Manus manum lavat von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 10: Vorsicht Bulma! --------------------------- Der Furchtsame erschrickt vor der Gefahr, der Feige in ihr, der Mutige nach ihr. - Jean Paul   ~*~   - Kapitel elf - Genauso unsanft wie vor der Kneipe, aus welcher er Bulma abgeholt hatte, war er vor einem alten Haus gelandet. Die klappernden Fensterläden waren geschlossen, im Innern war kein Licht zu sehen und auch das Gras hinter der alten Hütte war bis zu den Knien gewachsen. Hier hatte man sich schon lange nicht mehr um etwas gekümmert. Nichtsdestotrotz beschleunigte er seine Schritte, bis er die in die Jahre gekommene Tür erreichte, gegen dessen marodes Holz seine Faust klopfte. Ferner tippelte er ungeduldig mit dem rechten Fuß auf den Boden, aber es kam niemand – die Tür vor ihm blieb verschlossen, weshalb er nochmals gegen die Tür klopfte. Fester und lauter.   Scheinbar wollte der Bewohner der Ruine nicht aufmachen – aufgrund drohender Konsequenzen, mit denen man auf Vegeta-Sei immer rechnen musste.   Zähneknirschend stellte er einen Fuß vor die Tür. Ferner legte er eine Hand auf das Holz, wohingegen er sein Gesicht nah zur Tür heranführte und zu flüstern begann – wohl wissend, dass die Person ihn hörte. „Radditz, mach sofort die Tür auf. Es wird nicht besser, wenn du mir den Zutritt verweigerst.“ Im Anschluss entfernte er sich ein kleines Stück und wartete, bis die Tür nach wenigen Sekunden vorsichtig nach hinten gezogen wurde, ehe die dunkle Gestalt im Schatten des Flures zum Vorschein kam.   „Vegeta, was... was machst du hier?“, krächzte der Saiyajin mit den langen, stachelig schwarzen Haaren, nachdem er in den Lichtkegel der Sonne trat, die unermüdlich hell auf Vegeta-Sei schien. „Seit... Seit wann darfst du -“   „Glaubst du etwa wirklich, dass ich mir von meinem Vater vorschreiben lasse, was ich darf und was nicht?“ Enttäuscht darüber, dass Radditz seine Autorität in Frage stellte, zierten Falten seine Stirn. Vegeta mochte keine kritische Abfertigung seiner Person und doch hatte Radditz es gerade getan, weshalb sich die Laune des Königssohn verschlechterte, obwohl er eine wunderbare Idee hatte, Bulmas Leben weiter zu erschweren. Ferner trübte auch der Ekel, den Vegeta hinsichtlich Radditz' Behausung empfand, seine Laune. Dennoch betrat er die Hütte, ließ Radditz vorangehen und warf die Tür schallend ins Schloss, ehe sie gemeinsam den dunklen Flur durchschritten, bevor sie in der abgedunkelten Küche ankamen.   Hier war es noch schlimmer. Die Vorhänge waren zugezogen, auf der Spüle stapelte sich das Geschirr und kurz überlegte er, ob er sich tatsächlich setzen sollte. Hinzu kam der Kampf, sich – anlässlich des widerwärtigen Geruchs – nicht zu übergeben.   Radditz marschierte währenddessen zum Schrank, woraus er sich eine Flasche Met nahm und diese nahtlos zu seinem Mund heranführte, was Vegeta missbilligend mit ansah.   „So sieht dein Leben also mittlerweile aus? Versoffen und ahnungslos?“   Daraufhin setzte Radditz die Flasche ab, wischte die Flüssigkeit aus seinen Mundwinkeln und betrachtete sein Gegenüber abschätzig, bevor er sich an den ramponierten Tisch setzte – die Flasche weiterhin in seiner Hand haltend. „Du hast keine Ahnung, was ich durchmache, Vegeta. Ich steh mit dem Rücken zur Wand – quasi am Abgrund.“   „Was du“, betonte Vegeta abfällig, „durchmachst?“ Im Anschluss lachte der junge Saiyajin auf und zog den Stuhl zurück, um sich Radditz gegenüber zu setzen. Anschließend legte er seinen Arm auf die Tischplatte, überkreuzte seine Beine und betrachtete Radditz' eingefallenes Gesicht – gezeichnet vom Alkohol und der daraus resultierenden Lethargie.   „Ja, Vegeta, denn im Gegensatz zu dir, friste ich mein Dasein in der Armseligkeit.“ Bardocks Abkömmling wusste, was er von sich gab. Er wusste, dass Vegeta gefährlich werden konnte, wenngleich sie zusammen aufgewachsen und befreundet waren – was allerdings noch lange kein Garant dafür war, dass Vegeta Gnade kannte, da man sich in seiner Gegenwart nie sicher fühlen durfte. Vegeta war ein Saiyajin, der einer tickenden Zeitbombe gleichkam. „Ich komme hier nicht mehr weg – wie Nappa. Wir werden unser Leben lang Geächtete bleiben.“   Unberührt davon, wippte Vegetas überkreuztes Bein hin und her, während er den Worten seines Kompagnons lauschte, der wohl darauf hoffte, mitleidige Blicke von Vegeta zu erhalten. „Und wieso erzählst du mir das?“   Ja, wieso tat er das überhaupt? Den Prinzen interessierte es nicht – er würde, sobald er den Thron bestieg, sowohl seine Privilegien genießen, als auch sein Leben ohne Einschränkungen weiterleben. „Tze, keine Ahnung“, erwiderte er niedergeschlagen und rieb seine Hand über seinen muskulösen Nacken. „Ich hatte wohl fälschlicherweise Verständnis erwartet.“   „Von mir?“ Tatsächlich war Vegeta überrascht, angesichts dieser Neuigkeit. Indes tippten seine ausgestreckten Finger ungeduldig auf die Tischplatte. „Lächerlich, aber das siehst du selbst, oder?