Ein Topf voll Gold von LiraJacobs ================================================================================ Kapitel 1: Was am Ende bleibt ----------------------------- Ein Schlafzimmer. Ein Bett. Eine junge Frau die auf dessen Kante saß und aus dem großflächigen Schiebefenster vor sich hinaus starrte. Es war eine wunderschöne Aussicht, denn die Sonne ging gerade auf, glitzerte und spiegelte sich in dem Pool auf der Terrasse. In diesem Wasser hatte sie vor kurzem Schwimmen gelernt. Ihre Hand strich zart über das Laken auf dem sie saß. Dieses Bett bewahrte ebenfalls einige Erinnerungen. Sogar die intensivste ihres Lebens, wenn man so wollte. Wie hatte er es noch einmal genannt? - Entkorkt. Ein seltsames Wort für Entjungferung, aber die Brünette hatte es einfach hingenommen. Sie hatte so viele Begriffe einfach hingenommen, die jeden normalen Menschen vielleicht empört hätten. Aber sie war kein normaler Mensch. Sie war Gratia, ein Engel des Herrn, eine Kriegerin Gottes, ein eigentlich treuer und loyaler Soldat des Himmels, dem seine Gnade wegen einer kleinen Wette entfernt worden war. Eine Wette zwischen zwei Erzengeln. Um genau zu sein zwischen dem jüngsten Gabriel und seinem Bruder Raphael, welcher dem jüngeren vorgeworfen hatte keinerlei Verantwortungsgefühl zu haben. Das mochte sogar stimmen. Gabriel war schon lange kein Anführer des Himmels mehr, sondern nur noch ein heidnischer Gott namens Loki, dem Streiche und Spaß wichtiger waren als alles andere. Der Zeitraum war mit grade mal sieben Tagen sehr überschaubar, die Bedingungen jedoch ziemlich bescheiden. Würde der weibliche Enge diese eine Woche überleben, dann würde der Himmel Gabriel für immer in Ruhe lassen. Sollte sie jedoch vor dem vorgegebenen Zeitrahmen sterben, so müsste Gabriel damit rechnen, das jedes erdenkliche Monster und jeder heidnische Gott die wahre Identität von Loki erfährt. Im ersten Moment schien die Aufgabe gar nicht mal so schwer zu sein, jedoch war Gratia von Beginn an sehr erpicht darauf Gabriel davon zu überzeugen nach Hause zurück zu kehren. Seinen Platz im Himmel wieder einnehmen um die Moral der anderen Engel zu stärken, wäre eine Art gewesen diesem Treiben ein Ende zu setzen, jedoch war dies für Gabriel von Anfang keine Option gewesen. Was der vermeintliche nordische Trickster allerdings nicht bedachte war, dass jeden Moment ein wütender Gott oder Halbgott oder was auch immer zu seiner Türe hereinplatzen könnte. Was im Endeffekt auch geschehen war... „Du musst das nicht tun.“, erklang eine Stimme vom Türrahmen. „Es gibt genug Wege Dich unsichtbar zu machen, ich kenne da zwei Menschen, die haben auf ihrem ganzen Skelett Sigillen eingebrannt bekommen und leben damit ziemlich gut. Um mich brauchst Du Dir keine Sorgen machen, ich bin schon seit Jahrhunderten untergetaucht. Täusche den Tod von Loki vor und werde wiedergeboren als irgendein anderes Wesen.“, grinste der jüngste Erzengel, doch es hatte keinen Effekt auf seine jüngere, menschlich gemachte, Schwester. „Sollte es nicht eigentlich mein Wunsch sein, für das höhere Wohl des Himmels zu sterben, damit Du gezwungen bist nach Hause zurückzukehren?“, fragte sie stattdessen und beide Engel wusste, das sich Gratias Einstellung in dieser extrem kurzen Zeitspanne unglaublich geändert hatte. „Wahrscheinlich schon.