30 Tage Idol-Challenge von KiraNear (Discord-Challenge) ================================================================================ Kapitel 22: Zu Weihnachten -------------------------- Eine Tasse mit warmen, angenehm duftenden Kaffee stand auf einem kleinen Tischchen, bereit dazu getrunken zu werden. Vor einem der vielen Fenster fiel leise der Schnee und das Zimmer war bis auf die kleine Lichtquelle komplett in Dunkelheit getaucht. Doch das störte den jungen Mann nicht. Hochkonzentriert betrachtete er das geöffnete Buch vor ihm, das Umblättern der Buchseiten war die einzige Bewegung, zu der sich der junge Mann hinreißen ließ. Abgesehen davon saß er still und fast schon ein wenig steif in seinem Sessel, lediglich von einer großen, hellen Lampe beleuchtet. Das Buch, dessen Einband sofort den Eindruck vermittelte, dass es sich hierbei um eine ältere Version handeln musste, zog den jungen Detektiv gänzlich in seinen Bann. So bekam er auch nicht mit, wie  jemand in seiner Anwesenheit Zutritt in das Haus erlangte und sich ihm von hinten heranschlich. Erst, als die Person direkt hinter ihm stand und ihm die Augen zuhielt, wurde er brutal aus seiner Gedankenwelt in die Realität gerissen. Erschrocken hob er die Arme hoch, nur um sie dann leicht genervt zu senken. „Ach, du bist es, Ran. Du musst mich doch nicht gleich so erschrecken. Lass mich raten, du bist kurz zu Professor Agasa gegangen und hast dir von ihm den Haustürschlüssel geben lassen. Aber sag mal, warum hast du nicht einfach an der Tür geklingelt oder mich kurz angerufen, wenn du etwas wolltest. Ich hätte dich doch natürlich gleich reingelassen … argh!“ Ohne jegliche Rücksicht auf ihren Freund hatte Ran das Licht des Raumes angemacht, hell erleuchteten die Lampen selbst die letzte Ecke und den kleinsten Winkel. Geblendet hielt sich Shinichi die Hand über die Augen. „Nun, mein lieber Herr Meisterdetektiv, da du wohl nicht von alleine darauf kommst, werde ich es dir wohl verraten müssen.“ Sie ging um ihn herum, wobei es mehr ein Stampfen als ein normales Gehen war. Anschließend baute sie sich vor ihm auf und stützte sich mit ihren Händen an der Hüfte ab. Ein ungutes Gefühl breitete sich im Körper des jungen Mannes aus, er versuchte es herunterzuschlucken, doch seine Versuche waren vergeblich: Er wurde und wurde es nicht los. „Nun ja, wie ich sehen kann, ist mein lieber Herr Jungdetektiv damit beschäftigt, sich mal wieder einen seiner vielen heißgeliebten Krimis durchzulesen. Wenn er sich doch nur ein bisschen mehr für die Welt um ihn herum interessieren würde, dann hätte er sicherlich auch mehr mitbekommen. Er hätte gehört, dass das Telefon mindestens zehnmal habe klingeln lassen und auch, dass ich ihm fast die Klingel um die Ohren geläutet hätte. Aber dafür warst du viel zu tief in deiner Krimi-Welt drin. Wenn ich nicht das Licht hier drin gesehen hätte, hätte ich geglaubt, du wärst ausgegangen. Aber das machst du nicht, immerhin hast du mir ja auch erzählt, dass ich dich abholen kann. Oder hast du das etwa vergessen? Genauso, wie du offenbar vergessen hast, mal auf die Uhr zu sehen.“ Rans mehr als genervter Ton, mit passendem Gesichtsausdruck, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Vorsichtig drehte er seinen Arm herum, bis er einen Blick auf seine Armbanduhr sehen konnte. Welche ihm die Uhrzeit verriet. Shinichi riss seine Augen augenblicklich auf, dann blickte er vorsichtig, wie auch ängstlich zu Ran zurück. „Nun ja, Ran, wie soll ich sagen, ich hab wohl die Zeit vergessen“, sagte er, wohlwissend, dass ihm das nicht retten konnte. Ran begann mit ihren Fingern auf ihrem Arm zu tippen. „Ja, das hast du wohl, mein lieber Herr Detektiv. Dabei wolltest du doch extra heute Abend mit bei uns mitessen, wo sich doch deine Eltern beide in den USA befinden. Ich wollte nicht, dass du den Weihnachtsabend alleine verbringst, deswegen hatte ich dich doch eingeladen. Aber dann kam von dir nichts mehr, weder ein Anruf noch du persönlich. Und auf meine Anrufe hast du nicht reagiert. Du Krimi-Spinner, ich