Vergissmeinnicht von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 22: Rache ist süß ------------------------- ♥ Mimi ♥ Am nächsten Tag schleppte sie sich tatsächlich wieder zur Schule. Ihr war es unsagbar peinlich ihren Klassenkameraden unter die Augen zu treten, besonders, weil auch viele das Streitgespräch zwischen Makoto und ihr mitangehört hatten. Sie konnte immer noch nicht fassen, was er getan hatte. Aber noch weniger konnte sie fassen, dass Taichi tatsächlich mit allem recht behielt und er sie wirklich nur warnen wollte. Sie fühlte sich benutzt, hintergangen und ärgerte sich über ihre eigene Naivität, die sie in diese beschissene Lage gebracht hatte. Doch Mimi konnte keinen Tag länger zuhause bleiben - nicht mit ihrer Mutter, die sie ständig auf Schritt und Tritt verfolgte, nur weil sie spürte, dass sie ihr versuchte etwas zu verheimlichen. Ihre Mutter hatte gerade in solchen Dingen feine Antennen, die jedes Mal Alarm schlugen, wenn Mimi etwas bedrückte. Jedoch schaffte sie es ihr gestern nicht die Wahrheit zu sagen, weshalb sie Migräne als Notlüge vorschob, in der Hoffnung sie würde sie in Ruhe lassen. Spätestens an ihrem Geburtstag würde sie erfahren, dass sie sich von Makoto getrennt hatte. Jedenfalls mehr oder weniger. Eine Trennung auszusprechen, war im Anbetracht der Tatsachen nicht mehr notwendig. Es war für beide klar, dass es endgültig vorbei war. Ursprünglich hatte sie Makoto am Montag zu ihrem Geburtstag eingeladen, den sie im Kreise ihrer Familie ganz klein feiern wollte. Nichts Großes eben, er sollte viel mehr dazu dienen ihren neuen Freund vorzustellen, der jetzt nicht mehr ihr Freund war und den sie auch so schnell nicht mehr sehen wollte. Und an diesen Trottel hatte sie ihr erstes Mal verschenkt. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr bereute sie es. Zum Glück hatte sie einen guten Freund, wie Izzy, dem sie alles erzählen konnte, auch wenn er heute seltsamer Weise nicht in der Schule war. Natürlich wäre normalerweise Sora ihre erste Ansprechperson gewesen, doch sie wollte sie nicht belästigen, gerade nicht, wenn sie krank war. Zumal sie sie sowieso vor Makoto bereits gewarnt hatte. Sätze wie „Ich habe es doch gewusst“, oder „Warum wolltest du nicht auf mich hören“, konnte sie im Moment gar nicht gebrauchen. Ihr Blick wanderte zu dem leeren Platz direkt neben ihr, während Herr Kudo euphorisch vor der Tafel stand und ihnen irgendwelche neuen Matheregeln näherbringen wollte. Traurig blickte sie durch die Klasse als sie plötzlich mit den Augen bei Kaori hängen blieb, die mal wieder fleißig mitschrieb und sämtliche Kleinigkeiten notierte. Ein müdes Lächeln zog sich über ihre Lippen als sie feststellte, wie sie unterbewusst ihren Ehrgeiz heimlich bewunderte. Sie schien genau zu wissen, was sie wollte und wie sie es auch umsetzen konnte. Mimi hingegen fühlte sich völlig verloren, gefangen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. _ Als die Stunde zu Ende war, packte Mimi lustlos ihr Bento aus, während einige Schüler bereits die Klasse verlassen hatten. Als sie hochsah, erkannte sie zwei Mädchen, die gerade zu ihr starrten und leise zu flüstern begannen, während sich bei Mimi Unwohl sein ausbreitete. Sie spürte die abschätzigen Blicke auf ihrer Haut, wie sie sie herablassend musterten und sich den Mund über sie zerrissen. Mimi