“, grinste Gabriel schief und schaute dabei zu wie der gnadenlose Engel aufstand und auf ihn zu kam. Die Brünette schaute dem Erzengel tief in die Augen und plötzlich umarmte sie ihn. Er legte ebenfalls die Arme und die kleinere Person und drückte sie sachte an sich. Gratia war ein braver Soldat. Es war schön zu sehen, wie sich sich durch die Entfernung ihrer Gnade positiv verändert hatte. Sie hatte Gefühle gelernt, ihre Moralvorstellungen haben sich geändert und das wichtigste war: Gelernt eine eigene Meinung zu bilden. Gabriel stützte leicht sein Kinn auf den Kopf der kleineren Person und musste innerlich schmunzeln. Gratia bedeutete Gnade, also Grace. Sie wurde benannt nach der Seele der Engel und nun hatte sie diese entrissen bekommen. Ja, es war makaber, dies amüsant zu finden, aber schwarzer Humor war nun mal Gabriels Leidenschaft. „Fünf Stunden.“, flüsterte Grace und der Erzengel brauchte einen Moment um zu verstehen, was sie meinte, was sie meinte. Es war sechs Uhr und die vereinbarte Frist endete um Punkt zwölf. „Kann ich noch etwas für Dich tun? Ein leckeres Essen? Ein Film? Ein Ort den Du gern besuche möchtest? Sex?“, letzteres war mehr ein Scherz, obwohl man dies bei näherer Betrachtung tatsächlich ernst nehmen könnte. War Gabriel doch kein unbeschriebenes Blatt, Gratia ein hübsches Mädchen und in ihrer derzeitigen Verfassung definitiv keine Schwester. War sie auch nie gewesen, sondern eigentlich nur ein verblendetes Engelchen, ein dummer kleiner Soldat. Doch dies hatte sich mit der Zeit geändert und Gabriel mochte das Individuum Gratia eigentlich ganz gerne, weswegen es dem Erzengel sogar ein wenig Nahe ging, dass sie wohl oder übel heute sterben würde. Allerdings nicht durch seine Hand, sondern durch Raphaels, denn dieser würde wohl kaum einem sündigen Engelchen die Gnade zurückgeben, nein, dafür war Raphi einfach ein zu großes Arschloch! Dafür war der gesamte Himmel viel zu sehr mit idiotischem Geflügel voll gestopft und Gabriel wurde regelrecht wütend, wenn er daran dachte. Allerdings schluckte er seinen Ärger hinunter und horchte, was sich Grace wünschte. „Pudding.“, meinte die Brünette dann einfach mal frei raus. „Pudding?“, wiederholte Gabriel und musste tatsächlich kurz Lachen. Ja, er erinnerte sich daran, das ihr dieses Zeug am besten geschmeckt hatte bei ihrer ersten Nahrungsaufnahme. Also, sie wollte gerne Pudding essen. Das war absolut kein Problem. Mit einem Schnipsen waren mehrere Schüsseln mit verschiedenen Sorten auf einem Tablett auf dem Bett. Ein interessantes Frühstück. Der Erzengel löste sich dann vollends von Grace und tunkte seinen Finger in die Sorte Erdbeere. „Mh... lecker!“, ja das hatte er gut herbeigezaubert. „Bitte sehr. Bedien dich.“, meinte er auffordernd und Gratia ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Hatte sie noch nie, weil sie ein braves Engelchen war und den Wünschen eines Erzengels immer nachkam, eigentlich. Es war trotz allem noch schwer festzustellen ob sich dies mittlerweile geändert hatte oder ob sie manche Dinge tatsächlich aus freiem Willen tat. Dennoch, sie war nicht mehr das absolute, emotionslose Soldaten-Modell, wie noch vor einer Woche. Denn sie hatte eigene Wünsche und Bedürfnisse entwickelt. Grace bot Gabriel die Sorte Erdbeere dann komplett an und nahm eher Vorlieb mit Vanille und Schokolade. Banane mochte sie überhaupt nicht, was Gabriel irgendwie zum schmunzeln brachte. „Schon Pläne, was als nächstes kommen soll?“, dabei konnte sich der vermeintliche Trickster einen verführerischen Unterton einfach nicht verkneifen, auch wenn er genau wusste, das Gratia nichts damit anfangen konnte. Oder vielleicht genau deswegen? „Ich würde gern...