Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 58: Einen Schritt der Konfrontation ------------------------------------------- Die Stimmung am Tisch ist relativ ausgelassen beim Abendessen. Die Jungs wollten Mokuba aufmuntern und hatten sich dazu entschieden Burger und Pommes selbst zu machen. Tatsächlich schmecken die selbstgemachten Burger wesentlich besser, als die Industrieburger von Burger World. Selbst Isono schmeckt sein Burger gut und allein diese Bild, wie der Anzugträger da sitzt und in den Burger beißt, zaubert mir ein fettes Grinsen aufs Gesicht. Das sind so zwei Dinge, die in meinem Kopf gar nicht zusammen passen: Anzug und Burger! Der einzige, der wieder äußerst zurückhaltend beim Essen ist, ist mein Drache. Immer wieder lässt er Teile seines Essens in der Stoffserviette verschwinden und versucht damit darüber hinwegzutäuschen, dass er kaum was runter bekommt. Ich verstehe nicht, welches Problem er mit westlichen Mahlzeiten hat. Warum tut er sich dabei immer so schwer oder verweigert sie gar komplett? Ich bin mir sicher, dass dieses Verhalten einer Erfahrung mit Gozaberu geschuldet ist. Vielleicht... sollte ich ihn mal danach fragen... in einem passenden Augenblick. Aber vielleicht... war es heute auch einfach nur zu viel Stress, der ihn immer noch belastet, und seinen Magen extrem empfindlich sein lässt. Langsam klingt das Abendessen aus und Isono schickt sich an doch zu gehen. Ich bin froh, dass er zum Essen geblieben ist und vor allem, dass ich die Chance hatte, vorhin einige Worte mit ihm zu wechseln. Als ich heute Nachmittag erkannt habe, dass er voll im Bild rund um Seto ist, wallte in mir Wut und Unverständnis auf. Wieso hat er damals nichts getan, um meinen Drachen zu retten? Am liebsten hätte ich ihn am Kragen gepackt, gegen die Wand gestoßen und geschüttelt. Doch während des Umzuges hab ich ein wenig darüber nachgedacht und habe erkannt, dass jedes Eingreifen von Isono's Seite aus dazu geführt hätte, dass der alte Kaiba ihn rausgeworfen hätte. Dann hätte er den beiden nicht mehr helfen können. Und von Seto weiß ich, wie sehr sich Isono gerade um ihn gekümmert und ihm sogar das Leben gerettet hat. Also begleite ich ihn zur Haustür, während die anderen dabei sind, dass Chaos vom Kochen und Essen aufzuräumen. Isono ist überrascht, dass ich ihn zur Tür begleite und noch mehr davon, als ich ihm meine Hand hinhalte. Zögerlich schüttelt er sie mir, bevor er das Haus verlässt. Dieses Mal steigt er in seinen Wagen und fährt direkt los. Anders, wie bei seinem ersten Versuch vorhin, nach Hause zu fahren. Da hab ich erkannt, dass ihn das alles selbst sehr mitnimmt und innerlich immer wieder zerreißt, beziehungsweise er sich selbst große Vorwürfe macht, weil er so lange nicht aktiv werden konnte, um Seto zu helfen. Als ich in die Küche zurück komme sind Seto und Honda dabei ein paar Sachen abzuwaschen, die nicht mehr in die Spülmaschine gepasst haben. Honda bemerkt mich kurz und nickt mir zu, dass alles in Ordnung ist. Die beiden scheinen sich tatsächlich zu unterhalten. Ich muss schmunzeln. Mein Drache taut langsam gegenüber den anderen auf, auch wenn ich keine Ahnung habe, worüber sie reden. Aber ich will diesen Moment nicht stören und zieh mich leise wieder zurück. Im Wohnzimmer sitzen Yugi und Otogi und zocken Street Combat. Sie halten mir einen dritten Controller hin, doch ich lehn ab. Frage, wo Mokuba abgeblieben ist. Otogi zuckt mit den Schultern, während Yugi sich halb umdreht und mir mit einem Nicken signalisiert, dass der Kleine wohl Richtung Bibliothek abgehauen sei. Otogi nutzt die Gelegenheit, dass Yugi abgelenkt ist, und