presste die Lippen aufeinander, da sie kleine Wortfetzen mitbekam, die ihr alles andere als gefielen. „Wie kann man nur so billig sein? Sie waren doch noch gar nicht lange zusammen“, meinte die eine wertend und richtete einen bohrenden Blick auf sie. „War von ihr auch echt nicht anders zu erwarten. Sie hat in Amerika gelebt“, murmelte die andere, bis es Mimi zu bunt wurde. „Ich kann euch hören“, sagte sie mit fester Stimme und war nicht bereit sich die Blöße zu geben. „Wenn ihr mir das nächste Mal etwas zu sagen habt und sagt es mir lieber gleich ins Gesicht und macht es nicht so.“ Erbost verließ sie den Klassenraum und krallte ihre Nägel in die unnachgiebige Box, während ihr Appetit ins Bodenlose sank. Am liebsten wünschte sie sich Izzy oder Sora herbei, die jedoch heute ausgerechnet nicht da waren. Sie war allein. In ihren Augen sammelten sich Tränen an, die sie versuchte wegzublinzeln. Sie wollte nicht, dass sie jemand weinen sah. Nicht wegen der Makoto-Sache. Plötzlich berührte sie jedoch jemand an der Schulter, als sie ruckartig über ihre nassen Augen fuhr und sich langsam herumdrehte. Überrascht blickte sie in ein bekanntes Gesicht, das ihr ein mildes Lächeln schenkte. „Ist alles okay? Die Mädels da drinnen sind wirklich wahrhaftige Zicken“, erwiderte sie augenverdrehend. „Echt furchtbar.“ „Ja, irgendwie schon. Aber Akane und Rei waren ja schon immer so gewesen“, versuchte Mimi es abzuschwächen, auch wenn ihre Worte sie ganz klar trafen. „Du solltest dir wirklich nichts daraus machen. Dieser Typ ist wirklich ein Idiot und hätte sowas niemals rumerzählen dürfen“, bestärkte Kaori sie und setzte sich augenblicklich mit ihr zusammen in Bewegung. „Du hast es also gehört?“, fragte sie überrascht. „Mimi…“, knurrte sie beleidigt. „Nochmal zum Mitschreiben: Ich lebe nicht hinter dem Mond und besitze sowohl ein Handy als auch gut funktionierende Ohren.“ Peinlich berührt senkte sie den Kopf als ihr einfiel, dass sie sie so etwas Ähnliches schon einmal gefragt hatte. „Ist ja schon gut, ich hab’s verstanden“, ruderte sie lächelnd zurück und entdeckte in ihrer Hand ebenfalls ein Bento, dass Kaori mitgebracht hatte. „Und du gehst jetzt auch Mittagessen?“ „Ähm, ja klar. Aber ich wollte draußen essen. Drinnen fühle ich mich immer so beobachtet“, erklärte Kaori mit großen Augen. „Da fühlt man sich wie ein Affe im Zoo.“ Ohja, dieses Gefühl kannte Mimi nur all zu gut. Auch wenn sie sonst gerne die Aufmerksamkeit bezüglich ihrer Person genoss, könnte sie gerade auf solche wirklich verzichten. Das Verurteilende, was sich in den Augen mancher Schüler wiederspielte, empfand Mimi als unerträglich. Wieso wurde eigentlich nur sie verurteilt und an den Pranger gestellt, während Makoto als Macho gefeiert wurde? Sie könnte wahrhaftig kotzen, wenn sie sich sein selbstgefälliges Grinsen vorstellte… „Willst du vielleicht auch draußen essen? Ich kann mir vorstellen…“ „Klar, wieso eigentlich nicht“, fiel Mimi ihr sofort ins Wort und konnte selbst nicht ganz fassen, dass Kaori und sie einmal freiwillig zusammen Mittagessen würden. Es überraschte sie generell, dass sie sie angesprochen hatte, um ihr Mut zuzusprechen, da es normalerweise nicht ihre Art war. Kaori hielt sich bei Klatsch und Tratsch meist raus, fiel in der Schule nur aufgrund ihrer guten Noten immer mal wieder auf. Doch es war ganz