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R.A.B.

one last riddle
von

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Unliebsames Ankommen

Noch nie war der Zug nach Hogwarts so schnell geräumt worden.

Aber das war eigentlich klar gewesen. Alle Schüler waren ängstlich darauf bedacht, nur ja keine Minute länger als nötig an einem Ort verbringen zu müssen, der gerade Schauplatz eines Dementoren Überfalls geworden war.

Draußen in der Dunkelheit erwartete sie bereits die gesamte, finster dreinblickende Lehrerschaft. Im einsetzenden Nieselregen standen die Professoren stumm und mit erhobenen Zauberstäben in einer langen Reihe aufgereiht da. Es schien, als würden sie fest mit einem weiteren Angriff rechnen.

Unter scharfen Ermahnungen, nur ja nicht zurückzubleiben, wurde die erschreckend schweigsame Schülermenge von Professor Hainsburry, Potter und Flitwick zügig einen matschigen Waldweg entlang zu den Nottransporten geführt, die in der Schnelle vom Direktor persönlich heraufbeschworen worden waren.

Als Rose diese Vehikel zum ersten Mal sah, verdrehte sie demonstrativ die Augen.

„Was soll denn das sein?“, murrte das Mädchen schlecht gelaunt. „Bin ich denn hier im falschen Film gelandet oder was?“

Eine Hundertschaft an riesigen Kürbissen baute sich orange leuchtend vor ihr und den restlichen, staunenden Schülern auf. In der Not hatte sich die Leitung von Hogwarts offenbar nicht anders zu helfen gewusst. Einige Früchte von Hagrids gedeihender Kürbiszüchtung waren kurzerhand mit schimmernden Rädern ausgestattet worden, um die jungen Schulschützlinge mehr oder weniger unbehelligt den Weg ins Schloss ermöglichen zu können.

„Sieh dir das mal an, Ivy! Eine Frechheit“, fauchte Rose, während sie abfällig die hell glitzernde Haut des nächstbesten Kürbisgefährts betastete. „Die brechen ja auseinander, wenn man sie nur einmal schief ansieht!“

Ilona entgegnete nichts.

Mit großen Augen war die Blonde stattdessen plötzlich mitten auf dem schlammigen Boden stehen geblieben und starrte unentwegt auf den noch leidlich sichtbaren Zug zurück.

„Was denn?“, kam es sofort neugierig von Seiten Roses, die sich nun ebenfalls umdrehte und in der Dunkelheit etwas zu erkennen versuchte. Stumm hob Ilona die linke Hand und deutete zitternd auf den letzten Waggon des Hogwarts Zuges. Angestrengt verengte die Weasley daraufhin ihre Augen zu schmalen Schlitzen und blickte in die angegebene Richtung. Aber sie konnte trotzdem nichts in der Finsternis erkennen, bis auf…

„Na toll. Jemand hat in seinem Abteil vergessen, das Licht abzudrehen. Wie spannend“, spöttelte die Rothaarige. Rose wollte sich bereits wieder umdrehen und in den fahrenden Kürbis steigen, als ein überraschend fester Griff auf ihrer linken Schulter sie noch einmal innehalten ließ. Ilona hatte den Mantel der Weasley gepackt und deutete wiederum hektisch auf das erleuchtete letzte Abteil. Die Bemühungen der jungen Frau, auf eine ganz bestimmte Sache aufmerksam zu machen, wurden dabei von ihrer hektisch flüsternden Stimme begleitet, die angestrengt versuchte, ihre unwillige Freundin zu überzeugen.

„Schau noch mal genauer hin! Das ist doch nicht normal!“

Die Gryffindor wollte das Mädchen schon unwirsch anfahren, als sie aus den Augenwinkeln plötzlich eine flackernde Bewegung in der gedeuteten Richtung ausmachte.

Jetzt wurde ihr plötzlich bewusst, was Ilona gemeint hatte.

Der letzte Waggon war nicht erleuchtet.

Er brannte. Er brannte lichterloh.

