Zum Inhalt der Seite

Remembering Gale

Kapitel 11: 08 - Control, von Pushcart

[01] [02] [03] [04] [05] [06] [07] [08] [09] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25]
[26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [33] [34] [35] [36] [37] [38] [39] [40] [41] [42] [43] [44] [45] [46] [47] [48] [49] [50]
[51] [52] [53] [54] [55] [56] [57] [58] [59] [60] [61] [62]
Großansicht       Vollbild


Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Seite (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Lady_Ocean
2019-01-31T03:58:39+00:00 31.01.2019 04:58
Und Vincent meint, genau das andere Extrem ist besser: nicht mal seinen "Freunden" vertrauen, hinter jedem Wort und jeder Tat Hintergedanken vermuten (bei dem Vater kein Wunder), sich nur sicher fühlen, wenn man weiß/glaubt, dass man die Kontrolle hat.
Grundsätzlich gebe ich Vincent hier aber auch ein bisschen recht. Lorn geht mit seinem Umgang mit Freunden das Risiko ein, dass diese sich anders verhalten, als es Lorn lieb ist. Im Gegensatz zu Vincent finde ich das aber nicht unbedingt schlecht. Na ja, dass Keita einfach nicht zum Arzt und zur Polizei gehen will, halte ich dennoch für falsch. Das war eine Straftat und gehört geahnded. Und Keita muss das verdammt noch mal aufarbeiten.
Von:  Kruemelteemonster
2019-01-31T01:26:28+00:00 31.01.2019 02:26
Ich frage mich gerade, warum Lorn der Auffassung ist, er selbst müsse die Probleme von Keita regeln.
Kann Keita seine Sachen wirklich so wenig alleine klären, dass andere meinen, es für ihn übernehmen zu müssen?
Und wenn Keita den Vorfall auf sich beruhen lassen oder auf seine eigene Weise verarbeiten will, warum kann man dann seine Entscheidung nicht akzeptieren? (Von gut finden redet ja keiner.)
Also entweder hat Keita echt gar nichts zu melden oder keiner seiner Leute vertraut ihm wirklich. Würde ich mal drüber nachdenken. O.o
Antwort von:  Lady_Ocean
31.01.2019 05:15
Ich denke nicht, dass diese Frage so einfach zu beantworten ist. Auf der einen Seite gebe ich dir zwar recht, dass man seinen Freunden nicht den eigenen Willen aufzwingen darf, auf der anderen Seite käme es mir in Keitas speziellem Fall mehr wie ein "seinen Freund im Stich lassen" vor, wenn Lorn und Jin jetzt so was sagen würden wie: "Okay, wenn du das wirklich nicht willst." Gerade bei Vergewaltigungen können die Langzeitschäden immens sein. Das verfolgt die Opfer oft Jahrzehnte. Deshalb kommen in letzter Zeit ja Skandale wie die sexuellen Übergriffe dieses amerikanischen Regisseurs (Name vergessen...) ans Tageslicht. Weil die Opfer den Schmerz durch ihr Schweigen nie hinter sich lassen konnten. Und weise nach so langer Zeit mal noch nach, dass es da tatsächlich eine Vergewaltigung gegeben hat. Im Grunde ist das unmöglich. Die körperlichen Schäden sind längst verheilt. In einem japanischen Featureartikel über selbstständige Frauen in hoch spezialisierten Berufen (Übersetzer, Designer u.ä.) habe ich neulich erst gelesen, dass diese Frauen sich zu fast 100% ausschweigen, weil die Angst davor, dass ihnen nicht geglaubt wird und dass sie ihrer Karriere schaden, zu groß ist. Die Interviewten hatten davon Probleme entwickelt wie Schlafstörungen, Essstörungen und eine ist irgendwann abgeklappt, weil die Angst vor jenem männlichen Geschäftspartner sowie die Angst um die eigene Zukunft sie total kaputt gemacht haben.
Angenommen, Keita geht es so ähnlich. Er schweigt sich zwar aus, aber es kommt immer wieder hoch, lässt ihn nicht los. Er ist in einem sensiblen Alter, in dem so intensives Grübeln und der Wunsch, allein zu sein, weil man sich unverstanden fühlt, schnell zu Isolation vom Freundeskreis führen kann. Dann vielleicht noch Schlafstörungen und schon ist die Konzentration auch im Eimer. Seine schulischen Leistungen könnten drunter leiden, sein Programmier-Nebenjob, seine Zukunftsaussichten. Falls es ganz übel kommt. Und irgendwann ist er so weit am Boden - allein, ohne wirkliche Zukunftsaussichten, psychisch angeknackst - dass sowohl er als auch ich mir denken würden: "Tolle Freunde hatte er da, die von allem wussten, ihn in seiner dunkelsten Stunde gesehen und nicht um ihn gekämpft haben."