schön, jemanden an ihrer Seite zu wissen, auch wenn sie es bei Kaori nicht erwartet hätte. Sie hatten auch nicht mehr sonderlich viel miteinander gesprochen, seit sie die Musikhochschule besucht hatten. Mimi war sich noch nicht mal sicher, ob Kaori realisiert hatte, dass sie ihr beim Violine spielen zugesehen hatte. Sie befand sich damals wie in einer anderen Welt. Zeigte ihr eine völlig andere Seite von sich, die Mimi nachhaltig ganz schön beeindruckt hatte. Vielleicht war sie in manchen Dingen etwas Anderes eingestellt als sie, dennoch spürte Mimi eine zarte Verbindung, die sie näher entdecken wollte. _ Langsam schlenderten sie auf den Pausenhof, als bereits eine allgemeine Unruhe zu bemerken war. „Schon wieder eine Massenansammlung? Ich glaube, wir könnten unser Krisenexperiment auch ganz gut hier durchführen“, meinte Kaori trocken, als sie sich den restlichen Schülern nährten, die komischerweise nach oben starrten. „Ich frag‘ mich, was jetzt schon wieder los ist“, murmelte Mimi ehrfürchtig und hatte schon Angst, dass es mit ihr zusammenhing, doch als sie hochschaute stockte ihr der Atem. Sofort klappte ihr der Mund auf, während sie Kaori am Ärmel packte und sie anwies nach oben zu schauen. „I-Ist das eine Unterhose? Am Fahnenmast?“, fragte sie völlig irritiert und sah ungläubig zu Mimi, die es ebenfalls nicht richtig fassen konnte. „Na los, lass uns mal nachgucken gehen“, schlug Kaori neugierig vor, nahm Mimi an die Hand und zog sie einfach mit in die Menge, auch wenn sie eher widerwillig mitging. Seit dem Streitgespräch mit Makoto, hatte sie auf solche Gaffer nur noch wenig Lust. Doch als sie sich näher nach vorne durchgeschlängelt hatten, konnte Mimi gar nicht fassen welches Bild sich vor ihren Augen bot. Es stand tatsächlich Makoto nur mit einem Handtuch bekleidet vor der gesamten Schule! „Lasst diesen verdammten Scheiß! Holt sofort meine Boxershorts da runter“, forderte er jammernd und hielt krampfhaft das Handtuch stützend um seine Lenden fest. Erst jetzt erkannte sie die drei Personen, die sich vor ihm aufgebaut hatten und ihn immer kleiner werden ließen. Überrascht und sprachlos zugleich beobachtete sie die Szene angespannt, als Yamato an Makoto näher herantrat und ihn abfällig musterte. „Also ich finde ja, dass Strafe schon sein muss, denn das was du gemacht hast, war wirklich unter aller Sau.“ „Und, dass was ihr macht, ist etwa okay?!“, geiferte er erbost als sein Handtuch etwas verrutschte und seinen Hintern etwas entblößte. Hektisch schlang er das Handtuch fester um seine Hüften, während sich sein Gesicht immer mehr verfinsterte. „Was denn? Wir haben uns doch nur deine Unterwäsche ausgeliehen sowie mit deiner Schuluniform und deinen schwitzigen Sportklamotten den Kirschbaum dahinten verziert. Ist doch nichts dabei“, antwortete Tai sorglos und grinste überlegen. „Ihr seid wirklich unfassbar. Was mischt ihr euch überhaupt in Angelegenheiten ein, die euch verdammt noch mal nichts angehen?