“   „Ja“, murrte der Saiyajin mit den langen, schwarz gezackten Haaren. „Lächerlich.“   Unterdessen wanderte Vegetas Blick zum Fenster, das durch die vergilbten Gardinen verdeckt war. Dennoch versuchte er, Konturen durch die Schlitze, die die Vorhänge warfen, zu erhaschen, bevor er das Wort an Radditz richtete, ohne ihn anzusehen. „Wieso bist du nicht auf dem Fest?“   „Wieso sollte ich?“, entgegnete er, bevor er sich angeheitert in seinen Stuhl zurücklehnte.   „Weil dein Bruder dort ist?“ Gehässig bleckte er die weißen Zähne, ehe er seine Arme zurückzog und diese hoheitsvoll vor seiner Brust verschränkte, um Radditz noch mehr das Gefühl zu geben, ihn entwürdigen zu können, hinsichtlich der Macht, die seine Fasson verdeutlichte. „Ich wette, er amüsiert sich und verweilt in bester Gesellschaft, während du hier sitzt und dich wie ein Idiot besäufst.“   „Ich weiß nicht, wo sich Kakarott herumtreibt und es wäre mir auch scheißegal, wenn ich es wüsste.“ Absichtlich umschlang Radditz' Pranke die Flasche fester, hob sie an und trank einen kräftigen Schluck des herben Honigweins. „Seinetwegen sitze ich doch hier.“   „Seinetwegen?“ Verblüffung zeichnete sich in Vegetas Gesicht ab, während er auf weitere Erzählungen wartete. „Du weißt schon, dass wir wegen -“   „Ich weiß, was wir getan haben, Vegeta! Ich bin nicht blöd.“ Radditz war betrunken. Ansonsten hätte er nicht einmal im Traum daran gedacht, Vegeta zu unterbrechen. „Aber sein Vergehen war der Anlass, meine Strafe so hoch anzusetzen. Seinetwegen werde ich in der Bedeutungslosigkeit versinken.“   Radditz' Strafe interessierte ihn nicht. Viel mehr wollte er wissen, was Kakarott angestellt hatte, weswegen er geduldig wartete, bis Radditz jenen Punkt von alleine anschnitt. Vegeta selbst würde nicht fragen. Man sollte bloß nicht denken, dass er sich für das Schicksal eines anderen interessierte. Derweil hatte er seinen linken Fuß auf das zerrissene Polster eines anderen, freien Stuhls gelegt, um eine gemütlichere Position einzunehmen.   „Nur, weil er dachte, er könnte deinen Vater – zusammen mit zwei Halbstarken – überlisten. Kannst du dir das vorstellen?“, wollte Radditz wissen, ohne auf eine Antwort zu warten, da er nahtlos fortfuhr: „Er ist mit einem anderen Saiyajin und einem Erdlings-Mädchen in den Palast eingedrungen, um sich in der Vorratskammer deines Vaters zu bedienen.“ Abschließend knallte er den den Flaschenboden seines Mets auf die Tischplatte, woraufhin mehrere Tropfen das rissige Holz benetzten. „Wie absurd.“   „Was?“, entkam es Vegeta hektisch, der seinen Fuß augenblicklich zurück auf den Boden stemmte und seinen Körper nach vorne beugte.   „Ja! Daraufhin wurde ich in den Palast zitiert“, erzählte Kakarotts älterer Bruder bereitwillig weiter, da er angenommen hatte, Vegeta interessiere sich für ihn und seine Situation. „Ich hätte ihn“, erklärte er rachsüchtig weiter, während der Griff um die Flasche zittriger wurde, „bluten lassen müssen. Ich hätte ihm seine missratene, von den Erdlingen eingebläute Gutmütigkeit austreiben müssen.“   Unverzüglich zählte Vegeta eins und eins zusammen, aber dem Zufall wollte er auch nichts überlassen. „Mit einem Erdlings-Mädchen wollte er in die Vorratskammer einbrechen?“   „Ja, weil sie dachten“, fügte er süffisant hinzu, „sie könnten den Saiyajins helfen, die am Rand der Stadt leben, indem sie Nahrung verteilen.“   „Welches Mädchen?“ Sein Interesse konnte er nicht mehr verbergen. Glücklicherweise hinterließ der Honigwein bereits Spuren, weshalb Radditz keinen Zusammenhang erkennen konnte.   „Keine Ahnung“, winkte er kopfschüttelnd ab. „Kakarott kennt das Mädchen von der Erde. Ich dachte, ich steh im Wald, als man mich nachts aufweckte.“   In der Zwischenzeit starrte Vegeta zu einer großen Wanduhr, dessen Pendel sich schon gar nicht mehr bewegte und er sich fragte, ob die Zeiger noch funktionierten. Parallel überlegte er, ob er nicht doch zum Fest gehen sollte? Schließlich hatte nicht nur er einiges auf dem Kerbholz – auch sie. Das unscheinbare, nette Erdlings-Mädchen war gar nicht so brav, wie er vorerst angenommen hatte.   „Von der Erde, ja?“   „Ich hatte dir doch von Kakarotts Vergangenheit erzählt“, bemerkte der größere Saiyajin mit erhobenem Zeigefinger, den er allerdings doppelt vor seinen rotierenden Pupillen sah.   Das hatte Radditz tatsächlich getan und Vegeta wollte es nicht noch einmal hören. „Dann lass ihn bluten, Radditz. Zeig deinem kleinen Bruder, dass er sich nicht auf Erdlinge einlassen soll, die sowohl dich, als auch ihn selbst in Verruf bringen.“ Er wurde, bezüglich des Lügens, immer besser. Immerhin lechzte er selbst nach demselben Erdlings-Mädchen, wenngleich er davon ausging, dass sein Interesse sich substanziell von Kakarotts Interesse unterschied. Ja... ihre Interessen gingen, hinsichtlich des Mädchens deutlich auseinander.   „Tze, das führt zu nichts. Er wird die Kleine immer beschützen – das tat er schon auf der Erde.“   „Dann hat dein Bruder mehr Schneid als du“, knurrte der Prinz verächtlich, bevor er sich aus dem Stuhl erhob.   „Was soll das heißen?“, kam es genauso scharf aus seinem Mund zurück.   „Dass sich Kakarott irgendwann, wenn er den richtigen Zeitpunkt erkannt hat, über dich stellen wird und dann wirst du untergehen, Radditz.“ Vegeta glaubte zu wissen, dass der stämmige Saiyajin nichts von den Fähigkeiten seines Bruder wusste. Andernfalls wäre er bedeutend vorsichtiger, im Bezug auf Kakarott. Vegeta jedenfalls würde ihn nicht unterschätzen – jedoch auch nicht überbewerten.   Sicher wusste er, dass Kakarott als Baby eine Kampfkraft von zwei aufwies – was auch der Grund war, dass er als Säugling zur Erde geschickt wurde. Dennoch schien er vieles auf der Erde gelernt zu haben, was ihn unberechenbar machte – geradezu lebensgefährlich.   „Niemals!“ Auch Radditz erhob sich aus seinem Stuhl, der daraufhin nach hinten flog.   „Doch, er wird, Radditz. Es sei denn“, sprach er geringschätzig und schielte zur Flasche, „du lässt die Finger vom Alkohol und wirst wieder du selbst, statt in Selbstmitleid zu baden.“ Des Weiteren betrachtete er die Gesichtszüge seines Gegenübers genau. Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er mit seiner Aussage besiegelte, auch sie bluten zu lassen. Letztendlich würde sich nämlich nicht nur Kakarott über Radditz erheben, sondern auch Bulma über Vegeta, wenn er diesem störrischen Weib nicht endlich Einhalt gebot. „Wir Saiyajins sind disziplinierte, stolze Krieger und wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, dass du, mein lieber Radditz, ein jämmerlicher Versager geworden bist. Aber zu meinem Bedauern weiß ich es eben besser. Allerdings bin ich – so sehr es mir widerstrebt – bereit dazu, mich von deinem jetzigen Verhalten überzeugen zu lassen, dass selbst ich mich irren kann und du eben doch eine Pfeife bist.“ Folglich hatte er seinen Kopf schnaubend zur Seite gedreht, darauf wartend, dass Radditz reagierte.   „Willst du mich zurechtweisen, Vegeta?“ Verstört blickte Radditz seinem alten Freund entgegen. „Willst du das?“ Seine geballten Fäuste erzitterten, wodurch auch der Tisch darunter zu beben begann.   „Hinsichtlich deiner Starrköpfigkeit wären weitere Drohungen ineffizient – ich müsste sofort handeln, aber ich glaube, du bist genug gestraft, nicht?“ Der Saiyajin-Prinz musste keine Antwort hören. Der Blick in Radditz' Gesicht genügte, der wie vor den Kopf gestoßen wirkte, als seine glasigen Augen sekündlich größer wurden. Daraufhin verspürte Vegeta das Gefühl von Überlegenheit – nach so vielen Tagen wieder. Im Anschluss entfernte er sich zischend vom Tisch, doch hielt er im Rundbogen, der in die Küche führte inne und sah über seine Schulter zu Radditz, der steif stehen geblieben war. „Schlaf deinen Rausch aus, Radditz, und werd verdammt nochmal klar im Kopf.“   Infolgedessen, nachdem er Vegetas Warnung realisierte, fing Radditz zu lachen an. Es hörte sich fast krankhaft an – so gehässig lachte er. „Oh nein, Vegeta. Dieses Mal“, begann er flüsternd, hob seinen Finger und grinste frech herüber, „sind wir am Arsch – auch du! Während ich in der Armut versinke, wirst auch du deinen Platz in der Hierarchie finden, und das wird nicht an der Seite deines Vaters sein. Ganz sicher.“ Damit sein Körper nicht der Schwerkraft nachgab, stützte er sich wieder mit beiden Händen am Tisch ab, blickte kurz nach unten und entblößte seine weißen Zähne, ehe er feixend zu Vegeta zurück sah. „Glaub mir, du, Nappa und ich... Wir... Wir werden kein Land mehr sehen.“   „Träum weiter, Radditz!“   „Denk an meine Worte, Vegeta! Auch dich wird dasselbe Schicksal ereilen.“   „Du scheinst zu vergessen, wer ich bin.“ Es war nicht von Belang, ob Radditz recht haben könnte, da Vegeta nun wusste, womit sein Vater Doktor Briefs in der Hand hatte. Er würde diese Fügung zu seinem Vorteil nutzen – wie es schon sein Vater immer getan hatte – und den König letzten Endes mit seinen eigenen Waffen schlagen. „Ich bin Vegeta – Prinz der Saiyajins – und niemand, auch mein einfältiger Vater nicht, wird diesen Zustand je ändern. Haben wir uns verstanden, Radditz?“ Abschließend machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Dunkelheit des Flures, ehe er die Tür öffnete und fluchtartig in der Ferne verschwand. Mit einem bestimmten Ziel – das alljährliche Fest der Saiyajins.   ~*~ Unsicher und immer wieder nach hinten blickend, spazierte Bulma über den rauen Pfad, der eine Straße darstellen sollte. Neben ihr ging Son Goku – dessen Arme vergnügt hinter seinem Kopf verschränkt waren. Er schien sich allem Anschein auf das Fest zu freuen, was Bulma nicht nachvollziehen konnte. Neben Son Goku flanierten Kuririn und Lunch, die ebenso erfreut wirkten. Aber darüber – dass alle, außer sie glücklich wirkten – würde sie nicht weiter nachdenken, da sie ansonsten zugab, dass Vegeta recht hatte – was sie unter keinen Umständen wollte, weshalb sie lieber gute Miene zum bösen Spiel machen und ebenfalls lächeln sollte.   „Hey, ist alles in Ordnung?“   „Natürlich“, erwiderte Bulma perplex, nachdem sie in Son Gokus wissendes Gesicht sah. Er lächelte, aber es wirkte nicht sonderlich erfreut. „Es ist alles bestens, wirklich.“   „Ist es wegen ihm?“, modulierte Son Goku, ehedem er einen kurzen Blick nach hinten warf und in die Richtung des Saiyajins nickte, der mit etwas Abstand hinter ihnen ging, woraufhin auch Bulma betrübt nach hinten sah, bevor sie – auf ihrer Unterlippe kauend – zu ihrem Freund aus Kindertagen zurück sah.   „Nein“, keuchte sie verlegen, gleichermaßen ertappt. „Ich bin nur etwas müde.“   Unauffällig umschloss Kakarott daraufhin fürsorgliche ihre Hand. „Alles wird gut, Bulma. Lass ihm etwas Zeit, sich damit anzufreunden, dass seine Anwesenheit erwünscht ist. Das alles scheint neu für ihn zu sein.“ Parallel zu seinen Worten übte er sanften Druck auf ihre Hand aus, ehe sein Lächeln echter und aufrichtiger wurde.   „Er wirkt nur so... so traurig und in sich gekehrt“, stammelte Bulma leise vor sich hin. Dass sie Son Goku nun doch die Wahrheit sagte lag daran, dass sie ihren Freunden nichts vormachen musste. Son Goku kannte Bulma – das hatte er schon erwähnt, als sie in den Palast eingedrungen waren – und trotzdem schämte sie sich für die Gedanken an Turles, die sie allzu gerne unter den Teppich gekehrt hätte. Zur selben Zeit konnte sie bereits den ansteigenden Lärmpegel in der Ferne vernehmen, woraufhin sie ihren Blick hob und gigantische Zelte – die an einen Zirkus erinnerten – empor ragten. Und für einen Moment, so minimal er auch war, fühlte sich Bulma zuhause – zurück auf der Erde. Ihre Augen weiteten sich mit jedem Schritt, den sie näher kam. Zu sehr war sie von der gewaltigen Kulisse fasziniert gewesen. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie sogar den Duft von Bratäpfeln, kandierten Äpfeln, Zuckerwatte und weiteren Süßigkeiten schmecken. Unverzüglich versank sie in Erinnerungen – an bessere Zeiten, die sie mit Chichi und Yamchu auf der Erde geteilt hatte...   Chichi und Yamchu...   Es war immer schön gewesen, mit Chichi, Yamchu, Tenshinhan und Chao-Zu durch die engen Gassen zu schlendern, während die unzähligen Menschen gemeinsam und friedlich an Rundtischen standen – sei es um zu plaudern oder die Trinkfestigkeit des jeweils anderen auf die Probe zu stellen...   Anschließend sah sie noch einmal nach hinten – zu Turles, der stillschweigend hinter ihnen gelaufen war und kommentarlos das Geschehene um sich herum betrachtete. Wie gerne würde sie mit ihm sprechen, sich ernsthaft mit ihm unterhalten, bloß um seine Stimme zu hören.   „Ist fast wie auf der Erde, nicht wahr?“   „Die Erde?“, hakte Lunch ungläubig nach. Ihr war dieser Planet nicht geheuer, aufgrund der Erzählungen. Einzig das Geld, das dort zu Hauff zu existieren schien, faszinierte die junge Saiyajin, die sich ihr gelbgrünes Top zurechtrückte. „Wir sind Saiyajins, Son Goku. Einzig die Kohle wäre ein Grund, dorthin zu fliegen.“   „Quatsch. Bulma und ich waren damals auf dem einundzwanzigsten Turnier. Dort sah es genauso aus wie hier – überall konnte man sich etwas zu essen kaufen. Man wusste gar nicht“, fuhr Son Goku seine abschweifende Erzählung vollumfänglich fort, „was man zuerst essen sollte. Es gab so viele Leckereien!“   Genervt rollten Lunchs Augen in ihren Höhlen hin und her, ehe sie genervt antwortete: „Denkst du auch an etwas anderes außer Essen?“   „Ähm... Wir Saiyajins haben halt immer Hunger. Stimmt doch, oder Turles?“ Verschmitzt sah Son Goku nach hinten zu dem angesprochenen Saiyajin, der jedoch genervt abwinkte.   „Ja, ja.“ Turles hatte ganz andere Prioritäten als sein Ebenbild, doch bevor er sich einer endlosen Diskussion aussetzte, die zu nichts führte, marschierte er geradlinig an den Anwesenden vorbei, um neben Bulma stehen zu bleiben, der er einen undefinierbaren Blick schenkte. Es war seltsam, neben ihr zu stehen. Noch vor drei Monaten standen sie sich feindselig gegenüber. Turles hatte den klaren Befehl, sie nach Vegeta-Sei zurückzubringen – mit oder ohne Gewalt, das war ihm überlassen und er war nicht zimperlich vorgegangen. Und heute – drei Monate später – standen sie sich wieder gegenüber, aber es war anders. Zwischen ihnen herrschte kein böses Blut und das verunsicherte den blutrünstigen Saiyajin, der von seinem Stolz zerfressen war. Neben ihm stand ein Mädchen, das lächelnd zu ihm hinauf sah. Als... Als würde sie versuchen, ihn zu mögen.   Etwas, das ihn noch mehr aus der Bahn warf, weil er nicht der Saiyajin war, den man überhaupt mögen könnte.   „Und? Erinnert dich das Fest auch an die Erde?“, bemerkte Turles daraufhin skeptisch.   Bulma, die nicht damit rechnete, von ihm überhaupt angesprochen zu werden, sah bedächtig zu ihrer rechten, sowie ihrer linken, bevor sie nickend zu Turles zurückblickte. „Ja, schon. Es erinnert sehr an die Kampfturniere.