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Mein Chef und ich

oder: Nie wieder Ferienjobs!
von

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Mein Chef ist eine riesige Diva

„Den Kopf etwas nach links, bitte. Ja, genau so.“ Während Miyoshi-san sich mit der Harley Davidson ablichten ließ, stand ich da wie bestellt und nicht abgeholt und beobachtete das Geschehen. Schon seit einer halben Stunde lief die Fotosession und allmählich fragte ich mich, was genau ich eigentlich zu tun hatte. „Wunderbar, das wäre geschafft. Fünf Minuten Pause. Danach machen wir weiter.“ „He, Mondkalb. Hör auf, Löcher in die Gegend zu starren und reich mir ein Handtuch.“ Aus meinen Gedanken gerissen, schreckte ich auf und sah mich um. An einer Ecke des Studios befand sich tatsächlich ein Schrank, in dem mehrere Handtücher lagen. Ich griff mir eines davon und trat hinter die Kameras. Sofort empfing mich eine unerträgliche Hitze, die von den Beleuchtungsapparaten ausstrahlte. Wie ertrug Miyoshi-san das nur so lange? Doch als ich nahe genug bei dem anderen stand, erkannte ich, dass ihm Schweißperlen über Gesicht und Hals liefen. Mühsam unterdrückte ich einen fiesen Kommentar und gab ihm das Handtuch. „Hier, bitte.“ Ohne sich zu bedanken, fing Miyoshi-san an, sich das Gesicht abzutupfen, ehe er versuchte, mich mit seinem Blick zu erdolchen. „Grins nicht so dämlich, sondern geh in den Pausenraum und hol eine Flasche Wasser.“ Bemüht ruhig verließ ich das Studio und wandte mich nach rechts.

Der Pausenraum war schlicht und langweilig. Als ich vor dem Automaten stand, wurden mir zwei Dinge klar. Erstens, das Teil war nicht kostenlos. Zweitens, mein Chef hatte mir kein Geld gegeben, was hieß, dass ich ihm sein dämliches Wasser bezahlen durfte. Knurrend zog ich meine Geldbörse aus meiner Hosentasche und zog eine Flasche, bevor ich einem der Stühle einen Tritt verpasste und mich wieder auf den Weg zum Aufnahmestudio machte. Dort traf mich fast der Schlag. Das Motorrad war verschwunden und einer Holzliege gewichen. Miyoshi-san hatte die Bikerklamotten ausgezogen und stand nun in einer grau-roten Badehose da. Als ich seinen durchtrainierten Oberkörper sah, erfasste mich ein Hauch von Neid. Zwar hatte auch ich Muskeln vorzuweisen, doch bei weitem nicht so viele wie der Blonde. Ich ging zu dem anderen und übergab ihm kommentarlos das Wasser. Würde ich mich wegen dem Geld beschweren, würde er mich bestimmt rausschmeißen. Miyoshi-san nahm einen großzügigen Schluck, drehte die Flasche wieder zu und drückte sie mir in die Hand. „Ist der Schlauch bereit?“ fragte er dann an Saitoh-san gewandt, wobei er mich vollständig ignorierte. „Ja, ist er.“ kam es von dem Fotografen und ich machte, dass ich wegkam.

Schon traf das Wasser auf Miyoshi-san und durchnässte ihn innerhalb von Sekunden. Er gab keine Regung von sich, sondern drehte sich nur langsam um die eigene Achse, damit er auch wirklich nass wurde. Erst dann kehrte er hinter die Kameras zurück, legte sich auf die Liege und die nächste Session begann. Dieses Mal dauerte sie eine Stunde. Erst ein lauter Gong ließ Saitoh-san aufhorchen. „Sehr gut gemacht, Miyoshi-san. Wir sehen uns in fünfzehn Minuten.“ Innerlich aufatmend, wollte ich mich gerade auf den Weg in den Pausenraum machen, als ich von einer ruhigen, kalten Stimme aufgehalten wurde. „Und wo willst du hin, Mondkalb?“ „In den Pausenraum, Miyoshi-san.“ antwortete ich und prüfte die Uhrzeit. Ja, es war elf. „Nicht so hastig. Ich habe noch etwas mit dir zu besprechen.“ Ich knirschte mit den Zähnen und drehte mich zu dem Blonden um, der immer noch nur die Badehose trug und sich mit dem Handtuch die Haare trocknete. „Mitkommen, Mondkalb.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, marschierte Miyoshi-san auf die Tür zu und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm wie ein treudoofes Hündchen hinterher zu dackeln. „Dir wurde sicher gesagt, dass du dich um meine Termine zu kümmern hast, nicht wahr?“ „Ja, Inugami-san hat das erwähnt.“ „Ich werde dir meinen Terminplaner leihen. Ich erwarte, dass du ihn abschreibst und immer bei dir trägst. Hast du das geschnallt oder soll ich es noch einmal langsam wiederholen, Mondkalb?“

