Kaiser Hidijo's Katze [Leseprobe] von Futuhiro (eine japanische Dämonensage) ================================================================================ Kapitel 1: Gemma ---------------- Meister Suruga gab ein „Ho!“ von sich und zog die Zügel an, woraufhin sein Pferd und der gesamte Karren, zum Stehen kamen. Unschlüssig blieb er noch einen Moment auf dem Kutschbock sitzen und beäugte aus sicherer Entfernung, was ihm da den Weg versperrte. Er konnte es nicht ganz einordnen. Es sah menschlich aus. Jedenfalls trug es einen schneeweißen Kimono, aus dessen Öffnungen auch Gliedmaßen herausschauten. Aber irgendwas war seltsam daran. Und das war nicht dem Umstand geschuldet, daß es da der Länge nach im Staub des unbefestigten Pfades lag und sich nicht rührte. Nach einigem Hadern sprang Meister Suruga doch hinunter auf den sandigen Weg und ging nachsehen. Ja, das war ein Mensch, der da reglos herumlag. Wohl ein Mann, an der Kürze des Haarschnittes bemessen. So sicher war er sich da noch nicht, denn die Person lag auf dem Bauch und hatte das Gesicht auch noch abgewandt. Frauen trugen ja für gewöhnlich lange Haare. Und Frauen trugen keine Samurai-Schwerter. Der Kollege hier hatte ein solches neben sich liegen. Dann war er wohl nicht überfallen und ausgeraubt worden, sonst wäre das Schwert jetzt sicher weg. Nur warum hatte er so seltsame Haare? Sie erinnerten an die Farbe von Sand oder Sonnenlicht. Er hatte noch nie einen Menschen gesehen, der keine schwarzen Haare gehabt hätte. Meister Suruga überwand seine Skepsis endlich, bückte sich herunter und drehte den reglosen Körper auf den Rücken herum. Tatsächlich ein Mann, ganz gleich ob er nun Haut wie Kreide und Haare wie Sonnenlicht hatte. Und er atmete noch. Verletzt zu sein schien er bei der ersten, groben Visite auch nicht. Kein Blut, keine offensichtlich gebrochenen Knochen. Er klatschte dem Fremden ein paar Mal sachte die flache Hand ins Gesicht, um zu sehen, ob der wieder zu Bewusstsein kommen wollte, wurde aber enttäuscht. Also zerrte er ihn umständlich hoch, warf ihn sich über die Schulter, vergaß auch das Samurai-Schwert nicht, lud ihn auf seinen Pferdekarren, und fuhr dann weiter. Er würde den Bewusstlosen erstmal mitnehmen und zu Hause weiter sehen. Hinter einem Gebüsch hockten zwei finstere Gestalten und sahen sich alles aus der Ferne an, bis der Karren – und damit auch der Kerl im weißen Kimono – aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren. „Mist, wir waren zu spät.“, stellte einer von ihnen fest. „Was machen wir jetzt?“ „Hinterhergehen und schauen, wo der ihn hinbringt.“, entschied der andere. „Halt ich für keine gute Idee.“ „Hast du eine bessere?“ Einen Moment Schweigen. „Nein.“, gab der Erste dann zu. Meister Suruga zog erschrocken die Hände weg, als sein ohnmächtiger Gast plötzlich mit einem Keuchen hochfuhr, dann stöhnend die Arme um seinen Kopf schlang und bedeutend langsamer wieder zurück in sein Kopfkissen sank. Meister Suruga hatte ihn inzwischen in seinem Haus auf einen Futon gebettet und hantierte gerade mit einem nassen Tuch aus einer Wasserschüssel an ihm herum. Fieber hatte der Kerl zwar augenscheinlich nicht, aber zumindest ein wenig vom Straßenstaub säubern konnte man sein Gesicht ja trotzdem. „Immer mit der Ruhe, bleib liegen.“, bat Meister Suruga ruhig und wusch den Lappen im Wasser aus. „Wie geht es dir?“ „Mein Kopf dröhnt.“, stöhnte der Fremde mit geschlossenen Augen. Seine Stimme klang irgendwie seltsam. Recht hoch für einen Mann, und schnarrend wie eine gespannte Bogensehne. „Ich bin Suruga Yoshii. Ich hab dich oben in den Bergen auf der alten Handelsstraße gefunden und mit hierher nach Ise gebracht. Du lagst bewusstlos mitten auf dem Weg. Aber du scheinst keine Verletzungen zu haben. Was ist passiert?