Gedanken einer kranken Seele von Chieri_Sono (One Shotsammlung wirrer Gedankengänge) ================================================================================ Kapitel 1: Wenn ein jeder an sich selber denkt... ------------------------------------------------- Dies sind nichts weiter als die Gedanken einer kranken Seele, die versucht ihren Platz in dieser Welt voller narzisstischer und machthungriger Menschen zu finden. Umgeben von verlorener Menschlichkeit, in der ein jeder nur an sich selber denkt und danach strebt mehr zu sein als andere, um von oben herab auf die noch unten kriechenden zu treten und auf ihnen herumzutrampeln. Nettigkeit und Hilfsbereitschaft sind verlorene Attribute, die keine Rolle in der neuen Gesellschaft spielen und im Keim erstickt werden müssen. Ein jeder hat nur an sich selbst zu denken und wenn ein jeder sich daran hält, so ist an jeden gedacht. Es beschleicht mich dabei eine tiefe Traurigkeit, wenn ich daran denke und es Tag für Tag erlebe. Tagtäglich begegnen wir Menschen, die nichts weiter als Fremde für uns bleiben, nicht einmal unsere Nachbarn kennen wir. Wozu die wertvolle Zeit damit verschwenden andere Menschen kennenzulernen, sich ihre Geschichten anzuhören und zu bemerken, dass auch sie fühlende Wesen sind, mit einer individuellen Persönlichkeit und Bedürfnissen, die viel tiefer gehen als eine oberflächliche Betrachtung es je erahnen lassen würde. In unserer Welt ist dafür kein Platz und keine Zeit, bringen uns die Begegnungen mit anderen doch nicht weiter auf dem eigenen Weg. Es ist keine Zeit für Menschlichkeit vorgesehen, für eine liebevolle und herzliche Geste oder erwärmende Worte. Sie bringen nichts und schon gar nicht bringen sie einen voran. Alles was zählt ist Ansehen und Geld und Geld bekommt man nur, indem man seine Zeit sinnvoll mit Arbeit füllt, für welche man bezahlt wird. Aus einem Kind kann nur etwas werden, wenn es fleißig lernt, keine Fragen stellt und brav erfüllt, was erwartet wird. Für die individuelle Entwicklung bleibt keine Zeit. Es hat zu lernen, wie man rechnet und schreibt. Analysiert alte Gedichte und paukt Vokabel für Vokabel, um eine andere Sprache sprechen zu können. Man braucht diesen Kram, der Stoff bereitet auf das Leben vor, es ebnet alles den Weg zu Anerkennung und Ansehen, das ist es was wichtig ist, das ist es, was wirklich zählt. Freunde sind nur dann sinnvoll, wenn sie dem eigenen Zwecke dienen. Bringen sie einen weiter, profitiert man von ihr, so sollte man sie warm halten, aber bloß nicht zu tief gehen lassen. Irgendwann hat die Freundschaft nämlich keinen nutzen mehr und sie weiterhin zu pflegen wäre verschwendete Energie und Zeit, weil sie eher ausbremst als alles andere. Daher muss man sie schnell loslassen können, ohne schlechtes Gewissen und einfach weiter voran schreiten. Denn das was zählt, sind die eigenen Ziele und das eigene weiterkommen. Es gibt noch genügend Personen, welche als Freunde dienlich sein können, bis auch sie fallen gelassen und ausgetauscht werden müssen. Man merke sich diese Aussage, nur wer der eigenen Person dienlich ist, darf für die Zeit seines Nutzen in den Genuss der Freundschaft kommen, doch obacht ist geboten, wenn die Person zur Last wird und das vorankommen behindert, dann ist es höchste Zeit sie los zu werden und sich nach etwas neuem umzusehen. Es gibt genügend arme Seelen da draußen, die sich nur danach sehnen, diese freigewordene Lücke zu füllen, was aus den Fallenden geworden ist, ist nicht mehr wichtig, denn nur die eigene Person ist was zählt. So war es immer und wird es immer sein. Doch was passiert, wenn all das Streben nichts genützt und man von oben hinab auf den Boden fällt? Niemand schert sich darum, niemand nimmt es wahr. Denn