“, fing die jüngere zögerlich an und Gabriel ergriff die Chance um seine Hand auszustrecken und diese unter ihr Kinn zu legen. Er hob es etwas an und fragte zärtlich: „Ja?“ „Ich... ich würde gern... ihn wiedersehen...“, flüsterte Grace dann ein wenig verlegen und schüchtern, sowie einem etwas bitterlichen Blick, den allerdings nur Gabriel erkannte, für andere würde es wohl irgendwie emotionslos wirken. Engel eben. „Verstehe.“, ja er verstand wirklich und irgendwie beleidigt war er auch nicht, sondern musste sogar ein wenig schmunzeln, was in der derzeitigen Situation eigentlich total fehl am Platz war. „Gut. Dann gehen wir ihn mal suchen.“, das dürfte eigentlich nicht so schwer sein. Einfach die erst beste Bar anvisieren, in der es eine Schlägerei gab. „Moment.“, meinte Gratia und stand auf. Die Brünette bewegte sich schnellen Schrittes aus dem Schlafzimmer und kam nach kurzer Zeit mit einem Höckerchen wieder. Natürlich schaute der Erzengel ein wenig verwirrt, doch wundern sollte ihn so ein Verhalten eigentlich nicht mehr, da hatte Gratia schon ganz andere Dinge getan und gesagt in den letzten Tagen. So manches Mal hatte Gabriel gerne mehrfach seinen Kopf gegen eine Wand gehämmert und so war es nicht nur ihm ergangen sondern auch der Person, welche sie einen Besuch abstatten wollten. Manchmal hatte sich Gabriel auch gefragt, was sich Gott bei diesem Engelchen gedacht hatte, als er es erstellte. Wobei... Gott hatte bei so vielen Dingen, die er erschuf nicht wirklich groß nachgedacht gehabt, aber das war eine komplett andere Geschichte! So hielt der Erzengel Gratia eine Hand hin, die sie auch sofort ergriff. Die erste Bar war ein Fehlschlag. Die zweite, dritte, vierte und fünfte ebenfalls. Es war merkwürdig diesen Kerl nicht sofort zu finden, aber irgendwie wäre es auch nicht verwunderlich, wenn er irgendwo auf 'nem Klo eingepennt wäre, immerhin war es gerade nicht mehr Abend oder Nacht, sondern morgens. Nur noch wenige Stunden und Gabriel hatte keine Ahnung, was Gratia genau tun wollte und warum sie dafür einen Hocker brauchte. Aber gut, das war ihre Sache, seine war es diesen Typen zu finden. Bei der nächsten hörte man dann die Stimme einer verärgerten Frau. „Wenn Du nochmal Streit anfängst, dann hast Du Hausverbot!“ „Pf! Tust ja gerade so als würde ich Dir das nicht bezahlen können!“, erklang es gequält und kurz darauf hörte man das unverkennbare klimpern von Metall in einem Glas, wieder und wieder. Gabriel grinste. Hier waren sie eindeutig richtig. Die Bar sah aus wie ein Schlachtfeld und der rothaarige Klotz dort am Tresen war genau sein Mann: „Mad Sweeney.“, sprach er den Kobold auch direkt an, welcher sich total verpennt umsah, wer ihn denn da wagte anzuquatschen. Er sah furchtbar aus, kein Wunder, wenn man sich auch mit jedem direkt anlegte und das nicht nur verbal, sondern besonders gern körperlich. Eigentlich verwunderlich, das es tatsächlich Leute gab die sich sogar freiwillig mit ihm kloppten, wo er doch so ein großer Kerl war und die breite Masse an anderen Wesen eher zu ihm aufsehen musste. Tja man sollte eben niemals auf Klischees hören. Er war ein Kobold, ein halber zwar, aber das hieß nicht, das er klein sein musste. „Loki, der Hochstapler und das gnadenlose Engelchen.