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Bend, not Broken

von

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Vorwürfe, Zweifel, Ängste

Gegen Mittag war die Ärztin zu ihnen ins Zimmer gekommen. Sie besprachen Shinyas Genesung, die ihrer Meinung nach gut voran schritt.

„Meinen Sie, dass er bald verlegt werden kann? In ein anderes Krankenhaus, meine ich. Eines näher an der Heimat.“ Neugierig schaute der Größte unter den Herren die Medizinerin an. Wäre schon schön, wenn es bald wäre.

Nachdenklich überflog sie die Mappe in ihren Händen, um ihre Aussage abzuschätzen zu können. „Soweit ist Herr Terachi stabil und ich erwarte keine großen Komplikationen im weiteren Verlauf. Für einen Transport würde ich jedoch gerne noch vier, fünf Tage, vielleicht auch noch eine Woche abwarten. Bis dahin sollten die Medikamente noch weiter abgebaut und er nicht mehr so müde sein. Zudem möchte ich gerne noch den ein oder anderen Test durch führen. Um sicher zu gehen, dass alles den Umständen entsprechend in Ordnung ist.“ Sie wandte sich ihrem Patienten zu. „Morgen bekommen Sie auch ihre erste Anwendung. Eine einfache Massage für den ganzen Körper, damit die Durchblutung angeregt wird. Am Nachmittag habe ich bereits angeordnet, dass Sie eine Trainingseinheit für ihre Arme erhalten. Ich dachte, es wäre Ihnen recht, wenn Sie Ihre Beweglichkeit dort als Erstes wieder erlangen.“ Lächelnd sah sie ihn an, schloss ihre Mappe. „Sind denn noch irgendwelche Fragen offen?“

Kyo und Toshiya sahen erst sich, dann ihren Freund fragend an. Gemeinsam schüttelten sie einen Augenblick später den Kopf.

„Gut, dann verabschiede ich mich von Ihnen. Sollte doch noch etwas sein, sprechen Sie das Pflegepersonal an oder verlangen Sie nach mir.“ Sie verbeugte sich leicht vor allen, ehe sie den Raum verließ.

Kyo wandte sich Toshiya zu, lehnte sich an, mit einem kleinen, glücklichen Lächeln. Ihr Liebster kam wieder in Ordnung. Zumindest körperlich. „Und wenn dein Körper wieder ganz gesund ist, dürfte alles andere ebenso wieder werden“, kam es leise von ihm, während er zu dem Jüngsten sah. Hoffnung war in ihm aufgekeimt. Hoffnung, auf die Fortsetzung ihrer gemeinsamen Zukunft. Seine Finger suchten die von Toshiya, verhakten sich mit ihnen. Dafür bekam er von dem Größeren einen zustimmenden Kuss auf die Stirn.

„Kommt...her“, bat der Liegende sie, klang aber schon wieder unglaublich müde. „Nicht... alleine lassen.“

Die beiden Männer trennten sich voneinander, bezogen erneut zu beiden Seiten des Bettes Stellung.

„Keine Angst“, hauchte Kyo.

„So lange wir können und dürfen“, ergänzte der Bassist, „bleiben wir hier an deiner Seite.“

„Danke. Ich... fühle mich einfach besser, wenn ihr da seid.“

„Überanstrenge dich aber nicht“, ermahnte Kyo. „Wegen uns musst du dich nicht zwingen wach zu bleiben.“ Immerhin fielen dem Patienten die Augen immer mehr zu.

„Ich will aber... nicht schlafen. Erzählt mir noch. Wie lief es mit unserer Band? Was haben wir in den letzten Jahren erreicht?“

„Die Europatour damals verlief gut. Wir sind mit unserem Album gut herum gekommen. Seit damals haben wir noch zwei Alben und ein Mini-Album veröffentlicht. Sind im Budokan aufgetreten.“ Kyo bekam eine Gänsehaut, wenn er an die Halle dachte und die Menschenmassen darin. Wie sie mitgesungen und ihre Körper zu der Musik bewegt hatten. „Die Auftritte sind wirklich erinnerungswürdig gewesen.“ Sofort kniff er die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. „Entschuldige. Ich wollte das nicht sagen.“

Ein wenig geknickt sah Shinya schon aus, aber er versuchte den Kopf zu schütteln.

„Schon gut. War doch keine Absicht. Wäre aber doch schon toll, wenn mir das wieder einfallen würde.“

Grinsend wandte sich Toshiya ihm zu, spielte erneut mit den Fingern der rechten Hand. „Wir können bei Gelegenheit gemeinsam die DVDs von damals ansehen. Vielleicht hilft dir das.“ Zuversichtlicher konnte er schon gar nicht mehr klingen.

Aber es beruhigte Shinya, gab ihm ein Stück Kraft. Davon würde er noch viel brauchen in der nächsten Zeit.

„Vielleicht.“ Einen Versuch war jede noch so kleine Hilfe wert. „Kyo?“ Seine Augen suchten ihre Gegenstücke.

„Hm?“

„Würdest du meine Hand nehmen und....“

Ohne zu zögern ging der Gefragte dem ersten Teil der Bitte nach, betrachtete den anderen Mann und wartete geduldig auf den nächsten Teil.

Leise und etwas beschämt: „Ich möchte die Flecken an deinem Hals berühren.“ Sein Gesicht gewann mehr an Farbe und er senkte den Blick. „Frag nicht nach dem 'Warum?'. Ich we-“ Er unterbrach sich, denn er spürte eine intensive Wärme unter seinen Fingerspitzen.

Langsam ließ der Sänger die Finger des Jüngeren über seine Haut streichen. Genoss diese Berührung. Seine Augen schlossen sich und er neigte den Kopf. Von dem Liebsten berührt zu werden war immer etwas Schönes.

