Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 57: Einen Schritt vor den Spiegel ----------------------------------------- Ich sitze hinter dem Steuer meines Wagens, dessen Motor ich noch nicht gestartet habe. Der immer noch vor der Villa steht. Meine Hände liegen verkrampft am Lenkrad. Der Himmel zieht sich zu und es wird dunkler, nicht das es ohnehin schon dämmert, obwohl es erst vier Uhr ist. In mir wütet Schmerz und Wut. Schmerz darüber die beiden Brüder heute so sehen zu müssen. Den Jüngeren fertig mit sich und der Welt, weil ich einen Moment lang nicht aufgepasst habe und er etwas sah, was er nicht hätte sehen sollen! Sein Bruder, der ein brillanter Geist und ein Genie ist, der sich aber nicht von den Geistern der Vergangenheit lösen kann und von Schuld und Scham zerfressen wird. Schuld, die er nicht trägt. Scham, weil ich nicht stark genug gewesen bin. Da kommt meine Wut ins Spiel. Meine Wut auf mich selbst! Wie... wie konnte ich nur fünf Jahre lang zusehen, wie dieses Monster sich an diesem unschuldigen Kind, diesem sanften, liebevollen Jungen immer wieder vergriffen hat und ihm die Unschuld ausgetrieben hat. Ihn immer wieder geschlagen, gedemütigt und missbraucht hat. Nicht nur das. Er hat ihn rumgereicht. An seinen Vorstand. An spezielle "Geschäftsfreunde". Immer wieder. Wie oft hab ich den Jungen bewusstlos oder völlig aufgelöst am Boden liegend aufgefunden? Seine Wunden und Verletzungen versorgt? Nichts getan, um ihn zu retten? Bis es fast zu spät war. Es war Glück, dass ich ihn gefunden habe, bevor er mit dem ersten Schnitt fertig war. Bevor er an das zweite Handgelenk gehen konnte. Als er noch nicht zu viel Blut verloren hatte. Da hab ich beschlossen, dass ich nicht länger nur zuschauen kann! Also hab ich mit ihm einen Plan erarbeitet dieses Monster von Adoptivvater aus der Firma zu drängen. Nun ja, Seto-sama hat den Plan aufgestellt. Ich hab ihn nach und nach umgesetzt und ihm zugearbeitet. Wir haben den Alten seines Geldes und damit seiner Macht berauben. Als ihm das klar geworden war sprang er aus dem Fenster. Besser für ihn... ich kann selbst heute nicht sagen, was ich getan hätte, wenn er nicht in den Tod gesprungen wäre. Wahrscheinlich hätte ich mir selbst die Hände schmutzig gemacht und nachgeholfen! Doch den angerichteten Schaden bei Seto-sama... ich wusste, dass der Junge an all der Grausamkeit zerbrochen war. Dass er vor einem Scherbenhaufen seiner Selbst stand. Er versuchte darüber hinwegzutäuschen und Außenstehende mag er mit seiner Fassade überzeugt haben, aber ich wusste um die Grausamkeiten des alten Kaiba's. Wusste, was dieses junge Genie alles ertragen musste und immer noch mit sich herumtrug. Anfangs hab ich versucht ihn zu einer Therapie zu bewegen. Aber ich war auch dabei nicht sehr erfolgreich. Hab versucht ihn zu überlisten, indem ich ein Gespräch mit einem Psychologen eingefädelt habe ohne das er wusste, wer sein Gegenüber war. Doch schon nach der Begrüßung war er voll im Bilde, in welcher Situation er sich befand und wer sein Gesprächspartner war. Sofort hat er sich aus dem Gespräch zurückgezogen und war mich angegangen. Wies mich zum ersten und letzten Mal harsch in meine Grenzen. Seitdem hat er es stets vermieden mit mir über dieses Monster und was es ihm angetan hatte zu sprechen. Wieder geht es mir