“, begrüßte Sweeney die beiden Neuankömmlinge direkt einmal. Mittlerweile wusste der Rothaarige, dass Loki eigentlich Gabriel, der Erzengel war, aber er nannte ihn trotzdem bei dem Namen, den jeder für diesen Mann kannte. Das hatte allerdings nichts mit Freundlichkeit zu tun. Mad war einfach nur zu faul sich anzupassen. Dies galt auch für Gratias Spitznamen. Den würde sie einfach nicht mehr los werden. Schließlich hatte das Wort 'gnadenlos' in Bezug auf Engel deutlich mehr als nur eine Bedeutung. Halb noch auf dem Tresen pennend beäugte er skeptisch das Bild was sich ihm bot, besonders irritierend war dieser Hocker... aber gut, er hatte das gnadenlose Engelchen ja schon was kennen gelernt, also nahm er sich ne Kippe, zündete diese an und wartete ab, was man von ihm wollte. „Bitte tu Dir keinen Zwang an, was auch immer Du nun tun willst.“, meinte Gabriel zu seinem Schützling und ließ ihre Hand los. Sie schien ein wenig nervös zu sein, aber ging dann auf Mad zu, welcher sich daraufhin gerade hinsetzte und schließlich sogar aufstand. Er empfand es als lustig auf die kleine Frau vor sich hinunter zu schauen, welche nun den Hocker genau vor ihn positionierte und schließlich darauf stieg um dem großen Mann vor sich besser in die Augen blicken zu können. Ah, dafür war das Teil also gedacht! „Gut, jetzt bist Du groß, wie fühlt sich das an?“, grinste er breit nahm einen Zug und hielt kurz inne, bevor er diesen zur Seite hinweg pustete. War da etwa ein Hauch von Anstand bei dem Kneipenschläger zu erkennen? „Nicht anders, als sonst. Außer, das es einfacher sein wird.“, beantwortete Gratia seine Frage und Sweeney wollte gerade etwas darauf sagen, da waren auch schon ihre Patschehändchen an seinen Wangen und ihre Lippen lagen auf seinen. Es war nicht so als ob sie sich noch nie geküsst hätten. Verdammt, er hatte sie immerhin entkorkt! Aber trotzdem war es irgendwie überraschend das Gratia die Initiative bei so etwas ergriff. Da hoben sich sogar Gabriels Augenbrauen. „Also, wenn Du mit ihm alleine sein willst dann kann man das arrangieren, Liebes.“, grinste der Erzengel bei dieser Szenerie. Es war immerhin noch etwas Zeit, da sollte ein kleines bisschen Sex drin sein und Gabriel gönnte es den beiden wirklich, er fand diese sehr ungleichen Wesen furchtbar goldig zusammen. Grace löste den Kuss, verzog das Gesicht und antwortete erst einmal Gabriel, ohne den Blick von dem Mann vor sich abzuwenden: „Nein, das ist nicht nötig.“ Dann machte sie eine Pause und meinte schließlich: „Du schmeckst nicht.“, nein diese Mischung aus Alkohol, Schweiß, Blut und Zigarette war wirklich nicht lecker. „Und Dein Geruch ist auch übel, Du musst Duschen.“, sagte sie ohne Scheu, was der Barfrau einen respektvollen Blick für die Kleine Brünette aufs Gesicht zauberte. Allerdings musste der Kobold darüber nur beherzt Lachen. „Du kannst ja mitkommen, wäre nicht das erste Mal.“, nein wäre es nicht, aber das war hier gerade nicht das, was Gratia wollte, sie wollte etwas anderes. „Geschenke.“, meinte sie schließlich und Mad legte den Kopf etwas schief. Sein Blick war neugierig und irritiert zugleich. „Geschenke?“, fragte er nach. „Wenn man jemandem, den man mag, seinen Dank nicht nur verbal aussprechen will, dann macht man ihm ein Geschenk, das hast Du mir beigebracht.“, wobei beigebracht, wohl etwas falsch war. Er hatte ihr damals nur eine Frage beantwortet und ihr ein wenig Gold in die Hand gedrückt um etwas schönes zu kaufen. Zu jenem Zeitpunkt sollte es etwas für Gabriel sein und nun wollte sie dem rothaarigen Riesen etwas schenken? Aber doch bitte nicht diesen Hocker, auf dem Grace gerade stand. Obwohl zu zutrauen wäre es ihr ja. Mit der Kippe im Mund fragte er schließlich nach: „Ach und was willst Du mir schenken?