“ Das Gefühl, das in ihr ausgebrochen war, konnte sie nicht beschreiben. Es fühlte sich an, nachdem Turles neben ihr erschienen war, als stünde ihr Körper in Flammen und der Wunsch, ihm nahe zu sein, wuchs ins Unermessliche. Ihr wallendes Blut schlug förmlich Blasen, angesichts der Nähe zu ihm und seinem Körper.   Erschreckend, wie sehr sie diese Nähe auch noch genoss.   „Wenn wir schon vom Kampfturnier sprechen, Bulma“, klinkte sich Son Goku in die recht wortkarge Unterhaltung mit ein. „Hast du nochmal etwas vom Herrn der Schildkröten gehört?“   „Von Muten-Roshi?“ Kurz überlegte die blauhaarige Saiyajin, indem sie ihre Arme verschränkte, nach oben sah und ihre Erinnerungen Revue passieren ließ. „Nein, seit du... nicht mehr da warst, bin ich auch nicht mehr dort gewesen.“ Und trotz der Tatsache, dass Muten-Roshi ein perverser Lüstling war, waren ihr seine Paff-Paff-Anfälle gerade deutlich lieber, als mit Vegeta in einem Haus zu leben.   „Ich wollte bei ihm trainieren, nachdem ich im Turnier gegen Jackie Chun verloren habe, aber ich kam gar nicht dazu“, erzählte Son Goku weiter, während sie weiter den schmalen Pfad passierten, um das Fest endlich zu erreichten. „Auf dem Weg zu ihm hat mich Radditz abgefangen. Er hat mir erzählt, wieso ich zur Erde geschickt wurde, bevor er mich mit nach Vegeta-Sei genommen hatte.“   „Ja, deswegen habe ich nie wieder etwas von dir gehört“, erwiderte Bulma. Sie war tatsächlich erschrocken, dass sie sich nicht schon vorher Gedanken über Son Gokus Schicksal gemacht hatte. Aber sie war immer so beschäftigt gewesen... mit Dingen, die gar nicht erwähnenswert waren und über die sich Bulma aufregte. Statt nach ihren Freunden zu sehen, hatte sie damit begonnen, sich für Jungs zu interessieren.   Gott, war das peinlich.   Beschämt darüber blickte sie zur Seite, wo sie die wehenden Grashalme beobachtete, die wie ein weinendes Kind vom Wind hin und her getragen wurden. Nur mit einem Ohr hatte sie Son Gokus weiteren Geschichten von früher gelauscht, die er gerne erzählte. Selbst die Erinnerung, dass er seinen roten Mönchsstab auf der Erde vergessen hatte, erzählte er bereitwillig. Turles hingegen zeigte seine Abneigung ganz deutlich, der – leicht befremdlich der Situation gegenüber – genervt die Arme verschränkte, die Augen schloss und stillschweigend neben Bulma ging.   „Wo ist eigentlich Vegeta?“, fragte Son Goku, nachdem er seinen eintönigen Monolog zu Ende geführt hatte und dicht hinter Bulma gegangen war. „War er wieder stur und wollte nicht mitkommen?“   Augenblicklich horchte Turles auf. Seine Augen waren weit geöffnet, während er Bulmas Gesichtszüge studierte und seine defensive Haltung fallen ließ. Nachfolgend stemmte er die Hände in seine Hüften und blieb, wie die anderen ebenfalls stehen – verwundert über Kakarotts Worte. Schließlich kannte Turles den Prinzen, der solche Feste stets verachtete und die Zeit damit totschlug, in seinem Trainingsraum zu trainieren.   Als niemand weitersprach, entschied sich Turles, die Stille zu umgehen: „Was soll das heißen, Kakarott?“ Er konnte unmöglich warten, bis das Mädchen abwog, ihm zu erklären, was es mit Kakarotts Äußerungen auf sich hatte, weshalb er an den schwarzhaarigen Saiyajin herantrat, seine Hand unsanft auf seiner Schulter platzierte und eindringlich in das Gesicht seines Gegenübers sah. „Sollte Vegeta etwa auch mitkommen?“   „Keine Ahnung, Turles“, entgegnete Son Goku, dessen Hände beschwichtigend nach oben geflogen waren. „Wir haben ihn gefragt, ob er mitkommen möchte. Der Höflichkeit halber.“   „Der Höflichkeit halber? Willst du mich verarschen, Kakarott?“   „Nein. Gott bewahre, nein, aber wir wollten auch nicht unhöflich sein und ihn alleine lassen. Dass er nicht mitkommen wollte, dafür können wir auch nichts.“   Wollte Vegeta tatsächlich zum Fest kommen? Wenn ja, wieso? Seine Synapsen rotierten, in seinem Kopf entwickelten sich dichte Rauchschwaden – Nachdenk-Rauchschwaden! Aber er fand keine Erklärung, verdammt! Turles hätte das Haus bewachen sollen, statt sich von Kakarott dazu überreden zu lassen, dieses saudämliche Fest zu besuchen. Wie konnte er nur so blind sein, und sich vom Haus entfernen? Und da er keine passable Erklärung fand, beschloss er, sich an Kakarott festzubeißen. Hart packte er die Schulter, seine Finger drückten in die richtigen Stellen, so dass Kakarotts Mund schmerzlich verzogen wurde. „Nicht unhöflich sein?“, wiederholte er abermals die Worte, die Radditz' kleiner Bruder gewählt hatte, um Turles in Sicherheit zu wiegen. „Du meintest wohl, dass ihr mich verarschen wollt und absichtlich vom Haus weggelockt habt, nicht wahr?“ Konnte das sein? War es ihre Intention, ihn unter Vorbehalt falscher Tatsachen vom Haus wegzulocken, damit sie Vegeta in eine Falle locken konnten? Verwunderlich wäre es nicht, wusste Turles doch selbst, wie gemein und abfällig Vegeta sein konnte. „Ist es nicht so? Ihr habt mich verarscht. Komplett verarscht!