klatschte sich Taki eine flache Hand in den Nacken, nur um gleich darauf zusammenzuzucken und die Hand wieder nach vorne zu ziehen. An seinen Fingerspitzen klebte eine kaum zu benennende, geringe Menge verschmierten Blutes. Und seine Handfläche zierte ein hässlicher, dünner, blutiger Striemen. „Scheiße.“ Gos Hand schoss vor und hielt Takis am Handgelenk fest, um sich die Verletzung näher zu begutachten. Wenn ihn nicht alles täuschte, stammte die von dem Drahtseil, mit dem sie sich normalerweise von irgendwelchen Dächern abseilten. Ruppig riss Taki seine Hand wieder zurück und begegnete anschließend trotzig Gos Blick, der diesen langsam anhob und Taki fragend ansah. „Was denn, verdammt? Ich war... ich war... unvorsichtig.“ „Und jetzt noch mal ohne zu stammeln“, entgegnete Go trocken, was ihm einen zornigen Blick einbrachte. „Weißt du, eigentlich wollte ich dir deine Ruhe gönnen, aber inzwischen habe ich es mir anders überlegt.“ Er schwang sich aufs Bett hinauf. „Ich möchte jetzt wissen, wo du warst und wie zum Teufel du dir all diese Wunden eingehandelt hast.“ Taki biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kieferknochen hervortraten. „Und ich will jetzt meine Ruhe“, presste er hervor. „Na gut.“ Go spürte, dass er schon wieder auf Krawall gebürstet war. Niemand konnte ihn so schnell in irgendwelche Stimmungsschwankungen stürzen wie Taki. „Spielen wir doch ein Spiel. Ich rate und du musst nur mit dem Kopf nicken oder ihn schütteln, was hältst du davon?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, legte er los: „Du warst im Hotel Sakura und hast dich da mit jemandem getroffen.“ Taki schnappte nach Luft. „Woher weißt du –“ „Punkt für mich“, unterbrach Go ihn schneidend. „Gut, dann wollen wir doch mal sehen. Du hast eine Bisswunde im Nacken, also hast du dich vermutlich mit Asako getroffen und euer anfänglich zärtliches Liebesspiel ist ein wenig ausgeartet.“ Takis Augen weiteten sich in einer Mischung aus Entsetzen, Trauer und Schmerz. „Sei still“, forderte er krächzend. Doch Go machte gnadenlos weiter. Er war sich bewusst, dass er verletzte – erneut. Aber anders, hatte er das Gefühl, konnte er an Taki in dieser Sache nicht herankommen. Er musste ihn immer erst aufwühlen, ehe ihm ein winziger Brocken Information zugeworfen wurde. Und außerdem... mit seinem ewigen Misstrauen und Verschwiegenheit Go gegenüber verletzte Taki Go selbst mehr, als er eingestehen würde. „Okay, das war kein Ja und kein Nein, also war wohl nur die Hälfte richtig. Stimmte vielleicht der Sexpartner nicht? Hast du dich nicht mit Asako getroffen, sondern gar mit Reiyama-“ „DU SOLLST DIE KLAPPE HALTEN!“, brüllte Taki in einer unerwartet heftigen Reaktion, schlug die Hände vors Gesicht und drehte sich wieder auf die andere Seite, von Go weg, so dass er ihm nur noch den Rücken zukehrte. Sein Körper zitterte nun unübersehbar, als er verzweifelt versuchte, die in ihm aufsteigenden Schluchzer herunterzuschlucken. Perplex und mit einem tonnenschweren Schuldbewusstsein starrte Go Taki an und verfluchte sich im selben Moment. Gott, wie schaffte es eigentlich ein einziger Mensch, ihn so innerlich zu zerreißen, dass er in der einen Minute vor Wut Bäume in den Boden stampfen könnte und in der anderen so unsicher war ein kleines Baby, das sich zum ersten Mal auf seine eigenen Füße stellte? Go fluchte lautlos, ballte hilflos die Hände zu Fäusten, nur um sie dann gleich wieder zu lockern, und rutschte Taki auf dem Bett hinterher. „Verdammt, Taki, es tut mir Leid“, murmelte er zerknirscht. „Egal, womit ich dich verletzt hab’, es tut mir Leid. Ich bin ein Idiot.