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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Turn 19 - Fools Day

Turn 19 – Fools Day

 

 

[Alastair: 1100LP / Matt: 100LP]

 

„Es ist aus …“, murmelte Matt, geblendet von der Lichtwelle, die ihn erfasst hatte. Sie glitt durch ihn hindurch, gefolgt von immer neuen Wellen, die Alastairs engelsgleiches Wesen, [Vylon Sigma], aussendete.

 

Vylon Sigma [ATK/1800 DEF/1000 (7)]

 

Jener stand mit verschränkten Armen vor seinem Monster und beäugte kritisch, wie Matt und sein Insektenritter [Steelswarm Roach] durch Sigmas Attacke den Boden unter den Füßen verloren und in der Luft zu schweben begannen.

 

Steelswarm Roach [ATK/1900 DEF/0 {4}]

 

„Dass es soweit kommen musste …“

„Schlimme Dinge passieren eben“, presste der hilflos in der Luft liegende Matt ächzend hervor, „und ich ziehe sie irgendwie magisch an, huh?“

„Warum du?“ Alastair fasste sich an die Stirn. „Ein Pakt mit einem Dämon, um Dinge zu ändern, die nicht zu ändern sind … du bist zu sanft, egal wie gleichgültig und grausam du dich versuchst zu geben. Warst es schon immer.“

Matt lachte krächzend auf. Er hatte sich mit seinem bevorstehenden Ende abgefunden. „Sag das nicht. So hört es sich an, als wäre ich eine totale Lusche.“

„Ich kenne die Wahrheit über dich.“

Überrascht horchte Matt auf.

„Der Mord an deinem Vater. Nicht du hast ihn begangen, sondern deine Schwester, Sophie. Du hast sie lediglich gedeckt, weil du dachtest, du wärst besser für ein Leben auf der Flucht geeignet. Aber als Dämonenjäger darf man nicht selbstlos sein, denn es bedeutet, dass man früher oder später vom rechten Pfad abkommt, von ihm fortgelockt durch schlangenzüngige Dämonen.“

 

Ein kalter Schauder überkam Matt. Alastairs Worte schnitten sich in seine Seele wie ein Messer in Butter. Wie hatte er das herausgefunden!?

Er hatte sich für seine Schwester geopfert, die der Tyrannei ihres Vaters ein Ende gesetzt hatte. Aber außer ihnen beiden wusste niemand darum!

Matt musste schlucken. War er wirklich so leicht zu durchschauen? Wie jämmerlich …

 

Alastair streckte den Arm aus. „Ich kann dich nicht gehen lassen, Matt. Nicht einmal retten kann ich dich jetzt noch. Aber ich verspreche, deine Schwester zu beschützen und mich um sie zu kümmern, bis zu dem Tag, an dem ich dir in den Limbus folgen werde.“

„Halt den Mund, Idiot“, brummte Matt, der nun aufrecht in der Luft schwebte, sich aber nicht rühren konnte, „sie lebt ein anderes Leben als wir. Jemand wie du kann sie nicht beschützen. Außerdem steht sie nicht auf Frankenstein.“

„Das sind also deine letzten Worte?“

Matt grinste verschlagen. „Ist doch allemal besser als 'oh mein Gott, verschone mich!', oder nicht?“

Alastair musste ebenfalls lachen. Und realisierte, dass er seinen Partner bereits jetzt vermisste. Dennoch war es zu spät und obendrein seine Aufgabe, dass kein Dämon in Menschengestalt auf Erden wandelte.

„Das ist der Abschied“, sagte er leise und ballte seine ausgestreckte Hand zu einer Faust. „Effekt von [Vylon Sigma] aktivieren. Wenn ich einen Angriff deklariere, wird meine Kreatur automatisch mit einer Ausrüstungsmagie von meinem Deck versehen. Mit [Vylon Material] erhöhe ich so ihre Angriffskraft um 600!“

Die weiße, metallische Gestalt leuchtete grell auf. Dann streckte sie ihren Körper noch einmal durch, um eine letzte, gleißende Welle auszulösen, die Matt erfasste.

 

Vylon Sigma [ATK/1800 → 2400 DEF/1000 (7)]

 

Dieser schloss die Augen und musste schmunzeln. Er hatte alles versucht, um seinen Freund aus den Fängen Edens zu befreien und war kläglich gescheitert. Hoffentlich würde Alastair stark genug sein, selbst einen Weg aus der bevorstehenden Katastrophe zu finden.

„Der Limbus … gleich weiß ich, wie er ist …“

Die funkelnde, weiße Welle riss ihn wie ein Sturm mit sich.

 

Sei kein Narr, Menschensohn! Denkst du, ich wäre nicht auf so etwas vorbereitet? Für wen hältst du mich?

 

Und während Matt mit vollem Karacho auf die schwarze Flammenwand hinter ihm zuschoss, riss er entgegen seinem Willen plötzlich den Arm in die Höhe. Auch die Worte, die er dazu sprach, waren nicht die seinen. „Incarnation Mode! Jederzeit während meines Zuges kann ich [Steelswarm Roach] zu einer höheren Wesenheit erheben! Ich rekonstruiere das Overlay Network und benutze Roach als Xyz-Material, um aus ihm ein neues Rang 4-Xyz-Monster zu machen!“

Kurz vor dem Feuer kam Matts Körper ruckartig zum Stehen, verharrte in der Luft. Als würden sich Fesseln von ihm lösen, schwebte er nun mit gleichgültiger Mimik auf der Stelle. Gleichzeitig wurde [Steelswarm Roach] in das schwarze Loch gezogen, welches bei jeder Xyz-Beschwörung erschien. Rote, violette und schwarze Blitze schlugen daraus empor, als schließlich eine riesige Gestalt daraus empor stieg.

„Nein! Das ist-!“ Alastairs Augen weiteten sich beim Anblick des kolossalen Monsters, welches sich vor Matt wie eine eiserne Mauer aufbaute und allein mit seiner Anwesenheit [Vylon Sigmas] Angriff wirkungslos werden ließ.

Und es war auch hauptsächlich Eisen, welches seinen Blick versperrte. Ein Breitschwert von der Größe eines Hochhauses wurde in den Boden gerammt, als ein muskulöser Kakerlakenmann in goldenem Umhang damit in die Knie ging. Und in derselben Farbe kreiste auch eine Energiesphäre um das riesige Insekt.

„[Steelswarm Vanguard – Roach Styx]!“, rief Matt und schwang majestätisch seinen Arm aus. „Schütze unsere verbliebenen Lebenspunkte!“

 

Steelswarm Vanguard – Roach Styx [ATK/1900 DEF/0 {4}]

 

Alastair hielt sich stöhnend den Kopf, so stark war die unbegreifliche Macht, die von diesem Koloss ausging. „Was hast du getan, Dämon!?“

„Nur, was notwendig war.“ Elegant fiel der besessene Matt zurück auf den Boden und schritt auf die schwebende Marmorplatte zu, um dort das neue Xyz-Monster auf [Steelswarm Roach] zu legen. „Keine Sorge, ich bin schon wieder weg. Ach und versuch gar nicht erst, Roach Styx anzugreifen, denn diese Kreatur kann nur durch Xyz-Monster im Kampf vernichtet werden.“ Er legte sich Mittel- und Zeigefinger an die Schläfen und schwenkte sie sogleich aus. „Bye bye!“

Kurz darauf kippte Matt ächzend nach vorn und tat es Alastair gleich, hielt sich den pochenden Schädel. „Was zum-!? Wie hat er-!? Und so schnell!“

 

Merk dir eins, Kindchen, ich habe immer ein Ass im Ärmel. Nutze es gut, denn noch eine Chance wirst du nicht bekommen.

 

Alastair indes atmete tief durch. Zwar mochte von den Werten her kein Unterschied zu Matts altem Monster bestehen, doch war dem Mann mit dem langen, schwarzen Haar und dem Zopf über der Schulter durchaus bewusst, dass der Teufel im Detail steckte.

