Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 35: Turn 35 - Pearl's Will ---------------------------------- Turn 35 – Pearl's Will     Ein Blinzeln genügte, um festzustellen, dass sie sich nicht mehr im Turm von Neo Babylon befand. Das Mosaik der Erde unter ihr flackerte nur schwach, es gelang ihm kaum, Licht in die unendliche Dunkelheit des Elysions zu bringen. Auch drehte es sich nicht mehr, wie sonst üblich. Anya raffte sich auf. Wieso war sie plötzlich hier?   Schritte ertönten, ihre Quelle lag direkt gegenüber der Blondine. Doch dort kam nichts auf sie zu. Der Klang der Schritte verstummte. „Hast du jemals die Geschichte der jungen Frau gehört, die sich bis zum letzten Atemzug gegen ihr Schicksal wehrte? Anya Bauer?“ Es raubte dem Mädchen für einen Moment glatt die Stimme. Egal wie verzerrt, undeutlich, unmenschlich die Stimme auch klingen mochte, sie würde sie unter tausenden wiedererkennen. „Levrier? Du bist zurück!?“ „Ich war nie fort. Oder wer dachtest du, hat dich eben noch beschützt, als du Isfanels Blutdurst zum Opfer zu fallen drohtest?“ Augenblicklich drehte sich Anya mehrmals um die eigene Achse, doch da war nirgendwo ein Ebenbild von ihr oder eine andere Gestalt, in der sich Levrier ihr präsentierte. „Du warst das? Als der Idiot meinen Garnet angegriffen hat?“ Anya drehte sich wieder in die Ausgangsrichtung, aus der sie die Schritte glaubte gehört zu haben. „Wie hast du das gemacht? Und wo bist du überhaupt!?“ „In diesem Moment bin ich Teil Isfanels. Doch nicht alles von mir vermochte er zu absorbieren. Denn ein Fragment meiner Existenz … gehört nur dir, Anya Bauer.“ Jene weitete die Augen und fasste dabei unbewusst an ihre Brust. „Du bist noch in mir!?“ „Als wir eins wurden, um Eden zu erwecken … nein, schon früher, verankerte sich ein Teil von mir in dir. Etwas, das nur geschehen konnte, weil wir einander akzeptieren. Erinnere dich. Du wolltest mir trotz deiner Angst vor dem, was geschehen wird, wenn du Eden wirst, helfen. Dies hat uns verbunden, denn auch mein Wunsch ist es, selbst in diesem Moment, dich zu beschützen.“   Das Mädchen sank fassungslos auf die Knie, als sich strahlendes Licht vor ihr ausbreitete. Dort war er. Levrier. Und er war … „[Gem-Knight Pearl]?“ Stolz verschränkte der weiße Ritter die Arme vor ihr, während er mitten in der Luft schwebte. Die sieben Perlen um ihn herum begannen das Elysion zu erleuchten, während sich gleichzeitig in ihrem Inneren jeweils ein Gesicht widerspiegelte. Die besorgte Abby, der nachdenkliche Nick, der kämpferische Matt, die bewusstlose Valerie, genau wie Henry und Melinda zusammen in einer Perle, ein schlafender Marc und letztlich Alastair, um dessen Hals Ketten geschlungen waren. „W-was soll das alles? Wenn du noch lebst, warum hast du dich nicht gemeldet!? Warum hast du einfach zugesehen!?“, jammerte Anya verletzt. „Ich hätte deine Hilfe wirklich brauchen können, aber jetzt ist es zu spät!“ „Ich habe dir schon geholfen, auf meine Weise. Isfanel und ich sind verbunden und diese Verbindung ermöglichte es mir erst, seinen Angriff umzulenken.“ „Kannst du das noch mal!?“, begehrte Anya sofort auf. Langsam erhob sie sich. „Wenn wir es so probieren, können wir noch gewinnen! Sorg' einfach dafür, dass er nicht angreift, solange-!“ „Das wird nicht zweimal funktionieren, denn er weiß jetzt darum“, erwiderte Levrier. „Es tut mir leid, Anya Bauer. Alles was geschehen ist.“ „Red' keinen Stuss! Du wurdest manipuliert! Wir alle wurden das!“ Sie schwang wütend den Arm aus und ballte eine Faust. „Aber keine Sorge, Another wird dafür von Matt auf die Fresse bekommen!“   „Es ist fast Zeit.“ Der bedrückte Tonfall ließ Anya verstummen. „Sowohl für dich, als auch für mich. Wenn wir deine Freunde noch retten wollen, müssen wir uns beeilen.“ „Und wie sollen wir das anstellen!? Bei dir sind ja offensichtlich die Batterien leer und bei mir das Feld!“ Anya schnaufte wütend und reckte das Kinn vor. „Deine Lösung, Einstein?“ Levrier in Pearls Gestalt streckte den Arm aus, welcher zu leuchten begann. Dabei hielt er ihr die flache Hand vor Augen. „Ich bin ein schwaches Wesen, nur ein Abkömmling Isfanels. Meine Bestimmung war es, Another aufzuhalten, doch jener manipulierte mich bis zu dem Grad, dass ich für statt gegen Eden arbeitete. Wer mich also einen Fehlschlag nennt, ist im Recht.“ Anya legte den Kopf in den Nacken und sah ihr Gegenüber herausfordernd an. „Mir doch egal, von mir aus kannst du dich auch Frieza nennen! Du hast meine Frage damit aber nicht beantwortet! Was nun, Einstein?“ „Als Abkömmling besitze ich nicht dieselbe Kraft wie mein Schöpfer. Wer einen Pakt schließt, gibt einen Teil seiner Kraft auf, seiner selbst.“ Levrier machte eine kurze Pause. „Je nachdem, welche neue Kraft entstehen soll, muss eine entsprechende Menge der eigenen Existenz aufgegeben werden.“ Das Leuchten an seiner Hand wurde stärker. „Ist [Gem-Knight Pearl] deshalb effektlos? Weil du nichts von dir aufgeben wolltest?“ „Du irrst, Anya Bauer. Ich habe eine Menge aufgegeben. Oder warum nanntest du mich sonst immer nutzlos?“ Er drehte seine strahlende Hand und forderte damit Anya nun auf, diese zu nehmen. „Deswegen muss ich dieses Mal alles geben, nicht wahr? Denn ich will nun meinem eigenen Willen folgen und das Wort Bestimmung hinter mir lassen.“ „Ahja?“ Die Blondine lachte und kratzte sich am Hinterkopf. „Und was ist dein Wille?“ „Dich zu beschützen, denn du bist meine Partnerin. Dich und deine Freunde. Deswegen muss ich dieses Mal ein größeres Opfer bringen. Damit wir …“ „... unseren Pakt verstärken können“, schloss das Mädchen und ein spitzbübisches Grinsen huschte über ihre Lippen. „Klingt gut! Bin dabei! Partner!“   ~-~-~   Matt weitete seine Augen, als er sah, dass sich die ohnmächtig geworden geglaubte Anya langsam erhob. Was ihn dabei überraschte war die Tatsache, dass das Mal an ihrem Arm bräunlich glühte. Aus der Entfernung war es schwer einzuschätzen, aber er hatte das Gefühl, dass sich etwas in jenem bewegte. Veränderte es sich etwa!? „Wann wirst du endlich lernen, nicht dauernd zu schauen, was die anderen gerade machen?“, fragte Another gereizt. „Ich bin immer noch dein Gegner, schon vergessen? Was immer sie da tut, es ist nicht von Belang, bei so einer Witzfigur als Paktpartner.“   Allerdings zeigte sich Matt gänzlich uninteressiert und ließ seinen Blick stattdessen wieder über das bestialische Monster wandern, was dort aus einem Dimensionsspalt in diese Welt vorgedrungen war. Hoffentlich würde sie mit diesem Ungetüm klar kommen! Etwas in Matt war sich dessen jedoch gewiss, sodass er sich wieder seinem Duell widmen konnte.   Er kontrollierte nur seinen riesigen, niederknienden Schabenritter [Steelswarm Vanguard – Roach Styx] mit dem weißen Drachenspeer Lord Fafnir in den Händen, wobei zwei goldene Sphären um sein Monster kreisten. Another stattdessen besaß ebenfalls nur sein Incarnation-Monster [Vylon Seraphim – Embodiment Of Order, Disigma]. Aber Another besaß wenigstens noch eine Handkarte, Matt nicht einmal das.   Steelswarm Vanguard – Roach Styx [ATK/1900 DEF/0 {4}] Vylon Seraphim – Embodiment Of Order, Disigma [ATK/2500 DEF/2100 {4}]   Im gläsernen Unterleib des finsteren Maschinenengels befand sich eine goldene Sphäre. Matt runzelte die Stirn. Er musste jetzt etwas Tolles ziehen, ansonsten sah es schlecht für ihn aus! „Also“, rief er an seinen Gegner gewandt, „auf geht’s! Mein Zug, Draw!“ Doch nachdem er gezogen und die neue Karte betrachtet hatte, machte sich Enttäuschung breit. Genau so etwas war jetzt weniger sinnvoll! „Verdammt und das, obwohl wir keine Zeit mehr verlieren dürfen!“ Denn der Lichtstrahl, der von seiner Brust in das Tor Eden überging, welches wiederum über dem Thron am Ende des Saals dank elektrischen Seilen in der Luft gehalten wurde, war bereits gut sichtbar. Gleichwohl fühlte Matt sich zunehmend müder und schwächer. Was wohl nicht zuletzt daran lag, dass sich sehr langsam, aber beständig die Schichten vor dem Eingang des Tores wie Blütenblätter nach und nach zur Seite bewegten.   „Nichts Gutes gezogen? Dann gib auf und versinke in den Schlaf des Tores.“ „Niemals!“, widersprach Matt dickköpfig. „Als ob ich es dir so leicht machen werde! Effekt von Roach Styx aktivieren! Während der Standby Phase versammelt er alle Xyz-Materialen um sich, die er oder seine Vorstufe besessen haben, bis er auf drei Stück kommt!“ Matt zog den zuvor abgelegten [Steelswarm Gatekeeper] aus seinem Friedhofsschacht und legte ihn unter sein Monster, wodurch nun drei goldene Sphären um dieses kreisten.   