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The Splintered Truth

von

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Verschwunden XVIII --- Das Geschenk

[Rick]
 

"Schon wieder nichts.", jammerte Rick leise.

Er ging kopfschüttelnd aus dem Hotel.

Mit dem Kopf gesenkt setzte er sich auf eine Holzbank, welche in der Nähe des Hotels, nahe der Straße, stand.

Zurzeit fuhr kein Auto, daher war es still.

Nur der leichte Wind fegte über die Straßen und er brachte eine gewisse Kühle, welcher die Stimmung weiter senkte.

Alina setzte sich neben ihm und strich ihm sanft über die Schulter.

„Es wird schon alles gut werden.“, versuchte sie ihn zu beruhigen.

Inzwischen versuchte Rick wirklich darauf einzugehen, denn er hatte ein wenig eingesehen, dass die reine Verzweiflung alles anderes als fördernd war und er vielleicht mehr die Hilfe der anderen annehmen sollte.

Rick versuchte wirklich positiv zu denken.

Nur machte ihnen das Schicksal immer wieder ein Strich durch die Rechnung.

Zuerst klangen die Gerüchte sehr zuversichtlich.

Man hatte angeblich ein Mädchen gesehen, welches von Zuhause weggelaufen war und nach einem Hotel gefragt hatte. Rick hatte gleich angenommen, dass es Tina sei. So suchten sie alle Hotels in der Nähe ab.

Und nun hatten Alina und Rick schon das dritte Hotel durchquert bzw. die Person am Schalter mit Fragen überhäuft.

Ein viertes Hotel war schon in Sicht, aber die Aussicht auf Erfolg schwand mit jeder Minute.

"Wo steckt sie bloß? Wo bist du nur?"

Rick versenkte sein Gesicht in seinen Armen. Diese Ungewissheit machte ihn fertig.

Der Countdown saß ihm zudem auch im Nacken, dabei erklärte Alina ihm jedes Mal, dass dies nicht hundertprozentig sicher sei, vielleicht ging es Tina ja gut. Der alte Magier könnte gelogen haben. Nach der Aussage von Daniel soll der Mann ein ziemliches Arschloch gewesen sein.

Vielleicht machte er sich ja wirklich ein Spaß daraus. Wer wusste das schon genau.


 

„Machen wir weiter, Rick. Deine traurige Miene, die macht mich selbst traurig.“, erklärte Alina.

„Ja, ich weiß. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich ermahne euch immer wieder, aber nun halte ich mich selbst nicht daran.“, erklärte er, daraufhin stand der Junge auf.

„Mach dir kein Kopf wegen mir. Ich sehe es ja selbst........................., selbst ich bin nicht so naiv. Ich muss mir an die eigene Nase fassen.“, meinte er zu seiner Freundin.

„Ich mache dir deswegen keine Vorwürfe.“, erklärte sie.

Der Junge schaute sie schwach schmunzelt an.

„Wir schaffen das! Wir werden sie finden“, gab Rick bekannt. Daraufhin nickte Alina.

Anschließend sah er seiner Freundin tief in die Augen:

„Auf zum nächsten Hotel. Wir haben noch viel vor uns.“, sein Blick wirkte wieder ein wenig entschlossener, sodass Alina ebenfalls kurz lächelte.

„Also, auf geht's! So gefällst du mir übrigens besser.“, erklärte Alina.

So suchten die beiden das Sonnensternhotel auf. Das vierte und letzte Hotel, welches in dieser Stadt lag. Alle anderen Gebäude dieser Art, sahen eher gefährlicher und dreckiger aus. Es waren Schlafräume, die sich über Kneipen befanden. So ging Rick schon von vornherein aus, dass Tina nicht dorthin gegangen war, zumindest nicht freiwillig. Wenn so ein Mädchen überhaupt in solche Gebäude durfte, was ja nach dem Gesetz nicht der Fall war.

Das Hotel lag abseits im Osten der Stadt. Die Umgebung wirkte ruhiger und die Atmosphäre entspannter, als im Westen beim Bahnhof.

An sich war dieses Hotel das letzte Gebäude der größeren Straße, aber ein breiter Pfad führte um das Gebäude herum. Dieser sah befahrbar aus.

Ein weiterer Pfad führte von der Straße aus direkt in den Wald, aber der Weg war zu schmal, um von Fahrzeug befahren zu werden, außerdem war es diesen untersagt dort entlang zu fahren.

Der schmale Weg führte in die Ferne in Richtung Berge.

Abgesehen von dem Hotel standen noch vereinzelt eher baufällige Wohnhäuser herum.

Das Hotel an sich sah auch nicht besonders prächtig aus, aber es tat seinen Zweck.