“ „Ich wurde niedergeschlagen. Mit einem Hieb auf den Kopf.“, gab der Fremde bereitwillig Auskunft, die Augen immer noch fest zusammengekniffen. Meister Suruga wartete auf mehr, aber vergeblich. Der Mann sprach nicht von sich aus weiter. „Du hast eine sehr ungewöhnliche Haut- und Haarfarbe. Darf ich fragen, was du bist? Du bist doch kein Mensch, oder?“, hakte er also vorsichtig nach. Er wollte dem Mann ja nicht zu nahe treten. Aber er hatte inzwischen genug Zeit gehabt, sich den Kameraden in Ruhe anzusehen und seine Schlussfolgerungen zu ziehen. „Ich bin ein Dämon.“, beantwortete er auch diese Frage sofort und offen. Aber auch diesmal nicht ausführlicher als nötig. Es wäre ja noch ganz nett gewesen, zu erfahren, ob Akuma oder Yokai. Akuma waren downright evil, Yokai, wenn man richtig mit ihnen umging, eher harmlos. Meister Suruga entschied, daß der Kerl wohl schwerlich ein Akuma, ein Teufel, sein konnte. Er sah weder so aus, noch benahm er sich so, selbst wenn er verletzt war. Akuma waren richtig, RICHTIG miese Viecher, und machten auch keinen Hehl daraus. Und normalerweise hielten sie sich nicht in der Nähe von Menschensiedlungen auf. Der Gast blinzelte endlich die Augen auf, als hätte er seine Kopfschmerzen jetzt langsam im Griff, ließ den Blick erst durch den Raum schweifen, nahm mit auffallender Erleichtung zur Kenntnis, daß sein Schwert griffbereit neben ihm lag, und heftete ihn dann auf Meister Suruga, als würde er auf weitere Fragen oder Infos warten. Er hatte die typischen, dunkelbraunen Augen, die alle Japaner hatten, aber sie waren rot umrandet, als wären sie entzündet. „Ein Dämon. Na schön, auch gut. Du bist in meinem Haus gleichwohl willkommen.“, fühlte sich der Meister also genötigt, als Erster wieder etwas zu sagen. „Und wie darf ich dich nennen?“ „Gemma.“ „Okay, Gemma, dann ruh dich aus. Komm in meinem Haus wieder zu Kräften.“ Meister Suruga setzte ein Lächeln auf, von dem er hoffte, daß Dämonen es ebenfalls als freundliche Geste verstanden, schnappte seine Wasserschüssel und verließ das Zimmer. Er war erstaunt über sich selber, daß er diese Situation so gelassen und seelenruhig aufnahm. Immerhin bekam man es nicht alle Tage mit einem Dämon zu tun. Meister Suruga schaute im Laufe der nächsten Stunden immer mal wieder nach seinem halb-verwundeten Gast. Aber der schien die meiste Zeit zu schlafen oder sich zumindest so still zu verhalten, daß er seinen Kopf möglichst nicht bewegen musste. Schien so, als hatte er heftiger eingesteckt als gedacht. Der würde bestimmt noch ein paar Tage handlungsunfähig darnieder liegen. Meister Suruga wusste aber auch nicht so recht, wie er dem Dämon helfen sollte. Menschliche Medizin würde vermutlich kaum helfen, ihm im Zweifelsfall vielleicht sogar schaden. Also blieb ihm nur, dem Kranken Zeit zu lassen, damit er sich von selber erholen konnte. „Gemma?“, versuchte Meister Suruga auf sich aufmerksam zu machen, als er am Abend wieder einmal in dem selten belegten Gästezimmer stand. Der gelbhaarige Dämon schlug die Augen auf, als wäre er putzmunter. Geweckt hatte Meister Suruga ihn offensichtlich nicht. „Wie geht es dir?“ „Mir ist noch etwas schwindelig.“ „Kannst du schon wieder aufstehen?“ „Willst du mich rauswerfen?“, hakte Gemma unwillig nach. Meister Suruga verdrehte die Augen. „Ach, sei doch nicht so argwöhnisch. Nein, ich wollte dich fragen, ob du mit mir zu Abend essen möchtest. Du wirst doch sicher Hunger haben, oder nicht?