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R.A.B.

one last riddle
von

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In Gefangenschaft: Gentleman

Der Himmel fühlte sich erschreckend schmerzhaft an.

Ilona musste heftig die Zähne zusammen beißen, um nicht einfach laut loszuschreien. Splitter.

Ihr ganzer Körper, nein,

vielmehr ihr ganzes Sein schien plötzlich nur mehr aus rasiermesserscharfen, schmerzhaften Splittern zu bestehen.

Von Seligkeit und Erlösung konnte da wirklich keine Rede sein. Aber vielleicht war das ja nur der seelenreinigende Übergang zwischen Himmel und Erde? Vielleicht war es ja gleich vorbei?
 

Nur mit Mühe schaffte es das Mädchen, seine Augen zu öffnen. Über ihr erstreckte sich scheinbar endlos ein Baldachin in Flaschengrün. Genauer gesagt, Smaragdgrün. Bekanntes Grün. Bereits schon irgendwo gesehenes Grün.

Schlangengrün.

Besorgt runzelte die junge Frau die Stirn.

Grün? Seit wann war der Himmel denn grün? Irgendwie hatte sie ihn sich immer blau vorgestellt… Oder war ihre Vorstellung eines Elysiums vollkommen unzeitgemäß? Das konnte natürlich auch der Fall sein... Nachdenklich legte das Mädchen den Kopf schief.

Immerhin hatten Adam und Eva auch in einem bestimmt grünen Garten gelebt…

Zusammen

mit

der Schlange.

Und mit einem Mal, ganz plötzlich und unerwartet, beschlich die Blonde eine böse Ahnung. Eine ganz, ganz böse Ahnung. Am liebsten hätte sie sich, sobald sie dieser schreckliche Gedanke befiel, zurück in das weiche Kissen fallen lassen und einfach nur versteckt. Versteckt vor der Wahrheit, die plötzlich selbstgefällig auf sie herab grinste. Denn das Bett.

Das Bett in dem sie lag. Diese steifen Laken, diese kalte Decke, dieser unbequeme Polster kamen ihr mit einem Mal so unheimlich bekannt (und ganz und gar nicht himmlisch!) vor.

Die Schlafstätte von Du weißt schon wer war ja auch ganz in Grün gehalten gewesen, oder?
 

Ilona schauderte.

Aber

Aber sie wollte jetzt keine Angst haben. Nicht mehr.

Denn eines stand fest: Das Mädchen konnte sich blitzartig einer plötzlich auftretenden Neugier, die sie von derlei unangenehmen Gefühlen wie Furcht um ihr Leben ablenkte, nicht mehr erwehren.

Ablenkung

war schließlich alles. Und

konnte das sein?

Konnte sie sich theoretisch wirklich noch des Lebens erfreuen? Das klang zu schön, um wahr zu sein. Definitiv.

Der dunkle Lord hatte sie doch umgebracht? Oder?
 

Dank gewaltiger Kraftanstrengungen war es der jungen Frau schließlich möglich, sich quälend langsam auf den weißen Laken aufzusetzen. Innerlich hatte sie bereits gleichzeitig ein inbrünstiges Gebet angestimmt.

Bitte lass mich wieder in Hogwarts sein.

Bitte lass das alles nur ein Traum gewesen sein.

Bitte lass die Schmerzen überall nur Einbildung sein.

Bitte lass…

Oder besser noch. Die Hufflepuff verharrte einen Augenblick.

Bitte lass ihn verschwunden sein.

Bitte lass ihn einfach weg sein.

Bitte lass das alles nur Einbildung gewesen sein.

Bitte lass ihn …

Aber es nützte nichts. Mit resignierendem Blick sah Ilona sich um.

Das durfte nicht wahr sein.

Das durfte doch wirklich einfach nicht wahr sein.
 

Der junge Lord Voldemort betrachtete sie kühl vom einzigen Stuhl im altbekannten Zimmer aus. Einen verwirrten Moment lang fragte Ilona sich, ob sie nicht doch gestorben war, aber in der

Hölle

gelandet war.

Immerhin, die altbekannte Umgebung und die unmenschlichen Qualen, von denen ihr Körper gerade regelmäßig in kleinen Donnerwettern heimsucht wurde, passten tadellos ins Bild.