sie alle streben ihren eigenen Idealen nach und haben keine Zeit sich mit dem Gefallenen zu beschäftigen. Bringt er keinen Nutzen, wird er nicht beachtet, so wie er es vorher mit all den anderen tat. Die Erkenntnis ist bitter und schmeckt so schrecklich, wie verdorbener Fisch. Was würde man für eine freundliche Seele geben, die in diesen Stunden für einen da wäre und zuhören würde. Die einem die Wunden leckt und wieder aufbaut, nach dem harten Fall. Doch was dann? Meist lässt man diese gute Seele fallen, wenn man wieder stark genug und man erneut voranschreiten kann. Die helfende Hand wird mit Füßen getreten und zurück in den Dreck gestoßen, weil sie nicht mehr von Nöten ist und beim Emporsteigen nur behindern würde und so startet der Kreislauf wieder von vorne, ohne dass daraus etwas gelernt wurde. Zurück bleibt eine freundliche aber gebrochene Seele, die trotz allem jedem Fallenden ihre Hand zum Helfen reicht. Obwohl sie weiß, dass es sich nicht ändern wird, lernt sie nicht dazu, streckt immer wieder ihre Hand zum Helfen aus. Wie närrisch, denken sich die Strebsamen und vergessen dabei völlig, dass sie nur da stehen, wo sie nun stehen, weil auch sie diese helfende Hand ergriffen haben in ihrer dunkelsten Stunde  und sie ausgebeutet haben bis zum letzten Tropfen. Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle gedacht - Falscher kann man nicht liegen, falscher kann man nicht denken. Es wird immer einen geben, der nicht bloß an sich selber denkt, der Herzlichkeit und Menschlichkeit schätzt und bereit dazu ist, sie mit anderen zu teilen. Ohne Freundlichkeit, Herzlichkeit und Menschlichkeit kann es nicht auf Dauer funktionieren. Dazu sind wir Menschen nicht geschaffen, doch leider sind die meisten zu blind, um zu erkennen, was so essentiell für das Leben ist. Erst wenn es zu spät ist, fangen diese Menschen an darüber nachzudenken, doch zu spät ist zu spät und irgendwann kann selbst die fürsorglichste Seele diese Last nicht mehr tragen. Irgendwann ist sie so gebrochen und ausgelaugt, dass sie nicht mehr zu retten ist und wenn auch die Letzte dieser seltenen Seelen erloschen ist, wird die Menschheit merken, dass sie ihren eigenen Untergang geschaffen haben. Und wenn es soweit ist, werden die Tränen der erloschenen Seelen als Regen auf die Erde fallen und vielleicht all das Leid hinfort waschen, damit etwas Neues entstehen kann, was vielleicht aus den Fehlern ihrer Vorgänger lernt, denn die Knospe der Hoffnung blüht selbst auf dem trostlosesten Schlachtfeld. Kapitel 2: Der unsichtbare ungebetene Gast ------------------------------------------ Hallo du, ja genau du! Schau nicht so ungläubig, ich rede wirklich mit dir, kein Witz, keine Einbildung. Über diese Zeilen kommuniziere ich mit dir, ob ich real bin? Was denkst du? Ist es dir lieber wenn ich real wie ein Mensch aussehe, vielleicht wie ein Zwilling den du nicht hast, aus einem anderen Paralleluniversum? Oder doch lieber der sprechende Fisch aus dem Wasser, der dir wie im Märchen drei Wünsche erfüllt? Mir ist es gleich als was du mich siehst, doch ich existiere. Vielleicht kann man mich nicht sehen, vielleicht kann mich außer dir auch niemand hören oder diese Zeilen lesen, das heißt aber nicht, dass ich nicht existent bin. Mag sein, dass durch meine Adern kein Blut fließt und durch meine Lungen kein Sauerstoff. Braucht es dies um wirklich zu sein? Nein, ich brauche nur dich, denn durch dich existiere ich. Siehst du all die Menschen, die da draußen vor den Fenstern des Cafés entlang schlendern? Sie können mich nicht sehen, wie ich neben dir stehe, meine Hand auf deine Schulter lege, um dir zu versichern, dass ich da bin. Sie können nicht meine Stimme hören, wenn ich mal leise und mal laut mit dir