Mit drei Sternen war es immer noch eine gute Mittelklasse.

Im Vergleich zu den meisten Wohnhäusern, stach das Gebäude alleine schon damit heraus, dass die Farbe der Dachziegel hellrot war und einen prächtig angelegten Hintergarten besaß, den man von der Straße aus zum Teil betrachten konnte. Gepflegt wurde er definitiv.

Der andere Weg, der am Haus entlangging, wies Spuren auf, die darauf hindeuteten, dass dort gelegentlich ein Fahrzeug fuhr.

Dieser unebene Pfad führte ebenfalls in ein Waldstück, aber danach sofort einen steilen Abhang hinauf. Nur ein Jeep könnte dort hinauf fahren.

In einigen Meter Höhe, bei einer Holzhütte, endete der Weg.

Das Haus stand ziemlich Abseits von der Stadt und es bot bestimmt eine gute Aussicht von dort oben und bestimmt eine angenehme Stille.

Rick interessierte diese Hütte jedoch nicht. Er wandte sich dem Hotel zu.

„Ich habe ein gutes Gefühl bei diesem Gebäude. Ich werde sie finden!“, machte sich Rick Mut, als er zur gläserner Eingangstüre trat, um diese anschließend zu öffnen.

Langsam ging er hinein und der Junge gelangte in den eher langweilig aussehenden Eingangsbereich.

Im Eck vegetierten ein paar große Pflanzen. Zwei große rote Sofas standen sich gegenüber und in der Mitte des Raumes stand die Rezeption und eine blonde Frau schien dort zu arbeiten.

Sie trug hochgebundenes blondes Haar, dazu eine saubere Arbeitsuniform.

Zwar sah das Gebäude von innen eintönig und einschläfernd aus, aber zumindest war es sauber, zudem war der Duft in der Luft sehr angenehm und man fühlte sich entspannter..

Die Mitarbeiterin wirkte nicht hektisch und als die Dame die beiden sah, lächelte sie sogar.

„Heute bekomme ich aber viel Besuch. Ihr seid nicht die Ersten.“, meinte die Empfangsdame erfreut.

Sie fing wieder an weiter zu arbeiten.

„Sie wird hier sein!“, Rick war fest entschlossen damit recht zu haben.

Er ging überzeugt und gezielt zum halbrunden Tisch, um dort mit der Dame zu sprechen.

„Wir sind auf der Suche nach einer Freundin. Ein junges Mädchen ungefähr in meinem Alter. Sie hat.............“, wollte Rick beginnen zu erklären, da unterbrach die Empfangsdame den Jungen zugleich:

„Ein Mädchen war zuvor hier. Sie wirkte sehr verwirrt und das arme Ding war auf der Suche nach jemanden. Das Mädchen sprach zu schnell, sodass ich leider nicht allzu viel verstand. Ich war froh, als dann wenig später ihre Familie kam, um sie abzuholen. Ich glaube ihr Onkel war hier? Komische Männer in schwarz. Wenn ich ehrlich bin, war das für mich ein wenig zu suspekt, aber was verstehe ich schon davon?“

„Warte was?“, unterbrach Rick.

Der Junge dachte, dass er sich verhört hatte.

„Ein Mädchen.........., sie schien müde und traurig zu wirken. Ich war zwar froh, dass............., wobei ich mir jetzt wirklich Gedanken mache. Sie ist nicht............“, die Frau schien zu überlegen.

„Da stimmt doch was nicht. Diese Geschichte gerade............., diese Männer.........“, Rick zweifelte. Er musste nachdenken.

Währenddessen mischte sich Alina ein:

„Wie sah das Mädchen aus?“

„So groß wie ihr............, ich schätze etwas längeres rotbraunes Haar, unschuldiger Blick. Sie wirkte geschwächt und das Mädchen hatte Angst, wobei ich mir jetzt sogar Sorgen mache................., diese Männer hatten das Mädchen schon ziemlich grob angefasst................“, die Frau an der Rezeption wirkte immer nachdenklicher.

„Verdammt nochmal! Sie wurde von diesen Männern verschleppt!“, Rick wurde lauter.

„WAS?! Diese Männer sollen Entführer sein? Das bedeutet ja................, von wegen Familie! Die Männer haben mich angelogen!“, bemerkte die Dame. Sie wirkte tatsächlich schockiert.

„Wo sind sie lang?“, wurde der Junge lauter.

„Was weiß ich............“, die Dame wirkte hektischer:

„Sie sind die Straße da entlang gefahren, also die neben dem Haus, aber die führt doch nur zur einer Holzhütte..............“, die Frau konnte nicht einmal zu Ende reden, da Rick schon aus dem Gebäude stürmte.