“, knurrte er bösartig. „Ich glaube, dass hättest du dir echt vorher überlegen sollen. Du hast doch damit angefangen“, meldete sich nun auch Izzy zu Wort, der sich die ganze Zeit bedeckt hielt. Deswegen hatte er also den ersten Block geschwänzt. Er war gar nicht krank, sondern hatte gemeinsam mit Tai und Matt…oh Gott, sie konnte es gar nicht in Worte fassen, was die Jungs für sie getan hatten. Mimi wusste zwar, dass Yamatos Klasse im ersten Unterrichtsblock Sport hatte, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie die Gelegenheit dazu nutzen, um Makoto während dem Duschen, seine Sachen zu klauen und seine Unterhose am Fahnenmast zu hissen. „Wow, deine Freunde sind ja richtig resolut. Aber das geschieht dem Kerl wirklich recht“, flüsterte Kaori ihr zu, während Mimi beherzt nickte. Sie war gerührt, dass ihre Freunde sie so verteidigten und Makoto das Handwerk legten. „Wie kannst du nur sowas zulassen?“, hakte Makoto entrüstet nach und richtete den Blick zu Matt, der die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt hatte. „Ich dachte wir wären ein Team! Bedeutet dir die Band denn nichts?“ „Oh doch, aber trotzdem lasse ich nicht zu, dass du meine Freunde so behandelst. Du hast doch mit Absicht die SMS an Shinji geschickt, damit er es weitererzählt, nur um Mimi zu demütigen“, antwortete er mit fester Stimme. „Und ich glaube, es wäre besser, wenn du dir eine neue Band suchst.“ Völlig perplex riss Mimi die Augen auf, während Makotos Gesicht vollkommen entglitt. Er hatte ihn aus der Band geworfen. Wegen ihr! Sie konnte es nicht fassen. Genauso wenig wie Makoto, dessen Gesicht sich vor Wut rötlich verfärbte. „Das ist jetzt nicht dein ernst?! Du schmeißt mich ernsthaft raus? Wegen einer so einer beschissenen Schl…“ Mimi hielt die Luft an, als Makoto plötzlich von einem saftigen Kinnhaken getroffen wurde und leicht ins Straucheln kam, sich aber gerade noch so halten konnte. Erst hatte sie gedacht, dass es Taichi gewesen war, doch er wurde von Matt festgehalten, auch wenn sein Gesicht wahre Bände sprach und er Makoto am liebsten selbst eine verpasst hätte. Doch er war es nicht, sondern ihr zierlicher Freund Izzy, der sonst keiner Fliege was zu leide tun konnte. Überrascht blickten alle zu ihrem rothaarigen Freund, der selbst nicht fassen konnte, was er gerade getan hatte. Immer noch ungläubig betrachtete er seine geballte Faust, während Makoto sein Kinn schmerzverzehrt hielt und einen deutlichen Sicherheitsabstand einnahm. Es ging alles so schnell, dass Mimi es noch gar nicht realisieren konnte als plötzlich Herr Ichinose auftauchte und völlig außer sich in die Menschenmasse trat. „Was ist denn hier los?“, fragte er nach, blickte prüfend in die kleine Runde und sah nach oben. „Das ist doch jetzt nicht euer ernst?! Er hatte die Unterhose entdeckt, die seicht vom Wind erfasst wurde und sich sanft bewegte. „Ihr holt sofort die Boxershorts runter“, kommandierte er die Jungs und zeigte nach oben. „Und dann kommt ihr vier auf der Stelle in mein Büro! Ich fass‘ es nicht! Seid ihr völlig von Sinnen?!“ Wütend scheuchte er die Schülerschar davon, sodass Mimis nichts anderes übrigblieb, als mit Kaori das Feld zu räumen. Aus dem Augenwinkel heraus konnte sie einen wütenden Herrn Ichinose erkennen, der wild mit seinen Händen gestikulierte und versuchte die prekäre Lage zu lösen, auch wenn Mimi das Gefühl der Genugtuung durchaus gefiel. Makoto hatte es nicht anderes verdient und sie hoffte wirklich, dass ihre Freunde wegen ihr nicht allzu großen Ärger bekamen. _ Gegen Abend war tatsächlich etwas Ruhe eingekehrt. Nachdem ihre Mutter sich spontan mit einer Freundin verabredetet hatte, verbrachte Mimi den Nachmittag über alleine zu Hause und versuchte