I love the broken ones von littlemoony (ɪᴛᴀᴄʜɪ x sᴀᴋᴜʀᴀ, sᴀsᴜᴋᴇ x sᴀᴋᴜʀᴀ) ================================================================================ Kapitel 2: ᴇʟᴀsᴛɪᴄ ʜᴇᴀʀᴛ ------------------------ ᴀɴᴅ ᴀɴᴏᴛʜᴇʀ ᴏɴᴇ ʙɪᴛᴇs ᴛʜᴇ ᴅᴜsᴛ ʙᴜᴛ ᴡʜʏ ᴄᴀɴ I ɴᴏᴛ ᴄᴏɴϙᴜᴇʀ ʟᴏᴠᴇ﹖ ᴀɴᴅ I ᴍɪɢʜᴛ·ᴠᴇ ɢᴏᴛ ᴛᴏ ʙᴇ ᴡɪᴛʜ ᴏɴᴇ ᴡʜʏ ɴᴏᴛ ғɪɢʜᴛ ᴛʜɪs ᴡᴀʀ ᴡɪᴛʜᴏᴜᴛ ᴡᴇᴀᴘᴏɴs﹖ ᴀɴᴅ I ᴡᴀɴᴛ ɪᴛ ᴀɴᴅ I ᴡᴀɴᴛᴇᴅ ɪᴛ ʙᴀᴅ ʙᴜᴛ ᴛʜᴇʀᴇ ᴡᴇʀᴇ sᴏ ᴍᴀɴʏ ʀᴇᴅ ғʟᴀɢs ɴᴏᴡ ᴀɴᴏᴛʜᴇʀ ᴏɴᴇ ʙɪᴛᴇs ᴛʜᴇ ᴅᴜsᴛ ᴀɴᴅ ʟᴇᴛ·s ʙᴇ ᴄʟᴇᴀʀ﹐ I ᴛʀᴜsᴛ ɴᴏ ᴏɴᴇ ʏᴏᴜ ᴅɪᴅ ɴᴏᴛ ʙʀᴇᴀᴋ ᴍᴇ ɪ·ᴍ sᴛɪʟʟ ғɪɢʜᴛɪɴɢ ғᴏʀ ᴘᴇᴀᴄᴇ ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ Sasuke hätte mich gehen lassen und mich erfüllte die Gewissheit, dass es ihm gleich war, wie ich nach Hause kam. Obwohl ich nun schon eine solch lange Zeit mit ihm verbrachte, wurde ich niemals aus ihm schlau. Er war wie ein verschlossenes Buch mit sieben Siegeln. Andauernd überraschte er mich durch sein Handeln oder durch die Denkweise, die er offenbar an den Tag legte. Möglicherweise hatte ich mich deshalb in ihn verliebt, ihn für besonders gehalten. Tatsächlich beruhte diese Besonderheit auf meiner eigenen Fantasie, denn noch heute war es mir nicht möglich zu erklären, was in ihm oder seinem Kopf vorging. Je länger ich darüber nachdachte, desto absurder erschienen mir die Gründe, ihn oder diese Beziehung als etwas Besonderes zu betiteln. Es war nichts Besonderes , immer wieder negativ überrascht zu werden, sodass man anfing an sich und seiner Beurteilungsgabe zu zweifeln, dass es Normalität war, verraten, enttäuscht und verletzt zu werden. Aber in einer Beziehung sollte sich das irgendwann einpendeln, oder nicht? Es sollte nicht auf der Tagesordnung stehen, sich misszuverstehen oder zu rätseln, wie jemand, was gemeint hatte, ob seine Worte tatsächlich verletzend sein sollten oder ob sie bloß so daher gesagt wurden. So etwas nannte man dann wohl Kommunikationsproblem. Ich für meinen Teil hatte mir eine Beziehung zumindest nicht so vorgestellt. Dabei wusste ich, worauf ich mich eingelassen hatte. Sasuke war nicht wie die anderen Kerle. Denn generell gab es doch die, die sofort mit Leidenschaft dabei waren, alles an Liebe gaben, was sie hatten und die, die in der Regel auftauten, an dessen harter Schale man nur lange genug kratzen musste, damit sie ihren weichen, herzigen Kern freigaben. Er war komplizierter. Natürlich gab es diesen weichen Kern auch in Sasuke, zwar nur äußerst selten, doch er war vorhanden. Ich konnte gar nicht mehr sagen, wie oft ich mir missbilligende Blicke von Angehörigen eingehandelt hatte, als ich allein zum Familienessen aufschlug, davon berichtete, dass ich bei Minusgraden vergebens auf meine Buslinie wartete, die ja sowieso niemals kam und er es nicht für nötig hielt, mich abzuholen. Anfangs hatte ich mich darüber wirklich aufgeregt, immerhin gehörte es doch zur guten Manier, seine Freundin abzuholen, wenn diese danach verlangte, oder? Doch Fehlanzeige, Sasuke belehrte mich eines Besseren. Solche Situationen häuften sich und ließen mich glauben, er wolle mich erziehen, mir zeigen, dass ich selbstständig sein konnte, gar nicht auf ihn angewiesen sein musste und egal wie absonderlich diese Situationen auch immer waren, ich versuchte ihnen das Beste abzugewinnen, nahm ihn sogar immer wieder in Schutz, ganz egal vor wem, selbst wenn er es nicht mal für nötig hielt, mir zum Geburtstag ein Geschenk zu machen. Nicht, dass ich das verlangte, aber ich wünschte es mir, aus tiefsten Herzen. Und während meine Freundinnen reihenweise einen Ring an den Finger gesteckt bekamen, davon berichteten, was sich ihre Liebsten