Die Karten legt das Schicksal von Strichi ================================================================================ Kapitel 24: Nächtliche Überraschung ----------------------------------- So schön die Zeit um Madelines vierten Geburtstag auch war, so war es doch auch die Deadline gewesen, bis Brian das erste Mal auf Madeline treffen sollte. Etwas, das ich so gerne noch viel länger hinausgezögert hätte. Allerdings ging dies nicht mehr. Als ich die Zeit, beziehungsweise den Zeitpunkt ausdiskutiert hatte, schien es noch so lang, obwohl es sich nur um drei Wochen gehandelt hatte und nun war es morgen so weit. Wo war die Zeit denn geblieben? So häufig hatte man das Gefühl, dass die Zeit nicht weiter gehen wollte, dass sie nahezu stillstand. Allerdings schien diese Rechnung nicht aufzugehen, wenn man sich auf ein Ereignis nicht freute. Dann, so hatte ich jedenfalls das Gefühl, flog die Zeit nur so an einem vorbei und schien einen frech grinsend anzublicken wenn das Ereignis vor der Tür stand. Und jetzt war es so weit. Morgen um genau zu sein. Ich wusste, dass ich Madeline erklären musste, dass sie morgen auf Brian treffen würde. Vielleicht hätte ich es ihr früher sagen sollen, doch eigentlich wollte ich mir auch nicht die ganzen Tage davor kaputt machen und ich war wieder in einem Zwiespalt was besser war. Es ihr so knapp wie möglich sagen, so dass sie sich keine Gedanken machen und sich nicht selber verrückt machen konnte, oder es ihr früher sagen, damit sie sich emotional darauf einlassen kann. Ich hatte mich für die erste Variante entschieden. Maddy hatte sich so häufig schon Sorgen gemacht, da musste ich ihr nicht noch mehr Gründe liefern. Es war ein ruhiger Abend geworden. Die Sonne war schon untergegangen und wir würden wieder zu dritt zu Abend essen. Paul war wieder da und mir die Haare raufend, saß ich frustriert in der Wohnstube. Dankbar war ich, dass er angeboten hatte zu kochen. Ich hätte heute vermutlich nur wieder irgendwelchen Fertigkram serviert. So etwas kam Paul eher selten auf den Tisch. Doch heute, bei meinen so kreisenden Gedanken hätte ich keine Lust auf kochen gehabt. Wie sollte ich morgen vorgehen? Sollte ich einfach so tun als sei das alles normal? Als habe ich mir die Situation immer so vorgestellt? Wie lief so etwas eigentlich wirklich ab, wenn man einen begleiteten Umgang hatte? Ich ermahnte mich selbst in Gedanken, dass es albern war. Denn schließlich würde ich in nicht einmal 24 Stunden genaueres wissen. Ich musste wieder zurück in die Realität, denn es brachte niemandem etwas, wenn ich mich in meinen Gedanken verkroch. Tief atmete ich durch, strich mir mit den Fingern durch die Augen und murmelte zu Paul: „Ich habe ja mal so was von keinen Plan, wie ich das Madeline beibringen soll. Ich meine, sie hat Angst vor ihm, wie soll ich das anstellen?“ Natürlich wusste Paul, wen ich mit ihm meinte. Brian. Paul ließ sich neben mir auf die Couch nieder und seine warme Hand strich mir über den Rücken. Sie kraulte mich regelrecht und so konnten sich meine verspannten Muskeln wenigstens ein wenig lösen. „Hm… Erzähl ihr doch, dass sie morgen mit ihm spielen wird… und ja, dass sie was malen kann? Ich weiß auch nicht…. Aber versuch ihr klar zu machen, dass es für dich okay ist… Mach es nur nicht heute Abend, sonst kann sie sicher nicht schlafen“, sagte er ruhig und sehr einfühlsam. Doch seine Worte ließen mich nur verhalten lachen. Er dachte tatsächlich ähnlich wie ich selbst. „Klar… Aber nichts ist okay. Ich will das einfach nicht… Ich bring sie einfach nicht dahin!