“ Es juckte ihm in den Fingern, eine Hand beruhigend auf Takis Schulter zu legen oder seinen Rücken besänftigend rauf und runter zu fahren, aber er glaubte, dass er im Moment nichts Falscheres hätte machen können. „Es ist nur so, dass... Ich mach’ mir verdammt große Sorgen um dich und mittlerweile weiß ich nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Du schneidest mich vollkommen von deinem Leben ab und langsam macht mich das wahnsinnig. Ich will... ich will dir nur helfen, aber jedes Mal schiebst du mich ein Stückchen weiter zur Seite. Ich... ich weiß einfach nicht mehr, was... ich überhaupt noch tun soll.“ Daraufhin herrschte eine Weile Schweigen. Go fühlte sich regelrecht ausgelaugt von dieser Wortflut, aber es musste einfach raus. Er glaubte zwar nicht, dass Taki seinen Zustand nicht schon längst kannte, aber manchmal half es einfach, ihn auszusprechen und somit alles wesentlich greifbarer zu machen. Zudem wusste er inzwischen wirklich nicht mehr weiter. Wenn Taki ihm nicht bald etwas mehr Informationen zuschusterte, war er vollkommen auf die von Hatozaki angewiesen – und wer wusste schon, ob das die Richtigen waren? Und obendrein... er hatte das entsetzliche Gefühl, auf dem besten Weg zu sein, Taki zu verlieren. „Ich weiß was“, hörte Go Taki leise sagen, kaum zu verstehen hinter den Händen, die er sich noch immer vors Gesicht presste. Neugierig spitzte Go die Ohren und beugte sich etwas dichter zu Taki hinüber. „Halt mich fest.“ Go runzelte die Stirn. „Was?“ Er glaubte, sich verhört zu haben. Taki stieß ein leicht genervtes Seufzen aus und nahm die Hände vom Gesicht, nicht jedoch, ohne sich vorher unauffällig übers Gesicht zu wischen. Dennoch konnte er die Tränenspuren nicht gänzlich tilgen. Die Haut unter seinen Augen war inzwischen ebenfalls gerötet. „Du hast schon verstanden“, murmelte er und sah Go kurz über die Schulter hinweg an. „Wenn ich heute überhaupt noch mal ein bisschen schlafen will, muss ich mich sicher fühlen, sonst geht gar nichts.“ Eine sanfte Röte zog sich bei diesen Worten über sein Gesicht. „Halt. Stopp. Moment mal.“ Hatte er hier irgendwas verpasst, oder was? „Du willst, dass ich...?“ Um Takis Mundwinkel zuckte es ein wenig. „Ich möchte, dass du dich zusammen mit mir hier aufs Bett legst und mich festhältst, ohne irgendwelche Hintergedanken. Meinst du, das ist möglich?“ Ein wenig erleichtert seufzte Go auf und fuhr sich durch das schwarze Haar. Für einen Augenblick hatte er doch tatsächlich geglaubt... Na ja, und wenn schon. So hätte er das ohnehin nicht gewollt. „Okay“, stimmte Go zu, streifte sich die Schuhe von den Füßen und legte sich vorsichtig, wirklich ganz vorsichtig, als wäre Taki aus Glas, hinter ihm aufs Bett. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er das hier gerade wirklich tun durfte, ohne Gefahr zu laufen, jede Sekunde mit einer Pistole bedroht zu werden. „Himmel, und bei deiner Erfahrung hab’ ich gedacht, du hättest so was schon mal gemacht“, meinte Taki mit einem Tick Spott in der Stimme, der sich vermutlich auf Gos äußerst bedächtiges Vorgehen bezog. Kurzerhand packte Taki Go blind am Arm und zog diesen wieder mit sich nach vorne, um ihn sich um den Bauch zu legen. Gleichzeitig kuschelte er sich unerwartet mutig mit dem Rücken gegen Go, der dabei unverhofft einen ganz trockenen Mund bekam. „Was machst du?“ „Ich fühle mich sicher“, erwiderte Taki mit einem Lächeln in der Stimme. Sekundenlang starrte Go irritiert blinzelnd auf Takis blonden Hinterkopf, dann musste er unwillkürlich auch lächeln und rückte sich seinerseits in eine bequemere Position. -- lg - Ashling Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)