wieder einfallen lassen hatten, um sie glücklich zu stimmen, saß ich dort, wie eine stille Zuschauerin. Hatte nichts dazu beizutragen und tat so, als würde ich mich für alle freuen, dabei schürte die Glückseligkeit der Anderen meine Zweifel. All das hatte ich in Kauf genommen, obwohl ich bereit gewesen wäre, einen Schritt weiter in eine gemeinsame Zukunft zu gehen. Ich hatte mir eingeredet, es genüge mir, so wie es war, um glücklich zu sein und das stimmte sogar. Ich benötigte nicht mal ein Ich liebe dich, um nur fest genug daran zu glauben, dass er es wirklich tat, mich lieben. Warum sonst stand er zu den unmöglichsten Uhrzeiten auf meinem Balkon, war ihn hinaufgeklettert, bloß um mir einen Guten-Nacht-Kuss zu schenken? Es konnte wohl kaum an dem Sex liegen, denn auch der war auf Grundeis gelegt worden, ebenso wie die Kommunikation. Sasuke war anders. So anders, als sein Bruder. Denn dieser folgte mir trotzt der plumpen Abweisung, die ich ihm erteilte. Und obwohl ich das wusste, ließ ich mich nicht beirren, öffnete endlich die Glastür der Diskothek und entfloh in die kühle Nachtluft, die mir direkt um die Nase wehte. Für einen einzigen Wimpernschlag verharrte ich und blickte zu meinen Füßen hinab, die in der Schneedecke versanken. Trotz Turnschuhen und knöchelfreien Jeans, fühlte ich die Kälte nicht, die sich um meine hervorstehenden Fußknöchel schmiegte. Offenbar hatte der Alkohol schon meine Blutbahn erreicht und sorgte für die Kälteresistenz, denn auch meine Jacke hatte ich drin vergessen. Und da fiel mir auch wieder der Grund ein, warum ich den Laden so stürmisch hinter mir gelassen hatte. Itachi. Etwas zu eilig wollte ich mich umdrehen und irgendeinen Weg einschlagen, Hauptsache weg von der Stelle, auf der ich seit einer gefühlten Ewigkeit stand. Natürlich waren es bloß Sekunden, die ich in der Kälte inne gehalten hatte, dennoch ausreichend genug, um mir meine Körperkontrolle zu nehmen, die ich in der urplötzlichen und hektischen Bewegung galant verlor. Mit einem Ausfallschritt rutschte ich dank den Sohlen meiner Turnschuhe über den matschigen Schnee, verlor das Gleichgewicht und kippte vorne über. Statt des nassen Asphalts, auf den ich wartete, begrüßte mich jedoch die straffe Männerbrust Itachis, der alle Zeit bereit direkt vor mir stand, um mich aufzufangen. Lange genug, um sein Parfüm zu riechen, welches mir augenblicklich in die Nase stieg, noch bevor ich meine zusammengekniffenen Augen öffnete und abermals meine Haltung strafte. Falls er noch nicht bemerkt hatte, dass ich betrunken war, dann wusste er es spätestens jetzt. Zu gern hätte ich behauptet, dass mein Parfüm meine Alkoholfahne überdeckte, doch das bezweifelte ich. Deshalb richtete ich mich auch erst auf, bevor ich zu einem kleinlauten „Danke“, ansetzte, denn auch das Kaugummi schien mir mittlerweile völlig unnütz und überflüssig. Wem wollte ich hier eigentlich etwas vor machen? Mir oder ihm? Obwohl ich mich von seiner Brust entfernt hatte und versuchte weitestgehend eigenständig zu stehen, wurde ich den maskulinen Geruch seines Parfüms nicht los, der sich förmlich in mein Gedächtnis eingebrannt hatte. Nicht, weil es penetrant war und in der Nase stach, sondern weil es so verlockend war, dass ich noch zwei weitere Mal tief ein und wieder aus amtete, bevor ich meine Hand erhob und mir mit dessen Rücken über die Nasenspitze strich. Ich sollte aufhören, mich so aufzuführen, doch seltsamerweise hatte Itachi schon immer diese Wirkung auf mich. Bei ihm wusste ich noch weniger, was ich tun oder sagen sollte und kam mir vor wie ein 14-jähriges pubertäres Mädchen, was gerade die erste Bekanntschaft mit ihrem Harmonenhaushalt machte. Ich schluckte kurz. „Entschuldige. Ich hab wohl zu viel getrunken.“ Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Beim zehnten Shot hatte ich aufgehört zu zählen. Wie viel ich tatsächlich konsumiert hatte, konnte ich also nicht mal mit Sicherheit sagen. Aber das war auch nebensächlich, denn eigentlich hatte Itachi das nichts anzugehen. „Scheint so.“ Seine tiefe Stimme war so beruhigend, dass ich meine Gedankengänge gar nicht verfestigten konnte, um ihn innerlich zu meinem Sündenbock zu küren, denn eigentlich konnte er am allerwenigsten etwas für dieses Dilemma, indem ich gleichermaßen verstrickt war, wie Sasuke. Er hörte sich weder verärgert, noch vorwurfsvoll an. Er bewegte sich vor mir, streifte sich seinen Mantel von den trainierten Armen, schüttelte ihn kurz auf, sodass sein Duft abermals zu mir hinüber geweht kam und legte mir die pechschwarze Jacke über, in der ich beinah versank. Seine Körperwärme die der Mantel gespeichert hatte, bescherte mir direkt ein sicheres Gefühl, ein wohliges, warmes. Sodass ich fast schon automatisch mein halbes Gesicht in dem Kragen versteckte, bloß um seinen Geruch weiterhin einzuatmen. Alleine das sorgte dafür, dass sich mein Puls beruhigte und ein normales Tempo annahm. „Komm. Ich bring dich nach Hause.“ „Ich ...“ … gab es auf, ihn davon abbringen zu wollen, denn er hatte bereits seine Hand auf meiner Schulter platziert und dirigierte mich den Bürgersteig entlang, der für mich noch immer eine Rutschgefahr darstellte. Unbewusst suchte ich seine Nähe, lief aber neben ihm her, ohne ihn auch nur ein einziges Mal zu berühren. Und doch fühlte ich mich in diesem Moment so behütet, wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Eine Gemeinsamkeit, die die Brüder sehr wohl aufwiesen, war ihre Schweigsamkeit. Keiner von beiden war ein Mann der großen Worte und doch unterschied sich die Stille dieser kalten, eisigen Nacht zwischen uns, von der, die oft zwischen mir und Sasuke herrschte. Denn trotzt den Minusgrade, fühlte sich diese Stille angenehm an, nicht gezwungen oder herbeigeführt, durch eine Diskussion. Es war eine erträgliche, entspannte Ruhe. Die ich bereits vor meiner Haustür vermisste, als Itachi mir aufgeschlossen hatte und mich mit einem simplen Guten Nacht zurück ließ. Ich sah ihm noch einen Moment hinterher, wie er in der weißen Nacht verschwand, bevor ich den Schlüssel aus dem Schlüsselloch zog und eintrat. Um mir Peinlichkeiten zu ersparen, hatte er nach dem Schlüssel verlangt und mir aufgeschlossen. Ich hätte nur weitere Kratzer in das Schloss gearbeitet, bei dem Versuch das Loch zu finden. Ich fragte mich, ob er bereits von Sasuke wusste, oder weshalb er mich nicht danach fragte. Ob er wusste, dass ihm der Druck unter dem er litt, über den Kopf gestiegen war und er deshalb andere Wege suchte, um den Normen seiner Familie zu entfliehen. Um sich die Realität erträglich zu machen. Um den Vergleichen zu entrinnen, die seine Eltern immerzu aufstellten. Denn letztlich, stand er ja doch nur im Schatten seines älteren Bruders. Ob das für mich kein Grund war, ihn zu hassen? Weil er offenbar der Grund für Sasukes Leid war. Nein. Wie könnte ich das nur, war er es doch gewesen, der mich sicher nach Hause geleitet hatte. Doch davon einmal abgesehen, konnte auch Itachi nichts für seine fanatischen Eltern, die immerzu das Beste aus ihren Söhnen hinaus kitzelten, auf eine furchtbar unfaire Art und Weise. Er schaffte es, mit diesem Druck umzugehen, händelte ihn