Hatte sie sich zu Lebzeiten etwa so daneben benommen? Eigentlich hatte die Schülerin ja gedacht, dass sie eine von denen gewesen war, die sich auf Erden nichts Gravierendes zuschulden hatten kommen lassen. Sie war doch immer brav gewesen?

Aber so konnte man sich anscheinend täuschen.

Probeweise holte die Blonde tief Luft. Akribisch tastete die Hufflepuff mit Hilfe der Geruchssensoren in ihrer Nase den eingeatmeten Sauerstoff auf irgendwelche Anzeichen nach Schwefel oder sonstigem, pestilenzartigen Geruch ab. Aber da war nichts Ungewöhnliches zu erschnuppern. In der Kammer Lord Voldemort roch es nur so, wie es schon immer gerochen hatte. Nach Pergament. Nach Staub. Und nach Schlangen.

„Du hast dich ziemlich schell erholt“, erscholl plötzlich eine eisige Stimme aus dem gegenüberliegenden Eck des Zimmers. Und damit waren Ilonas Hoffnungen endgültig begraben. Dieser abgrundtief böse Ton war nicht einmal in der Hölle zu finden. Er war nur einem einzigen Menschen vorbehalten. Und der lebte noch. Beziehungsweise wieder.

Wie sie. Noch IMMER.

Die Gedanken im Kopf der Blonden schlugen Purzelbäume.

Was konnte Lord Voldemort denn nur von einer unwichtigen Hogwarts Schülerin wie sie derart Lebensnotwendiges wollen, dass er sie partout nicht sterben ließ? Was hatte Tom Riddle denn Hirnrissiges vor, wobei er anscheinend so dringend die Hilfe eines Halb Grindelohs benötigte?
 

Ohne einen Laut von sich zu geben, vergrub die junge Frau den Kopf in beiden Händen. Unfreiwillig neugierig verengte Lord Voldemort seine Augen zu Schlitzen. Hatte die Kleine etwa vor, hier vor seinen Augen den Verstand zu verlieren?

Das wäre definitiv amüsant.

Und enttäuschend.

Sollte der letzte Crucius Fluch das Mädchen wirklich alle noch vorhandenen Nerven gekostet haben?
 

Instinktiv verneinte der dunkle Lord diese Frage.

So schnell ließ sich ein Halb Grindeloh nicht ins Bockshorn jagen. Das hatte er inzwischen schon am eigenen Leib erfahren müssen.

Und deshalb wartete er. Wenn Tom Riddle wollte, konnte er der geduldigste Mensch auf Erden sein. Wie gesagt. Wenn er wollte…
 

Gespannte Stille machte sich im Raum breit. Zumindest solange, bis Ilonas Antlitz mit einem Mal wieder in die Senkrechte hochschoss. Finster fixierte sie den dunklen Lord.

Und erst nach einer halben Ewigkeit begann das Mädchen wieder zu sprechen.

„Dürfte ich wohl kurz Ihr Bad benutzen?“, fragte es höflich.

Tom starrte sie an.

Nach einem kurzen Moment jedoch, in dem etliche, schmerzliche Tötungsarten von ihm nur für dieses kleine Biest erdacht und gleich darauf wieder verworfen worden waren, hatte sich der junge Mann wieder gefangen und

nickte kurz. „Erste Tür links“, fügte er seiner stillen Zusage noch als prägnante Wegbeschreibung hinzu, bevor er sich scheinbar interessiert wieder der aufgeschlagenen Zeitung in seinen Händen widmete.

„Danke“, entgegnete Ilona, in einem schwachen Versuch, freundlich zu sein. Aber wozu eigentlich?,

fragte das Mädchen sich einen Moment später selbst kopfschüttelnd. Warum war sie trotz allem noch nett zu dem Monster?

Sie sollte ihm gefälligst nur das Schlechteste an den Hals wünschen. So wie Rose es höchstwahrscheinlich getan hätte, wenn sie von dem dunkelsten Magier aller Zeiten gefangen genommen worden wäre.

Rose.

Die Hufflepuff musste schlucken.