“ „Mein Herz.“, antwortete Grace ohne größere Gefühlsregung, was das ganze irgendwie surreal wirken ließ. Mad Sweeney fing an zu husten. Das war nun wirklich mehr als unerwartet gekommen und hatte den Kobold ein wenig aus dem Konzept gebracht. Immerhin war er ein Schlägertyp, er hatte auch kein Problem eine Frau mal grob anzufassen, wenn sie ihn provozierte, weswegen romantische Aussagen wie diese hier ein absolutes No Go darstellten, egal von welcher Seite auch immer. Sofort drehte er sich zu der Hexe hinter der Theke, zeigte drohend mit dem Finger auf sie und knurrte: „Kein Wort zu niemandem!“, immerhin hatte er einen verdammten Ruf zu verlieren! Dann drehte er sich zu Loki der ebenfalls mehr als überrascht drein blickte. „Du hältst gefälligst auch Dein Maul!“, zwar konnte der Kobold nichts gegen einen Erzengel ausrichten, aber das hieß nicht, das er es nicht versuchen würde. Vielleicht kam Mad Sweeney da auch gerade Lokis Geheimnis um seine wahre Identität sehr entgegen. „Und Du sagst mir mal, wie Du auf solch einen Schwachsinn kommst.“, doch dann besann er sich, schüttelte den Kopf und wand sich ein weiteres Mal an den vermeintlichen nordischen Gott. „Nein, nein, nein, nein, aus ihr bekomme ich definitiv keine vernünftige Antwort, also was hat das zu bedeuten?!“, wollte er nun von dem Erzengel wissen, der nur abwehrend seine Hände in die Luft hob und entschuldigend drein blickte. „Ehrlich ich habe keine Ahnung!“, doch in diesem Moment dämmerte es Gabriel und er seufzte. Dann nahm er die Hände runter und meinte. „Der letzte Film den sie gesehen hat, war eine Liebesschnulze.“, das sollte wohl alles erklären, wobei eigentlich warf das nur noch mehr fragen auf. Wenn Gratia eine Liebesschnulze nachstellte, dann identifizierte sie sich mit irgendetwas daraus. Wäre ebenfalls nicht das erste Mal, das sie etwas gesehenes oder erlerntes, das sie gut fand, für sich nutzte. Der Rothaarige hatte zwar immer noch Alkohol im Blut und vielleicht eine leichte Gehirnerschütterung zu seiner auch sonst sehr langen Leitung, aber sogar ihm wurde gerade sehr deutliches bewusst, was hier höchstwahrscheinlich abging. Er hoffte nur, das er sich täuschte und das gnadenlose Engelchen einfach nur irgendetwas missverstanden hatte. Außerdem hatte er keinen Bock den Erklär-Kobold zu mimen und hoffte, das Loki dies für ihn übernehmen würde. Während die beiden Männer sich da so schön unterhielten war Grace wieder von ihrem Höckerchen gegangen und gesellte sich nun an Gabriels Seite. „Wir können nun gehen.“, dabei sah sie niemanden an, sondern schaute bedrückt zu Boden. „Bist Du sicher?“, wollte der Erzengel wissen, denn ihm kam es so vor, als sei das Thema noch lange nicht geklärt und es wäre doch besser, wenn man sich aussprach, bevor... naja es nicht mehr ging. „Ja.“, kam es allerdings sehr deutlich von Grace und sie drückte die Hand ihres Bruders ein wenig fester. „Ok. Mad. Auf Bald.“, meinte Gabriel kurz angebunden und unterdrückte einen bedrückten Seufzer. Die Engel kamen dann schon einmal bei dem Friedhof in Kansas an. Der Himmel war verhangen und man konnte ahnen, das Raphael nur darauf wartete, dass die Uhr 12 schlug. Wahrscheinlich beobachtete er die beiden ganz genau. Gabriel gefiel es nicht, wie auf dem Silbertablett rumzustehen, das änderte sich auch nicht, als er sich auf einen Grabstein setzte und zu Gratia schaute, welche sich die Gegend ansah. „Dein Herz?