und ließ sich gewiss nicht unterkriegen. Aber Sasuke, Sasuke zerbrach daran. Und wir gleich mit. Mein Herz fühlte sich genauso schwer an, wie mein Kopf, der sich vor lauter Gedanken überschlug. So wie ich niemals genug für ihn sein würde, würde er niemals gut genug für seine Eltern sein. Ein Teufelskreis, in dem wir uns immerzu drehten. Ich versagte bei dem Versuch mir die Turnschuhe von den Füßen zu streifen und entschied mich, mich hinzusetzen, um die Schnürsenkel zu öffnen, hinauszuschlüpfen und die Schuhe genau so liegen zu lassen, wie sie aufgekommen waren. Doch noch bevor ich mich von meinen durchnässten Schuhen abwenden konnte, hörte ich die herrische Stimme meiner Mutter in meinem Kopf. Verdammt nochmal Sakura, stell die Schuhe richtig hin! Stell dir vor du fällst drüber und brichst dir das Genick ... – ja, genau so etwas hätte sie bestimmt aus der Küche hinaus geschrien, während sie am Kochen war und somit überhaupt nicht beurteilen konnte, ob und wie ich meine Schuhe aufstellte, würde ich noch Zuhause wohnen. Mittlerweile hatte ich aber meine eigenen vier Wände bezogen und war recht froh darum. Niemand brauchte eine kreischende Mutter, die einem die Migräne wünschte und einen Pantoffelhelden, der brav am Esstisch saß, nickte und so tat als würde er zuhören, hinter seiner Tageszeitung aber in Wahrheit das Gesicht verzog, während sie wieder den Moralapostel spielte. Ich musste lächeln. Ich liebte meine Eltern. Wirklich. Vielleicht kniete ich mich auch deshalb nochmal zu meinen Schuhen hinunter, nachdem ich mich mühevoll auf die Beine gezogen hatte. Ich hielt mich an der Wand im Flur fest, um die Turnschuhe richtig und akkurat hinzustellen, so, wie es meine Mutter stets von mir verlangte. ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ ☆ ★ ☆ ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ Den nächsten Tag startete ich mit – wie sollte es anders sein – Kopfschmerzen und Übelkeit. Aber wie hieß es so schön, wer saufen konnte, der konnte auch arbeiten. Zumindest wiederholte ich diesen Satz immerzu in meinem Kopf, als ich in der Frühe mit dem Bus zur Arbeit fuhr. Leider bestärkte er mich nur halb so sehr, wie ich es mir erhoffte und der Busfahrer, der offenbar auch betrunken war, seinem Fahrstil nach zu urteilen, ließ mich keine Minute meine Augen schließen, um etwas von dem verlorengegangenen Schlaf nachzuholen. Nachdem ich mir also den halben Tag über ein Lächeln auf die Lippen gezwungen hatte, um die Patienten an der Anmeldung fröhlich und höflich zu begrüßen, konnte ich nach der Arbeit damit direkt weiter machen. Denn einer der Gründe, warum ich mich an einem Sonntagabend dermaßen abgeschossen hatte, war zweifelsohne das Familienessen im Haus der Uchihas, was am heutigen Montag stattfand und zu dem ich, wie so häufig in letzter Zeit, alleine und anstandshalber ging. Ob mit oder ohne Sasuke. Denn auch wenn seine Eltern unglaublich konservativ waren und eine unangefochtene Strenge ausstrahlten, besaßen sie ein gutes Herz. Es war schon lange kein Geheimnis mehr, dass irgendetwas mit unserer ungesunden Beziehung nicht stimmte, aber ich redete mir ein, dass ich es nur schlimmer machen würde, wenn ich absagte oder einfach nicht erschien. Womöglich würde ich es mir dann einfacher machen, von dieser Familie und ihm Abschied zu nehmen, auch wenn ich den Gedanken, diese Beziehung zu beenden, schon hunderte von Malen gefasst hatte, hatte ich ja doch nicht den Mut, es auszusprechen oder jenen Gedanken auch zu Ende zu denken. Die Verlustangst war um einiges größer, als der Wunsch, endlich