Jetzt hieß es überlegen, dachte der junge Mann und betrachtete die schwarze Karte auf seiner Duel Disk. Mit dem ersten Effekt von Roach Styx konnte er ein Monster mit mindestens fünf Stufensternen verbannen. Aber Disigma besaß keine Stufe, sondern einen Rang und jener war ohnehin zu niedrig. Der zweite Effekt konnte Karteneffekte bis zum Ende des Zuges lahmlegen, aber das brauchte Matt in seiner derzeitigen Situation nicht. Aber das hieß-!   „Erkennst du es endlich? Ich habe Roach Styx so geformt, dass er nicht gegen andere Inkarnationen eingesetzt werden kann“, holte Another seinen Gegner höhnisch aus den Gedanken. Mit einem Schulterzucken quittierte er den fassungslosen Blick, der ihm daraufhin entgegen gebracht wurde. „Aber du kannst natürlich gerne den letzten Effekt aktivieren, wenn du meinst, es bringt dich weiter. Immerhin besitzt du jetzt genug Material und der Zug von Roach Styx' Beschwörung ist bereits vergangen. Also?“ „Du nimmst -das- einfach so hin, als wäre es nichts!?“ Dabei war dieser Effekt doch mächtig! Wie konnte er Another nichts ausmachen? War er so selbstsicher, dass es ihn nicht störte!? „Eine andere Wahl habe ich nicht“, murmelte Matt ärgerlich, „aber es wird mir mehr Zeit verschaffen! Ich aktiviere Roach Styx' letzten Effekt und hänge drei Xyz-Materialien ab! Dafür, dass ich seinen Effekt in Zukunft negiere, kann ich einmalig den Lebenspunktestand vertauschen!“ „Ich weiß“, erwiderte Another mit einem süffisanten Lächeln. „Tu es ruhig, es ändert nichts.“ „Das werden wir erst noch sehen! Roach Styx!“, schrie Matt förmlich und streckte den Arm in die Höhe. „Benutze Soul Reversal!“ Dem Befehl seines Besitzers folgend, richtete der Kakerlakenmann seinen Speer in die Höhe und absorbierte damit die drei goldenen Sphären, ehe ein violettes Licht von der Drachenkopfspitze auszugehen begann. Plötzlich würgten Matt und Another einen violetten Dunst hervor, der von dem Leuchten angezogen, durchgemischt und wieder in die Münder der beiden Feinde zurücktransportiert wurde. Beide husteten und hielten sich die Hälse.   [Matt: 1500LP → 4000LP / Another: 4000LP → 1500LP]   „Ist Verzweiflung nicht im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend?“, scherzte Another und richtete sich in Alastairs Hülle wieder stramm auf. „Wirf ruhig weiter Wattebällchen nach mir.“ „Du elender-! Ich aktiviere von meiner Hand die Zauberkarte [Swords Of Revealing Light]! Damit kannst du drei Runden nicht angreifen!“ Drei grüne Energieschwerter tauchten rund um Another und seinen absonderlichen Maschinenengel auf. Doch der lachte nur. „Lebenspunkteumkehr? Schutzzauber? Willst du mich langweilen, Matt Summers?“ „Wart nur ab! Zug beendet!“   Genüsslich, mit einem dünnlippigen Lächeln, zog Another auf zwei Karten auf. „Zeit ist kostbar und ihr habt keine mehr. Also muss ich nur warten, mehr nicht.“ Er lachte auf. „Ich denke, ich ändere daher meine Strategie. Wenn du nicht angreifen kannst, nur gut. Alles was ich tun muss ist warten, bis Eden dich in sich aufgenommen hat. Ich passe.“ Das grün leuchtende Lichtschwert zu seiner Rechten löste sich auf.   Jetzt will er das Duell hinauszögern, dachte Matt verzweifelt und besah sein D-Pad. „Mein Zug. Dra-“ „Ah ah ah!“, gluckste Another und wedelte mit erhobenem Zeigefinger, was Matt wegen seiner Riesenschabe jedoch nicht sehen konnte. „Nicht so hastig, Kleiner. Du hast Roach Styx' mächtigsten Effekt benutzt, daher kannst du diese Runde nicht ziehen.“ „Was!?“ „Lies dir deine Karte doch genauer durch. Oh! Ich habe dich doch nicht etwa verführt, etwas Dummes zu tun?“ Matt konnte das Grinsen des Dreckskerls förmlich spüren. Das war alles in seinem Sinne gewesen! Dieser elende-! „Ich kann nichts tun, also passe ich auch!“   Another füllte sein Blatt daraufhin um eine dritte Karte auf. „Na so ein Zufall, das wollte ich auch gerade sagen! Zug beendet!“ Noch eines der Lichtschwerter verschwand. Diesmal jenes links neben ihm, womit nur noch das letzte blieb, welches Disigma im Wege stand. Kaum hörte Matt dies, brachte ihn ein fieser Stich in seinem Herzen dazu, in die Knie zu sinken. „Argh!“ Das Licht vom Energiestrahl, das ihn mit Eden verband, war nun so grell, dass es langsam blendete. Verdammt! Dieser Mistkerl machte mit ihm was er wollte! Er konnte nichts gegen dieses Monster unternehmen und musste sich hinter den Lichtschwertern vor einem Angriff verstecken. Und das Schlimmste daran war, dass Another dies nicht einmal behinderte, sondern eher noch in die Karten spielte! Unter diesen Bedingungen blieb im Grunde nur Eines … aber, sollte er wirklich?   Mit zusammengekniffenen Augen sah Matt herüber zu Anya und erschrak, da er erst jetzt erkannte, dass ihr Körper langsam zu Kristall wurde. „Was immer du da treibst, beeil' dich, ich könnte ein bisschen Hilfe gebrauchen!“   ~-~-~   Matts verzweifelter Ruf erreichte Anya zwar, doch schenkte diese ihm keine Beachtung.   [Anya: 450LP / Isfanel: 1500LP] „Mein Zug“, verkündete sie leise mit gesenktem Blick und griff nach ihrem Deck. Mit einem Schlag brannte ihre Hand in weißem Licht auf. „Draw.“ „Du veränderst das Schicksal dank Levriers Kraft“, mutmaßte Isfanel, „interessant.“ Das Mädchen schob die gezogene Karte augenblicklich sowie wortkarg in die Duel Disk, woraufhin die Falle vor ihren Füßen auftauchte. „Zug beendet.“ Ansonsten war Anyas Spielfeldseite und Hand leer. Anders als Isfanels Spielfeld, denn dieser kontrollierte die mächtigste Paktkarte, wie er selbst behauptete. [Sophia, Goddess Of Rebirth], so nannte sie sich und hatte im Zug davor sämtliche anderen Karten auf den Händen, Spielfeldern und Friedhöfen der beiden erbitterten Feinde verbannt.   Sophia, Goddess Of Rebirth [ATK/3600 DEF/3400 (11)]   Die grässliche, riesige Ziegengestalt entwuchs einem Dimensionsspalt. Über ihrem Rücken glühten Symbole, die Schwingen darstellen sollten. Ein Angriff von diesem Monstrum vermochte alles zu zerstören, so viel wusste Anya.   „Du denkst, du kannst deinem Schicksal entfliehen, doch du irrst“, sprach Isfanel unbekümmert, „selbst ein reformierter Pakt kann dich nicht retten, denn in solchen Fällen bleibt das alte Versprechen bestehen. Du musst Eden werden, auch wenn Levrier die Konditionen geändert hat.“ „Ich weiß“, kam es tonlos von Anya zurück. Die weiße, flammende Gestalt, die einst Marc gewesen war, hatte aber noch nicht geendet. „Und in noch etwas liegst du falsch, Anya Bauer. Nämlich darin, dass Levriers Eingreifen etwas ändern wird!“ Mit einem Schlag ging ein strahlendes, weißgoldenes Licht von seiner Hand ab, als er nach seiner Duel Disk griff. „Das werde ich nicht erlauben! Draw!“ Mit Schwung zog Isfanel die Karte. Anya verspürte daraufhin ein so heftiges Ziehen in der Brust, dass sie sich im Affekt röchelnd nach vorne beugte. Er hatte es ihr gleich getan und das Schicksal verändert!   Isfanel zeigte den gezogenen Zauber sofort vor. „Ich aktiviere [Destructo Gear], welches augenblicklich eine Zauberkarte von meinem Deck verbannen wird!“ Zahnräder aus purem Licht erschienen um die rote, längliche Duel Disk und begannen sich über und unter ihr zu drehen. „Die Karte, die ich verbanne, heißt [Reversal Gear]. Ich weiß, was du vorhast, Anya Bauer. Du willst, dass ich angreife, damit du mit deiner Falle den Schaden auf mich zurückwerfen kannst.“ Das Mädchen mit dem gesenkten Blick zeigte keine Regung, außer: „Ist das so?“ „Levrier ist einfach zu lesen. Natürlich ist dem so. Daher wisse, dass [Reversal Gear] einmalig jede Art Schaden umkehren kann und damit zurück auf meinen Gegner wirft, wenn ich es und zwei verbannte Celestial Gear-Monster ins Deck zurücksende.“ „Soll heißen?“ „Selbst wenn du jetzt noch versuchst, mir zu schaden“, sprach Isfanel leise, „wirst du ultimativ scheitern.“ Anya reagierte nicht. „Dann zeig mir, wofür du Levriers Überreste zu nutzen gedenkst!“ Isfanel legte den Kopf in den Nacken und sah hinauf zu seinem Monster. „Los, allmächtige Göttin, die mit Eden im Pakt steht! Vernichte sie! Direkter Angriff mit Two World Collision!“ Sophia ließ daraufhin über ihren Handflächen jeweils eine weiße und eine schwarze Lichtkugel erscheinen, welche sie unter Tosen zusammenführte. „Stirb, Anya Bauer!“ Aus der neu entstandenen Sphäre feuerte Isfanels mächtigstes Monster kurz darauf einen schwarzweißen Laserstrahl auf Anya ab. Ohne sich davon jedoch beeindrucken lassen, schwang diese mit einem unterschwelligen Lächeln auf den Lippen den Arm aus. „Du liegst daneben. Wir hatten nicht vor, Spielchen bezüglich irgendwelchen Schadens zu spielen. Alles was wir wollten, war -ihn- aus der Verbannung zu holen. Mithilfe dieser Fallenkarte, [Gem-Knight Barrier]! Erhebe dich vor mir, [Gem-Knight Pearl]!