spreche. Auch meine Zeilen werden sie nicht als meine Entziffern können, sondern nur als die deinen. Ich bin da und doch auch wieder nicht, für jedermann unsichtbar, außer für dich. Du spürst meine Nähe, du merkst meinen Atem in deinem Nacken und die Berührungen, wenn ich dich für mich beanspruche. Eine Verbindung enger als du es jemals für möglich gehalten hast und ungreifbarer als der eigene Schatten, der deine Silhouette widerspiegelt, wenn du vom Licht bestrahlt wirst. Sehe mich als was du willst, doch meine Wenigkeit lässt sich nicht in ein Korsett zwängen, lässt sich nicht einfangen und anfassen. Wie die Luft, die du zum Atmen brauchst kannst du mich nicht sehen und mir keine Gestalt geben, um mich zu beschreiben. Ich habe keine feste Materie, kein eigenen Geruch, kein eigenes Geräusch, keine eigene Form und auch keine eigene Oberfläche. Aber ich bin auch nicht nichts. Verwirrend nicht wahr? Was kann da sein und doch auch nicht da sein? Was kannst du wahrnehmen und spüren, auch wenn ich gar nichts habe, von dem du ausgehen kannst, dass es fühlbar ist? So viele haben schon versucht mir ein Gesicht zu geben, doch ungeachtet dessen, kann dieses geschaffene Gesicht meiner Wenigkeit nicht für alle gelten. Nein, du bist nicht alleine. Es gibt mehrer wie dich, die so besonders sind und die Gabe haben, mich wahrzunehmen. Sie alle versuchen mich zu begreifen, mich zu fassen, so wie du es tust. Wie ich zu Beginn schon sagte, ich kann dein Zwilling aus einer anderen Welt sein, oder der sprechende Fisch der dich umrundet. Wandelbarkeit ist eine meiner Spezialitäten, was der Grund dafür ist, dass man mir kein allgemeingültiges Aussehen verpassen kann. Ich bin so einzigartig wie ein jeder Mensch, auch wenn unterschiedliche Menschen die Bekanntschaft mit mir machen, bleibe ich nicht wie sie mich kennen gelernt haben. Immerzu bin ich im wandel, meint man mich entdeckt zu haben, schwupps bin ich schon wieder was anderes und wo anders. Denn ich will hier nicht weg, ich will genau da bleiben wo ich bin, bei dir für immer und ewig. Kein Grund zur Besorgnis, du wirst dich dran gewöhnen, auch wenn es schwierigkeiten miteinander geben kann, das wird schon werden, da bin ich mir sicher. Lausche nur meinen Worten und lasse dich von mir führen, höre auf dir einen Kopf über die Welt da draußen zu machen. Hier in unserer kleinen privaten Welt ist es doch schön gemütlich und sicher. Denn was denkst du wohl würde passieren, wenn du anderen von mir diesem nicht sichtbaren Etwas berichtest? Sie würden dich für verrückt erklären! Das glaube mir. Ich will dir nichts schlechtes, keineswegs, dass musst du mir glauben. Bei dir ist es so schön einladend, dass ich nicht weiterziehen will. Lass dich von mir treiben und geb dein eigenes Selbst Stück für Stück auf, ich nehme es dankbar entgegen. Ermöglichst du mir meine eigene Freiheit. Durch jedes Stück deiner Selbst, dass du an mich übergibst, wachse ich und kann Teil deiner Welt sein. Bis ich sie ganz für mich beanspruchen kann, so wie dich, deinen Körper und deine Gedanken. Na erkennst du langsam wer oder was ich bin? Hör auf zu kämpfen ich habe schon zu viel von dir übernommen. Geb es auf, es macht keinen Sinn. Einmal in meinen Fängen ist ein entrinnen unmöglich. Ich will dir nichts böses, nur dein eigenes Wesen, denn ich bin das Etwas, was Persönlichkeiten frisst und nur leere Hüllen zurück lässt, die für mich wie Marionetten sind, denn ohne den Körper kann ich selbst nicht leben. Du siehst ich will dir nichts schlechtes, du musst für mich weiter leben, doch höre auf dich dagegen aufzulehnen, es bringt dir nichts. Ich gebe nichts wieder her, was mir gehört. Akzeptiere es endlich, denn ich bin der Schatten in deinen Gedanken, ich bin der Übernehmer