Wie sehr sie den störrischen Rotschopf nur vermisste… Wenn die Weasley hier gewesen wäre, hätte Lord Voldemort nichts zu lachen gehabt, oh ja…

Schwermütig versuchte Ilona, sich aus der um sie gewickelten Bettdecke zu kämpfen und danach, nach gewonnener Schlacht gegen die besitzergreifende Seide, sich sogleich vorsichtig aus der Schlafstätte zu erheben.

Bei diesem einen Versuch sollte es aber auch bleiben.

Als sich das Mädchen mit beiden Händen an der Bettkante abstützen und sich aufrichten wollte, explodierte der Schmerz in scheinbar jedem ihrer zersplitterten Knochen. Sie stieß einen lautlosen Schrei aus und

fiel vornüber.

Schon sah die junge Frau sich selbst Bekanntschaft mit dem äußerst harten Boden schließen. Wenn da nicht sofort jemand zur Stelle gewesen wäre, der überraschenderweise bereit gestanden und, noch unvorstellbarer!, die Kleine rechtzeitig aufgefangen hatte, bevor sie unsanft auf dem Parkett unter ihr gelandet wäre...

Ein gewisser, dunkelhaariger, gemeingefährlicher Jemand war das gewesen.

Ein unvorstellbar selbstgerechter, von sich selbst überzeugter, nun nicht mehr Zeitung lesender Jemand.
 

Spätestens jetzt war sich das Mädchen sicher, dass es träumte.

Und das Schlimmste dabei war, dass es sich zweifellos um einen kranken, perversen Traum handelte, in dem sie sich jetzt auch noch einbildete, dass der dunkle Lord sie behutsam aufrichtete und verhältnismäßig sanft auf ihre zwei Beine stellte.

Verwundert musterte Ilona den jungen Mann, der noch immer beide eiskalten Hände leicht um ihre schmalen Schultern gelegt hatte.

Was war denn das jetzt bitte gewesen?

Diese Frage hätte ihm das Mädchen nur allzu gerne gestellt. Aber irgendwie

traute sie sich plötzlich nicht. Die Schülerin konnte den dunklen Lord nur ansehen.

Und ihre Gedanken ratterten. Was? Wie? Warum?

Doch sie würde keine zufriedenstellenden Antworten bekommen. Noch nicht.
 

So als hätte er ihren unwillkommenen, verwirrten Blick auf seiner weißen Haut gespürt, ließ Tom die Blonde plötzlich abrupt los. Lord Voldemort legte all seine Verachtung und seinen Hass in den nächsten Satz, den er zischelnd und einem ungenießbaren Schluck Wein gleich angewidert ausspuckte:

„Das war eine einmalige Angelegenheit, Miss Una! Ich hoffe, Ihnen ist bewusst…“

Aber Ilona hörte gar nicht hin. Sie musterte ihn einfach nur prüfend aus unergründlich schwarzen Knopfaugen.

Da konnte der böse Lord ihr erzählen, was er wollte. Er blieb ja trotzdem weiterhin vor ihr stehen und schien offensichtlich bereit, sofort nach vorn zu springen und die Schwächelnde aufzufangen, wenn sein Gegenüber erneut das Gleichgewicht verlieren sollte. Allein die bloße Vorstellung einer solchen Szene erschien der Ungläubigen so lächerlich! Dabei
 

Die Folgen des Cruciatus Fluches übermannten die junge Frau mit einem Mal wieder und ihr wurde schwarz vor Augen. Sie fiel.

Und sie wurde wieder gerade noch rechtzeitig aufgefangen. Erneut.
 

Es war nicht so, als hätte die Hufflepuff beabsichtigt, SCHON WIEDER hilflos in den Armen des Todfeindes eines jeden anständigen Zauberers zu liegen. Aber ihre Beine waren noch nicht vollständig verheilt und fühlten sich dementsprechend wie instabiler Wackelpudding an. Und

so

schrecklich

und

unpassend das auch klang (und Ilona es im Nachhinein hartnäckig auf ihren damaligen, labilen Geisteszustand schieben wollte). Eines stand fest.

Es fühlte sich nicht halb so unangenehm an, wie es sich anhörte, von dem jungen Voldemort gehalten zu werden.
 

Er hatte einen anschmiegsamen Körper.

