Abenteuer im Land der Träume von Kikono-chan ================================================================================ Kapitel 18: Jäger und Beute --------------------------- 18. Kapitel: Jäger und Beute (Katory) : Die Marine - schon wieder! Kein Wunder, dass Kid so aufgebracht nach uns gerufen hatte... Er sah mich kurz mit einem mahnenden Blick an, der mich an seine Warnung vom Vortag erinnerte. Ich würde mich nicht erneut einem solchen Blutrausch hingeben. Aber meine Teufelskräfte waren wunderbar dazu geeignet, den Rest zu unterstützen. Ich würde mich also artig im Hintergrund halten. "Heat, Wire, kümmert euch um das Schiff! Killer..." "Schon da!" Der Blonde sprang an die Seite seines Käptns und ließ seine Sicheln rotieren. Meine Wolke brachte den Rastaträger und seinen Begleiter zum Marinekriegsschiff. Ich überlegte kurz, wie ich den beiden noch unter die Arme greifen konnte und grinste verschmitzt, als mir eine Idee kam. "Heat - hast du mal Feuer?" Angesprochener sah kurz verwirrt in meine Richtung, betrachtete die Windhose, die an ihnen vorbei zum feindlichen Schiff zog und verzog dann ebenfalls seine Mundwinkel wissend. Im nächsten Augenblick spuckte er sein Feuer in Richtung des Wirbelwindes, der sich sofort in einen Feuersturm verwandelte, hinter den der Blauhaarige nun aufgeregt, seine beiden Schwerter schwingend hinterher wetzte. Wire schüttelte belustigt den Kopf, als er seinem Freund hinterher sah. "Wie ein Bluthund... Hey, warte gefälligst auf mich!" damit setzte der Schwarzhaarige hinterher, schwang seinen Dreizack und räumte die Reste weg. Mein Blick glitt über unser eigenes Deck, auf welchem sich doch recht viele Marinesoldaten tummelten - auch wenn ihre Zahl bereits drastisch reduziert wurde. Ein besonders tollkühner war den Mast emporgeklettert und versuchte sich nun von oben auf das Duo von Kapitän und Vize zu stürzen. Böser Fehler... "Eustass, Killer - duckt euch!" Ich schleuderte eine Windböe in die Flugbahn des unvorsichtigen Weißhemdes und fegte ihn von Bord. Mit einem lauten Platschen landete er im Meer. Kid grinste mir kurz zu, bevor er seine Hand krümmte und hinter mir ein unschönes Geräusch erklang. Ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass er mir gerade einen aufdringlichen Soldaten aus dem Rücken geräumt hatte. Im nächsten Moment wirbelte Killer durch die Luft - was auch immer er vorher getan hatte, er hatte eindeutig zu viel Schwung drauf und drohte, im Wasser zu landen. Auch wenn er ein sehr guter Schwimmer war, klaffte somit doch für kurze Zeit eine erhebliche Lücke in unserer Verteidigung. Schnell erzeugte ich meine Wolke, die ihn auffing und neben Kid wieder absetzte. Ein dankendes Nicken seinerseits und schon stürzte er sich wieder ins Getümmel. Neben uns explodierte gerade das Marineschiff. "Kat, hol Heat und Wire da raus!" Das musste er mir nun wirklich nicht zwei Mal sagen... Ich flog rüber, sah durch die Feuerwand und die dicken Rauchschwaden Wire, wie er sich mit seinen Äxten einen Weg Richtung Rehling erkämpfte - wo war sein Dreizack abgeblieben? "Wire!" brüllte ich, sauste auf ihn zu und hielt ihm meine Hand entgegen. Er sah kurz zu mir, ergriff sie, nachdem er eine seiner Äxte zurückgesteckt hatte und ließ sich von mir auf meine Wolke ziehen. Der zurückgebliebene Marinesoldat fluchte uns entgegen. "Wo ist Heat?" "Keine Ahnung. Ich hab ihn aus den Augen verloren, als der Kahn in die Luft ging..." Fluchend lenkte ich meine Wolke um das brennende Wrack. Irgendwo musste er ja sein. Und dann sahen wir ihn: Er fuchtelte wild mit