“, fragte er schließlich und konnte sich trotz der angespannten Lage den amüsierten Unterton nicht verkneifen. „Eine Redewendung, wenn man jemanden sehr mag.“, erklärte Gratia tonlos. „Du magst ihn also.“ „Ja. Ich mag Mad Sweeney.“ Das war eine Aussage, die es Gabriel fast schon erlaubte schief zu grinsen. Er fragte sich wie es dem Kobold gerade ging, wahrscheinlich hatte dieser kein Plan was das eigentlich alles gewesen sein sollte. Vielleicht würde er dieses Liebesgeständnis sogar als Problem wahrnehmen oder vielleicht hatte er sogar Gefühle für Gratia. Wäre es eine andere Situation, hätte sich der Erzengel darüber köstlich amüsiert und wäre dann mit der ganzen Szene hausieren gegangen, damit auch andere darüber lachen konnten, doch diesmal nicht. Diesmal war dem Erzengel nicht danach zu mute das Gesehene für sich auszunutzen. Obwohl Galgenhumor einer seiner liebsten Themen war. Währenddessen glubschte Mad nur in die plötzlich aufgetretene Leere vor sich. „FUCK YOU LOKI!“, rief er ins Nichts, schüttelte den Kopf und ging wieder an die Theke. „Hör auf mit Deinem dämlichen Grinsen!“, meinte er dann noch finster zu der Barhexe. „Schätzchen, ich darf soviel grinsen wie ich will und Du solltest nicht die Hand beißen, die Dir einen Drink aufs Haus spendiert.“, damit stellte sie ihm ein Glas hin und befüllte es mit Wodka und Sahne, perfekt für einen Kobold um sich zu besaufen. Das hatte der Rothaarige jetzt gerade auch bitter nötig. Er nahm eine weitere Kippe und zündete sich diese an um runter zu kommen. „Wer war das Mädchen?“, wollte die Alte wissen. „Niemand.“, log er, womit sich die Besitzerin nicht zufrieden gab und auffordernd den Kobold anschaute. „Naja, Du zerlegst regelmäßig meine Bar, verprügelst meine Gäste, sagst nicht mal Danke, wenn ich Dir einen Drink ausgebe... ich glaube ich habe es mehr als verdient ein wenig aus Deinem Leben zu erfahren, Schätzchen.“, konterte sie und Sweeney fing an zu grummelte, was soviel bedeutete, wie, das er ihr Recht gab. „Sie ist nur eine Frau die ich gefickt habe.“, kam es ziemlich kalt aus seinem Mund. Mad wollte nicht darüber reden, und sein Blick fragte eindeutig ob seine Aussage reichen würde, was die Hexe allerdings ignorierte. „Sah mir aber nicht so aus. Gnadenloses Engelchen? Nur ein Spitzname oder... hast Du tatsächlich einen Engel gefickt?“, grinste die magische Person neugierig. In letzter Zeit waren viele Engel auf der Erde unterwegs und es würde die Barhexe nicht verwundern, wenn eines davon keinerlei Macht hätte und dann soviel Glück bzw. Unglück gehabt hätte auf Mad Sweeney getroffen zu sein, wobei sich die Dame hinter der Bar nicht ganz zusammenreimen konnte, wie die beiden dann in der Kiste gelandet waren. Aber das war egal, die Geschichte war interessant und die Blonde Frau mittleren Alters wollte eindeutig mehr wissen. So stellte sie dem Kobold einen weiteren Drink mit Sahne hin, nachdem dieser den ersten geleert hatte. Die Frau vor ihm zwang Mad Sweeney dazu sich nun gedanklich mehr mit Gratia zu beschäftigen, als es ihm lieb war. Er erinnerte sich daran, wie er eigentlich nur in Lokis Wohnung geplatzt war um seine Glücksmünze wieder zu bekommen, welche er durch ein versehen bei einem Trinkspiel vertauscht und dann verloren hatte. Das Pech schwabbte auf die Umgebung Lokis über und Menschen starben nicht selten an diesem Pech. Schlecht wenn man dann gerade jemanden