Nicht gutaussehend!

Nicht bewundernswert!

Auf keinen Fall!

Aber weich. Wunderbar weich…
 

Und als wäre das noch nicht besorgniserregend genug,

stockte

den beiden

plötzlich

gleichzeitig

einen winzigen Moment lang

aus unbekannten Gründen

das Herz, als sie sich nun misstrauisch in die Augen sahen.

Lord Voldemort, der auf der Höhe seiner Kräfte war, konnte dies ohne weitere (sichtbare) Schäden verkraften und den unregelmäßigen Tango, den sein Herz auf einmal anzuschlagen schien, sogleich wieder als Zufall abtun. So wie er diese eben getätigte, idiotische Handlung, seine Geisel nicht einmal, sondern gleich zweimal aufzufangen, bevor sie sprichwörterlich den Boden küsste, als Reflex abtat. Ein nachvollziehbarer Reflex, übrigens.

Der Halb Grindeloh durfte nämlich einfach nicht noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden, weil ansonsten…

Weiter war der junge Mann mit seiner logischen Begründung noch nicht gekommen. Aber das würde schon noch werden. Das würde alles schon noch kommen, da war er sich sicher. Und bis dahin
 

Ilona indessen war vor Schmerzen ohnmächtig geworden. Das letzte, was das Mädchen unter ihren flatternden Lidern noch wahrnahm, bevor sie erneut in selige Dunkelheit versank, waren die vielen, grünen Punkte, die plötzlich viel zu nah um ihr Gesicht herum schwebten.

Viel zu nah.
 

Das nächste, was Ilona wahrnahm, war der Regen.

Einen wunderbaren Moment lang hatte die junge Frau alles vergessen und erfreute sich einfach nur der zahlreichen, warmen Wassertropfen, die einer entspannenden Dusche gleich auf sie hinab strömten und...

Moment mal.

Dusche?

Das Mädchen riss die Augen auf. Tatsächlich.

Sie fand sich tatsächlich gegen eine silber-grün gefärbte Kachelwand gelehnt und zusammengekauert wieder. In einer Dusche.

Oder besser gesagt, in einem zur Dusche umfunktionierten Wolkenbruch.

Der Hufflepuff klappte der Mund auf.

Das stellte sich aber schnell als keine allzu gute Idee heraus, da ihre Mundhöhle daraufhin nur allzu bald mit kochend heißem Wasser, das aus der Gewitterwolke über ihr in Strömen herabfloss, gefüllt war. Instinktiv prustete und spuckte die Blonde solange, bis ihre Atemwege wieder frei waren.

„Miss Una! Können Sie jetzt nicht einmal mehr ohne Hilfe atmen?“
 

Neben ihr war plötzlich eine im Wasserdampf vorerst noch verschwommene, bald jedoch allzu erkennbare und bekannte Gestalt aufgetaucht. Sie hatte die Arme verschränkt und funkelte die junge Frau missbilligend an.

Als hätte sich die Hufflepuff an diesem Tag aber noch nicht genug gewundert, nein, bevor sie sich überhaupt erst wieder hatte richtig fassen können, streckte Tom Riddle plötzlich einen langen Arm durch den Dunst, der ihn von seiner Gefangenen trennte, hindurch und hielt der Sprachlosen kommentarlos ein dunkelgrünes Handtuch hin.

Das Wasserprasseln verging.

Abwechselnd starrte das Mädchen das dargebotene Tuch und die über ihr rasant immer kleiner werdende Gewitterwolke fassungslos an. Dann, als wäre ihr plötzlich etwas Wichtiges eingefallen, senkte die Kleine den Blick blitzschnell auf sich selbst herab.

Stumm musterte sie ihre vollkommen durchnässte Uniform. Schließlich blickte Ilona wieder zu dem jungen Mann auf und fragte betont ernst:

„Duschen Sie denn eigentlich auch immer vollständig bekleidet, Mister Riddle?“

Für diese Bemerkung hatte der dunkle Lord nicht mehr als ein missbilligendes Stirnrunzeln übrig.

„Haben Sie wirklich erwartet, dass ich Sie ausziehe?“, entgegnete er betont gleichgültig und warf der im hintersten Eck seines Badezimmers Sitzenden dabei wendig das Handtuch zu.