“, meinte ich ernster als ich es beabsichtigt hatte. Doch eigentlich war mir klar, dass es nur eine leere Drohung meinerseits war. Ich wollte Madeline nicht in unseren Elternkonflikt einbeziehen. Kopfschüttelnd betrachtete mich der Polizist und erwiderte: „Nein, wirst du nicht. Ich hab dir schon mal erklärt, dass muss alles Madeline ausbaden. Sie wird den Stress mitbekommen und dann? Dann hast du später ein verstörtes Kind hier sitzen und ihr beide seid Schuld daran… Kämpfe immer so, dass du auf der sicheren Seite stehst.“ So mahnend und ehrlich seine Worte auch waren, so schmerzvoll waren sie. Es tat weh zu wissen, dass er Recht hatte und gleichzeitig schmerzte es so sehr zu wissen, dass ich meine Tochter mit meinem Ex-Mann alleine lassen musste. Ja, ich wusste, dass der Umgang begleitet war und doch fand ich es einfach nur schrecklich. Schließlich hatte er uns beide im Stich gelassen. „Ja ja“, murmelte ich und verschränkte wie ein patziges Kind die Arme vor der Brust. Tief atmete ich durch und langsam lösten sich meine Arme wieder. Die Sorge, dass ich mich auch noch mit Paul stritt wuchs in mir und eigentlich wollte ich das auch gar nicht. „Ich werde es schon nicht so weit kommen lassen. Trotzdem täte mir Ablenkung einfach gut und sei es ein Boxsack mit seinem Gesicht darauf…“, murmelte ich mehr zu mir selbst als zu Paul. Doch anders als noch vor einigen Sekunden, Minuten meinte ich entschieden: „Ich sag es ihr doch heute… Vielleicht wäre morgen wirklich etwas knapp und außerdem habe ich morgens eh nicht viel Zeit. Das käme sicher nicht gut… sie ist ja nicht dumm… Ich werde es ihr in Ruhe erklären.“ Wieso konnte mir nicht jemand sagen, was jetzt richtig wäre? Nach dem Aufstehen blieb uns schließlich nicht viel Zeit und zwischen Tür und Angel wollte ich es Madeline auch nicht erklären müssen. „Na ja“, begann Paul zu sagen und klopfte mir auf die Schulter. „Vielleicht hast du nicht unrecht… Außerdem müssen wir ja beide morgen arbeiten…. Dann solltest du jetzt raufgehen und mit Madeline sprechen und ich werde mal anfangen zu kochen. Was meinst du, hm?“ Erneut seufzte ich schwer und nach einem Augenblick nickte ich ergeben. Langsam erhob ich mich und ging langsam hinauf zum Zimmer meiner Tochter. Ich klopfte leise, bevor ich hineinging und sah wie sie mit ihrer Puppe spielte. Sie schien mich kaum zu beachten, so sehr war sie in ihr Spiel vertieft. Erst als ich mich neben ihr auf dem Boden nieder ließ, sah sie mich mit großen Augen an. „Daddy, warum schleichst du so?“, wollte sie wissen und sie ließ sich nicht davon überzeugen, dass ich gar nicht geschlichen sei und geklopft hätte ich erst Recht nicht. „Madeline“, meinte ich ernster als beabsichtig und als sie vorsichtig fragte, ob sie was Schlimmes getan hätte, schüttelte ich sofort den Kopf. „Nein“, meinte ich sofort und erst nach einem Augenblick begann ich langsam weiter zu sprechen: „Es geht um… Brian. Du weißt ja, dass wir uns gestritten haben und… Wir haben uns noch mal getroffen und irgendwie… na ja, war es ja schon doof gelaufen. Und da… da dachte ich, dass es vielleicht…ganz gut wäre, wenn du Brian einfach mal kennen lernst.“ Ich presste die Worte aus meine Lunge und selten war etwas so schwer zu sagen, wie in diesem Augenblick. Ich schluckte meine Gefühle hinunter und als Madeline leise meinte, dass ich lügen würde, war ich wieder so überrascht, wie feinfühlig sie sein konnte. „Nein Madeline… Brian ist kein schlechter Mensch… er war an diesem Abend… Er war einfach zu aufgeregt. Ja. Und jetzt spielt ihr morgen oder malt und nach einer Stunde, da hole ich dich schon ab. Und du bist auch nicht alleine“, sagte ich langsam und strich ihr durch die braunen Haare. Unschlüssig blickten ihre grünen Augen in die Meinen und nach einem Augenblick sagte sie: „Ich will das aber nicht. Ich will auch nicht bei ihm wohnen!“ Genervt seufzte ich innerlich auf. Immer noch hatte sie das Treffen vor der Tür nicht vergessen und ich vermutete, dass sie dies auch nicht mehr würde. „Madeline, bitte. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht zu Brian ziehen wirst. Hör auf, dass zu glauben. Wir sind und bleiben ein Team, egal was passiert. Du sollst nur etwas mit Brian spielen und vielleicht habt ihr ja einfach eine schöne Zeit…“, meinte ich und unschlüssig blickten die Augen des Kindes mich an. Ich drückte sie an meine Seite und schmunzelte, als ich sie betrachtete. „Komm schon Madeline. Paul hat dich auch viel zu gerne und würde nicht wollen, dass du gehst“, redete ich beruhigend auf sie ein. Ich bemerkte wie sie sich leicht auf die Lippen biss und fand es erstaunlich niedlich, denn auch das erinnerte mich an mich selbst. „Muss ich dahin?“, wollte sie wissen und leicht nickte ich. „Ja. Ich werde dich hinbringen und wieder abholen und dann kannst du mir erzählen, was du alles gemacht hast.“ Unschlüssig nickte meine Tochter und da ich nichts mehr zu sagen hatte, stand ich nach einem Augenblick auf. Ich hatte, wenn ich ehrlich war, mit einer gänzlich anderen Reaktion gerechnet, oder gar erwartet, dass ich viel mehr erklären musste. Doch anscheinend reichte es für sie aus. „Darf ich unten spielen?“, fragte sie noch bevor ich mich gänzlich erhoben hatte. Mir war klar, dass sie in meiner Nähe sein wollte und so nickte ich langsam und half ihr die Spielsachen nach unten zu bringen. Während wir auf der Treppe waren, zog der Geruch von Gebratenem in meine Nase und zu Madeline schauend meinte ich: „Das riecht lecker, oder?“ fragte ich ruhig und fügte hinzu. „Wir können echt froh sein, dass Paul immer so lecker kocht.“ Leicht nickend blickte mich Maddy an. „Er kann besser kochen als du“, erwiderte sie sehr ehrlich und ließ mich leise auflachen. Ich meinte zu ihr, dass sie Recht habe und ließ sie ihre Sachen im Wohnzimmer hinstellen. Als ich hinter die Küchenzeile trat blickte mich Paul mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich brauchte nicht fragen, was er wollte. Er wollte wissen, wie es mit Madeline gelaufen war. Unschlüssig hob ich meine Schultern und erklärte: „Sie hat weniger gefragt als ich dachte. Ich glaub allerdings nicht, dass sie das so wirklich versteht. Sie spricht immer wieder davon, dass sie umziehen muss… Ich denke nicht, dass wir heute zu zweit in meinem Bett schlafen werden, wenn du denn überhaupt hier bleiben möchtest…“ Gelassen schien Paul die Neuigkeit aufzunehmen und mit einer wegwerfenden Handbewegung meinte er: „Ach egal. Und ja… wieso nicht… hier ist es… viel schöner als bei mir. Nicht so ruhig… Aber hey, wenn ihr wollt könnt ihr ja mal zu mir kommen.“ Während ich in die Töpfe blickte, nickte ich leicht. Ja, weswegen eigentlich nicht. „Klar. Wie wäre es am Wochenende?“, schlug ich vor und probierte die Sauce, welche er gekocht hatte. Während ich mir leicht über die Lippen leckte, blickte ich hinauf zu Paul und schmunzelnd stimmte er zu. „Okay, hast du eine Idee, was wir machen können?“, fragte er und nach einem Augenblick meinte ich: „Wir könnten Fahrradfahren. Du hast es doch auch gerne gemacht und irgendwann solltest du vielleicht wieder anfangen.“ Die Freude in Pauls Gesicht schwand und die Unsicherheit nahm seinen Platz ein. Wie so häufig wenn ich das Thema ansprach. Er wich meinem Blick aus und rührte lieber in dem Nudeltopf herum. Sich leicht auf die Lippen beißend murmelte er leise: „Nein, lass mal. Das kann ich nicht. Das habe ich dir oft genug gesagt.