da hatte, der nicht sterben durfte. Natürlich half der Kobold dabei das Mädchen zu schützen, bis er schließlich seine Münze von Loki wieder bekam. Das Ganze hatte sich dann zu einem Selbstläufer entwickelt. Irgendwie musste Mad kurz versaut grinsen, als er daran dachte, wie ungeniert sich Grace vor den Männer ausgezogen hatte um eigentlich nur das 'Duschen' zu erlernen. Nachdem Lokis eine Bude ruiniert wurde durch das Pech der Münze, wechselten die drei in eine andere Wohnung, einem Bungalow und da befand sich ein Pool. Zu jener Zeit hatte Mad erfahren wer hinter Loki steckte und was es mit Gratia auf sich hatte, aber es war ihm egal gewesen. Eigentlich hatte es keinen Grund mehr gegeben überhaupt in der Nähe der Engel zu bleiben, aber Loki bat den Halbgott um Hilfe. Somit hätte Mad Sweeney einen Wunsch bei Loki offen, ein Stein im Brett, ein Gefallen. Das klang eigentlich ziemlich gut, wenn man bedachte, das es sich bei dem Tricksterkönig eigentlich um einen Erzengel handelte. So ging der Kobold tatsächlich darauf ein und Loki konnte sich nach der Gesundheit einer Freundin erkundigen, die vor kurzem ebenfalls in dessen Wohnung gewesen übernachtete. Zu einer Zeit in der die (Un-)glücksmünze Lokis Eigentum war. Also eine nachvollziehbare Tat und der Rothaarige Klotz hatte somit für leider viel zu lange Zeit ein nerviges Engelchen ohne Gnade am Hals auf das er aufpassen musste. „Ich hätte sie fast ertränkt.“, grinste Mad breit, als er sich daran erinnerte, wie er die nackte Grace in den Pool warf. „Unabsichtlich! Ich wusste nicht das sie nicht schwimmen kann!“, meinte er dann, als er den vorwurfsvollen Blick der Hexe sah. Als Ablenkung für sich und auch für die Hexe fing er an ein weit entfernt stehendes Glas an zu visieren. Kurz darauf landete eine Goldmünze darin. Immer wieder schnippte er eine seiner Münzen in diese Richtung und traf jedes Mal. Die Schlägerei an diesem Abend würde ihn diesmal einiges Kosten, wenn er so seinen Blick schweifen ließ. „Hört sich so an als ob Du sie magst.“, kam es unerwartet. Mad hatte eigentlich schon mit dem Thema abgeschlossen und dann das?! „Laber keinen Scheiß! Sie ist ein nerviges, dummes, kleines Ding, das kein Plan von der Welt hat!“, oh da sprach er absolut die Wahrheit. Verärgert machte er mit seinen Münztricks weiter, das entspannte irgendwie. Nebenbei nahm er sein Glas und nippte daran. Mögen... nun hassen tat er das gnadenlose Engelchen jedenfalls nicht. Aber mehr als mögen auch nicht. Man musste schließlich keine tiefen Gefühle für einander hegen um zusammen ins Bett zu steigen. Er hatte sie entkorkt. War auch nicht das erste Mal, das er so was getan hatte, war also nichts besonders, und dennoch wurde er das Gefühl nicht los, als ob irgendetwas extrem falsch lief gerade. Als ob er irgendetwas wichtiges vergessen hatte. „Naja ihr Liebesgeständnis war nun wirklich nicht das beste, hörte sich eher wie ein Abschied an.“, kam es von der Hexe, die anfing ihre Bar zu richten und schon mal ein paar Zutaten für ein paar Zauber zusammen zu suchen. Abschied., in dem Moment wo dieses Wort gefallen war schnipste Mad Sweeney eine seiner Münzen in Richtung Glas und traf es das erste Mal nicht. Das runde Metallstück knallte auf den Rand und landete daraufhin auf dem Boden. „Daneben?