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Bend, not Broken

von

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"Weil wir dich lieben."

Still.

Das wäre das erste Wort, wenn Shinya sein Zimmer beschreiben müsste. Es war furchtbar und beklemmend still. Durch sie und durch seinen gelähmten Körper war er dazu verdammt sich mit sich selbst und seinen Gedanken auseinander setzen zu müssen. Die traurigen Blicke seiner Freunde. Die waren nicht einfach nur, weil er ein paar Jahre vergessen hatte. Es war noch etwas anderes dabei, über dass aber keiner von Beiden reden mochte. Warum ließen sie ihn so im Ungewissen?

Und warum war er nur schon wieder so müde? Wo er doch schon so lange geschlafen hatte.

Fünf Jahre. Wie konnte sein Kopf so viel Zeit vergessen? So viele, vermutlich wunderbare Erinnerungen, welche nun einfach ihre Anbindung an sein Gedächtnis verloren hatten. Die und Kaoru würden denselben traurigen Ausdruck auf ihren Gesichtern haben, wenn sie es erfuhren.

Die schweren Lider bedeckten seine Augen und brachten ihn ein Stück näher an den Schlaf. Er kam nicht dagegen an. Und es ärgerte ihn, dass er nicht schaffte.
 

Alles war dunkel, als Shinya das nächste Mal die Augen öffnete. War wohl noch mitten in der Nacht.

'Sobald du wieder wach bist, sind wir auch fast schon wieder da.'

Das waren Kyos Worte gewesen. Hoffentlich dauerte dieses 'fast' nicht mehr allzu lange. Gerne wollte er auch die beiden Gitarristen sehen, doch nach Kyo und Toshiya hatte er gerade deutlich mehr Sehnsucht.

„Merkwürdig“, murmelte er und starrte zur Decke. Tief hörte er in sich hinein, auf der Suche nach einem Punkt in seinem Körper, den er nicht nur wahr nahm, sondern auch in irgendeiner Form beherrschen konnte. Leider verlief seine innere Suche erfolglos. Ein äußerst deprimierendes Ergebnis.

Die roten Augen des Sängers erschienen ihm. „Warum hast du geweint?“ Diese neue Erinnerung tat beinahe mehr weh, als der Verlust der alten. Und was hatte er bei ihrer Verabschiedung noch tun wollen? Er hatte sich herunter beugen wollen, um etwas zu tun, es sich dann aber anders überlegt. Er musste ihn ganz dringend fragen. Doch vorher musste er irgendwie diese Stille und die Bewegungslosigkeit vertreiben. Sie machten ihn wahnsinnig. Gleichzeitig war er sich aber auch bewusst, dass er machtlos war. Furchtbar machtlos. Mehr als seine Augen und seinen Mund konnte er nichts an sich bewegen. Das war zum Kotzen. Jemanden zum Reden, den brauchte er. Dieses Alleine sein war eine Qual für seine Seele.

„Kommt her, meine Freunde. Schnell.“
 

So langsam kam wieder Leben in den kunstvoll verzierten Körper. Glücklich seufzend kuschelte er sich näher an den warmen Körper neben sich, schlang einen Arm um dessen Taille und ein Bein schob sich zwischen die seines Freundes. Er war noch da. An seiner Seite. Zusammen mit seiner Liebe, wie er ihm gestern Abend so eindrucksvoll bewiesen hatte. Jetzt fehlte nur noch der warme Körper, welcher sich sonst zusätzlich an seinen Rücken schmiegte. Wie würde Toshiya mit seiner positiven Art jetzt sagen? Das würde noch werden. Mit noch ein wenig mehr Geduld würden sie ihren Normalzustand schon wieder erreichen.

Kyo hoffte, dass er ihrem Liebsten würde gegenüber treten können, ohne gleich wieder in Tränen ausbrechen zu wollen oder irgendeine unbedachte Handlung ausführen konnte. So wie gestern, wo er ihn beinahe geküsst hätte, weil er es gewohnt war.

Zaghaft öffnete er seine Augen, betrachtete das schlafende Gesicht, welches er liebte und für dessen Anblick er in diesem Moment unheimlich dankbar war. Sanft strich er mit zwei Fingern über den Unterkiefer seines Schatzes, was ein kleines Lächeln auf dessen Lippen hervor rief.