sich auf ihre Schulaufgaben zu konzentrieren, was ihr nicht sonderlich gut gelang. Ihre Gedanken sprangen immer noch wild hin und her und ließen es einfach nicht zu, dass sie sich konzentrieren konnte. Dass was Yamato, Izzy und Taichi für sie getan hatten…sie konnte einfach nicht mehr aufhören darüber nachzudenken. Besonders nicht, nachdem sie für ihr Verhalten so viel Ärger bekommen hatten. Yamato und Taichi mussten die ganzen Woche nachsitzen, während Izzy zusätzlich einen Aufsatz über „gewaltfreies Kommunizieren“ verfassen musste. Natürlich kam Makoto ungeschoren davon, weil man das Streitgespräch zwischen ihnen nicht beweisen konnte und Rache ebenfalls keine Lösung war, auch wenn sie sich echt manchmal unfassbar gut anfühlte. Und allein das reichte Mimi schon. Sie wollte es jetzt nur noch abhaken, es ihren Eltern schonenden beibringen und Makoto in nächster Zeit lieber aus dem Weg gehen. Sie seufzte leise, als sie sich von ihrer weichen Matratze erhob und ihre Schulsachen vor sich betrachtete. Irgendwie war ihre Motivation in den Keller gesunken und ihr Magen signalisierte ihr, dass ein leichtes Hungergefühl in ihr aufstieg, dass ihr wiederrum zusätzlich das Gehirn vernebelte. Sie brauchte unbedingt eine Pause, auch wenn sie nicht sicher war, ob ihre Mutter zum Abendessen überhaupt schon zuhause war. Ihr Vater war vor einer Stunde bereits nach Hause gekommen und wollte noch eine Präsentation vorbereiten, weshalb er sich in sein Arbeitszimmer verzogen hatte. Sie wollte ihn nicht stören, weswegen sie sich mit ausgestreckten Armen auf den Rücken fallen ließ und noch ein bisschen über diesen aufregenden Tag nachdachte. Sie hätte Izzy niemals zugetraut, dass er Makoto eine verpassen würde. Er war eigentlich immer derjenige, der einen kühlen Kopf in Stresssituationen behielt, während Taichi immer impulsiv reagierte und sich meist in irgendwelche brenzlige Situationen stützte. Bei ihm hätte sie es eher erwartet gehabt, vielleicht sogar auch ein bisschen erhofft, um ihre Ehre zu verteidigen. Aber Izzy war schneller gewesen, was Mimi ganz klar beeindruckt hatte. Sie musste sich etwas überlegen, wie sie sich bei allen bedanken konnte. Gerade bei Taichi, den sie nicht ernst genommen und dem sie wirklich unschöne Dinge an den Kopf geworfen hatte. Er wollte sie wirklich nur warnen, doch sie hatte es eiskalt ignoriert, weil sie mit der Vergangenheit einfach nicht umgehen konnte. Dabei hatte er sogar gesagt, dass er noch Gefühle für sie hätte…nach all der Zeit. Ihre Wangen wurden auf einmal ganz heiß, als ihr bewusst wurde, was er da zu ihr gesagt hatte. Ihr Herz pochte kräftig gegen ihre Brust, während sie ihre zitternden Hände betrachtete, die auf ihrem Bauch ruhten. Ob sie nochmal mit ihm reden sollte? Aber was sollte sie nur sagen? Dass sie an ihn während des Sex‘ mit Makoto gedacht hatte? Oh Gott…besser nicht…sowas konnte sie ihm doch nicht auf die Nase binden. Vielleicht sollte sie… Unvermittelt hörte sie, wie es kraftvoll gegen ihre Zimmertür klopfte. „Herein“, sagte sie matt und ihr Vater streckte grinsend den Kopf in ihr Zimmer, bevor er eintrat und sich vor ihr Bett stellte. „Mama hat mir gerade eine SMS geschrieben. Sie wollte mit ihrer Freundin noch etwas essen gehen und meinte, dass wir uns doch etwas bestellen könnten. Auf was hast du Lust?