“   „Was? Nein, das haben wir nicht. Wirklich nicht, Turles!“, bekräftigte Son Goku aufgebracht. „Wieso sollten wir das tun?“   „Sag du es mir, Kakarott!“   Wie aus dem Nichts war Bulma neben den beiden Kontrahenten aufgetaucht, um nach Turles Gelenk zu greifen – allerdings feinfühliger als er es bei Son Goku getan hatte. Und obwohl sich in seinem Gesicht die blanke Wut widerspiegelte, nahm sie all ihren Mut zusammen, schluckte ihre Angst herunter und... und antwortete ihm, anstelle von Son Goku. „Wir... Wir haben dich wirklich nicht hinters Licht geführt, Turles.“ Dass er anschließend den Blick von Son Goku nahm und Bulma ansah, veranlasste die junge Frau, zögerlich weiterzusprechen. „Wir haben ihn gefragt, ob er mitkommen möchte – ganz ohne Hintergedanken. Auch mein Vater hat ihm nahegelegt, das Haus zu verlassen, aber... das wollte er auch nicht, das versichere ich dir.“   Ergriffen von Panik, versuchte sie mit ihrer ruhigen Stimme den rasenden Saiyajin zu beruhigen. Er kannte nichts als die Extreme, das verstand Bulma, aber er konnte und durfte auch Momente erleben, die nicht von Böswilligkeit geprägt war. Bulma wollte ihm zeigen, dass es auch eine andere Zustände gab – friedliche, liebevolle Momente, fernab der grenzenlosen Wut, die anscheinend jeder Saiyajin in sich trug. Nebenbei blendete sie das fröhliche Gelächter, das vom Fest zu ihnen herüber drang, vollständig aus.   „Turles, das... das stimmt“, fing auch Son Goku von Neuem an, ehe er seine freie Hand um seine schloss, die weiterhin um Son Gokus Gelenk geschlungen war, während er immer noch Bulma misstrauisch musterte. „Was hätten wir davon, dich zu verarschen? Wir sind doch schließlich auch hier!“ Während er weiter auf seinen Zwilling einredete, standen Kuririn und Lunch verunsichert hinter ihnen – nicht sicher, wie sie sich verhalten sollten. „Wir haben dich wirklich nicht verarscht.“   „Ihr scheint gar nicht zu wissen, was passiert, wenn dem Prinzen etwas zustößt“, echauffierte sich Turles, der schemenhaft Kakarotts Arm los gelassen und sich zur Seite gedreht hatte. „Mit ihm steht und fällt alles!“   „Aber Turles, wir -“   „Kein aber, Kakarott!“, knurrte er angesäuert zurück, bevor er sich erneut von ihnen wegdrehte und mit zusammengebissenen Zähnen nach vorne starrte. Seine Finger krallten sich unterdessen in den jeweils gegenüberliegenden Arm, aufgrund seiner Dummheit. Wie konnte er seine persönlichen Belange – dieses Fest aufzusuchen – bloß über seine königlichen Pflichten stellen?   „Turles, ihm wird -“ Prompt hatte Bulma zu sprechen aufgehört, nachdem sie seinen grimmigen Ausdruck bemerkte, der sich allerdings rasch änderte, als er ihren erschrockenen Ausdruck wahrgenommen hatte. „Ihm wird nichts passieren, weil er seit Tagen in seinem Zimmer sitzt. Er kommt bloß zum Essen“, rechtfertigte sie sich nervös, während ihre Finger unaufhörlich an ihrem Gürtel zurrten.   „Als wir beide uns gesehen haben, war er auch nicht in seinem Zimmer!“, beanstandete er und beugte sich mit erhobenem Zeigefinger zu ihr herab.   „Das... Das stimmt, aber ich“, betonte sie energisch, „würde dich nicht anlügen.“ In der Hoffnung, mit dieser Aussage zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, streckte sie versöhnlich ihre Hand nach ihm aus, die er zu ihrem Erstaunen in seine warme Hand legte. Wie vom Blitz getroffen, beäugte sie die ineinander geschlungenen Finger und es freute Bulma, dass er ihre Geste verstand, mit der sie ihm zeigen wollte, dass er ihr vertrauen konnte, wenngleich ein solches Vertrauen erst aufgebaut werden musste, aber sie wollte dieses Wagnis eingehen. Und genau das sollte Turles erkennen. Auf der anderen Seite wollte sie ihn auch beruhigen, damit sie sich zumindest ein bisschen besser kennenlernen konnten – ohne die drohende Skepsis, die wie eine Wolke über Turles schwebte.   „Es wäre auch nicht gut, wenn du mich belügst“, offenbarte er drohend. Doch auch jetzt verwandelte er seinen ernsten Ausdruck zu einem freundlicheren, da er merkte, dass sie ihre Hand erschrocken wegziehen wollte. Im Nachhinein taten ihm seine forschen Antworten auch leid, nachdem er sie ängstlich zurückschrecken sah, aufgrund seiner Gebaren. Im Gegenzug fragte er aber auch sein Inneres, was dieses Mädchen mit ihm anstellte? Denn eigentlich sollte es ihm doch egal sein, wie diese Saiyajin reagierte, aber das war es nicht. Im Grunde kannte er sie nicht und doch wollte er ihre Hand nicht loslassen, weshalb er mehr Druck ausübte und gleichzeitig ihren Blick suchte.   Es war verstörend, dass er sie so genau ansah – wie damals, als er sie zum ersten Mal auf der Erde sah und feststellte, dass sie hübsch war.   Grundgütiger!   Wieso dachte er das? Wie konnten ihn solche Gedanken nur befallen? Er war ein Krieger der königlichen Garde. Er hatte sich dem König verschworen, gelobte diesem und seinem Volk Loyalität und doch schaffte es dieses Mädchen, sich einen Platz in seinen Gedanken zu verschaffen.   