Inzwischen hatten auch andere Schüler die hungrig leckenden Flammen, die aus dem letzen Abteilfenster schlugen, bemerkt. Mit einem Mal stockte die bisher betriebsam wuselnde Menge. Viele Kinder deuteten mit Schreckensausrufen zurück. Innerhalb kurzer Zeit war die ganze Kolonne zum Stehen gekommen. Sogar die wenigen Schüler, die es bereits geschafft hatten, in die ersten fahrenden Kürbisse zu gelangen und loszufahren, bekamen von der plötzlichen Unruhe noch etwas mit und steckten ihre Köpfe nun neugierig aus dem ratternden Gemüsegefährt.

Und dann explodierte der Waggon. Die Schüler schrien auf und warfen sich zu Boden. Wilde, purpurne Flammen leckten mit einem Mal an dem Eisen des Zuges und färbten es schmutzig rot. Ilona schloss panisch die Augen.

Aber das Spektakel war noch lange nicht vorbei. Direkt vor den Nasen der fassungslosen Lehrer fing nun ein Abteil nach dem anderen rasend schnell zu brennen an.

Und explodierte Sekunden später.

Rose, die als eine der Wenigen noch nicht zu Boden gesunken war, fragte sich ernsthaft, ob sie denn nun endgültig verrückt geworden war. Das konnte doch nicht sein!

So etwas durfte es doch nicht geben! Nicht in Hogwarts!
 

Und dann flog der gesamte Zug mit einem letzten, ohrenbetäubenden Knall in die Luft. Staub und Asche rieselte auf die hilflosen Schüler und Lehrer herab. Es war schlimmer als jeder bösartige Alptraum, denn

es passierte gerade im Hier und Jetzt.

Plötzlich schien jeder zu schreien. Es war so laut auf einmal! Rose presste sich beide Hände auf die Ohren. Doch es nützte nichts.

Jede Andeutung von Ordnung hatte sich nun vollends aufgelöst: Alle Schüler drängelten, schubsten, bissen und kniffen sich, bis sie alle einen Platz in den bald überfüllten Gemüsewaggons gefunden hatten, frei nach dem Motto: Jeder ist sich selbst der Nächste. Rose und Ilona wurden von diesem Andrang beinahe erdrückt.

Aber die beiden Hexen selbst stiegen nicht ein. Zu sehr hielt sie noch der Anblick des lodernden Feuerballs fest, der sich nun aus den letzten Trümmern des Zuges erhob. Selbst die Lehrer mussten auf Grund dieser schrecklichen Hitze zurückweichen. Doch mit einem Mal, als die lodernde Hölle gerade am Höhepunkt ihrer zerstörerischen Macht schien,

verging das Feuer in einem leichten Funkenregen.

Zurück blieb nur eine schwache, rot glimmende Wolke, die eine sehr seltsame Form innehatte.

Daraufhin passierten mehrere Dinge gleichzeitig.

Es wurde totenstill.

Die Wolke färbte sich mit einem Mal grün.

Ilona und Rose erkannten das Zeichen Voldemorts gleichzeitig.

Und Harry Potters Narbe begann heftig zu schmerzen.
 

Trotz allem schaffte es aber beinahe jeder Schüler und jeder Lehrer schlussendlich mehr oder weniger unverletzt in die Große Halle. Doch trotz der riesigen Menschenmasse, die sich nun unter der verzauberten Decke eingefunden hatte, war es noch immer schrecklich still auf den Tischen.

Besonders die unteren Klassen, gewöhnlich tobend und laut lachend, saßen zusammengesunken und blass auf ihren Plätzen und gaben keinen unnötigen Ton von sich. Selbst die älteren Schüler standen unter Schock. Zuerst die Dementoren und dann die Flucht aus dem Zug, der plötzlich in Flammen aufgegangen war: So einen explosiven Schulstart hatte noch niemand zuvor in Hogwarts erlebt.

Und unter all diesen prägenden Erlebnissen ging das wichtigste beinahe unter. Die Kinder waren noch allesamt zu jung- sie kannten Voldemorts Zeichen nicht mehr. Aber die Lehrer wussten noch davon. Besonders einer.

Und der sah mit Abstand am schlechtesten am Lehrertisch aus. Harry Potter kämpfte mit einem fortwährenden Würg reiz, der mit der Zeit, anstatt abzunehmen, immer mehr zunahm und ihm damit zunehmend den Appetit raubte. Der junge Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste rieb sich düster seine schmerzende Narbe an der Stirn und nippte nur ab und zu an einem halb vollen Glas Kürbissaft. Er wusste, was diese Schmerzen in seinem Kopf bedeuteten, aber er wollte es noch nicht wahrhaben.