„Hey warte, Rick!“, rief Alina ihm hinter. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ihr Freund gleich losstürmen würde.

„Ich muss Tina da rausholen!“, sagte Rick sich immer wieder, während er den Weg entlang hetzte.


 

Der Weg zur Holzhütte war vielleicht insgesamt nur einen Kilometer lang, sodass Rick ein großen Wegessabschnitt in nur kurzer Zeit schaffte. Alina kam nur keuchend hinterher.

„Hey Rick! Sei vernünftig, verdammt! Wenn das wirklich Entführer sind, dann...........“, sie musste kurz durchatmen.

Ihr Freund wartete aber nicht, auch wenn er selbst schon völlig aus der Puste war.

Der Gedanke trieb ihn weiter an.

„Ich befreie sie! Ich hole sie da raus! Ich schulde ihr das! Ich bin verantwortlich für ihre Tortur und nur weil ich damals............“, machte sich der Junge immer weiter Vorwürfe.

Während Alina stehenblieb, um Energie zu tanken, eilte Rick zur Holzhütte.

Einige Meter vor der Gebäude blieb er jedoch stehen.

Ein schwarzer Jeep stand in der Nähe des Hauses.

Die Holzhütte war von der Nähe aus gar nicht so klein. Das Gebäude war zwei Stockwerke groß und bot zumindest Platz für eine handvoll Personen.

Es war still und es herrschte eine unangenehme und bedrohliche Stimmung.

Seine innere Stimme versicherte ihm, dass er am besten keinen Fehler machen sollte.

Einer dieser Fehler war das Betreten dieser Hütte, ohne Plan.

Wer wusste schon wie viele Entführer in diesem Gebäude waren.

Der Junge musste mit einem Plan vorgehen, aber mit welchem Plan? Rick hatte keinen.

Sollte er sich einen Ast aus dem Wald schnappen und die Männer einfach so attackieren?

Sollte er vielleicht die Polizei rufen?

Würden sie ihm überhaupt zuhören?

Würden die Entführer hierbleiben oder gleich wegfahren?

Blieb wirklich nur das Losstürmen übrig?

Aber was sollte der Junge sonst tun?

Da schoss ihm ein besserer Gedanke durch den Kopf:

„Linda informieren!“

Diese Idee war eine Überlegung wert. So zog er sein Handy hervor, um nur festzustellen, dass er vergessen hatte es zu laden.

Beinahe hätte der Junge deswegen lautstark geflucht. Wütend unterdrückte er seinen Ausbruch. Wieso hatte er das vergessen?


 

Plötzlich schauderte es den Jungen, als jemand gleichgroßes an ihm vorbeiging.

Kurz zuckte Rick, weil er bemerkte, dass es nicht Alina war. Es war aber auch kein Feind.

Illan war schweigend an ihm vorbei getreten:

„Ich habe nun sämtliche Bezirke außerhalb der Stadt durch und Tina befand sich nirgendwo. Einzelne Tagesdiebe versteckten sich, aber mehr auch nicht. Ich schätze mal stark, dass ihr sie gefunden habt?“, der Vampir sah Rick mit einer kühlen Miene an.

Darauf wandte Illan seinen Blick kurz auf die Holzhütte, um anschließend wieder Rick anzuschauen.

„Kannst du sie da rausholen?“, fragte der braunhaarige Junge.

Es war das erste Mal, dass er Illan um etwas bat.

Außerdem war es das erste Mal, dass Rick dies Anwesenheit des Vampirs nicht ablehnte.

Seine kühle und finstere Art hatte den Jungen immer gestört, aber nun war sie eher das Motivierende. Die Gewissheit, dass Illan sie heil zurückbringen würde.

Rick erinnerte sich an den Kampf gegen die Riesenspinne und an die Kraft und die Opfer, die der Vampir hingelegt hatte.

Der Junge erinnerte sich auch an die Verletzungen, an die Illan zu leiden hatte, aber dennoch hatte der Vampir niemals ein Vorwurf erhoben.

„Beenden wir die Ungewissheit.“, meinte der Vampir und schon ging er auf die Holzhütte zu, während Rick hinter ein paar Büschen Deckung suchte. Alina schloss inzwischen zu ihm auf.

„Wo kommt Illan denn her? Ich habe ihn zuvor gar nicht bemerkt.“, fragte sie verwirrt, während das Mädchen immer noch von dem Sprint erschöpft war. Keuchend stand Alina immer noch neben ihrem Freund.

Rick ging nicht direkt auf ihre Frage ein, stattdessen erklärte er:

„Für ihn ist es bestimmt ein Leichtes uns zu finden oder es war nur Zufall. Was auch immer, aber er kann sie da rausholen. Er schafft das.“, meinte Rick sehr zuversichtlich.