„Eine verdeckte Karte“, brummte er, innerlich hin und her gerissen. Er musste sich gegen diese Ausgeburt der Hölle wehren! Aber durch sie konnte er Matt noch ein paar Minuten länger sehen. Und doch, für jenen war jede weitere Minute unter der Herrschaft dieses Monsters Folter! Er musste ihn davon erlösen, um jeden Preis!

Ohne weitere Handkarten sagte er schließlich: „Du bist dran … Matt? Oder doch nur der Dämon in ihm?“
 

Jener richtete sich, von seinem schwebenden Spielplan abstützend, stöhnend auf. „Ich fürchte, du musst mit dem Original Vorlieb nehmen. Whew, ich dachte schon, die himmlischen Glocken des Limbus zu hören … “

„Wirklich!?“

„Nein!“, empörte sich Matt. Gleichzeitig zog er seine nächste Karte. „Als ob! Reagier' nicht gleich auf alles so leichtgläubig, wenn das Wort Himmel benutzt wird!“

Alastair atmete tief durch. „Machst du dich über mich lustig!?“

Grinsend rieb sich sein Gegner unter der Nase, was Alastair aufgrund des überdimensionalen Kakerlakenritters jedoch nicht sehen konnte. „Klar, wann immer es geht!“

„Das ist ernst! Merkst du nicht, wie du immer tiefer in die Abgründe des Bösen gezogen wirst!? Sieh dir dieses Wesen an! Es ist die Verkörperung der Sünde!“

Matt legte seinen Kopf in den Nacken, betrachtete seine neue Kreatur. „Klar, es ist groß und sieht bedrohlich aus. Aber es hat mir den Arsch gerettet, also werde ich mich nicht beschweren.“

„Du bist genau wie dieses Monster, wie Kakerlaken. Einfach nicht tot zu kriegen. Ich weiß nicht, ob ich dich dafür loben oder verachten soll. Warum machst du es mir so schwer!?“

Seufzend legte Matt eine Hand auf den kalten Marmor. „Weil ich nicht so leicht aufgebe wie du. Wo du blind auf Dinge vertraust, die womöglich gar nicht existieren, suche ich nach greifbaren Alternativen. Und die einzige, die ich zurzeit sehe, ist eine Kooperation mit Anya, denn die will garantiert nicht, dass sie zu Eden wird.“

Alastair stöhnte verärgert. „Was sie will spielt keine Rolle. Es ist zu spät, war es in dem Moment, als sie sich auf den Dämon in ihr eingelassen hat.“

„Ach ja?“, brauste Matt plötzlich auf. „Wie gut, dass du allwissend bist! Wenn es für sie zu spät ist, dann auch für dich, denn du wirst es sein, der den blutigen Weg zu Eden pflastern wird! Was gewinnst du überhaupt durch diesen Blödsinn!?“

„A-“

„Gar nichts! Im Gegenteil, du richtest einen Freund hin, der für dich kämpft! Meine Meinung lässt du nicht zu, weil sie unheilig ist? Fein! Dann bin ich lieber mit dem Teufel liiert, als eine Marionette meiner eigenen Dickköpfigkeit!“

Regungslos verharrte Alastair auf der Stelle und sagte nichts.

 

Mit einem Schlag riss Matt die schwarze Karte seines neuen Monsters in die Höhe. „Ich werde dir zeigen, dass du dich irrst! Während der Standby Phase erhält [Steelswarm Vanguard – Roach Styx] von meinem Friedhof so viele Xyz-Materialien, bis er drei besitzt!“

Zwei weitere goldene Sphären umkreisten die gigantische Kakerlake, die Matt nach einem Wechsel in die Angriffsposition wieder auf den Spielplan knallte. Dabei schob er noch [Steelswarm Gatekeeper] und [Steelswarm Needle] unter sie.

Der insektoide Ritter erhob sich, zog seine gewaltige Klinge aus dem Boden und ließ in seiner stehenden Position zu, dass Alastair Matt durch die Lücke zwischen den Beinen wieder sehen konnte.

 

Steelswarm Vanguard – Roach Styx [ATK/1900 DEF/0 {4}]

 

„Wollen mal sehen, was das Teil so drauf hat“, raunte Matt kämpferisch, „und oha, da haben wir doch auch schon gleich den ersten, sehr praktischen Effekt! Er kostet mich auch nur zwei Xyz-Materialien!“

Der Schabenritter hob beidhändig sein Breitschwert in die Höhe und absorbierte damit zwei der goldenen Sphären, bis die Klinge violett zu glühen begann.

Matt indes streckte seinen Arm aus. „Durch diese Fähigkeit kannst du in diesem Zug keine Karteneffekte mehr aktivieren! [Steelswarm Vanguard – Roach Styx], benutze Clear Effector Mist!“

Alastair wich erschrocken einen Schritt zurück, als das alles überragende Insekt seine Waffen horizontal in seine Richtung schwang und damit eine violette Welle aussendete, die den Dämonenjäger wie einen Sturm erfasste. Er stöhnte auf, als dichter Nebel sein Feld einzuhüllen begann. Durch ihn war es kaum noch möglich, die Umgebung zu erkennen.

„Nun Effekt Nummer zwei aktivieren, auch wenn er laut der Karte hier eigentlich der erste ist! Ist ja auch egal!“, ließ Matt ihm jedoch keine Verschnaufpause. „Im Austausch für ein weiteres Xyz-Material kann Roach Styx ein beliebiges Monster der Stufe 5 oder höher verbannen!“ Wieder steckte sein Monster die Klinge in die Höhe und absorbierte die verbliebene Lichtkugel. „Und ich dachte da irgendwie an [Vylon Sigma]! Banishing Blade!“

Wie ein ein Richter seinen Hammer bei der Verkündung des Urteils fallen ließ, ließ Matts Krieger seine Klinge auf Alastairs Engelsmaschine niedergehen, die sich bei der Berührung auflöste. Und durch den aktivierten Clear Effector Mist konnte Alastair auch keine Vylon-Zauberkarte von seinem Deck seiner Hand hinzufügen, als [Vylon Material] auf den Friedhof abgelegt wurde.

Was blieb, war Alastairs leeres Spielfeld.

„Sehr gut“, sprach Matt zufrieden, „sieht so aus, als wäre ich härter als du.“

„Red' keinen Unsinn …“, knurrte sein Gegner erbost. „Was du erreicht hast, hast du nur deinem 'Freund' zu verdanken.“

„Weil ein anderer versucht hat mich zu töten.“ Matt kratzte sich am Hinterkopf. „Sei kein schlechter Verlierer, Alastair. Ich werde deine verdrehte Ansicht von Recht und Unrecht aus dir rausprügeln, wenn es sein muss. Es wird Zeit, dass die Dinge sich ändern!“

 

Bei deinem Vorhaben musst du jedoch vorsichtig sein. Wenn du ihn jetzt angreifst, kannst du sein Leben beenden, denn dank unseres Pakts kannst du nun meine Kräfte nutzen. Solltest du dies wünschen, werde ich sie in deinen nächsten Angriff katalysieren. Aber da ich die Antwort sowieso kenne, kannst du unbedarft angreifen, ich werde sicherstellen, dass ihm nichts geschehen wird dabei. Denke nur daran, dass ich dies nicht für dich tue.

 

Dass Another sich nun wieder einmischte, erregte Matts Unmut. „Hör auf zu reden, wenn du weißt, was du tun sollst.“

Auch wenn der Einwand begründet sein mochte, war es in der Tat etwas ganz anderes, was dem jungen Mann Sorge bereitete. Refiel. Wenn zwei Dämonen sich bekämpften, musste einer sterben, ehe der Konflikt enden konnte. Wer garantierte ihm, dass Refiel kein falsches Spiel spielte und tatsächlich nur ein manipulativer Dreckskerl war, der Alastair benutzte? Ein Dämon?

Wäre dem so, würde der Angriff Alastair das Leben kosten, da Another gezwungen wäre, seine Kräfte einzusetzen. Jedoch würde der Konflikt nicht enden können, solange er es nicht tat. In dem Fall würde einer von ihnen sterben müssen, früher oder später. Sollte er also blind angreifen oder stattdessen abwarten und sich besiegen lassen, um diese Theorie zu prüfen? Nein, aufgeben war ebenfalls keine Lösung, denn selbst wenn Refiel wirklich ein Engel war und das Prinzip des Blutzolls nicht griff, würde Alastair ihn dennoch aufgrund des Paktes umbringen wollen.