Diese fing die Abtrockmöglichkeit mindestens genauso geschickt auf. Statt das Tuch jedoch zu benutzen, betrachtete sie Lord Voldemort weiterhin tatenlos mit großen Augen. Schließlich bekannte die junge Frau extrem langsam, so als müsste sie für jede Silbe angestrengt nachdenken: „Ach ja. Sie sind ja ein Mann… Das hatte ich ganz vergessen.“

„Na herzlichen Dank“, knurrte der Geschmähte. Im nächsten Moment hatte der letzte Nachfahre Salazar Slytherins jedoch seine vollendeten, wenn auch etwas eingestaubten Manieren wieder gefunden und half der noch immer tropfnassen Blonden galant, aufzustehen. Dabei konnte das Mädchen nicht umhin zu bemerken, dass die helfende Hand Lord Voldemorts (welch ein Oxymoron!) mit dieser himmlisch samtenen Haut vielleicht einen Hauch länger als nötig um ihr Handgelenk geschlungen blieb… Aber das bildete sie sich bestimmt nur ein.

Ilona war wahrscheinlich einfach nur verrückt geworden.

Genau das musste es sein. Denn eine geistig nicht vollkommen umnachtete Person musste es doch mit allen Sinnen ablehnen, wenn das Böse selbst Hand an einen legte?

Oder?

„Die Dusche war Ihnen doch nicht unwillkommen?“, wollte der dunkle Lord wie nebenbei wissen, während er gemächlich seinen Zauberstab zog und auf die neben ihm Stehende richtete.

Sofort versteifte Ilona sich. Doch der junge Mann tat nichts anderes, als einen föhnartigen Passatwind heraufzubeschwören, der das Mädchen innerhalb von Sekunden trocknete. Langsam entspannte die junge Frau sich.

„Ganz und gar nicht“, antwortete sie mit einem Lächeln. „Da waren die zahlreichen Cruciatus und der Feuerfluch um ein Vieles unangenehmer.“

Ah.

Es gab nur wenige Personen, die wie eine waschechte Hufflepuff die Kunst beherrschten, einfach immer die Wahrheit zu sagen. Auch in den ungünstigsten Momenten.

Sofort blitzten die dunklen Pupillen ihres Gegenübers rot auf. Trotz der dräuenden Gefahr jedoch beschloss die Schülerin im folgenden, spannungsgeladenen Moment kurzerhand und aus einem dringenden Impuls heraus, weiterhin alle Karten auf den Tisch zu legen. Sie fragte mit halblauter Stimme: „Warum denn der plötzliche Sinneswandel, Mr. Riddle?“

Einen Augenblick lang funkelte es noch beunruhigend hell in den Augen des jungen Mannes. Im nächsten Moment jedoch schien er sich wieder beruhigt zu haben. Der Schwarzmagier brachte sogar ein falsches Lächeln zustande, als er nach langer Stille schließlich mit abgewandtem Gesicht antwortete: „Danken Sie einfach dem Himmel dafür, dass ich Sie verschone. Und fragen Sie verdammt noch einmal nicht so viel nach, Miss Una.“

„Tut mir leid, Sir, aber damit kann ich mich nicht zufrieden geben“, flüsterte die Hufflepuff sofort.

Dieses Mal,

nur dieses EINE Mal,

hätte sie vielleicht den Mund halten können. Aber nichts da.

Sie war eben eine Dächsin. Und die legten sich in ihrer Naivität gerne mit dem König der Schlangen persönlich an.
 

Bevor noch die letzte Silbe auf ihren Lippen verklungen war, war Ilona gegen die Kachelwand hinter ihr geschleudert worden. Alle Luft wurde ihr brutal aus beiden Lungen gepresst. Luft, die sie, besonders in ihrem derzeitigen, geschwächten Zustand, besonders bitter nötig hatte.

Doch das kümmerte Tom nicht. Links und rechts von dem Kopf des blonden Grindeloh rammte er beide Fäuste in die Wand und ließ ihm somit keine Fluchtmöglichkeit. Dieses Mal würde sie ihm nicht entkommen. Dieses Mal würde sie nicht einfach ohnmächtig werden!