einem Schwert herum, versuchte gleich drei der aufdringlichen Soldaten sich vom Leib zu halten. Er spuckte absichtlich kein Feuer, denn dadurch würde dieses Wrack nur noch schneller in seine Einzelteile zerfallen und warum er sein zweites Schwert nicht benutzte, konnten wir auch kurz darauf erkennen: Er hielt beschützend Wires Dreizack fest. Wir mussten beide schmunzeln. "Zeit, ihn da raus zu holen!" meinte ich nur und Wire stimmte mir zu. Wir landeten direkt hinter dem Blauhaarigen, der erst überrascht und dann breit grinsend sein Gesicht verzog, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Gegner richtete. "Yo, kommt ihr mich abholen?" Wire lachte herzhaft. "Ohne uns findest du ja sonst nicht mehr zurück zum Schiff." Dann schwang er seine Äxte und sofort wichen die drei Feinde ein ganzes Stück zurück. Eine weitere kleinere Explosion ließ die Überreste des Schiffes gefährlich schwanken. Ich verlor keine Zeit mehr, erzeugte erneut meine Wolke, zog Heat rauf, packte Wire an seinem Umhang und schickte den Marinesoldaten eine kleine Windhose zum Spielen. Kaum hatten wir uns ein kleines Stück entfernt, ging das Kriegsschiff mit weiteren unzähligen Explosionen unter. "Puh, gerade nochmal Glück gehabt..." seufzte der Rastaträger mit einem diebischen Grinsen. "Ja, das war knapp." kommentierte mein Schwarzhaariger Sozius und das gleiche Grinsen breitete sich auf seinen Zügen aus. "Für meinen Geschmack, ein wenig zu knapp..." gab ich leise seufzend hinzu. Diese ständige Angst, als Teufelskraftnutzer mit Meerwasser Bekanntschaft zu machen, war echt belastend. "Immer das gleiche mit euch dreien... Was habt ihr jetzt wieder angestellt?" schimpfte Kid, als wir wieder an Bord unseres Schiffes ankamen. Sein 'Chaostrio' - wie er uns so gern nannte - hatte seinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht. Betretenes Schweigen. Wire, Heat und ich sahen uns kurz an und seufzten synchron. "'Tschuldige Käptn..." Dann ertönte ein Schuss. Neben dem stechenden Schmerz meiner rechten Schulter, hörte ich Kid laut fluchen, sah, wie Killer hinter mich sprang, hörte das rotierende Geräusch seiner Klingen. Dann einen gurgelnden Laut, erneutes Fluchen und starke Arme, die mich auffingen. Mit fragendem Gesichtsausdruck hob ich das merkwürdig glitzernde Teil empor, welches Kid mir zuvor in die Hand gedrückt hatte. Nachdem ich mehr oder weniger liebevoll von Killer verarztet worden war, war unser Käptn zu uns ins Krankenzimmer gekommen. "Was genau soll ich jetzt damit?" Er verdrehte die Augen. "Natürlich anziehen... es ist zu deinem eigenen Schutz." "Schutz wovor?" "Vor Kugeln. Nun zieh es schon an!" Erneut begutachtete ich das merkwürdig anmutende Oberteil in meinen Händen. Wie sollte mich ein Stofffetzen bitte vor den Kugeln einer Schusswaffe beschützen? Meine Frage sollte kurz darauf beantwortet werden... Ungeduldig nutzte Kid seine Teufelskräfte - das konnte ich deutlich an den veränderten Luftschwingungen spüren - und zog das Teil mitsamt mir als Anhang zu sich. "Wir haben uns gedacht, es könnte nicht schaden, wenn du ein wenig kugelsicherer wirst... So wäre zumindest der Bereich geschützt mit den wichtigsten Organen..." nuschelte er vor sich hin, während er mir das Shirt über den Kopf zog, wobei er sich große Mühe gab, mir nicht allzu sehr weh zu tun. Meine rechte Schulter schmerzte höllisch, was mich daran erinnerte, dass ich etwas mehr Schutz durchaus gut gebrauchen konnte. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob diese eine Stelle eine magische Anziehungskraft für Kugeln hatte - war es doch bereits die zweite, die mich genau dort erwischt hatte. "In den Stoff ist besonders robustes Metall eingewebt. Es sollte dir zumindest ein bisschen Schutz bieten." erklärte er weiter. Ich sah an mir herunter, beobachtete, wie sich das Licht stellenweise auf dem silbergrauen Oberteil brach und strich langsam darüber. Kid machte sich schon wieder viel zu große Sorgen um mich. Und wann genau hatte er Zeit gefunden, das hier anzufertigen? Ich wusste, dass es ursprünglich eines meiner eigenen Shirts gewesen war aber es musste eine immense Arbeit gewesen sein, dort Metall mit einzuweben. Hatte er überhaupt Ahnung davon? Skeptisch sah ich meinen Kapitän nun wieder an. "Nun bedank dich einfach bei ihm, Katory..." brummte Killer hinter mir genervt. Der war ja auch noch da... "Danke..." nuschelte ich und sah betreten zu Boden. Kid wuschelte mir durch's Haar, wie so oft. Es war eine freundschaftliche Geste, die mir verdeutlichen sollte, dass ich mir nicht immer um alles so viele Gedanken machen sollte. Ich huschte wortlos aus dem Krankenzimmer und in die Kapitänskajüte, zog das Metallshirt und meine Bluse aus - die ich erst kurz zuvor unter Schmerzen wieder angezogen hatte, nachdem Killer mit mir fertig war -, um sie in umgekehrte Reihenfolge wieder anzuziehen. Anschließend betrachtete ich mich im Spiegel. Man sah es nicht und es lag auch nicht schwer auf der Haut. Es war ein perfekter kleiner Panzer - wenn er denn das tat, was Eustass mir versprochen hatte... Lächelnd betrachtete ich mein Spiegelbild. Ich hatte mich merklich verändert. Mein Teint war eine Spur dunkler geworden, meine Augen hatten einen wilden Glanz bekommen und ich wusste sehr wohl um die Muskulatur, die sich aufgebaut hatte. Man konnte mir meine Wendigkeit geradezu ansehen und ich war schon ein bisschen stolz auf mich. Dann musterte ich skeptisch den Blutfleck auf der rechten Schulter meiner Bluse. Seufzend zog ich sie wieder aus, kramte mir eine neue raus aus meinem Schrank. Meine Schulter hasste mich dafür. Doch noch bevor ich diese bis oben zuknöpfte, fiel mein Blick auf den glitzernden Anhänger. Liebevoll strich ich über die Kette um meinen Hals und umschloss sie mit meinen Händen. Kid hatte mir so viel gegeben. Und ich redete nicht nur von dem Anhänger oder dem Oberteil. Er gab mir seine Freundschaft, ließ mich mit ihm Abenteuer bestehen und schenkte mir eine nie geahnte Freiheit. Ich war unsagbar glücklich, ihm begegnet zu sein. Und es war ja nicht nur Kid allein. Dank Killer hatte ich nun eine Kontrolle über meinen Körper, die meine Vorstellungskraft bei weitem überstieg. Zudem bereitete es mir große Freude, mit ihm über Karten und Büchern zu hängen. Ich lernte viel von ihm: im Training, über's Navigieren, über die Grand Line. Er half mir stets bei meinen Medizinstudien und auch wenn er mich des Öfteren rügte, hatte er stets ein offenes Ohr für mich. Genau wie Wire. Der Schwarzhaarige schien immer genau zu spüren, wann ich mal mit meinen Problemen nicht zu Kid oder Killer gehen konnte und war dann für mich da. Unsere Shoppingtouren waren legendär! Und mit ihm und dem stets gut gelaunten, optimistischen Heat an meiner Seite, war zwar Chaos vorprogrammiert aber wir hatten auch immer einen riesen Spaß dabei. Ich mochte die Jungs wirklich. Ich wollte hier nicht wieder weg. Mein Blick glitt zur Wand neben dem Schrank und ich musste schmunzeln. Unter einer Reihe von Kopfgeldplakaten von meinem Käptn prangte nun auch mein Steckbrief. Zaghaft strich ich mit meinen Fingern darüber. Wer auch immer das Foto geschossen