“ Die Karte sprang auf. Aus ihr schossen die sieben rosafarbenen Perlen, welche auf ihr abgebildet waren, umkreisten sie wie ein Schwarm Bienen einmal, bis sie vor ihr verharrten. In ihrer Mitte nahm eine prächtige Gestalt Form an und kurz darauf kniete vor Anya besagter weißer Ritter nieder. „Willkommen zurück, Pearl“, murmelte diese, holte ihn aus ihrer Hosentasche hervor und legte das Xyz-Monster in horizontaler Lage auf ihre Duel Disk.   Gem-Knight Pearl [ATK/2600 DEF/1900 {4}]   „Er wird dich nicht lange schützen“, entgegnete Isfanel. Dennoch schwang etwas Verwirrung in seiner Stimme mit. „Wieso er?“ Allerdings antwortete Anya nicht und senkte wieder den Blick, als ihr Pearl von dem Laserstrahl erfasst wurde und in einer Explosion unterging. „Damit hast du- Ah!“ Das Mädchen knickte zur Seite um und blieb reglos liegen.   ~-~-~   „Es ist jetzt soweit, nicht wahr?“ Anya und Levrier in [Gem-Knight Pearls] Erscheinungsbild standen einander in Anyas Elysion gegenüber. „Willst du das wirklich tun?“, setzte Anya nach. „Im Ernst, ich wäre nicht böse, wenn du jetzt noch kneifst.“ Nein, in Wirklichkeit wäre sie stinksauer, dachte sie dabei. Aber es war seine Entscheidung. „Wie ich bereits sagte, Anya Bauer. Die Zeit der Bestimmungen ist vorbei. Ich bin mein eigener Herr und mein Ziel ist es, dich zu beschützen.“ „Yeah“, erwiderte die Blondine und rieb sich verlegen am Kopf, „ich will auch weiterkämpfen. Nicht für die Menschheit oder ein 'Was wäre wenn', sondern für diejenigen, die selbst jetzt im Turm gefangen sind, obwohl sie die Chance zum Gehen hatten. Und das nur, weil sie mir … helfen wollten.“ Der Edelsteinritter nickte. „Du hast dich verändert, Anya Bauer. Früher wäre dir das Schicksal der anderen gleich gewesen.“ „Vielleicht … ah, egal! Wehe, du erzählst denen was!“, fauchte das Mädchen aufgebracht, um vom Thema abzulenken. „Sonst kannst du dich darauf gefasst machen, dass ich deine Karte in tausend Stücke schneide, anschließend verbrenne und die Asche unser Klo runterspüle! Kapiert!?“ „Dazu wird es nicht mehr kommen, fürchte ich.“ Unerwartet reichte Levrier ihr seine Hand. „Lass uns diesen letzten Weg gemeinsam gehen und Isfanels Zerstörungswut ein Ende bereiten.“ „Klar …“ Als Anya nach seiner Hand griff, ging von jener Mitte ein grelles Strahlen aus, dasselbe wie vorhin. Statt aber wegzusehen, starrte sie in das warme Licht und erkannte, wie sich in dessen Inneren die Form einer Karte abzuzeichnen begann. „Hell yeah!“   ~-~-~   Das Mädchen öffnete blinzelnd die Augen und erhob sich hastig. Dabei sah sie noch die letzten Partikel von Pearl dahinschwinden, welcher von Sophias Angriff zerstört worden war. „'kay, ready to go?“   Preparations complete!   „Besser ist's für dich!“, rief das Mädchen und streckte den Arm weit aus, als wolle sie nach etwas greifen. „Hey, Isfanel, kennst du den schon?“ „Was!?“ Geschickt drehte Anya die Hand und zeigte ihm ihren Lieblingsmittelfinger. „Du hast leider grad ziemlichen Mist gebaut, du hohle Nuss! Denn als du Pearl zerstört hast … hast du -ihn- auf den Plan gerufen!“ Isfanel wich zurück. „Was ist das? Dein Elysion, in ihm-!“ „Mach dich bereit“, rief Anya, riss den Arm mit erhobenem Zeigefinger nach oben, welchen sie weit in die Luft ausstreckte, „für die Inkarnation, die sämtliche Regeln missachtet! Ich rekonstruiere das Overlay Network!“ „Nein! Wie kannst du-!?“ Vor Anya tat sich ein schwarzer Wirbel auf, aus dem eine braune Lichtsäule bis zur Decke schoss. Aus der Duel Disk des Mädchens schossen sieben pinke Lichter, die in dem Strom verschwanden. „Wenn der letzte Krieger fällt“, sprach Anya feierlich, „wird das Licht der Hoffnung in ihm erwachen! Eine neue Kraft wird geboren, geformt von Kameradschaft und Stolz! Steige wie Phönix aus der Asche!“ Ich kann nicht glauben, dass du selbst jetzt mit solchen Sprüchen kommen musst. Besonders, wenn sie so schlecht sind wie dieser.   „Schnauze, Levrier! Mir ist spontan nichts Besseres eingefallen“, fauchte Anya und sah dabei zum Überlagerungsnetzwerk, ehe sie hastig wieder den Blick hoch zur Lichtsäule richtete. „Im Sinne des neuen Paktes, komm jetzt hervor und zeig dich! Erwache aus deinem Schlaf, [The Last Gem-Knight – Pearl Radiance]!“ Die Lichtsäule explodierte förmlich, als Anya den Namen von Pearls Inkarnation gerufen hatte. Das Mal an ihrem Arm brannte fürchterlich, doch da sie eh im Begriff war, zu einer Kristallstatue zu mutieren, war es dem Mädchen gleich. Jetzt stand Isfanel Ärger ins Haus! Aus der braunen Säule trat nämlich ein Krieger hervor, der auf den ersten Blick nur noch wenig mit Pearl gemein hatte. Denn die sieben Perlen, die nun über seinem Rücken schwebten, formten dank leuchtender Verbindungslinien lange, flügelhafte Gebilde. Die Rüstung war nicht mehr weiß, sondern pechschwarz, auf dem Helm thronten verschiedenfarbige Federn. In der Panzerung waren sämtliche Edelsteine eingelassen, die unter den Gem-Knights zu finden waren und in der Brustmitte war eine achte, kleine Perle eingelassen, von der goldenes Licht ausging. Stolz verschränkte der über dem Kristallboden schwebende Ritter seine Arme.   The Last Gem-Knight – Pearl Radiance [ATK/2600 DEF/1900 {4}]   Heimtückisch glucksend schob Anya die Karte des ursprünglichen Pearls unter die seiner Evolution, wodurch eine goldene Sphäre um diesen zu kreisen begann. Isfanel war fassungslos. „Du hast es also geschafft, eine Incarnation Summon durchzuführen. Und sie ist … anders als alle bisherigen. Die Zerstörung des Ursprungsmonsters hat sie ausgelöst! Welchen Preis musste Levrier dafür zahlen?“ Der Blick seiner Gegnerin verdunkelte sich. „Labere nicht, sondern spiele weiter, es ist dein Zug!“ „Da ich bereits angegriffen habe, kann ich nichts weiter unternehmen. Zug beendet!“ Kaum waren diese Worte jedoch ausgesprochen, schoss aus Anyas Duel Disk ein wahres Funkengewitter. Lauter golden leuchtende Sphären stiegen aus ihr empor. „Ansage für dich“, rief die Blondine laut und hielt dabei sechs Karten in die Höhe, die sie aus der Hosentasche gefischt hatte, „in der End Phase meines Gegners schart Pearl Radiance sämtliche meiner verbannten Monster um sich, damit sie ihm als Xyz-Material beistehen können!“   Kameradschaft, die über das Leben hinausgeht. Ein schönes Motiv hast du dir da ausgesucht, Anya Bauer.   „Wir beide“, korrigierte diese ihn mit einem Zwinkern. Dabei legte sie [Gem-Knight Garnet], [Gem-Knight Lazuli], [Gem-Knight Tourmaline], [Gem-Knight Master Diamond], [Kuriboss] und [Gem-Turtle] unter Pearl Radiance, wodurch um diesen nun ganze sieben Xyz-Materialien zu kreisen begannen und Anyas ganzes Feld in goldenes Licht tauchten. „Was bezweckst du mit dieser Karte?“, fragte Isfanel verwundert. „Sie ist- aber wie?“ „Lass dich überraschen“, gluckste Anya. Plötzlich gab sie einen erschrockenen Schrei von sich, als der gesamte Turm ruckartig erschüttert wurde und sie beinahe stolperte. „Was soll das jetzt!?“ „Der Sonnenaufgang ist nicht mehr fern“, erklärte Isfanel deutlich unruhiger, „immer zu Sonnenaufgang verschwindet der Turm, damit ein neuer Zyklus beginnen kann!“ „Was!?“ Sofort sah Anya zu Matts Duell herüber. „Beeil' dich mal ein bis- Ah!“   ~-~-~   Perplex starrte Matt die Karte an, die er gezogen hatte, nachdem Another nun zweimal hintereinander gepasst hatte. Nur noch ein Lichtschwert befand sich vor ihm und seinem Monster. „Das ist-!“ [Steelswarm Longhorn], ein Stufe 9-Tributmonster, mit dem er Disigma dank Longhorns Effekt zerstören könnte! Aber dafür brauchte er zwei Tribute, hatte jedoch nur Roach Styx anzubieten. „Verdammt!“ Nur mit Longhorn auf der Hand und seiner Inkarnation auf dem Feld konnte er nichts ausrichten! Plötzlich fiel es ihm jedoch wie Schuppen von den Augen. Er konnte sehr wohl etwas damit ausrichten, bald schon! Wenn die [Swords Of Revealing Light] in der nächsten End Phase Anothers verschwunden waren, konnte er [Steelswarm Scout] von seinem Friedhof beschwören! Und dann hatte er genug Opfer für Longhorn beisammen! „Ich muss ebenfalls wieder passen.“ In dem Moment erbebte der Turm, wodurch Matt auf Isfanel und Anya aufmerksam wurde. „Beeil' dich mal ein bis-“, begann Anya, schrie dann aber unter einer Erschütterung auf. „Ah!“ „Ich würde mich ja beeilen, aber mir gehen langsam die Ideen aus!“ „Tch, dann schau mir mal zu, wie ich das Kind jetzt schaukle!“ Das Mädchen wandte sich wieder ihrem Gegner zu.   