Floreane in: Ava Parson

„Gestatten, mein Name ist Ava Parson, es ist mir eine große Freude, Sie kennenzulernen. Würde man es ganz genau nehmen, lautete mein voller Name 'Ava Fidelia Parson Countess of Featherstonehaugh', aber ich nutze meinen Titel nicht, wenn es nicht der Anlass unbedingt erfordert. Eigentlich bin ich keine 'Miss' mehr, ich bin Witwe, aber ich mag es, wenn mich mein kleiner Diener Phineas aus Gewohnheit so anredet, da meine Ehe mit Horatio Parson nicht allzu glücklich war. Es war ein Zweckarrangement, keine Liebesheirat. Mein Vater, der verstorbene Earl of Featherstonehaugh war ein Spieler und hinter der Fassade rauschender Empfänge hatte er hohe Schulden, Horatio dagegen wollte durch die Hochzeit den Titel erben.
Daher währte meine Trauer über den frühen Tod Horatios verständlicherweise auch nicht so lange. Nun kann ich mich all den Dingen widmen, die zuvor als für eine junge Dame nicht schicklich oder zu gefährlich galten: Literatur, Forschung, das Erlernen fremder Sprachen, Reisen in ferne Länder. Außerdem habe ich eine große Schwäche für Rätselhaftes und Mysteriöses. Der kürzlich erfolgte Umzug in ein als nicht standesgemäß angesehenes kleines Reihenhäuschen im geschäftigen London und dass ich außer Phineas nur noch eine Köchin beschäftige, kommt meinem Ruf sicher auch nicht zu Gute. Aber dass viele über mein ungebührliches Benehmen die Nase rümpfen, ist mir egal. Ich genieße meine Freiheit und habe nicht vor, noch einmal zu heiraten und mich von einem Mann bevormunden zu lassen.
Ich reise viel und gerne, wobei mich Phineas für gewöhnlich begleitet. Er ist für mich so viel mehr als nur ein Diener und ich gebe ihm Unterricht, wann immer wir die Zeit erübrigen können. Leider ist er nicht so interessiert an neuem Wissenserwerb wie ich. Zu meinen Vorbildern gehören große Wissenschaftlerinnen wie Hypatia, Maria Sybilla Merian, Dorothea Erxleben und Mary Anning.
Es war mir wirklich eine große Freude, aber ich muss mich nun verabschieden, ich muss mich wieder meinen Studien widmen, bestimmt ist es auch schon fast Zeit für den Fünfuhrtee.“