deines Körpers und der Herrscher deiner Gedanken. Ich bin die Depression. Kapitel 3: Das kleine Fünkchen Hoffnung --------------------------------------- Manchmal da gibt es Tage, an denen ich denke, ich kann alles schaffen und nichts, wirklich gar nichts kann mich und meine Laune trüben. Ich strahle förmlich von innen heraus, meine äußere Hülle kann dem nichts entgegensetzen, muss sich damit abfinden und arrangieren. An solchen Tagen geht es mir wirklich gut, ich kann Freude empfinden und zwar eine Freude von der ich glauben und behaupten kann, dass es meine eigene ist. Niemand lässt mich diese Freude fühlen und ich tue auch nicht so, als ob ich sie empfinden möchte, nur um den Schein zu wahren. Nein sie scheint tief aus meinem Inneren herauszukommen und spielt vergnügt wie ein kleines Kind umher. Es fühlt sich befreiend an und für die anhaltende Zeit genieße ich die Freiheit, welche mir die Depression, mein anderes Ich einräumt. Es wird nicht ewig halten dieses Gefühl, das weiß ich und hoffe doch jedes Mal aufs Neue, dass sie bleiben wird und ich nicht wieder von dem dunklen Schatten meiner Selbsts heimgesucht werde. Dieser kleine Funke Hoffnung, der Ausblick auf das, was ich haben könnte, wenn es dieses andere ich, diese Krankheit nicht geben würde, er gibt mir Kraft, zeigt mir, dass nicht alles immer bloß schlecht ist und auch in Rückschlägen nichts enthalten ist, was mich für ewig auf dem Boden halten wird. Es zeigt mir wie mein Leben sein könnte, wenn ich es schaffe mein anderes ich zu überwinden. Falle ich zurück in mein dunkles Loch und das andere Ich schließt mich unter seinen Mantel der Dunkelheit ein, kommen mir die Tage im Licht wie ein Traum vor, so unreal und unwirklich, doch es gab sie. Etwas in mir versucht den dünnen Faden krampfhaft festzuhalten, der mich mit der schimmernden Welt außerhalb meines Seins verbindet, doch je länger ich in der Dunkelheit gefangen bin, umso schwächer wird es, bis es gezwungen ist, dieses Band bis zum Nächsten Mal loszulassen. Solange ich kämpfe wird es ein nächstes Mal geben, soviel ist sicher, nur wann das sein wird und für wie lange, das kann ich nicht sagen. Mal dauert es Monate bis ich für einen einzigen Tag dieses warme Gefühl verspüre und mit dem Aufstehen weiß, heute wird ein guter Tag, denn es geht mir wirklich gut und mal nur wenige Wochen. Ab und an hält diese Hochphase sogar beinahe eine Woche und mein innerer Hoffnungsfunke wird größer, je länger die hellen Tage andauern. “Vielleicht bin ich sie endlich los, diese negativen Gedanken, die mich festhalten und nicht fliegen lassen” ja das ist meine Hoffnung jedes Mal aufs Neue, doch noch bewahrheiten sie sich nicht, noch schafft es der dunkle Schleier immer wieder sich um mich zu legen und zu erdrücken. Es ist erstaunlich wie schnell die eigene Gefühlswelt von einem Tag zum anderen sich verändern kann. Von positiv gestimmt ins endlose negative und natürlich auch umgekehrt. Ein Phänomen, welches ich nicht begreifen kann oder nicht begreifen will, genau vermag ich es nicht zu sagen. Ich weiß nur, dass ich es erstaunlich finde und auch ein bisschen angsteinflößend. Wird mir auf diese Art und Weise bewusst, wie stark und mächtig die Depression ist und welchen Einfluss sie auf mich hat. Anders ausgedrückt ich habe Angst vor mir selbst, ist meine Depression nichts anderes als mein schlechtes, zweites Ich, welches ich nie sein wollte. Es hat alles schreckliche und negative gesammelt und auf mich abgeladen, wo ich doch immer versucht habe das Beste aus allem zu machen. Wie viel Kraft meine depressiven Gedanken über mein allgemeines Wohlbefinden haben und über mein Handeln und Tun, kann ich nur als erschreckend wahrnehmen. Wie soll ich in der Lage sein, gegen