glücklich zu sein. Wobei Glück nicht immer Zweisamkeit beinhaltete, manchmal war man alleine besser dran. Das sagte Ino zumindest immer, wenn sie mal wieder einen ihrer Typen in den Wind geschossen hatte. Ich wünschte, ich könnte mir von ihrer Leichtfüßigkeit und dem Selbstbewusstsein eine Scheibe abschneiden. Doch ich war nicht wie sie. Ich war nicht mutig oder bereitwillig ein paar Schritte alleine durchs Leben zu gehen und das, obwohl ich in dieser Beziehung die ganze Zeit über nichts anderes tat, als Schritte alleine, statt gemeinsam zu machen. So stand ich also am frühen Abend mit einem Strauß Blumen vor der Tür der Uchihas. Selbst die Tür wies keine Abnutzungsspuren auf, denn was Sauberkeit und Ordnung anbelangte, übertraf Mikoto selbst meine fanatische Mutter. Der Rasen war immer gemäht, die Hecke immer geschnitten, die Blumen immer am blühen. Selbst wenn man die Familie nicht kannte, die hier drin hauste, was wirklich äußerst selten der Fall war, denn die Uchihas waren durch ihre Firmen so einigen Leuten bekannt, hatte man einen bestimmten Eindruck gewonnen, sah man sich nur ihr pompöses, reinliches Haus von außen an. Ihr könnt euch vorstellen, dass das Innere sich steigerte. Sie waren ohne Zweifel das, was man als gehobene Gesellschaft betitelte und ich weiß noch ganz genau, wie aufgeregt ich war, als ich das erste Mal die Schwelle der Tür überquerte. Wie schrecklich meine Handinnenflächen geschwitzt hatten und wie viel Angst ich hatte, mich beim Essen zu verschlucken, husten zu müssen oder im schlimmsten Fall zu kleckern und die überteuerte Tischdecke zu ruinieren. Sasuke ersparte mir damals diese Unannehmlichkeit. Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, er hatte den Pott mit der Soße unabsichtlich umgestoßen, direkt auf den roten Weinfleck, den ich vorher professionell unter dem Weinglas versteckt hatte. Allerdings war ich schon immer die Ungeschicklichere von uns beiden, was mich heute wie damals zu dem Entschluss brachte, dass er die Soße verschüttet hatte, um den Ärger seiner Mutter auf sich zu nehmen. Der Anflug eines verletzlichen Lächelns zierte meine Züge, bevor ich meine Hand erhob und die Klingel betätigte, meine Hand wieder neben meinen Körper sinken ließ und bemüht war, so zu tun, als würde ich mich auf das anstehende Essen freuen. Tatsächlich würde ich es mir hinunter zwängen und spätestens zu Hause wieder hinauf würgen. Würde man mich danach fragen, würde ich wohl behaupten, dass das meine Art war, mit meinen Problemen fertig zu werden. Sie zu kompensieren und den Schmerz erträglicher zu machen. So, wie Sasuke eben eine Pille schluckte, sich eine Spritze setzte oder den dicken Qualm einatmete, um fortgetragen zu werden. Weit, weit fort. „Ah, Liebes. Pünktlich wie immer. Sind die für mich?“ Mikoto hatte mir die Tür geöffnet und lächelte mich beherzt an, wobei sie auf den Strauß Blumen deutete, der aus weißen Rosen bestand. Ja, meine Eltern hatten wirklich großartige Arbeit geleistet, in Anbetracht auf meine Erziehung zumindest. „Ja, Sasuke hat mal erwähnt, wie gerne du weiße Rosen hast.“ Ich nickte und sah auf die Blumen, die ich ihr noch im Türrahmen überreichte, bevor sie ihre Hand auf meine Schulter bettete und mich sachte an sich zog, um mich in eine überraschende Umarmung zu ziehen. Dabei streichelte sie meine Wirbelsäule sanft entlang, dass wiederum sorgte dafür, dass sich meine Augen zur Hälfte schlossen und mich die Anspannung verließ. „Er kann wirklich froh sein, ein solch anständiges Mädchen wie dich zu haben.