Wechselherz von Fiamma ================================================================================ Kapitel 25: Kapitel 24 ---------------------- Stöhnend drückte sich Mamoru sein Kissen über den Kopf. Er hatte jetzt keine Lust an die Tür zu gehen. Egal, wie oft es auch klingelte. Vermutlich war es doch nur wieder der Postbote oder irgendein Vertreter. Wer sollte es auch sonst sein. Sollten sie es doch bei seinen Nachbarn probieren. Erleichtert, da das Klingeln aufgehört hatte, nahm er das Kissen wieder herunter und drehte sich auf seinen Rücken. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah er zur Decke herauf. Das Sofa war zwar nicht die bequemste Art zu schlafen, aber in sein Bett konnte er einfach nicht. Alles erinnerte ihn dort an sie. Sogar ihr Kissen verströmte immer noch ihren süßlichen Duft. Seufzend atmete er ein. Eigentlich müsste er aufstehen und seinen Pflichten nachgehen, aber er konnte nicht. Er konnte nicht in die Schule gehen und so tun, als wäre nichts gewesen. Es ging einfach nicht. Er konnte nicht herausgehen, durch die Straßen laufen, als wäre alles in Ordnung. Nichts war in Ordnung. Gar nichts. Und würde es auch nie wieder sein. Ein Teil von ihm war fort. Für immer verloren. Es ging zusammen mit ihr. Langsam schloss er wieder seine Lider, doch abrupt riss er sie wieder auf, als es lautstark an seiner Tür klopfte. Mittlerweile wurden sie echt aufdringlich. Stöhnend drehte er sich auf die Seite und zog sich seine Decke, bis zum Hals. Sollten sie doch klopfen. Irgendwann würden sie schon wieder verschwinden, wenn sie merkten, dass er nicht aufmachte. „Ich weiß ganz genau, dass du da bist. Mach auf“, drang es dumpf durch die Haustür hindurch und seufzend fuhr er sich durch seine Haare. Langsam rutschte er mit seinen Beinen vom Sofa herunter. Was wollte Motoki denn hier. Schlurfend verließ er das Wohnzimmer, steuerte schwer atmend die Haustür an und öffnete sie vorsichtig einen Spalt. Er wollte Motoki gerade sagen, dass er keine Lust auf Besuch hatte, als sich dieser schon hindurchzwängte und hineintrat. „Mamoru. Endlich. Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht.“ „Dir auch Hallo“, murmelte er, schloss wieder die Haustür und ging Motoki, der schon ins Wohnzimmer herüber stampfte, hinterher. „Seit über einer Woche verkriechst du dich schon hier drinnen.“ Schulterzuckend ließ er sich wieder auf sein Sofa fallen und stützte seine Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln ab. „Ich weiß, wie schwer es gerade für dich ist. Aber wir machen uns Sorgen um dich. Ich versteh zwar immer noch nur die Hälfte und kann kaum glauben, dass ich das Mal sage, aber Ami ist wohl vom Mond zurück.“ Nickend sah er auf seine Füße herunter und vermied es dabei seinen Freund anzusehen. Ja, er hatte die Nachricht auch bekommen, aber nicht darauf reagiert. Er war zwar auch dafür gewesen, dass sie noch mehr über diesen Erebos herausfinden sollten, doch mittlerweile sah er da gar keinen Sinn mehr drinnen. Usagi hatte ihn und sich selbst mit dem Silberkristall … „Hörst du mir überhaupt zu?“ Verwundert blickte er nun doch wieder auf und sah direkt in Motokis Gesicht. Er hatte offenbar noch weitergesprochen. „Sorry. War in Gedanken.“ Er konnte hören, wie Motoki schwer einatmete und im selben Augenblick setzte er sich auch schon neben ihn auf das Sofa. „Jeder versteht dich. Aber willst du nicht doch mit den anderen sprechen? Sie treffen sich gleich alle im Tempel.“ Stirnrunzelnd sah er auf, legte seinen Kopf in den Nacken und wandte sich dann wieder an seinen besten Freund. „Lass mich raten. Bevor ich nicht zu stimme, wirst du keinen Zentimeter aus meiner Wohnung machen?“ „Es ist doch wichtig. Ich meine, wer weiß-“ „Schon gut. Ich geh ja.“   Langsam stieg er die Stufen zum Tempel hinauf. Motoki hatte ja recht. Er musste sich mit den Dingen auseinandersetzen und er war seinem Freund auch gar nicht böse, dass er ihn dazu gedrängt hatte. Wahrscheinlich brauchte er diesen Schubs auch. Sonst hätte er vermutlich noch die nächsten Tage in seiner Wohnung verbracht. Oben angekommen überquerte er schnell den Hof und steuerte den Eingang an. Er hörte die anderen schon durcheinander miteinander sprechen und flink klopfte er heran. „Ja?