Er würde aber nicht still sitzen bleiben. Würde sich eine Chance ergeben, dann würde der Junge ebenfalls handeln.

„Ich bin stolz auf dich.“, begann Alina plötzlich und Rick schaute sie verwirrt an. Bevor er das erste Wort formulieren konnte, erklärte seine Freundin:

„Früher wärst du dumm in das Gebäude gerannt. Du hast zum ersten Mal ein kühlen Kopf bewiesen und das Feld jemand anderes überlassen. Das ist für mich völlig ungewöhnlich, aber es freut mich sehr.“

„Ich bin kein Idiot, auch ich bin fähig zu lernen.“, erklärte Rick und er sah zur Seite.

Ihm war das Lob ein wenig peinlich und es war ihm peinlich, darüber überhaupt nachzudenken, dass es ihm peinlich war.


 

Schon zersprang ein Fenster und jemand flog heraus. Es war ein Mann im mittleren Alter.

Er trug ein schwarzen Anzug, sowie eine schwarze Jeans. Sein Aussehen erinnerte an die Bodyguards von bekannteren Personen.

Der Gestürzte sah nach dem Absturz ziemlich mitgenommen aus.

Zudem landete ein Tisch neben ihm, als der Mann vom ersten Stockwerk auf die Wiese krachte.

Der Tisch wurde dadurch fast komplett zerstört. Die Splitter verteilten sich auf der Wiese.

Zugleich stand der Mann auf. Er wirkte sichtlich geschwächt.

„Scheiß Vampir! Ich muss Verstärkung rufen.“, brummte er und zugleich zog der Mann ein Telefon hervor.

Nun war das Signal da und Rick eilte zu diesem Mann, denn solange dieser abgelenkt war, konnte Rick diesen Anzugträger gut überraschen. Er durfte keinesfalls Verstärkung rufen.

„Was machst du da?!“, flüsterte Alina so laut, wie es ihr möglich war.

Schon hob der Mann eine Schusswaffe hervor, als er den Jungen auf sich zurennen sah.

Rick zuckte zwar vor Nervosität, aber er war zum Glück schneller, als der Schütze überhaupt auf den Jungen zielen konnte. Die Hand des Mannes schwankte stark beim Zielen. Seine Augen wirkten verschwommen.

So verpasste der Junge dem ein Kopf größeren Mann ein Bodycheck.

Dieser verlor das Gleichgewicht und schwankte nach hinten.

Erst jetzt sah man die Verletzungen des Schützen deutlich.

Der Fall durch das Fenster hat Schnittwunden an seinen Armen hinterlassen. Der Blutverlust war schon enorm, deswegen war seine Konzentration auch geschwächt.

Zudem konnte der Mann nicht einmal mehr ordentlich seine Waffe halten.

„Meine Chance!“, dachte Rick und er wollte den Mann mit einem weiteren Stoß umwerfen, aber der Schütze schlug zurück und er verpasste dem Jungen ein gezielten Treffer ins Gesicht.

Brummend wich Rick nach hinten. Zum Glück fühlte es sich eher nur wie eine Ohrfeige an.

Alina hatte aber nicht nur zugesehen, sie hatte genau in diesem Moment dem Mann ein Schlag mit einem abgebrochenen Stuhlbein verpasst, der dabei zerbrach. Der Schütze schwankte und Rick setzte trotz Schmerzen im Gesicht zu einem neuen Bodycheck an.

Dieses Mal zeigte es Wirkung und der Mann fiel nach hinten, dabei ließ er seine Schusswaffe fallen, die Rick gleich aufnahm und den Abhang, in einigen Meter Entfernung, hinunterwarf.

„Bleib unten!“, drohte Alina, als der Mann sich rühren wollte. Brummend starrte er die Blondine an.

Nach seinem Blutverlust zu urteilen, konnte er aufstehen womöglich auch nicht mehr so schnell.

„Kinder? Ihr solltet woanders spielen gehen.“, gab der Mann selbstsicher bekannt.

„Dann hättet ihr unsere Freundin nicht kidnappen sollen!“, konterte Rick, der sich vor dem liegenden Mann aufstellte. Das Grinsen des Anzugträgers verschwand nicht.

„Kidnappen? Als ob ihr eine Ahnung hättet. Sie kam freiwillig zu uns.“, meinte der Besiegte. Er wollte mit den Schultern zucken, aber das tat ihm wohl weh.

„Halt uns nicht für blöd. Tina kommt mit und ihr in den Knast.“, erklärte Rick zornig, dabei ließ er aber seine Stimme nicht lauter werden.

„Tina?“, fragte der Mann. Sein selbstsicherer Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.

„Kenne ich nicht.“, fügte er hinzu.