durch den Kopf, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn ich Mokuba damals nicht davon abgehalten hätte das Gespräch mit seinem Bruder zu suchen. Vielleicht hätte es einige der Problem, mit denen Seto-sama heute zu kämpfen hat, vermieden. Wenn er jemanden zum Reden gehabt hätte. Jemand, dem er bedingungslos vertraute... Aber Mokuba war damals noch so jung! Wie hätte er sich wohl entwickelt, wenn er ständig mit dem Leid seines Bruders konfrontiert gewesen wäre? Wäre aus ihm dann trotzdem ein so lebensfroher und optimistischer junger Mann geworden, wie er es heute ist? Oder wäre er an dem Schicksal seines älteren Bruders mitzerbrochen? Jedenfalls war das damals meine Befürchtung! Wenn ich schon Seto-sama nicht vor den Grausamkeiten des alten Kaiba's retten und bewahren konnte, wollte ich alles tun, damit Mokuba das Schicksal seines Bruders nicht teilen musste. Deshalb hab ich damals Seto-sama davon überzeugt, dass es für seinen kleinen Bruder besser wäre, wenn er nicht tagtäglich in diesem Haus zubringen müsste, sondern das der Besuch einer Internatsschule besser für ihn wäre. Und tatsächlich hat er genau getan, was ich ihm sagte, damit Gozaberu ihn mit der Trennung von Mokuba 'bestrafte'. Doch ich frage mich heute, ob das wirklich richtig war. Hätte ich nicht doch etwas tun können, um Seto-sama vor diesem Monster zu schützen? Doch wäre ich aktiv geworden, hätte mich der Alte rausgeworfen und ich hätte den Jungs nicht mehr helfen können. Zur Polizei zu gehen war ausgeschlossen. Das Monster war mit dem damaligen Polizeichef befreundet und frühstückte einmal die Woche mit ihm. Es war für mich nicht ganz auszuschließen, dass der Polizeichef auch zu Seto-sama's Peinigern gehörte. Hilfsorganisationen, fielen auch weg. Dazu zeigte sich der Alte zu philanthropisch in der Öffentlichkeit. Eine Spende von ihm und jede Hilfsorganisation hätte meine Vorwürfe unter den Tisch fallen lassen. Welche Alternative hätte ich gehabt? Da geht plötzlich die Beifahrertür meines Wagens auf und Jonouchi-kun steigt ein. Er schließt die Tür wieder und blickt mich an. Wasser tropft aus seinem Haar auf seine Hose. Erst jetzt bemerke ich, dass es mittlerweile zu regnen angefangen hat. Aber meine Aufmerksamkeit wird sofort von dem Blick des Blonden angezogen. Ich kenne seinen Blick! Aus dem Spiegel! Von mir selbst! Es ist dieser Blick, der mich seit Jahren immer wieder fragt, warum ich Seto-sama nicht mehr geholfen habe! Warum ich zuließ, was dieses Monster mit ihm getrieben und ihm angetan hat! Ich kann seinem Blick nicht standhalten und blicke wieder auf mein Lenkrad. Mein Griff wird fester und meine Knöchel treten weiß hervor. Ich presse meine Zähne so fest aufeinander, dass mein Kiefergelenk schmerzt. So warte ich darauf, dass der Blonde endlich seinen Vorwurf verbalisiert. Nicht, dass das notwendig wäre. Immerhin sind es Vorwürfe, die ich mir seit acht Jahren selbst mache! Jeden Abend, wenn ich nach Hause komme und in meinem Flur am Spiegel vorbei komme! Mich frage, warum ich nicht mehr tun kann. Doch dann spür ich eine Hand auf meiner Schulter und dreh mich erschrocken und überrascht zu Jonouchi-kun. Der lächelt milde. Was hab ich jetzt verpasst? Wo ist dieser Blick hin, den er eben noch hatte, als er eingestiegen ist? Dann hör ich, wie er mir sagt, ich soll