verpasst dessen Figur den Todesstoß. Sofort dreht Yugi sich um und lacht über seinen Fauxpas. Das ist eben Yugi, selbst in der Niederlage eine Frohnatur, wie sie im Buche steht! Also verlass ich das Wohnzimmer wieder und lass die beiden ihren Kampf in Ruhe in die nächste Runde tragen. Tatsächlich find ich Mokuba in der Bibliothek. Er sitzt mit an die Brust gezogenen Beinen, um die er seine Arme gelegt hat, auf der Ledercouch im Landhausstil und blickt aus dem großen Fenster in die Dunkelheit. Es hat wieder angefangen zu schneien und die Flocken tanzen gemütlich am großen Fenster vorbei. Der Kleine sieht erschöpft aus und wirkt mutlos. Also geh ich zu ihm und setz mich wortlos neben ihn. Es dauert keinen Moment, bis Mokuba etwas näher an mich ran rückt. Sanft leg ich ihm die Hand in den Rücken. Spüre das seichte Beben, das sich noch nicht ganz zu seinem Zittern entwickelt hat. Vorsichtig zieh ich ihn an mich und als sein Kopf an mir lehnt kann er seine Tränen nicht mehr zurück halten. Auch für ihn war dieser Tag mehr als anstrengend. Ach was, nicht nur dieser Tag... die letzten drei Wochen haben ihn viel Kraft gekostet! Sanft streich ich ihm über den Rücken. Nach einer kleinen Weile hört er auf zu weinen und blickt mich dankbar mit großen Augen an. Ich lächle ihn milde an und streich ihm eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht hinters Ohr. Dann seufzt der Kleine schwer und wendet seinen Blick wieder aus dem Fenster, während er immer noch an mir lehnt und meine Hand auf seiner Schulter ruht. Dann hör ich ihn nach mir fragen. Ich wende meinen Blick nicht vom Fenster ab und brumme nur kurz fragend. Doch es kommt erstmal nichts von Mokuba. Erst nach einer weiteren Weile holt der Kleine Luft und blickt zu mir. Jetzt lös auch ich meinen Blick vom Fenster und schau ihn an. Eine Träne löst sich wieder aus seinem Auge und ich wisch sie ihm sanft weg. Ganz leise erzählt mir Mokuba schließlich, dass er immer wieder diese Bilder aus seiner Erinnerung sieht, wenn er die Augen schließt. Vor allem das Bild von Gozaberu, der seinen Bruder ... ihm versagt die Stimme. Ich schätze, er kann genauso wenig, wie sein Bruder, das Kind beim Namen nennen! Meine Hand ruht weiterhin auf seiner Wange. Aber es war klar, dass er an dieser Erinnerung zu knabbern hat. Ich frage den Kleinen, ob ich nächste Woche mal meinen Psychologen hierher einladen darf, damit er mit ihm darüber sprechen kann. Moki blickt mich mit großen Augen an und weiß nicht, was er antworten soll. Sicherlich kennt er Seto's Abneigung gegen Psychologen und seine Einstellung dazu. Doch auf der anderen Seite scheint sich Mokuba darüber bewusst zu sein, dass er jemand braucht, der ihm fachlich helfen kann. Schließlich nickt er zustimmend. Wieder versuch ich ihn aufmunternd anzulächeln. Er wendet seinen Blick wieder auf das große Fenster. Jetzt fühl ich mich ein wenig unbehaglich. Ich muss den Kleinen etwas fragen, weiß aber nicht genau wie. Schließlich entscheide ich mich für die direkte Art und Weise. Behutsam und vertraulich frag ich ihn schließlich, ob Gozaberu sich jemals ihm genähert hat. Sofort blickt er mich mit großen, überraschten Augen an und schüttelt den Kopf. Ich streich ihm erleichtert über seine Mähne und lächle nur wieder sanftmütig, während ich ein 'Gut' von mir gebe. Moki gähnt und lehnt sich wieder an mich. Ja, der Tag hat auch ihn ziemlich viel Kraft gekostet. Also frag ich ihn, ob wir nicht lieber hoch gehen wollen, dann könnte er sich hinlegen. Ich muss grinsen, als ich seinen Missmut über den Vorschlag, bereits jetzt kurz vor acht, ins Bett zu gehen in seinem Gesicht ablesen