Wenn ich Lorn wäre, wäre ich im Moment auch nervlich am Ende. Man weiß ja, dass man Keita nicht hilft und auch nicht zum Handeln bringen kann, wenn von ihm null Wille da ist. Würde Lorn, ganz extrem, über Keitas Kopf hinweg entscheiden, zur Polizei oder Lehrern oder so zu gehen, würde das bei Keita nur noch größeren Schaden anrichten. Aber die Angst davor, womit er sich mit seiner jetzigen dummen Haltung belastet und für wer weiß wie lange, würde mich auch davon abhalten, diese Entscheidung zu akzeptieren. Wie könnte man ihm wohl helfen, ohne in eines der beiden Extreme hineinzugeraden?
(Eine ähnlich sensibles Thema wäre für mich Drogenmissbrauch. Wenn ich das plötzlich über einen Freund oder ein Familienmitglied herausfinden würde, könnte ich nachts auch nicht mehr schlafen.)
Antwort von:  Kruemelteemonster
31.01.2019 12:18
Ich habe nicht gesagt, dass man Keita nicht helfen solle. Aber wenn man sich anschaut, was seine Freunde gerade tun, dann ist das auch wieder nur Druck und in gewisser Form auch Macht auf ihn ausüben. "Wag es nicht zu duschen!" "Du MUSST zur Polizei!" Das hilft aber nicht sonderlich weiter, weil ein Mensch, der so erniedrigt wurde, bei Druck eher zu macht, als zu sagen "ja, hey super, dass ihr mir alle Vorschriften macht!" Er MUSS erstmal gar nichts von dem, was andere wollen.
Klar ist Keitas Weg vermutlich schwer erträglich für andere, aber es gilt zu bedenken: Es ist KEITAS Weg. Und nicht der irgendeines anderen. Freunde sind dazu da, dir zu helfen, dich zu unterstützen und, ja, auch um dir (mal) zu widersprechen. Aber es ist nicht ihr Aufgabengebiet, sein Trauma für ihn zu verarbeiten. Sie können Keita eher beraten, ihm anraten, etwas so und so zu tun, eventuell auch zu einer Therapie zu gehen, aber Druck zu machen führt letzten Endes nur dazu, dass Keita genau die Verhaltensweise an den Tag legt wie bei Vincent: innerlich zumachen und abblocken.
Natürlich muss Keita das verarbeiten. Runterschlucken hilft nicht, nein. Aber Keita muss die Möglichkeit behalten, SELBST wieder eine Entscheidung zu treffen. Ich weiß nicht, wie es in jemandem nach einer Vergewaltigung aussieht, die einen ja völlig entmenschlicht und quasi rein zum Objekt erniedrigt, aber ich kenne ein ähnliches Trauma und da ist es wichtig, seine Art der Verarbeitung zu finden, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und darin unterstützt zu werden, auch, wenn das für einige wohl nur schwer erträglich ist. Ich könnte dir jetzt eine hübsch düstere Geschichte erzählen, was passiert, wenn andere Leute deinen Weg nicht akzeptieren und versuchen, das Trauma dann für dich ins Reine zu bringen. Aber erstens ist die inklusive des Teils mit Täter-Opfer-Umkehr zu lang, zweitens geht es eigentlich niemanden was an und drittens ist die Pointe davon eh, dass ich versucht habe, mich selbst zu verhungern, weil ich mich sogar zum Essen zu unwürdig erachtet habe. (Und wie man sieht hat das mit dem Sterben halt nicht funktioniert.) So kann es ausgehen, wenn andere meinen zu wissen, wie sie deinen Kram regeln müssen und können.
Und genau deswegen werde ich nie müde werden zu erwähnen, dass man mit Keita jetzt extrem vorsichtig umgehen muss. Nein, nicht im Sinne von "och, du armes Bäbüh!" Solche Leute will man dann eher noch mehr ermorden als den eigentlichen Verursacher der Situation, weil sie dir noch nachhaltiger deine Vollwertigkeit als Mitglied der Gesellschaft entziehen. Nein, Keita muss spüren, dass er (noch) ein Mensch ist. Und ein Mensch trifft eigene Entscheidungen und ein eigenes Tempo.
Ja, ich kann beide Seiten verstehen: Ohne Polizei keine rechtsstaatliche Aufarbeitung. Da bleibt dir dann nur der private Weg. Andererseits willst du mit dem ganzen Scheiß einfach erstmal gar nichts mehr zu tun haben Du willst nicht noch X anderen, wildfremden Leuten die Geschichte erzählen, wie ein Würstchen mit psychischem Unvermögen es geschafft hat, dir deine Menschenwürde zu nehmen. So wunderbar ist die Geschichte nicht. Du findest dann eher, es gehe niemanden etwas an und Ende. Jap, irgendwann muss das wieder raus. Jap, irgendwann muss er sich Vincent in irgendeiner Weise stellen, um das zu verarbeiten. Aber es ist und bleibt ganz allein Keitas Entscheidung und Keitas Tempo.