Lag es demzufolge nahe, dass er... dass er womöglich anfing, dieses Mädchen gern zu haben?   „Leute, lasst... lasst uns nicht streiten“, wagte sich Kuririn breit grinsend zu sagen, während er mit hochroten Wangen seine Hand über die polierte Glatze führte. Es behagte ihm nicht, dass sie so lange an einer Stelle verweilten, ohne weitere Worte zu verlieren. Zumal er wusste, dass Turles zur königlichen Garde gehörte – die alles, aber bloß nicht zart besaitet waren.   Und es war ja nicht so, als ob Kuririn etwas geahnt hätte, aber er wusste von Anfang an, dass das Mädchen Probleme machen würde. Er hatte es kommen sehen.   „Dann kann Son Goku“, fuhr der glatzköpfige Kuririn belustigt, aber noch genügend Unbehagen in der Stimme fort, „auf dem Fest den Hauptpreis abräumen, während wir uns zurücklehnen und uns amüsieren.“   „Wir streiten nicht, Glatze – wir diskutieren“, korrigierte Turles ihn herablassend, wonach er Bulmas Hand ruckartig losließ – als hätte ihn etwas gestochen. „Und wer will schon etwas gewinnen, das für Kinder gedacht ist?“   „Öh... Na ja, der Gutschein für die Essensausgabe ist doch auch etwas für Erwachsene, nicht?“, nuschelte der kleine Saiyajin peinlich berührt, weil es ihm scheinbar wichtig genug war, sich über Nahrung zu freuen.   „Wenn du meinst, Glatze.“ Grundgütiger. Turles hätte zuhause bleiben sollen – sich in seinem Bett verkriechen und dieses gar nicht mehr verlassen sollen. Es war ein Fehler gewesen, Kakarotts Bettelei nachgegeben zu haben. Andererseits hatte es ihn mit Stolz erfüllt, dass Bulma diejenige war, die Kakarott angestiftet hatte, Turles zum Fest einzuladen. Er wusste es auch nicht, aber es war ein unbekanntes und doch berauschendes Gefühl, zu wissen, dass man akzeptiert wurde. Dass es... Dass es Saiyajins gab, die seine Gesellschaft schätzten.   Und doch war es zum Verrückt werden. Bevor dieses Mädchen auf Vegeta-Sei aufgetaucht war, hatte er klare Regeln, die er befolgt hatte. Alles war wunderbar und plötzlich kam sie – stellte sein Leben binnen weniger Begegnungen auf den Kopf. Davor hatte alles seinen geregelten Gang. Turles wusste, was zu tun war und bis dato hatte er nie den Drang verspürt, ein Mädchen kennenzulernen, doch mittlerweile sah es so aus, als würde er nichtsnutzigen Dingen – wie Zeit mit ihr verbringen zu wollen – mehr Beachtung schenken.   „War ja nur ein Vorschlag, Turles. Okay?“, begütigte Kuririn sanfter, indem er ergeben seine Arme hob. „Kein Grund, direkt an die Decke zu gehen. Okay?“   Genervt trat dieser an Kuririn heran, da ihm der kleine Molch gehörig auf den Zeiger ging. „Junge, hör auf“, murrte er und verharrte in der gebückten Haltung, „ständig okay zu sagen, okay?“   „Ok- Okay?“   Augenrollend stieß Turles ihn zur Seite, marschierte voran und wartete wenige Meter weiter entfernt missmutig auf die anderen, die unweigerlich zu ihm aufschlossen, nachdem sie sein Schnaufen richtig gedeutet hatten.   ~*~ Es hatte nicht lange gedauert, bis er das Fest – nachdem er wieder zum brief'schen Haus geflogen war – erreicht hatte und etwas abseits der Menge gelandet war. Er hatte sich einen seiner langen Umhänge übergezogen, dessen Kapuze er tief in sein Gesicht zog, um neugierigen Blicken ausweichen zu können. Schließlich hatte man ihn schon in der Kneipe erkannt, weswegen er kein weiteres Mal auffallen wollte. Das wäre, im Bezug auf das, was er vor hatte, nicht hilfreich gewesen. Sorgsam, doch immer noch durcheinander, weil er tatsächlich hier war und an seinem Plan festhielt, steuerte er den Weg zum Fest an.   Nach und nach – je näher er der Masse kam – konnte er vereinzelte Sätze verschiedener Gesprächsthemen aufschnappen, nachdem er sich überstürzt durch die Menge zwängte und sich die Frage stellte, wie man bloß hier sein konnte, statt durch den Weltraum zu fliegen und andere Planeten zu erobern?   Hatten die Saiyajins hier ebenfalls keinen Stolz? War ihr einziger Lebenswille nicht, gegen andere Wesen zu kämpfen, um die eigene Kampfkraft zu steigern? Offenbar nicht, wenn er sich die trinkfreudigen Artgenossen ansah, die feierlich zusammensaßen und die augenscheinlich friedliche Zusammenkunft genossen.   Unerklärlich, so befand Vegeta, war das Verhalten der niederen Saiyajins und gerne hätte er jeden einzelnen an die Wand gestellt, um sich persönlich an ihnen auszutoben. Allerdings wusste er auch, dass der Fisch am Kopf zu stinken anfingen. Er wusste, auf wessen Mist das Fest gewachsen war. Sein eigener Vater hatte das Fest zu Ehren der Ur-Saiyajins ausgerufen, um jährlich daran zu erinnern, was sie ihren Ahnen zu verdanken hatten...   Zischend zog er die Kapuze, während er durch die Menge schlenderte, noch tiefer in sein bereits vermummtes Gesicht, dessen untere Hälfte er mithilfe der Länge des Umhangs verbergen konnte. Er versuchte mit seinen Sinnen, etwas ausmachen zu können. Fieberhaft wollte er das schaffen, was Kakarott konnte – Auren anhand ihres Ki's aufspüren.   