“ Ihre Stimme war gedämpft, nicht nur, weil ihr Gesicht in meiner Schulterbeuge vergruben war. Da war etwas Anderes, vermutlich Trauer, die sie stark versuchte zu verbergen und das gelang ihr besser, als es mir jemals gelingen würde. Möglicherweise brauchte man aber auch nur Übung darin. „Mh“, antwortete ich nur und erwiderte die Umarmung kurz, bevor Mikoto sie löste und mich anstrahlte, heller noch als jede Sonne, bevor sie mich rein führte und die Türe hinter uns verschloss. Egal, wie oft ich dieses Haus betreten würde, ich würde immer wieder überwältigt werden, von dessen Schönheit. Dessen Harmonie, die in der Liebe zum Detail steckte. „Geh schon mal ins Wohnzimmer, Fugaku wartet schon auf dich.“ Ich sah ihrer Hand nach, als sie in der Küche verschwand und blickte unbehaglich in die Richtung des Wohnzimmers, aus der klassische Musik zu hören war. Allerdings in einer wesentlich angenehmeren Lautstärke, als ich sie in der vorherigen Nacht vernommen hatte. Mit zögerlichen Schritten lief ich in das Wohnzimmer, blieb allerdings im Türrahmen stehen und stellte mich dem kritischen Blick des Ältesten in diesem Haus. Immerzu schon hatte ich das Gefühl, von ihm nicht wertgeschätzt zu werden. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich verstand, dass das einfach Fugakus Art war. Seine Art, sich zu sorgen und seinen Unmut deutlich zu machen. „Guten Abend.“ Meine Stimme war leise und zurückhaltend, als ich mich wieder rührte und zwei Plätze neben ihm Platz nahm, der Platz, der mir zugewiesen worden war. Denn Vorkopf saß schon immer der Älteste, dessen Wort Gesetz in dieser Familie war. Links daneben, seine Frau, und rechts daneben sein ältestes Kind, in diesem Fall Itachi, der noch nicht da war. Gegenüber von ihm, saß Sasuke normalerweise, doch da dieser nicht auftauchen würde, nahm ich seinen Platz ein und blickte unsicher in die dunklen Augen des Familienvaters, der mich noch immer nicht begrüßt hatte. Ich begann damit meine Hände ungeduldig unter dem Tisch zu kneten, je länger er mich einfach nur anstarrte, umso nervöser wurde ich. Ich hatte schon eine leise Ahnung, auf was das hier hinauslaufen würde, denn Sasuke hatte mal erzählt, dass dieses Starren seines Vaters von seinem Beruf als Polizist herrührte. Er betitelte es immer als Todesblick, denn Fugaku visierte mit diesen bedrohlichen Augen die Kriminellen in dem Verhör an und genau so fühlte ich mich, wie bei einem Verhör, als er sich endlich dazu entschied, etwas zu sagen. „Hast du etwas von ihm gehört?“ Dabei hörte ich auf, meine Hände unter dem Tisch zu kneten und hob eine Hand, um mir einige Strähnen aus dem Gesicht zu streichen und sie stattdessen hinter mein Ohr zu legen. Ich schüttelte meinen Kopf lediglich zur Antwort, presste meine Lippen aber auch so fest aufeinander, dass kein einziger Ton sie hätte verlassen könnten. Ich besaß einen solch großen Respekt vor diesem Mann, dass ich es mich niemals getraute hätte, auch nur irgendetwas Falsches zu sagen. „Das heißt also, er kommt nicht?“ Ich schluckte. Er stellte mit Absicht eine Frage, auf die Niemand eine Antwort wusste, am allerwenigsten ich. Und gerade als ich meinen Mund öffnete und mich dazu entschied, ihm genau das zu sagen, war es wieder einmal Itachi, der mich schützte. Jener betrat den Raum und klopfte im Vorbeigehen zweimal gegen den Türrahmen, wohl um sich anzukündigen, vielleicht aber auch, um mir zu signalisieren, dass ich auf diese Frage nicht antworten brauchte. Er ging an mir vorbei und setzte sich direkt neben seinen Vater, wobei sich ein schmallippiges Lächeln auf seine Lippen legte. „Vater, sie hat genau so wenig eine Antwort darauf, wie du.