„Ich liebe dich“, flüsterte Kyo. Nur einen Wimpernschlag später wurde er in die Kissen gedrückt und empfing einen heißen Kuss, der ihn mit der Hitze ansteckte. Eng zog er den schlanken Körper Toshiyas an sich, strich ihm über den Rücken.

„Guten Morgen“, säuselte der Bassist verliebt.

„Guten Morgen“, hauchte Kyo und holte sich noch einen Kuss. Dieser Tagesbeginn war trotz aller Probleme wirklich ein 'Guter'. Wenn nicht sogar der Beste seit Wochen.

„Wollen wir heute mal ein wenig länger liegen bleiben? Einfach noch ein wenig faul sein.“

„Klingt verlockend“, schnurrte der Sänger, kraulte dem schönen Mann über sich den Nacken. „Doch wir haben unserem Liebsten zugesagt so bald wie möglich wieder bei ihm zu sein.“

Seufzend legte sich der Jüngere auf ihm ab. „Ja, haben wir.“ Glücklich schmatzend machte er es sich auf dem Kleineren bequem. „Hier ist es nur so unheimlich gemütlich.“

„Ach, du.“ Liebevoll strichen die tätowierten Finger durch das dunkle Haar. „Ich will ihn nur nicht enttäuschen.“

Erneut seufzte der Bassist. „Jetzt hab ich wegen dir ein schlechtes Gewissen.“ Sich links und rechts von Kyo abstützend, drückte er sich hoch und sah seinem Freund tief in die braunen Augen. „Dann machen wir uns mal fertig.“
 

Ein wenig mulmig war ihnen beiden dann doch, als sie wieder vor Shinyas Zimmertür standen. In den letzten Tagen war es ihnen dann doch irgendwie einfacher gefallen.

Toshiya atmete einmal tief durch. „Wir packen das.“ Sein Blick ging zu Kyo neben sich. „Wir haben uns“, flüsterte er und erhielt ein Nicken von dem Kleineren.

„Wir haben uns“, erwiderte er und legte im nächsten Moment seine Hand an die Türklinke. Heute morgen hatte er selbst noch gesagt, dass sie es ihm versprochen hatten. Bevor er es sich irgendwie anders überlegen konnte, betätigte er den Griff und ließ sie Beide hinein.

Ihr Freund lag noch immer dort, wo sie ihn gestern zurück gelassen hatten. Von einer Verlegung war bisher aber auch noch nicht die Rede.

„Da sind wir wieder.“ Kyo versuchte sich an einem Lächeln, hatte auch das Gefühl, dass es ihm gelang.

In den Augen des Jüngsten konnte man regelrecht sehen, wie der freudige Glanz in ihnen eingeschaltet wurde. Ihr Besuch schien erwartet worden zu sein. Sehnlichst.

„Endlich“, kam es gehaucht von dessen Lippen.

Die beiden Besucher stellten sich links und rechts vom Bett auf.

„Wie fühlst du dich heute?“

Sofort verschlechterte sich die Laune des Patienten. „Schläfrig. Und Gefangen.“

„Beides wird vergehen.“ Mit eine zuversichtlichen Lächeln setzte sich der Größte unter ihnen aufs Bett und nahm die Hand des Freundes in seine. Munter wackelte er mit jedem einzelnen von dessen Fingern. „Nach und nach werden die alle hier wieder tun, was du willst.“

„Genau, wie die hier drüben.“ Leicht lächelnd tat der Sänger es seinem Partner gleich, musste gegen den Drang kämpfen die Hand in seiner zu küssen. Zur Ablenkung spielte er mit den zarten Gliedmaßen, bog jeden einzelnen mehrfach der Handfläche entgegen. Anschließend massierte er alle Finger ein wenig.

Begeistert von Kyos Tun beschäftigte sich der etwas Jüngere ebenfalls auf diese Weise mit der Hand, die er hielt.