Aber was war mit Another? Er war immerhin Alastairs Erzfeind und auch wenn er ihm gezeigt hatte, was damals angeblich wirklich vorgefallen war, hieß das gar nichts. Genauso gut konnte das alles nur eine Lüge sein, um ihn, Matt, dazu zu bringen, Alastair zu töten. Bloß wenn das stimmte, könnte es schon zu spät sein. Der Pakt war geschlossen …

 

Egal wie Matt es auch betrachtete, es gab keine Alternativen. Alle Möglichkeiten liefen darauf hinaus, dass einer von ihnen sterben könnte. Und er würde nur wissen, wie sich die Dinge wirklich verhielten, wenn er angriff. So schwer es ihm auch fiel. „Okay … [Steelswarm Vanguard – Roach Styx] … direkter Angriff! Infestation's Hammerfall!“

Hoffentlich war es kein Fehler, dachte Matt verzweifelt, als Roach Styx mit seiner Klinge ausholte und sie Richtung Alastair zu schwingen begann.

 

~-~-~

 

Es gab gewisse Dinge, die Nick Harper nicht wusste. Zum Beispiel, dass er als Kind kurz davor stand, zur Adoption freigegeben zu werden. Letztendlich hatten seine Eltern ihn nur deshalb behalten, weil die Nachbarn sonst unangenehme Fragen gestellt hätten. Was Nick auch nicht wusste: sie bereuten ihre Entscheidung von damals zutiefst.

 

Allerdings waren dies Lappalien im Vergleich zu dem, was Nick an diesem angenehmen Oktobertag entging. Während seine Freundin Anya im Begriff war, eine fatale Entscheidung zu treffen und zwei Dämonenjäger und Freunde erbittert miteinander rangen, erfreute Nick sich an den Farben des Herbstes. Statt sich an den Kämpfen rund um Ehre, Verrat und Freundschaft zu beteiligen, hockte er auf einer Bank im unbeschädigten Teil des Livingtoner Parks und beobachtete all die Bäume um ihn herum, die bereits ihre Blätter verloren hatten. Und auch wenn es ziemlich kühl war, trug der hochgewachsene junge Mann ein beiges T-Shirt und Shorts, obwohl seine Gänsehaut davon zeugte, dass er fror.
 

Seinem verkniffenen Gesichtsausdruck nach zu urteilen hätte man meinen können, dass er über die wichtigen Fragen des Lebens nachdachte. Tatsächlich fragte er sich aber, ob das um ihn herumliegende Laub wieder an die Bäume wachsen würde, sobald der Frühling begann.

 

„Ein schöner Tag, nicht wahr?“, fragte ihn plötzlich jemand von der Seite. „Ist hier noch ein Platz frei? Die anderen Bänke sind alle besetzt.“

Nick drehte neugierig seinen Kopf zur Seite und blinzelte verdutzt. Eine Frau mit braunem Haar, das nach hinten wie eine Welle verlief, stand neben der Bank und blickte ihn erwartungsvoll an. Auffällig war, dass ihre Jeans dreckig und mit Löchern übersät war. Und auch ihr roter Rollkragenpullover hatte schon deutlich bessere Tage gesehen. Aber Nick störte das nicht, sie hatte immerhin Brüste.

„Ich glaub schon“, gluckste er zufrieden.

Das war wirklich sein Glückstag, was Nick schon wusste, seit seine Mutter ihn heute morgen trotz ihrer Wut wegen des verlorenen Hundert Dollar-Scheins nicht geschlagen hatte! Was bedeutete es schon, dass er den Rest des Jahres dafür hungern musste?

Er freute sich über die Gesellschaft. Sonst waren immer alle anderen Menschen sofort unhöflich zu ihm gewesen. Und hatten meist keine Brüste oder für seinen Geschmack zu wenig davon. Aber er mochte Anya trotzdem.
 

Die Fremde nahm Platz neben ihm und atmete tief durch, sah den grauen Himmel an. „Nicht mehr lange, dann wird es schneien. Mir macht die Kälte ja normalerweise nichts aus, aber dieses Jahr könnte ich ruhig auf sie verzichten.“

„Hehe, ich hab nichts gegen Kälte“, sprach Nick und dachte dabei an aufblühende 'Rosen'. Dann fügte er hinzu: „Schnee schmeckt gut.“

Was ihn an seinen Hunger erinnerte. Und wiederum seinen Magen knurren ließ. „Sorry, das macht er manchmal.“

Überrascht schaute die Frau ihn an. „Hunger? Warte, ich hab was. Ist nicht viel, aber immerhin etwas.“

Sie setzte den Rucksack, den sie bei sich trug, auf ihrem Schoß ab und holte daraus einen Müsliriegel hervor, den sie Nick lächelnd reichte. „Bitteschön! Oh, wo sind überhaupt meine Manieren? Ich bin Melinda.“

„Und ich gerettet“, strahlte Nick über beide Backen und nahm das Geschenk wie einen kostbaren Schatz an. Ehe er gierig das Papier abriss und den Riegel in einem Bissen hinunter schlang. „Aber geboren wurde ich als Nick. Kannst mich aber auch Gott nennen, hehe.“

Anstatt sich jedoch über seinen schrägen Humor aufzuregen, kicherte Melinda. „Du erinnerst mich an meinen Bruder. Er ist auch so'ne Marke.“ Plötzlich stöhnte sie traurig auf. „Ich frage mich, wo er jetzt stecken mag.“

 

Kurz war es zwischen ihnen still.

„Im Knast?“

Wieder lachte Melinda auf Nicks Kommentar hin auf. „Nie im Leben, Benny würde nie ein Verbrechen begehen.“ Plötzlich gewann ihre Stimme etwas Zögerliches. „Aber sag, hast du ihn zufällig gesehen? Warte, ich habe ein Bild.“

Jenes kramte sie ebenfalls aus ihrem Rucksack hervor und gab es Nick. „Zugegeben, es ist etwas alt, aber er hat sich nicht sehr verändert.“

Nick nahm das Polaroid entgegen. Es zeigte einen jungen Mann zusammen mit Melinda, wie sie in einer nächtlichen Stadtkulisse Sombrerohüte trugen und mit roten Gesichtern in die Kamera grinsten. Melindas Haar war kürzer als jetzt und sie trug eine dezente Brille. Ihren Bruder kannte Nick bereits, auch wenn er auf dem Bild gepflegter wirkte und dazu noch aussah, als stecke er mitten in der Pubertät. „Der sucht nach dir.“

„Huh? Du meinst … er?“ Sie zeigte auf Benny.

Nick nickte.

„Benny … sucht nach mir?“

„Nein, er hieß Henny. Oder Kenny. Nein, warte, ich hab's gleich … Penner!“

Melinda blinzelte verdutzt. „Henry? Das ist sein zweiter Vorname.“

Vehement schüttelte Nick besserwisserisch den Kopf. „Nein, es war definitiv Penner! Anya hat gesagt, dass sie nichts von Pennern kauft.“
 

Die Erwachsene jedoch war bereits aufgekratzt aufgesprungen, wobei ihr Rucksack auf den Boden fiel. „Wo hast du ihn gesehen? Und wann!?“

„Uhh … weiß ich nicht mehr …“

„Bist du dir sicher, dass er es war?“, fragte sie aufgeregt und fasste Nick an den Schultern. „Wenn ja, muss ich sofort verschwinden! Er wird- Urgh!“

Sie fasste sich stöhnend an die Stirn und ging in die Knie. Ohne aufzusehen, fragte sie plötzlich kühl. „Anya Bauer war bei dir, sagtest du?“

„Jup.“

Mit geweiteten Augen schreckte sie hoch und taumelte von Nick zurück, sich immer noch den Kopf haltend. „Renn' weg!“

„Keine Lust. Lass uns lieber verstecken spielen.“

„Wieso?“ Sie ließ den Arm sinken. „Wenn ich dich doch sofort töten kann?“

Sie beugte sich stöhnend vor, als hätte sie Magenschmerzen. „Urgh! Nick, renn' weg! Er wird jeden Moment-“

Nick aber erkannte gar nicht, was mit Melinda vor sich ging. „Töten ist doof. Dann wäre ich ja tot.“

„Das ist kein Spiel“, schrie sie ihn an, „er ist in mir! Er will dich umbringen, weil du Anya Bauers Freund bist! Ich kenne weder dich noch sie, aber ihr beide seid in Gefahr! Ich kann nicht län- AH!“

Anstatt aber ihrer dringlichen Aufforderungen nachzukommen, trat Nick näher an sie heran und nahm sie in den Arm. „Alles wird gut, ich bin ja da.“

 

Ein Faustschlag in den Magen verriet ihm jedoch schnell, dass gar nichts gut wurde. Zurück torkelnd und sich dabei den Bauch haltend, erschrak Nick, als er in Melindas emotionsloses Gesicht starrte.