“ Gemma zog ein 'einverstanden'-Gesicht und versuchte vorsichtig, sich aufzusetzen. Man merkte ihm allerdings deutlich an, daß er noch nicht wieder ganz Herr über seinen Körper war. Also ging Meister Suruga schließlich hin, half ihm per Hand hoch und stützte ihn auf dem Weg hinüber in seine eigenen Räumlichkeiten. Gemma pflanzte sich im Schneidersitz auf das Sitzkissen am niederen Tisch und griff sich die bereitliegenden Ess-Stäbchen. Er überschaute kurz die ebenfalls schon aufgetafelten Schalen, entschied sich für Reis und Fleisch, und mampfte los, noch ehe Meister Suruga selbst Platz genommen hatte. Er dankte weder für die stützende Hand auf dem Weg hierher, noch für das Essen. Meister Suruga nahm es mit einem amüsierten Lächeln zur Kenntnis, sagte aber nichts dazu. Dämonen hatten sicherlich andere Ansichten zum Thema Anstand und Benehmen als er. „Du bist ein Yokai, oder?“, wollte der Meister freundlich-interessiert wissen und nahm sich nebenbei selber etwas zu essen. „Hm.“, machte Gemma nur, ohne es weiter zu kommentieren. Derer gab es zwar viele, aber er erachtete es nicht als nötig, zu verraten, was genau er nun war. Meister Suruga nickte erleichtert. Wirklich kein Akuma, gut. Ein Problem weniger. „Hör zu, Gemma. Ich bin für einen Menschen schon ziemlich alt. Ich habe viel gesehen, gehört und gelernt. Aber du bist der erste Dämon, dem ich gegenüberstehe. Beziehungsweise der erste, von dem ich überhaupt höre. Ich kenne niemanden, der schonmal einem Yokai leibhaftig begegnet wäre. Ich weiß also nicht viel über dich und deinesgleichen, mir fehlt völlig die Erfahrung.“ Gemma hörte auf zu kauen und schaute ihn prüfend an, als suche er schon den verborgenen Sinn hinter dieser Aussage. „Also bitte ich dich um Nachsicht, falls ich versehentlich mal irgendwas sage oder tue, was dich beleidigt, okay? Sag mir einfach nur ganz in Frieden Bescheid, wenn dir etwas missfällt, damit ich das in Zukunft nicht mehr wiederhole.“ Der Dämon schaute ihn weiter mit undeutbarem Ausdruck aus seinen rot entzündeten Augen an und sagte nichts. Er schien sich irgendwie veralbert vorzukommen. „Ist das ... in Ordnung für dich? Es ist mir wirklich daran gelegen, gut mit dir auszukommen, weißt du?“, fuhr Meister Suruga also fort. Er hatte eine geradezu buddhistische Gelassenheit, auch wenn er hier mit völlig Unbekanntem konfrontiert war. Aber eine Antwort wäre doch mal irgendwie schön. „Ist in Ordnung.“, bemerkte Gemma etwas befremdet. „So schaust du aber nicht ...“ „Ich bin es nicht gewohnt, daß jemand in diesem Ton mit mir spricht.“ In diesem Ton?, dachte der Meister erschrocken. War er zu unhöflich gewesen? „Von meinem letzten Herrn bin ich behandelt worden, als wäre ich kaum soviel wert wie Vieh.“, erzählte Gemma und schob sich noch etwas zu essen in den Mund. „Es ist neu für mich, daß mir mal jemand mit Achtung begegnet.“ „Du standest also in den Diensten von jemandem? Darf ich fragen, wo du her kommst und was passiert ist?“ Nun stellte Gemma seine Schale und die Stäbchen beiseite. „Morgen vielleicht. Wenn es genehm ist, werde ich mich jetzt zurückziehen und mich wieder hinlegen. Mein Kopf bringt mich noch um.“ Damit stand er auf und ging, wenn auch etwas unsicher auf den Beinen. Er wartete weder auf die Erlaubnis dafür, noch dankte er jetzt nachträglich für das Essen. Die Schiebetür ließ er hinter sich offen. Meister Suruga lächelte nur und aß in Ruhe weiter. Irgendwie fand er den Dämon ganz sympathisch, trotz seiner ungehobelten Art. Der nächste Nachmittag. Die beiden düsteren Gesellen lungerten nun schon über einen Tag in dieser Gasse herum. Seit gestern. Seit der Kerl den Dämon auf seinen Karren geladen und mitgenommen hatte. Direkt in dieses Haus hinein. Der eine mit Pferdeschwanz-Frisur und lila Robe lehnte mit verschränkten