Gleichzeitig kicherte Another plötzlich. Um Alastairs Hand begann eine weiße Flamme aufzubrennen, ehe er nach dem Deck griff und schrie: „Ich bin dran, Draw!“ Keuchend zuckte Matt zusammen, denn es fühlte sich an, als würden sich seine Eingeweide zusammenziehen. Sein Gegner benutzte seine Fähigkeiten! „Mehr als nur die Ideen sind dir am ausgehen, mein Lieber. Ich fürchte, unser kleines Spielchen wird langsam langweilig“, sprach der Puppenspieler selbstherrlich. „Gewiss hat es seinen Reiz, dich in Verzweiflung winden zu sehen, aber da uns wirklich die Zeit davon läuft und ich mich noch um Isfanel kümmern muss, kann ich leider nicht mehr deinen Babysitter mimen.“ „Was soll das heißen!?“, begehrte Matt aufgebracht auf. Statt Worten, nahm Another drei von vier Karten aus seiner Hand und zeigte sie vor. Es waren die Monster [Vylon Hept], [Vylon Vanguard] und [Vylon Soldier]. „Sieh dir das mal an“, gab Another vergnügt von sich, „drei Monster in meinen letzten drei Zügen habe ich gezogen. Mit dem Xyz-Material, das Disigma schon besitzt, macht das vier Stück. Ah, und die Wartezeit auf den letzten Effekt, welche bei Disigma ja im Vergleich zu anderen Inkarnationen länger ausfällt, ist auch längst verstrichen.“ Matts Kinnlade fiel hinab. „Soll das heißen-!?“ „Ja“, erwiderte Another und schob die drei Vylon-Monster unter die schwarze Karte, „erlebe die volle Kraft des Seraphims!“ Im gläsernen Unterleib seiner grausigen Kreatur tauchten drei weitere goldene Lichter auf. Plötzlich ging von jenem ein grelles Strahlen aus, das Glas zersplitterte laut.   Another stöhnte mit einem Mal traurig auf. „Da dies den Wendepunkt markiert, ein paar letzte Worte an euch.“ Er richtete seinen Blick melancholisch an die Decke. „Anya Bauer, höre nun zu, was ich zu sagen habe, bevor ich deinen Freund vergehen lasse“, sprach er an Anya gewandt und fasste sich an die Stirn. „Als die 'Flut' begann, kämpften wir zuerst. Ohne jede Aussicht auf Erfolg. Wir wussten nicht, wer Freund oder Feind war. Sie können alles imitieren, selbst uns Immaterielle. Uns blieb nur die Flucht.“ „W-was ist passiert, dass ihr-!“, stammelte Matt verwirrt. „Gab es einen regelrechten Krieg? Mit diesem 'wahren Feind'?“ „Nein. Ein Gemetzel. Der 'wahre Feind' hat uns ausgelöscht. Dank unseres Tores konnten wir fliehen, über den Nexus, der alles verbindet. Eures trägt den Namen Eden, unseres hieß Layriat.“ Another sah herüber zu Isfanel. „Als wir unsere Heimat verließen, gingen viele meiner Art im Nexus verloren. Aber wir waren entkommen, so dachten wir zumindest. In Wirklichkeit stammte der 'wahre Feind' jedoch nicht aus unserer Welt und war in der Lage, durch den Nexus zu reisen.“ „Deshalb haben wir das Tor Eden im Turm von Neo Babylon versiegelt, damit sie niemals diese Welt betreten können“, erklärte Isfanel. Another sprach gefasst weiter. „Um jedoch in eurer, einer materiellen Welt zu bestehen, müssen wir auf kurz oder lang Pakte eingehen. Ich konnte meine Welt nicht beschützen, auch nicht diese. Nicht einmal die, die mir am nächsten waren. Aber zumindest“, er sah wieder auf, entschlossener denn je, „kann ich sie aus dieser Hölle befreien, zu der diese Welt bald werden wird. Auch dich, Isfanel!“ „Das Tor ist aus gutem Grund verschlossen“, antwortete dieser kalt, „dies auch weiterhin sicher zu stellen ist meine Aufgabe. Du weißt das, ich weiß es. Ich werde jeden deiner Zeugen töten.“ „Dann bist du nicht besser als sie, unsere Schlächter!“ „Das zu entscheiden obliegt weder dir noch mir. Ich tue nur, was mir aufgetragen wurde.“ Der besessene Alastair stampfte wütend auf. „Von wem!?“ „Darüber zu reden ist ebenfalls nicht meine Aufgabe.“ Wütend schwang Another den Arm aus. „Verräter! Wieso tust du deinem eigenen Volk das an!? Willst du die letzten Reste von uns sterben sehen!?“   Anya indes hatte große Schwierigkeiten, die Geschichte der beiden zu verstehen. Demnach war Anothers Volk geflüchtet aus irgendeiner anderen Welt in diese hier. Aber nun glaubten sie, Letztere würde untergehen? Warum? „Kann mich jemand aufklären, was für ein Scheiß eigentlich in euren Krümelhirnen vor sich geht!? Was ist der 'wahre Feind', wieso soll unsere Welt bald untergehen und warum zum Geier müssen wir, insbesondere -ich-, unseren Hals dafür hinhalten!?“ „Ich hatte die Wahl“, erklärte Another und schnaubte dabei wütend, „entweder eine erzwungene Öffnung des Tores, bei der Millionen von Leben geopfert werden müssen, oder die planmäßige Öffnung, die nur -fünf- Zeugen und ein Gründerindividuum erfordert! Was wäre dir lieber, Anya Bauer?“ Für das Mädchen war die Sache jedoch klar. „Keins von beidem, deswegen werde ich euch mächtig in den Arsch treten.“ Damit wandte sie sich wieder ihrem Gegner zu. „Und mit dir fang' ich an, Brutzelbirne!“   Wodurch sich Another aus den schmerzvollen Erinnerungen riss und ebenfalls das Duell fortsetzte. „Was mit deinem Volk geschehen ist, tut mir leid“, redete Matt einfühlend auf ihn ein, „allerdings gefährdest du mit deinem Tun nun uns. Willst du, dass dasselbe womöglich mit meinem Volk passiert, wenn das Tor sich öffnet?“ „Es ist mir mittlerweile gleich“, erwiderte Another jedoch kalt, „ich bin so weit gekommen, habe so viele Lügen gesponnen, um euch hierher zu locken. Denkst du, ich gebe jetzt auf, Matt Summers? Weißt du, wie schwer es war, das Gerücht des Blutzolls in Umlauf zu bringen, nur damit meine Bauernopfer sich nicht gegenseitig bekriegen?“ „Aber der Blutzoll existiert!“ Jeder Dämonenjäger wusste doch davon! Wenn immaterielle Dämonen in Gefäßen sich bekriegten, konnten sie nicht eher auseinander gehen, ehe ein Wirt vernichtet worden war. In den seltensten Fällen überlebten das die Dämonen, daher war es eine effektive Art sie zu bekämpfen! „Weil ich diese Geschichte vor Jahrtausenden in Umlauf gebracht habe“, erklärte Another, „nur meinesgleichen weiß, dass es eine Lüge ist. Daher musste ich Isfanel manipulieren, um ihn gleichzeitig als Paktschließer zu gewinnen und dennoch dafür zu sorgen, dass er meine Zeugen nicht umbringt.“ „Eine Lüge … !?“ „Isfanel war aber selbst in seiner geschwächten Form noch ein Hindernis, da er offenbar davon ausging, Eden würde seinen Tod bedeuten.“ Another lachte bitter auf. „Ich muss zugeben, dass ich wohl zu umsichtig mit ihm war. Wer hätte gedacht, dass dieser Verräter so wenig für sein Volk übrig hat?“ Matt schüttelte entsetzt den Kopf. „Du hast das alles seit tausenden von Jahren geplant!? Alles!?“ „Sagen wir, ich habe vorausgeschaut und Vorarbeit geleistet. Aber du solltest dich jetzt lieber um andere Dinge sorgen.“   Dies gesagt, erhob Another den Arm und zeigte auf seine grässliche Engelsgestalt. Dessen gläserner Unterleib war zerplatzt, die vier goldenen Sphären begannen sich auszubreiten. „Ich hänge die vier Xyz-Materialien ab, um den letzten Effekt Disigmas zu aktivieren! Ring Of Golden Rule!“ „Was-!?“ Überrascht sah Matt mit an, wie die goldenen Sphären unter Disigma sich langsam im Kreis zu drehen begannen und damit einen goldenen Ring schufen, von dem kontinuierlich Schockwellen ausgingen. Jene gingen durch Matt und Another hindurch, ohne sie zu verletzen, dafür geschah etwas anderes. Das letzte Lichtschwert vor Another löste sich auf, ebenso der weiße Drachenspeer Lord Fafnir in den Händen der niederknienden Roach Styx. „Oh verdammt, nicht auch noch das!“ „Dieser Ring schickt alle Karten auf unseren Feldern auf den Friedhof, bis wir beide genau ein Monster kontrollieren“, erklärte Another dazu majestätisch und streckte die Arme aus. „Diese beiden Monster werden dann kämpfen. Oder sollte ich sagen, der Vylon Seraphim wird für Ordnung sorgen und die Finsternis verbannen?“ „Was soll-!“ Matt fehlten die Worte, als er erkannte, dass Disigma nun in goldener Aura zu glühen begann, während der Ring unter ihm weiterhin gleißende Wellen aussendete.   Vylon Seraphim – Embodiment Of Order, Disigma [ATK/2500 → 5000 DEF/2100 {4}]   „Oh verdammt!“, schrie Matt beim Anblick der Angriffspunkte Disigmas. „Du siehst richtig! Um das Böse zu bannen, mobilisiert meine Kreatur all ihre Kräfte!“ Another grinste, als er den Arm ausstreckte. „Und noch etwas. Kein Monster dieser Welt könnte jetzt deine Lebenspunkte schützen, denn der Seraphim fügt in seiner kompletten Form Durchschlagschaden zu! Seine heilige Kraft durchschlägt jede Rüstung, durchdringt selbst die dunkelste Finsternis!“ „Durchschlagschaden!?“, wiederholte Matt fassungslos. „Mein Monster hat 0 Verteidigungspunkte! Dann-!“ „Richtig! Du bist erledigt, mein Lieber! Diesmal kann dich nichts mehr retten!