“ Ich brauchte nicht zu fragen, was er meinte. Er sprach von seinem Bein. Er sprach selten davon, wie schwer es für ihn war. Doch natürlich merkte ich, dass er noch lange nicht so weit war, um sein neues Ich zu akzeptieren. Einen richtigen Zeitpunkt um Madeline zu erklären, dass Paul nur noch ein Bein hatte, hatte es noch nicht gegeben. Doch ich glaubte kaum, dass es für sie schwer werden würde dies zu akzeptieren. Näher trat ich an den großen Mann heran und strich ihm liebevoll über dessen Rücken. Er brauchte sich nicht schlecht zu fühlen. Es war nichts Schlimmes. Es war schließlich nichts Verbotenes. Ich drückte mich an den kräftigen Rücken und presste meine Lippen auf seine Schulter. „Paul“, meinte ich mit ruhiger und hoffentlich einfühlsamer Stimme. „Es ist alles okay. Du brauchst doch keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellen… Wenn ich Madeline hinten drauf habe sind wir eh langsamer. Willst du wirklich nie wieder Rad fahren? Ich weiß doch, dass das ein Hobby von dir war. Und ich mag es auch.“ Genießerisch schien er sich an mich zu lehnen, ob er den Halt brauchte, den ich ihm gerade gab, konnte ich nicht abschätzen. Selbst wenn ich es hätte wissen wollen, ich hätte nicht gefragt. Ich bemerkte, wie er sich kurz in meinen schützenden Armen zu entspannen schien. Er schloss seine Augen, während ein leises und zufriedenes Seufzen seine Lippen verließ. Vermutlich brauchte er so etwas mehr als er sich selbst eingestehen mochte und erst nach wenigen Augenblicken schüttelte er kurz den Kopf. „Nein… Habe ich nicht… Ich… vielleicht habe ich einfach Angst, dass ich das auch nicht mehr kann…“, murmelte er leise und drehte seinen Kopf etwas nach hinten. Als suchte er meinen Blick. Ob er Sorge hatte, dass ich deswegen lachen würde? Doch natürlich verzogen sich meine Lippen nicht zu einem Lachen, denn schließlich war daran nichts Lustiges. Mitfühlend, so hätte ich selbst vermutlich meinen Gesichtsausdruck beschrieben. „Ich hasse es“, begann er leise zu sprechen. „Dass ich so vieles nicht mehr schaffe. Weißt du eigentlich, wie peinlich es war, wieder laufen lernen zu müssen…? Laufen, Rick… Wie ein kleines Kind.“ Nein, das wusste ich nicht. Und ich hoffe, wenn ich ehrlich war, dass ich das niemals herausfinden müsste. Langsam schüttelte ich den Kopf und mit sanfter und sehr ruhiger Stimme erwiderte ich: „Aber, wenn du es nie versuchst, wirst du doch nie wissen, ob du es kannst oder nicht. Wir müssen es ja nicht da versuchen, wo viel los ist… Etwas außerhalb der Stadt vielleicht auf einer ruhigen Landstraße beziehungsweise im Wald. Nicht Querfeldein.“ Erneut zuckte er mit den Schultern und drehte sich langsam wieder zu mir. Deutlich sah ich die Unsicherheit in seinen Augen und fast schon verlegen kratzte er sich an der Schläfe. Er rang regelrecht nach Worten. „Ich weiß einfach nicht mehr ob ich Fahrrad fahren kann. Also…“ Wir zuckten zusammen, als wir auf einmal Madelines Stimme hörte, welche Paul einfach so ins Wort fiel: „Ist doch nicht schlimm. Dann lernen wir das zusammen“, meinte sie und blickte zu uns rauf. Ich hatte vollkommen vergessen, dass sie auch im Raum war. Perplex sahen wir zu dem Kind hinunter. „Ähm“, war mein wenig schlauer Kommentar, doch es schien Madeline vollkommen egal zu sein. Sie sah Paul an und mit erstaunlich ernster, aber immer noch hoher Kinderstimme, meinte sie: „Dad sagt, dass man das nicht verlernt. Sonst gebe ich dir meine Stützräder.“ Sie schien nicht alles von dem Gespräch mitbekommen zu haben, denn sonst hätte sie Paul auch auf sein Bein angesprochen. Gemächlich trat ich einen Schritt weg von Paul und trat auf meine Tochter zu. Ich blickte hinunter in ihr Gesicht. Neugierig sah sie uns an und leicht lächelnd meinte sie: „Ich will auch fahren können. Wie Dad. Und mit Stützrädern geht es sicher.“ Langsam blickten ihre grünen Augen von Paul zu mir und ich konnte nicht anders als über ihre Aussage zu schmunzeln. Grinsend suchte mein Blick den Seinen und als wir einander in die Augen blickten, meinte ich gelassen: „Siehst du. Selbst Maddy meint, dass du noch Rad fahren kannst… Paul, du hast ein Handicap… Das ist nichts Schlimmes. Komm, lass es uns versuchen. Das Schlimmste was passieren kann ist, dass du Spaß hast…“ Ein undefinierbarer Laut entkam seiner Kehle und als er von mir zu meiner Tochter blickte, schien er tatsächlich unsicher zu sein, was er sagen sollte. Ergeben nickte er und meinte: „Ich üb’ vorher ein wenig… Und nein danke, ich brauch keine Stützräder…“ Freundlich und offenherzig nickte meine Tochter ihm zu und fragte: „Können wir vielleicht heute etwas länger fernsehen?