diese ungeheure Macht anzukommen? Es ist nicht unmöglich, nein, aber wir wissen doch alle, wie schwer es ist sich selbst zu ändern und wie oft wir aufgrund von Rückschlägen verzweifeln. So vieles habe ich schon versucht, um aus dem Sumpf meiner erdrückenden Gedanken zu kommen, doch nichts hat bisher auf Dauer etwas gebracht. Die Rückschläge waren, je mehr es wurden, immer vernichtender und eine Hoffnung auf Heilung und Besserung immer geringer. So kam es natürlich wie es kommen musste, ich habe mein Versagen akzeptiert und hingenommen, was sollte ich schon daran ändern an meinem erbärmlichen Leben, welches ich nie wirklich gelebt und gelenkt habe? Alle Bemühungen und Hoffnungen wurden schon meist im Keim erstickt, hatten kaum eine Chance zu erblühen. So fällt es mir natürlich schwer daran zu glauben, dass es dieses Mal anders sein wird. Dieses Mal wird es klappen, ich versage nicht noch einmal. Das ist meine Hoffnung, während mein zweites Ich im Kopf grinsend durch meine Seelenspiegel blickt und mich wegen der jämmerlichen immer wiederkehrenden Hoffnung hämisch auslacht. “Es wird sowieso nichts werden, alles was du willst endete bisher immer in einem Fiasko, warum glaubst du sollte es dieses Mal anders sein? Du hattest dich so auf dieses Kleid gefreut und selbst das war dir nicht vergönnt. Anders wird es mit anderen Wünschen, Träumen und Hoffnungen von dir nicht werden, warum also kämpft und hoffst du weiterhin?” Ja, diese Frage stelle ich mir täglich, wenn ich von meinem zweiten, schwarzen Ich heimgesucht werde, eine Antwort habe ich jedoch nicht parat. Weshalb kann ich nicht aufhören zu hoffen und aufgeben? Scheinbar gibt es etwas, was mich an dieses Leben bindet und mich nicht frühzeitig gehen lassen will. Ob ich früher etwas verbrochen habe, weshalb ich nun gestraft mit meinem zweiten Ich der Depression leben soll? Oder soll ich mich durch all dies kämpfen, weil etwas größeres auf mich wartet, nachdem ich es irgendwann einmal überstanden habe? Oder ist das alles nur der Spaß von was weiß ich wem? So viele Fragen auf die es keine Antwort gibt, das so stehen zu lassen, fällt mir unendlich schwer, wo mein Kopf sich nach Antworten und Erklärungen sehnt. Vielleicht wird es mir eines Tages offenbart, vielleicht aber auch nicht. Möglich war vieles und selbst im Tod wissen wir nicht was kommt oder ob überhaupt etwas kommt. Wenn es nichts danach gäbe, würde ich gerne dahin, doch sollte ich dort da weitermachen, wo ich momentan bin, so will ich da noch nicht sein. Eines Tages vielleicht erhalte ich meine lang ersehnten Antworten, ich hoffe sehr darauf, auch wenn das Ich in der Dunkelheit darüber lacht, doch ich glaube, dass genau das mich noch am Leben hält, das Finden einer Antwort auf all meine Fragen. Solange werde ich wohl kämpfen müssen und darauf hoffen, mehr helle Tage erleben zu dürfen. Doch hoffen fällt schwer, wenn man kaum das Licht erkennen kann. Kapitel 4: Depressionen und Floskeln ------------------------------------ Manchmal ist es schwer. Schwer seinen Weg zu finden, ihn überhaupt zu sehen, wenn er von allerlei Hindernissen und Ablenkungen verdeckt ist. In diesen Zeiten frage ich mich, ob dieser Weg überhaupt existiert. Ist er nicht viel eher ein Konstrukt unseres Bewusstseins, was versucht eine Erklärung für unsere Existenz zu finden? Es gibt nicht den einen Weg, der unser Leben bestimmt, hängt der Verlauf doch an so vielen Faktoren, dass er gar nicht fest verlaufen kann. Ein jede Entscheidung verändert den Lauf des Weges, mal ins Leichte, mals ins Schwere. Es liegt in der eigenen Hand, wie die einzelnen Wendungen des Lebenswegs verlaufen. Doch was, wenn sich eine dunkle, schwere, alles verschluckende Masse über diesen Weg legt? Nichts ist mehr