habe mir Sorgen um dich gemacht …“ Beschwichtigend hob Shinichi die Arme. Er wusste, er hatte Ran sitzen lassen, doch deswegen traurig machen wollte er sie nicht. Gerade, als er sie trösten wollte, traf ihn ihr scharfer Blick. „Du meintest, du willst nur kurz zu dir nach Hause, weil du nach etwas suchen möchtest. Aber dann komme ich hier her und finde dich, wie du in diesem Sessel sitzt und dieses uralte Buch liest. Egal, was du zu deiner Verteidigung sagen möchtest, es war mit Sicherheit das, wonach es ausgesehen hat. Du hast ein Buch gefunden und darüber hinaus die Zeit vergessen. Ist doch so, nicht wahr, Shinichi?“ Eiskalt erwischt … naja, war ja auch mehr als offensichtlich. Das hätte sogar ihr Nichtskönner von Vater herausgefunden…  Vom schlechten Gewissen angetrieben, nickte Shinichi. „Ja, du hast vollkommen recht und es tut mir leid. Dass ich hierher gegangen bin, weil ich etwas gesucht habe, war keine Lüge. Aber dann habe ich dieses alte Buch hier gefunden und musste an damals denken. Als ich noch ein kleiner Junge war, hat mein Vater mir oft daraus vorgelesen. Allerdings ist vieles nicht mehr so, wie ich es in Erinnerung hatte. Offenbar hatte mein Vater es damals mir zuliebe beschönigt wiedergegeben. Vermutlich wollte er auch nicht, dass ich allzu früh mit solch brutalen Dingen in Kontakt komme … das hier ist wirklich nicht für Kinderohren bestimmt.“, sagte er und blickte mit gemischten Gefühlen das Buch an. „Es tut mir Leid, dass ich dich versetzt habe, Ran. Ich wollte nur kurz einen kleinen Blick hineinwerfen und vielleicht das eine oder andere Kapitel lesen. Aber dann wurde es doch mehr und ehe mich versah, war ich bereits bei der Hälfte. Es war also wirklich keine Absicht…“ Shinichi … du vermisst deine Eltern wohl doch mehr als du je zugeben würdest …, fuhr es Ran durch den Kopf, doch sie hielt es für das beste, ihn nicht darauf anzusprechen. Zumal er es sich auch jetzt nicht eingestehen würde. Sie schüttelte den Kopf. „Schon in Ordnung, ich weiß doch, dass du es nicht so gemeint hast. Noch ist ein wenig Zeit übrig und wenn wir uns jetzt beeilen, dann können wir noch ein bisschen was von unserem Essen noch vor Paps retten. Bevor er sich noch auf alles stürzt und am Ende nichts mehr da ist.“ Sie packte seine Hand und begann ihn in die Richtung der Türe zu ziehen, als er inne hielt und in seiner Hosentasche suchte. „Moment. Erst möchte ich dir noch etwas geben, deswegen bin ich ja in erster Linie überhaupt hierhergegangen. Bitte schön … alles Gute zu Weihnachten!“ Er zog eine kleine Brosche hervor, die wie eine kleine, rosafarbene Orchideenblüte gestaltet war. Rans Gesicht färbte sich dunkelrot. „Womit … womit hab ich das denn verdient?“, fragte sie unsicher. „Nun ja“, sagte Shinichi und lächelte sie an. „Das hier hat mir meine Mutter vor ein paar Monaten aus den USA mitgebracht und mir erzählt, dass es genau das Richtige für dich wäre. Immerhin wäre es ja passend zu deinem Namen. Und sie sieht bestimmt schön an dir aus … Moment… ja, Mutter hatte Recht. Die Brosche sieht wirklich sehr schön an dir aus!“ Ran, noch immer mit hochrotem Gesicht, sah an sich herab. Die Brosche funkelte in ihrem hellsten Rosa, in der Mitte, genau am anderen Ende des Stempels, befand sich eine kleine Perle. „Vielen Dank, Shinichi. Richte das auch bitte deiner Mutter aus. Die Brosche gefällt mir wirklich sehr gut“, murmelte sie in ihren Bart hinein, doch Shinichi konnte sie noch immer sehr gut verstehen. Zufrieden begann zu grinsen, bevor nun er ihre Hand nahm und in Richtung Ausgang ging. „Dann sollten wir nun wirklich schauen, dass wir uns beeilen. Wie ich deinen Onkel kenne, kennt er beim Essen und bei Alkohol nur selten seine Grenzen“, sagte er mit einem Zwinkern. Ran nickte, noch immer war ihr das Geschenk ein wenig unangenehm. „Ja, es ist besser, wir beeilen uns lieber“, sagte sie und machte sich, nachdem sie sich beide in ihre wärmsten Winterkleidungen geworfen hatten, auf dem schnellsten Weg zur Wohnung der Moris. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)