„Dieses Mädchen …“, murmelte sie dabei und besah ihre Hände, „was für ein dickköpfiges Kind. Selbst nach unserem Pakt kann sie mich noch unterdrücken. Wohlan, es liegt den ihren eben im Blut.“ Dann sah sie auf. „Und du bist also ein Freund von Anya Bauer?“

„Hehe, ihr -Freund-“, gluckste Nick und zwinkerte mit den Augenbrauen. „Aber warum schlägst du mich?“

Melinda streckte jedoch den Arm aus und schleuderte Nick mit einer unsichtbaren Druckwelle über die Bank hinweg, sodass er rückwärts über diese fiel und direkt auf dem Kopf landete.

„Au!“ Nick sprang auf und rieb sich die schmerzende Stelle. „Du bist ein Geist, oder?“

„Nein. Mein Name lautet Isfanel. Als Freund von Anya Bauer hast du ihn gewiss schon gehört, vermute ich.“

„Du bist … Marc?“

„Mein letztes Gefäß trug diesen Namen. Und wäre es nicht dank deiner Freundin, würde er jetzt noch unter den Lebenden weilen.“ Die von Isfanel besessene Melinda trat einen Schritt vor und hob wieder ihre Hand. Nick duckte sich reflexartig – weil er etwas Glitzerndes am Boden entdeckt hatte – und entging so seinem Tod, denn die Rinde eines Baumes direkt hinter ihm platze wie ein Ballon auf.

„Oh, nur ein Kronkorken!“, beklagte er sich enttäuscht und schaute von der Lehne der Bank auf. „Wenn du nicht Marc bist, dann … vielleicht eines dieser Dinger?“

„Wovon sprichst du?“ Isfanel ließ die Hand sinken.

„Die, die damals beim Eishockeyspiel mitgespielt haben. Alle haben sich gekloppt wegen denen. Oder die, die uns in Victim's Sanctuary angegriffen haben. Das waren dieselben.“

„Meine Person hat nichts mit derartigen Geschehnissen zu tun.“ Die besessene Melinda verengte ihre Augen zu Schlitzen. „Aber das hier ist mein Werk.“

 

Nick sah auf. Der Park hatte sich nicht weiter verändert, doch es war still geworden. Keine Menschen waren mehr um sie herum – er hatte es gar nicht bemerkt! Und der Himmel hatte eine rosa Farbe angenommen. Wie Zuckerwatte. Mhmm, Zuckerwatte ...

„Du kannst nicht entkommen. Also versuche gar nicht erst, dich zu wehren.“ Isfanel trat wieder näher an die Bank heran und hob seine Handfläche. „Mir widerstrebt es, einen Unschuldigen zu vernichten, aber du stellst eine potentielle Gefahr dar. Zudem wird dein Tod der erste Schritt sein, um Anya Bauer in den ihren zu schicken.“

Plötzlich sprang Nick auf und sah Isfanel direkt in die Augen. „Sag das nochmal!“

„Was?“

„Was?“

„Ich-“

„Ich auch!“

„Stirb!“ Isfanel schickte eine weitere Welle in Nicks Richtung, der seinerseits ruckartig zur Seite sprang und mitansah, wie die Bank zerfetzt wurde. Stöhnend zuckte Isfanel anschließend zusammen, als hätte sich ein ziehendes Gefühl in ihm breit gemacht. Anschließend blinzelte er überrascht, als sein Gegenüber grinste. „Warum lachst du?“

„Nix! Oder doch? Weiß nicht. Meine Eltern sagen immer, ich wäre besonders.“

„Eine Barriere … in deinem Verstand. Wer hat sie erschaffen?“ Die besessene, junge Frau schüttelte den Kopf. „Es spielt keine Rolle. Dieser Ort wird dein Grab sein.“
 

„Duell!“ Nick hatte seine Duel Disk gezückt und grinste. „Genau wie in den Filmen! Das wollt ich immer schon mal tun, hehe.“

„Ich habe keine Absicht-“

Doch ehe sich Isfanel versehen konnte, lag Nick ihm zu Füßen und zerrte an Melindas Hose. „Ach komm schon, bitte! Ich will auch ein Holyfoot-Star sein! Nur ein Duell! Ich tu auch alles was du willst.“ Er grinste verschlagen. „Wirklich alles!“

„Was ist mit dir-!?“

„Feigling!“ Nick sprang auf, schritt zurück und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Der Nickinator erkennt sofort, wenn seine Feinde sich fürchten! Und kein Wunder, er ist schließlich der beste Duellant auf dem Planeten!“

 

Isfanel verstand nicht, wie dieser Menschling ihm so furchtlos gegenüber treten konnte. Es mochte an seiner mangelnden Intelligenz liegen, doch etwas an ihm riet Isfanel zur Vorsicht. Zwar schien er über keine unnatürlichen Kräfte zu verfügen, aber als Freund von Anya Bauer sollte er nicht unterschätzt werden. Zumal er recht flink zu sein schien.

Und Isfanel rief sich in Erinnerung, dass er mit seinen Kräften sparsam umgehen musste. Allein der Bannkreis kostete viel Kraft. Wenn er noch mehr davon freisetzte, um diesen Nick zu vernichten, gelang es seinem Gefäß am Ende noch, die Kontrolle zurückzugewinnen. Etwas, dass er sich nach all der Arbeit nicht leisten konnte. Allein sie in einen Pakt zu zwingen hatte ihn an den Rand der Zerstörung gebracht, nachdem er sich von Anya Bauers Angriff nur sehr langsam erholt hatte.

Vielleicht wäre es das Beste, auf seinen Vorschlag einzugehen? In einem Duell verbrauchte er weniger Kraft. Und sein Gegner stellte in dem Fall ein leichtes Ziel dar.

Doch was, wenn es eine Falle war? Nein, es gab keine Anzeichen dafür. Er besaß keine besonderen Kräfte, das stand fest. Auch wenn etwas an seinem Elysion anders war, als bei gewöhnlichen Menschen …

„Du willst unbedingt ein Duell?“, fragte Isfanel schließlich steif. „Wie du willst. Ein Feigling bin ich nicht. Doch wisse, dass es nichts an deinem Schicksal ändern wird!“

„Filmstar zu werden? Cool!“ Nick grinste breit.

 

Kurz darauf standen sie sich mitten auf dem Kiesweg gegenüber, mit erhobenen Duel Disks.

„Es hat lange gedauert, zurückzubekommen, was mir gehört“, sprach Isfanel und schob sein Deck in den Apparat an seinen Arm. „Nun wird sich zeigen, ob mein damaliger Paktpartner bei der Wahl seines Symbols richtig entschieden hat oder nicht.“

„Ich versteh nur Bahnhof“, gluckste Nick, „aber das bin ich gewohnt! Zück schon mal Zettel und Stift, denn wenn der Nickinator mit dir fertig ist, wirst du sie brauchen, um-“ Der hochgewachsene Kerl kratzte sich am Kopf. Er hatte glatt vergessen, was er sagen wollte. Leise murmelte er zu sich selbst: „Merke! Nächstes Mal Onkel Google mitbringen für coole Sprüche.“

„Willst du noch länger warten, oder soll ich dich doch auf der Stelle vernichten?“

„Okay, bin schon bereit!“, strahlte Nick und schob sein Deck ebenfalls in die Duel Disk. „Duell!“

 

[Nick: 4000LP / Melinda: 4000LP]

 

„Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein!“, rief Nick, zog nach seinem Startblatt noch eine Karte und ließ sie ungeschickt auf den Boden fallen. „Es ist die Schwerkraft!“

„Was machst du da?“ Isfanel rührte sich keinen Millimeter und beobachtete seinen Gegner verwirrt dabei, wie er seine Karte wieder aufhob.