“ Laut lachend hob der besessene Alastair seinen Arm in die Höhe. „Es war schön, dich gekannt zu haben! Doch nun vergehe im Schlaf Edens! Angriff auf Roach Styx, mein Seraphim! Sacred Black Annihilation!“ Mit geweiteten Augen beobachtete Matt, wie die Kreatur seines Gegners in die Höhe stieg und wieder zwei schwarze Speere in seinen Händen erscheinen ließ. Doch dieses Mal färbten sie sich weiß, ehe Disigma sie von oben herab auf die riesige Schabe schleuderte. Der junge Mann schloss seufzend seine Augen. „Ich habe echt kein Glück, huh?“ Dann gingen er und Roach Styx schreiend in zwei kuppelartigen, weißen Explosionen unter.   [Matt: 4000LP → 0LP / Another: 1500LP]   „Endlich“, murmelte Another und richtete sein Blick herüber zu Anyas Duell. „Nun zu euch.“   ~-~-~   Nachdem Anya sich zum Thema des 'wahren Feindes' ausgelassen hatte, richtete sie sich an Isfanel. „Sorry für die kleine Unterbrechung“, gab sie giftig von sich, „keine Sorge, du kriegst schon das, was du verdient hast! Mein Zug, Draw!“ Doch das Mädchen beachtete kaum, was sie da gezogen hatte, sondern legte ihr Augenmerk einzig auf ihr neues Monster, welches sie mit einer für sie äußerst untypischen Ehrfurcht anstarrte. „Ist dir wirklich gut gelungen, Levrier! So muss das aussehen!“ Der neue, schwarze Pearl drehte den Kopf zu ihr und nickte. Ich wusste, er würde dir gefallen. Warum probierst du seine Effekte nicht gleich aus? Immerhin hast du genug Xyz-Materialien für jeden von ihnen.   Etwas verdutzt stellte Anya fest, dass die Stimme von Pearl Radiance gekommen war. Steckte Levrier jetzt etwa da drin!? „Gut!“, fasste sie sich schnell wieder. „Nichts lieber als das!“ Stolz hob das Mädchen den Arm mit der Duel Disk an und warf einen Blick auf Pearl Radiance. Sie brauchte den Effekttext jedoch nicht lesen, da sie es fühlte. Das, was sie, ihn und Levrier verband – der Pakt. Schließlich griff sie unter die Karte und rief: „Gehen wir das Ganze mal nicht der Reihenfolge nach an, sondern beginnen gleich mit dem zweiten Effekt! Ich hänge zwei Xyz-Materialien ab! Chains Of Virtue!“ Pearl Radiance hob seine Unterarme und absorbierte mit den Edelsteinen an seinen Panzerhandschuhen, Rubin und Saphir respektive, zwei der goldenen Sphären. Die Hände dabei zu Fäusten geballt, öffnete er diese und ließ zwei kristallische Ketten daraus emporschießen, die sich um die Duel Disk des verblüfften Isfanels und dessen Körper schlangen. „Was tust du da!?“, wollte der wissen und versuchte gegen seine Fesseln anzukämpfen, doch vergebens. „Dafür sorgen, dass deine komische [Reversal Gear]-Karte mir keinen Strich durch die Rechnung macht“, erwiderte Anya gallig, „was sonst, Spatzenhirn? Die Chains Of Virtue sorgen nämlich dafür, dass diese Runde nur Monstereffekte aktiviert werden können. Dein ganzer Zauberkram muss daher passen!“ Isfanel gab einen erschrockenen Laut von sich und gab den Kampf gegen die Ketten auf. „Ich bin noch nicht fertig! Jetzt der erste Effekt von Pearl Radiance, für ein Xyz-Material! Half Gem!“ Sofort hob der schwarze Krieger mit den stilisierten, rosa leuchtenden Engelsflügeln die Faust und schlug sich damit selbst in die Brust, direkt auf die leuchtende Perle. Diese zersprang in zwei Hälften und gab ein gleißendes Licht frei, welches [Sophia, Goddess Of Rebirth] blendete. Jene schrie grunzend auf und schützte sich mit einem Arm vor dem Leuchten. Dabei fing ihre weiße Haut an, langsam schwarze Stellen zu bekommen und zu zerfallen.   Sophia, Goddess Of Rebirth [ATK/3600 → 1800 DEF/3400 (11)]   „Half Gem halbiert den Angriffswert eines Monsters einmal pro Zug“, erklärte Anya und streckte langsam den Arm aus. „Jetzt ist Pearl Radiance stärker als dieses Mistvieh von Gottheit!“ „Das wird nicht reichen!“, widersprach Isfanel wütend. „In meinem nächsten Zug werde ich dich vernichten, Anya Bauer!“ „Es wird keinen mehr geben, Dummkopf!“ Anya atmete tief durch. Das war das Ende. Sie würde es ihm zeigen und diesen Albtraum ein für alle Mal beenden. Damit hätte sie ihre Schuld beglichen und konnte ohne schlechtes Gewissen in den Limbus eintreten. Vielleicht war dieser Ort gar nicht so schlimm wie Levrier sagte? Wenn ihn immerhin noch nie jemand gesehen hatte, woher sollte man dann wissen, wie es in seinem Inneren aussah? Die Alternative, ewig als dieses dämliche Tor zu existieren, war ohnehin nicht gerade besser. „Schicksal“, murmelte das Mädchen und ließ den Kopf hängen, „ich hab echt kein Glück, huh?“   Das ist der Fluch des Tores, Anya Bauer. Niemand, der je in seinen Bann geraten ist, konnte glücklich werden. Sieh dir Isfanel und Another doch an. Jeder ist auf seine Weise davon besessen. Auch ich war eines seiner Opfer und habe euch alle ins Unglück geführt. Das ist der Preis, den man zu zahlen hat, wenn man durch den Nexus reisen will.   Der schwarze Ritter sah zu Anya herüber. Jene nickte schwach. „Ich weiß. Levrier … lass uns dafür sorgen, dass nie wieder jemand so leiden muss wie wir, 'kay?“   Wie du wünscht.   Daraufhin nickte Anya nochmals, diesmal aber entschlossener. Sie blickte wieder auf, wobei feurige Entschlossenheit in ihren Augen geschrieben stand. „Dann lass es uns beenden! [The Last Gem-Knight – Pearl Radiance], greife [Sophia, Goddess Of Rebirth] an! Divine Sword Of Purity!“ „Nein!“, rief Isfanel fassungslos. „Ich werde nicht so leicht verlieren!“ Allerdings ließ Pearl Radiance bereits eine schwarze, lange Klinge in seiner Hand erscheinen, in der sämtliche Edelsteine der Gem-Knights eingelassen waren. Anya streckte den Arm aus und zeigte auf den flammenden Marc. „Doch, wirst du! Los!“ Wie ein Pfeil schoss der schwarze Ritter daraufhin auf die gewaltige Gottheit zu, sie dabei immer noch mit den gleißenden Strahlen aus seiner Brust blendend. Er schwebte hoch bis zu ihrem Kopf und ließ sich und das erhobene Langschwert dann niedersausen. Damit teilte er die gewaltige Kreatur mit einem Streich in zwei Teile und ließ sie unter lautem Klagegesang explodieren. Die daraus entstandene Schockwelle riss Isfanel von den Beinen und warf ihn meterweit entfernt auf den Rücken, die Fesseln um seinen Körper lösten sich beim Aufprall auf.   [Anya: 450LP / Isfanel: 1500LP → 700LP]   Isfanel wollte sich gerade erheben, da wurde ihm eine schwarze Klinge vor die Nase gehalten. Pearl Radiance stand vor ihm und hatte seine Waffe auf ihn gerichtet. Doch nicht nur das, Anya schritt langsam durch den Kristallsaal und gesellte sich neben ihren Krieger. „Nun zum letzten Effekt meiner Inkarnation“, sagte sie mit finsterem Blick und zeigte die letzten vier Xyz-Materialien vor, welche sie in den Friedhofsschacht schob. Gleichzeitig absorbierte Pearl Radiance die vier goldenen Sphären um ihn herum mit seiner Klinge. „Letzter Effekt?“, wiederholte Isfanel zögerlich. „Klar.“ Anya sah eiskalt auf ihn herab. „The Last Strike. Damit musst du, wenn Pearl Radiance-!“ Ein lauter, gequälter Schrei erklang und brachte das Mädchen aus dem Konzept. „Huh!?“ Matt Summers! Er hat das Duell verloren!   „Was!?“ Sofort wirbelte sie um und sah, wie Matts Spielfeldseite in zwei weiße Explosionen gehüllt war. „Dieser Idiot! Der kann doch nicht-!“   Als der Rauch sich verzog, stand Matt in gebeugter Haltung. Sein Mantel war zerfetzt worden, überall am Körper wies er blutige Verletzungen auf. Doch er hielt sich fest, an einem weißen Speer, der neben ihm im Boden steckte. „Mir geht’s gut“, ächzte er mit Blick auf Anya und zeigte ihr den Daumen nach oben. „Ich hab's geschafft!“ Das Mädchen sah herüber zu Another, der bereits halb abgewandt regungslos verharrte und Matt nicht aus den Augenwinkeln ließ. Dabei murmelte er unzufrieden: „Du kannst noch stehen, obwohl deine Lebenspunkte auf 0 gefallen sind?“ „Yeah … aber genau das war von Anfang an der Plan!“ „Wie meinst du das?“, fragte Anya ihn irritiert. „Wer verliert denn freiwillig!?“ „Ich habe nicht verloren“, erwiderte Matt und zog unter Mühen den Speer aus dem Boden. Der Drachenkopf war einer langen, goldenen Spitze gewichen. „Im Gegenteil.“ „Erkläre dich!“, verlangte Another. „Ganz einfach. [Legendary Victory Spear – Lord Fafnir] hat einen dritten, besonderen Effekt. Wenn er fünf Züge auf dem Feld verweilt und dann im selben Zug auf den Friedhof wandert, in dem meine Lebenspunkte zu 0 werden“, antwortete Matt, hob den Speer demonstrativ auf Brusthöhe an und kniff dabei seine Augen fest zusammen, „wird sein Name Realität. Und was einst Niederlage war, wird in einen Sieg umgekehrt. Sorry, aber unser kleines Verzögerungsspiel war nur ein Vorwand, die Zeit bis zur Nutzbarkeit dieses Effekts zu überbrücken. Du warst ein wirklich guter Partner, Another, weil du dich genauso duellierst wie Alastair!