aufhören mich selbst zu geißeln! Er hätte es zwar am Anfang, als er erkannte, dass ich voll im Bild wäre, nicht verstanden, warum ich nur zugesehen habe, aber mittlerweile hätte er darüber nachgedacht und erkannt, dass ich das Beste aus der Situation und meinen Möglichkeiten gemacht hätte. Das er mir dankbar ist, dass ich all die Jahren an Seto-sama's Seite geblieben bin, mich um ihn gekümmert und Mokuba so gut es ging beschützt habe. Er könnte sich vorstellen, dass das alles für mich genauso schwer und kaum zu ertragen gewesen war, wie es für Mokuba und Seto-sama gewesen sein muss. Ich schlucke schwer. Das mal von jemand anderem zu hören... tut gut! Dann wird Jonouchi-kun's Blick wieder ernst. Er eröffnet mir, dass er in der kommenden Woche seinen Psychologen anrufen möchte und dass er ihn darum bitten möchte, sich sowohl Seto-sama, als auch Mokuba anzunehmen. Seines Psychologen? Er grinst mich halb an und zuckt mit den Schultern. Er habe ähnliche Erfahrungen wie Seto-sama gemacht, vertraut er mir an. Das zu hören überrascht mich sehr. Er... wirkt so heiter, lebensfroh und sorgenlos! Wenn er ähnliche Erfahrungen wie Seto-sama gemacht hat, wie hat er es dann geschafft so ... so zu werden? Ich frag ihn nicht danach, denn wir kennen uns noch nicht gut genug. Die Antwort würde ein Vertrauensverhältnis voraussetzen, welches wir nicht haben! Aber ich sage ihm, dass ich seine Idee gut finde, warne ihn aber vor der vermeintlichen Reaktion, die ihn bei Seto-sama erwarten könnte. Er nickt dankbar für den Hinweis und richtet seinen Blick wieder auf mich und fragt mich, ob ich an dem Gespräch teilnehmen wollen würde. Ich blicke ihn wieder mehr als überrascht an. Da ich nicht sofort antworten kann, richtet er seinen Blick wieder aus der Frontscheibe in die Dunkelheit, die uns mittlerweile umgibt. Der Blonde meint, dass es auch mir gut tun könnte, über all das mit jemandem zu sprechen. Ich bin völlig baff davon, dass dieser junge Mann sich Gedanken um mich und mein Wohlergehen macht. Eigentlich hatte ich stets angenommen, für ihn und seine Freunde nur eine Randfigur zu sein, die für sie unwichtig sei. Zu erkennen, dass ich mich - zumindest bei dem Blonden - geirrt habe beschämt mich und macht mich gleichzeitig glücklich! Leise danke ich ihm dafür, lehne diese Einladung aber ab. Ich denke nicht, dass Seto-sama sich öffnen würde, wenn ich bei diesem Gespräch dabei wäre. Jonouchi-kun wendet ein, dass ich auch in einer Einzelsitzung mit dem Mann sprechen könnte oder wenn er mit Mokuba spricht! Vielleicht würde Mokuba meine Teilnahme begrüßen, gibt er zu bedenken. Ich verspreche, darüber nachzudenken. Wieder nickt er und Wassertropfen perlen auf mein Armaturenbrett. Dann schickt er sich an auszusteigen, hält aber nochmals inne, als er bemerkt, dass ich sitzen bleibe. Worauf ich warten würde, fragt er neckisch. Ich blinzle ihn nur an und weiß nicht, was er meint. Er grinst mich frech an und meint, dass das Abendessen noch kalt wird, wenn ich noch länger auf mich warten lasse. Jetzt muss ich grinsen. Also zieh ich den Schlüssel aus dem Zündschloss und steige zusammen mit Jonouchi-kun aus. Gemeinsam gehen wir zurück ins Haus und in die Küche, wo Mokuba freudig überrascht ist, dass ich doch noch zum Essen bleiben werde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)