“, ertönte es von drinnen und langsam schob er die Tür auf. Augenblicklich sahen ihn alle mit großen Augen an. Bevor sie allerdings etwas sagen konnten, wedelte er schnell mit seinen Händen. Er wollte jetzt keine langen Mitleidsbekundungen oder Ähnliches, sondern wollte mit ihnen besprechen, ob sie etwas herausgefunden hatten. „Seid mir nicht böse, aber ich möchte jetzt nichts darüber hören. Was habt ihr herausgefunden?“ Fragend sah er dabei zu Ami und Luna. „Ich wollte gerade erzählen, was Luna, Artemis und ich herausgefunden haben.“ Nickend setzte er sich zu den anderen um den kleinen Tisch und alle richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ami. „Wir haben lange in der alten Bibliothek gesucht und Bücher gewälzt, doch bis auf einen kleinen Eintrag konnten wir leider nicht viel finden.“ Schuldbewusst senkte sie ihren Kopf. Er konnte sich genau denken, was sie gerade dachte, aber sie hatte ja wirklich keine Schuld daran, dass es dort oben nichts mehr weiter gab. „Wir wissen doch, dass ihr alles, was in eurer Macht stand, getan habt.“ Rei hatte offenbar den gleichen Gedanken, wie er, und schnell nickte er ihr zu stimmend zu. „Und was habt ihr gefunden?“ Ami schob ein altes Buch in die Mitte des Tisches und erzählte weiter. „Also eigentlich steht dort nur, dass Erebos irgendwann zu machtgierig wurde und einen Krieg gegen Tartaros und Gaia angezettelt hatte. Nachdem er von den beiden besiegt wurde, hatte man ihm die meisten Kräfte entzogen und verbannte ihn in die Tiefen des Universums. Seitdem wurde er nicht mehr gesehen und es wird vermutet, dass er irgendwo tief verborgen in der Galaxie verweilt, bis er einen Weg gefunden hätte, wiederzukommen.“ Mit großen Augen sahen alle zwischen dem Buch und Ami hin und her. „Das heißt, Usagi ist … war … diese Möglichkeit? Er hat sie als Gefäß benutzt?“, fragte Makoto aufgeregt und griff nach dem Buch. „Aber, wie kann das denn sein?“, mischte sie nun auch Minako ein und hob aufgeregt ihre Hände die Luft. Nachdenklich tippte sich Mamoru gegen sein Kinn und versuchte sich aus den ganzen Informationen irgendwie einen Reim zu machen. „Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das eine kann nicht ohne das andere Existieren.“ Erschrocken blickten alle hinter sich. Setsuna stand auf der Türschwelle und betrat nun langsam den Raum. „Also wurde er von Usagis Licht angezogen und hat sich in ihr eingenistet. Klar, dass er sich ausgerechnet sie ausgesucht hat“, murmelte Mamoru leise, doch hatten es wohl alle verstanden. „Er hat sich das hellste und stärkste Licht im ganzen Universum ausgesucht“, flüsterte Rei leise, stand auf und blickte aus dem Fenster, „Kein Wunder, dass er so stark werden konnte. Usagi muss es gespürt haben, dass sie machtlos war.“ Zitternd ballte Mamoru seine Hände zu Fäusten. Er hatte genug gehört. Ruckartig sprang er auf, doch hielt er seinen Kopf weiterhin gesenkt. „Ich muss jetzt los.“ Ohne auf eine Antwort seitens der anderen zu warten, rannte er hinaus. Es schien ihn glücklicherweise auch niemand aufhalten zu wollen. Aber, warum sollten sie auch. Es war alles gesagt. Sie wussten zwar ein wenig mehr über Erebos. Doch brachte das Usagi auch nicht zurück. Sie hatte sich selbst geopfert und Erebos und sich selbst … Er konnte und wollte es immer noch nicht zu Ende denken, aber er musste den Tatsachen ins Auge sehen. Sie war seit über einer Woche verschwunden. Sie kam nicht wieder. Er brauchte jetzt dringend frische Luft. Er konnte da einfach nicht weiter sitzen und darüber reden. So schnell ihn seine Beine trugen, eilte er die lange Treppe herunter. Da Motoki ihn hergebracht hatte, lief er einfach immer weiter. Er wollte nicht auf irgendeinen Bus warten. Er wollte einfach nur noch weg von hier. Er rannte und rannte, bis er schließlich wie von selbst vor dem Crown gelandet war. Völlig außer Atem blieb er stehen. Sollte er hineingehen? Doch dann sah er die vielen Menschen, wie sie lachend zusammen an den Tischen saßen, und entschied sich dagegen. Das brauchte er jetzt wirklich nicht. Kurzerhand drehte er sich auf seinem Absatz herum und lief einfach weiter die Straße herunter. Gedankenschwer bog er in eine Straße ein und stieß prompt, da er nicht aufgepasst hatte, mit jemandem zusammen. „Oh bitte entschuldigen Sie. Das wollte ich nicht.