„Weiß nicht“, machte sich Nick nichts aus der Verwirrung seines Gegners, schloss die Augen und legte die erstbeste Karte, die er greifen konnte, auf die Duel Disk.

„Und heute in Nicks Wundertüte …“ Er sah nun auf den Apparat an seinem Arm und das Monster darauf. „Oh, es ist [Wind-Up Soldier]!“

Aus dem Boden schoss ein etwa ein Meter großer, grüner Spielzeugsoldat, dessen Kopf die Form eines Magneten hatte. Er ließ einmal seine Zangenhände um 360° drehen, ehe er in Kampfposition ging.

 

Wind-Up Soldier [ATK/1800 DEF/1200 (4)]

 

„Die und die und die!“ Drei verdeckte Karten machten sich vor Nick breit. „Und nicht vergessen: der Nickinator kennt all deine Schwachstellen! Zug beendet!“

Isfanel schürzte seinerseits die Lippen. „Du wirst es bereuen, diesen Vorschlag gemacht zu haben. Womöglich denkst du von mir, dass ich ein grausames, nach Blut dürstendes Wesen bin …“

„Bist du nicht!?“, fragte Nick voller Empörung.

„Nein. Doch solange meine Existenz in Gefahr ist, kann ich deine Freundin Anya Bauer nicht ignorieren. Sie darf nicht zu Eden werden!“

„Find' ich auch!“ Nick verschränkte mit fest entschlossener Mimik die Arme. „Nicht, solange sie mir nicht die 10 Dollar wiedergegeben hat, die sie mir geliehen hat!“

Den Kopf schüttelnd, gab Isfanel es auf, an den Verstand seines Gegners zu appellieren. Allein aufgrund seiner mangelnden Intelligenz war er nicht imstande, die Situation zu begreifen, in der Isfanel sich befand. Jener selbst war sich derer nicht so sicher, wie er es sein musste. Denn auch wenn Eden eine Gefahr für ihn war, wusste er so verdammt wenig darüber.

 

Doch das spielte jetzt keine Rolle. Dieser Bursche war sein Feind, wenn auch nur durch eine unglückliche Fügung des Schicksals. Und wenn er seinen Plan umsetzen wollte, musste er sein Blut vergießen. Und das vieler anderer Menschen, die in Kontakt mit Anya Bauer standen.

„... denn sie sind ihre Schwachstelle …“, murmelte er leise und zog seine sechste Handkarte.

Er würde jeden vernichten, der Anya Bauer irgendetwas bedeutete. In der Hoffnung, sie damit in den Wahnsinn zu treiben, damit sie sich selbst richtete. Dann konnte selbst der Gründer ihr nicht helfen.

„Schnellzauberkarte“, rief er schließlich, „[Emergency Teleport]! Damit kann ich von meinem Deck ein Psi-Monster der Stufe 3 oder weniger beschwören, wobei es jedoch am Ende des Zuges wieder verbannt wird! Und nun erscheine, [Winda, Priestess Of Gusto]!“

Eine Säule aus blauem Licht entstand vor Isfanel. In ihr setzte sich aus kleinen, viereckigen Partikeln ein grünhaariges Mädchen zusammen, das über ihr weißes Kleid einen braunen Mantel trug und auf dem ein grüner Vogel saß. Stolz schwang sie ihren Zauberstab, in dessen Kopf ein länglicher Smaragd eingesetzt war.

 

Winda, Priestess Of Gusto [ATK/1000 DEF/400 (2)]

 

„Nun zu meiner normalen Beschwörung“, setzte Isfanel den Zug ohne Umschweife fort, „ich schicke [Gusto Gulldo] in den Kampf!“

Der Vogel auf ihrer Schulter flog in die Höhe, wuchs und trug nun plötzlich einen grünen Helm sowie ein Reitgeschirr um seinen Körper.

 

Gusto Gulldo [ATK/500 DEF/500 (3)]

 

Mit einem Schlag schwang die willenlose Melinda ihren Arm aus, während sie rief. „Nun stimme ich das Empfängermonster [Gusto Gulldo] der Stufe 3 auf [Winda, Priestess Of Gusto] der Stufe 2 ein! The feather of hope is blown away by divine winds! A storm embraces the lost valley! Synchro Summon! Reverberate, [Daigusto Gulldos]!“

Der Vogel flog in hohem Tempo an Winda vorbei und wuchs dabei weiter, als sie auf seinen Rücken sprang. Zusammen schossen sie hoch in die Luft, waren nicht mehr zu sehen, bis sie wie eine eisige Böe einmal um das Spielfeld fegten und schließlich vor Isfanel Halt machten. Nun war Gulldos endgültig erwachsen und trug eine stachelige Rüstung, während seine mächtigen Schwingen ihn und Winda über der Erde hielten.

„Cool, so eine Synchrobeschwörung hab ich noch nie gesehen. Da waren ja gar keine Ringe und Blitze und so“, plapperte Nick begeistert. „So was will ich auch!“

 

Daigusto Gulldos [ATK/2200 DEF/800 (5)]

 

„Du begreifst nicht, wie gefährlich diese Kreatur ist. Deswegen lass mich dir eine Kostprobe ihrer Macht geben! Indem ich zwei Gusto-Monster von meinem Ablagestapel ins Deck zurückschicke, vernichtet Gulldos eines deiner offen liegenden Monster!“

Und kaum hatte Isfanel [Winda, Priestess Of Gusto] und [Gusto Gulldo] von seinem Friedhof aufgenommen, schickte sein Riesenvogel durch nur einen Flügelschlag einen Wirbelsturm in Richtung [Wind-Up Soldier], der stöhnend durch die Luft geschleudert wurde. Als er meterweit entfernt auf dem Boden aufprallte, zersprang er in tausend Stücke.

„Ohhh“, jammerte Nick ihm mit ausgestreckter Hand und Tränen in den Augen hinterher. Schließlich blinzelte er. „Irgendwas hab ich vergessen … ahja, verdeckte Zauberfalle! [My Body As A Shield]! Für 1500 Lebenspunkte passiert jetzt irgendwas!“

Die mittlere seiner gesetzten Karten sprang auf, gab sich durch den grünen Rand als Zauberkarte zu erkennen, klappte dann aber wieder zu.

„Du hast den Zeitpunkt ihrer Aktivierung verpasst“, sprach Isfanel ungerührt, „wenn du so weiter machst, wird deine Dilettantismus dein Grab sein.“

Nick grinste breit. „Sooorrryyy!“

„Zauberkarte [One For One]!“ Die braunhaarige Frau hielt die Karte in die Höhe. „Durch den Abwurf eines Monsters von meiner Hand wird ein ebensolches von meinem Deck beschworen. Einzige Einschränkung ist, dass seine Stufe 1 betragen muss. Also erscheine, [Gusto Egul]!“

Ein wesentlich kleinerer, dunkelgrüner Vogel umkreiste plötzlich seinen älteren Bruder. Aber auch das junge Tier war gut gepanzert und trug einen Helm, dessen Kamm messerscharf erschien.

 

Gusto Egul [ATK/200 DEF/400 (1)]

 

Doch Isfanel hielt bereits eine weitere Karte in der Hand. Es war die, die er für die Aktivierung seiner Zauberkarte ursprünglich abgeworfen hatte. „Der Effekt von [Gusto Griffin] aktiviert sich nun! Wenn er von meiner Hand abgeworfen wird, ruft er ein Gusto-Monster von meinem Deck aufs Spielfeld. Und dieses Mal gibt es keine Stufenbeschränkung! Höre meine Stimme, [Windaar, Sage Of Gusto]!“

Ein weißer Wirbelsturm schoss aus dem Boden und ließ einen grünhaarigen Mann daraus springen, der einen klingenbesetzten Metallstab schwang. Gekleidet war er wie ein Wanderer, doch hatte er einen stillen Zauberspruch auf den Lippen.

