Kono Sekai Wo Koete von Sunrisepainter (Tomodachi) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Vorurteile – Das war das einzige woran ich dachte, während ich aus den Augenwinkeln die beiden Mädchen beobachtete. Sie blickten mich an, flüsterten sich gegenseitig ins Ohr und kicherten dann albern. Es war unübersehbar, dass sie sich über mich lustig machten. Wahrscheinlich über meine Kleidung und darüber, dass ich in einem Abenteuerroman versunken war. Sie redeten bestimmt darüber wie überaus seltsam sie mich fanden und hielten mich für einen Freak. Nur weil ich nicht wie jedes x-beliebige japanische Mädchen herumlief. Nun, sie kannten mich nicht. Was bedeutete sie hatten Vorurteile mir gegenüber. Aber mich sollte es nicht jucken, denn schließlich hatte ich auch Vorurteile ihnen gegenüber. Ich hielt sie für zwei alberne Gänse, denen es nur um ihr Aussehen und ihren Ruf ging. Also war es doch ganz normal Vorurteile zu haben. Ganz egal wer man war, denn es war nun mal eine Eigenschaft des Menschen, die er schlecht abstellen konnte. Es soll ja Menschen geben, die behaupten sie würden Menschen in ihrer Umgebung nicht in Schubladen stecken. Ich glaube, dass sie lügen. Oder ich bewundere sie, dass sie wirklich nicht so denken. Da hockte ich nun also auf der Parkbank und hatte den gleichen Satz schon dreimal gelesen, weil ich zu viel über Lügen, Vorurteile und alberne Gänse nachdachte. Seufzend schlug ich das Buch zu und warf den Cola-Becher, den ich schon mindestens seit zehn Minuten in der Hand hielt, in den Papierkorb. Juhu, ich hatte mal wieder dafür gesorgt, dass Tokios Straßen sauberer wurden! Ein Hoch auf Chinatsu, die es sogar schafft ihren Müll weg zu schmeißen! Langsam machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ab und zu blickte ich durch die Schaufenster der kleinen Läden an denen ich vorbei ging. Viel sehen konnte man nicht, weil meistens schon Leute davorstanden. Aber so ist das nun mal in einer großen Stadt: Die Straßen sind überfüllt und voller Smog. Nicht, dass ich mich beschweren möchte, denn mir blieb sowieso nichts anderes übrig als weiter in dieser Stadt zu leben. Ich ging noch zur Schule und hatte die Wohnung meiner Mutter übernommen, die leider vor kurzem verstorben war. Eine traurige Geschichte über die ich nicht gerne ein Wort verliere. Seit ich nun also alleine lebte, kam mir jeder Tag wie eine Qual vor. Ich hatte niemanden zum Reden, denn Freunde hatte ich auch nicht. Ob es nun daran lag, dass ich anderen Mensch seltsam vor kam oder daran, dass ich es immer wieder schaffte Menschen zu vergraulen, wusste ich nicht. Fakt war nun mal, dass ich ganz alleine lebte. Yoshigawa Chinatsu – das Waisenkind. Meinen Vater kannte ich nicht mal, meine Mutter hatte mir weder von ihm erzählt noch gab es Fotos, Briefe oder ähnliches von ihm. Es kam mir manchmal so vor, als würde er gar nicht existieren. Als hätte man ihn einfach aus meiner Erinnerung gestrichen. Mein Nachname war im Übrigen auch der meiner Mutter, was bedeutete ich hatte keine Ahnung wie mein Vater hieß. Also habe ich beschlossen, von nun an eine Waise zu sein. Aber zu diesem Zeitpunkt interessierte es mich auch nicht die Bohne. Viel schlimmer war die Tatsache, dass es mindestens 40°C im Schatten waren und ich noch die ganzen Treppenstufen bis zu meiner Wohnung hochsteigen musste. Als ich nach geschlagenen zehn Minuten oben ankam war ich fix und fertig. Fast hätte ich es nicht geschafft meine Tür aufzuschließen, sondern wäre einfach auf der Fußmatte liegen geblieben. Aber da das natürlich ein bisschen komisch ausgesehen hätte, schleppte ich mich noch in meine kleine Wohnung und schmiss erschöpft auf meine Couch. Zum Glück war mein Apartment klimatisiert. Ein Hoch auf den Fortschritt! »Endlich Wochenende«, murmelte ich zufrieden und vergrub mein Gesicht in einem Kissen. Wie auch viele andere Leute in meinem Alter, fand ich die Schule extrem nervig. Viele Gedanken über meine Zukunft hatte ich mir allerdings noch nie so wirklich gedacht. Zurzeit arbeite ich als Nebenjob in einem Teeladen, doch so richtig gefallen tat mir die Arbeit wirklich nicht. Aber ich brauchte das Geld, denn das Vermögen meiner Mutter hatte sich sehr in Grenzen gehalten und sonst gab es niemanden, der für mich zahlte. Da fiel mir plötzlich ein, dass ich noch meine Küche saubermachen musste. Das tat ich ganz selten, denn ich war von Natur aus ein eher chaotischer Mensch. Mühsam rappelte mich auf und schlurfte in die kleine Küche. Erstmal kochte ich mir einen Tee, dann machte ich mich seufzend daran Geschirr abzuspülen. Nun mal wieder ein ganz normaler, langweiliger Tag in meinen tollen Leben! Merkt man's? Ich bin ein reiner Sarkast. Das ist meiner Mutter schon fürchterlich auf die Nerven gegangen, aber ich konnte es nun mal nicht abstellen. Vielleicht war das ein weiterer Grund, warum sich niemand mit mir abgab. Missmutig starrte ich auf das Gemälde, welches an einer Wand im Wohnzimmer hang. Ich konnte es nicht ausstehen, doch meine Mutter hatte es über alles geliebt, deshalb ließ ich es hängen. Es zeigte nichts Besonderes. Bloß die Aussicht auf ein Fantasiedorf, das denen der alten japanischen Kultur ähnlichsah. Doch die Menschen trugen allesamt seltsame Kleidungen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Im alten Japan hatte man so etwas sicher nicht angehabt. Warum ich es nicht leiden konnte, wusste ich selber nicht. Wahrscheinlich, weil es irgendwie düster wirkte. Die Farben, die Ausdrücke der Menschen, die Landschaft – fröhlich wirkte das wirklich nicht. Wenn ich gewusst hätte, dass ich dank diesem Bild in eine Menge Schwierigkeiten geraten würde, hätte ich es sicher aus dem Fenster geworfen. Aber ich konnte nun mal nicht Hellsehen und deswegen fiel ich abends ahnungslos und müde ins Bett. Kapitel 1: KAPITEL 1: Pinky und Vollpfosten ------------------------------------------- Als ich erwachte, war das erste was ich hörte das Singen der Vögel. An sich nichts Ungewöhnliches, wenn es nur nicht so verdammt nahe geklungen hätte. Normalerweise wurde in Tokyo das Singen der Vögel durch den Verkehrslärm übertönt, aber diesmal war es still. Keine Autos, keine Hupen, keine Bauarbeiten, kein Mucks. Das war das erste, was mir auffiel. Das zweite war der Geruch. In meinem Appartement roch es meistens nach dem Essen, was ich am Tag zuvor gekocht hatte. Doch dieser Geruch war anders. Es duftete wie in unserem Park und das im Frühling. Nach frischen Gras, Blumen und ebenso wie die Natur riechen sollte. Etwas beunruhigt öffnete ich langsam meine Augen – und hätte sie am liebsten wieder geschlossen! Dies war sicher nicht der Ort, an dem ich am Abend zuvor eingeschlafen war. Schnell rappelte ich mich auf und schaute mich verwirrt nach allen Seiten um. Bäume! Um mich herum waren nur Bäume. Große Bäume. Ich hatte mitten auf einer Lichtung in einem Wald gelegen. „Wa- Wie-?“, stammelte ich, obwohl niemand anderes zu sehen war. Mir kamen so viele Fragen in den Sinn, aber die wichtigsten von allen war wohl: „Wie bin ich hierhergekommen und wo bin ich überhaupt?“ Nachdenklich kratze ich mir am Kopf und versuchte irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, wo ich war. War ich vielleicht Schlaf gewandelt? Aber dann musste ich mich doch wenigstens noch irgendwo in Tokyo befinden. Bekannt kam mir diese Gegend überhaupt nicht vor. So hohe Bäume hatte ich in meiner Heimatstadt noch nie gesehen. Und das bedeutete, dass ich irgendwo anders sein musste. Vielleicht irgendwo auf dem Lande. Um das herauszufinden, musste ich mich erstmal genauer umsehen. Also lief ich vorsichtig und mich nach allen Seiten umsehend los. Wer wusste schon was mich hier alles erwartete. Die Tatsache, dass die fiesen Äste meine Arme und Beine zerkratzen, weil ich noch meine Schlafsachen trug (eine hellblaue, kurze Hose und das dazu passende Oberteil), kam mir nicht so tragisch vor wie die, dass es nach ca. zehn Minuten Fußmarsch immer noch kein Anzeichen von menschlichen Leben gab. Keine Schilder. Kein Weg. Nada. Niente. Bravo! Mein Leben war offiziell am Ende. Bald würde es auch in den Nachrichten kommen: Der Freak der sich abseits der Zivilisation vor Verzweiflung von einer Klippe gestürzt hat! Die große Schlagzeile! Blöd nur, dass es hier weit und breit keine Klippe gab von der man sich hätte stürzen können. Noch nicht mal einen See. Dabei wäre ertränken meine zweite Wahl gewesen. Nach weiteren zwanzig Minuten schnaubte ich deprimiert auf und ließ mich dann einfach auf meinen Hintern fallen. So etwas konnte auch nur mir passieren! Aber ich war ja auch selber schuld. Wie oft hatte ich mir schon gewünscht genau wie die Helden in meinen Lieblingsbüchern ein Abenteuer erleben? Da hatte ich den Salat! Und nicht mal das, denn dann hätte mein Magen sicher nicht solche Sperenzchen gemacht. Nicht mal eine einzige Beere hatte ich auf meinem Weg finden können. »So Chinatsu, jetzt ist es amtlich: Du bist und bleibst der größte Unglücksrabe auf dem ganzen Planeten und übers Universum hinaus«, bemitleidete ich mich selbst. Das war eigentlich schon immer so gewesen. Immer traf es mich. Wer war der einzige Mensch, der morgens ohne Regenschirm aus dem Haus ging – obwohl es nach Regen aussah – und als begossener Pudel wieder zurückkam? Ich! Wer wurde kalt von einer Mathearbeit erwischt, weil er mal wieder nicht aufgepasst hatte? Ich! Okay, zugegeben meistens war es meine eigene Schuld. Das muss ich zugeben, aber diesmal konnte ich ja wirklich nichts dafür. Und wenn ja, dann sicher unbewusst, aber leider konnte ich mich an rein gar nichts mehr erinnern. Hey, waren da nicht Stimmen zu hören? Erschrocken sprang ich auf meine Füße und lauschte. Wenn man versuchte das Rauschen des Windes und das Singen der Vögel auszublenden, dann konnte man ganz weit Stimmen hören. Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus und lief dann in die Richtung, in der ich die Stimmen vermutete. Während des Laufens formte ich meine Hände zu einem Trichter und brüllte aus voller Kehle: »Hallo?« Als mir niemand antwortete, beschleunigte ich noch etwas und rief dann noch einmal. Immer noch keine Reaktion. Schließlich blieb ich stehen und horchte nochmal. Die Stimmen waren verschwunden. Hatte ich sie mir nur eingebildet? Vielleicht war es wirklich nur der Wind gewesen. »Hallo, wer bist du?« Erschrocken stieß ich einen spitzen Schrei aus und stolperte einige Schritte rückwärts. Über mir waren gerade zwei Personen überraschend aus einer Baumkrone gesprungen. Mit großen Augen starrte ich sie an. Ich hatte nicht damit gerechnet noch jemanden in diesem Wald zu finden, und dass sie dann noch aus Bäumen springen hatte ich erst recht nicht erwartet. Die beiden schienen nicht älter zu sein als ich selbst. Ein Junge und ein Mädchen. Was mir zuerst auffiel war, dass das Mädchen pinke Haare hatte. Bestimmt gefärbt. Etwas gewöhnungsbedürftig. Ihr Blick war neugierig, aber auch gleichzeitig etwas misstrauisch. Ganz im Gegensatz zu dem des blonden Jungen. Er grinste mich breit an und wartetet wohl darauf, dass ich ihm antwortete. »Ähm...«, stammelte ich, »warum wollt ihr das wissen?« Ich konnte nicht verhindern, dass ich misstrauisch war. Obwohl die beiden nicht gerade den Eindruck machten als seien sie gefährlich (ganz im Gegenteil!), aber trotzdem war ich auf der Hut. »Sei doch nicht gleich so unfreundlich«, schnappte Pinky. Ha, jetzt hatte ich gleich einen tollen Spitznamen für sie gefunden! Brauchte ich nur noch einen für den Jungen. »Hallo, ihr seid zwei Kinder, die alleine durch einen unheimlichen Wald latschen. Da würden nicht mal Erwachsene bringen! Also müsst ihr entweder ziemlich dämlich sein oder kriminell«, plapperte ich drauf los ohne nachzudenken. »Hä, aber du läufst doch hier auch alleine herum, also musst du auch dämlich sein«, der Junge legte nachdenklich seinen Kopf schief. »Genau, du Oberzicke. Was machst du hier eigentlich?«, blitze Pinky mich an. Ich kannte die beiden gerade mal eine Minute und schon gingen sie mir auf die Nerven. »Hast du doch gesehen: Herumlaufen und rufen!«, gab ich patzig zurück. »Echt jetzt?«, Blondie starrte mich mit großen Augen an. „Blondie“? Ne, bloß nicht! „Vollpfosten“, trifft es wohl eher. »Nein, das meinte sie ironisch, du Idiot!«, knurrte Pinky und haute ihm eine runter. »Also, dann will ich eure Konversation mal nicht weiter stören«, sagte ich und ging davon. Bist du blöd, Chinatsu! Erst suchst du verzweifelt nach Menschen und wenn du sie dann gefunden hast, gehst du einfach weg, obwohl sie die einzigen wären, die dich aus diesem Dschungel lotsen könnten. »Hey bleib gefälligst hier!«, rief Vollpfosten und eilte mir hinterher. Seinen Kopf zierte nun eine dicke Beule. »Wer bist du? Woher kommst du? Du kannst doch nicht einfach alleine durch den Wald gehen. Das ist viel zu gefährlich und du siehst nicht gerade so aus, als ob du kämpfen könntest«, plapperte er, während er neben mir herging. »Ach ja?«, fauchte ich, »wie meinst du das?« »Na ja, du siehst eher aus wie ein schwaches, hilfloses Mädchen«, schwatzte er ungerührt weiter. Meine Augen begannen vor Wut zu blitzen. Der hatte sie doch nicht mehr alle! Junge, du schwebst gerade in Lebensgefahr! Das schien auch Pinky zu merken und packte ihm am Hemdkragen: »Sehr charmant, Naruto. Lass das mal lieber jemanden machen, der was von Mädchen versteht«, damit stieß sie ihn beiseite und grinste mich breit an. Oha, hatte sie gerade ihre Persönlichkeit verändert!! War Pinky etwa schizophren? »Lasst mich doch einfach beide in Ruhe, ja?