hatte, musste damals mit am Strand gewesen sein, denn im Hintergrund konnte ich deutlich meine Wolke mit dem Vizen drauf erkennen. Der Fotograf hatte mich wirklich gut getroffen. Ich hatte mich gerade noch einmal umgedreht zu Kid und dabei einen leicht diabolischen Gesichtsausdruck auf den Zügen. Meine Haare flogen mir wild um die Ohren und meine Augen blitzten gefährlich. Windhexe. Was für ein bescheuerter Name. Na wenigstens keine Gewitterhexe. Ich lachte innerlich. Den Beinamen würde ich nun für immer behalten. "65 Millionen Berry..." flüsterte ich gedankenverloren. Das war eine ziemliche Stange Geld. "Beeindruckend, nicht?" raunte mir Kid ins Ohr und sofort fuhr ich herum. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er in die Kajüte gekommen war. Er lächelte mich schief an. "Wollte mal sehen, wo du bleibst. Du kamst gar nicht wieder raus. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung." "Ja, es ist alles gut. Ich war nur in Gedanken." "Dann ist ja gut. Es ist übrigens gerade noch ein Brief für dich gekommen." Er hielt ihn mir vor die Nase. In fein säuberlichen Lettern stand da 'An die Windhexe der Kid-Piraten' und ich schnaubte wütend. Nein, ich mochte diesen Namen definitiv nicht! Ich nahm ihn entgegen, wollte ihn gerade öffnen, als der Rotschopf noch einmal das Wort an mich richtete. "Du, Kat... an dem Abend nach dem Überfall... da... da hatten wir uns doch noch unterhalten." Verdutzt sah ich ihn an. Wie kam er jetzt darauf? Ich überlegte kurz. Ich war so schrecklich müde und erschöpft gewesen. "Du meinst, als du sagtest, du hättest Angst um mich gehabt..." er nickte. "Du warst so schnell eingeschlafen..." begann er wieder zögerlich. Fragend sah ich ihn an. "Eigentlich schon direkt nachdem du das gesagt hattest. Entschuldige bitte, ich hoffe, ich hab dich danach keine Monologe führen lassen." Traurig lächelte er mich an. Er wollte also eigentlich wirklich noch mit mir reden! Und ich war einfach eingeschlafen - waaaaah, ich Trampeltier! "Es tut mir Leid, Eustass! Ich wusste nicht, dass du noch mit mir reden wolltest..." "Schon gut. Ich wollte ja auch eigentlich nur wissen, ob du dich absichtlich schlafend gestellt hattest, weil du zu faul warst, mir zu antworten, bäh." Frech grinsend streckte er mir die Zunge raus und verschwand dann wieder. Dieser Mistkerl! Na immerhin hatte er wieder gute Laune... War also das der Grund, warum er die letzten Tage so komisch drauf war? Dachte er, ich würde ihn absichtlich ignorieren? Dieser Idiot sollte mich doch eigentlich mittlerweile besser kennen! Immerhin schien das Thema jetzt aus der Welt zu sein. Erleichtert atmete ich aus und besah mir wieder das Schriftstück in meinen Händen. Manchmal wünschte ich mir, ich wäre etwas weniger neugierig... Gegen Abend lehnte ich mich zu Killer an die Rehling und lauschte gedankenverloren den Wellen, die gegen das Schiff klatschten. Es war so herrlich friedlich. Und nur ich wusste, wie sehr der Schein trügte. „Du, Killer…“ Langsam drehte er den Kopf zu mir, als Zeichen, dass er mich vernommen und ich weiterreden konnte. „Weißt du, wann wir die nächste Insel erreichen?“ Er horchte auf, war alarmiert, das erkannte ich nicht nur an seiner Haltung, sondern auch an seiner sich verändernden Aura. „Wahrscheinlich morgen Mittag. Darf ich fragen wieso?“ Eigentlich nicht. „Nichts Bestimmtes. Ich muss nur ein paar kleine dringliche Besorgungen machen. Nach dem ganzen Durcheinander dank dieses durchgeknallten Kopfgeldjägers ist mir das völlig entfallen.“ log ich. Er nickte nur knapp und dachte sich seinen Teil. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen, hoffte aber inständig, dass er keinen Verdacht schöpfen würde. Ich streckte mich ausgiebig, bereute es sofort, als ich den stechenden Schmerz verspürte und beschloss, noch einmal in meinem Krankenzimmer vorbei zu schauen, um mir ein starkes Schmerzmittel einzuverleiben bevor ich das Abendessen vorbereiten würde. Die Jungs hatten im Laufe des Nachmittags einen Seekönig erlegt, ihn fein säuberlich filetiert und in der Kombüse auf meiner Arbeitsfläche abgeladen. Ich wusste ja, dass diese Mannschaft verfressen sein konnte aber war dieser Fleischberg nicht selbst für sie etwas zu viel? Schulterzuckend machte ich mich an die Arbeit - bisher ist immer alles aufgegessen worden - warum sollte es dieses Mal anders sein? Mit einem leichten Wehmutstropfen bereitete ich also das Abendessen zu - wer wusste schon, ob es für mich nicht vielleicht das letzte Mal war… „Ist wirklich alles in Ordnung bei dir, Kat?“ fragte mich Kid nun schon zum achten Mal, als ich mich mal wieder schlagartig auf die andere Seite warf - ich konnte einfach nicht schlafen und diese miese Verletzung machte es auch nicht besser. Und falls ich doch kurz vorm Einschlafen war, fielen mir die Alpträume wieder ein, die mich quälten und schlagartig war ich wieder hellwach. Ich seufzte, setzte mich auf und sah meinen Käptn traurig an. „Nein… nichts ist in Ordnung. Ich bin verflucht! Diese Alpträume bringen mich langsam nicht nur um den Verstand sondern auch um mein Leben!“ Er schmunzelte, zog mich in eine Umarmung. „Du glaubst den Mist doch nicht, den dieser Lügenbold von einem Piratenjäger uns erzählt hat oder?“ Ich glaubte es nicht nur - ich WUSSTE, dass es die Wahrheit war. Nur Eustass nicht… „Konteradmiral Hiyoru war auch am Strand…“ eröffnete ich ihm plötzlich und überrascht sah er mich an. „Falls ja, dann lebt er jetzt nicht mehr. Wir waren gründlich.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn aus den Augenwinkeln gesehen, er war bereits am Gehen. Euch wird er gar nicht aufgefallen sein. Er lebt, Kid. Und er ist gefährlich.“ Er zog die Stirn in Falten. „Woher weißt du, wie er aussieht?“ „Er war der aufdringliche Grapscher auf dem Dorffest.“ Kid sog neben mir scharf die Luft ein. „Und das sagst du mir erst JETZT!?“ „Ich wusste es ja auch erst, seit ich es aus dem kleinen Schleimer rausgeprügelt hatte!“ verteidigte ich mich. Ich spürte seinen bohrenden Blick auf mir. „Was weißt du noch?“ In seiner Stimme war ein herrisch-bestimmender Unterton - jetzt würde ich ihm Rede und Antwort stehen müssen. Hätte ich doch bloß nicht davon angefangen… „Er hat Teufelskräfte. Wenn er jemanden berührt, kann er ihm Träume der verschiedensten Art schicken. Gute Träume, wie er sie den Inselbewohnern schenkt, lassen einen Menschen in einer heilen Welt der Glückseligkeit leben. Nach einiger Zeit bekommen diese Menschen einen derart verklärten Blick, dass sie sich deutlich von normalen Menschen unterscheiden.“ „Das war es also, warum die alle wie Traumtänzer aussahen.“ Ich nickte nur zur Bestätigung und fuhr fort. „Er kann allerdings auch Alpträume bescheren… Das hat er bei mir getan, nachdem ich ihm eine Abfuhr erteilt habe. Diese Alpträume werden immer intensiver, realer und brutaler und bringen das Opfer regelrecht um den Verstand und auch ums Leben.“ „Das war also nicht nur so daher gesagt, dass du die Kälte des Todes noch immer spürst…“ völlig entsetzt sah er mich an. So langsam schien er zu begreifen, in welcher Gefahr ich wirklich schwebte. „Und wie wirst du sie wieder los?