„Ich... kann kaum glauben, dass du auch schon welche von mir getragen hast.“

Lachend warf der Bassist ein: „Wir haben schon Knutschflecken von den anderen getragen, die waren an Stellen... Um die zu verstecken bedurfte es keinen großen Aufwand.“

„Nani?“

„Toshiya“, tadelte der Sänger sanft. „Überfordere seinen schläfrigen Kopf nicht mit so vielen Andeutungen.“ Vorsichtig strich er dem Jüngsten über den selbigen. „Der ist noch so auf Schlafen eingestellt.“

Der Drummer schmollte ein wenig. „Ihr verheimlicht schon wieder Dinge vor mir.“

Der Bassist schaute nachdenklich zur Decke, schüttelte dann langsam den Kopf. „Wir verheimlichen nichts. Wir packen sie nur in ein paar Umschreibungen, damit du nicht gleich ein Kopfkino entwickelst und du etwas verschreckt wirst.“

Umschreibungen? Verschrecken? „Ihr macht mich nur noch verwirrter.“

„Wir-“

„-erklären es dir später. Den Satz habe ich seit gestern schon mehrfach gehört.“ Beleidigt wandte er den Kopf zur Seite. Er hatte ihn jetzt schon über.

„Das ist doch nur, weil wir -“

„- dich schützen wollen“, beendete der Drummer auch diesen Satz, schmollte noch mehr. „Ich will nicht beschützt werden. Ich will meine Erinnerungen zurück. Es ist beschissen zu wissen, dass man einen Teil seines Lebens verloren hat.“ Seine Stimme wurde leiser und er musste mehrfach blinzeln. „Und ihr wollt mich auch noch absichtlich im Dunkeln lassen. Das ist so gemein von euch.“

Betroffen biss Kyo sich auf die Unterlippe, sah zu seinem Partner, der ihm gegenüber saß und den selben Ausdruck im Gesicht hatte. Mit ihrem Verhalten hatten sie ihn wirklich schützen und nicht verletzen wollen.

„Das... wollten wir nicht, Shinya. Wir möchten dir helfen. Möchten dich nicht nur als Freund, sondern auch als Partner wieder bei uns haben.“ Sanft legte Toshiya seine warme Hand auf die schmale Brust des Liegenden, direkt auf dessen Herz. „Wir möchten unsere Plätze da drin wieder haben. Aber weil wir uns erinnern, wie schwer es damals war, zu unseren Gefühlen zu stehen, wollen wir dich nicht gleich mit allen Details belagern. Jetzt haben wir dich schon damit überrumpelt, dass du eine Beziehung führst. Mit uns. Uns beiden. Da dachten wir, dass wir dir besser alles nach und nach erzählen.“

Kyos tätowierte Hand hatte sich währenddessen dazu gelegt. „Tut uns Leid.“

Noch immer mochte Shinya keinen der beiden ansehen. Die Ehrlichkeit in Kyos Entschuldigung konnte er aber spüren. „Ich hab.... doch im Moment nur das Denken. Nur das Denken“, flüsterte er. „Ich brauche jeden nur erdenklichen Anstoß für meine Erinnerungen.“ Wirklich jeden.

Schweigen legte sich über die drei Männer. Unangenehm und drückend.

Langsam beugte sich der Sänger hinab auf die zerbrechliche Brust seines Partners, lauschte dessen Herzen. „Wir werden dir Stück für Stück von unserer Liebe erzählen. Dir alles berichten, damit dies hier nicht mehr schmerzen muss.“

„Versprochen.“

So gerne wollte der Drummer ihnen glauben. Wollte ihrem Versprechen glauben.

Es klopfte an der Tür. Eine Schwester kam herein, um sie, wie üblich, darauf hin zu weisen, dass sie gehen mussten.

„Wir sind morgen wieder hier. Und verraten dir weitere Details“, versprach Toshiya, lächelte zuversichtlich.

Der Kleinere hingegen wagte es, dem Liebsten noch einen Kuss auf die Wange zu gegen. „Wir werden auch fleißig mit dir üben.“ Seufzend lehnte er seine Stirn gegen die Schläfe des Jüngeren. „Ich liebe dich. Das ist die Wahrheit.“
 

Sobald die Tür hinter ihnen zu gefallen war, tat ihm alles Leid, was er eben gesagt und getan hatte. Sie waren verletzt, bestimmt. Doch er durch ihr Verhalten ebenfalls. Mühsam setzte er die Teile ihrer Gespräche wieder zusammen.

'In der Hitze des... Gefechts.'

Was sollte diese Anspielung? Man küsste sich nicht in einem Gefecht. Es war ein Streit. Oder nicht? Sie hatten sich aber nicht verhalten, als wenn sie eine Auseinandersetzung gehabt hätten. Küsse am Hals. Flecken. Kyo und Toshiya hatten so andächtig darüber gestrichen und dabei verliebt und vertraut angesehen.

'...von einem liebeshungrigen, anschmiegsamen und sehr sexy aussehendem Etwas...'

Dabei hatte Toshiya den Freund in seinem Arm angesehen. Mit einem Glitzern in den Augen, welches von Leidenschaft inspiriert war. Ein Gefecht mit einem liebeshungrigen, sexy Etwas? Liebeshungrig. Über das Wort stolperten seine Gedanken. Ein Gefecht aus Liebe... Was konnte-?

Schlagartig riss er die Augen auf, seine Atmung stoppte, sein Gesicht wurde heiß. Hätte er mal nicht so viel nachgedacht. Jetzt wusste er, worauf sie angespielt hatten.

Und unwillkürlich stellte er sich vor, wie das ausgesehen haben könnte.



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