Vampire Kiss von Laito-Sakamaki ================================================================================ Kapitel 27: Wege und Ziele -------------------------- 27. Wege und Ziele Als Michiru erwachte fühlte sie sich seltsam anders. Ausgeruhter als sonst und angefüllt mit Energie. Sie setzte sich auf und betrachtete das Bild, welches die letzte Nacht hinterlassen hatte. Die zerwühlten Decken waren fleckig von Blut. Auf ihrem nackten Körper war es getrocknet und verlieh ihr ein erschreckendes Aussehen. Auch einige Haarsträhnen hatte es gefärbt. Haruka schlief noch, doch Michiru wusste, dass sie einen eben solchen Anblick bot wie sie selbst, ohne die Bettdecke anheben zu müssen. So viel Blut war geflossen letzte Nacht. Ihr Blut und sie hatte es gewollt. Irgendwann war das Verlangen, welches die Vampirin in ihr ausgelöst hatte, unstillbar geworden und sie konnte fühlen, da gab es noch mehr! Ein Gefühl, ein Empfinden, das für einen Menschen unerreichbar war und das ihre Gespielin ihr geben konnte. Sie wollte fühlen, was Haruka fühlte, wollte ihren Rausch miterleben, ein Teil davon sein und wenigstens einen Moment lang mehr sein, als einfach nur Mensch... Und das war sie gewesen – die ganze Nacht lang. Sie war die Grenze zu Harukas Reich überschritten und hatte mit Leib und Seele ihr gehört. In jeder Faser ihres Körpers hatte sie es gespürt, wenn die Vampirin immer wieder von der frischen Wunde getrunken und sie noch öfter in ihrem Blut genommen hatte. Den Hauch von Ewigkeit schenkte Haruka ihr und das Verlangen von Jahrhunderten. Eine kräftige Gänsehaut jagte über ihren Körper, bei der Erinnerung daran und sie unterdrückte ein leises Kichern. »Erstaunlich was alles so in mir steckt«, dachte sie etwas beschämt, »Stille Wasser sind wohl nicht nur tief, sondern auch schmutzig.« Sie fühlte sich beinahe beschwingt und schwebte regelrecht auf Wolken. Fast wie ein verliebter Teenager nach seinem ersten Mal. Vorsichtig stieg sie aus dem Bett und schlich ins Badezimmer. Dort stellte sie sich vor den Spiegel und sah sich genau an. So betrachtet wirkte ihr blutverschmierter Körper nochmals anders. Irgendwie wild, fast urzeitlich. Langsam legte sie den Kopf leicht seitlich und besah sich die Bisswunde an ihrem Hals. Obwohl sich dort das meiste getrocknete Blut befand, war der Biss deutlich zu sehen und Michiru bekam sofort wieder Gänsehaut. Vorsichtig befühlte sie die Wunde und schloss schon bei der ersten flüchtigen Berührung mit einem leisen Seufzer die Augen. Ein Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht und sie biss sich auf die Lippe. Sie öffnete die Augen wieder und suchte ihren eigenen Blick im Spiegel. Beinahe wirkte sie wie ein Kind, das ertappt worden war bei etwas Schlimmen und doch seiner Strafe entgangen, durch einen heimlichen Verbündeten. Ihr eigener Anblick, die Erinnerung an die letzte Nacht und das sie sich Haruka mit Haut und Haaren hingegeben hatte, hätten sie schockieren sollen, doch das tat es nicht. Schlimmer noch – ihr gefiel, was sie sah und noch mehr gefiel ihr, die starke Verbindung zu der Vampirin, die sie nun so deutlich spüren konnte, denn diese war ganz anders als beim letzten Mal. Als sie einen Luftzug spürte wollte sie sich umdrehen, doch sofort fühlte sie den Körper, der sich rücklings an sie schmiegte und die starken Arme, die sich um sie schlangen. „Du weißt, wir müssen nun wieder sehr vorsichtig sein“, brachte Harukas Stimme an ihrem Ohr abermals eine Gänsehaut, „Ich würde es nur zu gerne sofort wiederholen…“ Sie küsste Michirus Schulter und die unterdrückte kaum ein leises Stöhnen. Die Gänsehaut wurde stärker und ihre Atmung direkt sehr schnell. „Ich will es auch“, wisperte sie zitternd und drehte sich schwungvoll in Harukas Armen herum, „Bitte, ich vergehe vor Sehnsucht nach dir…“ Sie schmiegte sich an sie und reckte sich ihr entgegen. »Warum ist es direkt so stark in ihr?