«, knurrte ich. »Okay, aber erst wenn du mir gesagt hast, wo du hinwillst.« Düster starrte ich sie an: »Nirgendwo.« »Interessant und wo liegt das?«, ihr Lächeln blieb unverändert. Lieber Gott, töte mich! Auf der Stelle! Schweigend stolperte ich weiter durch den Wald, die beiden dicht hinter mir. »Also ich bin Sakura und das ist Naruto«, erklärte sie mir. »Na super, interessiert mich nicht«, brummte ich. »Wir beide sind Ninja aus Konoha und haben gerade eine Trainingseinheit hinter uns. Sollen wir dich mit in unsere Stadt nehmen, wenn du nicht weißt, wo du hinwillst?«, redete sie weiter, als hätte sie mich nicht gehört. Ich seufzte und blieb dann stehen: »Hör zu, Pinky. Ich weiß nicht, was ich hier soll und wo ich überhaupt bin. Ich habe schon Probleme genug, da brauch ich nicht auch noch zwei Nervensägen, die mich tyrannisieren.« »Nicht, wo du bist? Wie bist du dann hierhergekommen?«, Vollpfosten runzelte seine Stirn und sah damit auch nicht viel intelligenter aus. »Wenn ich das wüsste, dann würde ich ja auch wissen, wie ich wieder zurückkomme, oder?«, meinte ich spöttisch. »In deiner Situation würde ich mal etwas freundlicher zu uns sein«, meldete sich Pinky wieder zu Wort. Ich schwieg lieber zu diesem Thema, aber im Geheimen musste ich ihr Recht geben. »Am besten gehen wir zu Tsunade. Sie wird bestimmt wissen, was zu tun ist«, schlug sie dann vor und Vollpfosten nickte brav. »Ja Sakura, du hast immer so brillante Ideen«, mit verliebten Augen starrte er sie an. Auch das noch! »Wohin?«, fragte ich und sah die beiden an als seien sie jetzt komplett durchgedreht. »Sag bloß du hast auch keine Ahnung, wer Tsunade ist?«, seufzte Pinky. »Stell dir vor: nein!«, meinte ich bissig. »Schon mal was von den Hokagen gehört?« »Kann man das Essen?« Sakura stöhnte laut auf und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, als ob ich die unwissende Person war, die ihr je über den Weg gelaufen ist. »Die ist aber blöd«, kommentierte Vollpfosten. »Musst du gerade sagen«, gab ich zurück. Pinky ignorierte das gekonnt (wahrscheinlich war sie schon gewohnt, dass man ihren Freund dämlich nannte) und schien es als Einladung zu sehen mir lang und breit zu erklären, was ein Hokage war. Als sich dann auch noch herausstellte, dass ich nicht wusste, was es mit diesen komischen Bändern auf sich hatte, die beide um den Kopf trugen und die – wie ich dann dieser Stelle mal vermerken darf – ziemlich albern aussahen, begann sie mir auch noch ihre halbe Lebensgeschichte zu erzählen, während sie mich durch den Wald führten. Lieber Gott, ...töte...mich ...auf...der...Stelle!!!! Die beiden gaben also vor zwei waschechte Ninja zu sein. Interessant. Und ich befand mich in der Nähe ihres Heimatdorfes, dass von einer weiblichen Hokagen namens Tsunade geführt wurde, zu der mich die beiden nun brachten. Langsam dämmerte es mir, dass ich viel weiter von Tokio entfernt war, als ich gedacht hatte. Das hier war nicht, dass Japan wie ich es kannte. Es gab keine Handys, keine Computer, keine Autos. Alles wirkte wie im Mittelalter und es machte mir schreckliche Angst. »Stimmt was nicht? Du bist auf einmal so blass«, Sakura legte den Kopf schief und blickte mich nachdenklich an. »Ach nichts«, murmelte ich bloß mit gesenktem Kopf. »Gleich sind wir da!«, Naruto lief vor uns und hatte unseren kurzen Wortwechsel anscheinend nicht mitbekommen. Oder er hatte nichts davon verstanden. Er war ja auch ein Vollpfosten! Er behielt allerdings mal Recht. Schon nach wenigen Minuten erreichten wir gewaltiges Tor. Und wenn ich sage „gewaltig“, dann meine ich „megagigantischriesengroß“. Mit einer kurzen Handbewegung grüßten die beiden Ninja die Wachen, die in einem kleinen Häuschen saßen und bis eben langweilig in die Gegend geguckt hatten. Jetzt musterten sie mich misstrauisch und sahen einander fragend an. Sakura bemerkte ihre Blicke und setzte ein liebliches Lächeln auf: »Keine Sorge, sie gehört zu uns. Sie ist nicht gefährlich. Einfach nur ein normales Mädchen.« Ich? Normal? Ha, da lag sie aber mal so etwas von daneben! Aber ich lächelte und nickte nur brav. Etwas anderes hätte vielleicht doch wieder Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Einer der beiden Wachen (er war groß wie ein Bär), zog die Stirn in Falten: »Wieso hat sie so seltsame Kleidung an?« Ich blickte an mir hinunter und wurde augenblicklich rot. Panisch kramte ich in meinem Kopf nach einer Ausrede. »Sie kommt aus der Wüste. Genauer gesagt lebt sie zusammen mit ihrem Stamm am Rand ganz im Osten. Dort ist es üblich solche Sachen zu tragen«, Pinky log ohne mit der Wimper zu zucken. »Ist das wahr?«, wandte sich nun die andere Wache an mich. Ich nickte. »Na, dann viel Spaß in Konoha, kleines Fräulein, dir wird es hier sicher gefallen«, der erste zwinkerte mir zu und wir gingen weiter. Sobald wir außer Sichtweite waren, verdrehte ich die Augen und fing an zu schimpfen: »Bescheuerter Idiot! Kleines Fräulein, dass ich nicht lache! So klein bin ich doch gar nicht und ein Fräulein schon gar nicht!« Sakura begann zu grinsen: »Mensch, du hast ja echt mal Temperament.« Ich zuckte bloß mit den Schultern, aber ein bisschen geschmeichelt fühlte ich mich doch schon. »Also ich halte sie ja ehrlich für ziemlich verrückt«, erklärte Naruto und verschränkte die Arme hinterm Kopf. »Vollpfosten!«, knurrte ich wütend, aber so richtig beeindrucken schien ihn das nicht, denn er lachte nur. Trottel! Äh, Vollpfosten! »Kannst du vielleicht mal aufhören uns so zu nennen? Das nervt langsam«, schüttelte Sakura den Kopf. »Nö.«, erklärte ich stur. Dann wäre ja der ganze Spaß weg, obwohl ich in meiner Situation wohl kaum Spaß haben konnte. Pinky seufzte bloß und dann schlich sich ein Grinsen auf ihr Gesicht: »Hey, dann wär‘s ja nur fair, wenn wir dir auch so einen tollen Spitznamen verpassen dürfen.« Ich presste die Lippen zusammen. Übertrieben nachdenklich legte sie sich einen Finger ans Kinn und musterte mich eingehend. Ich erwiderte ihren Blick kühl. »Ich hab‘s!«, sie schnippte mit den Fingern und grinste wieder breit. Oh, oh, ich ahnte schlimmes! »Brillenschlange!«, kicherte sie. Ich zog eine Augenbraue hoch und lächelte dann überheblich: »Ist das dein ernst? So etwas Einfallsloses?« Ich musste mich zusammenreißen sie nicht auszumachen. Armes einfältiges Ding! »Dich ärgert das nicht?«, sie machte ein enttäuschtes Gesicht. »Nope, bin schon oft so genannt worden«, erklärte ich knapp. Ich hatte keine Lust weiter darüber zu diskutieren und lief deshalb etwas schneller. Ich konnte Naruto hinter mir etwas flüstern hören, doch nicht genau was. Ungewollt ballte ich meine Hände zu Fäusten. Wahrscheinlich lästerten er und Pinky auch über mich. Die beiden waren kein Stück besser als die Jugendlichen in Tokio. »Du«, Naruto zog mich am Ärmel. »Was ist jetzt schon wieder?«, fauchte ich (An jemanden muss ich meine Aggressionen doch auslassen, oder?). »Was heißt eigentlich dieses „Nope“, was du eben gesagt hast? Ist das eine andere Sprache?« Ich sah ihn einen Moment an wie einen Geist, dann blinzelte ich ein Paar mal und gewann meine Fassung zurück: »Ja und zwar eine, die du nie verstehen wirst.« »Irgendwie habe ich dieses seltsame Gefühl, dass du dich über uns lustig machst!«, bemerkte Sakura spitz. Ha, noch so ein Sarkast! »Ist nun mal so meine Art«, ich zuckte nur mit den Schultern, »ihr wärt nicht die ersten, die das abschreckt.« »Heißt das, dass du keine Freunde hast?« Pinky schien ja wirklich viel Gehirn hinter ihrer hohen Stirn zu haben. Leider hatte sie da bei mir einen wunden Punkt getroffen. »Brauch ich nicht. Ich komme auch alleine klar«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »Freunde, die hinter meinem Rücken über mich lästern sind zum Kotzen!« Pinky und Vollpfosten warfen mit mitleidige Blicke zu. Pff, als ob ich so armselig wäre, nur weil ich keine Freunde hatte! Als nächstes würden sie mir noch mit Regenbogengesichtern vorschlagen, dass sie ja meine Freunde sein konnten. »Wenn du meinst«, sagte Sakura dann zu meiner Verblüffung nur. Damit schien das Thema für sie beendet zu sein. Die beiden führten mich in das größte Gebäude der Stadt? Des Dorfes? Was sollte das hier eigentlich sein? Sachte klopfte Sakura gegen eine Tür und ich verschränkte bloß meine Arme. Egal wer mir jetzt gegenüberstehen würde, ich würde meinen Stolz bewahren! »Herein«, meinte eine Frauenstimme. Sehr vertrauenerweckend klang sie nicht, aber trotzdem öffnete Sakura die Tür. Als ich keine Anstalten machte ihr zu folgen, verdrehte sie die Augen, packte sie mich am Oberarm und zog mich unsanft hinter sich her. »Au, du-!« »Sakura, was machst du denn hier? Hast du einen Termin?«, wurden meine Fluchen harsch unterbrochen. Sofort verstummte ich und folgte Pinky‘s Blick durch den Raum. Auf der gegenüberliegenden Seite, saß eine Frau mit langen blonden Haaren hinter einem massiven Schreibtisch und blickte ihre Besucher verwundert an. Wenn ihr mich fragt, hatte sie irgendetwas an sich, was mich einmal trocken Schlucken ließ. Diese Würde mit der sie in ihrem Sessel saß und uns anschaute, machte sie zu einer Respektsperson. »Seit wann muss ich einen Termin machen, um dich sprechen zu dürfen Oma Tsunade?«, quäkte Vollpfosten hinter uns. Von Respekt schien er wirklich noch nicht viel gehört zu haben, doch die Frau schien ihm das nicht Krumm zu nehmen: »Eigentlich noch nie, aber auch ein Hokage braucht mal seine Ruhe «, brummte sie. Sakura machte eine kurze Verbeugung: »Entschuldigung, Tsunade- sama, aber es ist wichtig. Das hier ist Yoshigawa Chinatsu (Applaus! Pinky hat sich meinen Namen gemerkt!). Wir sind ihr heute im Wald begegnet. Sie erzählte uns sie hätte sich verlaufen und wüsste nicht wie sie wieder zurück in ihre Heimat kommen soll.« »Und wo kommt sie her?« Hallo? Ich bin vielleicht noch im Raum! Kann man mich nicht direkt fragen? Sakura zuckte mit den Schultern und warf mir einen fragenden Blick zu. Auch die Frau, deren Namen ich bereits wieder vergessen hatte - war es was mit Marmelade? - warf mir einen forschenden Blick zu. »Also...ich...äh«, stammelte ich und tippte meine Fingerspitzen aneinander. Was sollte ich jetzt sagen? »Ja?«, erwartungsvoll zog die Hokage eine Augenbraue hoch. »Wenn ich die Wahrheit sage, versprechen Sie mir nicht zu lachen? «, ich weiß das die Frage bescheuert klang, aber was hättet ihr an meiner Stelle getan? » Ich wüsste keinen Grund, warum ich lachen sollte!« Tolle Begründung, Marmelade! Echt toll! Trotzdem atmete ich einmal tief durch und begann dann meine Situation zu schildern: »Eigentlich komme ich aus Tokio in einem kleinen Apartment. Als ich gestern Abend eingeschlafen bin war noch alles okay, aber heute Morgen als ich wieder aufwachte, war ich plötzlich hier. Ich habe keine Ahnung wie ich hierhergekommen bin. Bis mich Vollpfosten und Pinky gefunden haben, bin ich nur planlos durch die Wildnis gelaufen.« Die beiden genannten schauten mich bitterböse an und ich grinste nur breit. »Hör auf uns zu beleidigen!«, knurrte Sakura und ballte ihre Hand zu einer Faust. »Ja, genau nenne mich nicht nochmal Pinky, sonst setzt es was!«, drohte Naruto. Sakura lief blau an. »Sie hat recht! Du bist echt ein völliger Vollpfosten!«, keifte sie und haute ihm eine runter, sodass Naruto zu Boden glitt. »Ach so ist das!«, murmelte er benommen und mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht. Langsam gingen mir die beiden echt auf den Keks: »Mensch, gibt man bei euch immer gleich den anderen eins auf die Nudel?« »Nudelsuppe...jaaaah. Hunger!«, stöhnte Vollpfosten, der nun mit einem fetten blauen Auge gekennzeichnet war. »Jetzt ist aber Schluss mit diesem Kindertheater«, meinte Marmelade und blickte uns einem nach dem anderen tadelnd an. Ungewollt zog ich meinen Kopf etwas zwischen die Schultern. »Du willst also behaupten, du hast keine Ahnung, wo du bist und was du hier sollst«, sie schien mir kein Wort zu glauben. Ich nickte stumm. Sie zog die Stirn kraus, musterte einen Füllhalter und begann dann plötzlich in ihrer Schublade zu kramen. Wir anderen drei sahen ihr irritiert dabei zu. »Sie muss doch hier irgendwo sein «, murmelte die Blonde. Wir warteten geduldig bis sie endlich gefunden haben schien, wonach sie gesucht hatte. »Eine Landkarte? «, fragte Sakura überrascht, als Marmelade das große Pergament entrollt hatte. Pinky bekam keine Antwort, denn die Hokage studierte eingehend die einzelnen Städte und Dörfer auf der Karte. Ich konnte erkennen, dass diese Weltkarte ganz anders aussah als die unsere, und mir kamen zwei völlig schräge Gedanken: Entweder war ich auf einem fremden Planeten oder in der Vergangenheit gelandet. Vielleicht war das hier auch nur eine dieser Fernsehshows. Flüchtig sah ich mich im Raum nach versteckten Kameras um, doch konnte bei weitem keine entdecken. Es war also kein Streich. »Hm, also ich kann dein Tokio hier nicht finden und du sagst auch wirklich die Wahrheit?«, diese Frau war das Misstrauen in Person. Ich seufzte und ließ den Kopf hängen. Langsam wurde das Ganze noch komplizierter. »Ja, ich schwöre bei meinem Leben und alles was mir gehört, dass ich nicht lüge«, erklärte ich verzweifelt und sah ihr fest in die Augen. Einen Moment erwiderte sie meinen Blick und konnte anscheinend keine Lüge erkennen. Sie ließ die Karte wieder zusammenrollen und massierte sich dann die Schläfen. »Also gut, ich glaube dir ja, aber du musst mir versprechen, dass du Konoha nicht mehr verlässt bis wir herausgefunden haben, wer du bist und woher du kommst.