„Wie fühlt sich das an?“

„Merkwürdig. Als ob sie nicht zu meinem Körper gehören.“

„Tut es denn weh?“

Shinya wandte seinen Kopf von Toshiya zu dem Blonden. „Nein.“

„Dann ist es gut. Und wir können weiter machen. So merken deine Muskeln hoffentlich, dass sie da sind und wachen auf.“ Wie ein kleiner Schuljunge grinste der Bassist und spielte munter mit der Hand seines Liebsten.

„Hast du...zumindest gut schlafen können?“, erkundigte sich der Sänger, schluckte seine Sorgen und seine Trauer dabei erneut hinunter.

„Erst.. wollte ich nicht. Mir ging auch noch viel zu viel durch den Kopf. Aber als ich eingeschlafen war, war es ein sehr tiefer Schlaf.“

„Das lag wohl noch an den Resten der Medikamente, die dein Körper noch abbauen muss.“ Zuversichtlich beschäftigte sich der junge Mann auf der rechten Seite des Bettes mit seiner gewählten Aufgabe, ließ die ganze Hand ein wenig kreisen.

Kyos Bemühungen wurden indes weniger. Lange sah er den Drummer an. „Was ging dir alles durch den Kopf?“ Es waren eindeutig schwermütige Gedanken, die er gehabt haben musste und auch jetzt noch in sich trug. Wenn es um trübe Gedanken ging, war er Experte. „Du kannst es uns sagen. Wir sind schließlich deine Freunde. Oder hast du kein Vertrauen mehr in uns?“

Shinya zögerte, was die anderen beiden Männer ein wenig nervös machte. „Ich... weiß nicht.“

Geschockt sah Kyo ihm in die Augen. Das meinte er doch nicht so, oder?

„Ihr habt mir gestern einiges verschwiegen.“

„Weil wir dich nicht überfordern wollten, mit so vielen Informationen“, verteidigte Toshiya ihr Verhalten.

Doch der Liegende ignorierte diesen Einwand, erwiderte stattdessen den Blick des Kleineren. „Deine Augen waren rot. Und in deinem Gesicht war mehr Trauer, als Freude. Außerdem“, er sah zu seiner Hand, welche liebevoll in denen Kyos lag, „habe ich gestern deutlich gespürt, dass du dich verstellt hast. Ich weiß nicht, warum, aber ich bin mir in dem Punkt sehr sicher. Was wolltest du gestern, bei eurem Abschied, noch tun?“ Er musste es wissen. Es war immerhin einer der Hauptgründe für seine Ruhelosigkeit gewesen. „Sag es mir, bitte. Und sag die Wahrheit.“

Beschämt hatte Kyo den Blickkontakt abgebrochen. Was sollte er sagen? Wie viel sollte er sagen? Zu viel wollte er auch nicht Preis geben, um ihn nicht zu verunsichern. Nicht für noch mehr Fragen und trübe Gedanken sorgen.

„Kyo. Bitte. Ich will es wissen.“

Doch er schwieg. Weil er nicht weiter wusste. „Ich hatte dich....“, was sagte er nur?, „nur umarmen wollen. Wie wir es sonst auch immer tun.“ Ja, das war gut. Aber auch glaubhaft genug?

„Und das... hat dich zögern lassen?“ Eingehend betrachtete Shinya dessen Mimik. „Was hätte ich dagegen haben sollen?“ Nein, da lag noch mehr hinter. Und wenn es nur das gewesen war, warum dann so ein Geheimnis draus machen? „Was war es wirklich?“

Seufzend blickte Toshiya zu Kyo. „Tu es. Zeig es ihm.“

„Bist du dir sicher? Ich dachte, wir wollten es ihm erst später...“ Unsicher flog der Blick des Sängers zwischen seinen beiden Freunden hin und her. „Ich weiß nicht.“

„Kyo, bitte“, redete der Jüngste auf ihn ein. „Ich habe einen Teil meines Lebens vergessen. Wenn dein Verhalten etwas mit diesen verlorenen Jahren zu tun hat... Vielleicht kann es mir dabei helfen mich zu erinnern. Und wenn es nur an ein paar Kleinigkeiten ist. Bitte, meine Freunde. Ihr müsst mir mehr erzählen, müsst ehrlich zu mir sein. Sonst schaffe ich es nicht. Schaffe gar nichts.“ Er war den Tränen nahe, weswegen er die Augen schloss. Im nächsten Augenblick öffnete er sie aber schon wieder, spürte er doch etwas über seine Wange streichen. Es war Kyos Hand, die ihn da so zärtlich liebkoste. Wenige Sekunden später näherte er sich ihm langsam und küsste ihn auf die Stirn.