« Nur widerwillig und mit enormer Selbstbeherrschung schob Haruka sie etwas von sich, um sie anzusehen. „Werde dir deiner eigenen Empfindungen klar“, sagte sie ernst, „Erst wenn ich jagen war und mich wieder kontrolliere weißt du wirklich, welches Verlangen das deine ist!“ Sie küsste Michiru auf die Stirn und sah sie danach wieder an. „Nutze die Zeit und halt dich fern von Yuri“, klang sie nun fast mahnend, danach lockend verführerisch, „Und mach mir dasselbe Angebot nach meiner Rückkehr…“ Wieder nur ein Hauch und Michiru war allein. Fast ein wenig benommen stand sie da und starrte einen Moment lang ins Leere. Dann schüttelte sie sich leicht und sah nochmal kurz in den Spiegel. „Nicht meine Empfindungen?“ murmelte sie. Konnte das wirklich sein? Sie war sich letzte Nacht ihrer Sache so sicher gewesen und auch nach dem Erwachen. Selbst bis gerade eben noch hätte sie alles darauf geschworen, dass sie Haruka über alles liebte und sie so sehr begehrte, dass sie für immer bei ihr sein wollte. Nun aber hatte die Vampirin das Haus verlassen. Sie war gegangen, um zu jagen und je weiter sie sich entfernt hatte, desto weniger von diesem unglaublich starkem Verlangen verspürte Michiru. Ihre Libido ließ wieder messerscharfe Gedanken zu und plötzlich wollte sie nur noch schnellstmöglich duschen und sich reinigen. Ohne sich Sachen zurecht zu legen stieg sie in die Kabine und drehte das Wasser auf. Der erste Strahl war eisig kalt, doch das nahm sie kaum wahr. Sie wollte nur das Blut von ihrer Haut waschen und den Beweis für ihr sündiges Handeln vergangene Nacht, welches plötzlich ein so schlechtes Gewissen bereitete. »Ja verdammt, ich liebe sie«, konnte sie dennoch nicht leugnen, »Aber das bin doch nicht mehr ich! Zu was bin ich sonst noch fähig?« Oder war es Haruka, die sie dazu fähig machte? Sie hatte ihr Menschen geopfert, sogar Freunde – auch das konnte sie nicht leugnen. Am Ende auch vollkommen freiwillig. Ihr Blick fiel auf das Wasser in der Duschwanne, dass noch immer verfärbt war vom Blut. Dieser Anblick löste wiederum etwas aus, dass sie nur eine Art Zauber nennen konnte. Das Rot zog sie in ihren Bann, verstärkte Wünsche und Sehnsüchte, die sie in sich trug, lockte mit deren Erfüllung und versprach, ihre kühnsten Vorstellungen zu übertreffen. Und noch etwas löste dieser Anblick aus. Er brachte ihren Körper dazu, so etwas wie Hunger zu signalisieren. Haruka hatte ihre Magie benutzt, zu tun, was zu tun war. Es gab nicht die Zeit dazu sich herzurichten, denn sie hatte schnell Nahrung finden und sich von Michiru entfernen müssen. Hinter ihrem ersten Opfer, einem jungen Mädchen, war sie einfach aus dem Nichts aufgetaucht und hatte zugebissen. Selbst ihre, sonst so geliebte Jagd und die Angst ihres Opfers, waren auf der Strecke geblieben. Sie brauchte Blut und sie brauchte es schnell. Ohne das war die Gefahr viel zu groß, dass sie sich vergessen und dem Drang, direkt zu Michiru zurück zu kehren, nachgeben würde. Doch in diesem Fall wollte sie nicht das Mädchen dadurch schützen, sondern sich selbst. Sie wusste sicher, dass Michiru sich ihr nicht mehr entziehen würde. Nicht wegen des Bisses oder seiner unglaublich starken Wirkung, sondern weil da etwas in ihr war, dass fast genauso stark war. Etwas, dass mit Harukas Energie kooperierte, sich mit ihr zu verbinden schien und die Vampirin zu ungeahnten Handlungen trieb. Etwas, das so in der letzten Nacht zum ersten Mal da gewesen war... „Ich weiß nicht, was es ist“, flüsterte sie, während der zweite leblose Frauenkörper aus ihren Händen glitt, „Aber ich bin mir sicher, genau das ist es, was Ayame will!