 

Windaar, Sage Of Gusto [ATK/2000 DEF/1000 (6)]

 

Der kleine Vogel schwirrte nun um den Priester herum, wuchs und als Egul groß genug war, sprang Windaar auf dessen Rücken.

„Silence lies within the wisper of the winds! A word of power is spoken! Synchro Summon! Arise, [Daigusto Eguls]!“

Das Reittier des Wanderers war nun genauso imposant und mächtig gepanzert wie sein Artgenosse, welcher von Winda kontrolliert wurde. Nick staunte Bauklötze über die Tatsache, dass Isfanel mühelos zwei starke Synchromonster in wenigen Schritten beschworen hatte.

 

Daigusto Eguls [ATK/2600 DEF/1800 (7)]

 

Im Angesicht der beiden Riesenvögel verging Nick das Grinsen. „Oh oh, das sieht aus, als ob es gleich weh tun wird …“

„Ich werde es schnell beenden. Meine Monster, doppelter Angriff auf die Lebenspunkte meines Gegners! Löscht ihn aus! Twin Cyclones!“

Beide Kreaturen stiegen mit ihren Reitern auf und erzeugten zusammen zwei Wirbelstürme, die immer wieder ineinander übergingen und unbändig auf Nick zu rasten.

Jener geriet in Panik. „Was mach ich jetzt? Die?“

Er drückte wahllos auf einen Knopf seiner Duel Disk, wodurch wieder [My Body As A Shield] aufsprang, nur um wieder nach unten zu fallen. „Dann die?“

Wieder klappte eine von Nicks gesetzten Karten auf. Dieses Mal war es eine Falle, wie man an dem purpurnen Rand erkennen konnte. Auf ihr abgebildet war ein Richter, der aus einem Sumpf entstieg und einen Duellanten vor die Wahl zwischen einer goldenen und einer Eisenaxt stellte. Der Zwillingswirbelsturm prallte an der Karte ab und verharrte fortan auf der Stelle.

„[Half Or Nothing]“, raunte Isfanel mit seiner weiblichen Stimme verärgert. „Diese Karte zwingt mich, entweder die Angriffskraft meiner Monster bis zum Ende des Zuges zu halbieren oder gar ganz auf die Battle Phase zu verzichten.“

„Äh, ja, genau das!“

„Da es keine Monster auf deiner Seite des Spielfeldes gibt, sehe ich keinen Grund, den Angriff abzubrechen! Also los!“

 

Daigusto Gulldos [ATK/2200 → 1100 DEF/800 (5)]

Daigusto Eguls [ATK/2600 → 1300 DEF/1800 (7)]

 

Nicks Falle wurde unter dem Getöse der Zyklone zerfetzt. Ihr Besitzer wurde schlussendlich von ebenjenen erfasst und wie ein Stück Papier durch die Luft geschleudert. Schreiend landete er schließlich in einem Busch in der Nähe des Kiesweges, auf dem die beiden sich duellierten. Mit zuckendem Bein jammerte er: „Kann mich bitte jemand hier herausholen? Hier ist es dunkel und ich hab Angst. Und hab ich erwähnt, dass das gerade sehr weh getan hat? Aua!“

 

[Nick: 4000LP → 1600LP / Melinda: 4000LP]

 

„Ich setze zwei Karten“, ließ Isfanel sich davon nicht beirren und schob seine letzten beiden Handkarten in die dazugehörigen Slots seiner Duel Disk. „Zug beendet. Damit erlangen meine Monster ihre ursprüngliche Stärke wieder. Und zusätzlich aktiviert sich nun der Effekt von [Daigusto Eguls]!“

Für einen kurzen Augenblick leuchteten die Augen des größeren der beiden Vögel rot auf.

„Indem ich ein Gusto-Monster von meinem Friedhof verbanne, zerstöre ich eine gesetzte Karte meines Gegners.“ Isfanel steckte [Windaar, Sage Of Gusto] in die hintere Hosentasche von Melindas zerschlissener Jeans. „Meine Wahl fällt auf [My Body As A Shield], damit du mein weiteres Vorgehen nicht behindern kannst.“

Wieder leuchteten Eguls' Augen rot auf und dieses Mal explodierte Nicks Karte.

 

Daigusto Gulldos [ATK/1100 → 2200 DEF/800 (5)]

Daigusto Eguls [ATK/1300 → 2600 DEF/1800 (7)]

 

Dieser kam schließlich auf allen Vieren angekrabbelt, gezeichnet von etlichen Schnitten im Gesicht und an seinem beigen T-Shirt. „Aua …“

„Wenn das alles ist, was du an Schmerzen erdulden kannst, geht von dir wahrlich keine Gefahr aus.“ Isfanel sah mit hochnäsiger Mimik auf Nick herab. „Jemand wie du kann niemanden beschützen. Anya Bauer wird sterben, dafür sorge ich. Das ist meine Bestimmung!“

Nick richtete sich langsam auf. „Verstehe … eine Bestimmung also? Willst du auch wissen, was meine ist?“

Überrascht von diesem merkwürdigen Tonfall, musterte Isfanel den jungen Mann interessiert. „Etwas an dir hat sich soeben verändert.“

„Nein“, antwortete Nick kühl und putzte sich beiläufig etwas Dreck von der Kleidung, „nichts hat sich verändert. Alles ist, wie es immer war. Damit das auch so bleibt, muss ich jetzt leider Ernst machen. Meine Freundin leidet auch ohne dich schon genug.“

„Was soll das bedeuten?“

Plötzlich blickte Nick mit einer Ernsthaftigkeit in seinen Augen auf, die man so noch nie bei ihm erlebt hatte. „Es bedeutet, dass ich keine Rücksicht mehr auf Melinda nehmen kann. Vielleicht bin ich gar nicht so nutzlos, wie alle immer denken? Bevor du Anya auch nur ein Haar krümmst, musst du erst an mir vorbei! Das ist -meine- Bestimmung!“

 

~-~-~

 

„Unmöglich!“ Matt war sprachlos, konnte nicht glauben, was er da sah.

Der violette Nebel um Alastair hatte sich durch den Schwung von Roach Styx' Schwert verzogen und war unverhofft an einem dreieckigen, weiß glühenden Energieschild abgeprallt, den drei kleine, kugelförmige Apparate an den Ecken erzeugten. Jenes Kraftfeld schützte Alastairs Linke und stellte ein unüberwindbares Hindernis für die Klinge dar.

„Wie-!“ Der junge Schwarzhaarige realisierte erst jetzt, was ihm bereits viel früher hätte auffallen müssen. Alastairs gesetzte Karte war fort.

Jener erklärte ruhig: „Ich habe sie bereits aktiviert, als du versucht hast, meine Effektaktivierungen zu unterbinden. Es handelt sich hierbei um [Delta Shield], eine Falle, die umso effektiver wird, je höher die Stufe des Monsters war, welches ich für ihre Aktivierung als Ziel ausgewählt habe. So reicht schon ein Stufenstern aus, um in diesem Zug einmalig Kampfschaden zu annullieren, wie ich es hier getan hab.“ Er deutete auf die dreieckige Barriere. „Da [Vylon Sigmas] Level aber auch über 4 lag, konnte ich zudem eine Karte ziehen und wäre imstande gewesen, mein Monster vor feindlichen Angriffen zu schützen. Wenn meine Kreatur sogar der Stufe 8 angehört hätte, wäre sie zusätzlich noch immun gegen sämtliche Karteneffekte gewesen, wodurch die deine nicht imstande gewesen wäre, Sigma zu verbannen. Doch du hattest Glück.“

Mit seiner neu gezogenen Handkarte verharrte Alastair anschließend nachdenklich, schien gar in jenen Gedanken verloren zu sein.

Matt fand jedoch seine Sprache wieder. „Verdammt! Du bist mindestens genauso hartnäckig wie ich!“

„Zumindest etwas, das wir gemeinsam haben …“

 

Ich gebe es auf. Entweder bist du einfach nur unfähig, oder dieser Typ hat seit meiner letzten Begegnung mit ihm ordentlich dazugelernt. Langsam bereue ich es, dich als Paktpartner gewählt zu haben.