“, die Hexe war verwundert, das hatte es tatsächlich noch nie gegeben. Ein Kobold traf mit seinen eigenen Münzen immer sein Ziel. Also was war los? Ihr Schlägerstammkunde sah auf einmal überhaupt nicht gut aus, irgendwie blasser als sonst. Geschockt. Aber Sweeney trank ruhig - viel zu ruhig - sein Gesöff aus und verzog wegen dem starken Alkohol und der Sahne den Mund. Gutes Zeug! Doch dann schmiss er ohne Vorwarnung das Glas gegen die nächstbeste Wand. Er rastete förmlich aus, stand auf und beschwerte sich in einer fremdartigen Sprache über irgendetwas oder irgendwen. Zertrümmerte den ein oder anderen Barhocker und hörte erst auf, als das Geschoss einer Waffe knapp seinen Kopf verfehlte. „Ich bin zwar eine Hexe und Dein Gold ist hilfreich, aber das bringt mir nichts, wenn nur noch das Grundgerüst des Ladens übrig bleibt, also entweder verpisst Du Dich oder setzt Dich wieder hin.“, das war eine Ansage. Mad schaute grimmig zu der Frau und atmete weiterhin schwer wegen seiner Verärgerung. Verpissen klang unglaublich gut, denn er hatte keine Lust weiter zu reden. Er war nicht sauer gewesen, weil er das Glas verfehlt hat, sondern weil in ihm selbst ein Groschen gefallen war. Er erinnerte sich daran, das Gratia erwähnte nur noch eine Woche zu haben und genau das war vor genau sieben Tagen gewesen. Verdammt, Mad kannte sogar die näheren Umstände dieser Aussagen, nur hatte es ihn nicht interessiert und schließlich war es einfach aus seinem Gedächtnis verschwunden. Bis jetzt. Grace hatte sich von ihm verabschiedet auf eine eigentlich verdammt niedliche Art und Weise und er hatte es nicht gecheckt! In ihrer nervigen, beschissenen, dummen, verpeilten, niedlichen Art. Doch jetzt war es zu spät, er würde nichts mehr daran ändern können. Wäre ebenfalls nicht das erste mal in seinem Leben, das er jemanden verlor, den er mochte. So war das nun mal als halbes göttliches Wesen und halber Kobold. Man lebte lang , liebte besser nicht, dann wurde einem auch nicht das Herz gebrochen. Der Rothaarige packte sich seine Kippen und verstaute sie in der Innentasche seiner Jacke, dabei bemerkte er etwas und zog es hinaus. Es war ein Umschlag mit einer filigranen weibischen Handschrift darauf. „Tse...“, entfleuchte es dem Kobold, er riss es einfach unachtsam auf und las sich durch, was da stand. Neugierig beäugte die Hexe dies und sah sofort, das es sich um etwas speziell angefertigtes handelte und demnach zog es sie fast schon magisch an. „Was ist das?“, wollte die Barbesitzerin wissen. Mad grinste auf einmal ziemlich breit, nahm sein Feuerzeug und setzte das Stück Papier in Brand. „Eine Kriegseinladung.“, das konnte der Kobold jetzt gut gebrauchen. Er war sehr erfreut dieses Ding erhalten zu haben und deswegen wollte er sehr großzügig sein, nachdem er das Schriftstück in einen Aschenbecher legte. Beim Rausgehen klimperten nur so die Goldmünzen aus seinem Ärmel, das sollte als Entschädigung reichen. Ja, eine Einladung zu einem Göttertreffen auf dem besprochen werden sollte, wie man diese geflügelten Truthähne rupfen und braten konnte. Ja, er würde mitmischen, denn er hatte das Gefühl eine Schuld begleichen zu müssen. Die Hexe schnappte sich natürlich das Schriftstück um es zu lesen, aber konnte nur noch den Namen erkennen, denjenigen für wen dieser Brief bestimmt war und sie war ein wenig verwundert, dachte sie doch das Mad Sweeney ein ganzer Kobold war und nicht Ernork Kian Odinson und somit auch zusätzlich noch ein nordischer Halbgott. Das hatte der Rothaarige immer für sich behalten, doch anscheinend war es genau jetzt gerade wichtig eher Gott als Kobold zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)