“ Unschlüssig betrachtete ich mein Kind. Es war sicher nicht die beste Methode sie von morgen abzulenken und doch war es gerade auch so praktisch. Der Schweinehund gewann und nach dem Essen sahen wir uns das Kinderprogramm an. Doch nach einer Weile bemerkte ich erneut, dass Madeline anscheinend mehr meine Nähe zu suchen schien, als sich für das laufende Programm zu interessieren. Ich kraulte sie liebevoll und nahm sie auf den Arm. Ich fragte nicht, weswegen sie so verschmust war, der Grund dafür lag schließlich auf der Hand. Ich las ihr am diesem Abend etwas vor und machte ihr ihr Nachtlicht an, bevor ich wieder hinunter zu Paul ging. Ich schlief schlecht in dieser Nacht, auch wenn Paul an meiner Seite war und mich immer wieder versuchte abzulenken. Wir sprachen das Thema des Fahrradfahrens nicht erneut an. Langsam kannte ich ihn gut genug. Er brauchte einfach Zeit und musste sich selbst etwas überlegen. Ich war froh, dass er mich versuchte abzulenken. Doch er schaffte es nicht. Immer wieder schlichen Szenarien in meinen Kopf, was morgen alles passieren könnte und diese Gedanken ließen sich immer nur kurz abstellen. Sobald ich seine tiefen und gleichmäßigen Atemzüge hörte, kreisten meine Gedanken um das morgige Treffen. Ein Drang mich zu bewegen war in meinem Inneren und langsam erhob ich mich aus dem Bett. Tief atmete ich durch und lauschte der Stille im Haus. Alles schien wie immer, alles hörte sich so vertraut und normal an. Langsam zwang ich mich, mich wieder hinzulegen und schloss meine Augen. Doch auf einmal merkte ich, dass doch etwas anders war als sonst. Plötzlich bemerkte ich etwas, was nicht dort sein sollte! Leise und doch deutlich hörbar waren Schritte zu vernehmen. Plötzlich war ich hellwach und ruckartig stand ich vom Bett auf. Sofort wusste ich, dass es nicht Madeline war. Ihre Schritte klangen anders. „Paul“, sagte ich leise in sehr scharfem Ton: „Steh auf, da ist jemand im Haus!“ Langsam drehte sich der Mann zu mir um und betrachtete mich mit trägen Augen. „Was?“, wollte er nach einem Augenblick wissen und erneut sagte ich ihm leise, dass ich Schritte gehört habe. Sofort schien er wacher zu sein und setzte sich schnell auf. Ebenso wie ich. Gerade als ich das Schlafzimmer verlassen wollte, wehte Pauls Stimme an meine Ohren: „Bleibst du wohl hier? Du hast keine Waffe und keine Ausbildung für den Nahkampf. Ich hab keinen Bock, dass der dich noch erschießt!“ Perplex sah ich ihn an. Tatsächlich hatte ich darüber noch gar nicht nachgedacht. Ich hätte fast einen Einbrecher schutzlos gestellt! „Soll ich die Polizei rufen?“, fragte ich flüsternd und sah zu, wie er sich schnell seine Prothese überzog. Tief atmete er durch und schüttelte nach einem Augenblick den Kopf. „Ich schaffe das schon“, erwiderte er und ich war mir unschlüssig, was ich davon halten sollte. Er war alleine und ich wusste nicht, wie viele Personen sich im Haus aufhalten. Doch langsam wusste ich auch wie stur er war. Doch noch bevor ich etwas dagegen sagten konnte, ging er bereits leise an mir vorbei. Ruhig und doch war er nicht ganz leise, denn seine Prothese konnte sein Gewicht nicht so sanft auffangen wie ein richtiges Bein. Der Dielenboden im Flur war zu laut. Beide hörten wir unten hastige Schritte und die Haustür fiel ins Schloss. „Verdammte…“, rief ich laut und ging zügig mit Paul hinunter. Doch alles schien vollkommen normal! Vielleicht hatte der Einbrecher geglaubt er sei alleine im Haus. Ich ging durch das Wohnzimmer und ich sah sofort, dass jemand an den Bildern war. Wieso war jemand an den Bildern auf der Kommode gewesen? „Schau mal, die Bilder stehen anders. Vielleicht war es Brian….