Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 54: Einen Schritt in den Scherbenhaufen ----------------------------------------------- Das Büro macht einen unberührten Eindruck. Alles steht wo es hingehört. Nichts wurde durcheinander gebracht oder durch den Raum geworfen. Die Anlage an der Wand des Büros schallt laut weiter Musik. Hier drinnen kommt sie mir fast doppelt so laut vor, wie vor der Tür und da taten mir schon die Ohren weh. Aber nirgends ist mein Drache zu sehen. Vorsichtig setze ich einen Fuß in das Büro und schau mich um. Taste mich einen weiteren Schritt voran. Doch auch hinter seinem Schreibtisch sitzt oder liegt er nicht. Isono geht zur Anlage und schaltet die Musik aus. In dem Moment geht die Tür zum Waschraum auf und Seto blickt uns überrascht an. Er hat sich seiner Schuluniformsjacke entledigt und die Ärmel seines Hemdes sind hochgekrempelt. Seto... sieht relativ gefasst aus und schaut nur fragend zu uns. Ich kann nicht anders als zu ihm zu laufen und meine Arme um ihn zu schlingen. Ich drücke ihn fest an mich und atme erleichtert auf. Nur zögerlich legt er seine Arme auch um mich. Fragt mich leise was ich habe. Ich stemm mich ein wenig von ihm und schau ihn fassungslos an. Was ich habe? Mein Drache verschwindet völlig schockiert, verbarrikadiert sich in seinem Büro mit lauter Musik und ist dann überrascht, als ich erleichtert bin, dass er nichts Dummes gemacht hat? Geschockt blickt er mich an, bevor er kurz beschämt zur Seite schaut. Doch keinen Moment später blickt er mich wieder an. Seine blauen Augen spiegeln seinen Schmerz und die Scham wieder, als er eingesteht, dass er für einen kleinen Moment in Erwägung gezogen hat genau das zu tun, was Isono und ich ihm unterstellt haben. Doch er sei nicht mehr der Junge, dem er das - und er hebt sein Handgelenk, auf dem die Narbe deutlich zu sehen ist - zu verdanken hat. Er ist nicht mehr länger in einem nie endend wollenden Albtraum gefangen und er ist nicht länger alleine. Mittlerweile habe er erkannt, dass es Menschen gibt, die ihn nicht verlieren wollen. Menschen, mit denen er noch lange zusammen sein will. Mit denen er eine Zukunft haben möchte. Seine Worte berühren mich tief in meinem Inneren und eine Träne stiehlt sich mir aus den Augen, die Seto mir sanft weg streicht. Dennoch... kommt mir irgendetwas komisch vor. So mustere ich ihn prüfend. Da schlägt er seine Lider herunter und senkt sein Blick zu Boden. Er will etwas vor mir verbergen. Vorsichtig leg ich meine Hand auf seine Brust und spüre durch das dünne Hemd und Unterhemd deutlich sein Herz schlagen. Es schlägt schneller als normal. Innerlich ist er immer noch unruhig und aufgewühlt, auch wenn er gerade völlig gefasst wirkt. Er schluckt, als ihm bewusst wird, dass ich ihn durchschaue! Sanft und behutsam flüstere ich seinen Namen. Da bekommt seine neue Fassade einen Riss, als er sich auf die Unterlippe beißt und versucht die aufkommenden Tränen zurück zu halten. Langsam leg ich meine Hand in seinen Nacken und zieh ihn zu mir, so dass sein Kopf auf meiner Schulter zur Ruhe kommt. Es dauert einen langen Moment, bevor er seine Arme um mich schlingt und sich an mir festklammert. Seine Schultern beben und ich kann seine Tränen auf meiner Haut spüren. Vorsichtig lege ich meinen zweiten Arm um ihn. Da ist sie ja, die Verzweiflung, die er gerade überspielen wollte. Ich geb ihm die Zeit, die er braucht. Schließlich ebben seine Tränen ab und er richtet sich wieder auf. Schaut mich mit einem tief traurigen Ausdruck an. Das ist keine Scham! Er... betrauert etwas! Behutsam frage ich danach. Gebrochen, langsam und leise meint er schließlich, er habe seinen kleinen Bruder zerbrochen! Jetzt bin ich es, der geschockt zu ihm blickt. Vorsichtig frage ich nach, wie er das meint! Es dauert eine kleine Weile, bis er sich überwinden kann und erklärt, dass er nie etwas anders wollte, als das Mokuba eine unbeschwerte Kindheit und Jugend hat. Doch er habe