“ „Das ist nicht wahr! Du lügst!“ Panisch breitete Another die Arme aus. „Du hast verloren und solltest schlafen!“ Matt jedoch reckte das Kinn in die Höhe und warf aus den Augenwinkeln einen Blick herüber zu der Blondine, die ein breites Grinsen aufsetzte. „Anya, hier ist alles bereit. Gemeinsam auf drei?“ „Yeah!“   Das Mädchen wandte sich mit düsterem Blick wieder Isfanel zu, der vor ihr und Pearl Radiance auf dem Boden lag. Sie nahm einen kleinen Schritt, stellte sich endgültig neben ihren Ritter und griff mit einer Hand das Schwert, sodass sie es zusammen hielten. „Hey, Kumpel, der Mistkerl dort drüben ist nicht der Einzige, der auf einen Spezialsieg setzt.“ „Was!?“ „Ganz richtig! Pearl Radiance braucht vier Xyz-Materialien für seinen letzten Effekt. Wenn er Kampfschaden zufügt, musst du eine Monsterkarte von deiner Hand abwerfen.“ Ihr Blick verdüsterte sich. „Andernfalls heißt es Game Over! Und jetzt guck mal einer an, wer da so leichtsinnig für seine Supergottheit sein Blatt aufgegeben hat? Ist das nicht urkomisch, Is-fa-nel?“ „Nein! Du kannst-!“ „Du hast genug Leid angerichtet!“, schrie Anya und erhob zusammen mit Pearl Radiance das Schwert über seinem Kopf. „Jetzt hat alles ein Ende, wir werden endlich frei sein von euch verdammten Idioten!“   „Niemand wird heute irgendwem geopfert werden!“, rief auch Matt und nahm langsam Anlauf. „Das haben wir euch ja versprochen!“ Anya sah herüber zu dem Dämonenjäger. „Alles klar? 1!“ „2!“, setzte Matt im Lauf nach. Another rief mit erhobenen Armen: „Halt! Denk an mein Volk! Du darfst nicht-“ „3!“, übertönte Anya ihn jedoch lauthals. Und synchron schrien beide: „Los!“ „Golden Dragon Spear!“ „The Last Strike!“ Damit warf Matt den Speer in Anothers Richtung, während Anya und Pearl Radiance ihre Klinge in Isfanels Brust versenkten. Lauter Schreie, vor Wut, Entschlossenheit, Angst, Verzweiflung ertönten im Kristallsaal und vermischten sich.   [Matt: 0LP / Another: 1500LP → 0LP]   [Anya: 450LP / Isfanel: 700LP → 0LP]   Lord Fafnir schoss zielgenau in die Brust Alastairs und verschwand vollkommen dort drinnen, statt aus dessen Rücken wieder hinauszuragen. „Oh, ein Hinweis aus der Gebrauchsanleitung: diese Waffe tötet Immaterielle!“, rief Matt hinterher. Anya wollte gerade dasselbe sagen. „Genau wie Pearl Radiances Klinge!“ „Nein! Eden!“, schrie Another und wirbelte um, sah panisch hinauf zum leuchtenden Tor. Doch die verschiedenen Kristallplatten in dessen Inneren, die sich während des Duells nach und nach fort geschoben hatten, um Blicke auf das zu gewähren, was hinter dem Tor lag, schoben sich nun wieder wie Blütenblätter vor das Tor und versperrten es. „Nein- Argh!“ Another fasste sich an die Brust und musste feststellen, dass sich überall an seinem beziehungsweise Alastairs Körper goldene Risse auftaten. Er wirbelte um, seinen letzten Atemzug tätigend und rief: „Ihr habt mein Volk auf immer verdammt, ihr verachtenswerten Kreaturen!“ Den Arm nach Matt ausstreckend, sank er in die Knie, blieb dann etwas vor sich hin murmelnd liegen. Bis eine goldene Lichtsäule aus ihm empor schoss.   „Anya Bauer“, presste derweil auch Isfanel hervor, der die Klinge des Langschwertes in den Händen des Mädchens und Pearl Radiance festhielt, obwohl sie sich durch seinen Brustkorb gebohrt hatte. „Du hast mich besiegt.“ „Kinderspiel“, rümpfte die die Nase und sah verächtlich auf ihn herab. Endlich waren diese beiden Monster Geschichte! „Another … ist tot“, brach Isfanel hustend hervor, „seine Pakte sind damit aufgelöst, Eden wird nicht mehr erwachen können. Auch ich werde gehen und deine Freunde freilassen. Aber du …“ „Ich weiß“, erwiderte das Mädchen kalt, „Levrier hat es mir doch schon gesagt.“ Die flammende Gestalt streckte seinen anderen Arm nach ihr aus, zögerlich nahm Anya seine Hand in die ihren, ließ Pearl Radiance das Schwert hinausziehen. „Anya Bauer, es tut mir leid, was Another und ich dir angetan haben.“ „Sorry, aber das kommt zu spät“, blieb sie unerbittlich, „viel zu spät. Du wolltest lieber uns töten, als dich deinem Freund zu stellen. Ich kann's verstehen, aber verzeihen werde ich dir deshalb nicht.“ „Ich weiß. Du hast mich also durchschaut?“ Isfanel lachte leise. „Dennoch möchte ich dich um eins bitten. Du musst verhindern, dass …“ Allerdings konnte er seine letzten Worte nicht mehr aussprechen. Sein Kopf knickte zur Seite weg, mit einem lauten Fauchen verschwanden die weißen Flammen um Marc. Es war vorbei.   Es dauerte einen Moment, ehe das Mädchen realisierte, was geschehen war. Geschwächt wie sie war, sank sie auf die Knie und stieß einen lauten Jubelschrei aus. Sie und Matt hatten gewonnen! Sie konnten- Ohrenbetäubend knallte es im hinteren Ende des Kristallsaals und mit diesem Knall erzitterte der ganze Turm, als wolle er eine Warnung aussprechen. Anya sah über die Schulter und bemerkte das klaffende Loch dort, wo die Treppe nach unten führte. Hatte diese Melinda sie also doch nicht im Stich gelassen! „Genau zum rechten Zeitpunkt!“ Irritiert sah sie auf und bemerkte, wie Alastair und Matt neben ihr standen, Letzterer eher schlecht als recht. „Gut gemacht, Schlangenzunge“, lobte ausgerechnet der vernarbte Dämonenjäger sie aufrichtig, „ich kann nicht in Worte ausdrücken, wie dumm ich war-“ „Ja ja, spar' dir das für später“, erwiderte Matt genervt und zeigte herüber zu Valerie und Henry, „wir haben nicht mehr viel Zeit. Die da sind total weggetreten, du musst uns helfen, sie nach unten zu bringen.“   „Urgh!“ „Ah!“, gab die halb kristallisierte Anya erstaunt von sich, als Marc sich neben ihr aufrichtete und die Stirn rieb. „Endlich ist er weg! Danke, Anya!“ „Du lebst!? Die Narbenfresse lebt!? Was hab ich verpasst!?“ Verblüfft blinzelte sie der schwarzhaarige Footballspieler an. „Gerade mal so, aber wer bin ich, mich darüber zu beklagen? Isfanel hat mich beschützt, als dieser Mistkerl Henry mich erschossen hat! Wo wir gerade dabei sind! Valerie!“ Sofort sprang er auf und rannte an Anya vorbei, um Alastair dabei zu helfen, die beiden schwer Verwundeten aufzurichten. Dabei griff er sich selbstverständlich seine Verlobte und nahm sie auf die Arme, war sie schließlich immer noch bewusstlos. Henry hingegen war langsam zu Sinnen gekommen, musste jedoch von Alastair gestützt werden. „Beeilt euch!“, rief dieser forsch und schleppte sich zusammen mit Henry zum Ausgang. Jener rief dabei: „Gut gemacht, ihr beide! Unsere Male sind weg, wir sind wirklich frei!“ Kurz darauf waren die Vier verschwunden, wenig später bebte der Turm erneut.   „Wir sollten jetzt auch die Beine in die Hand nehmen“, sagte Matt leise und reichte Anya die Hand, um ihr aufzuhelfen, „für lange Reden haben wir später noch Zeit.“ „Geht nicht. Du musst alleine abhauen, fürchte ich.“ „W-was?“ Anya sah zu ihm hinauf und zeigte ihm ihren rechten Oberarm. Das schwarze Kreuz mit dem Dornenkranz war noch darauf abgebildet, auch wenn jenes Kreuz sich nun weiter über den Kranz erstreckte im Vergleich zu vorher. „Sieh mich doch an, ich passe bald super in jede Vitrine! Du weißt doch, was passiert, wenn ich meine Aufgabe nicht erfülle.“ „Wieso ist das Mal noch da, Isfanel ist doch tot!?“, verstand Matt nicht und zeigte seinen Arm vor, von dem das violette Zeichen vollends verschwunden war. „Als Another gestorben ist, hat sich mein Mal aufgelöst.“ „Aber ein Teil von Levrier lebt in mir weiter“, erwiderte Anya traurig, „damit konnte ich ihn erschaffen“, womit sie zu Pearl Radiance deutete, der immer noch neben ihnen verharrte, „aber das heißt auch, dass ich nach wie vor die Gründerin bin. Ist also egal, ob ich mitkomme oder nicht, bald bin ich im Limbus gefangen.“ „Du kannst trotzdem mitkommen, vielleicht, wenn der Turm-!“ „Nein!“, donnerte Anya nun und sprang wütend auf, schubste Matt von sich weg. „Der Turm hat damit gar nichts zu tun! Hau endlich ab, ich will dein Mitleid nicht!“ „Anya, wenn du-“ Sofort drehte Anya missbilligend den Kopf zur Seite. „Ich weiß, was passiert, wenn ich hier bleibe! Aber ich sterbe lieber in einer epischen Explosion, als in einem Kreis voller Menschen, denen ich-!“ Sie brach erstickt ab. „Matt … das ist das Leb wohl zwischen uns. Geh jetzt, sonst schaffst du es nicht mehr rechtzeitig! Wir können ja wetten was als Erstes passiert, die Explosionen oder das Verschwinden des Turms. Aber wenn du das Ergebnis sehen willst, musst du jetzt abhauen!“ Langsam nahm der junge Mann ein paar Schritte rückwärts, ehe er mit betrübter Miene antwortete: „Okay. Dann … leb wohl, Anya. Ich werde dich nicht vergessen, versprochen.