« Ich nickte. Was hatte ich auch schon groß zu verlieren? Wo sollte ich auch sonst hingehen? »Naruto?« »Ja?«, der Blonde hatte sich von Sakuras Attacke schon wieder erholt. Schläge schienen hier auf der Tagesordnung zu stehen. »Ich möchte dich bitten, Chinatsu einige Tage bei dir wohnen zu lassen. Alle unsere Gästezimmer sind belegt und ich bin mir sicher, dass keine Familie bereit ist eine Fremde bei sich aufzunehmen.« »Wie bitte?«, stießen er und ich gleichzeitig aus, sahen uns erst gegenseitig und dann geschockt die Hokage an. »Nur über meine Leiche«, ich verschränkte meine Arme. »Es ist ja nicht für lange und du willst doch wohl nicht auf der Straße schlafen müssen, oder?«, sie blickte mich scharf an. Ich schüttelte mit gesenktem Blick meinen Kopf. »Aber ich...ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist«, stammelte Vollpfosten und ich konnte seinen Seitenblick regelrecht spüren. »Ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht ein Notfall wäre.« »Kann sie nicht vielleicht mit Sakura tauschen? Also das Sakura-chan bei mir wohnt und sie zu den Harunos geht?«, schlug Naruto hoffnungsvoll vor. »Du spinnst ja wohl!«, Pinky tippte sich an die Stirn, »nee, nee, da müsst ihr beide durch.« Auch Naruto ließ enttäuscht den Kopf hin und gab dann ebenfalls seine Beistimmung. Mir graute jetzt schon davor mit so einem idiotischen, verplanten, ungehobelten Holzkopf in einer Wohnung übernachten zu müssen. Kapitel 2: KAPITEL 2: Stolz vs. Überlebenswille ----------------------------------------------- Wir machten uns also wieder auf den Weg ins Innere der Stadt. Vorbei an unzähligen Häuserblöcken und befremdlichen Läden. »Bist du sicher, dass es wirklich keine günstige Unterkunft hier gibt?«, fragte ich Sakura jetzt bestimmt schon zum zehnten Mal in Folge. Sie verdrehte bloß die Augen. »Ist ja schon gut. Alle Wohnungen und Gaststätten sind zurzeit belegt«, äffte ich sie resigniert nach. Das hatte sie mir jetzt schon neun Mal erklärt (nicht das ich mitzählen würde). »Naruto, hast du wenigsten bei dir ein bisschen aufgeräumt?«, wandte sie sich an ihren Teamkameraden. »Nö, wieso?«, mit großen Augen blickte er sie an. Die Falte auf Sakuras Stirn begann schon wieder zu zucken, doch sie versuchte sich anscheinend zu beherrschen. »Weil Mädchen nun mal auf Ordnung achten?« »Warum sollte ich aufräumen? Bei mir wohnt kein Mädchen.« »Ich hätte es mir ja denken können «, Pinky fiel es schwer nicht die Fassung zu verlieren. »Vollpfosten!«, wisperte ich und es war das erste Mal, dass sie mir keinen schiefen Blick zukommen ließ. »Es nützt nichts, Leute. Ihr müsst die nächsten Tage miteinander auskommen, ob ihr es wollt oder nicht. Ihr braucht ja nicht gleich Freunde werden, aber es würden schon genügen, wenn ihr euch nicht bei jeder Gelegenheit die Köpf einschlagt«, erklärte Sakura streng. »Warum soll ich überhaupt hierbleiben?«, ich senkte meine Stimme, damit die anderen Leute auf der Straße es nicht mithören konnten, »es würde mir echt helfen, wenn irgendwer wüsste, wie man in verschiedene Welten reist. Habt ihr nicht so etwas wie einen Zauberer oder Magier?« Sie lachte laut: »Nein, so etwas gibt es doch nur im Märchen! Aber ich bin sicher, dass wir irgendwann einen Weg finden werden dich dahin zurück zu schicken, wo auch immer du herkommen sein magst.« »Heißt das ihr helft mir?« Wenn ich mich nicht irrte, lag in meiner Stimme etwas wie Hoffnung. Doch dann blickte ich in Narutos teilnahmslose Augen und der kurze Hoffnungsschimmer erlosch wieder. Die beiden würden mir nie helfen können, es sei denn es geschah ein Wunder. Ich war nicht gläubig. »Aber natürlich doch«, Sakura legte ihren Kopf schief, »ich möchte doch gerne wissen, woher du kommst. Außerdem klingt das nach einem neuen Abenteuer. Oder was meinst du, Naruto?« Sie drehte sich um, doch hinter uns war niemand mehr. »Naruto?«, fragte sie und sah sich nach allen Seiten um. »Das darf doch nicht wahr sein? Was macht der denn jetzt schon wieder?«, sie fuhr sich durch das Haar und ballte ihre Hände zu einer Faust. »Dann hat er halt selber schuld. Ich zeig dir trotzdem, wo er wohnt. Auch wenn wir in seine Wohnung einbrechen müssen«, meinte sie schnippisch, griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich durch die Gassen. Ich hatte noch nicht mal genug Zeit mir die ganzen fremden Häuser und Menschen anzuschauen. Konohagakure machte auf mich den Eindruck einer mittelalterlichen Stadt, obwohl ich sagen muss, dass ich mich am Anfang etwas geirrt habe. Es gab bereits Telefone und auch elektrisches Licht, sowie fortschrittliche Grills in den Imbissbuden. Pinky zerrte mich um eine Ecke und wir stoppten vor einem Hauseingang. Das Gebäude vor dem wir standen war leicht rosa und sah schon etwas heruntergekommen aus. Die Balkone machten den Eindruck als würden sie jeden Moment vor unseren Füßen landen und an der Fassade des Hauses befanden sich seltsame Zeichen. Auf dem Dach thronten eiserne Schornsteine, die das Haus wie einen Ozeandampfer aussehen ließen. Ich musste in diesem Moment an mein Haus in Tokio denken. Es sah zwar ganz anders aus, aber war genauso abgewrackt. Vielleicht waren manche Häuser in meiner Heimat noch schäbiger. »Geh schon«, Sakura stieß mir sanft in den Rücken, sodass ich einige Schritte vorwärts taumelte. Nervensäge! Wir waren vor einer Eisentreppe stehen geblieben. Sie führte zu den verschiedenen Hauseingängen. »Treppe hoch und dritte Tür links«, wisperte Sakura hinter mir als wolle sie keine Aufmerksamkeit erregen. Automatisch bewegten sich meine Beine die Treppe hinauf. Als würde ich von einer unsichtbaren Schnur gezogen werden. Als wir oben angekommen waren, blieb ich stehen. »Was ist denn los?«, fragte Pinky ungeduldig. Ich drehte mich zu ihr um, sodass sich fast unsere Nasenspitzen berührten, was bei dem engen Gang kein Wunder war. »Wieso gehst du nicht vor? Du kennst dich hier immerhin besser aus.« Sie öffnete den Mund, um etwas einzuwenden. Doch als ihr kein Grund einfiel, schloss sie ihn wieder. Wenn ihr mich fragt, sah das ziemlich dämlich aus. Wie ein Fisch ohne Wasser. »Also gut, ich geh ja schon vor!«, damit schob sie mich beiseite und drängte sich an mir vorbei. Zielstrebig steuerte sie auf eine bestimmte Tür zu und riss sie auf. Gab es hier nicht so etwas wie Schlösser? »Ha, der Idiot hat mal wieder vergessen abzuschließen!« Anscheinend doch. Ich folgte Sakura mit etwas Sicherheitsabstand in die Wohnung. Beinahe wäre ich mit ihrem Rücken kollidiert, denn sie blieb mitten im Türrahmen stehen. Ich lugte über ihre Schulter und konnte endlich den Grund für ihr Stehenbleiben erkennen. »Was machst du bitte hier?«, fragte Pinky spitz. Bis eben war Vollpfosten noch im Zimmer auf und ab gelaufen und hatte blitzschnell Sachen aufgehoben. Jetzt, wo er Pinky bemerkte, blieb er stehen und ließ die Dinge, die er noch in den Händen hielt, achtlos auf den Boden fallen. Er grinste verschmitzt und rieb sich den Hinterkopf: »Äh, ich dachte ich mach noch etwas Ordnung bevor ihr kommt.« »Das darf doch nicht wahr sein«, brummte Pinky und rieb sich die Stirn. Der blonde Ninja blickte immer noch ziemlich dämlich aus der Wäsche: »Habe ich schon wieder was falsch gemacht?« Anstatt zu antworten begann Pinky zu lachen. Wenn ihr mich fragt, klang es schon ziemlich hysterisch, aber Vollpfosten kapierte das Mal wieder nicht und fiel in ihr Lachen mit ein. Bis sie ihm mal wieder ihre Faust in sein Gesicht wandern ließ. Er wurde mindestens zwei Meter nach hinten geschleudert und landete auf einem Sofa. »Du hättest uns wenigstens Bescheid sagen können, dass du schon mal vorgehst«, meinte Pinky als sei gerade nichts gewesen. Ein weiteres Mal fragte ich mich, wo ich hier gelandet war. Umgeben von Irren und Gewalttätigen. »'tschuldigung!«, murrte Vollpfosten nur und sammelte dann wieder die Sachen auf, die er fallen gelassen hatte. »Von mir aus brauchst du nicht extra aufzuräumen. Ich werde sowieso nicht lange bleiben «, erklärte ich. Erstaunt blickten die beiden mich an. »Ich werde so schnell wie möglich versuchen nach Hause zu kommen und wenn ein Zimmer in einem Gasthaus frei wird, werde ich sofort umziehen.« »Und wie willst du das bezahlen?« Mist! Sie hatte Recht. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Selbst wenn ich Geld dabeigehabt hätte, wäre es hier wahrscheinlich wertlos gewesen »Wenn du möchtest können wir uns ein wenig umhören. Vielleicht sucht jemand eine Aushilfe, dann könntest du deinen kurzen Aufenthalt alleine finanzieren«, schlug Pinky vor und ich konnte die Betonung, die sie dem Wörtchen „kurz“ zumaß deutlich hören. »Ja das wäre nett «, meinte ich und versuchte so cool wie möglich zu klingen. Ich war ihr aber furchtbar dankbar für ihre Bemühungen. »Also, ich muss dann wieder «, sie lächelte, »ihr kommt doch ab jetzt auch sicher alleine klar, oder?« Vollpfosten warf ihr einen Blick zu, der ihr sagte, sie solle ihn bloß nicht mit mir alleine lassen und ich konnte ihm das nachempfinden. Doch Pinky zeigte kein Erbarmen. Ohne auch nur eine unserer flehenden Blicke zu beachten, verließ sie schleunigst die Wohnung. Dann war es still im Raum. Vollpfosten starrte immer noch auf den Fleck, auf dem eben noch sein Schwarm gestanden hatte und ich tastete mit meinen Augen schnell die Wohnung ab. Ich war noch nie gut darin gewesen, Leute einzuschätzen. Weder darin, sie nach ihrem Aussehen, oder nach ihrem Verhalten zu beurteilen, doch in diesem Fall war es unübersehbar, dass Vollpfosten total auf Pinky abfuhr. Mir fiel auch auf, dass er seine Zeit lieber draußen zu verbringen schien, denn es gab kaum Möbelstücke oder Dekoration. Lediglich ein Ramen – Poster über dem schlichten Bett. Dazu kamen die leeren Schachteln, die mir sagten, dass er viel Fastfood aß. Das Chaos störte mich nicht weiter, aber was meine Aufmerksamkeit erregte, war das einzige Foto, dass auf seinem Nachttisch stand. Es zeigte eine wesentliche jüngere Ausgabe von Pinky und Vollpfosten. Während sie breit lächelte, schielte er wütend zu einem Jungen, der ungefähr in ihrem Alter war und ziemlich düster und desinteressiert dreinblickte. Hinter den Dreien stand ein grinsender Mann mit weißem Haar und einer Maske, die sein halbes Gesicht bedeckte. »Wer sind die beiden?«, fragte ich und war selbst überrascht, dass ich mich dafür interessierte. Vollpfosten löste sich aus seiner Starre und blickte mich irritiert an. Ich deutete auf das Foto und plötzlich veränderte sich seine Miene. Sie war weder dämlich noch fröhlich. Etwas Trauriges und Verbissenes lag in seinem Gesichtsausdruck. »Ach nur ein Erinnerungsfoto«, meinte er bloß, aber ich konnte hören, dass es eben dies nicht war, sondern mehr dahintersteckte. »Sind sie auch Ninja?« Wieso sollte ich nicht weiter stochern, wenn ich schon mal angefangen hatte? »Japp, das links ist Sasuke und dahinter unser Sensei Kakashi, den lernst du bestimmt auch noch kennen.« »Und diesen Sasuke nicht?« Upps! Anscheinend die falsche Frage! Sein Gesichtsausdruck wurde auf einmal ganz verschlossen. Ich merkte, dass etwas nicht stimmte und wechselte stattdessen schnell das Thema. »Wie wird man denn ein Ninja?« Seine Miene hellte sich auf und plötzlich erschien wieder sein altes Grinsen. »Also zuerst geht man auf die Akademie für Ninja und lernt dort alle Kampftechniken kennen und nach der ersten Prüfung wird man zum Genin. Das ist der unterste Rang und da wird man in Dreiergruppen plus Sensei eingeteilt. Wir waren damals Team Sieben. Hat man einige Missionen hinter sich, dann kann man irgendwann zum Jonin aufsteigen und immer weiter.« »Und welchen Rang haben Sakura und du?« Er wurde auf einmal ganz verlegen und druckste etwas herum: »Na ja...also...Sakura...ähm...Sakura ist bereits ein Chunin und ich ich...« »Bist du etwa noch ein Anwärter?«, ich grinste süffisant. »Natürlich nicht«, meinte er aufgebracht und guckte mich bitterböse an, »ich in ein Genin!« Logisch denken konnte ich auch! Eben hatte er doch schon erwähnt, dass er mindestens ein Genin war, aber es machte einfach Spaß ihn zu ärgern. Ich konnte mir das Lachen gerade verkneifen. »Man es muss ja ganz schön hart sein, wenn die Teamkameraden schon weiter sind...« Das schien ihn wirklich zu treffen, denn er versuchte auszuweichen: »Ich hatte eben noch nicht die Gelegenheit meine Chunin- Prüfung zu machen. Außerdem bin ich genauso stark wie Sakura oder Sa- ähm die anderen Chunin.« Ich wollte ihn nicht weiter ärgern. »Und wo soll ich heute Nacht schlafen, du superstarker Ninja?« »Na, ich dachte dort«, meinte er langsam und deutete auf ein Sofa. Das war doch etwa nicht sein ernst, oder? Auf dem harten, unbequemen Ding? »Äh, okay. Kein Problem!« Manchmal bist du auch ein Vollpfosten, Chinatsu! Der Abend kam schnell und wir wechselten kein weiteres Wort mehr miteinander. Vollpfosten tat so als wolle er noch ein wenig aufräumen, dabei schaufelte er den Müll nur von einer Ecke in die andere. Pinky war nochmal kurz da gewesen und hatte mir schnell etwas zum Anziehen gebracht. Immerhin konnte ich nicht den ganzen Tag in meinen Schlafsachen herumlaufen. Doch sie war so schnell wieder verschwunden, dass ich kein weiteres Wort mit ihr wechseln konnte. Und auch Vollpfosten schien darüber sehr enttäuscht zu sein. Die schmachtenden Blicke, die er ihr zu warf, sprachen Bände. Eigentlich hatte ich mir Konoha noch ein wenig genauer anschauen wollen, doch alleine hatte ich Angst mich zu verlaufen und ich war viel zu stolz Vollpfosten zu fragen, ob er mich begleitet. »Möchtest du auch?