auf ganzer Linie versagt. Wegen ihm sei die kindliche Unschuld seines Bruders zu Grunde gegangen und seine Unbeschwertheit zerstört. Er konnte den Kleinen nicht vor der Grausamkeit Gozaberu's bewahren! Wieder lösen sich Tränen aus seinen Augen. Behutsam streiche ich die Tränen weg, lass meine Hände an seinen Wangen ruhen und blicke ihn fest an. Blödsinn, ist alles was ich rausbekomme! Irritiert blickt mich mein Drache an. Das alles ist ausgemachter Blödsinn. Mein Drache trägt für all das keine Verantwortung! Wenn einer die Verantwortung und damit die Schuld zu tragen hat, dann ist das ihr Vater! Auf einmal schaut er mich bitterböse an, bevor er zischt, dass ich das Monster nicht so nennen soll! Gozaberu wäre nicht ihr Vater! Jetzt bin ich es, der verwirrt blinzelt und nicht richtig versteht. Dann eben... Erzeuger!? Wieder schüttelt Seto mit dem Kopf. Gozaberu ist weder ihr Erzeuger, noch ihr Vater, erklärt plötzlich Isono, der auch noch da ist! Der alte Kaiba habe Mokuba und Seto adoptiert, weil er gegen Seto eine Wette verloren hat! Erstaunt blicke ich zu meinem Drachen, der traurig seinen Kopf hängen lässt. Wieder lösen sich Tränen aus seinen Augen. Dann hör ich meinen Drachen leise und bedächtig sagen, dass er nur das Beste für seinen Bruder wollte, doch alles was er geschafft hätte, wäre, sie in einen Albtraum zu führen. Ihn einem sadistischen, psychopathischen Monster auszusetzen. Als er das erkannt habe, wäre es zu spät gewesen! Er konnte nichts anderes mehr tun, als die Aufmerksamkeit des Monsters auf sich zu ziehen und so seinen kleinen Bruder aus der Schussbahn der Boshaftigkeit des alten Kaibas zu nehmen. Und selbst daran wäre er schlussendlich gescheitert, wie sich jetzt heraus gestellt hat. Noch einmal betont Seto, dass er als großer Bruder auf ganzer Linie versagt hätte. Plötzlich stürmt Mokuba durch die Tür herein und wirft sich an Seto, der nicht damit gerechnet hat, dass sein kleiner Bruder in Hörreichweite ist. Mein Drache schließt den Kleinen fest in seine Arme, während der laut schluchzt, dass das alles gar nicht wahr sei! Dass mein Drache nicht versagt habe. Er habe ihn mit allen Mitteln beschützt und hat ihm das ermöglicht, was ihm selbst verwehrt blieb. Dafür und für alles andere in ihrem Leben, wäre Mokuba seinem großen Bruder mehr als dankbar und er liebe ihn über alles. Mir läuft eine weitere Träne über die Wange. Dann fällt mein Blick auf die offene Tür, in der die anderen stehen. Sie sehen alle äußerst betroffen aus und ich frage mich, wie viel sie wohl gehört haben. Doch dieses Mal können sie nicht so tun, als hätten sie nichts mitbekommen, denn auch mein Drache hat sie längst bemerkt. Er wirft mir noch einmal einen Blick der Verzweiflung zu, bevor er sein Gesicht in der Mähne seines kleinen Bruders versenkt. Ich geh zu den beiden, stell mich hinter Mokuba und umarm die beiden Brüder. Nur langsam lösen Mokuba, Seto und ich uns nach einer Weile von einander. Von Isono oder den anderen fehlt jede Spur. Vielleicht haben sie ihr Taktgefühl wieder gefunden und beschlossen uns einen Moment der Privatsphäre zu gönnen. Sanft streich ich meinem Drachen eine Träne von der Wange, der mich dankbar anschaut. Dann legt Mokuba seine Hände an Seto's Wangen und zieht seinen Blick zu sich. Er versucht meinen Drachen anzulächeln, doch er merkt selbst, dass das wenig erfolgreich ist. Schließlich gibt er seinen Versuch auf und meint zu seinem großen Bruder, dass er sich nicht so viele Gedanken machen soll. Mein Drache hätte ihn nicht zerbrochen. Uah... scheinbar haben er und die anderen fast von Anfang an das Gespräch mitgehört. Seto blickt ich ungläubig an. Er ist immer noch den Tränen nah. Ich sehe, wie sehr er gerne seinem kleinen Bruder glauben möchte und wie er es nicht kann. Doch Mokuba ist noch nicht fertig! Der Kleine blickt mit seinen großen, grau-blauen Augen in die azurblauen seines Bruders, als er seine Stimme erneut erhebt. Er selbst sei nicht