“ Sie sah sich kurz um, denn sie hatte ein Geräusch gehört. Nichts regte sich, also setzte sie sich in Bewegung. Ein drittes Opfer musste ran. Diese Nacht würde noch so manches bringen und dafür brauchte sie all ihre Kräfte. »Andererseits hat es noch Zeit«, grinste sie plötzlich finster, »Ich sollte meinen Besuch machen, solange ich noch hungrig bin.« Eigentlich war der Entschluss bereits gefasst, bevor er aufgekommen war. Michiru würde nicht wieder davon laufen und Yuri stand bisher noch weit unten auf ihrer Liste. Priorität hatten andere. Das erste Ziel war nur wenig später erreicht. Sie befand sich in einem großen Wildpark außerhalb der Stadt, was ihr ein amüsiertes Lachen entlockte. „Tiere“, murrte sie verächtlich, „Wie schrecklich würdelos!“ Die Energie, die sie hergeführt hatte, war sofort lokalisiert. Sekunden später stand sie direkt hinter dem riesigen Wolf, der einen Hirsch geschlagen hatte und sich daran gütlich tat. „Hast du eigentlich je wirklich einen Menschen getötet?“ grinste sie überheblich, „Oder auch nur aus Versehen infiziert?“ Der Wolf unterbrach sein Mahl und richtete sich auf. Ganz ruhig und in keiner Weise aggressiv. Er wusste genau, wer da hinter ihm stand und ließ sich selbst bei seiner Rückverwandlung Zeit. Erst danach drehte er sich zu Haruka um und sah sie beinahe mitleidig an. „Was willst du?“, war er fast schon gelangweilt, „Langen dir deine Probleme nicht oder bist du einfach nur zu dumm sie zu erkennen? Ich habe kein Interesse mehr an deiner kleinen Dirne. Wer sich dir als Mensch derart hingibt, soll von mir aus mit dir untergehen!“ „Was ist mit Michiru?“ fuhr Haruka ihn an, „Wieso ist sie plötzlich uninteressant für dich und zieht Meinesgleichen derart an? Welche Informationen hat dein kleiner Spitzel dir gegeben?“ Kyosuke lachte und wischte sich etwas Blut vom Gesicht. „Glaubst du wirklich, deine kleine Vampirsklavin wurde von mir geschickt?“ Er schien sichtlich amüsiert, was Haruka ziemlich ärgerte. In der nächsten Sekunde war Kyosuke wieder völlig ernst und machte nicht den Eindruck, als hätte er es nötig zu lügen. „Keine Ahnung, wer dir den kleinen Lüstling untergejubelt hat“, erklärte er, „Aber es war scheinbar nicht deine Ex Liebschaft. Obwohl diese rothaarige Hexe irgendwas damit zu tun hat und absolut nichts Gutes im Schilde führt. Wenn ich du wäre, würde ich dein kleines Spielzeug nicht mehr aus den Augen lassen, denn alles was Vampir oder Werwolf ist in dieser Gegend, ist hinter ihr her. Warum, das kann ich dir auch nicht sagen. Und jetzt verzieh dich, ich will weiter essen!“ Er drehte sich weg, verharrte jedoch, weil die Vampirin blieb, was er im Grunde nicht anders erwartet hatte. „Und weshalb erzählst du mir das alles?“ wollte sie wissen. „Warum sollte ich dir nur ein Wort davon glauben? Du hasst mich und willst mich seit einem halben Jahrhundert vernichten. Warum solltest du mich plötzlich verschonen?“ „Wer sagt, dass ich das tue?“ drehte er sich wieder zu ihr, „Ja, ich hasse dich und will deinen Tod…irgendwann! Doch zuerst sollst du leiden. Du sollst erfahren, was so viele Menschen durch dich erfahren mussten und es am eigenen Leib spüren.