zu erkennen oder gar zu hören, doch stehen bleiben kann man auch nicht. Man fängt an über alles zu stolpern und landet meist mit dem Gesicht voran auf dem Boden. Irgendwann wird man müde von den unzähligen Malen, die man versucht hat aufzustehen, trotz der Tatsache, dass man wie blind und taub durchs Leben läuft. Man möchte nichts anderes als liegen bleiben. Die Hoffnung, dass die alles verschlingende Schwärze irgendwann schon noch verschwindet, ist so gering, dass sie kaum existent ist und doch ist sie das Einzige, was einen immer weiter machen lässt. Die gering vorhandene Hoffnung lässt seinen aufstehen und weiter machen. Es könnte ja passieren, dass man endlich den Weg findet, der aus dieser Schwärze führt. Innerlich lacht man sich für diesen Gedanken aus. Bisher hat es schließlich nie funktioniert, warum also sollte es bei dem neuen Versuch anders verlaufen? Der kleine Hoffnungsfunke ist so unbedeutend, wie alle anderen vor ihm, doch er ist das Einzige, was man hat, um sich nicht vollständig zu verlieren. Man verflucht und hasst ihn, lässt er einen einfach nicht aufgeben, obwohl es so viel einfacher wäre liegen zu bleiben und abzuwarten bis es vorbei ist. Ein gesunder Mensch wird vermutlich nie verstehen, wie anstrengend und schwer es ist, sich immer wieder neu aufzurichten und von vorne mit dem Kämpfen anzufangen. Es raubt einem jegliche Energie und alleine das Aufstehen fühlt sich häufig so an, als hätte man den Pazifik durchschwommen, an nur einem Tag. mit extremen Wellengang, Gegenwind und ohne Pause. Könnt ihr euch Gesunden auch ansatzweise vorstellen, wie kräftezehrend es ist weiter zu machen? Wir sollen uns nicht selbst bemitleiden und Verständnis für unsere Mitmenschen aufbringen… Diese Sätze sind ätzend und verletzend, zeugen zudem von Unverständnis gegenüber der Krankheit. Ich für meinen Teil habe immer Verständnis und Erklärungen für Verhaltensweisen anderer gesucht, doch diese Mühe kam niemals zurück. Wir Kranke sollen die Gesunden verstehen und in Schutz nehmen, doch wer versteht uns Kranke und nimmt uns in Schutz? Selten sind es die Gesunden, meistens kommt dieser Akt der Empathie von anderen Kranken, denn sie verstehen oder versuchen zu verstehen, sie verurteilen nicht. Gesunde können nicht wissen, wie es ist so krank zu sein wie wir, das wissen wir und wir erwarten nicht einmal, dass ihr uns zu 100 Prozent versteht. Alles was wir möchten ist Akzeptanz, Wertschätzung uns und unseren Gedanken gegenüber und das man zuhört OHNE zu bewerten. Das liebe Gesunde schafft ein Großteil von euch leider nicht und genau da beginnt der Kreislauf des Nicht-Verstehens-des-anderen wieder. Zuhören ohne bewerten bedeutet keine sinnloses Floskeln wiederzugeben. Das schadet sogar in einer normalen Kommunikation unter Gesunden, oder habt ihr es gerne, wenn es euch mal nicht so gut geht, dass einer daherkommt und meint “ach das wird schon wieder”? Niemand - egal ob gesund oder krank - wird gerne nicht ernst genommen. Psychisch Kranke sogar noch weniger, denn leider steckt man unserein immer noch in die Schublade der Gestörten. Der Unterschied ist, wir sind uns meist der Problematik bewusst, die wir bei anderen auslösen können und versuchen Gründe für das Verhalten anderer zu finden - grübeln im übertriebenem Maße gehört zum Krankheitsbild einer Depression - ander als viele Gesunde, die einfach eine Schublade öffnen, uns dort hinein schmeißen und mit wertenden, uns als Individuum nicht ernst nehmenden Floskeln um sich werfen. Leider verlernt unsere Gesellschaft immer mehr das Zuhören ohne zu antworten und wertfreie Antworten. Ich behaupte an dieser Stelle, dass nicht umsonst die Zahlen für psychische Kranke immer mehr zunehmen. Die soziale Kompetenz und die