“ Obwohl dieser Satz so traurig war, schien es, als wollte Itachi dieses Gefühl einfach weg lächeln. Und es gelang ihm, für diesen Moment. Nur wenige Minuten später war der Tisch mit allerlei Speisen gedeckt, die Mikoto ganz alleine gezaubert hatte. Ich beneidete sie darum. Ich würde niemals so kochen können und das hatte Sasuke am eigenen Leib gespürt, denn nicht einmal den Tomatensalat, den er so gerne aß, hatte ich auf die Reihe bekommen. Und das, obwohl Mikoto mir das Rezept sogar aufgeschrieben hatte. Ich war eine wirklich erbärmliche Freundin, denn im Haushalt versagte ich jämmerlich. Ich kaufte mir keine neuen Klamotten, weil ich sie dringend benötigte, sondern weil ich sie schlicht und ergreifend verfärbte, nicht mal Wäsche waschen ging ohne Fehler vonstatten. „Guten Appetit!“ Ich stimmte mit ein, während ich damit begann meine Gabel mit Reis und der dazugehörigen Soße zu füllen. Bereits mit Sasuke an meiner Seite, fühlte ich mich in dieser perfekten Familie deplatziert, doch jetzt noch mehr denn je. Während sich Vater und Sohn über Politik und Weltthemen unterhielten, erkundigte sich Mikoto regelmäßig, wie es allen schmeckte, um sich Lob einzuheimsen. Sie war wirklich goldig und brachte mich tatsächlich zum Schmunzeln, als sie mir erzählte, wie sie auf dieses Rezept gekommen war. Für den Augenblick störte es mich nicht, dass ich alleine mit einer mir vollkommen fremden Familie am Tisch saß, ohne meinen dazugehörigen Part, ohne meine andere Hälfte, ohne Sasuke. Das Schmunzeln verflog allerdings genau so schnell, wie es gekommen war. Dafür waren meine Gedankengänge jedoch nicht verantwortlich, sondern die Haustür, die plötzlich laut ins Schloss fiel und die Schritte, die im Flur ertönten, ohne Anstalten zu machen, das Wohnzimmer anzusteuern. Abrupt wurden alle Gespräche unterbrochen und es herrschte eine unangenehme Stille. Eine, die so schwerwiegend war, dass man das Verlangen verspürte, sie mit dem Messer teilen zu wollen. Jenes ließ ich langsam sinken, ebenso wie die Gabel und stand gegen alle Anstandsregeln mechanisch auf, verließ den Tisch, ohne aufgegessen zu haben oder mich zu entschuldigen und folgte meinem Instinkt, der mich direkt zu ihm führte. Zu Sasuke. Den ich allerdings erst auf den zweiten Blick erkannte. Die schwarze Kapuze seiner Jacke war tief in sein Gesicht gezogen, sodass sein Blick nicht einzufangen war, doch der drei-Tage-Bart sagte genug über seinen Zustand aus. Er war stehen geblieben, als er mich im Türrahmen bemerkte. Instinktiv ging ich auf ihn zu, griff nach der Kapuze und streifte sie vorsichtig über seinen Kopf zurück, um in seine glasigen Augen zu sehen, dessen Pupillen vergrößert und deutlich erweitert waren. „Sasuke … du ...“ Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Da stand dieser überaus hübsche, junge Mann, in der Blühte seines Lebens, völlig gebrochen und dermaßen zugedröhnt, dass ich ihn zaghaft berührte, aus Angst, er könnte unter meinen Fingern zerbrechen. Als meine Fingerkuppen seine unterkühlte Wange streifte, konnte ich spüren, wie er unter jener Berührung erzitterte. Doch noch bevor ich auch nur irgendetwas sagen konnte, hatte er seine Hand erhoben, um meine unsanft zur Seite zu schlagen, wobei er einfach durch mich hindurchging, mich mit seiner breiten Schulter wegdrängte und mich dabei ansah, als wäre ich der allerschlimmste Parasit auf diesem Planeten. „Geh mir aus dem Weg.