“ Er hatte sich ein wenig ereifert, wurde nun aber wieder ruhiger. „Du willst dieses Mädchen unbedingt. Du willst sie mehr, als du meine Schwester wolltest und wahrscheinlich mehr als jemals irgendetwas wolltest. Deine eigene Art jedoch, will genau das verhindern. Alle Blutsauger wollen sie aus deinen Armen reißen und ich will sehen, was du dagegen tust. Ich will sehen, was mit dir geschieht, wenn du dich nirgends mehr sicher fühlst, es keine Verstecke mehr für dich gibt und sie dir dein kleines Spielzeug irgendwann entreissen…“ Haruka schluckte. Diese vollkommen ruhig gesprochenen Worte hallten wieder und wieder in ihrem Kopf und sie wusste, dass sie der Wahrheit entsprachen. Egal wohin sie mit Michiru gehen würde – Ayame würde sie überall finden. Und wenn wirklich noch andere Vampire, außer ihr, es auf das Mädchen abgesehen hatten, dann würde sie irgendwann ein echtes Problem bekommen. Ihre einzigen Verbündeten waren ein Spitzel und ein Mädchen, dessen Blut scheinbar alle Vampire wollten. „Was verlangst du?“ fragte sie kühl. Er zog die Augenbrauen hoch und lachte. „Diese Informationen waren gratis“, grinste er genauso kühl wie sie, „Und alles, was du von mir bekommst!“ „Ich verlange nicht, dass deine Wölfe oder du mir helfen“, brachte sie ihr Anliegen hervor, „Ich erwarte nur, dass sich keiner einmischt!“ „Du erwartest?“ hatte er sie im nächsten Moment am Kragen, „Das einzige, was du zu erwarten hast, ist dein Tod, Blutsaugerin!“ Er stieß sie leicht von sich und sah sie drohend an. „Keiner meiner Wölfe wird sich an dir die Finger schmutzig machen“, sagte er, „Für die Sklaven deiner rothaarigen Hexe kann ich nicht sprechen. Und doch solltest du jede Sekunde damit rechnen, dass ich da sein und deine widerliche Existenz beenden könnte!“ Er drehte sich weg, verwandelte sich in der Bewegung und warf ihr noch ein drohendes Knurren zurück. Dann verschwand er in die Nacht. „Du denkst also, ich lass mich von dir einschüchtern“, murmelte sie voller Hass, „Dann werde ich mal dafür sorgen, dass du zu beschäftigt sein wirst, dich um mich zu sorgen…“ Sie verschwand und ihre schwarze Magie brachte sie sekundenschnell in eine rabenschwarze Umgebung. Nicht die winzigste Lichtquelle gab es und selbst die Augen eines Vampirs waren hier blind. Haruka hielt das nicht auf. Nur eine Handbewegung und an zwei Seiten entflammten vier große Kerzen und erleuchteten den kleinen Raum. Es war eigentlich nicht wirklich ein Raum, eher ein Kellergewölbe. Alle Wände bestanden aus grobem Mauerstein, wie auch der Boden und der steinerne Sarg in der Mitte. Sie war in einer Gruft. Ein böses Lächeln erfasste ihre Lippen und sie ging auf den Sarkophag zu. Die schwere Steinplatte war kein Hindernis für sie, ebenso wenig der verriegelte Deckel des Sarges darunter. Versiegelt deshalb, weil die Tote darin keine normale Tote war. So viele Jahre lag sie nun bereits hier und dennoch sah sie aus, als wäre sie gerade erst begraben worden. Sie war tot, gestorben durch mehr als ein schwarzmagisches Wesen und genau das machte sie besonders. Ein Vampir, gestorben durch einen Werwolf, der nicht die Macht besaß, die Magie eines Zigeunervampirs vollends zu zerstören. Eigentlich hatte der Wolf sie gar nicht richtig getötet. Er hatte sie in eine Art ewigen Schlaf versetzt, den kein lebendes Wesen beenden konnte. Kein lebendes und auch kein Totes, doch wohl aber ein Untotes, dessen eigene Saat verantwortlich war, für diesen Totenschlaf. Haruka lehnte sich vor und hob den leblosen Körper hoch. „So meine schlafende Schönheit“, hauchte sie, „Es wird Zeit für eine Familienzusammenführung…“ Das Mädchen öffnete nicht die Augen, doch wirkte sie plötzlich überaus lebendig. Wie schlafend lag sie in Harukas Armen und die Vampirin verließ mit ihr zusammen die Gruft. Michiru saß auf der Couch und sah sich einen Film an. Nach der Dusche hatte sie das Bett frisch bezogen und auch die letzten Spuren dieser zügellosen Nacht beseitigt. Sie hoffte, das Fernsehen sie ablenken würde und eine Weile hatte das sogar funktioniert. Immer öfter aber kamen Gedanken aus dem Nichts und eine Frage kristallisierte sich hervor. „Wieso soll ich mich von Yuri fern halten?