Armen an der Hauswand gegenüber. Der andere mit der grünen Haut hockte unschlüssig daneben. Sie behielten das Anwesen so hartnäckig wie erfolglos im Auge und langsam begann es sie zu langweilen. Die hohe, weiße Grundstücksmauer ringsherum erlaubte keinerlei Einblicke in das Geschehen. Auf dem Grundstück gab es außerdem einen großen Hund, der sofort Alarm schlagen würde, wenn man versuchte, über die Mauer zu klettern. Auch das Auskundschaften der Umgebung hatte nichts gebracht. In dieses Haus kam man nicht ohne Weiteres rein, egal wie. Bisher waren aber auch keine Dienstboten hinein oder hinaus gegangen, die man hätte abfangen können. „Es sind jetzt schon über 24 Stunden. Ich glaub, er kommt nicht wieder.“ „Ich weiß nicht. Ich hab keine Ahnung, ob wir eingreifen oder warten sollen. Da drin kann gerade alles mögliche vor sich gehen. Vielleicht pflegt man ihn nur gesund, vielleicht hält man ihn aber auch gefangen.“ „Irgendwas müssen wir aber langsam tun.“ Der mit dem Pferdeschwanz nickte. „Gut, dann tun wir was.“ Er löste sich von der Hauswand und marschierte los. Direkt auf den Eingang zu. Die Haushälterin schob die schweren Schiebetüren der Grundstücksmauer auf, als draußen jemand an der Glocke zog, um auf sich aufmerksam zu machen. Und sah sich den zwei absonderlichsten Gestalten gegenüber, die sie je gesehen hatte. Sie waren gesellschaftlich absolut nicht einzuordnen, da ihre Kleidung und ihre Frisuren allem widersprachen, was in Japan üblich war. Ähnlich wie dieser seltsame Fremde mit den hellen Haaren, den der Meister aktuell beherbergte. Aber der trug ja wenigstens noch einen Kimono. Was die hier allerdings trugen, war entweder herrschaftlich oder albern. Sie bließ die Wangen auf und ließ die Luft mit einem überforderten 'Buh' wieder fahren, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie den beiden Männern begegnen sollte. „Wir wollen den Hausherrn sprechen.“, stellte der mit dem Pferdezopf klar, ohne eine Begrüßung voraus zu schicken. „Und wer seid ihr? Seid ihr von einer fahrenden Theatertruppe, oder sowas?“, wollte die Haushälterin wissen. Anders konnte sie sich diesen Aufzug nicht erklären. „Den Hausherrn, hab ich gesagt!“ „Ist ja schon gut, ja.“ Sie wandte sich um und ging voraus, durch den Vorgarten Richtung Hauseingang. „Und wen darf ich dem Herrn melden?“, gab sie schnippisch zurück. Meister Suruga trat in die Tür, weil er die ärgerliche Stimme seiner Dienstmagd schon von drinnen mitbekommen hatte. „Hier bin ich. Wie kann ich denn helfen?“ „Wir wollen zu dem Fremden, der sich in diesem Haus aufhält.“ „Aha?“, machte der Meister nur, als ihm schlagartig einiges klar wurde. Gemma war ein Dämon, okay. Mit einem konnte man noch leben. Aber diese beiden Herren hier waren weitere von seinem Schlag. Jetzt hatte er schon drei von denen in seinem Haus! Das überforderte ihn nun doch ein wenig. „Wir sind Freunde von ihm.“ „Das ... frag ich ihn mal lieber selber.“, entschied Meister Suruga. Sie hatten bei genauerem Hinsehen auch die gleichen rot entzündeten Augenränder. Ob alle Dämonen das gemeinsam hatten? Er bat die beiden, nachdem er sich nach ihren Namen erkundigt hatte, im Eingangsbereich Platz zu nehmen und sich zu gedulden. Wer weiß, was die wirklich vor hatten. Auch Dämonen führten untereinander Fehden. Vielleicht waren die beiden sogar Schuld an Gemmas derzeitigem Gesundheitszustand. Er würde denen seinen Gast bestimmt nicht ungefragt ausliefern. „Gemma?“ Der Yokai mit dem schneeweißen Kimono regte sich müde auf seinem Lager. „Hä?“ „Vor meinem Haus stehen zwei wundersame Herrschaften, ein Großer mit Zopf und lila Robe, und ein kleiner Dicker, mit grüner Farbe im Gesicht. Intetsu und Hanya nennen sie sich. Oder Ponya, ich weiß nicht genau. Er konnte sich nicht entscheiden, wie er nun heißt. Sie wollen jedenfalls zu dir.