zerbrochen. Ja, die Erkenntnis, welche Hölle Seto durchlebt hat, hat ihm den Boden unter den Füßen weggezogen, dass kann und will er nicht bestreiten. Aber seine Bestürzung kommt eher daher, dass er in der Lage gewesen war, dass alles... zu vergessen! Er weiß nicht, wie das passieren konnte. Wie er all die Jahre diese Erinnerung bei Seite schieben konnte. Und er bedaure das mehr als alles andere. Denn er ist sich sicher, dass es für meinen Drachen wesentlich leichter gewesen wäre, wenn der jemand gehabt hätte, mit dem er seinen Schmerz hätte teilen können. Und das mein Drache schon immer einen außerordentlichen Schmerz in sich getragen hat - und immer noch trägt -, dass wäre Mokuba immer bewusst gewesen. Doch jetzt wüsste er es wieder und er hat beschlossen, seinen großen Bruder niemals wieder mit diesem Schmerz alleine zu lassen. Ihm zu helfen den Schmerz zu ertragen und zu überwinden. Schließlich hat der Kleine selbst wieder Tränen in den Augen, als er Seto bittet ihn nicht wieder wegzustoßen. Nicht vor ihm davon zu laufen. Ihn wirklich helfen zu lassen! Dabei schaut der Schwarzhaarige so ernst und so fürsorglich seinen großen Bruder an, dass ich mir eine weitere Träne der Rührung nicht verkneifen kann. Auch Seto kann sich gegen die Tränen nicht wehren, die sich wieder in die Freiheit kämpfen. Ich hoffe er erkennt, ebenso wie ich es gerade getan habe, wie ungebrochen sein kleiner Bruder tatsächlich ist. Ja... er hatte mit dem, was ihm wieder eingefallen war, zu kämpfen. Hat das mit Sicherheit immer noch! Vor allem mit den damit verbundenen Gefühlen und Selbstvorwürfen. Doch es hat ihn nicht gebrochen! Dann ergreift Mokuba noch einmal das Wort. Mein Drache hätte ihn all die Jahre beschützt. Wäre ihm Vater und Mutter und großer Bruder in einem gewesen. Wann immer er ihn brauchte, war Seto für ihn da. Dank ihm hat es dem Kleinen nie an etwas gemangelt. Mokuba betont, wie stark und mutig mein Drache für ihn immer war und immer noch ist, weil er tagtäglich mit dem Schmerz und den Erinnerungen lebt und nicht aufgibt. Wie sicher und geborgen er sich immer dank seinem großen Bruder fühlten konnte. Jetzt will Mokuba Seto davon etwas zurück geben. Will für ihn da sein, ihn schützen, für ihn stark und mutig sein. Zusammen mit mir... der Kleine stockt kurz, schaut jetzt mich an und korrigiert sich: Mit Katsuya! Das ist das erste Mal, dass der Kleine mich bei meinem Vornamen nennt und ich lächle ihn sanft und dankbar an. Denn damit zeigt er mir, dass er mich als Familienmitglied akzeptiert und ansieht. Doch Mokuba ist noch nicht fertig. Er wendet sich wieder Seto zu und meint ernst, dass man sich innerhalb einer Familie - und was anderes seien wir drei, Isono und die anderen nicht - für nichts schämen muss! Ich muss schmunzeln, denn das ist schließlich ein Satz, den Seto tagtäglich von mir hört. Jedenfalls in einer ähnlichen Variante. Der Kleine redet weiter, dass Seto sich ab jetzt nicht länger verwehren soll, was er am dringendsten braucht: Menschen, denen er vertrauen kann ... denen er sich anvertrauen kann ... bedingungslos ... eine Familie eben! Da bricht der letzte Widerstand meines Drachens endlich! Er zieht seinen jüngeren Bruder eng an sich heran und schließt seine Arme fest um ihn. Ich will die beiden alleine lassen und etwas Privatsphäre gönnen, als ich merke, wie sie beide nach meinen Händen greifen und mich zu sich in die Umarmung ziehen. Definitiv Brüder, geht es mir durch den Kopf und ich muss breit lächeln. Ich bin froh, dass diese Situation so geendet hat. Sie hätte auch ganz anders... sehr schlimm enden können! Seto hat noch einen weiten und schweren Weg vor sich, doch jetzt mit Mokuba und mir an seiner Seite, wird es leichter werden. Und wenn er die anderen vielleicht auch irgendwann akzeptiert und ihnen vertraut... dann werden sie ihm sicherlich auch mit allen Mitteln helfen. Davon bin ich fest überzeugt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)