kann. Er streckt sich und meint, er geht noch ein wenig mit den anderen zocken oder einen Film schauen. Ich nicke ihm zu und steh auf. Er macht es mir gleich und wir verlassen gemeinsam die Bibliothek. Während Mokuba ins Wohnzimmer zu den anderen geht, in dem sich mittlerweile auch Bakura und Honda eingefunden haben, werf ich noch einmal einen Blick in die Küche. Alles sauber, aber kein Seto. Ich werf noch einen Blick ins Wohnzimmer, doch auch hier ist kein Seto. Mit einem Gähnen wünsch ich allen eine gute Nacht, bevor ich dann in den Gang zum Büro meines Drachens geh. Doch sein Büro, wie auch der zugehörige Waschraum, sind leer. Im Waschbecken liegen immer noch die Scherben des Spiegels. Ich nehme den Hygieneeimer und werfe die Scherben weg. Auch auf dem Boden schau ich mich um, aber scheinbar sind wirklich alle Scherben in das Waschbecken gefallen. Wieder frag ich mich, ob mein Drachen den Spiegel im Affekt ohne Hintergedanken zerschlagen hat oder mit der Absicht, sich ein geeignetes Werkzeug für eine Dummheit zu beschaffen. Er meinte vorhin, er habe kurz vor einer Dummheit gestanden, doch ihm wäre klar geworden, dass es Menschen gibt, die ihn nicht verlieren wollen und das habe ihn abgehalten. War das wirklich so? Oder hatte er Isono und mich reinkommen gehört und sein Vorhaben verworfen, weil er erkannt hat, dass wir ihn rechtzeitig finden und wieder retten würden? Nachdem ich die Scherben weggeworfen habe mach ich mich auf den Weg in das obere Stockwerk. Ganz in Gedanken versunken nehm ich den gewohnten Weg und stell erst im dunklen Zimmer fest, dass ich falsch bin. Also dreh ich um, stoße mit der Schulter an das Regal, dass hier an der Stirnseite des Ganges steht, und schlurfe den ganzen, langen Gang zurück zur Treppe und dann in den anderen Flügel. Dieses Herrenhaus ist so überdimensioniert. Wer könnte jemals soviel Platz brauchen? Wozu braucht man so viele Zimmer, wenn man kein... ich weiß auch nicht... Internat oder Wohnheim führt? Alles ist akkurat symmetrisch. Endlich erreiche ich das Ende des Gangs und öffne die Tür an der Stirnseite. Ich halt kurz inne und blicke den Gang zurück, aus dem ich eben gekommen bin. Wenn dieses Haus symmetrisch ist... wieso gibt es in dem anderen Flügel an der Stirnseite kein Zimmer, dass als Spiegelbild zu diesem dient? Mental schlag ich mir mit der Hand an die Stirn und schüttel den Kopf. Was mir wieder für Gedanken durch den Kopf gehen. Daran erkenn ich immer, dass ich müde bin... wenn ich anfang hinter jeder Kleinigkeit eine kleine Verschwörung zu vermuten. Ich durchquere das dunkle Vorzimmer... Zwischenzimmer - keine Ahnung, wie ich diesen Teil nennen soll - Eingangsbereich und öffne die nur angelehnte Tür, die in das eigentliche Schlafzimmer führt. Dort brennt, wie erwartet, seichtes Licht. Auf dem Bett sitzt mein Drache und wirkt irgendwie traurig und verloren. Sicherlich lässt er gerade seinen Tag Revue passieren und ist daran hängen geblieben, dass Mokuba von dem weiß, was Gozaberu ihm angetan hat. Er wollte nie, dass sein jüngerer Bruder davon erfährt, dass weiß ich! Doch er muss eben jetzt einsehen, dass es nicht zu vermeiden war und er jetzt mit dieser Situation klar kommen muss. Langsam schließe ich die Tür hinter mir und geh zu ihm. Bei ihm angekommen, geh ich in die Hocke und blicke zu ihm auf. Es dauerte einen Moment, bis er aus seinen Gedanken in das hier und jetzt zurück kommt und mich anblinzelt. Ich lächle ihn sanft an und leg ihm eine Hand auf die Wange. Er erwidert mein Lächeln schwach, bevor ich wieder aufstehe. Jetzt schaut er zu mir auf, bevor er seine Arme um meine Taille schlingt