“ Sie setzte sich gerade auf. »Stimmt also doch etwas nicht mit ihr oder wieso sagt Haruka ich solle sie meiden?« „Sie sagt das, weil sie fürchtet, sie könnte dich ihr wegnehmen!“ Mit einem erschreckten Aufschrei schwang Michiru herum und wäre dabei fast von der Sitzfläche gerutscht. Als sie sah, wer diese Worte gesprochen hatte, befiel sie sichtbare Panik. „Was?“ lachte die Rothaarige, „Hast du etwa Angst vor mir?“ Sie kam langsam näher und Michiru wich soweit es ging zurück. Ayame blieb am Fuß der Couch stehen und sah sie durchdringend an. „Keine Bange ich bin nicht hier, um dich zu töten“, schnurrte sie wie eine Raubkatze, „Ich möchte dir nur sagen, dass du sie haben kannst, wenn du sie willst!“ Michiru schluckte, nahm dann aber all ihren Mut zusammen und fragte, was sie wissen wollte. „Wieso auf einmal?“, brachte sie erstaunlich fest hervor, „Vor einigen Nächten spazierst du hier herein und tötest sie beinahe, in der letzten wolltest du sie verführen und nun schenkst du sie mir? Und warum kommst du her, um mir das zu sagen? Du hättest einfach verschwinden und uns in Ruhe lassen können, aber du bist hier. Du bist hier, weil Haruka nicht hier ist und ich weiß genau, warum das so ist!“ Ayame lachte ein wenig. „Schön, dass du den Ernst der Lage zu begreifen scheinst“, wurde sie plötzlich eiskalt und grausam gefährlich. Sie schnellte vor und drückte Michiru gegen die Couch. „Was glaubst du zu wissen, du ahnungslose, kleine Kreatur?“ zischte sie, „Sag es mir Menschlein!“ Michiru war geschockt und ihre Angst wuchs ins Unermessliche. Sie sah Ayames glühende Augen, ihre gefährlichen Reißzähne und spürte deren unglaubliche Macht. Genau wie bei der ersten Begegnung mit ihr. Diese Vampirin war außerordentlich gefährlich, skrupellos und eiskalt. Sie hatte so viele Leben genommen, dass eines mehr oder weniger schon lange nicht mehr auffiel und sie hatte ihren Keim nicht nur Haruka eingepflanzt. Woher sie das plötzlich wusste, hatte sie nicht die geringste Ahnung, doch es ließ unglaubliche Sicherheit in ihr aufkommen. Ein Gefühl der Überlegenheit stieg in ihr hoch und sie begann zu lächeln. „Du wirst mir nichts tun“, flüsterte sie, „Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht, denn du willst mich. Du willst mich und etwas das ich besitze, aber du fürchtest Haruka!“ „Ich fürchte Haruka nicht!“ wurde Ayame laut und sehr grob, „Sie ist mein Geschöpf!“ Gewaltsam drehte sie Michirus Kopf auf die Seite und öffnete gut sichtbar ihren Mund, um sich mit der Zunge genauso sichtbar über die Zähne zu streichen. Sie wollte die Todesangst in Michirus Augen sehen und die bekam sie zu sehen. „Ich fürchte niemanden“, hauchte sie und leckte über die Bisswunde von Haruka. Michiru entwich ein kurzer, leiser Aufschrei und sie rechnete mit dem Schlimmsten. Wahrscheinlich wäre genau das auch eingetroffen, wäre nicht in diesem Augenblick Yuri auf der Bildfläche erschienen. Sie war noch vor Einbruch der Dunkelheit verschwunden, um in Sicherheit ihre Vorbereitungen zu treffen und war nun zurückgekehrt, um der erwarteten Konfrontation in die Augen zu sehen. Was sie jedoch erwartete, war etwas ganz anderes. „Lass sie sofort los!