“ „Lass mich zu ihnen!“, verlangte Gemma sofort und fuhr aus der Waagerechten hoch, sackte dann aber augenblicklich außer Gefecht gesetzt, schwindelig und mit explodierenden Kopfschmerzen in sein Kissen zurück. „Bleib liegen. Ich hol sie her.“, versprach Meister Suruga nüchtern. So langsam sollte Gemma doch mal mitbekommen haben, daß er ruckartige Bewegungen besser vermeiden sollte. „Die beiden sind auch Dämonen, nehme ich an?“ „Ja.“ „Wie geht es deinem Kopf?“ „Es wird besser.“ Meister Suruga nickte verstehend. „Okay. Also wenn du dich in der Lage fühlst, Besuch zu empfangen, schick ich sie dir mal rein.“ Meister Suruga blieb zurückhaltend in der Zimmerecke stehen und überwachte wortlos das Zusammentreffen der drei seltsamen Typen. Wer weiß, was in seinem Haus losgehen würde, wenn hier drei Yokai aufeinander prallten. Aber zu seiner Erleichterung blieb alles ruhig und friedlich. Die drei schienen tatsächlich Kameraden zu sein. Der kleine Dicke warf sich sofort zu Gemma auf den Boden und griff nach seiner Hand, als wolle er sichergehen, daß der in Ordnung war. Der Große mit dem Zopf blieb andächtig stehen. Mit seinem weitausladenden, aufwändigen Umhang konnte er sich wahrscheinlich gar nicht in Bodennähe begeben, selbst wenn er gewollt hätte. „Ihr seid spät. Schon draußen in den Hügeln wart ihr zu spät.“, hielt Gemma den beiden tadelnd vor. Wie so oft ohne Begrüßung. Dämonen schienen sowas wie Begrüßung oder Verabschiedung gar nicht zu kennen. „Entschuldige. Es gab einige Schwierigkeiten.“, entgegnete Hanya. Oder Ponya. Je nachdem, wie man ihn nun nennen wollte. Meister Suruga musterte die Truppe eingehend. Da sie ihn nicht beachteten, konnte er das ja ungestört tun. Die drei waren wirklich ... nun ... interessant. Sie alle konnten gut und gerne als Menschen durchgehen. Keinem sah man auf Anhieb an, daß sie Dämonen waren. Aber trotzdem hatte jeder von ihnen irgendwelche optischen Auffälligkeiten, die sie für einen Menschen ungewöhnlich erscheinen ließen. Gemma hatte diese Haare wie Sonnenlicht. Der, der sich als Intetsu ausgegeben hatte, war ungewöhnlich groß, ein halber Riese. Und der kleine Dicke, der keinen klaren Namen zu haben schien, hatte leicht grünliche Haut. Vielleicht nicht gleich so grün wie ein Frosch, aber für einen Menschen sah diese Hautfarbe ungesund aus. Vorhin hatte er gedacht, der hätte sich sein Gesicht mit Farbe bemalt. Mit dem Saft von Gräsern vielleicht. Aber das war echt, wurde ihm nun klar, als er auch die Hände des Kerls noch sah. Dennoch, wenn man ahnungslos war und es nicht besser wusste, wen man hier vor sich hatte, konnte man sie einfach für ganz normale, schräge Vögel halten. Für Komiker vielleicht, die sich die Haut und die Haare färbten und auf Stelzen gingen, um narrenhaft anzumuten. Meister Suruga hatte mal gehört, daß Dämonen ihr Aussehen verändern konnten, wenn sie wollten, um auf Menschen nicht mehr ganz so bestialisch zu wirken. Er fragte sich, wie diese drei wohl in ihrer wahren Gestalt aussahen. „Wie sieht der weitere Plan aus?“, wollte Intetsu wissen. Gemma seufzte leise. „Ich werde sicher noch ein paar Tage nicht einsatzfähig sein.“ Intetsu nickte und wandte sich Meister Suruga in der Raumecke zu. „Wir wünschen bei ihm bleiben oder ihn mitnehmen zu dürfen!“ „Was heißt 'mitnehmen zu dürfen'?“, gab der Meister gelassen zurück. „Ich halte ihn ja nicht gefangen. Er macht mir nur nicht den Eindruck, als ob er aus eigener Kraft gehen könnte, selbst wenn er wöllte.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)