« Er hielt mir eine Schüssel mit dampfender Nudelsuppe unter die Nase. Mein leerer Magen bereitete mir schon seit einer ganzen Weile Probleme und das Knurren hatte sicher auch er gehört. »Nein danke, ich habe keinen Hunger. Und wenn, dann würde ich mir selber etwas zu essen besorgen!« »Wie du meinst «, er zuckte mit den Schultern und kippte dann die ganze Suppe auf einmal in seinen Mund. Dumme Chinatsu! Dumme, dumme Chinatsu! Nur weil mein Stolz wieder mal zu groß gewesen war, bekam ich in meiner ersten Nacht in Konoha vor Hunger kein Auge zu. Na ja, vielleicht lag es auch ein bisschen an Vollpfostens nerviges Schnarchen. Ich brauchte einen Job und zwar dringend! »Und du möchtest wirklich nichts?«, fragte mich Vollpfosten auch nochmal am nächsten Morgen beim Frühstück. »Nein«, zischte ich und wandte meinen Kopf ab. Ich hielt ja kaum den Geruch aus, aber der Anblick des Brotes in Vollpfostens Hand ließ meinen Magen regelrecht aus meinem Körper springen. Der Hunger war bereits so groß, dass ich kaum noch klar denken konnte und die Schmerzen wurden immer schlimmer. In meinem Kopf war bereits ein hartnäckiger Kampf ausgebrochen: Stolz vs. Überlebenswille. Bis jetzt lag der Stolz eindeutig vorne, aber lange würde er das nicht mehr mitmachen. Nein, länger wollte mein Magen das nicht mehr mitmachen. Ich beschloss ein Kompromiss zu schließen. Ich würgte und spuckte und plötzlich kamen mir die ätzenden Worte zuckersüß über die Lippen: »Könntest du mir nachher vielleicht mal euer tolles Konoha zeigen?« Überrascht blickte er mich an, doch dann begann er zu grinsen, sodass wieder der Vollpfosten in ihm durchkam. Er zeigt mit dem Daumen nach oben: »Aber klar, kein Problem. Unser Dorf ist klasse! Vielleicht kann ich dir auch gleich einige von meinen Freunden vorstellen.« Ich hätte mal meine Klappe halten sollen! Jetzt durfte ich noch mehr von diesen Trotteln kennen lernen. Vielen Dank, liebe menschliche Bedürfnisse! Und so kam es ... Stopp! Klingt viel zu märchenhaft! Und das hier war sicher kein Märchen, sondern wurde immer mehr zum Alptraum. Denn jetzt war ich auch noch dazu gezwungen mir vom diesem blonden Volltrottel, der angeblich ein Ninja sein sollte, dieses Dorf im Nirgendwo zeigen zu lassen. Dabei redete er ununterbrochen und ich betete, dass es doch schnell vorbei war. Doch da das Ende noch nicht in Sicht schien, versuchte ich mich stattdessen auf die Menschen und die Gebäude zu konzentrieren. Eigentlich sah alles zu normal aus, als dass man die Einwohner für verrückt hätte halten können. »Und das ist die Bibliothek. Ich bin noch nie drin gewesen (Welche Überraschung!), aber Sai aus unserem Team verbringt dort die meiste Zeit. Komm, ich stelle ihn dir vor.« Bevor ich protestieren konnte, war er schon davongelaufen. Ich brummte und folgte ihm widerwillig. Na ja, zugegeben, dass Wort „Bücher“ löste bei mir schon innerliche Begeisterung aus, aber nicht, dass ihr jetzt glaubt ich wolle unbedingt seinen Freund kennen lernen, obwohl er sicherlich schlauer war als Vollpfosten, wenn er seine Zeit in einer Bibliothek verbrachte. Ich wurde nicht enttäuscht. So viele Wälzer hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. Und hätte der blonde Trottel nicht an meiner Seite gestanden, ich hätte gedacht, ich wäre im Paradies gelandet. Doch ich konnte mir nichts weiter angucken, weil Vollpfosten mich wieder weiter zerrte. Dafür würde ich mich noch rächen! Das bekam er doppelt und dreifach zurück. Aber erst später, denn jetzt musterte ich erstmal erstaunt den seltsamen Typen, der dort an einem breiten Eichentisch hockte. Seine Miene wirkte ausdruckslos, aber nicht abweisend oder unfreundlich. Viel mehr starr, als hätte er keine Gesichtsmuskeln, die er bewegen konnte. »Hi Sai!«, Vollpfosten grinste ihn breit an. Der fremde Junge erwiderte nur ein schwaches Lächeln und man sah, dass es nicht echt war. Ich hielt mich lieber etwas zurück. »Was machst du?« »Ach, ich lese nur.« »Also wie immer«, Vollpfosten grinste und zog mich dann neben sich, »dann hast du sicher nichts dagegen, wenn ich dir Chinatsu vorstelle, oder?« Ich schnaubte, weil er bei meinem Namen alle Förmlichkeitsformen wegließ. Sai lächelte mich freundlich an (welch eine Überraschung!) und stand dann auf, um sich vor mir zu verbeugen. Ich musste mir die Hand vor den Mund pressen, um nicht zu lachen. Mein Gott, konnte der Typ sich keine Oberteile leisten, die ihm über den Bauchnabel gingen? Für einen Kerl war es schon echt seltsam so viel Haut zu zeigen! Aber wenn ich ehrlich war, dann hatte er schon etwas Feminines... »Hey«, ich lächelte zurück. Immerhin hatte ich keine Vorurteile. Nein... »Pass auf, gleich gibt er dir einen Spitznamen«, kicherte mir Vollpfosten ins Ohr. »Huh?« Jetzt war er wohl völlig übergeschnappt! Ich überlegte ehrlich, ob es eine gute Idee gewesen war bei einem geistig verwirrten zu übernachten. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, meldete sich Alien wieder zu Wort. Wieso ich Sai Alien nannte? Wenn ihr ihn sehen könntet, würdet ihr mir zustimmen, dass er nicht von diesem Planeten sein konnte. Er war noch seltsamer als die Leute, die ich hier schon getroffen hatte. Ich war verwundert, wie das bloß möglich sein konnte. Ob ich ihn mal nach seinem Heimatplaneten fragen sollte? Hihi... »Dein Name ist also Chinatsu- san?«, sein Dauerlächeln war immer noch da, wie festgetackert. Ich nickte bloß. »Dein Spitzname ist dann...« Ich sah das fiese Grinsen auf Vollpfostens Gesicht und fragte mich, ob Alien genauso originelle Spitznamen erfand wie ich. Dann hätten wir wenigstens etwas gemeinsam. »Chi-chan.« »Was?«, Vollpfosten klappte der Unterkiefer hinunter und er blickte Sai an, als wäre er krank oder so. »Meinst du das ernst?« »Natürlich. Warum denn nicht? Laut meiner Bücher ist es am besten Leuten Spitznamen passend zu ihrem Taufnamen zu geben.« »Danke, dass ist der schönste Spitzname, den ich je bekommen habe«, das meinte ich vollkommen ernst, genauso wie das dazugehörige Lächeln. Vollpfosten war immer noch fassungslos darüber, dass Alien es anscheinend nicht für nötig gehalten hatte, mir einen gemeinen Spitznamen zu geben. Schadenfreudig grinste ich. »Was guckst du so blöd, Vollpfosten?« Erst da schien er wieder aus seiner Starre zu erwachen und blickte mich bitterböse an, wobei er irgendetwas unverständliches murmelte. Sai lachte leise. Selbst das klang unecht, aber trotzdem musste auch ich grinsen. Vollpfostens Gesichtsausdruck war zu köstlich. »Wenn du noch länger bei mir wohnen willst, dann solltest du aufhören mich immer zu beleidigen«, knurrte er. »Wenn sie bei dir wohnt, meinst du damit ihr führt eine Liebesbeziehung?« »Wie bitte?«, fragten Vollpfosten und ich gleichzeitig und blickten ihn schockiert an. Sai blätterte wild in einem Buch: »Hier stand irgendwo, dass menschliche Zuneigung zwischen Männern und Frauen meistens zu einer Beziehung führt und die Betroffenen sich nach ihrer Hochzeit meistens eine gemeinsame Unterkunft suchen. Heißt das ihr seid verheiratet?« Der Kerl schien wirklich irgendetwas locker zu haben. Vollpfosten und ich liefen jedenfalls knallrot an und riefen im Chor: »Ich mit der/dem? Nie im Leben! Uäh!« Wir schüttelten uns beide bei der Vorstellung und Alien sah das erste Mal völlig verdutzt aus. »Seltsam. Vielleicht sollte ich das Kapitel nochmal genauer lesen.« Damit verschwand er wieder zwischen den hohen Bücherregalen, den ich einen sehnsüchtigen Blick zu warf. Vollpfosten schien immer noch völlig überrumpelt von Sais Worten zu sein, sodass er erst nicht merkte wie ich mich heimlich davonschlich und vor einem Regal mit mächtig alten Büchern stehen blieb. Langsam fuhren meine Fingerspitzen über die Buchrücken und sie nahmen dabei eine dicke Schicht Staub mit. Gerade war ich dabei eines der Wälzer mit altertümlichen Schriftzeichen aus dem Regal zu ziehen als eine Hand nach mir schnappte. Erschrocken zog ich sie zurück und wirbelte herum. »Naruto!«, schnarrte ich und funkelte ihn wütend an, »du hast mich erschreckt, du Idiot!« »Hmpf! Mir doch egal, aber ich habe keine Lust den ganzen Tag hier herum zu hängen. Also entweder kommst du jetzt mit oder du kannst alleine nach Hause finden.« Am liebsten hätte ich jetzt das dickste Buch genommen und ihn mit voller Wucht auf den Kopf gezimmert. Doch es gab zwei Dinge, die dagegensprachen: Erstmal hätte ich es aus eigener Kraft gar nicht heben können, und zweitens hätte er mir ohnmächtig nicht mehr viel genutzt. Also jedenfalls nicht als Stadtführer und ohne das ich wusste, wo sich was in Konoha befand, war ich völlig aufgeschmissen, wenn ich endlich wieder alleine klarkommen wollte. »Also gut!«, knurrte ich und ging diesmal vor. Kaum hatten wir das Gebäude verlassen, hörten wir wie jemand unsere Namen rief. Sakura kam auf sie zu gerannt und winkte ihnen (Ich hatte mir vorgenommen sie nur noch mit ihrem richtigen Namen anzusprechen, weil sie im Grunde doch ganz nett zu sein schien). Aus irgendeinem Grund schien sie aufgeregt zu sein. »Hallo Sakura- chan!«, brüllte Vollpfosten ihr entgegen und fing fast schon wieder an zu sabbern. So ein Hornochse! Als Sakura seinen Blick bemerkte stoppte sie und sah so aus als wäre sie gerne wieder umgedreht, aber dazu war sie erstens zu stolz und zweitens wollte sie uns wirklich etwas Wichtiges erzählen. Deshalb murmelte sie nur ein kurzes: »Hey Naruto!« und wandte sich dann mit einem strahlenden Lächeln an mich: »Ich habe tolle Neuigkeiten, Chinatsu!« »Echt?«, ich zog eine Augenbraue hoch. Hatte endlich jemand einen Weg aus meiner Misere gefunden? Es wäre zu schön um wahr zu sein. »Ja, ich habe dir doch versprochen mich nach einer Arbeit für dich umzuhören und heute Morgen habe ich etwas gefunden. Vielleicht hast du Glück und wirst genommen, weil der Job nicht für jeden geeignet ist«, erklärte sie heiter. Ich musterte sie misstrauisch: »Aber für mich?« Sie zuckte die Schultern: »Vielleicht. Wenn du es aushältst in einen Bücherladen zu arbeiten.« »In einem Bücherladen?«, wiederholte ich ungläubig. »Na ja«, meinte sie entschuldigend, »der Besitzer ist zwar alt, aber wirklich nett. Und er hat ein riesiges Schild im Schaufenster hängen. Sicher lässt er wegen des Lohns mit sich handeln und...« »Stopp, stopp, stopp«, lachte ich und hob beschwichtigend meine Hände, »du brauchst gar nicht versuchen mich davon zu überzeugen. Ich werde es auf jeden Fall machen!« »Ach echt?«, sie schien noch nicht ganz überzeugt davon zu sein. Aber ich umso mehr. Etwas Besseres hätte mir gar nicht passieren können. Ich hatte nicht damit gerechnet gleich am ersten Tag einen Job zu finden und dann noch einen, der etwas mit meinem Hobby zu tun hatte. »Noch hast du ihn ja nicht«, korrigierte ich mich in Gedanken. Aber ich wollte es auf jeden Fall versuchen. »Am besten gehen wir gleich hin und du stellst dich vor«, meinte Sakura. »Nicht schon wieder Bücher«, maulte Vollpfosten, aber wurde mal wieder ignoriert. Sensei Suzuwa (wie ich ihn später nennen werde) war drei Dinge: Ziemlich alt, ziemlich nett und vor allem ziemlich klein. Ich war ja schon nicht gerade die größte, aber er ging mir gerade mal bis zum Kinn. Trotzdem mochte ich ihn von Anfang an. Er hatte silberne Haare und einen passenden Kinnbart. Wenn er lachte (was er sehr oft zu tun schien), begannen seine braunen Augen immer zu strahlen und die Falten um seine Augen und seine Mundwinkel zu tanzen. Ich hatte gerade mal gefragt, ob er immer noch eine Aushilfe suche, da erklärte mich der Kerl auch schon mit euphorischen Händeklatschen für eingestellt. Ich fiel aus allen Wolken. Seit wann ging so etwas denn so schnell? Da musste irgendein Haken an der Sache sein. »Aber Suzuwa- san«, merkte ich an, »wollen Sie nicht so etwas wie ein Bewerbungsgespräch mit mir durchführen? Oder wenigstens einige Fragen stellen, um zu wissen, ob ich für den Job geeignet bin.« Sakura stieß mich leicht an und schüttelte den Kopf. »Wenn er das nicht im Sinne hat, dann sei doch froh, dass alles so schnell ging«, zischte sie. Der alte Mann lachte: »Deine Freundin hat vollkommen Recht. Aber ich brauche gar dich gar nicht erst fragen. Das, was ich gesehen habe, reicht.« »Und was haben Sie gesehen?«, wollte ich wissen und war wirklich gespannt auf seine Antwort. »In dir, Chinatsu- chan?« Ich nickte. »Wahrscheinlich eine nervige, sarkastische und vollkommen sture Brillenschlange«, brummte Vollpfosten, der hinter uns im Türrahmen lehnte. Ich streckte ihm die Zunge heraus und wandte mich dann wieder meinen zukünftigen Arbeitgeber zu, der über Vollpfostens Kommentar hinter vorgehaltener Hand kicherte. Dann wurde er jedoch wieder ernst. »Ich habe den Blick gesehen, mit dem du meine Bücher gemustert haben. Er war liebevoll, leidenschaftlich, abenteuerlustig. Du liest gerne, habe ich Recht?« »Ja.« Er nickte: »Ich weiß, dass meine Stücke bei dir in guten Händen sind. Zuerst bestehen deine Aufgaben nur darin, die Bücher von Staub zu befreien, gelegentlich Kunden zu bedienen oder neue Lieferungen ein zu sortieren. Glaubst du, dass schaffst du für den Anfang?