Rick ballte seine Hände zu Fäusten und ließ sie anspannen, dass sogar die Adern hervorstachen:

„Ich sagte, dass du uns nicht für blöd halten sollst!“

„Junge, komm mal runter. Was soll die Wichtigtuerei? Du tust so, als hätten wir ein Verbrechen begangen, aber das Mädchen da drin, gehört uns. Sie ist freiwillig und völlig legal bei uns. Sie hat eine Schuld, die sie begleichen muss............“, Rick stampfte wütend neben ihm auf den Boden und sein Gesicht kam ein wenig herab, um dem Mann besser in das Gesicht brüllen zu können:

„Tina kommt uns mit! Und du landest hinter Gitter!“

„Tina? Wer soll das eigentlich sein? Diese Göre heißt Kirylla, zumindest hat ihr Vater sie so genannt, bevor er sie an uns verkaufte.“, gab der Mann bekannt.

„Was............?“, gab Rick erstaunt von sich. Er wich nachdenklich zurück.

War er es tatsächlich gar nicht Tina? Hatte Rick sie doch nicht gefunden? Frustriert sah der Junge kurz zur Seite.

Bei den letzten Worten des besiegten Mannes wurde Alina jedoch fuchsteufelswild.

„Verkaufen? Ihr habt doch nicht etwa....................“, ihre Stimme wurde von lauten Sirenen übertönt, die vom Hotel aus den Weg den Abhang hinauffuhren.

Sie hatten erst später eingesetzt, denn die Fahrzeuge waren schon in Sichtweite.

„Verfluchte scheiße!“, brummte der Mann am Boden.

Zugleich raste der erste Wagen an den drei vorbei und dieser hielt vor der Hütte.

Shoro stieg aus und er stellte sich vor den Rick und Alina auf.

„Ihr beide! Rührt euch nicht! Denn ich verdächtige euch, dass ihr Mitglieder einer illegalen Gruppierung seid. Außerdem geht es hier um Entführung.“

„Was wieso? Aber wir.........?“, gab Rick überrascht und zugleich verständnislos von sich.


 

Illan blieb verschwunden, weil er vermutlich nicht von der Polizei gefunden werden wollte.

Die Polizei fand in dem Gebäude nur drei besiegte Männer, die teilweise schwer verletzt waren und eine weibliche Person in eines der Zimmer.

Ein Mädchen war im Hinterzimmer des ersten Stockwerkes eingesperrt worden.

Als der Kommissar dies herausfand, ließ er die Anschuldigung gegen Rick und Alina zunächst fallen, aber frei waren die beiden dadurch trotzdem nicht. Sie mussten noch ein Verhör erdulden.

Die Polizei brachte das sichtlich eingeschüchterte Mädchen aus dem Haus und dann zu einem ihrer Wägen, um sie wohl anschließend auf ein Revier zu bringen. Dabei wurde sie inzwischen von Seelsorgern und Ärzten betreut.

Das Mädchen trug ein Mantel und viele Händen gaben ihr Stützen.

Währenddessen wurde der verletzte Mann auf dem Boden versorgt und verhaftet.

Er war der einzige der Männer, der noch bei Bewusstsein war.

Als sie den Mann abführten, grinste er Rick an, als wollte er ihm damit noch eine letzte Botschaft übermitteln, bevor er in den Polizeiwagen einsteigen musste.

Für einen Moment fühlte sich der Junge unbehaglich, aber dieses Gefühl verstrich schnell.

Ricks Gedanken schweiften zu anderen Problem und eines der derzeitigen Probleme war das Mädchen.

Rick hatte das Mädchen nur ein einziges Mal gesehen, bevor er selbst in eines der Wägen einsteigen musste und zwar als er das Polizeifahrzeug an sich vorbeifahren sah, welches das Mädchen zum Revier geleiten sollte.

Dabei bemerkte er deutlich, dass dieses Mädchen jemand völlig fremdes war.

Rick ging dadurch in die Knie, denn diese Erkenntnis brachte die Befürchtung mit, dass es mit Tina vermutlich schon längst vorbei war.

Wütend schlug er auf den Boden ein, bis seine Hände blutig waren und die umstehenden Polizisten ihn festhalten mussten.

Es brauchte zehn Minuten bis Ricks Verzweiflung nachließ.

„Warum! WARUM WARUM, VERDAMMT!“, brüllte er lautstark.

Alina erklärte den Polizisten währenddessen warum ihr Freund am Ausrasten war.

Im Gegensatz zum Kommissar zeigten die Vertreter für Recht und Ordnung ein wenig Verständnis.

Trotzdem mussten die beiden mit, weil man sicherstellen wollte, warum die beiden überhaupt da oben waren.