 

Daraufhin zischte Matt verärgert. Innerlich war er jedoch auch erleichtert, denn zumindest lebte Alastair noch. Blieb bloß die Frage, ob er selbst dessen nächsten Zug noch überstehen würde.

„Ich setze eine Karte“, meinte er schließlich gefasst. Wie er Alastair kannte, würde der nächste Runde von Refiels Fähigkeit Gebrauch machen und das Schicksal beeinflussen. Alles im Sinne eines finalen Offensivschlags.

Hoffen wir mal, dass mir meine Falle den Arsch retten wird, dachte er und beendete seinen Zug schließlich mit einer Handkarte. „Du bist.“

 

Und kaum hatte Alastair seine Hand auf sein Deck gelegt, begann sie weiß zu leuchten, was binnen Sekundenbruchteilen auf die Karten überging.

„Ich hab geahnt, dass er das tun wird“, brummte Matt frustriert. „Das wird übel.“

 

Hoffentlich tötet er dich. Hätte ich einen eigenen Körper, würde ich angesichts dieser Farce im Boden versinken vor Scham …

 

Was bei Matt allerdings nicht gut ankam. „Bist du auch mal still!?“

„Das ist der letzte Zug!“, rief Alastair ihm zu. „Ich werde das ein für allemal beenden! Draw!“

Ein gleißendes Strahlen ging von ihm aus, als er schwungvoll zog. Im Kontrast dazu stand der aus schwarzem Marmor bestehende Spielplan, der wie das sprichwörtliche Auge des Sturms aus dem Licht herausstach.
 

Alastair sah seine neue Handkarte an und nickte. Refiel hatte ihm wieder den Weg gewiesen. Matt mit einem traurigen Blick musternd, schloss er die Augen. Um dessen Misstrauen gegenüber Refiel wusste er, es war kein Geheimnis. Und es ehrte Alastair auch, dass sein Freund sich um ihn sorgte.

Aber er war keine Marionette des Himmels. Refiel hatte nie Befehle gegeben, sondern ihn immer vor die Wahl gestellt. Vor die Wahl gestellt, das Richtige zu tun.

Und jetzt war das Richtige, Matt von seiner Qual zu erlösen. Im Moment mochte dieser glauben, dass dieser Dämon ihn nicht verraten wird. Aber er hat ihm ohne Zweifel einen Pakt aufgezwungen und es war offensichtlich, dass dieses Miststück etwas plante. Dem musste er einen Strich durch die Rechnung machen, auch Matt würde das so wollen, wenn er nur die nötige Weitsicht besäße!

„Ich beschwöre [Vylon Pentachloro]!“, tönte Alastair erhaben und fühlte sich in seinem Vorhaben dadurch bestärkt.

Vor ihm formte sich ein metallisches Wesen langsam zu einer Gestalt. Erst war da der fünfeckige Körper aus dunklem Stahl, dann die zwei Arme und letztlich ein goldener, radähnlicher Kopf.

 

Vylon Pentachloro [ATK/500 DEF/400 (4)]

 

Matt schluckte. Was würde jetzt folgen? Ein Empfängermonster für eine weitere Synchrobeschwörung? Oder gar etwas ganz anderes-!?

„Mögen die Schuldgefühle mich zurück zu dir führen“, sprach Alastair leise und schob eine Zauberkarte in den dazugehörigen Slot seiner Duel Disk. „[Machine Duplication]! Damit verdreifache ich ein Maschinenmonster mit einer maximalen Offensivstärke von 500!“

Erschrocken beobachtete sein Gegner, wie zwei durchsichtige Kopien links und rechts aus [Vylon Pentachloro] schossen, ehe sie eine feste Gestalt annahmen.

 

Vylon Pentachloro x3 [ATK/500 DEF/400 (4)]

 

„Nein! Das ist-!“

Alastair streckte mit entschlossener Mimik den Arm aus. „Werde Zeuge der Macht Gottes! Ich erschaffe das Overlay Network!“

Seine drei Monster wurden zu gelblichen Lichtern, die in den schwarzen Wirbel gezogen wurden, welcher sich in der Mitte des Spielfeldes aufmachte. „Erscheine, [Vylon Disigma]!“

„Ein Xyz-Monster!? Aber woher-“

Aus den Tiefen der Finsternis entstieg eine gar groteske Gestalt. Sie wirkte ganz anders als die anderen Vylon-Monster. Dunkel und bösartig war die Grimasse des Wesens, dessen überdimensional großer Kopf auf zwei miteinander verbundenen, quadratischen Plattformen lag. Aus den langen Armen, die aus Disigmas Kopf ragten, schossen etliche schwarze Klingen. Während die drei Xyz-Materialien als weiße Sphären um es kreisten und dabei das Gold an seinem Körper zum Glänzen brachten, verschlug es Matt beinahe die Sprache.

 

Vylon Disigma [ATK/2500 DEF/2100 {4}]
 

„Was … ist das?“ Er hatte diese Kreatur noch nie in Alastairs Deck gesehen.

„Das Geschenk des Engels Refiel“, antwortete dieser, „seine Macht übersteigt die eines jeden Dämons! Siehe den Grund für sein abscheuliches Äußeres! Absorbiere das Böse dieser Welt, absorbiere [Steelswarm Vanguard – Roach Styx]!“

Der Mund der abstrusen Engelsmaschine öffnete sich, als sie damit begann, den riesigen Kakerlakenritter einzusaugen. Dieser schrumpfte dabei immer mehr und kaum war er verschwunden, verfärbte sich eine der um Disigma kreisenden Sphären violett.

Matt sah fassungslos auf seinen Spielplan. Hätte Alastair angegriffen, wäre er ihm mit seiner Falle [Rising Energy] zuvor gekommen. Doch ohne sein Monster ging das nicht. Es war … vorbei.

 

Gratulation! Du hast nach allen Regeln der Kunst versagt! Kann ich jetzt gehen?

 

„Halt den Rand“, murmelte Matt nur schwach.

„Weil es das Böse in sich aufgenommen hat, um es zu reinigen“, erklärte Alastair plötzlich und deutete auf seine Kreatur, „ist es selbst zu einer finsteren Silhouette verkommen. Nun mag es dem Unwissenden selbst wie ein Dämon erscheinen … aber seine Intentionen sind nach wie vor rein.“

Matt musste auflachen. Er sah seinen Freund tief in die Augen, denn er erkannte die Parallelen zwischen dem entstellten Alastair und seinem Monster. „Du vergleichst dich damit? Dass ich nicht lache! Es ist eine Karte! Die hat keinen freien Willen! Und kein Gewissen! Sie tut nur das, wozu sie erschaffen, beziehungsweise missbraucht wird! Aber du! Du glaubst, du kannst dich vor der Verantwortung drücken, indem du blind irgendwelchen Überzeugungen folgst!“

Alastair streckte seine Hand aus. „Matt-“

„Und selbst wenn es wirklich besser für alle ist, wenn ich hier und jetzt sterbe, hast du als Mensch trotzdem versagt! Als Freund!“ Der Schwarzhaarige ließ bedrückt den Kopf hängen. „Tu was du willst. Ich glaube, ich habe jetzt erkannt, dass ich gegen den Engel an deiner Seite keine Chance habe.“

Alastair schüttelte vehement den Kopf. „Du irrst dich, Matt! Ich will-“
 

Es ist genug, Alastair. Lass ihn leben.

 

„Refiel!“, schoss es aus dem Dämonjäger überrascht.

Matt schreckte ebenfalls auf, denn auch er hatte die sanfte, warme Stimme vernommen. Er sah sich um, doch nirgendwo war ein Zeichen des Engels, es loderten nur die schwarzen Flammen, während Anya nach wie vor bewusstlos auf der anderen Seite im Garten der Familie Bauer lag.

„Wieso mischt der sich jetzt ein!?“, platzte es aus Matt heraus.

 

Dieser Kampf ist sinnlos. Du, Matt Summers, hast eine große Sünde auf dich geladen. Doch nicht heute soll der Tag sein, an dem der Herr über dich urteilt. Aber du, Alastair, hättest es besser wissen müssen.