« »Sie können sich auf mich verlassen, Suzuwa- san«, meinte ich zuversichtlich und machte eine kleine Verbeugung. »Das weiß ich, Chinatsu- chan. Das weiß ich«, lächelte er. In diesem Moment fragte ich mich, ob er vielleicht mehr wusste als ich. Also, ich meine über mich. Später würde ich erfahren, dass ich in meiner Annahme richtiglag. Aber jetzt konnte ich mein Glück erstmal kaum fassen. »Wann soll ich denn Anfang?«, die Frage brannte mir schon von Anfang an auf der Zunge. »Sofort natürlich«, meinte er, als wäre es völlig offensichtlich. »Na dann werden wir uns gleich mal verabschieden. Wir wollen dich ja nicht gleich an deinem ersten Tag vom Arbeiten abhalten«, Sakura zwinkerte mir zu. Als Vollpfosten nicht reagierte, verdrehte sie die Augen und schleifte ihn am Arm durch die Tür. »Was soll denn das, Sakura-chan?«, maulte der Ninja, »ich wollte doch sehen, wie Brillenschlange sich anstellt!« Ich knurrte leise. Als die beiden den Laden verlassen hatte, hörte ich den alten Mann hinter mir leise lachen: »Der Blondschopf ist doch wirklich zu köstlich. Man könnte meinen er wäre nicht der Hellste.« Ich musste mir kräftig auf die Zunge beißen, um nicht eine sarkastische Bemerkung machen zu müssen. Das hatte er furchtbar schnell herausgefunden. Aber er war ab heute mein Vorgesetzter. Da wollte ich nicht gleich am ersten Tag frech werden. »Ja, seine Eltern haben ihn auf den Kopf fallen gelassen als er klein war«, grinste ich bloß. »Sei nicht so gemein zu ihm«, meinte Suzuwa- san ernst, » Uzumaki Naruto hatte es noch nie leicht gehabt. Sicher weißt du, dass seine Eltern früh gestorben sind?« Ich schüttelte meinen Kopf und schämte mich ein wenig. Das hatte ich ja nicht gewusst. Ich dachte er würde alleine wohnen, weil er schon von zu Hause ausgezogen war. »Eigentlich ist er ein fröhlicher Junge. Ich habe gehört er hat das Talent schnell Freunde zu finden. Außerdem ist er sehr gerecht, loyal und mutig. Eigentlich ein feiner Kerl, manchmal eben nur ein wenig langsam im Kopf.« Der Mann schien wirklich viel von ihm zu halten und das stimmte mich ein wenig nachdenklich. Wenn Naruto wirklich seine Eltern verloren hatte, müsste ich ihn ja eigentlich am besten verstehen können. Vielleicht mit der kleinen Ausnahme, dass irgendwo noch mein Vater zu existieren schien. Auch wenn er für mich schon so gut wie tot war. Wem sollte ich etwas vormachen? Ich würde ihn nie kennen lernen und ehrlich gesagt, wollte ich das auch gar nicht. »Stimmt etwas nicht, Chinatsu- chan?«, fragte mich Suzuwa- san besorgt, »du wirkst auf einmal so nachdenklich.« Ich schüttelte langsam meinen Kopf: »Nein, nein, mir geht es gut.« Ich war noch nie ein guter Lügner gewesen, zudem schien mich der alte Mann wirklich mehr durchschauen zu können als jeder andere zuvor. Trotzdem sagte er nichts, sondern zeigte mir nur, welche Bücher ich abstauben sollte. Wortlos ging ich an meine Arbeit. Sie machte Spaß, auch wenn es anfangs nur ums Saubermachen ging. Vielleicht würde sich doch noch alles zum Guten wenden. Kapitel 3: KAPITEL 3: Training und andere Katastrophen ------------------------------------------------------ Als mich mein neuer Arbeitgeber entließ, drückte er mir ein paar Münzen in die Hand. Ich hatte keine Ahnung, wie viel sie wert waren, aber ich war dankbar überhaupt erstmal Geld zu bekommen. »Das hast du dir wirklich verdient«, er zwinkerte mir zu. »Vielen Dank«, grinste ich und schob die Münzen in meine Hosentasche (Na ja, eigentlich gehörte sie ja Sakura). Ich wollte gerade den Laden verlassen, da läutete die Türglocke und ein Mann kam herein. Ich war verwundert, weil er der erste Kunde war, der heute den Laden betrat. Und sah nicht aus wie ein gewöhnlicher Kunde. Also ich meine so einen, wie man ihn in Tokio zu Gesicht bekam. Denn von seinem Gesicht konnte man nur die Hälfte sehen, weil der Rest durch eine schwarze Maske verdeckt wurde. Er trug genauso ein Stirnband wie Naruto und Sakura, außer das seines total schief in seinen weißen Haaren saß. Ich kannte ihn. Ich hatte ihn schon mal gesehen. Zwar nur auf Narutos Foto, aber immerhin. »Hallo, Sensei Kakashi«, meinte Sensei Suzuwa und verbeugte sich vor dem neuen Kunden. Auch er schien ihn zu kennen, ansonsten hätte er ihn nicht einfach nur mit seinem Namen angesprochen. »Hallo Suzuwa- san«, meinte der seltsame Kunde mit gelangweilter Stimme, »hast du mal wieder ein neues Buch der Icha-Icha-Reihe rein bekommen?« »Nein, leider muss ich dich enttäuschen. Aber wenn, dann bist du der erste, der es erfährt.« »Och menno«, jammerte dieser Kakashi und ließ die Schultern hängen. Ich nehme zurück, dass ich gerade denken wollte wie cool er doch war. Ich zog eine Augenbraue hoch. Der war ja noch verrückter als Alien, wenn das überhaupt möglich war. »Aber wenn du hier bist kann ich gleich mit dir reden. Ich wollte sowieso heute noch vorbeischauen«, erklärte Sensei Suzuwa mit freundlicher Stimme. »Ach ja?«, sofort wurde der Ninja wieder ernst. »Du kannst ruhig noch hierbleiben, Chinatsu-chan«, meinte Sensei Suzuwa. Mitten in der Bewegung hielt ich inne. Ich war kurz davor die Tür zu öffnen, ich hatte sogar schon meine Hand ausgestreckt. »Das könnte dich auch interessieren.« »Ja, Sensei Suzuwa«, murmelte ich und drehte mich wieder zu den beiden Männern um. »Sensei Kakashi, das ist Yoshigawa Chinatsu, sie ist eine Freundin von Uzumaki Naruto und hilft mir ein wenig im Laden aus. Chinatsu- chan, das ist Sensei Kakashi. Er ist ebenfalls ein Shinobi und der Lehrmeister von Narutos Team.« »Äh...hallo Sensei Kakashi«, meinte ich und verbeugte mich höflich. Als ich ihn aus den Augenwinkeln betrachtete, sah ich, dass er nur kurz die Hand hob und mich nur mit milden Interesse musterte. »Eine Freundin von Naruto also«, meinte er. Ich wurde rot und antwortete spitz: »Freundin wäre ein bisschen übertrieben.« Ich blickte böse zu dem alten Mann, der hinter vorgehaltener Hand kicherte. Sensei Kakashi verzog keine Miene. Vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil er diese dämliche Maske trug. Wozu eigentlich? Versteckte er vielleicht einen Haufen Warzen? »Ich habe mir überlegt, ob du Chinatsu-chan vielleicht einige Grundlagen des Nahkampfes beibringen könntest?« Dieser Satz von Sensei Suzuwa brachte mich völlig aus der Fassung. Und nicht nur mich. »Wie bitte? Denkst du denn ich habe Zeit zu verschenken, alter Mann?«, keifte Kakashi und wedelte widerstrebend mit den Armen, »außerdem muss sie dafür sich erstmal an der Akademie bewerben. Glaubst du in ihrem Alter wird sie noch dort angenommen? Du bist wohl nun vollkommen verrückt geworden, alter Mann!« Auch wenn ich ihn böse anguckte, hatte er vollkommen Recht. War mein Boss jetzt völlig abgedreht? Sensei Suzuwa aber hörte nicht auf uns anzulächeln, als hätte jeder von uns gerade einen Sechser im Lotto. »Vergiss nicht Kakashi, du schuldest mir immer noch einen Gefallen.« Der Ninja knirschte mit den Zähnen und tötete seinen gegenüber mit kalten Blicken, aber er musste resignieren: »Alter Erpresser. Gut, ich weißt zwar nicht, wieso du das verlangst, aber ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber ich glaube nicht, dass Tsunade- sama das zulassen wird.« »Sensei, warum wollen Sie, dass ich kämpfen lerne? Ich meine, ich hatte nicht vor länger hier zu bleiben«, mischte ich mich ein und hatte echt Schwierigkeiten meine Wut zu unterdrücken. »Hör zu, Chinatsu- chan. Ich weiß, dass du nicht gerne in Konoha bist. Aber ich brauche unbedingt deine Hilfe im Laden. Dabei wird es sicher nicht nur beim Abstauben der Bücher bleibe. Später werde ich dir mehr erklären, aber zuerst einmal ist es wichtig, dass du dich im Notfall verteidigen kannst.« »Im Notfall?«, quietschte ich und ich spürte wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich, »was für Aufgaben sollen das verdammt nochmal sein, wenn man sich verteidigen muss?« »Also Sensei Kakashi, sie scheint einverstanden zu sein. Wann könntet ihr anfangen?« Da ignorierte der Kerl meine Einwände doch eiskalt! Pah! »Wie wäre es mit morgen«, schlug Kakashi- äh Sensei Kakashi- vor. Mein Chef nickte erfreut. Und ich wurde nicht mal gefragt? Beleidigt verschränkte ich die Arme und schob die Unterlippe vor. »Also morgen auf Trainingsplatz sieben. Naruto oder Sakura können dir zeigen, wo Sensei Kakashi zu mir. Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, doch da war er schon auf und davon. Dieser Feigling! Böse guckte ich meinen Chef an. Der lächelte doch nur: »Stimmt etwas nicht?« »Nein, alles bestens«, presste ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, dann drehte ich mich um und verließ qualmend den Laden. »Bis morgen, Chinatsu- chan«, rief Sensei Suzuwa hinter mir, ehe ich die Ladentür mit aller Kraft ins Schloss knallte. »Oha, welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragte mich Sakura, der ich zufällig auf meinem Weg begegnete. »Nein, ich weiß schon«, sie lief neben mir her und grinste, »wer mit Naruto unter einem Dach leben muss, der kann ja nur so drauf sein wie du.« »Ausnahmsweise geht es mal nicht um Vollpfosten«, knurrte ich und stampfte bei jedem Schritt mit dem Fuß auf. »Nicht?«, sie zog die Augenbraue hoch, »was ist es dann?« »Einfach die Tatsache, dass alle meinen über mich bestimmen zu müssen«, fauchte ich und ballte die Hände zu Fäuste. »Alles klar. Das musst du mir jetzt mal kurz genauer erklären«, meinte sie langsam und legte den Kopf schief. Ich seufzte und massierte meine Schläfen. Diese seltsame Welt verursachte bei mir Kopfschmerzen. Wenn ich noch länger hierbleiben musste, würde ich dann genauso verrückt werden wie die Leute hier? Trotzdem begann ich Sakura die Lage nach und nach zu erklären und ihr fragender Blick wandelte sich in Verständnis um. »Ich kann ja irgendwie verstehen, dass du dir nicht gerne Dinge vorschreiben lässt. Ich kenne Sensei Kakashi schon lange und er ist wirklich ein guter Lehrer. Vielleicht kann es ja nicht schaden, wenn du dich ein wenig verteidigen kannst. Immerhin müssen wir ein Weg finden dich heimzuschicken. Wer weiß womit wir es da zu tun bekommen werden. Du kannst den beiden alten Männern wirklich vertrauen.« »Ich fände es ja auch nicht schlecht etwas neues zu lernen. Allerdings bin ich sportlich gesehen nicht sehr…begabt. Außerdem muss ich all meine Zeit nach Arbeit für meine Suche nach einem Rückweg nutzen«, beklagte ich mich. »Hm, der Sinn des Trainings ist doch, dass du stärker wirst. Sensei Kakashi wird dir sicher helfen deine persönlichen Stärken zu finden. Er...na ja...er ist eben kein normaler Lehrer«, sie kicherte, »aber stell dir vor du würdest von Tsunade trainiert werden, so wie ich.« »Du wirst von Marmelade trainiert? Aber ich dachte Sensei Kakashi...«, jetzt kam ich gar nicht mehr mit. »Nachdem...nachdem ich festgestellt hatte, dass ich niemals mit Narutos Rasengan oder Sa- Sasukes Sharingan mithalten konnte, habe ich beschlossen ein Medic-Nin zu werden und Tsunade war so nett mich unter ihre Fittiche zu nehmen«, erklärte Sakura. »Du bist so etwas wie eine Heilerin?« »Exakt! Zwar noch nicht die Beste, aber auf den Weg dahin«, sie grinste schief. Ich schwieg daraufhin und dachte angestrengt nach. »Ich weiß zwar, dass es mir hier nie gefallen wird«, begann ich und Sakura verzog das Gesicht, »aber vielleicht würden mir so ein Paar Kampfkünste ganz guttun. Es ist vielleicht auch eine ganz gute Ablenkung ich muss nicht allzu viel Zeit mit dem Vollpfosten verbringen.« »Super. Hättest du etwas dagegen, wenn ich bei deiner ersten Trainingsstunde dabei bin?«, Sakura sah mich bittend an. Ich wusste zwar, dass ich das noch bereuen würde, aber ich nickte. »Trainingsstunde? Was trainierst du denn? Ohne Brillengläser zu sehen?«, frotzelte eine mir unbekannte Stimme hinter uns. »Das versuchst du doch schon seit Jahren, Ino- Schweinchen, aber trotzdem läufst du noch wie ein Maulwurf durch die Welt«, grinste Sakura. »Pah«, lässig warf die blonde Schönheit ihr langes Haar zurück und blickte uns gelangweilt mit ihren eisblauen Augen an. »Wenn ich mir deine Klamotten so ansehe, dann musst du das auch sein, Breitstirn.« Sakura knurrte bedrohlich, doch davon ließ sich das andere Mädchen nicht groß beeindrucken. Man, so eine hochnäsige Möchtegernprinzessin hatte mir gerade noch gefehlt! »Jetzt hör mal zu, Prinzesschen, bevor man sich über andere Leute lustig macht, stellt man sich namentlich vor«, schnaubte ich und stemmte meine Hände an die Hüften. »Ich bin Yamanka Ino und du bist? Brillenschlange?« Sie grinste. »Nah dran. Yoshigawa Chinatsu. Auch schön dich kennen zu lernen«, mein Lächeln war genauso falsch wie ihres. Aber irgendwie machte sie mir das sympathisch. Fragt mich nicht warum. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie nicht hinter dem Rücken anderer lästerte, sondern ihnen ihre Meinung direkt ins Gesicht zu sagen schien. Eventuell war ich einfach auch nur ein wenig verrückt. Die Luft hier schien doch ansteckender zu sein als ich dachte. »Jetzt aber mal Spaß beiseite. Wann wollen wir mal wieder zusammen Mittagessen, Sakura- chan?« Keine Ahnung, warum das mich jetzt nicht im Geringsten überraschte. Vielleicht umgab beide Mädchen so eine Aura der Freundschaft oder es lag einfach daran, dass in dieser Welt mich gar nichts mehr schocken konnte. »Keine Ahnung, Ino- chan. Heute nach dem Training? Oder sind deine Jungs mal wieder zu faul sich Richtung Trainingsplatz zu schieben?