Das Rio-Kino wird ein Teil der "Pokémon"-Welt
Münchner Lokalteil der Süddeutschen Zeitung vom 27.03.00, Seite L2:
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Digitale Eroberer
Das Rio-Kino wird ein Teil der "Pokémon"-Welt
Von Michael Grill
Unter den vielen menschlichen Torheiten ist der Spieltrieb eine der größten. Vor allem bei jungen und sehr jungen Menschen steigert sie sich manchmal zu Fanatismus, wenn nicht gar Hysterie. Denn das, was zur Zeit unter dem Namen "Pokémon" grassiert, ist zum einen Teil nur noch mit Aspekten der Massenpsychologie zu erklären: Kaum noch ein Kind oder Jugendlicher, die nicht schon der Pokémon-Sucht erlegen sind, schon Fünfjährige kennen sämtliche 150 (!) Charaktere aus der Pokémon-Welt auswendig. Der andere Teil basiert wohl darauf, dass das Spiel auf seine Art perfekt ist: Es hat mit seiner Mischung aus Star-Trek-Science-Fiction und Teletubbies-Infantilität, aus Rollenspiel und virtuellem Kampfsport, so viele unterschiedliche Perspektiven, dass für so gut wie jeden Heranwachsenden etwas dabei ist. Es begann mit einem Game-Boy-Spiel und einer TV-Serie, es folgten Comics, Soundtracks, Kartenspiel und eine wahre Merchandising-Orgie. Und nun also "Pokémon - der Film". Ein Ereignis, so wichtig wie Weihnachten und Ostern zusammen - mindestens. Der Film startet erst Mitte April, gestern aber hatten im Rio-Kino am Rosenheimer Platz begeisterte Kinder und staunende erwachsene Begleitpersonen das unfassbare Glück, einer Pokémon-Preview beizuwohnen.
Im Foyer wurde gleich eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Pokémon mehr ist als nur eine eindimensionale Spielewelt: Die Firma "Hasbro" führte ihr Universum an Pokémon-Devotionalien vor, wobei freundliche Helfer Trauben von strahlenden Kindern mit Figuren, Plüschtieren und so genannten Poké-Bällen beschenkten, dazu gab es Demonstrationen der ebenfalls ganz neuen "Nintendo"-Version "Pokémon-Stadium". Und der Film? Nun, der war so, dass hinterher die Kinder Beifall klatschten und die Erwachsenen zufrieden waren, weil es ihren Kleinen gefallen hatte.