“ Ich sah auf meine Hand, nach der er einfach geschlagen hatte, hob den Blick jedoch, um ihm damit zu folgen. Gerade war er im Inbegriff die Treppe des Anwesens zu besteigen, vermutlich um sich in seinem Zimmer zu verbarrikadieren. Ich wollte ihn aufhalten, wirklich, ihn am liebsten in meine Arme schließen und nie wieder los lassen, doch die Ernüchterung übertraf den kurzen Moment, in dem ich erleichtert gewesen war, dass es ihm gut ging. So gut, wie es mir eben ging. Es hatte sich nichts verändert, er hatte sich nicht verändert. Betroffen senkte ich meinen Blick abermals, der sich erneut mit Tränen füllte. Unfähig, ihm zu folgen oder auch nur irgendetwas zu sagen, was ihn aufhielt und dazu brachte, sich zu erklären, biss ich mir feste auf die Unterlippe, konnte ein kleinlautes Schluchzen nicht unterdrücken. Dabei rammten sich meine grün lackierten Fingernägel unaufhörlich in meine Handinnenfläche, während ich meine Hände zu Fäusten ballte. „Hast du nicht was vergessen?“ Sasuke verharrte augenblicklich und ich konnte spüren, wie sich ein dunkler Schatten um ihn legte, als er sich umwendete, um seinen Bruder anzusehen, der sich am Ende der Treppenstufen befand und zu ihm sprach. Auch Mikoto und Fugaku waren vom Esstisch aufgestanden und mir in den Flur gefolgt und während ich mit ansehen musste, wie Mikotos Herz in tausend kleine Teile zersprang, legte Fugaku seinen Arm um sie und zog sie näher an seine Brust, während er Sasuke mit derselben Verachtung ansah, wie jener, seinen älteren Bruder. „Was machst du denn hier?“, wollte er wissen und erwürgte Itachi mit seinen mörderischen Blick bereits. „Das ist mein Zuhause. Und auch dein's. Vielleicht solltest du dir das zur Abwechslung mal in Erinnerung rufen. Oder ist die Versuchung so groß, davor zu flüchten?“ Seinen Worten nach zu urteilen, wusste Itachi schon längst von Sasukes Drogenproblem. Es schmerzte, den beiden dabei zuzuhören, wie sie sich förmlich angifteten. Aber niemand mischte sich ein und so spitzte sich die Situation immer weiter zu. „Zuhause?“ Sasuke lachte überspitzt und so arrogant, als würde er mit Naruto wetteifern. Bloß, dass das kein Konkurrenzkampf dieser Art und Itachi nicht sein bester Freund war, sondern sein älterer Bruder, der sich wie alle Beteiligten um ihn sorgte. „Das ist nicht mein Zuhause. Ich wohne hier bloß.“ Ich konnte Mikoto weinen hören, leise und in das Oberteil ihres Mannes hinein. Hörten die anderen beiden es denn nicht? Mein Blick war auf Itachis Rücken gerichtet und ich betete, dass er dieses grausame Szenario endlich beendete. Das er ihn endlich zurück auf den Boden der Tatsachen führte, zurück, auf den richtigen Weg. „Du jämmerlicher Dummkopf.“ Itachi klang mindestens genau so überheblich, wie sein jüngerer Bruder zuvor und während er eine Treppenstufe nach der anderen erklimmte, pochte mein Herz mit jeden Schlag lauter, mittlerweile hatten sich meine Fingernägel in meine Haut gebohrt und Spuren von ihnen davongetragen. „Hör endlich auf andere für dein Leben verantwortlich zu machen. Werde verdammt nochmal erwachsen!“ Nun stand der Ältere seinem Bruder direkt gegenüber, doch die einzige Antwort, die Sasuke bereit hielt, war seine Hand, die zu einer zitternden Faust geballt wurde. Noch bevor er zum Schlag ausholen konnte, war ich vorangeschritten, um das zu verhindern, was sich vor meinem inneren Auge bereits abspielte. Mein Körper setzte sich eher von selbst in Bewegung, hechtete die Treppe hinauf, umfasste Itachis Unterarm und zog jenen ruckartig ein Stück zurück, nur damit ich mich zwischen die beiden Brüder drängen konnte und Sasukes Wut abfing. Die einzig und alleine mir galt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)