“ „Klar, nun zisch endlich ab!“, fauchte sie mit einer scheuchenden Handbewegung und Tränen in den Augen. Dies gesagt, wandte Matt sich um und rannte zur Öffnung, die Melinda geschaffen hatte. Noch ein letztes Mal drehte er sich um, doch Anya hatte ihm den Rücken zugekehrt und schritt langsam auf den Thron zu, über den das verschlossene Eden schwebte. Pearl Radiance war in der Zwischenzeit verschwunden. Dann nahm Matt einen Satz und landete auf den Stufen nach unten. In dem Moment gab es eine erneute Erschütterung, die den beschädigten Teil gefährlich rumpeln ließ. Vom dadurch losgelassenen Staub bedeckt, machte der junge Mann sich schweren Herzens auf den Weg.   Gleichzeitig seufzte Anya bitter, ehe sie sich auf den Thron setzte, ihre Hände auf die Lehnen legte und die Augen schloss. „Wie viel Zeit habe ich noch, Levrier?“   Bis der Turm verschwunden ist. Vielleicht eine Stunde noch? Aber …   „Aber was?“ Doch Anya hatte die Worte kaum ausgesprochen, da stand sie schon im Elysion. Und sich selbst gegenüber, denn diesmal Levrier hatte ihre Form gewählt. „Es gibt etwas, das ich dir seit unserem Pakt verheimlicht habe, Anya Bauer“, gestand ihr Ebenbild und senkte den Kopf, „über uns beide. Ich wurde geschickt, um die stärkste Kriegerin zu suchen, damit ich Edens Erwachen durch Anothers Hand verhindern kann.“ „Ich weiß“, erwiderte sie erstaunt, „warum erzählst du mir das jetzt?“ „Zwar habe ich durch seine Intervention mein Ziel aus den Augen verloren, aber“, sagte er und sah nun nachdenklich auf, „nicht die Tatsache, dass ich das stärkste verfügbare Gefäß dafür finden soll. Und, Anya Bauer, ich weiß nicht warum, aber ich glaube, du wirst in deiner Welt noch gebraucht werden.“ Das Mädchen zuckte genervt mit den Schultern und verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf. „Tch, warum sollte man mich noch brauchen? In einer Stunde bin ich Geschichte. Etwas spät, mir das zu sagen, Levrier.“ Ihr Gegenüber schüttelte allerdings den Kopf. „Nein, es ist der richtige Zeitpunkt. Denn unsere Wege werden sich jetzt trennen. Du musst … leben. Deswegen entlasse ich dich aus unserem Pakt, wenn du dasselbe möchtest.“ „Was!?“, fiel Anya aus allen Wolken und beugte sich ruckartig nach vorn. „Ich dachte, Pakte kann man nicht brechen!?“ „Wir brechen ihn nicht, wir lösen ihn basierend auf gegenseitigem Einverständnis auf“, erklärte Levrier ihr angespannt. „Aber es hieße auch, dass ich …“ Etwas verwirrt, dann sichtlich erleichtert atmete Anya auf. Dennoch schwang in ihren Worten deutlich Wehmut mit. „Dann willst du … für mich? Ist das okay? Ich meine, wir sind … auch Freunde.“ „Du bist die erste und letzte Freundin, die ich hatte und haben werde, Anya Bauer. Mehr als mich selbst zu opfern, um dich zu befreien, kann ich nicht für dich tun.“ Plötzlich ergriff die falsche Anya die Hände der echten. „Nur wenn ich komplett aus dir verschwinde, kannst du von unserem Pakt befreit werden.“ „Können wir uns dann noch wiedersehen?“, fragte Anya verhalten, ehe sie aufbrausend relativierte: „Ich meine, so schlimm warst du ja irgendwie doch nicht, nur ziemlich nutzlos!“ Levrier lächelte das Mädchen jedoch nur an, ließ sie los und drehte sich um. „Ich denke, es wäre das Beste für uns beide, wenn dem nicht so wäre. Und da ich weiß, was dein Herz sich wünscht … leb wohl, Anya Bauer!“ „Lev-!“ Und beeile dich!   Sehnsüchtig streckte Anya ihren Arm nach Levrier aus, doch griff sie ins Leere. Sie saß auf dem Thron, der ganze Turm erzitterte wieder einmal heftig. Leuchtende Splitter tanzten um sie, waren abgeplatzt von ihrer Haut und hatten ihr normales Erscheinungsbild binnen eines einzigen Herzschlages wiederhergestellt. Irritiert sah sie sich einen Moment um, begriff erst jetzt des Ausmaß des letzten Kampfes, der den Kristallsaal an allen möglichen Enden aufgesplittert, versengt oder gar auseinander gerissen hatte. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie keine Zeit mehr zu verlieren hatte, daher sprang sie auf und rannte auf den von Melinda geschaffenen Ausgang zu. Mitten auf dem Weg dahin stoppte sie jedoch fassungslos und sah mit geweiteten Augen, wie Trümmer den Weg blockierten. Sie mussten durch die Erschütterungen in den Weg gelangt sein! Trotzdem eilte Anya dort hin und versuchte eine Lücke zu finden, aber die Kristallplatten stammten entweder aus der Decke oder direkt von den Außenwänden, Anya war es im Endeffekt gleich. Es gab keinen Weg hinaus, weil sie einfach zu wuchtig waren! „So leicht gebe ich nicht auf“, fauchte sie ehrgeizig und versuchte die Trümmer trotzdem wegzuräumen. Jene stellten sich wie erwartet als unfassbar schwer heraus, sie konnte sie nicht einmal anheben! „Nein, scheiße!“, fluchte sie. Das konnte doch nicht wahr sein! Jetzt war sie frei und in diesem beschissenen Turm eingesperrt! Wenn sie doch nur mit Matt gegangen wäre! Hätte Levrier sie nicht früher aus dem Pakt entlassen können!? Trotzdem versuchte sie es weiter, allerdings war sie einfach zu erschöpft, um die schweren Kristallplatten aus dem Weg zu räumen. Eine konnte sie ein wenig bewegen, welche unter lautem Krachen zur Seite kippte. Der Turm bebte inzwischen erneut. „Scheiße, scheiße, scheiße!“ „Anya!?“ „Huh!? Matt!?“ Das konnte nicht sein! „Was machst du denn hier!?“, rief sie ihm zwischen den Trümmern zu. „Ich wollte dich nicht hier allein zurücklassen und bin zurückgekommen! Geh aus dem Weg!“ Ohne lange darüber nachzudenken, sprang Anya zurück und gewann Abstand zu den Trümmern. Gleichzeitig rannte der Dämonenjäger ein paar Stufen abwärts, schnappte sich im Vorbeigehen drei Sprengsätze und eilte zurück, um sie an den Hindernissen zu platzieren. „Ich jage das Zeug in die Luft“, rief er gehetzt und verstellte den Zündmechanismus auf wenige Sekunden. Es würde nicht mehr lange dauern, dann gingen die von Melinda eingestellten Sprengsätze hoch, sie hatten keine Zeit zu verplempern. „Achtung!“, rief Matt, als er fertig war und das Weite vor dem Explosionsradius suchte. Unter einem ohrenbetäubenden Knall explodierten die Trümmer und legten einen kleinen Spalt frei. Matt, der bei der Explosion abermals mit Ruß und Staub eingedeckt worden war, kämpfte sich an den Brocken vorbei, die die Treppe hinunterrollten und sah am anderen Ende Anya. Jene machte einen Satz und landete vor ihm. „Wieso bist du zurückgekommen, du Idiot? Ich sagte, ich-!“ „Halt die Klappe und nimm die Beine in die Hand“, wies er sie forsch an, schnappte sich einfach ihre Hand und zog sie mit sich.   Und während der Turm immer öfter in unregelmäßigen Intervallen erbebte, nahmen die beiden Stufe und Stufe, rannten die Treppe hinab an den ganzen Sprengsätzen vorbei, die Melinda scharf gemacht hatte. „Sollten wir die nicht abstellen?“, fragte Anya im Rennen. „Nein, das schaffen wir nicht rechtzeitig, dazu sind es zu viele!“, erwiderte Matt, der schon ganz außer Atem war von all den Anstrengungen der letzten Stunden. Nicht zuletzt machten ihm auch seine Verletzungen zu schaffen. Ebenso zehrte der scheinbar endlos lange Weg nach unten bereits binnen kurzer Zeit förmlich an Anya, welcher der Schweiß auf der Stirn stand. „Können wir nicht deinen Teleportzauber nach unten nehmen?“, nörgelte sie. „Das hier ist ein magischer Turm, der weder Eindringlinge noch Ausreißer duldet, was denkst du wohl!? Außerdem hat Alastair das eben schon probiert. Die Antwort lautet also nein!“ „Man“, jammerte Anya, „wie weit ist es denn noch!? Ich habe keinen Bock, dass uns auf den letzten Metern die Decke auf den Kopf fällt!“ „Wir haben Ewigkeiten für den Weg hinauf gebraucht, so schnell geht das nicht!“ „Aber nach unten geht es schneller als nach oben, oder?“ Matt stöhnte genervt, während sie weiter rannten. „Soll ich dich die Treppe runterschubsen? Das wäre der schnellste Weg, wenn du mich fragst! Sind bestimmt nur ein paar tausend Stufen und kaputt gehen kann bei dir eh nicht viel!“ „Willst du jetzt 'nen beschissenen Streit mit mir anfangen, Summers!?“ „Guck lieber da!“, meinte Matt und zeigte auf die Lichtsäule in der Mitte des Turms, von dessen Innenwand sich die Treppe wie eine Spirale nach unten wand. Anders als zu dem Zeitpunkt, als sie den Turm von Neo Babylon betreten hatten, leuchtete jene Säule nur noch schwach und spendete kaum Licht. Sie mussten demnach vorsichtig sein, damit sie nicht stolperten. „Wenn das Ding ein Indikator dafür ist, wie viel Zeit wir noch haben, sieht es düster aus“, brummte Matt ärgerlich. Anya gab einen Wutschrei von sich. „Fuck! Warum muss alles immer so kompliziert sein!?