Auch wenn alles einen guten Grund hatte, so sah Rick dieses Verhör nicht ein.

Für ihn war das alles eine unnötige Tortur. Die Polizisten versicherten den beiden, dass kein Verdacht bestünde, solange sich alle an die Anweisungen hielten.

Da das Mädchen später aussagte, dass Rick und Alina definitiv nichts damit zu tun hatten, durften die beiden das Revier verlassen.

Außerdem erfuhr man, dass die Dame an der Rezeption angeblich die Polizei benachrichtigt hatte.


 

Als man am späten Nachmittag die beiden gehenließ, befand sich Rick innerlich am Boden. Mit traurigen Blicken stand er vor dem Revier auf dem Gehweg und seine kühlen Augen betrachteten die Mülltonne vor ihm.

Der Countdown des Magiers war schon längst vorbei und bisher hatte sich keiner der anderen gemeldet, aber sein Handy war auch leer. Zudem wusste vermutlich niemand, dass Rick hier war.

Einige Minuten vergingen, während er und seine Freundin schweigend vor dem Revier standen.

Rick sah zu Boden, während Alina ihn still ansah. Man erkannte, dass sie litt, aber nur, weil Rick sich selber so fertigmachte. Seine Hände waren inzwischen verbunden worden.

„Und jetzt?“, fragte er. Es klang aber eher zynisch, als hätte der Junge schon längst die Hoffnung aufgegeben.

„Weitersuchen. Wir dürfen jetzt nur nicht den Kopf in den Sand stecken. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“, wollte seine Freundin ihm Mut machen, aber ihr motivierendes Lächeln verschwand, als er sie mit den kühlen und leeren Augen ansah.

In diesem Moment ging die Tür zum Polizeirevier auf und zwei junge Männer traten heraus. Ihre Schicht war wohl vorbei.

Sie plauderten, als die beiden an Rick und Alina vorbeiliefen, dabei konnte man deutlich mitanhören über was sie redeten:

„Das arme Ding. Was für eine grausige Geschichte. Verkauft vom eigenen Vater, weil dieser Schulden hatte. Jetzt wird sie nicht einmal von einem Heim genommen, weil diese Angst haben, dass das Heim anschließend von den Entführern überfallen werden könnte. Sie wollen ihre jetzigen Bewohner damit schützen. Es ergibt zwar Sinn, aber das Mädchen wird wohl so auf der Straße landen. Die Welt ist nun einmal egoistisch und grausam.“, auch wenn das Gesagte eher traurig und deprimierend klang, so lachten die beiden Polizisten, als wäre dies völlig normal und eher als Witz formuliert worden.

„Die Welt ist krank.“, meinte Alina mit zorniger Stimme. Sie blickte den beiden Polizisten grimmig nach.

„Aber wir nicht.“, antwortete Rick und bevor sich seine Freundin zu ihm umdrehen konnte, lief der Junge zurück in das Revier.

„Was machst du?“, fragte sie daraufhin verwundert.

„Ich werde Linda anrufen.“, antwortete er ihr, ohne sie dabei anzusehen.
 

Ein paar Stunden später:
 

Inzwischen war es dunkel geworden und die beiden hatten in einem billigen Hotel der Stadt ein Zimmer gemietet. Die Kosten würden von der Ranger Guild gedeckt werden.

Mit dem Kopf auf der Tischplatte in der kleinen Küche, schwieg Rick.

Die letzten Stunden hatten ebenfalls nichts ergeben und nun war er körperlich und geistig am Ende.

Keine weitere Spur war zu finden, die zu Tina führen könnte.

Die Polizei war der Meinung, dass nun diese Sache abgehakt sei. Sie ließen sich nicht auf eine weitere Diskussion ein. Die beiden sollten sich ausschlafen und nach Hause fahren.

Irgendwann verlor Rick die Kraft sich darüber aufzuregen.

„Ich habe versagt.“, verkündete er nach einigen Minuten der Stille.

„Du hast heute etwas gutes getan, Rick. Du hast das Leben einer Person gerettet.“, erklärte Alina.

„Das stimmt so nicht.“, erwiderte er.

„Doch!“, erwiderte Alina.

„Aber........“, wollte Rick kontern, aber seine Freundin sprach lauter:

„DOCH, RICK!“

Auch wenn sie unerbittlicher und lauter wurde, so verwöhnte seine Freundin ihn, indem sie ihm den Rücken massierte, deswegen hörte Rick auf zu diskutieren.

„Du hast genug getan. Sie wird bestimmt dankbar für deine Rettung sein.“, erklärte sie anschließend.

„Illan hat sie gerettet. Ich habe nur Linda angerufen und sie gefragt, ob sie helfen kann.“, erklärte der Junge. Er sah auf und dabei blickte er in die finsteren Augen seiner Freundin.