und mich an sich heran zieht, um sein Gesicht an meine Brust zu drücken. Ich hör ihn laut aufseufzen und bemerke, wie er tief einatmet. Mein Drache kann schon süß sein... aber... ich muss noch etwas erledigen. Also trete ich einen Schritt zurück und Seto blickt mich überrascht an. Mein Gesicht ist wieder ernst. Er angelt nach meinen Händen, doch ich komme ihm zuvor. Ich nehme seine linke Hand in meine und heb sie an meine Lippen. Ich platziere einen Kuss in seiner Handinnenfläche, bevor ich seinen Ärmel ein Stück nach hinten schiebe und einen weiteren Kuss auf seiner Narbe platziere. Er zuckt - wie immer, wenn jemand die Narbe berührt - zusammen. Dann schau ich ihm tief in seine azurblauen Augen, die mich verwirrt und fragend anblicken. Ich leg meine Lippen kurz auf seine und streich ihm mit meiner freien Hand durch das Haar. Als wir uns wieder von einander lösen richte ich das Wort an ihn. Sage ihm, dass ich seine Gefühle verstehen und nachvollziehen kann. Dass ich den Schmerz und die Scham kenne, die mit der Offenlegung der intimsten Geheimnisse mit einhergeht. Aber die Scham darf ihn weder lähmen, seine Vergangenheit anzugehen, noch dazu treiben, seine Zukunft wegzuwerfen. Beschämt wendet er sein Gesicht von mir ab und blickt aus dem großen Fenster, als ihm bewusst wird, worüber ich rede! Ich weiß, er würde es am liebsten unter den Teppich kehren. So tun, als hätte er heute nicht mit dem Gedanken gespielt, erneut einen Versuch zu starten sein Leben zu beenden. Doch ich weiß, dass es ein schwerer Fehler ist, so etwas totzuschweigen! Es muss offen angesprochen werden. Also setze ich erneut an. Ruf ihm in Erinnerung, dass ich jederzeit für ihn da bin. Dass er zu mir kommen kann, wenn dieser Gedanke sich ihm wieder aufdrängt. Ich werde auf ihn aufpassen und vor einer Dummheit bewahren, wenn er mich lässt. Versuche ihm klar zu machen, dass schon alleine darüber zu reden, den Drang nehmen kann. Dass ich ihm gerne den Halt gebe, den er dann braucht. Er mir niemals zur Last fallen wird. Ihm nichts vor mir peinlich sein muss und er bei mir ganz er selbst sein kann! Eine Träne löst sich aus seinem Auge. Dann wendet er sich - ohne mein Zutun - wieder mir zu und nickt. Es tue ihm leid, mich enttäuscht zu haben. Sanft leg ich meine Hand an seine Wange. Sage ihm, dass er mich niemals enttäuschen kann, solange er ehrlich zu mir ist und nicht vor mir davon läuft, egal wie schmerzhaft es in dem Augenblick auch sein mag! Er nickt erneut und ich spüre, wie er jetzt mehr Nähe von mir braucht. Ich trete wieder einen Schritt näher. Bedächtig legt er seine Arme wieder um meine Taille und lehnt sich mit dem Kopf an meine Brust. Sanft streich ich ihm über sein Haar. Dann erzähl ich ihm von meinem Gespräch mit Mokuba. Von meinem Plan, nächste Woche endlich mal meinen Psychologen anzurufen und hierher einzuladen. Ich spüre, wie Seto sich anspannt. Ihm ist schon der Gedanke unangenehm, dass ein Fremder hier her kommt, der mit ihm über so etwas Schmerzliches, wie seine Vergangenheit, reden möchte. Ich sag ihm, dass auch Mokuba jemanden braucht, der ihm hilft. Seto nickt. Seine Umarmung um meine Körpermitte wird fester. Mein Drache ist mir niemals eine Last, flüstere ich ihm ins Ohr. Genauso wenig wie für seinen Bruder. Noch für Isono. Oder für unsere Freunde! Er blickt zu mir auf. Ich kann seinen Unglauben im Blick erkennen. Doch da ist noch etwas anderes. Hoffnung! Er will mir glauben... kann es aber noch nicht! Auch das werden wir noch ändern. Die Angst hinwegfegen und die letzten Ketten, die meinen Drachen binden, lösen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)