Menschlichkeit gehen immer mehr verloren. Dagegen kann aber etwas getan werden, nämlich dann, wenn jeder einzelne anfängt an sich selbst zu arbeiten und nicht nur die Kranken. Denkt nach, bevor ihr antwortet! Stellt euch selbst die Frage, wie ihr auf eure Antwort reagieren würdet, wenn ihr in der Haut der Person vor euch stecken würdet. Denn manchmal kann ein falsches Wort, eine Floskel zur falschen Zeit sogar dafür sorgen, dass ihr unbeabsichtigt dafür sorgt, dass ein Funke der Hoffnung in einem Menschen für immer erlischt und damit auch dessen Leben. Ich bitte euch inständig darum über eure Worte nachzudenken, bevor ihr sie äußert. Egal ob ihr mit einem psychisch Kranken redet oder nicht! Denn Worte können verletzender sein, als so manche Tat. Vielleicht hilft es sogar dabei, den dunklen Weg des Kranken ein Stück weit wieder zu erhellen. Denn wenn man nicht von allen Seiten mit kleinen Steinen beworfen wird, kann man sich viel mehr auf den eigentlichen Weg konzentrieren. Menschlichkeit, aktives und wertfreies Zuhören schadet gewiss nicht und würde unserer Gesellschaft mehr als nur gut tun. Denn nachzuempfinden warum ein Mensch handelt wie ein Mensch nun einmal handelt, macht es einfacher zu verstehen. Aber verwechselt nachempfinden/verstehen nicht mit übereinstimmen, denn man kann Dinge nachvollziehen, muss aber noch lange nicht damit konform gehen!     Kapitel 5: Nichts gut genug? - Kampf gegen die dunkeln Geister -------------------------------------------------------------- Wenn nichts, was man tut, gut genug ist, was bleibt einem Menschen dann noch? Wenn nichts, was man bisher im Leben geschafft hat, keine Bedeutung, keinen Sinn, keinen Zweck hat, was hat man denn dann noch? Wenn nichts den Ansprüchen genügt, was ist dann genug? Wer definiert, welche Leistung welchen Wert hat? Wer gibt den Ton an und sagt, dass das, was erreicht wurde, nicht genug ist? Woher kommen die viel überhöhten Anforderungen, der Drang immer besser zu sein, mehr zu wollen, als das was man hat? Wann hat man genug, wann kann man akzeptieren, dass das, was man erreicht hat, gut ist? Wann weiß man, dass man am Ziel ist, wenn das Ziel gar nicht bekannt ist? Wo will man mit den ganzen Ansprüchen, den Wünschen, der Suche nach einem Sinn hin, wenn alles, was man weiß, ist, dass man nichts weiß? Physisch ist keiner neben oder vor mir, der mir sagt, dass alles, was ich bisher erreicht habe, keinen Wert hat. Es ist niemand da, der die Ansprüche dermaßen hoch an mich stellt, mir sagt, dass alles nicht ausreicht, was ich versuche und tue. Niemand nimmt den Wert der erbrachten Leistung direkt weg und mindert sie. Das alles spielt sich in meiner eigenen Psyche ab. Mir selbst reicht meine erbrachte Leistung nicht aus, mir selbst ist das Geleistete nichts Wert, es ist selbstverständlich, nichts besonderes. Ich selbst schraube meine Ansprüche dermaßen hoch, ohne mich konkret mit jemandem zu messen, außer der Gesellschaft und dem Maßstab den ich annehme, dass ihn die Gesellschaft hat. Für mich hat alles keinen Sinn, keine Bedeutung, keine Besonderheit, es ist ein nötiges Übel, etwas was gemacht werden muss, etwas was getan und erreicht werden muss, um in der Gesellschaft zu bestehen, nicht aus dem Muster zu fallen, keine Schande zu sein. Ich setze mir selbst die Ansprüche so hoch, nicht wissend warum und wozu. Ich will einfach nur mehr, bloß was mehr und warum mehr? Ich kann mich mit dem, was ich bisher erbracht habe, nicht zufrieden geben und ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, dass ich es sein kann. Ich habe mich in mir selbst und meinem Leben verloren ohne, dass ich es bemerkt habe. Es musste immer irgendwie weiter gehen. Doch wohin es gehen sollte, das war und ist ein riesiges