Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 117: Einen Schritt in eine fremde Welt ---------------------------------------------- Der Weg nach Hause ist schon ein ordentlicher Fußmarsch. Doch ich genieße die kühle Abendluft. Das ist genau das Richtige nach diesem Abend. Niemals hab ich geglaubt, dass Seto meine Bitte, wieder mit ihm Kontakt haben zu wollen, wirklich in Betracht ziehen würde und mich schon so bald nach unserem Treffen zum Essen einlädt. Eigentlich hab ich damit gerechnet, dass er sich niemals wieder bei mir melden würde. Ich hätte es ihm nicht verdenkt. Niemals. Hätte seine Ablehnung nur allzugut nachvollziehen können. Ohne wenn und aber hätte ich sie akzeptiert. Immerhin sind seine Erinnerungen an mich mit Schmerz, Erniedrigung und Qual getränkt. Wer würde sich an die schlimmste Zeit in seinem Leben schon freiwillig erinnern wollen? Kurz vor meinem sechzehnten Geburtstag hab ich Seto damals kennen gelernt. Er war ein verängstigter Junge, dem ich auf den ersten Blick ansah, dass er bereits Bekanntschaft mit der grausamen Ader seines Adoptivvaters und des Aufsichtsrates gemacht hatte. Ich kann es nicht erklären, aber sofort als ich ihn sah, wollte ich ihn beschützen. Beschützen vor diesen Monstren, denen ich zu diesem Zeitpunkt bald vier Jahre ausgesetzt war. So oft es ging hab ich mich vor ihn gestellt und ihn aus dem Blickfeld der Männer geschoben. Die Neigungen und Wünschen des Aufsichtsrates wurden immer schlimmer und grausamer, so hab ich mich in Drogen geflüchtet. Kokain war meine bevorzugte Droge, weil man es schnell und einfach konsumieren konnte und es direkt eine Wirkung entfaltet hat. Nur so habe ich all den Scheiß noch ertragen können. Klar, ich hätte nur aufhören müssen, mich vor Seto zu stellen, doch das konnte ich nicht. Doch dann... bin ich einfach zu alt für die Mistkerle geworden. Jedenfalls denke ich mir das. Denn ich konnte einfach ihre Aufmerksamkeit nicht mehr von Seto auf mich ziehen. Ich weiß nicht, wie ich auf den Gedanken kam, dass wenn ich ihnen mit Seto eine Show bieten würde, es mir gelingen könnte Seto vor Schlimmeren zu bewahren. Eine Zeit lang klappte mein Plan auch, doch dann... forderte mein Vater, dass ich Seto nehmen sollte. Ich wollte nicht. Wollte dem Kleinen kein Leid antun. Doch die Prügel von meinem Vater, als ich mich beim ersten Mal weigerte und mit anzusehen, wie er sich an diesem armen, wehrlosen Kind vergriff... Noch immer schnürt sich bei dieser Erinnerung etwas in mir zusammen. Kann Setos Schreie in meinen Ohren hören. Sein Weinen. Flehen. Wie er nach mir ruft und mich um Hilfe anbettelt. Hilfe, die ich ihm zu diesem Zeitpunkt nicht leisten kann, weil ich kaum Luft bekam und mich nicht bewegen konnte. Erst nach zwei Wochen hatte ich mich von diesen Prügeln soweit erholt, dass er mich wieder mit in die Firma nahm. Seto muss in dieser Zeit eine Menge erlebt haben. Er war kaum mehr als ein Schatten, der sich kaum zu rühren wagte. In einem ruhigen Augenblick hab ich ihn dann zur Seite gezogen und ihn umarmt. Voller Verzweiflung hatte er sich an mich geklammert. Für einen Moment dachte ich schon, dass er sich nie wieder von mir lösen würde. Doch dann hörten wir beide, wie mein Vater nach uns rief. Sofort erstarrte Seto wieder. Wir hätten still und starr in dieser Ecke stehen bleiben können. Doch das hätte am Ende alles nur noch schlimmer gemacht. Also haben wir uns unserem Schicksal ergeben. Erst forderte mein Vater eine Show und als die Show auf ihrem Höhepunkt war, forderte er von mir ein weiteres Mal, dass ich mich meinem Leidensgenossen aufdrängen soll. Ich hatte Seto angeschaut und er blickte mich mit diesen großen, kindlichen Augen angstvoll an. Dabei konnte ich nicht sagen, ob er Angst davor hatte, dass ich mich erneut weigern würde oder ob er Angst davor hatte, dass ich mich nicht weigern würde. Ich weigerte mich nicht erneut. Aber wenigstens konnte ich ihm den Schmerz ersparen. Den Schmerz, den mein Vater verursachen würde, wenn er