Vollkommen verwirrt starrte er den Sänger an, als er einen weiteren Kuss auf seinem rechten Handrücken vernahm.

„Warum?“, fragte er die beiden Männer, sah abwechselnd jeden von ihnen an.

„Weil wir dich lieben.“

Der Sänger legte sich die dünnen Finger an die Wange, schmiegte sich an die Handfläche. Sie war nicht so warm wie sonst, aber es war die Hand seines Liebsten. Genießend schloss er die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass sich eine Träne aus seinen Augen löste.

Fasziniert verfolgte Shinya die feuchte Spur, die sie zog. Konnte das-? Nein, keine Lüge. So etwas konnte man nicht vortäuschen. Mit so etwas erlaubte man sich keinen Spaß. Sein Blick ging zum Bassisten. Er sah in dessen Augen und seiner Mimik ebenfalls Liebe, ein wenig Mitleid und Scham, wohl weil sie es vor ihm hatten verheimlichen wollen. Sie... liebten ihn. Mehr als nur freundschaftlich.

„Und ich... habe euch...?“

„Hai“, hauchte Toshiya, küsste wieder sanft den Handrücken.

DAS hatte er also vergessen. Nicht einfach nur das Weltgeschehen, Dinge, die ihre Band betrafen und so weiter. Er hatte vergessen, dass er liebte und geliebt wurde. Wobei ihn gerade doch ein wenig schockierte, dass er allem Anschein nach zwei Personen liebte. Dann auch noch zwei seiner besten Freunde. Seiner besten MÄNNLICHEN Freunde.

„Und das klappt?“, fiepte er überrascht. Noch immer ein wenig skeptisch wanderte sein Blick von rechts nach links.

„Ja, tut es. So gut, dass Kaoru heute noch immer neidisch darauf ist.“ Ein kleines Lächeln huschte wieder über Kyos Gesicht. „Wir haben dich so sehr vermisst.“

„In mehrfacher Hinsicht“, ergänzte der Jüngere, schmunzelte.

„Was heißt...mehrfach?“

Der Sänger nahm auf dem Bett Platz, legte sich die Hand des Freundes auf den Schoß, um noch ein wenig mit den Fingern spielen zu können. „Nun, in erster Linie als unser bester Freund. Wir kennen uns schließlich schon so lange. Und natürlich als unser Gefährte.“ Mit geröteten Wangen senkte er den Kopf. „Vor allem als Gefährte.“

Toshiya, auf der anderen Seite des Bettes, nickte zustimmend.

„Ihr habt wirklich all die Zeit hier an meiner Seite gesessen, während ich...?“

„Hai, die ganze Zeit.“

„Weil ihr mich..?“

Toshiya beugte sich vor und küsste Shinya auf die süßen Lippen. Wie sehr er dieses Gefühl doch vermisst hatte

„Genau. Weil wir dich lieben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ScarsLikeVelvet
2016-07-13T08:35:55+00:00 13.07.2016 10:35
*schnüff* *mit taschentüchern bewaffnet hier hock*
Gott ... das ist so sweet
Ich freu mich so, dass sie Shin das gesagt haben
Antwort von:  Cookie-Hunter
14.07.2016 23:29
So sweet, dass Kaoru bestimmt wieder eifersüchtig wäre, wenn er es miterlebt hätte ^^;
*noch ein paar Taschentücher rüber schiebt*
Sie wollten es beim Tippen einfach. Also hab ich sie machen lassen. Manchmal wissen meine Figuren einfach, was gut ist und was sie wollen ;)
Antwort von:  ScarsLikeVelvet
15.07.2016 01:26
Oh das kenn ich nur zu gut, wenn die sich verselbstständigen ... aber gerade das macht am meisten Spaß finde ich ^^


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