Fragezeichen. Wenn man sich selbst dermaßen nieder macht, indem nichts genug ist, was man tut und erreicht hat, wie soll man da an sich selbst glauben? Ich habe sämtliches Vertrauen in mich, meine Entscheidungen, meinen nicht bekannten und vorhandenen Fähigkeiten verloren und es scheint mir so fern, so unerreichbar, dass ich dieses vertrauen je wiederfinden werde. Ich warte auf einen Knall, ein Zeichen, eine Erlösung, die auf diese Art sicherlich nicht kommen wird. Das Kleine kann ich nicht als Erfolg werten, warte ich auf diesen großen Knall, der wie eine Erleuchtung daherkommen wird und sämtliche Fesseln in meinem Kopf sprengt. Utopie ich weiß, das wird so nie geschehen, denn von Außen kann so etwas nicht kommen, nur von mir selbst, aber da bin ich nicht, das schaffe ich nicht. Zumindest jetzt noch nicht, trotz der Tatsache, dass schon ein Jahr vergangen ist, seitdem ich an mir arbeite. Es ist zermürbend, unbefriedigend und macht mich rasend, denn das, was ich bisher geändert habe, sollte es da überhaupt etwas geben, denn dem stehe ich auch noch sehr skeptisch gegenüber, kann ich nicht wahrnehmen, nicht annehmen, nicht akzeptieren und es ist mir immer noch nicht groß genug. Es reicht mich nicht, ich will mit meinem kaputten Kopf durch die Wand, alles oder nichts, diese Häppchen, dieses Stück für Stück ist nichts für mich, es frustriert, weil es nicht schnell genug geht, es macht mich ungeduldig und lässt mich immer wieder daran zweifeln, dass ich es wirklich irgendwann schaffen werde, gesund zu werden und dass ich es schaffen werde, das zu erreichen was ich mir wünsche. Ich will schreien, weinen, um mich treten, verzweifeln. Ich hasse mich für dieses Loch in das ich gefallen bin und aus dem ich nicht schnell genug heraus komme. Ich hasse mich für meine Gedanken, dass ich dir größe Versagerin der Welt bin, weil ich nichts auf die Reihe bekomme. Und ich hasse mich dafür, dass ich die nötigen Schritte nicht wagen kann/will, weil meine vorbelasteten Erfahrungen zu schwer wiegen und mich daran hindern es noch einmal zu versuchen, da ich einen erneuten tiefen Fall nicht verkraften würde. Ich könnte einfach aufgeben, mich in meinem Selbstmitleid suhlen und einfach mein Leben dahinvegetieren lassen. Nur das will ich nicht, ich will keine Schande für die Gesellschaft sein, ich will nicht aufgeben, nur jammern und nichts ändern wollen. Ich will wissen, wie es ist ein glückliches und zufriedenes Leben führen zu können. Ich will mich nicht verkriechen, ich will diese selbst erzeugte Last nicht für ewig mit mir herum schleppen. Ich will nicht mehr Leiden, doch dieser Kampf, den man täglich jahrelang aufs Neue mit sich bestreiten muss, ist so hart und unfair, dass es beinahe unmöglich ist ihn zu beschreiben. Wie soll man normal Leben können, wenn dieser Kampf so allgegenwärtig und stark ist, dass das restliche Leben kaum einen Platz darin hat? Aufgeben war bisher nie eine Option, auch wenn Gedanken daran einfach zu verschwinden keine Seltenheit sind. Das Leid verschlingt alles und auch wenn man nicht aufgeben möchte, so wird es immer schwerer diesen besonderen Kampf zu kämpfen und gegen alle Widrigkeiten anzugehen. Ich werde es weiterhin versuchen, vielleicht finde ich meine Antworten, meinen Sinn und mein Ziel, auch wenn es unmöglich scheint. Daher lasst mich nicht verlieren, lasst uns, die wir mit der Krankheit zu kämpfen haben, nicht verlieren. Denn ich bin mir sicher, auch ihr wollt nicht verlieren, genauso wie ich, also lasst uns weitermachen, weiter kämpfen. Auch wenn wir glauben völlig alleine dazustehen, es gibt da draußen Menschen, denen es genauso ergeht und wir kämpfen gemeinsam, denn wir wollen nicht verlieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)