Voldemort war tot.

Er hatte seine Leiche doch selbst auf dem riesigen Scheiterhaufen vor 20 Jahren verbrennen sehen! Aber trotzdem rührte sich seine Narbe wieder. Zum ersten Mal seit der letzten Schlacht. Das war nicht gut.

Das war ganz und gar nicht gut.
 

Ilona indessen wollte auch nicht so recht Appetit entwickeln. Das Mädchen zupfte lustlos an einem Salatblatt herum und warf Rose, die sich trotz aller Schrecken ungehindert am Nebentisch den nicht vorhandenen Bauch vollstopfte, immer wieder fassungslose Blicke zu. Die Weasley hatte in dieser Beziehung eindeutig stärkere Nerven als ihre zartbesaitete Hufflepuff- Freundin. Sobald das große Eingangstor von Hogwarts nämlich hinter der Rothaarigen zugefallen war, ging es Rose wieder gut.

Sie wusste, dass es Voldemort schon einmal geschafft hatte, hierher einzudringen.

Aber Hogwarts war ihr Zuhause.

Hier fühlte Rose sich wohl. Da nahm sie es auch gerne mit längst verstorbenen Schwarzmagiern auf, solange sie

nur

hierbleiben

durfte.

Ilona war da nicht so entspannt. Die ganze Zeit über, sogar während die noch immer vor Angst zitternden Erstklässler ihren Häusern zugeteilt wurden, hatte das Mädchen immer wieder achtsam über ihre Schulter gespäht. Sie zog ernsthaft die Möglichkeit in Betracht, dass Du- weißt- schon- wer jeden Moment hinter ihr auftauchen und der Blonden einen tödlichen Fluch auf den Hals hetzen würde. Natürlich hätte sie dann keine Chance. Den Zauberstab aber hielt Ilona die ganze Zeit unter dem Tisch gezückt. Für den Fall der Fälle…
 

Nach dem trüben Abendmahl, als die goldenen Becher und Teller wieder blitzblank geputzt auf allen Tischen erschienen waren, erhob sich der Direktor am Lehrertisch und klatschte einmal geräuschvoll in die Hände. Die Schüler verstummten. Mit mehr Spannung als üblich wurde dieses Jahr die Rede des hutzligen, alten Männchens erwartet. Das Oberhaupt der Schule schenkte jedem Tisch der Reihe nach ein breites Lächeln. Dann streckte er, ebenfalls an alle gerichtet, seine Zunge heraus.

Den Erstklässlern klappte allesamt der Mund auf. Doch die Älteren lächelten müde.

Direktor Erasmus Rothweil erschien nur auf den ersten Blick wahnsinnig. Er trug zwar mit Vorliebe gerne knallige Hüte und Handschuhe in allen Farben und Formen, die sich von seinem ansonsten grau gehaltenen Umhang immer stechend abhoben, und erweckte auch sonst nicht immer den Eindruck, als wäre er ganz bei sich. Der Greis sprach am liebsten mit sich selbst in seinem zur Bibliothek umfunktionierten Büro und hielt nebenbei als Haustiere vier große, abstoßend hässliche Raben, die, wenn sie nicht gerade Patrouille um das Hogwartsgelände flogen, auf seinen Schultern saßen und leise krächzten.

Aber Direktor Rothweil war schon immer einer der besten Freunde Dumbledores und somit ein glühender Gegner des dunklen Lords gewesen. Von seinen Zauberfähigkeiten wusste man, obwohl er die Schule schon seit nunmehr 10 Jahren leitete, trotzdem so gut wie gar nichts. Man munkelte nur hinter vorgehaltener Hand, dass allein Dumbledore diesem Verrückten noch das Wasser im Duell hätte reichen können… Bis jetzt war Hogwarts jedenfalls noch nicht zusammengebrochen. Also musste das alte Klappergestell schon irgendetwas richtig machen.
 

„Meine lieben Schülerinnen und Schüler!“, begann Rothweil sägend mit seiner Rede.