“ Doch sofort, als er aufsah, weiteten sich seine Augen. Vor ihm stand keine andere, als Usagis Mutter. „Oh Hallo Mamoru.“ Sofort steckte er nervös seine Hände in die Taschen. Sie musste ja nicht sehen, wie er am ganzen Körper zitterte. Was sollte er ihr denn jetzt sagen? Er konnte ihr doch schlecht erzählen, dass ihre Tochter … „Miss Tsukino. Tut mir leid, ich wollte sie nicht anrempeln.“ Lächelnd strich sie ihm über den Arm. „Keine Sorge. Ist ja nichts passiert. Du scheinst ja völlig durch den Wind zu sein. Naja ist ja auch kein Wunder.“ „Ja … also …“ Moment, was meinte sie mit, kein Wunder? Hatte einer der anderen ihr etwa schon etwas gesagt? Oder hatte Luna wieder ihre Gedanken manipuliert? „Es tut mir sehr leid, dass es mit euch beiden nicht geklappt hat. Ihr ward so ein süßes Pärchen.“ Perplex starrte er sie an. Wovon sprach sie da bitte? „Entschuldigen Sie bitte. Wovon sprechen sie?“ „Na davon, dass ihr euch getrennt habt. Vielleicht war es doch noch ein wenig zu früh zum Zusammenziehen. Usagi hat immer ihr Zimmer zu Hause und vielleicht tut euch ein wenig Abstand ja auch gut, sodass ihr euch wieder vertragen könnt.“ Nur langsam drangen die Wörter zu ihm hindurch. Meinte sie etwa, dass Usagi wieder zu Hause wohnte? „Usagi ist bei ihnen zu Hause?“ „Äh ja. Ich weiß zwar nicht, ob genau in diesem Moment, aber ja.“ Ungläubig schüttelte er seinen Kopf. Passierte das gerade wirklich? Hatte er sich auch nicht verhört? Wenn Usagi wieder zu Hause war, warum meldete sie sich dann nicht bei ihm? Was hatte das alles zu bedeuten? Er musste es herausfinden, und zwar sofort. „Miss Tsukino hätten Sie etwas dagegen, wenn ich noch mal mit Usagi spreche? Jetzt gleich?“ „Aber nein, ich wollte …“ Ohne sie antworten zu lassen, rannte er los. Er musste der Sache sofort auf den Grund gehen. Konnte es tatsächlich sein, dass sie noch am Leben war? Warum meldete sich dann aber bei keinem von ihnen? Wollte sie vielleicht alle schützen und nicht in Gefahr bringen? Aber, warum war sie dann bei ihren Eltern? Sie würde doch nie und nimmer ihre Familie einem Risiko aussetzen. Was hatte das nur alles zu bedeuten? Schnellen Schrittes lief er zurück zum Crown und hetzte hinein. „I-ich brauch dein Auto. J-jetzt.“ Völlig aus der Puste stützte er sich am Tresen ab und sah in das sichtlich irritierte Gesicht von Motoki. „Ist irgendetwas passiert?“ „Ich erkläre es dir später. Bitte es eilt.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen fischte sein Freund seinen Schlüssel aus der Hosentasche und übergab ihm den Schlüsselbund. „Danke.“ Und schon verließ er wieder das Crown.   Kurze Zeit später parkte er das Auto vor dem Haus der Tsukinos und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Angespannt betrachtete er das Haus. Konnte es sein? Konnte es tatsächlich sein, dass sie dort drinnen war? Tief atmete er noch ein Mal ein und versuchte sich irgendwie zu beruhigen. Allerdings brachte es rein gar nichts, also stieg er aus dem Auto aus. Schritt für Schritt näherte er sich dem Haus und er hatte beinahe das Gefühl, als würde sein Herz aus seinem Brustkorb springen. Noch nie kam ihm der Weg von der Straße, bis zur Haustür so lange vor. Schwer schluckend ging er einen letzten Schritt und hob ganz langsam seine Hand. Mit zittrigen Fingern betätigte er die Klingel. Nun gab es kein zurück mehr. Jeden Moment würde er die Wahrheit erfahren. Er konnte genau hören, wie sich jemand der Tür näherte und sein Herz legte noch einen Takt zu. Er traute sich kaum zu Atmen. Keine Sekunde später klapperte es und die Tür wurde geöffnet. Mit großen Augen starrte er auf die Person, die mitten auf der Schwelle stand. „Usako“, flüsterte er. Dort stand sie. Wenige Zentimeter von ihm entfernt. Er wollte sie gerade in seine Arme ziehen, als es ihm eiskalt den Rücken hinunter lief und eine Eiseskälte durch seinen Körper fuhr. Sein Herz blieb für einen winzigen Moment stehen und kopfschüttelnd ging er einen Schritt zurück. Das war nicht Usagi. Nicht mehr. Diese Kälte in ihren Augen. Ihre ganze Ausstrahlung. „Was machst du denn hier“, schnaufte sie und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Nein“, flüsterte er leise und er hatte das Gefühl von einem Strudel weggezogen zu werden. Was war nur geschehen? Das hier war eindeutig nicht mehr seine Usako.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)