 

„Was!?“

 

Dein Freund hat sich und sein Seelenheil für dich geopfert. Was er nicht hätte tun müssen, wenn du ihm mit Gnade begegnet wärst. Gottes Regeln zu befolgen heißt nicht, sie für den eigenen Wahn zu missbrauchen. Ein Wissen, das dieser Junge dir voraus hat.

 

„Refiel, ich-“
 

Nein, Alastair. Der Schmerz um den Verlust der geliebten Familie darf uns nicht blind für diejenigen machen, die noch auf Erden weilen. Deine Aufgabe, die schändlichen Dämonen von Gottes Werk zu vertreiben, bis der versprochene Tag gekommen ist, ist löblich. Doch heute bist du zu weit gegangen. Lass mich dich deshalb auf den richtigen Pfad zurückführen.

 

Alastair fiel gebannt und gleichwohl erschrocken von den Worten des Engels auf die Knie. Eine einzelne, goldene Feder fiel vor seine Füße. Er las sie auf und betrachtete sie, wie sie sich in seinen Fingern auflöste. „Was … soll ich tun … ?“

 

Frage deinen Freund. Er hat die Antwort gefunden. Und diese Antwort ist der einzige Weg, seine und die Seelen aller anderen Opfer dieses verachtungswürdigen Spiels zu retten. Höre auf ihn, denn es sind die Worte der Weisheit …

 

Matt spürte instinktiv, dass der Engel damit fort war. Die Wärme, die er mit sich gebracht hatte, ebenso.

Schließlich rieb er sich den Hinterkopf. „Man, der scheint sich ja gerne reden zu hören.“

„Was soll ich tun?“, fragte Alastair da plötzlich und sah fragend zu Matt auf. „Hat er … recht?“

Sein Freund zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Glaub jedoch nicht, dass ich ihm vertraue. Wenn er aber schon auf meiner Seite steht, will ich mich mal nicht so anstellen …“ Plötzlich streckte er lächelnd die Hand nach Alastair aus, als wolle er nach ihm greifen, auch wenn sein Gegner mehrere Meter entfernt auf den Knien lag. „Lass uns dieses Chaos gemeinsam bekämpfen! Und alle retten! Dich, mich, Anya … alle! Wir werden das schaffen! Wir müssen!“

 

Und da sagst du, der Engel redet viel? Diese menschliche Theatralik ist hundertmal schlimmer …

 

„Halt endlich die Klappe, Dämon!“, zischte Matt zwischen den Zähnen.

Alastair jedoch hatte seine Entscheidung längst getroffen. Er streckte die Hand ebenfalls aus, auch wenn Matt so weit von ihm entfernt war. „Dann erfahre jetzt meine Antwort. [Vylon Disigma], direkter Angriff! Sacred Black Obliteration!“

Es traf seinen Gegner völlig unvorbereitet. „Was!?“

Die grauenhafte Kreatur von Alastair erzeugte zwischen den Händen seiner enorm langen Armen eine schwarze Energiesphäre, aus der es kurz darauf einen Speer formte. Es spielte sich für Matt alles in Zeitlupe ab, als das Monster seine Waffe griff und wie befohlen in seine Richtung warf.

Dann folgten eine finstere Explosion und ein schmerzerfüllter Schrei. Rauch verdunkelte das Spielfeld.

 

[Alastair: 1100LP / Matt: 100LP → 0LP]

 

Und als dieser sich verzog, lag Matt regungslos am Boden, die Augen fest geschlossen.

„Ich hoffe, das ist dir Antwort genug“, sprach Alastair kühl und trat schließlich an seinen Freund heran. „Es war die einzig mögliche.“

Die schwarzen Flammen lösten sich in Luft auf. Was blieb war die unnatürliche Nacht, die Matts Bannkreis über den eingesperrten Teil Livingtons gebracht hatte, denn dieser hatte sich noch nicht aufgelöst.

„Wie langweilig!“, raunte plötzlich eine penetrant genervte Stimme. „An deiner Stelle hätte ich ihn umgenietet, Narbengesicht!“

 

Matt schreckte auf und betrachtete im Sitzen seine Hände. „Ich lebe?“

„Leider“, posaunte Anya enttäuscht und schritt von dem kleinen Gartenweg der Familie Bauer auf den Dämonenjäger zu. Dabei rieb sie sich ein Auge. „Man, ich hab wohl echt das Beste verpasst, huh?“

„Kein Blutzoll? Dann ist Refiel wirklich … ein Engel“, murmelte Matt jedoch leise und beachtete Anya gar nicht. Denn wäre Alastairs Partner ein Dämon, hätte das Duell nur mit seinem Tode enden können.

„Sieht so aus, als ob wir Gesprächsbedarf haben“, brummte Alastair und taxierte Anya mit einem giftigen Blick. „Nur weil ich sein Leben verschont habe, bedeutet das noch lange nicht, dass ich mit dem Dämonenpack gemeinsame Sache mache!“

Schließlich erhob sich Matt und gesellte sich neben Anya, welche patzig erwiderte: „Als ob ich mit dir zusammenarbeite!“
 

„Danke, Alastair.“ Matt lächelte. „Danke, dass du mir genug vertraust, um einen Weg einzuschlagen, der nicht meinen und Anyas Tod durch deine Hand nach sich zieht.“

„Hmpf! Ob das so sein wird, hängt ganz von dir ab.“

„Ich weiß!“ Der Schwarzhaarige nickte knapp. Er sah abwechselnd die anderen beiden an, ehe er schließlich mit einem geheimnisvollen Schmunzeln verkündete: „Und ich habe da auch schon eine Idee, die unsere Probleme lösen könnte. Allerdings würde ich vorschlagen, dass wir uns dafür an einen Tisch setzen und alles in Ruhe durchgehen.“

„Mit ihr?“

„Mit ihm!?“

Alastair und Anya funkelten sich voller Abscheu an. Doch unbeirrt von der gegenseitigen Feindseligkeit griff Matt sie beide unter jeweils einem Arm und zerrte sie Richtung Anyas Haus. „Ja, wir drei! Wenn ihr beide nicht so dämlich wärt, müssten wir das hier alles jetzt nicht durchmachen, verdammt!“

Anya gab nur einen resignierenden Zischlaut von sich, während Alastair es gleich vorzog zu schweigen. Was Matt nur in seiner Vorahnung bestätigte, dass ihre Zusammenarbeit alles andere als einfach werden würde. Aber sie saßen alle im selben Boot, es musste sein! Hier ging es nicht mehr um Dämonen oder Engel, sondern ums Überleben!

 

 

Turn 20 – Unmasked

Die Zusammenarbeit von Matt, Alastair und Anya steht unter keinem guten Stern. Matts Idee spaltet die Lager und schafft statt Einigkeit nur Streit. Auf der anderen Seite stellt sich Nick dem Kampf gegen Isfanel und legt einen erstaunlichen Persönlichkeitswandel hin. Während er Isfanel etwas über seine gemeinsame Vergangenheit mit Anya verrät, gewinnt er durch ein überraschendes Manöver die Oberhand. Schließlich gelingt es ihm, Isfanel eine interessante Information zu entlocken, doch gleichzeitig …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2017-05-01T17:34:25+00:00 01.05.2017 19:34
Hi
Super Kapitel, zum Glück musste keiner der Dämonenjäger sterben und der Engel scheint ja annähernd normal zu sein. Ich fürchte bei dem Gespräch wird Anya vermutlich den Tisch zerlegen.
Nick ist also nicht so doof wie er immer tut, aber sich mit einem Dämon anzulegen geht doch etwas zu weit. Bin mal gespannt was Nick noch so aus dem Ärmel zieht.
Freue mich schon auf das nächste Kapitel.
Lg fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
03.05.2017 17:35
Hi,
"annähernd normal" ist perfekt, um so ziemlich alles in meiner Fanfic zu beschreiben. xD
Nick ist ... aber das wirst du schon selber merken. Sagen wir, er hat Potential, der Lieblingscharakter vieler zu werden. ;-)

LG,
-Aska-


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