„Sie sind noch nicht einmal einen Tag hier und schon passieren dreierlei Unglücke! Ich denke, das lässt gewisse Rückschlüsse zu, zumal der Sommer bisher ein ausgesprochen ruhiger war…“ Der Alte lachte hicksend, so als hätte er soeben den Witz des Jahrtausends gemacht. Das überraschte wiederum weder die älteren Schüler noch die Lehrer, während die Jüngsten unter ihnen sich fassungslose Blicke zuwarfen. Erasmus Rothweil war für seinen schwer verdaulichen Humor bekannt. Das wurde einem spätestens dann klar, wenn man den alten Mann einmal am Valentinstag erlebt hatte. Aber dazu später mehr.

Nachdem er sich von seinem Kicheranfall wieder beruhigt hatte, wurde der Direktor aber auch schon sofort wieder ernst und begann mit düsterer Stimme fortzufahren.

„Wie Sie bereits zweifellos in Erfahrung bringen konnten, haben schreckliche, Seelen saugende Wesen, kurz Dementoren, unser liebes Hogwarts als neues Feriendomizil auserkoren. Ferners ist der Zug nach Hogwarts kurzerhand zum Grill umfunktioniert worden.“

Erasmus Rothweil verstummte.

„Und dann“, fuhr der alte Mann nach einer kurzen Pause mit erschreckend hohler Stimme fort, „haben wir eine Mahnung in Form eines wolkigen Totenschädels erhalten, aus dessen Mund eine Schlange kriecht. Wisst ihr überhaupt noch, was dieses Zeichen zu bedeuten hat?“

Fragend blickte er auf die schweigsame Schülermenge herab. Die meisten schüttelten verwirrt die Köpfe. Nur ein paar der älteren Mädchen und Jungen wurden mit einem Mal blass um die Nase.

„Nun, es ist das Zeichen Voldemorts“, beantwortete Rothweil schließlich selbst auf einmal sehr müde wirkend seine Frage. Ein allgemeines Rumoren lief durch die Haustische.

„Ruhe!“, bellte der Direktor, und sofort war wieder Stille eingekehrt. „Wie ihr seht, wird dieses Schuljahr in Hogwarts eindeutig das abwechslungsreichste eurer gesamten Schulkarriere“, bemerkte der Greis mit gerunzelter Stirn und nur einem halben, abwesenden Lächeln. „Ich bitte euch einfach, den Verbotenen Wald sowie die Ländereien Hogwarts so lange zu meiden, bis wir eine Erklärung für diese ganzen Ereignisse haben. Und nun ab in eure Betten, ihr Schlafmützen!“

Die Rede war beendet.

Sofort begannen sich wieder ängstliche Geflüsterfeuer, beinahe unhörbar unter dem aufkommenden, allgemeinen Stühlerücken, zu verbreiten.

„Du- weißt- schon- wers Zeichen? Wie kann das sein?“

„Ich schreibe sofort meinen Eltern! Die sollen mich hier herausholen!“

„Bist du wahnsinnig? Hogwarts ist immer noch der sicherste Ort…“

Solche Gesprächsfetzen und derlei mehr vernahm Ilona, als sie nun hastig aufstand und einer großen Traube Hufflepuffs in geringem Abstand in den Gemeinschaftsraum der Dachse folgte. Auf der Schwelle zur großen Halle erhaschte sie noch einen Blick auf das entschlossene Antlitz Roses, die den Zauberstab gut sichtbar in ihrer rechten Hand hin und her wirbelte, während sie sich zusammen mit den anderen Gryffindors in der Menge nach draußen treiben ließ. Scheinbar hatte die Weasley keine Angst.

Ilona beneidete sie darum.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Bells_Poetry
2009-10-18T20:22:50+00:00 18.10.2009 22:22
Achtundzwanzig Kapitel, du liebe Güte, ich komme gar nicht mit dem Lesen hinterher! Aber ich bemühe mich und ich hoffe, mir gelingt es in absehbarer Zeit, eine Regelmäßigkeit in mein Lesen und Kommentieren hineinzubringen.