Btw bei Drogengeschichten sieht die Gesamtsituation wieder ganz anders aus. Das sind auch in Sachen Druck und Zwang wieder ganz andere Verhältnisse, weswegen ich das persönlich schlecht in Relation zusammen zu bringen finde. Bei einer Sucht hast du manchmal gar keine andere Wahl als Zwang. Bei einem Trauma eher tödlich. (Ahaha, sorry. :/)
Antwort von:  Lady_Ocean
31.01.2019 15:11
Den Umgang, den du dir hier von Keitas Freunden für ihn wünschst, scheint mir auch der ideale zu sein. Ich fürchte nur, in deren Alter ist es sehr viel verlangt, so viel Reife (Erfahrung?) zu erwarten. Ich denke, Lorn hat im ersten Moment aus Panik reagiert und hatte nicht unter Kontrolle, wie er das rübergebracht hat (sah für mich so aus, als hätte die Erkenntnis über Keitas Vergewaltigung irgendwas bei ihm getriggert. Er ist ja dann auch gegangen, weil er mit der Situation nicht klarkam). Natürlich kann man nicht ausschließen, dass Lorn danach wieder auf dieselbe Art auf Keita eingeredet hat, aber zumindest hat man davon nicht noch mal was gesehen und ich vermute, Lorn wird es danach gelassen haben und brütet jetzt allein, was er tun soll. Jin, im Gegensatz dazu, hat erst mal gar nichts gesagt (wusste wahrscheinlich überhaupt nicht, wie er reagieren soll) und versucht, einen ruhigen Zeitpunkt abzupassen, um Keita seine Meinung zu sagen und ihn nach den Gründen zu fragen, warum Keita nicht zur Polizei gehen will (was ich gut fand. Es zeigte, dass er um Verständnis bemüht ist). Wie das jetzt weitergeht, lässt sich schwer abschätzen. Seit der Vergewaltigung sind auch erst 2 Tage vergangen, oder? Muss man wohl erst mal weiter beobachten. Ich denke, du verurteilst Lorn und Jin da etwas vorschnell. Aber ich kann verstehen, woher es kommt. Gerade Lorn hat bei dir einen sehr empfindlichen Nerv getroffen und sicher viele schmerzhafte Erinnerungen und Emotionen wachgerufen. Ich bin Gott sei Dank nie ganz so weit abgerutscht, aber ich kenne die Angst, nach Hause zu kommen, weil man über Monate hinweg nichts als Hasstiraden an den Kopf geknallt bekommt. Und auch den Gedanken: "Wenn du jetzt einfach hier runterfällst, sind die ganzen Probleme vorbei", was mich im Nachhinein echt erschreckt hat, dass ich das so leichtfertig gedacht hatte. Wie gesagt, ich ahne, dass du noch viel Schlimmeres durchgemacht hast, aber ich denke, ich kann mir ansatzweise vorstellen, wie sich das angefühlt haben muss.
Und dass Keita sein eigenes Tempo braucht und von sich aus das Gefühl haben muss, handeln zu wollen, da stimme ich dir ganz zu. Deshalb meinte ich in meinem oberen Kommentar ja auch, das Schlimmste, was Lorn hätte tun können, wäre, über Keitas Kopf hinweg zu entscheiden, dass er zur Polizei oder so geht. Ich weiß, dass ein Trauma (oder jegliches Problem, generell) niemals aufgearbeitet werden kann, wenn andere es dir aufzwingen. Das macht alles nur schlimmer.
Ideal wäre es natürlich, wenn jetzt jemand mit einem klaren Kopf Keita über die verschiedenen Möglichkeiten, die er nun hat, sowie deren Vor- und Nachteile/Risiken aufklären könnte. Das wäre für Keita wohl am hilfreichsten. Aber da sehe ich leider niemanden, der das könnte.
Hm... Die Abhängigkeit ist zwar ein Faktor bei Drogen, der bei Traumata erst mal keine Rolle spielt (außer man rutscht dadurch in eine Alkoholsucht oder Spielsucht oder ähnliches), aber ich denke, die Ursachen lassen sich durchaus vergleichen. Drogenabhängige kommen oft aus kaputten Milieus (sei es Familie oder Freundeskreis/Partnerschaft oder beides) und sind aufgrund von Verzweiflung (Traumatisierung wahrscheinlich) da reingerutscht. Gesunde Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, werden kaum zu überreden sein, mit so was anzufangen. U.a. deshalb hatte ich das Problem "Vergewaltigung" und "Drogen" parallel im Kopf gehabt.
Von:  Disqua
2019-01-30T16:19:25+00:00 30.01.2019 17:19
Lorn bürdet sich viel zu viel auf ...
Und ich befürchte, er selbst hat einfach niemandem dem er sich wirklich anvertraut, vielleicht ändert sich das ja ~