“ „Red' nicht, renn' lieber!“ Und so ging es weiter, Stufe um Stufe, es nahm kein Ende. Die Minuten vergingen zäh und doch rasend schnell zugleich, immer häufiger bebte der Turm.   ~-~-~   „Werden sie es schaffen?“ Melinda stand abwartend vor dem Eingangstor aus dem leuchtenden Mosaik. Nur wenige Schritte trennten sie von der Freiheit. Ihre Stirn blutete, doch zum Glück war die Wunde nur äußerst schmerzhaft. Rechtzeitig hatte sie das Bewusstsein wiedererlangen und die restlichen Sprengladungen aktivieren können. „Benny, beeil' dich!“ Sie saß wie auf heißen Kohlen. Die Lichtsäule im Turm wurde immer dunkler, bald würde er verschwinden und unerreichbar für die Außenwelt sein. Aber da! Sie hörte Schritte auf sich zueilen. „Melinda!“, hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Henry beugte sich von etwa zwanzig Metern Höhe über das Geländer, wobei er von Alastair gestützt wurde. Glücklich winkte er seiner Schwester zu, die daraufhin in Tränen ausbrach. Hinter den beiden stand der schwarzhaarige, junge Mann, den ihr Bruder erschossen hatte. Auf dem Rücken trug er dieses andere Mädchen, das noch bewusstlos war. Wenig später waren sie vor dem Tor vereint.   Beide humpelnd, schlossen sich Bruder und Schwester in die Arme. „Du lebst!“, nuschelte Melinda überglücklich und schniefte. „Ich dachte, ich hätte einen Fehler gemacht, als ich-!“ „Alles ist gut. Dank Anya und Matt haben wir es geschafft. Isfanel und Another sind tot.“ Sanft streichelte er dabei über das braune, nach unten in einer Welle verlaufende Haar seiner Schwester. „Wir müssen nur noch hier raus.“   Daraufhin ließ Melinda ihn los und rieb sich eine Träne aus den Augen. Ihr fiel auf, dass die von Henry genannten beiden nicht hier waren. „Wo sind Anya und Matt?“ „Er holt sie, weil sie bleiben wollte“, antwortete Alastair ungewohnt besorgt, „sie wollte lieber dort oben in der Explosion sterben, aber er wollte das nicht. Es … ist meine Schuld. Ich habe mich die ganze Zeit von Refiel … Another manipulieren lassen.“ „Wie wir alle“, versuchte Marc ihn unbeholfen zu trösten und sah mitfühlend über die Schulter seine bewusstlose Freundin an. Isfanel hatte sie als Erste aus dem Duell geworfen, damit sie nicht zu ihm durchdrang, dachte er dabei unglücklich. Die ganze Zeit hatte Another sie in Joans Gestalt gelenkt und sogar dazu gebracht, ihn von den Toten zurückzuholen. Wie sehr würde sie jetzt leiden müssen, sich verraten fühlen, weil ein falscher Engel sie manipuliert hatte? Das hatte sie nicht verdient! Wie gut, dass dieser Mistkerl dafür seine gerechte Strafe bekommen hatte! „Alles, was von Isfanel noch geblieben ist, ist das hier“, sprach Marc und zeigte die rote Duel Disk an seinem Arm vor, die in deaktivierter Form einem V glich. „Das Teil samt Deck schenke ich Anya als Siegestrophäe, wenn sie es hier lebend raus schafft. Das hat sie sich verdient.“ „Sie sind sicher schon auf dem Weg.“ Melinda sah hinauf zu den Treppen. „Bestimmt.“   ~-~-~   Sie hörten es weit über sich laut knallen. Wenige Sekunden später erneut. Und kurz darauf wieder. „Scheiße, die Sprengsätze gehen langsam hoch! Renn', Anya!“ „Das musst du mir nicht zweimal sagen, du Idiot!“, keuchte das Mädchen erschöpft. Wie lange waren sie überhaupt schon gerannt? 30 Minuten? Eine Stunde? Das Mädchen hatte jegliches Zeitgefühl verloren, genau wie das Gefühl in ihren Beinen, die wie Pudding waren. In regelmäßigen Abständen knallte es über ihnen, das Geräusch kam langsam, aber beständig näher. Jede Stufe war ein Schritt näher zu Freiheit. Raus aus dem Turm, fort von Pakten, Dämonen, fort von Eden. Anya wollte leben!   Matt, der hinter Anya rannte, beugte sich über das Geländer. „Ich kann den Boden sehen! Es ist nicht mehr weit!“ „Endlich!“ Das Donnern und Knallen, das Rumpeln der Trümmer kam immer näher. Schritt für Schritt schafften sie es, die Tür, jetzt konnte auch Anya sie schräg gegenüber der Treppe sehen. Nur noch wenige Stufen! Die Hitze im Nacken! Sie rannten gleichzeitig durch das Tor, welches sie wie Wasser durchließ. Die frische Luft draußen war so klar! Und die erdige Landschaft der Zerstörung, die der Turm aus dem Campus und der Livington High geschaffen hatte, sie war real! Anya und Matt rannten auf die anderen zu, die in weiter Entfernung auf sie warteten und zu sich riefen. Hinter ihnen der Turm, der unter lauter kleinen Explosionen in sich zusammenbrach. Trümmerteile fielen von ihm hinab, während er unstet zu flackern begann. In einer gewaltigen Schockwelle verschwand er plötzlich binnen eines Lidschlages mit einem letzten Donnern. Dabei wurden Matt und Anya von der Schockwelle mitgerissen und meterweit hinfort geschleudert, landeten mit einem Ruck in der aufgewühlten Erde.   Es war endgültig vorbei. Bis auf ein paar Trümmern war von dem Turm nichts mehr übrig geblieben.   Und Anya, nun … sie lag auf Matt, der sie sich im Fall geschnappt hatte. Fest umarmte er sie und öffnete blinzelnd die Augen. „Alles noch dran?“ „J-ja“, stammelte sie verstört, richtete sich ein wenig auf und warf einen Blick zurück. Bis auf einen Krater war wirklich nichts mehr da, was an den Turm von Neo Babylon erinnerte. Und Eden? Was war wohl damit geschehen? „Dann bin ich ja froh“, murmelte Matt und ließ den Kopf wieder in den Dreck sinken. „Hey, Finger weg von mir, du Perversling!“, fauchte Anya, als sie merkte, dass seine Hände über ihre Hüften gerutscht waren und knallte ihm sofort eine. „Au, was soll das!?“ Sofort bäumte er sich wieder auf. Hatte man denn nie Ruhe vor ihr!? „Fass mich nicht so an, Mistkerl!“, donnerte Anya und schlug ihm mit der Faust nahezu KO. Dabei überschlug sich ihre Stimme regelrecht. „Das ist alles deine Schuld! Ooooohhh, wir lassen den Turm explodieren! Was für eine Schnappsidee, ich wäre deswegen fast krepiert!“ Matt, sich die Wange reibend, schubste das Mädchen augenblicklich von sich runter. „Was!? Ich kann mich aber noch erinnern, dass -du- davon sehr begeistert warst! Und wegen dir hab ich das doch erst arrangiert, undankbares Miststück!“ „Ach ja!? Kann ich was dafür, dass am Ende alles anders gelaufen ist!?“ „Ja!“ Matt war rot vor Zorn, während die beiden im Dreck miteinander zu ringen begannen. „Du hast uns doch verarscht und in den Turm gelockt! Wenn du denkst, du kommst so leicht davon, dann-!?“ Sie bemerkten gar nicht, wie die Sonne über ihnen aufging. „Da verwechselst du was! Ich habe nur …“   „Nun sieh sich mal einer die beiden an“, staunte Melinda, die sich zusammen mit den anderen unbemerkt von den beiden um sie geschart hatte. „Kaum sind sie außer Lebensgefahr, streiten sie schon wieder.“ „Ich denke, ich schenke ihr die Duel Disk lieber später“, meinte Marc resignierend und lächelte dabei die geschulterte, bewusstlose Valerie an. „Typisch Anya.“ „Sie hat eindeutig schlechten Einfluss auf ihn!“, wetterte Alastair aufbrausend. „Wenn sie so weiter macht, verschlimmert sie noch seine Wunden!“ Henry jedoch seufzte nur genervt, während Melinda ihn stützte. „Sie merkt ja nicht mal, dass das Mal an ihrem Arm verschwunden ist. Sie ist wirklich der dümmste Mensch, der mir je begegnet ist. Wobei mir einfällt … was machen wir mit ihr wegen der Sache mit dem Verrat? Wir sollten sie bei der Polizei anzeigen!“ Marc sah ihn perplex an. „Und was willst du denen erzählen?“ Henrys Schwester, die ihren eigenen Arm betrachtete, welcher nun ebenfalls frei von ungewünschten Verzierungen war, kicherte. „Man sollte nie jemand nach dem Äußeren beurteilen, Benny.“ „Sie ist dumm, glaub mir. Allein deswegen sollte sie bestraft werden.“ „Ungewöhnlich“, kommentierte Marc Henrys Spitze scharf. „Wenn wir schon dabei sind, wie willst du dich für die Kugel revanchieren, Kurzer? Wenn sie in den Bau wandern muss, dann du erst recht!“ „Hey, ich hatte keine Wahl!“, verteidigte Henry sich sofort kleinlaut.   Und während die Gruppe sich in freundschaftlicher Manier zu zanken begann, begrüßte die Sonne Livington zu einem neuen, dämonenfreien Tag.     Turn 36 – The End Of The Dream Mehrere Monate später. Die Wogen haben sich geglättet, in Livington geht alles wieder mehr oder weniger seinem gewohnten Gang nach. Doch die Abschlussfeier naht und ganz zu Anyas Ärgernis findet diese auch noch bei ihrer ewigen Rivalin statt. Schlimmer noch, dort angekommen, beginnen schnell wortwörtlich Duelle um die Krone der Ballkönigin, nachdem der Direktor Mr. Bitterfield jene ursprünglich an Valerie vergeben wollte. Aber Anya wäre nicht Anya, wenn sie dies so einfach auf sich sitzen lassen würde … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)