“ „Nur der Tod bringt Erlösung hatte der Kopfgeldjäger gesagt. Also entweder der vom Konteradmiral oder…“ „NIEMALS! Ich werde es nicht zulassen, dass er dir etwas antut!“ schimpfte Kid lautstark. „Aber er tut es bereits…“ gab ich kleinlaut zu bedenken, erntete dafür nur einen missbilligenden Blick. „Ich finde diesen Hiyoru und dann reiß ich ihm die Eingeweide einzeln heraus! Ich werde nicht zulassen, dass er dich noch länger quält!“ Ich war so gerührt von seinen Worten, die in meiner ausweglosen Situation wie ein Licht am Ende des Tunnels wirkten, dass ich ihm um den Hals fiel und mich fest an ihn drückte. Er fragte nicht, sagte nichts, legte nur seine Arme um mich und hielt mich fest. Ich genoss jede Sekunde. Wenn Kid wüsste, was ich vorhatte, würde er mich davon abhalten, dessen war ich mir ganz sicher. Aber ich würde es tun müssen, wenn ich jemals wieder frei sein wollte. Und um zu verhindern, dass ihm und der Mannschaft Schaden zugefügt wurde. Freudestrahlend kam Killer zu mir an die Rehling - ich konnte es nicht wirklich sehen aber seine Aura verriet es mir in aller Deutlichkeit. „Endlich gute Neuigkeiten, Katory!“ begann er ohne Umschweife. „Wenn wir diesen Kurs halten, sind wir in zwei Tagen wieder auf unserer ursprünglichen Route. Dann siehst du auch endlich was von der neuen Welt und nicht nur die langweiligen Inseln abseits von allem.“ Ich lächelte ihm anerkennend entgegen. „Braver Vize. Hast du fein gemacht. Ich hab nur leider grad kein Leckerlie in der Tasche…“ witzelte ich und wurde sofort in die Seite geknufft. „Wie geht es dir, Killer?“ fragte ich nun wieder ernst. Auch wenn er so locker umher stolzierte, war ich mir fast sicher, dass er noch immer Schmerzen hatte. Er zuckte nur mit der Schulter. „Muss ja oder? Es hat nichts mehr nachgeblutet, die Verbände sind alle sauber.“ „Und wie sieht es mit Schmerzen aus?“ „Pah, Schmerzen…“ Ich schmunzelte wissend. „Ich leg dir nachher etwas in deine Kajüte. Nimm es bei Bedarf mit viel Flüssigkeit - kein Alkohol! - und gönn dir danach etwas Ruhe.“ Er nickte knapp. Wenn er wirklich keine Schmerzen gehabt hätte, hätte er spätestens jetzt dankend abgelehnt. Da er dies nicht tat - wie ich bereits vermutet hatte - zeigte er sie nur nicht, sondern stand tapfer seinen Mann. Genau wie sein Kapitän. Dem musste ich die Schmerzmittel heute Morgen beinahe einprügeln, damit er sie nahm! Und am Ende kam er mir noch frech, von wegen, ich könnte sie ihm ja auch mit dem Mund einflößen - der tickte doch nicht mehr ganz sauber! Nur weil es diesen Bonus in unserer Freundschaft gab, musste er es ja nicht derart ausufern lassen! „Dort vorn ist schon die Insel.“ riss Killer mich aus meinen Gedanken. Mein innerer Aufruhr kehrte zurück. Ich würde mein Vorhaben durchziehen. Es gab keine Alternative. Nicht, wenn ich meine Freunde beschützen wollte. Entschlossen fixierte ich das Eiland. Sie schien nicht sehr groß zu sein, dafür gab es einen steil ansteigenden Berg, der auf einer Seite von einem Wald gesäumt wurde. Zu seinen Füßen ragte ein kleines Dorf zwischen den Wipfeln hervor. Ansonsten gab es nicht viel auf dem kleinen Fleckchen Erde. Aber mehr brauchte es auch nicht. Ich sah zum Berghang. Dort würde ich hinmüssen. Und zwar möglichst unauffällig und ohne, dass mir jemand folgte. Schneller, als es mir lieb war, hatten wir die Insel erreicht und waren vor Anker gegangen. Lächelnd verabschiedete ich mich von den Jungs, sagte, ich sei bald zurück, sie sollten sich keine Sorgen machen. Ich würde vorsichtig sein. Innerlich ohrfeigte ich mich. Von wegen