Wie auch immer, natürlich möchte ich es nicht versäumen, dir meine Meinung zu diesem Kapitel zu schreiben.
Ganz wie Frau Rowling weißt auch du, wie man einen furiosen Auftakt macht - und seine Charaktere bisweilen unglaubwürdig handeln lässt. Die Idee des explodierenden Zuges gefällt mir, (das hat etwas sehr Dramatisches und zugleich Tragisches, wenn man an die schöne alte Eisenbahn im Film denkt,) aber die Umsetzung ist mir bisweilen zu sehr wie ein Actionfilm geraten. Doch beginnen wir beim Anfang der Szene: Warum stellt die Schule Kürbiskutschen bereit, wo sind die Boote oder die Pferdekutschen, über die im ersten Band erichtet wird? Warum musste man Hagrids Kürbisse verzaubern, um neuen Kutschen zu erschaffen, wenn man schon längst welche besitzt? Auch die Notwendigkeit dieser Zauberei ist mir nicht ganz schlüssig. Warum genau mussten die Kutschen nun sein?
Weiter: Wo sind die Lehrer, als die Schülermenge in Panik ausbricht? Man erinnere sich an die Trollszene im ersten Band der Potter-Saga, auch dort brach die Menge in Panik aus - und wurde prompt von Dumbledore zur Raison gerufen und anschließend von den Lehrern und Vertrauensschülern aus dem Raum gelotst. Eine ähnliche Reaktion erwarte ich von den Aufsichtspersonen auch bei einem explodierenden Zug. Und trotz der Unmittelbarkeit des Ereignisses gibt es immer jemanden, der einen kühlen Kopf behält, vor allem, wenn die Schüler anfangen, sich gegenseitig zu schubsen und zu treten. Insofern fehlt mir in der Szene das ordnende Element, das den Ablauf realistischer macht.

Ich verstehe Ilonas Furcht vor Voldemort nicht ganz, bzw. verstehe ich nicht, warum die älteren Schüler sich fürchten, die jüngeren aber nicht mehr. Voldemorts Tod ist, wie du geschrieben hast, zwanzig Jahre her, zwischen den Schülern gibt es einen maximalen Altersunterschied von sieben Jahren. Wie ist es also möglich, dass die Sechtsklässler sich erschrecken dürfen, die Zweitklässler aber nicht? Erzählen die Eltern ihren Kindern nicht mehr, was vor zwanzig Jahren geschehen ist? das erscheint mir unlogisch. Nehmen wir als Beispiel den Mauerfall, der im November ebenfalls sein zwanzigjähriges Jubiläum feiert: noch heute versäumen es Eltern nicht, ihren Kindern von den Ereignissen zu berichten, außerdem bemühen sich die Medien durch Reportagen etc. ein vergessen zu verhindern. Zwanzig Jahre ist - gemessen an der Diktatur des Dunklen Lords - eine zu kurze Zeitspanne, um eine ganze Welt vergessen zu lassen. Selbst Verdränung erscheint mir als Lösung nur in einigen Fällen plausibel, denn der Großteil der Eltern düften vor zwanzig Jahren selbst der Hinrichtung Voldemorts entweder beigewohnt oder sie zumindest durch die Medien erlebt haben. Man denke an den großen Krieg, der um Hogwarts tobte.
Ich hoffe, du verstehst, worauf ich hinaus möchte.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Direktor, den du unbedingt als kauzigen alten mann zeichnen wolltest, was dir aber, wie ich meine, nicht ganz gelungen ist. An der Beschreibung seines Äußeren und seinem Wirken als Direktor gibt es nichts auszusetzen, aber an seinem Verhalten bzw. seiner Rede. Er wechselt ständig zwischen Förmlichkeit und Umgangssprache hin und her, ich glaube kaum, dass ein alter Mann wie ein Jugendlicher spricht und wenn, dann tut er das durchgehend. (Was ihn, soviel muss gesagt werden, dann jedoch weniger kauzig als peinlich erscheinen lässt.)
Ich weiß nicht, ob du dich bei der rede an Dumbledores Willkommensrede im ersten Band orientiert hast, manchmal scheint es so, aber im Gegensatz zu Rothweil behält Dumbledore seinen Sprachstil bei, der einem Direktor angemessen ist. Selbst wenn Rothweil einigen "verrückt" erscheint, er muss dennoch die Fähigkeit besitzen, sich nach außen hin repräsentieren zu können, andernfalls ist er als Direktor untauglich, denn welche Eltern würden ihr Kind zu einer Schule schicken, deren Direktor auf sie keinen glaubwürdigen Eindruck macht?