Innerlich fluchend zwang ich mich, meine Stimme ruhig und höflich klingen zu lassen. „Ich habe verstanden. Bis wann habe ich Zeit?“ „Bis morgen. Ich bin grundsätzlich um halb neun hier und bis dahin will ich ihn zurückhaben.“ Toll, jetzt durfte ich auch noch früher hier antanzen, nur weil der feine Herr anscheinend eine tiefe, emotionale Beziehung zu einem Notizblock aufgebaut hatte. „In Ordnung.“ Miyoshi-san hielt vor einem Zimmer, auf dem ein goldenes Schildchen mit seinem Namen befestigt war. Ich verdrehte die Augen, was er zum Glück nicht mitbekam und folgte ihm in den Raum. Was für ein Angeber. Der Blonde ging an ein wahres Ungeheuer von Tisch und nur kurz darauf hielt er mir ein kleines, rotes Notizbuch entgegen, wobei er spöttisch auf mich hinuntersah. Warum musste der Kerl auch so groß sein? Ich schlug den Terminplaner auf und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. Das war keine Schrift, das war eine Katastrophe. Wie sollte ich denn diese Hieroglyphen bis morgen entziffern? „Gibt es ein Problem, Mondkalb?“ Ich hob den Blick und sah direkt in diese tiefblauen Augen. „Würden Sie bitte aufhören, mich Mondkalb zu nennen? Ich heiße Obi Kanagi.“ Seine Lippen taten es seinem Blick gleich und er lächelte spöttisch. „Verschwinde, Mondkalb. Ich würde meine Pause gerne in Ruhe genießen.“

Ich war noch nie so froh, mich einmal alleine im Pausenraum aufhalten zu können. Zwar waren es nur noch acht Minuten, aber jede Sekunde ohne Miyoshi-san war eine Wohltat für mich. Nach nur zwei Stunden hatte ich diesem eingebildeten Schönling bestimmt schon fünfmal in Gedanken seine ach so perfekte Nase gebrochen. Von wegen >nicht ganz einfach<. Der Typ war vollkommen durchgeknallt. Schneller, als es mir Recht war, war die Pause vorbei und ich kehrte widerwillig in das Aufnahmestudio zurück. Auch Miyoshi-san war kurz darauf wieder da. Nun trug er Gothic-kleidung und jemand hatte seine Augen pechschwarz geschminkt, wodurch das tiefe Blau seiner Augen besonders gut zur Geltung kam. Trotzdem musste ich einen Lachanfall zurückkämpfen, als ich den Blonden so sah. Blöderweise kriegte Miyoshi-san das dieses Mal mit und sein Blick bekam einen mörderischen Ausdruck. Ich schluckte und wandte mich hastig ab. Das würde garantiert Ärger geben. Die nächsten Stunden verliefen relativ ereignislos. Als die Mittagspause eingeläutet wurde, streckte ich mich und begann zu überlegen, wo ich am besten Essen gehen konnte. Allerdings wurden meine Gedanken recht schnell unterbrochen, als sich mein Chef vor mir aufbaute. Mist, ich hatte gehofft, er hätte mich vergessen. „Das wird Konsequenzen haben, Mondkalb.“ zischte er und seine Stimme stand seinen Augen in keinster Weise an Kälte nach. „Ich lasse nicht zu, dass ein Assistent denkt, er könnte sich über mich lustig machen.“ „Ich habe mich nicht...“ begann ich, wurde aber sofort von ihm unterbrochen. „Du solltest vorsichtiger sein. Ansonsten wird dein Arbeitszeugnis nicht besonders positiv ausfallen.“

Miyoshi-san beugte sich zu mir hinab und ich schaffte es nur mühsam, nicht vor dem Blonden zurückzuweichen. „Überlege dir, mit wem du dich anlegst, Mondkalb. Anderenfalls werde ich dafür sorgen, dass dein nächster Ferienjob darin besteht, die Kotze von Besoffenen auf der Bahnhofstoilette wegzuwischen. Ich hoffe, das war deutlich genug für dich.“ „War es. Es tut mir leid.“ Normalerweise würde ich nicht so schnell klein beigeben, aber diese Aura, die ziemlich einer gereizten Klapperschlange ähnelte, ließ nichts anderes zu. Der Blonde rauschte davon und ich atmete tief durch. Was hatte ich nur verbrochen, um so einen Chef zu verdienen? Das war sicher nicht der beste Weg, seinen ersten Tag zu verbringen. Wie sollte ich das nur sechs Wochen durchhalten? Den restlichen Tag über versuchte ich, nicht noch weiter negativ aufzufallen. Anscheinend gelang mir das ganz gut, denn ich wurde von Miyoshi-san hauptsächlich ignoriert. Dafür bekam nun Saitoh-san den Unmut des Blonden zu spüren, als sich dieser die Bilder anschaute. Nichts schien ihm Recht zu sein und nur wenige Bilder schafften es, seinem Perfektionismus standzuhalten. Der Fotograf schien dieses Verhalten bereits zu kennen, denn er gab keinerlei Widerworte und löschte jedes Bild, das nicht Miyoshi-sans Erwartungen entsprach. Endlich war es vorbei und der Feierabend stand an. Wie angekündigt, erhielt ich meinen Besucherausweis und machte mich so schnell wie möglich auf den Weg nach Hause. Inzwischen verstand ich meinen Vorgänger. Wie sollte das nur weitergehen?



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