vorsichtig… Ich lief gerade wissentlich in mein Verderben! Kaum war ich außer Sichtweite des Schiffes, bog ich vom Weg ab und steuerte direkt auf den Berg zu. Ich entdeckte einen kleinen verschlungenen Pfad, dem ich folgte. Der Aufstieg war nicht sonderlich schwer, trotzdem hämmerte mein Herz wie wild in meiner Brust und schlug mir bis zum Hals. Was zum Henker tat ich hier eigentlich? Ich hätte Kid etwas sagen müssen! Warum hatte ich geschwiegen? Warum hatte ich ihnen nichts von dem Brief des Konteradmirals gesagt? War ich feige? Wollte ich sie nicht schon wieder unnötig in Gefahr bringen? Wollte ich mir selbst etwas beweisen, indem ich dieses Problem alleine bewältigte? Ich seufzte schwer, massierte mir meinen Nasenrücken. Ich hatte doch so gute Freunde - warum hatte ich sie nicht eingeweiht? Weil man eine Suppe, die man sich selbst eingebrockt hatte, auch selbst wieder auslöffeln musste! Aber die letzten Tage hatten mir die Jungs doch immer wieder versichert, dass es nicht meine Schuld war. Dass wir aufeinander Acht gaben. Füreinander da waren. Und ich ignorante Kuh lief schon wieder alleine los! Sollte ich das hier überleben, würde ich mein Verhalten gründlich überdenken. Aber nicht jetzt. Dafür war es bereits zu spät. Oben auf der Spitze des Berges wurde ich bereits erwartet: Ein stattlicher Mann mit Sonnenbrille und schwarzem Spitzbart nickte mir kurz zu. Konteradmiral Hiyoru. Entschlossen und mit festem Schritt ging ich zu ihm, blieb einen knappen Meter vor ihm stehen und funkelte ihn herausfordernd an. „Wie schön, dass du es einrichten konntest, Windhexe.“ spottete er. Ich spuckte ihm vor die Füße. „Nenn mich gefälligst nicht so! Mein Name ist Katory! Aber es bringt dir ohnehin nichts, ihn dir zu merken, denn du wirst nicht mehr lange genug leben, um irgendjemanden davon berichten zu können!“ giftete ich zurück und versuchte, meine Teufelskräfte zu sammeln. Was mir nicht gelang… „Na, klappen deine kleinen Tricks nicht? Wie schade.“ Sein geheucheltes Mitleid konnte er sich sonst wohin stecken! War er dafür verantwortlich, dass ich meine Kräfte nicht nutzen konnte? Bestimmt. Sonst würde er jetzt nicht so überheblich grinsen, dieser Lackaffe! „Wir hatten einen schlechten Start, findest du nicht, Kätzchen?“ Wütend griff ich zu meinen Messern, doch war er mit einem Satz bei mir, drückte mich zu Boden, die eine Hand fest um meinen Hals gelegt, die andere friemelte meine Ledertasche von meinem Oberschenkel. Scheiße! „Lass uns noch einmal von vorn beginnen.“ säuselte er mit einem süffisanten Lächeln, stand auf, zog mich mit hoch und drückte weiterhin meinen Hals zu. Das Atmen fiel mir bereits deutlich schwerer. „Mein Name ist Hiyoru Jiro. Konteradmiral der Marine. Ich besitze die Gabe der Traumfrucht, womit ich ohne viel Aufwand die gefährlichsten Piraten zur Strecke bringen kann. Einfach so im Schlaf. Ich bin immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Teufelskräften und verhandel selbst mit den schlimmsten Schurken. Manch einer wechselt sogar auf meine Seite, genießt den Schutz der Weltregierung und verstärkt somit meine Macht. Die andren... nun ja, sagen wir es einmal so: Zu meinem Glück erscheinen Teufelsfrüchte immer wieder, sobald ihr ursprünglicher Besitzer nicht mehr ist.“ Ich versuchte zu schlucken. Ich wollte diesem Widerling nicht mehr zuhören. Der Typ spielte doch mit gezinkten Karten! „Und dich wollte ich fragen, Mädchen, die du von der Sturmfrucht gegessen hast, ob wir nicht zu einer Übereinkunft kommen können.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)