“ Mimi setzte sich auf und runzelte die Stirn. „Ich kann uns auch etwas kochen, wenn du magst. Außer du hast Angst, dass ich die Küche in Brand setze.“ „Dann müssten wir aber noch ein paar Kleinigkeiten besorgen. Der Kühlschrank ist fast leer“, informierte er sie lachend und ließ sich auf ihrem Bett nieder, bedacht sich nicht auf ihre Hausaufgaben zu setzen. „Apropos Essen. Ich habe am Montag einen Tisch reserviert. Bei deinem Lieblingsitaliener – ein Tisch für vier“, brüstete er sich, während Mimis Gesichtszüge prompt einfroren und sie betroffen den Kopf senkte. „Was ist denn los? Wolltest du etwa woanders essen gehen? Oder mag Makoto kein italienisch?“ „Doch, klar…“, sagte sie leise, hob aber den Kopf nicht an. Sie biss sich auf die Unterlippe und wollte es jetzt einfach hinter sich bringen. Einfach wie ein Pflaster abziehen, damit der Schmerz nicht so groß war. „Kannst du vielleicht einen Platz stornieren. Ich glaube, wir brauchen nur ein Tisch für drei“, gab sie niedergeschlagen zu und versteckte sich noch immer hinter ihrem Haarvorhang. Auch wenn sie von Makoto enttäuscht war und ihm am liebsten sonst wo hin wüschen würde, spürte sie plötzlich einen unsäglichen Schmerz in ihrer Brust, der eine Frage in ihr aufdrängte, der sie sich einfach nicht stellen wollte. Warum konnte sie keine Beziehungen halten? War sie etwa nicht liebenswürdig genug? Warum musste Makoto sie so ausnutzen und wieso konnte der, den sie haben wollte, nicht ein bisschen mehr Initiative zeigen? Gott, ihr Liebensleben war so frustrierend. „Oh…Schätzchen…“, kam es mitleidig von ihrem Vater, der nicht so richtig wusste, was er sagen sollte. „Wann ist das denn passiert?“ Mimi schluckte und richtete sich wieder auf. „Am Wochenende. Es gab Streit und…ich…ich hab‘ gemerkt, dass er nicht der Richtige war.“ „Naja, besser ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende“, sagte er überzeugend und berief sich mal wieder auf alte Sprichwörter, die ihm ihr Großvater beigebracht hatte. Wie hilfreich. Wieso war in solchen Augenblicken auch nie ihre Mutter in Reichweite? Ihre Ratschläge waren viel besser, als die von ihrem Vater. Doch ganz unvermittelt legte er seine Hand auf ihre und sah sie mit einem unergründlichen Blick an, den Mimi zuvor noch nie bei ihm gesehen hatte. „Ich weiß, dass solche Sprüche nicht hilfreich sind. Aber wenn er nicht der Richtige war und du das bemerkst, ist es besser ihn ziehen zu lassen. Es gibt so viele Menschen da draußen, aber nur wenige die einen von Herzen glücklich machen. Die einen müssen ein bisschen mehr suchen als die anderen, aber ich denke, ich spreche aus Erfahrung, wenn ich dir sage, dass du auch noch denjenigen findest, der dich sehr, sehr glücklich machen wird“, beendete er seinen Monolog, der Mimis Herz sofort erfasste und tief berührte. Ein mildes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie auf einmal die Arme um ihn legte und ihn fest an sich drückte. „Danke, Papa“, murmelte sie ihm entgegen, wohlwissend das er recht hatte. Liebe war alles andere als einfach, aber sie trug die süßesten Früchte, die man sich nur vorstellen konnte. Sie war bedingungslos und rein, sodass man sich einfach fallen lassen konnte, wenn man dem EINEN begegnete. Und Mimi war sich sicher, so sicher wie noch nie, dass sie ihm schon längst begegnet war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)