„Wir hatten das Thema mit dem Widersprechen.“, brummte sie.

„Ist ja schon gut.“, brummte Rick zurück.


 

Das entführte Mädchen hieß vollständig Kirylla Renowoll. Sie wohnte ursprünglich in Festa. Mehr hatte das Mädchen noch nicht bekanntgegeben. Ihre Art war extrem schüchtern und verschlossen. Zurzeit schlief sie im Zimmer nebenan.

Alina hatte versucht mit ihr zu reden, aber seine Freundin gab bekannt, dass sie Tina bei der Schüchternheit weit übertraf, außerdem sei Kirylla immer noch leicht traumatisiert, sodass sie vermutlich nicht einmal realisierte, was mit ihr geschehen war, deswegen hatte das Mädchen zunächst noch abweisend reagiert, als man ihr erklärte, dass sie nun frei war. Dass sie vermutlich nicht mehr Angst haben brauchte vor den Männern. Zumindest würde Linda gut darauf achtgeben.

"Hast du etwas über Tina herausgefunden?", fragte Illan. Der wie aus dem Nichts plötzlich neben Rick auftauchte.

Der Junge wäre aufgesprungen, wäre er nicht schon langsam daran gewöhnt, dass der Vampir immer wieder mitten aus dem Nichts kam.

„Nein!“, wurde Rick zornig, denn diese Frage bedeutete, dass Illan wohl auch nichts herausgefunden hätte.

Aber der braunhaarige Junge lag damit wohl falsch, denn der Vampir fing gleich an zu erklären:

"Ich habe ein paar Informationen bekommen. Teilweise, erwähnten sie ein baldiges großes Geschäft in Markezei. Ein Objekt soll aufgetaucht sein. Jemand soll ein wertvolles Artefakt verkaufen, der Käufer soll ein mächtiger Mann sein. Die Kleinganoven haben sogar Angst deswegen. Keiner wollte mir den Namen nennen. Sie hatten sogar keine Angst, wenn ich denen mit dem Tod gedroht hatte. Dieser mächtige Mann scheint wohl seine Finger im Untergrundgeschäft zu haben. Wir sollten uns vorsehen. Es könnte hier wirklich gefährlich werden."

„Und?“, fragte Rick müde.

„Das könnte auch einfach nur gestohlene Ware sein, die uns nicht interessiert.“, fügte der Junge hinzu. Er glaubte nicht mehr daran, dass sie Tina hier finden würden. Das Mädchen könnte inzwischen sonst wo sein oder tot.

„Was ist los? Gibst du auf? Das bist nicht du, Rick.“, meinte Illan in einem sehr gleichgültigen Ton.

Der braunhaarige Junge schaute den Vampir schweigend an.

Selbst für seine eigene dadurch aufkommende Wut war Rick zu müde. Er hätte am Liebsten dem Vampir seine Meinung darüber gesagt, aber er konnte es einfach nicht mehr.


 

Es klopfte an der Tür des Zimmers. Alina öffnete diese.

Es stellte sich heraus, dass es Julius und Max waren.

Alina hatte sie vor kurzem benachrichtigt, wo das Hotel war. Es bot genug Platz für alle. Notfalls schlief man einfach auf dem Boden, zumindest hatte sich das Alina so gedacht.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Daniel konnte sie aber nicht erreichen und auch die beiden angekommenen Jungs wussten nicht, wo er steckte.

Während Julius und Max es sich im Hotelzimmer gemütlich machten, erklärte Alina den beiden was alles passiert war, dabei erwähnte der schwarzhaarige Junge, was den beiden Jungs widerfahren war. Also, dass Julius und Max nur einen aggressiven blonden Mann getroffen hatten und eine schauderhafte Begegnung mit einem vermutlich gefährlichen Mann hatten, den sie aber nicht richtig erkennen konnte. Julius sagte dazu kein Wort. Er sah schlichtweg so aus, als hätte er keine Lust zu reden.

"Wir waren erfolglos, tut mir Leid.", erklärte Max daraufhin, als er vor Rick stand.

„Es ist sowieso alles egal.“, meinte der braunhaarige Junge mit trauriger Stimme.

„Wirklich? Hast du das jetzt wirklich gesagt? Du motivierst uns doch immer dazu?“, hakte der Schwarzhaarige verwundert nach.

Rick antwortete nicht darauf, denn es klopfte schon wieder an der Tür.

„Vielleicht ist es Daniel?“, murmelte Max.

Alina ging wieder zur Tür.

Als sie die Tür öffnete, wirkte das Mädchen sehr erstaunt, denn es trat ein bekanntes, aber unerwartetes Gesicht herein.