«, grinste Sakura. »Denen werde ich Beine machen«, Ino ließ ihre Fingerknochen knacken und ich war mir ziemlich sicher, dass die, von denen die beiden auch immer sprechen mochten, mir sehr leidtaten. »Also, bis nachher dann. Wenn du willst kannst du auch mitkommen, Brillenschlange. Du bist voll in Ordnung«, sie winkte noch ein letztes Mal und ging dann weiter. »Und mein Tag wird immer durchgeknallter«, seufzte ich kopfschüttelnd. Sakura lachte nur und zog mich dann weiter: »Komm mit. Ich bring dich zurück zu Narutos Wohnung.« »Wenn's denn sein muss.« Am nächsten Morgen machte ich mich dann mit Naruto und Sakura auf zu Trainingsplatz Sieben, so wie es mir Kakashi aufgetragen hatte. Ja, ihr habt richtig gehört. Vollpfosten war auch mit dabei. Es war traurig, aber ich war nicht drum herumgekommen. Sakura hatte ihren Mund nicht halten können und das war jetzt der Grund, warum ich mich weigerte auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln. Stattdessen war sie jetzt meinen Todesblicken ausgesetzt. Ich hatte protestiert das er mitkam und sogar angefangen ihn zu beleidigen, doch mein Zetern hatte er nur mit einem süffisanten Grinsen quittiert. Ich hatte ihn an der Backe, egal was ich tat und er schien es zu genießen mich so zu quälen. Sadist! Verfluchter Sadist! »Wenn du noch weiter so dämlich grinst, dann kannst du was erleben«, knurrte ich und schwenkte meine Faust in seine Richtung. Vollpfosten lachte bloß und dafür bekam er einen Tritt in den Rücken, sodass er mit dem Gesicht in einer Matschpfütze landete. Jetzt waren Sakura und ich an der Reihe uns schlapp zu lachen. Danach hielt er sich glücklicherweise etwas zurück. Wir kamen deshalb natürlich zu spät, aber ich stellte erleichtert fest, dass Sensei Kakashi noch nicht da war. »Puh, und ich dachte, ich bekomme jetzt meine erste Schellte, weil ich so spät bin«, erklärte ich und wischte mir über die Stirn. Sakura und Vollpfosten sahen sich an und prusteten dann los. Ich kapierte mal wieder gar nichts und zog es vor mein neuerdings sehr großes Mundwerk zu halten. Nicht, dass ich wirklich wissen wollte, worüber sie lachten. Okay, ich gebe zu: Das war gelogen. Natürlich wollte ich wissen, was sie so unheimlich witzig fanden. Doch fragen konnte ich nicht mehr, weil mit einem »puff« Sensei Kakashi auf einem Baum in unserer Nähe auftauchte. Ich erschrak mich so sehr, dass ich quietschte und Vollpfosten auf den Fuß trat. Dieser wimmerte vor Schmerz und hüpfte fluchend durch die Gegend. Er stieß gegen Sakura, die sich bis eben noch über ihn totgelacht hatte. Diese versuchte sich an meinem Arm fest zu klammern und am Ende verloren wir alle drei das Gleichgewicht und landeten wie Dominosteine auf dem sandigen Boden. »Oh, wie ich sehe hab ihr schon eine neue Trainingsmethode kreiert«, nachdenklich kratzte sich Sensei Kakashi am Kopf. »Ha, ha, sehr witzig«, fauchte Sakura, die auf mir lag. »Äh Leute, hättet ihr die Güte von mir hinunter zu gehen. Ich kann nicht mehr atmen«, ich schnappte verzweifelt nach Luft. »Ich würde ja gerne, wenn nicht Naruto mein Bein festhalten würde«, ich spürte wie sie mit dem besagten Bein zu zappeln begann und konnte aus dem Augenwinkeln sehen, wie sich Vollpfostens Oberkörper nach oben bewegte und seine Hand...na ja...eben an einer ungünstigen Stelle landete...ächem... »Naruto! Du Perversling!«, brüllte Sakura und mit einem Mal waren beide Gewichte auf mir verschwunden. Ich hörte ein lautes Knallen und als ich mich aufrichtete, sah ich eine vor Wut rauchende Sakura und gerade noch so Naruto, der mit dem Rücken gegen eine Wand krachte. »Oh man, gut das ich nicht mehr euer Teamleader bin«, der Mann schüttelte den Kopf. Ich rappelte mich auf und klopfte den Dreck von meiner Hose: »Toller Leader, der zu spät kommt und sich dann noch über seine Kameraden lustig macht.« Sensei Kakashi schienen meine Worte nicht im Geringsten zu stören, stattdessen ignorierte er sie einfach und lächelte mich an (ich dachte jedenfalls, dass es ein Lächeln war, denn wegen seiner dämlichen Maske, konnte man das nicht genau erkennen). »Sakura und Naruto haben also die Erlaubnis dir zu zuschauen? Das ist gut.« »Ich wurde dazu genötigt«, rechtfertigte ich mich, doch wieder einmal überging er das. »Ich möchte dir noch jemanden vorstellen«, kaum hatte er diesen Satz gesagt, bemerkte ich ein Mädchen mit dunklen langen Haaren, die nur wenige Schritte hinter ihm stand und ebenfalls eine gelangweilte Miene aufgesetzt hatte. Man, sie hatte wirklich die seltsamsten Augen, die ich je gesehen hatte. Sie wirkten weiß, kalt und leer. So als hätte dieses Mädchen keinerlei Emotionen. »Das hier ist Hyuuga Neji. Er hat eine besondere Fähigkeit mit der er herausfinden wird, ob es sich überhaupt lohnte dich zu trainieren und wie dieses Training eventuell aussehen muss«, erklärte Senesei Kakashi monoton. Hups, das Mädchen mit den seltsamen Augen war in Wirklichkeit ein Kerl mit langen Haaren. Vor Scham wurde ich etwas rot und lächelte schnell, um meinen Irrtum zu überspielen. Der Typ, der wie ein Mädchen aussah, verzog keine Miene. Hach, mit dem konnte man sicher eine Menge Spaß haben! Er schien die Sonne in Person zu sein. »Ach ich verstehe«, klinkte sich Sakura ein und ihr Gesicht hellte sich auf, »du willst, dass Neji sein Byakugan dazu gebraucht, um Chinatsus Chakra zu überprüfen.« »Richtig, Sakura«, meinte ihr ehemaliger Temleader erfreut. Vollpfosten blickte ihn mit großen Augen an. Er war diesmal allerdings nicht der einzige. »Was benutzen, um mein Was zu überprüfen?«, fragte ich, unwissend wie ich nun mal war. Und ich ärgerte mich, dass ich mal wieder mit dem Vollpfosten gemein hatte. »Oh je«, seufzend schüttelte Kakashi den Kopf, »das heißt die ersten Stunden müssen wir erstmal dazu nutzen, um dir eine theoretische Übersicht zu verschaffen.« »Theorie?«, maulte Vollpfosten und ließ sich gefrustet auf sein Hinterteil fallen, »wie lahm. Ich bin nur gekommen, um zu sehen wie sie von dir fertiggemacht wird, Sensei Kakashi.« Nach diesem Satz hatte er drei Beulen: Eine von mir, eine von Sakura und eine von Kakashi. Damit begann meine erste Unterrichtsstunde. »Also gut, Yoshikawa. Zuerst einmal ist das sogenannte Chakra unsere elementare Energiequelle. Es durchströmt mit Hilfe der Kirakukei, eine Form von „Adern“, unseren ganzen Körper «, erklärte Sensei Kakashi und wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine Tafel mit einem menschlichen Umriss aus Kreide auf, welcher mit unzähligen blauen Linien durchzogen war. Mir klappte der Mund auf die Brust: »Wow, wo kommt die Tafel jetzt her?« »Konzentriert dich«, Sensei Kakashi schlug mir eine Schriftrolle auf den Kopf. »Hai«, rief ich gehorsam und setzte mich wieder aufrecht hin. »Wer sein Chakra kontrolliert, kann es bündeln und nutzen, um beispielweise ein Genjutsu oder Ninjutsu durchzuführen. Mit Ersterem kann man seinen Gegner durch das hervorrufen gewisser Illusionen verwirren. Das Zweite ist etwas komplexer und erfordert viele Jahre des Trainings. Das Chakra wird dabei geformt und erweitert die eigenen Kampftechniken. Es ist eine sehr individuelle Kraft, die bei jedem, aufgrund der Trainingsmethoden aber auch den Genen, anders angelegt ist. Damit wirst du allerdings vorerst nichts zu tun haben. Bei dir geht es erstmal hauptsächlich darum, dein Chakra sozusagen zu „aktivieren“ und die Grundlagen des Taijutsu zu erlernen. Taijutsu ist- « »Das kenne ich auch in meiner Welt«, unterbrach ich ihn, stolz endlich etwas zu wissen, »es bedeutet „Kampf ohne Waffen“, aber auch für andere Arten wie Bewegung, zum Beispiel das Tanzen.« Einen Moment blickte mich Sensei Kakashi nachdenklich an, doch dann sah ich das Lächeln in seinen Augen: »So könnte man es auch nennen. Allerdings bedeutet bei uns, dies noch etwas anderes. Taijutsu ist eine Kampfform, bei der ausschließlich der eigene Körper im Nahkampf verwendet wird. Das Chakra ist an dieser Stelle erstmal zweitrangig und wird nur für besondere Techniken verwendet.« »Aha, und was sind das für besondere Techniken?«, fragte ich nun etwas interessierter als zuvor. »Das spielt für dich keine Rolle«, sagte mein neuer Lehrer streng. Beleidigt schob ich die Unterlippe vor. Sensei Kakashi seufzte, als er meinen Unmut bemerkte: »Hör zu, Yoshikawa. Ich habe zwar dem alten Mann versprochen dir etwas beizubringen. Auch Tsunade- sama war einverstanden, dass ich dich trainiere, während du für Shirakawa arbeitest. Aber das bedeutet nicht, dass du eine Ausbildung zu einer Kunoichi erhältst, klar? Hier geht es nur um Selbstverteidigung. « Ich nickte langsam. Eigentlich hatte ich auch nicht vor lange genug hierzubleiben, um mich mit „Ninjakampftechniken“ zu beschäftigen. Trotzdem wuchs mein Interesse an dieser seltsamen Welt von Minute zu Minute. »Gut«, fuhr Sensei Kakashi zufrieden fort, wurde aber von Vollpfosten unterbrochen: »Och menno! Wie lange wollt ihr denn noch quatschen?« Doch es war nicht Sensei Kakashi, der diesmal antwortete, sondern der komische Typ mit den langen Haaren: »Wenn dir das zu langweilig ist, dann gehe doch zurück auf deinen Spielplatz, Uzumaki.« Wütend sprang Vollpfosten auf und stellte sich in eine Art von Kampfposition: »Hast du etwa ein Problem, Hyuuga? Wir können gerne darüber diskutieren!« Kakashi seufzte genervt: »Naruto, du hast jetzt wirklich eine Auszeit verdient! Entweder du setzt dich da hinten ruhig in die Ecke oder du verschwindest von hier!« Der Vollpfosten schob beleidigt die Unterlippe vor und stapfte dann breitbeinig zum Rand des Trainingsplatzes, sodass er uns nicht mehr hören konnte. Sakura verdrehte genervt die Augen: „Auch wenn er mir tierisch auf die Nerven geht, sollte ich ein Auge auf ihn haben.« Kakashi nickte und Sakura ging zu Vollpfosten, um sich neben ihn zu setzten. Dem schien das sehr zu gefallen, denn er rückte dicht neben sie. Nachdem sie ihm allerdings eine Kopfnuss verpasste, rückte er beleidigt wir von ihr weg. Ich kicherte. „Yoshikawa!«, ich zuckte zusammen als mein neuer Sensei mich anherrschte, »konzentriere dich nur auf dich!« Unschuldig blickte ich ihn an und er fuhr sich nur genervt durch die Haare: »Wie konnte ich mich nur darauf einlassen…« »Kakashi, willst du ihr die Theorie nicht später erklären? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, meinte der Hyuuga, den ich anfangs mit einem Mädchen verwechselt hatte, mit kalter Stimme. Irgendwie machte ihn seine Ungeduld nicht gerade sympathischer. Ich traute mich noch nicht mal einen bekloppten Spitznamen für ihn auszudenken, weil er mir einfach zu viel Angst machte. »Entschuldige, Neji«, meinte Sensei Kakashi und hob versöhnlich die Hände, »ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese erste Trainingsstunde so ein Kinderzirkus werden würde. Du hast Recht. Vielleicht sollte ich dich erstmal vorlassen und den Rest mit Yoshikawa später klären. Vielleicht fällt mir ja noch etwas anderes ein, um das ganze Training noch etwas zu beschleunigen.« Gespannt blickte ich zwischen den beiden Männern hin und her. Worum ging es hier eigentlich gerade? Doch sie hatten anscheinend keine Zeit mir alles detailliert zu erklären, denn sofort nickte dieser Hyuuga und schloss die Augen. »Bleib jetzt einfach hier ganz ruhig stehen«, Sensei Kakashi zerrte mich am Ärmel direkt vor den Hyuuga. Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, aber kein Laut entwich meinen Lippen. Ich spürte, wie sich etwas in mir vor Angst zusammenzog. Der würde mich doch nicht wirklich jetzt angreifen, oder? Um die Augen des Hyuugas bildeten sich kleine Äderchen und mein Herz begann wie wild zu schlagen. »Byakugan«, seine leise Stimme schickte mir einen Schauer über den Rücken. Als er mit einem Mal die Augen aufriss, fühlte ich mich wie gelähmt. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, nicht mehr atmen. Ich konnte diesem Blick nicht ausweichen, es war als würde er mich gefangen halten. Ich bereute es auf einmal mich auf dieses Training eingelassen zu haben. Ich kannte diese Leute noch nicht mal. Hier war alles so anders als zu Hause. Und es machte mir gerade mehr Angst denn je. Die Augen des Hyuuga schlossen sich wieder und ich spürte, wie meine Starre sich wieder löste. Mein Atem setzte wieder ein und überraschend gaben meine Knie nach, sodass ich wie eine leblose Puppe auf meine Knie fiel. »Alles klar, Yoshikawa?«, besorgt beugte sich Sensei Kakashi über mich. Ich nickte nur. Zu mehr war ich nicht mehr in der Lage. »Das ist seltsam«, meldete sich der Hyuuga nun zu Wort. Seine Augen waren wieder normal und ruhten nun nachdenklich auf mir. Ich wiederum wagte es nicht mehr ihn anzusehen und blieb einfach erschöpft auf dem Boden sitzen. »Was meinst du?«, Sensei Kakashi zog fragend eine Augenbraue hoch. Der Mann mit den schrecklichen Augen, fasst sich nachdenklich ans Kinn: »Ich konnte ihr Chakra sehen. Es ist zwar nicht viel, aber es ist da. Allerdings kann sie nicht drauf zugreifen. Ich vermute, dass es versiegelt wurde, indem man den Chakrafluss teilweise blockiert hat. Ihr Chakra reicht zum Überleben, aber solange das Siegel aktiv ist, kann sie es nicht formen oder für sonstiges verwenden.« Kapitel 4: KAPITEL 4: Das versiegelte Chakra -------------------------------------------- Für einen Moment blieb ich still, doch dann wiederholte ich die Worte des Hyuugas nochmal in meinem Kopf und blickte ihn mit panischem Gesichtsausdruck an: »Mein Chakra wurde versiegelt? Was heißt das? Kann ich also keine Kampftechniken erlernen?« »Hörst du mir nicht richtig zu?«, knurrte der junge Mann mit den unheimlichen Augen, »du kannst trainieren, sobald das Siegel aufgehoben wurde.