Er erlaubte es schlicht einfach nicht!
 

Der Erbe Slytherins beugte den Kopf blitzartig herab.

Das Gesicht des jungen Mannes war mit einem Mal dem der Schülerin gefährlich nahe. Das Antlitz des Schwarzmagiers schien jedoch trotz seines Wutanfalls erstaunlich unbewegt. Nur die Augen.

Die Augen verrieten den dunklen Lord.

Tausende, grüne Punkte waren plötzlich um seine Pupille aufgeflammt und führten einen wahrhaft wilden Tanz vor Ilonas Nase aus. Natürlich hatte das Mädchen da Angst.

Ganz gehörig sogar. Aber

etwas schien anders. Dieses Mal fürchtete sie irgendwie

nicht mehr um ihr Leben.

Obwohl der schwärzeste Zauberer aller Zeiten vor ihr stand. Und stinkwütend auf sie war.

Er würde sie nicht töten. Das wusste Ilona.

Irgendwie.

Ob es die Erkenntnis war, dass Lord Voldemort sie noch immer nicht umgebracht hatte, obwohl ihm schon so viele Chancen geboten worden waren?

Das Gehirn der 16- Jährigen schien sich mit einem Mal schmerzhaft zu verknoten.

Und warum hatte er sie überhaupt aufgefangen? Und das zweimal?, fragte sie sich plötzlich verzweifelt.

Er hätte sie doch einfach auf den Boden fallen lassen sollen! So wie es jeder anständige Bösewicht getan hätte!

Warum dann er nicht?

Ja, warum hatte Tom das nicht getan?
 

Die junge Frau war so in diese brennenden Fragen vertieft, dass sie die bedrohlich leise Stimme Voldemorts nahe ihrem Ohr nur am Rande wahrnahm.

„Du hast mir zu gehorchen, Una! Sofort und ohne Widerworte!“, fauchte der Unbelehrbare und versuchte gleichzeitig angestrengt, den ausschweifenden Blick seiner Geisel mit seinen unbarmherzig rubinrot leuchtenden Augen aufzufangen. Sie sollte aus Angst vor ihm erzittern! Sie sollte…

Doch das einzige, das er für seine furchteinflößende Miene bekam, war

kein Zittern.

Kein Erschaudern.

Nicht einmal ein Augenverdrehen!

Nur ein halbherziges Nicken. Ein schlichtes, abwesendes Nicken.

Als wäre er nicht mehr wert!

Am liebsten hätte Tom vor Wut das ganze Haus in die Luft gejagt. Aber das wäre schlussendlich nur zu seinem Nachteil gewesen.

Also wollte der dunkle Lord diesen unwürdigen Dreck vor sich nur erneut vor Zorn innerlich bebend anfahren, da

lächelte Ilona ihn plötzlich leicht an. „Ich hab schon verstanden!“, versicherte sie ihm dabei mit freundlicher Stimme. „Sie brauchen nicht zu schreien!“

Kam es dem jungen Mann nur so vor oder schienen ihre dunklen Augen plötzlich wirklich hypnotisierende Wirkung auf ihn zu haben?

Mit einem Mal hatte Tom das unbehagliche Gefühl, als würde sein versteinertes Herz sich auf eine turbulente Reise in seine Magengrube aufmachen. Verwirrt wich der junge Mann zurück.

Unsicher streckte er seine rechte Hand nach dem Zauberstab in seiner linken Hosentasche aus. War das etwa ein Zauber? Ein schrecklicher Fluch, der seine Organe in solch ungesunden Aufruhr versetzte? Hatte der Grindeloh es tatsächlich geschafft, ihn, den mächtigsten Magier der Welt, unbemerkt mit einem Bann zu belegen?

Erst die unsichere Stimme der jungen Frau vor ihm ließ Lord Voldemort schließlich wieder aus seinen abstrusen Verschwörungstheorien auftauchen.

„Ich will ja nicht unhöflich sein“, begann die Hufflepuff nervös und rieb sich dabei mit beiden Händen den Bauch. „Aber wenn Sie mich in absehbarer Zeit nicht töten wollen,

könnten Sie mir dann bitte etwas zu essen geben? Ich sterbe vor Hunger!“



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