Desweiteren sind mir einige Ausdrucksfehler aufgefallen, die doch signigfikant sind, die ich aber nicht allesamt auflisten möchte. (Noch immer gefällt mir dein Umgang mit der Sprache, auch wenn du bisweilen ein wenig über die Stränge schlägst und zu viele Adjektive benutzt. Auch passen sie manchmal nicht zu dem, was du eigentlich mit ihnen ausdrücken möchtest.)

Hier nur einige fragliche Ausdrücke:

"Unter scharfen Ermahnungen, nur ja nicht zurückzubleiben, wurde die erschreckend schweigsame Schülermenge von Professor Hainsburry, Potter und Flitwick zügig einen matschigen Waldweg entlang zu den Nottransporten geführt, die in der Schnelle vom Direktor persönlich heraufbeschworen worden waren."
- Was ist eine 'erschreckend schweigsame Schülermenge'? Ich weiß, was du sagen möchtest, aber so klingt es merkwürdig. Eine 'auffällig schweigsame Schülermenge' trifft es wohl eher.

"Trotz allem schaffte es aber beinahe jeder Schüler und jeder Lehrer schlussendlich mehr oder weniger unverletzt in die Große Halle. Doch trotz der riesigen Menschenmasse, die sich nun unter der verzauberten Decke eingefunden hatte, war es noch immer schrecklich still auf den Tischen."
- Es ist 'schrecklich still' AN den Tischen, nicht darauf. Aber ich schätze, da waren deine Gedanken schneller als deine Finger, oder?


"Sie wusste, dass es Voldemort schon einmal geschafft hatte, hierher einzudringen.
Aber Hogwarts war ihr Zuhause.
Hier fühlte Rose sich wohl. Da nahm sie es auch gerne mit längst verstorbenen Schwarzmagiern auf, solange sie
nur
hierbleiben
durfte."
- Sind die untereinander geschriebenen Wörter ein stilistisches Mittel,m also Absicht oder ein Formatierungsfehler? Wenn erstes zutrifft, dann würde mich interessieren, was du damit ausdrücken möchtest.

"Aber Direktor Rothweil war schon immer einer der besten Freunde Dumbledores und somit ein glühender Gegner des dunklen Lords gewesen."
- Ich habe zwar von einigen 'glühenden Verehrern' Voldemorts gehört, nicht aber von 'glühenden Gegnern'. Ich dachte, sie sind eher leidenschaftlich.

"'Meine lieben Schülerinnen und Schüler!', begann Rothweil sägend mit seiner Rede."
- Ich glaube, hier wolltest du auf seine Stimme anspielen, die einer Säge ähnelt, oder, denn jemand kann unmöglich sägend eine Rede beginnen. (Kann schon, aber das verbindet dann die Tätigkeit Sägen mit gleichzeitigem Reden, schätze ich.)

Mir gefällt Ilona immer noch, auch wenn sie mir allmählich zu viel voraus ahnt, aber ich möchte abwarten, wie es weiter geht, bevor ich endgültig mein urteil über sie fälle. Was Rose angeht, da glaube ich kaum noch an ein rettendes Wunder, sie ist und bleibt unsympathisch, jedenfalls für mich. Ich habe ihre Reaktion auf die Kürbiskutschen weder nachvollziehen können noch angemessen gefunden. Nun ja, wie werden sehen, wie es mit ihr weiter geht.

Hm, jetzt wo das Mal des Dunklen lords wieder aufgetaucht ist, wird es in den folgenden Kapiteln wohl weitere Merkwürdigkeiten geben. Ich lasse mich überraschen, mir gefällt die durchdachte Geschichte sehr.

Sei herzlich gegrüßt von mir,
Moon
Von: abgemeldet
2009-07-15T20:01:18+00:00 15.07.2009 22:01
Hab mir wieder Zeit genommen ;)
Erasmus ist offiziell mein absoluter Held. Der ist genial!


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