« Ich sprang auf und ballt die Fäuste: »Dann los. Lös das Siegel. Ich bitte dich.« Verärgert verzog er das Gesicht und schnaubte: »Das kann ich nicht. Das überschreitet meine Kompetenzen.« »Meine im Übrigen auch«, mischte sich nun auch Sensei Kakashi wieder ein. Er machte ein besorgtes Gesicht. Das machte mich nur noch nervöser und ich blickte die beiden enttäuscht an: »Gibt es denn jemanden, er mir helfen kann?« »Sicher«, beruhigte mich der Sensei, »allerdings müssen wir noch mehr Sachen über dieses Siegel herausfinden. Beispielsweise, wer das veranlasst hat und warum. Weißt du, das Chakra einer Person sozusagen „einzusperren“ kommt bei uns einem Verbrechen gleich. Es ist, als hätte dir jemand deine halbe Lebenskraft genommen, verstehst du das?« Ich schluckte. Nein, ich verstand kein Wort, aber ich ahnte, dass hier etwas überhaupt nicht mit mir stimmte. Lag es daran, dass ich aus einer anderen Welt kam. »Kannst du dich daran erinnern, wer so etwas gemacht haben könnte?«, fragte Kakashi weiter. Ich schüttelte meinen Kopf: »Nein. Bisher wusste ich ja noch nicht mal, dass so etwas wie Chakra überhaupt existiert. In meiner Welt glauben zwar manche Menschen an so etwas, aber wirklich bewiesen wurde es nie. Und überhaupt, scheint hier so vieles anders zu sein.« »In deiner Welt?«, der Sensei blickte mich verwirrt an. Ich seufzte: »Das ist kompliziert. Ich bin plötzlich in der Nähe des Dorfes aufgewacht. Anfangs dachte ich noch, ich träume oder bin im Schlaf in ein anderes Gebiet meines Landes gereist, weil ihr die gleiche Sprache sprecht. Doch hier ist alles so anders. Es klingt vielleicht etwas schräg, aber ich habe das Gefühl ich bin in einem ganz anderen Universum gelandet. Wie auch immer.« »Das scheint natürlich eine Erklärung zu sein«, meinte Sensei Kakashi ernst und der Hyuuga nickte zustimmend. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf vor Überraschung. Sie glaubten mir wirklich? Ich musste mich wieder mal zwicken, um herauszufinden, dass ich nicht träumte. Diese Leute in diesem Dorf waren wirklich zu verschoben! »Und wenn deine Theorie stimmt, dann könnte das ganze noch eine Nummer schwieriger werden«, erklärte Sensei Kakashi, »dann wissen wir überhaupt nicht, womit wir es zu tun haben. Ich schlage vor, dass wir das Training für heute beenden und Tsunade- sama Bericht erstatten. Sie muss entscheiden, wie es für dich weiter geht. Vielen Dank, Neji, für die gute Arbeit.« Der Hyuuga nickte dem Sensei nochmal zu und verschwand so unwahrscheinlich schnell, dass ich noch nicht mal sagen konnte, in welche Richtung. »Sensei Kakashi, was ist passiert?«, Sakura tauchte mit Vollpfosten im Schlepptau wieder bei uns auf, »du machst so ein besorgtes Gesicht.« »Tja, wenn ich wüsste, was passiert ist, würde ich nicht so besorgt aussehen«, meinte der Sensei und schien wirklich ratlos zu sein, »aber keine Angst, Yoshikawa. Wir werden bestimmt eine Lösung finden. Da bin ich mir sicher. Aber vorher wirst du sicher eine Menge Untersuchungen über dich ergehen lassen.« »Untersuchungen?«, fragte Sakura alarmiert. »Ja, das erkläre ich dir auf den Weg zum Hokageturm. Wir sollten wirklich Tsuande- sama so schnell darüber unterrichten.« Ich fühlte mich von Sekunde zu Sekunde schlechter. Obwohl ich nie etwas davon gemerkt hatte, schien diese Sache, die der Hyuuga bei mir entdeckt hatte, ziemlich übel zu sein. Und auch Marmelades Reaktion auf diese Neuigkeiten machte mir alles andere als Mut. Sie schwieg im ersten Moment bevor sie einen tiefen Seufzer ausstieß und sich die Nasenwurzel massierte. »Ich habe mir schon gedacht, dass sie uns noch eine Menge Ärger bringen würde. Nimm’s mir nicht übel, Yoshikawa.« Ich schweig jedoch nur. Was sollte ich auch groß dazu sagen? Das ich die einzige normale in diesem Dorf bin? Ich glaube, das hätte meine derzeitige Situation auch nicht verbessert. Im Gegenteil sogar. »Ich habe da schon eine Vermutung«, meinte Marmelade und stützte ihr Knie auf ihre Hände. Als sie mich aus ihren dunklen Augen durchdringend anstarrte, lief mir ein Schauer über den Rücken. Was würde sie jetzt mit mir anstellen? »Oma Tsunade, was läuft bei der nicht richtig?«, Vollpfosten deutete mit dem Finger auf mich und kratzte sich abwesend den Bauch. Wütend funkelte ich ihn an und öffnete den Mund, um nicht etwas sehr Nettes zu erwidern, da rammte Marmelade ihre Handflächen auf ihren Schreibtisch: »Nenne mich nie wieder Oma, kapiert?!« Naruto zuckte zusammen und auch ich wich einige Zentimeter zurück. Wow, diese Frau hatte wirklich eine sehr aggressive Ausstrahlung. Ich linste hinüber zu Sakura, die keine Miene verzogen hatte. Die beiden Frauen waren sich wirklich sehr ähnlich. Ich schwor mir Sakura niemals wütend zu machen. »Und Yoshikawa ist unser Gast, also sei etwas höflicher zu ihr«, Marmelade verschränkte ihre Hände vor ihrer großen Brust und warf mir wieder einen intensiven Blick zu, »du stehst ab heute unter Konohas Schutz, hast du verstanden? Das bedeutet, dass wir herausfinden werden, wer dir dieses unverzeihliche Verbrechen angetan hat.« »D-danke«, stammelte ich nur und wusste nicht so richtig, wie ich damit umgehen sollte. Anscheinend war mir wirklich etwas Schreckliches angetan worden, dass die da alle so ein großes Drama draus machen. Und war es jetzt gut oder schlecht, dass sie mich unter ihren Schutz stellten? Der Hokage fuhr jedoch unbeirrt fort, ohne mich mein Gefühlschaos vorher ordnen zu lassen: »Dazu wirst du ab morgen in einem Spezialtrakt unseres Krankenhauses untergebracht werden. Wir müssen unbedingt einige Tests mit dir durchführen.« Ich schluckte. »Ist das denn wirklich notwendig?«, fragte Sakura und warf mir einen besorgten Seitenblick zu, „du weißt, dass ich dir vertraue Tsunade- sensei, aber das klingt wirklich sehr unangenehm.“ Tsuande warf mir einen entschuldigenden Blick zu: »Bevor wir das Siegel lösen, müssen wir absolut sicher sein, dass es deine Lebensenergie nicht schwächen würde. Zwar wissen wir dank Neji, dass dein Chakra nicht sehr ausgebildet ist, aber wenn es auf einmal entfesselt wird, besteht die Gefahr, dass es dich regelrecht von den Beinen reißt. Wir sollten vorsichtig vorgehen. Außerdem könnten diese Untersuchungen uns Aufschlüsse darüber geben, wie genau dein Chakra versiegelt wurde und damit auch von wem.« Ich nickte nur, aber ich bekam immer mehr Angst. Was würden sie mit mir anstellen? Konnte ich ihnen vertrauen? Sie machten alle nicht den Eindruck, dass sie mir etwas Böses wollten. Und doch konnte ich nicht aufhören zu zittern. »Würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich bei den Untersuchungen dabei sein?«, fragte Sakura. »Meinetwegen«, meinte Marmelade und fragte mich, ob es mir etwas ausmachen würde. Ich schüttelte meinen Kopf und warf Sakura ein dankbares Lächeln zu, was sie nickend erwiderte. Zumindest war ich nun nicht ganz alleine. »Und du«, wandte sich Marmelade an Vollpfosten, der seltsamerweise bisher nichts dazu beigetragen hatte, »stellst sicher, dass Yoshikawa sich vor den Untersuchungen noch erholt. Das ist dein Spezialauftrag.« »Wenn es denn sein muss«, murmelte der blonde Idiot und ich war überrascht, dass er diesmal keinen großen Aufstand machte. War er immer noch beleidigt, weil Sensei Kakashi ihn des Platzes verwiesen hatte? Marmelade nickte und wandte sich zuletzt an Sensei Kakashi: »Sobald wir Genaueres wissen, werden wir alles Weitere besprechen. Ich befürchte, dass Yoshikawa nach der Entfernung des Siegels noch zu geschwächt sein wird, um ein normales Training anzunehmen. Da das Training von Suzuwa- san angeordnet wurde, gehe ich davon aus, dass du ihm Bericht erstatten wirst.« »Ja, ich werde mich gleich auf den Weg machen«, antwortete der Sensei und verschwand einfach. Erstaunt starrte ich auf die Stelle, wo er eben noch gestanden hatte. »Gut, dann wäre für heute erst einmal geklärt«, seufzte Marmelade und deutete uns zu gehen. Als wir wieder draußen vor dem Turm des Hokagen standen, wanderte mein Blick automatisch zu dem Steinbruch am Rande des Dorfes, in den verschiedene Gesichter eingelassen worden waren. Er mir schon bei meiner Ankunft aufgefallen war. Ich erkannte nun eines der Gesichter als das von dieser Marmelade. »Sind das alles Hokage«, fragte ich Sakura und deutete auf die Gesichter. »Ja«, antwortete die Kunoichi, »unser erster Hokage war und er hat unser Dorf gegründet. Tsunade- sama ist der Hokage der fünften Generation und erst seit wenigen Jahren in ihrem Amt. Sie ist wirklich eine tolle Kunoichi und außerdem mein Sensei.« Ich nickte. Das erklärte zumindest, warum die beiden sich so ähnlich waren. »Und ich werde der nächste Hokage sein«, mischte sich nun Vollpfosten ein und deutete grinsend auf sich selbst. Ich warf ihm einen geringschätzigen Blick zu und meinte sarkastisch: »Natürlich. Auf jemanden wie dich hat die Menschheit auch sicher gewartet.« Wütend verzog Vollpfosten das Gesicht: »Du verstehst das nicht. Ich werde Hokage! Das habe ich mir fest vorgenommen! Wart’s nur ab, Brillenschlange!« Damit sprang er einfach davon. Ich blickte ihm nur kopfschüttelnd hinterher. Der Junge war ja nicht nur idiotisch, sondern überschätzte anscheinend sich selbst auch maßlos. Sakura grinste mich nur an: »Das ist Narutos Traum seit wir uns kennen.« »Was für ein Spinner«, meinte ich. »Vielleicht«, Sakura verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken und sah ihrem Teamkameraden nachdenklich hinterher, »vor einigen Jahren habe ich noch das gleiche gedacht wie du. Doch mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Auch wenn Naruto manchmal ein kompletter Idiot ist, hat er doch eine unwahrscheinliche Ausdauer. Egal wie oft er belächelt, besiegt oder beleidigt wurde, er ist immer wieder aufgestanden und hat weitergemacht. Es ist unglaublich wie sehr er sich in so kurzer Zeit weiterentwickelt hat. Dabei ist er aber immer er selbst geblieben.« »Hm«, machte ich nur, »allerdings kennst du ihn besser als ich.« »Wenn du ihn besser kennen lernst, wirst du deine Meinung vielleicht auch ändern«, meinte sie zuversichtlich. »Da wird wahrscheinlich ja jetzt nichts mehr draus«, sagte ich schulterzuckend und konnte meine Freude darüber, die Wohnung des Vollpfostens endlich verlassen zu können, nicht unterdrücken. Sakura lachte nur: »Ja, wenn ich mit Naruto zusammenwohnen müsste, würde ich auch durchdrehen.« »Danke, für dein Mitleid«, murrte ich und streckte mich, »deshalb werde ich jetzt auch erstmal wieder in der Bibliothek verschwinden. Dann brauche ich den Vollpfosten nicht allzu lange ertragen.« »Bist du sicher, dass du dich nicht noch ein wenig ausruhen willst? Morgen wird sicher anstrengend.« »Weißt du, für mich gibt es nichts Besseres als ein gutes Buch, um mich zu entspannen. Außerdem möchte ich jetzt mehr über euer Dorf und euch Shinobi erfahren. Ich würde auch gerne verstehen, was mit mir geschehen sein könnte.« »Wie du meinst«, Sakura zuckte mit den Schultern, »findest du den Weg alleine? Ich habe nämlich noch etwas zu erledigen.« »Ja, danke, Sakura-chan. Ich darf dich doch so nennen, oder?« »Klar«, lächelte sie, »ist es dann in Ordnung, wenn ich dich Chi-chan nenne? Sai hat mir von deinem Spitznamen erzählt. Du bist dabei echt gut weggekommen.« »Ja, mir gefällt der Name. Wieso gut weggekommen? Wie ist denn dein Name?«, lachte ich. Doch sie winkte nur ab: »Kein Kommentar. Ich muss jetzt auch los. Gehe nicht zu spät nach Hause. Sonst macht sich Naruto sicher auch Sorgen um dich.« »Als ob«, brummte ich. Sakura warf mir einen durchdringenden Blick zu und ich murmelte in meinen nicht vorhandenen Bart, dass ich rechtzeitig nach Hause gehen würde. Sie war Marmelade unwahrscheinlich ähnlich, verdammt! Jedoch hielt ich mich nicht im Geringsten an das Versprechen, dass ich Sakura gegeben hatte. Sobald ich das erste Buch zur Geschichte Konohagakures gefunden hatte, konnte ich sogar nicht mehr an meinen Aufenthalt im Krankenhaus denken. Es war einfach viel zu spannend! Zwar konnte ich viele Übereinstimmungen zur japanischen Geschichte entdecken und doch gab es große Unterschiede. Ich verschlang regelrecht das Kapitel über die verschiedenen Kekkai Genkais der Clans im Dorf und hielt die Luft an, als der dritte Ninjaweltkrieg ausgerufen wurde. Ehe ich mich versah, war es dunkel draußen geworden und der Bibliothekar musste mich fast unsanft vor die Tür setzten. Ich musste meine gesamten Überredungskünste aufbringen, damit er mir einige der Bücher auslieh, denn anscheinend hatte ich sein Misstrauen erweckt. Aber als ich meine Beschäftigung bei Sensei Suzuwa erzählte, ließ er sich schließlich dazu breitschlagen und ich trat zufrieden mit drei dicken Schinken unter dem Arm auf die dunkle Straße. Kaum war ich um die nächste Ecke gebogen, sprang etwas über einen Holzzaun und landete direkt vor meinen Füßen. Vor Schreck machte ich einen Satz rückwärts, fiel rücklings auf mein Hinterteil und ließ dabei alle Bücher fallen. Als ich Vollpfostens Gesicht im Laternenlicht erkannte, ließ ich eine Schimpftriade vom feinsten los. Ich werde diese Wörter hier jetzt nicht wiederholen. Doch Vollpfosten ließ sich davon gar nicht einschüchtern. Er baute sich mit den Händen an den Hüften über mir auf und funkelte mich wütend an: »Kannst du mir mal verraten, warum du hier noch alleine im Dunkeln auf der Straße herumläuft?