“ schrie sie und riss Ayame mit einem Sprung von Michiru weg. Beide prallten auf den Boden, waren aber gleich wieder auf den Beinen. Michiru zog sich etwas zurück, jedoch nur so weit, dass sie den Kampf beobachten konnte. „Ich wusste, Harukas Einfluss wird dich schwächeln lassen“, knurrte Ayame, „Mein Vertrauen in dich war von Anfang an gering, weshalb ich mich zum Glück nicht auf dich verlassen habe.“ »Ayame hat sie geschickt?« war Michiru geschockt, »Was verdammt geht hier vor?« „Du hast mich genauso ausgewählt, wie Haruka es getan hat“, grinste Yuri, „Beide habt ihr geglaubt ein wehrloses Opfer vor euch zu haben, das ihr in ein williges Spielzeug verwandeln könnt, aber das könnt ihr nicht. Weder du – noch sie!“ „Was soll das heißen?“ fauchte Ayame, veränderte ihre Haltung dann jedoch frontal, als hätte sie etwas begriffen, oder gespürt… „Ich werde es noch erfahren“, lächelte sie jetzt fast schon freundlich, „Weder du noch deine verachtenswerte Herrin haben mir etwas entgegen zu setzen.“ Sie blickte Michiru an und die erschrak furchtbar. „Es geht einzig um dich und den wertvollen Schatz, den du in dir trägst, mein Herz“, wisperte sie verheißungsvoll, „Und du weißt, wie es enden muss. Sie ist nicht deine Bestimmung. Deine ist eine viel Größere!“ Sie verneigte sich und löste sich lachend in Nichts auf. Ihre böse Ausstrahlung ließ Michiru nun endlich frei und kraftlos sackte sie an der Wand zusammen. Sofort war Yuri bei ihr und half ihr auf die Couch. „Hat sie dich gebissen?“ fragte sie besorgt, „Wieso hat Haruka dich allein gelassen?“ Misstrauisch sah Michiru sie an, doch sie war auch dankbar, für die Hilfe. »Vielleicht eine gute Gelegenheit, um ein paar Antworten zu bekommen«, dachte sie, »Das sie etwas verbirgt, weiß scheinbar auch Haruka schon.« „Nein“, antwortete sie darum, „Sie wollte es, aber du bist gerade noch rechtzeitig gekommen, es zu verhindern.“ Ihr Blick traf Yuris und sie versuchte, einfach ahnungslos zu wirken. Yuri jedoch schien nichts mehr zu verbergen zu haben. „Sicher denkst du jetzt, ich habe euch an Ayame verraten“, sagte sie, „Das verstehe ich nur zu gut Chiru, glaub mir. Es stimmt ja auch, sie hat mich auf euch beide angesetzt und den Werwolf benutzt, mich in euer Haus zu bringen, aber ich habe es niemals wegen ihres Befehles getan.“ Sie setzte sich auf die Tischkante und legte Michiru die Hand auf die Schulter. „Ich habe es getan, weil ich auf der Suche war und eines zum anderen kam. Ich hatte nichts zu verlieren, als Ayame mir ihr Angebot machte und das ich dadurch auf dich traf, muss Schicksal gewesen sein. Keine Ahnung warum, aber ich hatte von der ersten Sekunde an das Gefühl, dich schon ewig zu kennen und alles was ich wollte war, dich zu beschützen – vor allem, was eine Bedrohung für dich sein könnte.“ Sie sah ihr in die Augen und Michiru versuchte, irgendein Anzeichen vampirischer Macht oder Täuschung darin zu finden, doch sie fand nichts. Yuri schien die Wahrheit zu sprechen und auch das seltsame Gefühl der Verbundenheit mit ihr sprach wohl dafür. Sie war Harukas Geschöpf, das spürte Michiru ganz deutlich. Eine Gefahr für sie stellte Yuri absolut nicht dar, auch das konnte sie deutlich fühlen. Sie würde ihr nichts antun. Nicht nur aus Angst vor Harukas Strafe, sondern weil sie wirklich keine negativen Gefühle für Michiru in sich trug. „Dann sag mir, warum Haruka dich für eine Gefahr hält“, verlangte sie, „Ist es, wie Ayame sagt? Liebst du mich?“ Yuri sah ihr weiterhin in die Augen und grinste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)