“ Natürlich kam er mir sofort in den Sinn. Wer sollte es sonst sein? Unschlüssig betrachtete mich Paul und langsam schüttelte er den Kopf. „Wieso sollte er das machen? Das ergibt keinen Sinn… Er sieht Madeline doch eh morgen. Er würde doch wissen, dass wir ihn sofort verdächtigen“, murmelte er und unschlüssig begutachtete er die Räumlichkeiten. Unsicherheit machte sich in mir breit und als ich gerade fragte, ob wir nicht Pauls Kollegen rufen wollten, nickte er leicht: „Ich ruf die aber über mein privates Handy an… Habe keine Lust, dass die noch mit Blaulicht und allem kommen.“ Ich war ihm dankbar dafür, denn Madeline schlief oben und ich hatte keine Lust, dass sie eine ganze Armada von Polizisten antraf. Es war nichts aufgebrochen und ein ungutes Gefühl bereitete sich in mir aus. Ich beobachtete, wie Paul die Terrassentür in Augenschein nahm, sowie die Haustür. Auch die Fenster im Erdgeschoss betrachtete er. Doch nichts Außergewöhnliches war zu finden. Nichts war aufgebrochen oder deutete auf einen Einbruch hin. Mit stummen Alarm kamen seine Kollegen in unsere Wohnung. Es dauerte lange, bis Fingerabdrücke genommen hatte und wir befragt wurden. Zum Glück weckten sie jedoch nicht meine Tochter. Es war kurz nach eins als sie das Haus verließen und mir graute es vor dem nächsten Morgen, wenn ich mich so früh aus dem Bett quälen musste. Tatsächlich beruhigte es mich irgendwie zu sehen, wie Paul mit seiner Dienstwaffe in den Händen gemeinsam mit mir wieder in das Schlafzimmer ging. Er legte die Pistole in die Nachttischschublade und ich beobachtete, wie er sie sicherte. Dauerhaft würde ich diese Lösung mit einem Kind jedoch nicht haben wollen. Doch für heute Nacht sollte es mir genügen. Ich war unruhig und an Schlaf war kaum noch zu denken. Immer wieder rollte ich mich in meinem Bett hin und her. Und erst als Paul mich in seine Arme zog, beruhigte ich mich langsam. „Soll ich Madeline hier her holen?“, fragte ich leise und wacher als ich dachte murmelte er: „Wenn du dann besser schlafen kannst…“ Ich erhob mich sofort. Es war irgendjemand im Haus! Ich musste einfach meine Tochter bei mir haben! Es ging gar nicht anders. Der Drang sie zu beschützen war selten so groß gewesen, wie in diesem Augenblick. Wieso kam eigentlich irgendwer in mein Haus? Und wenn ja, wie? Paul hatte Recht, für Brian ergab dies einfach keinen Sinn. Er war kein Einbrecher und er würde sich seine Chancen auf einen regelmäßigen Umgang mit Madeline zunichtemachen. Während ich leise in das Zimmer meiner Tochter schlich, biss ich mir auf die Lippen. Erst das Auto und jetzt so etwas. Wieso passierten diese Sachen zur Zeit. Ich verstand einfach nicht, was hier los war und es ergab für mich keinen Sinn. Ich trug Madeline vorsichtig zu uns ins Schlafzimmer und kurz erwachte sie. Vorsichtig rückte ich in die Mitte und zog meine Tochter liebevoll an meine Seite. Schnell schlief sie wieder ein und was sie murmelte, verstand ich nicht. Ich verschloss die Schlafzimmertür und hatte dennoch das Gefühl, dass ich mich kaum beruhigen konnte. Paul legte sanft einen Arm um mich und endlich, als ich meine Tochter neben mir spürte und Paul an meinem Rücken, schaffte ich es einzuschlafen. Doch immer wieder wachte ich auf und ich glaubte kaum, dass der Mann hinter mir ruhig schlafen konnte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wow endlich wieder Interenet. Sooo ich hoffe, dass Euch das Kapitel gefallen hat. Wünsch Euch ein schönes Wochenende ;) Ganz liebe Grüße Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)