Engl kam in das Zimmer:

„Ihr seid ja alle noch in einem Stück.“, gab der Kampfsportler mit einem Grinsen im Gesicht bekannt.

Ob diese Worte gewählt waren, um die Gruppe zu motivieren oder ob Engl einfach nur ein Witz machen wollte, wusste Rick nicht, aber für ihn waren diese Worte einfach nur zweckfrei.

Für Witze war der Junge nicht in der Stimmung.

Rick drehte seinen Kopf in die andere Richtung.

„Mh.........., dann vermute ich wohl, dass ihr keine einzige Spur von Tina habt?“, hakte Engl nach. Wieder herrschte eine unangenehme Stille.

„Nun........., Linda hat mich hergeschickt, aber schon vor wenigen Tagen..............“, begann er.

„Ich hätte nicht so große Töne spucken sollen, als ich ihr..............“, unterbrach Rick demütig, da sprach Engl ihm ins Wort:

„Nein........, sie hat mich nicht geschickt, um euch unter die Arme zu greifen, solange es nicht nötig ist. Linda vertraut dir immer noch, dass du Tina finden wirst. Ich bin ursprünglich wegen etwas anderem hier, weil Linda sich absolut sicher war, dass du nicht daran denkst.“, erklärte der Kampfsportler.

„Und schon ein bisschen wegen der Vorsorge.“, fügte Engl hinzu.

Rick sah auf. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Müdigkeit und Neugier.

„Und wegen was jetzt?“, hakte der braunhaarige Junge nach.

„Warte........., davor solltest du aber noch einmal mit Linda selbst telefonieren.“, erklärte Engl und er nahm sein Handy hervor. Es sah neu aus, als hätte er es erst vor kurzem gekauft.

Der Kampfsportler tippte kurz darauf, hob es an sein Ohr und er sprach anschließend mit jemanden:

„Ich bin jetzt angekommen. Du kannst mit ihm nun sprechen.“, Engl überreichte das Handy anschließend Rick.

Verwundert hob dieser das Telefon an sein Ohr.

„Ja, Linda?“, fragte Rick zugleich.

„Ich wollte eigentlich warten, bis alles gut verlaufen wäre, aber ich sollte das noch tun, bevor dieser Tag vorbeigeht.“, begann die Gildenmeisterin.

„Von was redest du?“, fragte Rick verwundert.

Engl schob ihm währenddessen etwas über den Tisch. Seine Hand verdeckte das Objekt zunächst.

„Ach Rick........., dass du immer nur an andere denkst. Du solltest mehr an dich denken, sonst verzweifelst du mir noch.“, erklärte Linda.

„Bitte, Linda. Ich..........., ich will jetzt nicht über so etwas sprechen..................“, wollte Rick einwerfen, aber er wurde von Linda zugleich erneut unterbrochen:

„Alles Gute zum Geburtstag, Rick. Ich wünschte die Umstände wären glücklicher, aber ich habe dir ein Geschenk. Es ist etwas, was du dachtest verloren zu haben. Ich habe es vor drei Tagen gefunden und das Ding für dich wieder aufhübschen lassen. Ich glaube, dass dir das Geschenk helfen wird.“, als sie ihre Worte beendete, öffnete Engl seine Hand und ein golden farbiger Ring kam zum Vorschein.

Rick starrte den Ring einige Sekunden regungslos an.

Der Junge konnte es zunächst nicht glauben.

Diesen Ring kannte er nämlich gut, denn es war das letzte Geschenk, welches er von Elysa erhielt.

Es war ein golden farbiger Ring, welcher er von ihr zu seinem Geburtstag bekommen hatte. Ein paar Tage vor ihrem Tod. Es war ein Familienerbstück von ihrer Mutter gewesen.

Das Wichtigste war aber das, was sie damals zu ihm gesagt hatte, als sie ihm den Ring ansteckte:

„Der Ring soll dich auszeichnen, als der starrsinnigste und entschlossenste Junge auf Erden. Sollen diese Eigenschaften nie vergehen. Bevor du fragst, ich hatte leider keinen Orden oder eine Goldmedaille. Du musst damit klarkommen, denke einfach es wäre eine Auszeichnung. Alles Gute zum Geburtstag. Bleibe bitte wie du bist.“, diese Worten von ihr schwirrten ihm gerade durch den Kopf.

Rick hielt seine Trauer zurück, denn etwas anderes entfachte sich in ihm und als Antwort auf das Geschenk schlug er mit der anderen Hand flach auf dem Tisch, während er aufsah.

Von seinem müden, traurigen und demütigen Gesichtsausdruck war nun nichts mehr zu sehen.

Jetzt strahlte sein Blick pure Entschlossenheit aus.



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