« »Das geht dich gar nichts an«, zischte ich, stieß ihn zur Seite und sammelte schnell die Bücher auf. »Und ob«, er fuchtelte wild mit den Armen vor meinem Gesicht herum, »Oma Tsunade hat mir die Aufgabe gegeben mich um dich zu kümmern.« »Ich brauche verdammt nochmal keinen Babysitter! Ich komme alleine super zurecht«, meinte ich und konnte die leichte Arroganz in meiner Stimme nicht unterdrücken. Ich klopfte den Staub von den Büchern und wollte eigentlich alleine weiterlaufen, aber irgendwie hatte Vollpfosten mich nicht richtig verstanden, denn er lief einfach neben mir her. Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um ihn dafür wieder zu beschimpfen, da kam er mir zuvor: »Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn Chakra nicht benutzt werden kann? Tut es weh?« Ich war überrascht über seinen ernsthaften Ton, aber ich wollte ihn das auf keinen Fall spüren lassen. »Siehst du mich ständig vor Schmerzen schreien, oder was?«, fragte ich spitz und verstärkte meinen Griff um die Bücher. Die wurden langsam echt schwer. »Kein Grund gleich wieder nervig zu werden«, brummte Vollpfosten und verschränkte die Hände hinterm Kopf. Ich warf ihn einen unauffälligen Seitenblick zu. Aus irgendeinem Grund schien ihn meine ganze Situation nachdenklich zu machen. Warum benahm er sich so völlig anders als sonst? Das machte mir ein wenig Sorgen. Ich seufzte tief: »Es tut nicht weh. Ich wusste bis heute ja noch nicht mal, dass ich so etwas wie dieses Chakra besitze. Mir hat also nie etwas gefehlt. Ich war immer gesund und körperlich fit. Also verstehe ich gar nicht, warum ihr alle so ein Drama darum macht!«, ich konnte nicht verhindern ihm den letzten Satz regelrecht ins Gesicht zu schreien. Wir waren mittlerweile stehen geblieben und ich atmete schwer. Warum? Warum fühlte es sich plötzlich so an, als wäre mein gesamtes bisheriges Leben eine Lüge gewesen? Warum war ich hier? Es musste doch einen Grund dafür geben… »Hey, Oma Tsunade wird schon herausfinden, was passiert ich, also kein Grund zu weinen«, durchbrach Vollpostens sanfte Stimme meine düsteren Gedanken. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass mir plötzlich die Tränen übers Gesicht liefen. Doch der mitleidvolle Blick, den er mir zuwarf, machte mich nur noch wütender. Schnell wischte ich mir die Tränen weg und drückte dem überraschten Shinobi meinen Stapel Bücher in die Hand. »Wenn du mir helfen willst, dann mach dich wenigstens nützlich.« Dann drehte ich mich um und lief eilig weiter. Ich achtete nicht mal darauf, ob er mir noch folgte oder nicht. Es verwirrte mich heute einfach alles. Ich wollte sein Mitleid nicht. Mir ging es doch immer gut. Warum sollte sich daran plötzlich etwas ändern? Ich biss fest die Zähne zusammen und rannte die letzten Meter zu meiner ungewollten Unterkunft fast. Als ich schwer atmend vor der Haustür zum Stehen kam, war Vollpfosten plötzlich neben mir. Er schien mir den Rest des Weges wortlos gefolgt zu sein und ich hatte es nicht mal bemerkt. Er schien noch nicht mal so außer Atem zu sein wie ich. Wahrscheinlich war er doch ein besserer Ninja als ich bisher angenommen hatte. »Man, du bist wirklich die Pest! Wird man dich denn nie los?“«, brachte ich grimmig zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er grinste bloß frech und schürzte die Lippen: »Nö. Wenn ich einen Auftrag habe, dann erfülle ich ihn auch.« Ich verdrehte bloß die Augen uns folgte ihm etwas widerwillig in seine chaotische Wohnung. Wie hatte Marmelade nur auf die Idee kommen können mich hier einzuquartieren? In meiner Heimat war es nicht gerne gesehen, dass eine unverheiratete junge Frau und ein…na ja…okay…ich sah ein, dass es in diesem Fall kein Problem war. Vollpfosten als jungen Mann zu beschreiben ging doch ein wenig zu weit. Er war eher wie ein kleines Kind. Doch sein Chaos ging mir gewaltig gegen den Strich. »Kannst du nicht wenigstens ein bisschen aufräumen, wo du jetzt einen Gast hast«, schnaubte ich und wischte einen Stapel Dreckwäsche zu Seite, damit ich mich an den kleinen Tisch setzten konnte. »Du bist doch morgen sowieso wieder weg«, meinte er. Verflixt, touché! Er hatte Recht! »Hey, pass doch ein bisschen auf. Die sind nur geliehen!«, schimpfte ich stattdessen, als er den Stapel Bücher achtlos auf den Boden fallen ließ. »Man, sind Mädchen eigentlich alle immer so schlecht gelaunt«, meinte er genervt. »Sicher nur, wenn du in der Nähe bist«, knurrte ich, »du schaffst es irgendwie alle auf die Palme zu bringen!« Daraufhin schwieg er. Ich blinzelte verwirrt. Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Ich konnte mir vorstellen, dass er etwas Ähnliches schon öfters von Sakura gehört hatte. Es tat mir fast schon ein wenig leid. Ich sollte etwas netter zu ihm sein, denn immerhin hatte er ohne Murren die Bücher für mich getragen und auch wenn er mich andauernd nervte und beleidigte, hatte er an diesem Abend nach mir gesucht. Selbst wenn es ein Auftrag vom Hokage war. Und er hatte mich vorhin nur trösten wollen… Ich seufzte und ließ die Schultern hängen: »Sorry. Ich bin nur so angespannt wegen der ganzen Situation. Ich kenne hier niemanden und fühle mich einfach alleine…« Im Schneidersitz setzte er sich mir gegenüber und starrte mich nachdenklich an: »Es war das erste Mal.« »Wie bitte?«, fragend hob ich eine Augenbraue. »Es war das erste Mal, dass du deine wahren Gefühle ausgesprochen hast«, sein Lächeln war dieses Mal vollkommen anders als dieses idiotische Grinsen, das er bisher immer an den Tag gelegte hatte. Es war warm und echt und ließ mich plötzlich alle meine dunklen Gedanken mit einem Schlag vergessen. Ich zwinkerte ein paar Mal verwirrt: »Habe ich das bisher nicht?« »Na ja, bisher warst du immer nur arrogant oder sarkastisch. Du hast versucht deine wahren Gefühle zu überspielen«, er kratzte sich verlegen am Kopf, »ich kenne das. Ich mache das auch manchmal, aber schon lange nicht mehr so oft wie früher.« »Wie meinst du das?«, plötzlich wuchs mein Interesse an diesem Gespräch ins Unermessliche. Es war als hätte ich plötzlich wieder eine neue Seite an Vollpfosten entdeckt. »Früher haben mich die anderen Dorfbewohner gehasst. Ich war immer alleine und von den anderen Kindern wollte niemals mit mir spielen. Deshalb habe ich mich manchmal wirklich unmöglich benommen. Doch jetzt ist alles anders. Jetzt habe ich viele Freunde und bin nicht mehr alleine.« Er grinste breit. »Wieso haben dich alle gehasst?«, wollte ich wissen. »Das«, meinte er verlegen, »erzähle ich dir lieber ein anderes Mal. Jedenfalls brauche ich nun nicht mehr traurig sein. Du solltest vielleicht auch öfters deine wahren Gefühle ausdrücken und den Leuten nicht immer nur mit Misstrauen begegnen.« Glücklich machte mich diese Erklärung keinesfalls, aber ich wollte auch nicht weiter nachbohren. Schließlich fand ich es ja auch selbst unangenehm ausgehorcht zu werden. Nachdenklich legte ich den Kopf schief. Auch wenn Vollpfosten nach außen hin immer so idiotisch und unwissend tat, schien das nur eine Fassade zu sein. In Wirklichkeit war er in seiner Kindheit bestimmt sehr verletzt worden durch die Abneigung der anderen Dorfbewohner. Oh mein Gott, ich hörte mich an wie eine Hobbypsychologin! Irgendwie konnte ich ihn aber verstehen. Auch ich bin immer alleine gewesen. Ich hatte nie Freunde gefunden und nachdem meine Mutter gestorben war, hatte ich niemanden mehr. Ich verschanzte mich hinter meinem Sarkasmus und benutzte es, um meine Gefühle vor Enttäuschungen zu schützten. Was für ein erbärmliches Leben! Schnell schüttelte ich alle Gedanken aus dem Kopf und gähnte: »Alles klar. Ich habe verstanden. Ich werde versuchen netter zu allen zu sein, aber jetzt gehe ich erstmal schlafen.« »Hey, du nimmst mich nicht ernst«, klagte Vollpfosten, aber ich ignorierte ihn einfach, legte mich auf Sofa und zog mir die Decke über den Kopf. Ich schämte mich. Ich schämte mich, dass ich immer so negativ anderen Menschen eingestellt war und es machte mich wütend, dass ausgerechnet so ein Vollidiot wie Naruto mir das vor Augen gehalten hatte. Am nächsten Tag, war von der Ernsthaftigkeit des Vorabends allerdings nichts mehr zu bemerken. »Pass verflixt nochmal mit deinem Reis auf. Du saust hier alles voll! Die Bücher sind nur geliehen!« »Isch veschteh schowiescho nisch, wahum du die mitgenommen hascht«, antwortete Vollpfosten mit vollem Mund. »Nützt auch nicht dir das zu erklären«, ich verdrehte die Augen und stieß ihn unsanft zur Seite, sodass er und seine Reisschüssel das Gleichgewicht verloren und er auf seinem Hinterteil und die Schüssel mit dem heißen Reis auf seinem Kopf landete. Mindestens zehn Minuten sprang er danach vor Schmerz durch seine Wohnung. Ich rannte ihm genauso bescheuert hinterher und versuchte ihm einen kalten Lappen auf den Kopf zu legen. Aber irgendwie verstand dieser Junge meine guten Intentionen nicht und weigerte sich gegen jede Form der Hilfe. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, setzte er sich beleidigt auf sein Bett und jammerte vor sich hin. Kurz gesagt: Der Morgen in dieser kleinen Wohnung war eine absolute Katastrophe. Irgendwie schaffte ich es aber doch mich anzuziehen und zu frühstücken. Ich muss sogar zugeben, dass mir dieses Chaos ganz guttat. So hatte ich zumindest keine Zeit über meinen bevorstehenden Krankenhausaufenthalt nachzudenken. Ich war gerade dabei unser Geschirr abzuwaschen (aufgrund meines schlechten Gewissens, weil der Reis doch eine ganz schon rote Stelle auf seiner Stirn hinterlassen hatte, hatte ich diese Aufgabe übernommen), da klopfte es an der Haustür und Sakura steckte ihren Kopf ins Zimmer. »Gut Morgen. Ich wollte nicht stören, aber Tsunade- sama hat mich damit beauftragt dich abzuholen, Chinatsu- chan.« Sie lächelte mich an und zog dann die Augenbrauen zusammen, als sie Naruto immer noch schmollen sah. »Was ist denn mit dem passiert?« »Er hatte heute Morgen einen kleinen Unfall«, erklärte ich ausweichend und lächelte unschuldig, »ich bin gleich soweit. Ich muss nur noch ein paar Sachen zusammensuchen.« Sakura nickte und blickte fragend auf Vollpfostens Gesicht: »Was ist dir nur wieder passiert, Naruto?« Endlich schien Vollpfosten auch realisiert zu haben, dass wir Besuch hatten. Er sprang auf und hüpfte wie ein kleines Kind um Sakura herum: »Sakura-chan, schau was sie mit meinem gutaussehenden Gesicht gemacht hat. Ich brauche deine unbändige Liebe, um wieder zu heilen.« Damit schmiegte er sich eng an die Kunoichi und klimperte mit den Wimpern. Im ersten Moment sah es so aus als würde ihm Sakura wieder eine für seine Aufdringlichkeit verpassen wollen, doch dann besann sie sich eines Besseren, seufzte tief und hielt ihre Hand an Narutos Stirn. Wie durch Geisterhand verschwand die gereizte Stelle und hinterließ nicht mal ein Brandmal oder sonstiges. Vollpfosten war viel zu überrascht, um sich übers Sakuras plötzliche Zärtlichkeit zu freuen. »Wow«, meinte ich anerkennend, »was ist passiert?« »Ich habe mein Chakra benutzt, um seine Wunde zu kühlen. Außerdem habe ich sie desinfiziert, sodass es sich nicht entzünden kann. Normalerweise setzte ich für solche Kleinigkeiten mein Chakra nicht ein, aber die Verbrennung hätte eventuell eine Narbe hinterlassen. Narutos Gesicht ist schon hässlich genug.« »Hey Sakura-chan, das ist doch überhaupt nicht wahr«, protestierte Vollpfosten lautstark, »ich sehe viel besser aus als Sas-«, blitzartig stockte er und auch Sakura hielt in ihrer Bewegung inne. Die beiden sahen plötzlich aus, als sei ihnen der Tod höchstpersönlich begegnet. Verdattert blickte ich zwischen den beiden hin und her. Naruto hatte seine Hände zu Fäusten geballt und Sakura wischte sich schnell ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Dann lächelte sie mich wieder an: »Chinatsu- chan, hast du alles? Wir sollten schleunigst aufbrechen. Tsunade- sama ist nicht die geduldigste.« »Ja, aber…«, stammelte ich, doch schluckte den Rest des Satzes herunter. Narutos Blick war starr auf etwas gerichtet. Überrascht stellte ich fest, dass es das Bild seines Teams war: Sensei Kakashi, Sakura, Naruto und- wie hieß dieser Typ mit dem düsteren Blick nochmal? Genau, Sasuke! Es schien als würde dieser Sasuke irgendwie ein wunder Punkt bei den beiden sein. Aber wieso? Was machte sie so traurig? War er gestorben? Bestimmt. Ich konnte sie allerdings nicht danach fragen. Das wäre zu taktlos gewesen. Und doch beschäftigte mich diese Sache auf einmal. Ich nahm mir vor bei meinem nächsten Besuch in der Bibliothek mehr darüber herauszufinden. »Kommst du, Chinatsu?«, wederholte Sakura tonlos. »Äh klar«, beeilte ich mich zu sagen und schnappte mir die alte Plastiktüte, die ich mir von Vollpfosten ausgeliehen hatte, um mein weniges Hab und Gut, sowie die Bücher über Konoha mitzunehmen. Sakura verschwand wortlos ins Freie, an der Tür blieb ich nochmal stehen und drehte mich zu Vollpfosten um. Aus irgendeinem Grund verpasste es mir einen Stich, als ich sah wie traurig er immer noch auf dieses Bild starrte. Er schien noch nicht mal bemerkt zu haben, dass wir bereits aufbrachen. Ich öffnete den Mund und wollte noch etwas einen Dank für seine „Gastfreundschaft“ aussprechen, aber ich konnte nicht. Das einzige, was mir über die Lippen kam, war ein leises »Tschüss« und dann schloss ich die Tür hinter mir. Irgendwie hatte ich mir meinen Abschied von Vollpfosten und seiner Wohnung vergnügter vorgestellt. Hosted by Animexx e.V. 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