an meiner statt sich Seto bemächtig hätte. Jedenfalls dachte ich in meinem drogenumnebelten Zustand das. Versuchte alles langsam und behutsam zu machen. Doch Seto weinte trotzdem. Doch das ist nichts, was ich ihm nachtragen kann. Egal, wie vorsichtig und behutsam ich vorging, es änderte nichts daran, dass ich ihn vergewaltigte. Ich habe damals eine Schuld auf mich geladen, die ich niemals wieder gut machen kann. Danach hab ich mich so vor mir selbst geekelt, dass ich - kaum das wir Zuhause waren - Stunden unter der Dusche verbracht habe. Ich war Ekel gewöhnt, doch diese Art von Ekel war einfach anders. Das war der Moment, indem ich meinen Konsum beim Schnupfen hoch schraubte. Es war schlimm genug, dass diese Männer mich benutzten, wie es ihnen gefiel, als sei ich nur ein Gebrauchsgegenstand. Doch das ich diese Art der Gewalt jetzt Seto antun sollte... das konnte ich nicht ertragen. Also hab ich so oft wie möglich versucht mich auszuknocken. Irgendwann muss ich mich so ausgeknockt haben, dass mein Vater erkannte, dass ich zu nichts mehr zu gebrauchen war. Da hat er mich von seiner rechten Hand 'entsorgen' lassen. Er hatte mich in irgendeiner Gasse, mit etwas Heroin und einem Fixerbesteck abgeladen. Scheinbar in der Hoffnung, dass ich mich alleine ins Jenseits schicke. Doch den Gefallen hab ich ihnen nicht gemacht. Meine Umgebung hat sich gewandelt. Nette Einfamilienhäuser reihen sich nun mit Vorgarten, Garagen und großen Gärten in dieser gutbürgerlichen Wohngegend aneinander. Eine ruhige Gegend. Die Grundschule ist gleich neben dem Park, in dem sich Seto mit mir verabredet hatte. Ob er gewusst hat, dass ich hier wohne? Denk ich nicht. Aber warum hat er sonst diesen Park ausgesucht? Schließlich komm ich an einem pfirsichfarbenden, zweistöckigen Haus an. Der Vorgarten ist adrett mit Blumenbeeten hergerichtet und ordentlich gemäht. Ich schiebe meinen Schlüssel in das Schloss und betrete mein Haus. Ziehe meine Schuhe aus. Steige leise die Treppen in das obere Stockwerk hoch. Schiebe die Tür zum Kinderzimmer meiner Tochter auf und trete an ihre Wiege. Sie schläft friedlich. Vorsichtig leg ich meine Hand auf ihren Bauch und überzeuge mich, dass es ihr gut gehe. Eine Träne löst sich aus meinen Augen. Da umschlingen mich zwei Arme von hinten. Ich brauch mich nicht umdrehen. Meine Frau erkenne ich jederzeit. Sie schmiegt sich an mich, lehnt sich mit ihrem Kopf an meinen Rücken. Leise fragt sie mich, wie es in der Horrorvilla war. Ich muss erst tief einatmen und den Kloß in meine Hals runterschlucken. Dann nicke ich und antworte ihr, dass es ein netter Abend war. Besorgt fragt sie mich, ob Erinnerungen in mir hoch gekommen seien. Ich schüttle den Kopf. Nicht in der Villa, obwohl ich dort auch einen Teil meiner Kindheit verloren habe. Bevor Gozaburo Seto adoptiert hatte. Doch heute ging es. Vielleicht lag es daran, dass wir in Räumlichkeiten waren, die ich früher nicht zu Gesicht bekommen habe. Auch die Einrichtung hatte sich sehr verändert. All die altbackenen Möbel sind rausgeflogen und wurden durch modernere ersetzt. Doch sie spürt, dass da doch Erinnerungen in mir hochgewallt sind. Sie dreht mich zu sich, nimmt mein Gesicht zwischen ihre Hände und küsst mich liebevoll. Dann nimmt sie mich in den Arm und drückt mich fest an sich. Tröstet mich auf eine Art und Weise, die nur sie beherrscht. Meine Frau weiß genau, wie sie mich in solchen Situationen handhaben muss. Kennt mich besser, als ich mich selbst kenne. Dann fragt sie mich, was für einen Eindruck ich von Seto hatte. Ob es ein Anzeichen dafür gab, dass er mir doch vielleicht irgendwann verzeihen kann. Ich zucke nur mit den Schultern. Sanft schieb ich sie aus dem Kinderzimmer in unser Schlafzimmer. Dort reden wir noch eine ganze Weile über den heutigen Abend. Und wieder einmal mehr erkenne ich, wie glücklich ich mich schätzen kann sie an meiner Seite zu wissen. Denn ihre Liebe gibt mir die Kraft, die ich brauche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)