Aber er konnte es nicht. So sehr er sich bemühte – aufgrund der unzähligen Saiyajins war es ihm nicht möglich, die Auren bestimmter Personen aufzuspüren. Und die Kapuze abnehmen konnte er auch nicht, da sich seine Anwesenheit wie ein Lauffeuer verbreiten würde, wodurch seine eigentliche Zielsetzung hinfällig geworden wäre. Stattdessen besah er sich vielen Stände, er hörte dem Gelächter der Kinder zu, die sich ausgiebig über Gewinne und sonstige Preise freuten, welche ihre Eltern an etlichen Ständen gewonnen hatten...   Darüber hinaus kam er dem Kern des Festes immer näher, woraufhin er unmerklich seinen Scouter am Ohr anbringen und den Knopf drücken konnte. Anschließend wartete er auf die erfolgreiche Ortung derjenigen, wegen denen er hier aufgetaucht war. Währenddessen lief es ihm kalt den Rücken runter, als ihm aufging, dass es niemanden zu stören schien, dass hier jemand herumrannte, dessen Gesicht verdeckt war...   Wieso waren sie so unvorsichtig geworden? Wieso wurde niemand misstrauisch? Warum wurde er nicht angesprochen, angesichts der Anonymität? Warum waren sie so leichtsinnig geworden? Dachten sie etwa, dass... dass sie sich in Sicherheit wiegen konnten, sobald sie allesamt beisammen waren? Und gerade hasste Vegeta jeden einzelnen, der hier war.   Ja, er hasste es, obwohl er seine Abstammung so schätzte.   „Na endlich“, zischte er wütend, als der Scouter entsprechende Signale von sich gab und Vegeta den Weg wies, den er sogleich einschlug, um seinem eigentlichen Ziel näher zu kommen.Im Anschluss folgte er brav dem Pfeil, den die pinke Scheibe über seinem linken Ohr anzeigte – solange, bis er ein rotes Zelt erreichte, vor dessen Eingang ein gigantischer Stand aufgebaut worden war, der von riesigen Kuscheltieren, Süßigkeiten und weiteren Spielzeugen umgeben war.   Zielorientiert war er dem Gelächter gefolgt, das man unschwer überhören konnte. Man machte es ihm allzu leicht, das Gesuchte ausfindig zu machen. Jedoch blieb er abrupt stehen, als er sie entdeckte...   Umsichtig hatte er seine Hand gehoben, die er langsam zum Saum seiner Kapuze führte, um diese soweit nach hinten zu ziehen, dass er sie besser im Blick hatte.   Jetzt durfte nichts mehr schief gehen. Gar nichts mehr.   Ohne bemerkt zu werden, schlich er sich an den restlichen Saiyajins vorbei, die ihm im Weg standen. Behutsam drückte er einige der Störenfriede zur Seite. Ferner wurden seine Schritte immer schneller, als er ihnen näher kam. Ebenso die Gespräche... Ihre Stimme war wie ein Messer, das sich tief in seine Haut schnitt, um ihn leiden zu lassen, denn ihre Stimme klang erfreut, fröhlich, höflich, amüsiert... Sie klang so anders. Ganz anders, als wenn er mit ihr sprach.   Verdammter Scheiß, ja. Sobald sie sich unterhielten, war ihr Stimme kühl, ihre Körperhaltung war stets distanziert...   Er hätte förmlich die Zeltplane steil hinaufrennen können.   Des Weiteren erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit – etwas, das ihm buchstäblich den Atem raubte, nachdem sein Blick über ihre blauen Haare, hinab über ihren Rücken gewandert war.   Alleine der Umstand, wie nah sie neben Turles stand, hätte seinen Körper in Flammen setzen können – in lodernde Flammen, die nicht mehr zu bändigen waren. Ja, es kotzte ihn an, weil er das Mädchen nicht leiden konnte, und doch den Wunsch hatte, ihr genauso nahe zu sein, wie Turles es gerade war. Hinzu kamen die Blicke, die sie untereinander austauschen.   „Hey Turles, denkst du, du kannst mich überbieten?“   Blitzschnell wanderten Vegetas Augen nach links, wo er Kakarott erkannte, der mit einem Plüschtier in der Hand zu den beiden Vertrauen schlenderte... Gott, Vegeta wollte wieder kotzen.   „Ich will es gar nicht erst versuchen.“   „Sei kein Spielverderber, Turles. Komm schon“, animierte Kakarott ihn weiterhin, ehe er ihm zusätzlich mit dem Ellenbogen in die Seite stieß.   „Nein, verdammt!“   „Willst du es wirklich nicht versuchen?“ Auch Bulma hatte zu Turles nach oben gesehen, bevor sie ihre Hand hob, um diese im selben Abschnitt auf seinen stählernen Armschützer zu legen. „Das macht unheimlichen Spaß“, bemerkte sie strahlend, während ihre andere Hand zu den vielen bunten Luftballons zeigte, die man mit Pfeilen abschießen musste.   „Verflucht nochmal, nein! Ich will diesen albernen Scheiß nicht versuchen.“ Seine Stimme war infolge ihrer Annäherung und der Berührung ihrerseits immer lauter geworden. Es machte ihn sichtlich nervös, weswegen er einen Schritt zur Seite trat und gleichzeitig mit ansah, wie Bulma selbiges tat. Auch sie war – erschrockener als er – nach hinten gegangen. Folglich blickte er zu dem älteren Saiyajin hinter der Theke, der scheinbar darauf wartete, dass Turles ebenfalls sein Glück versuchte, aber darauf konnte der Alte lange warten. Oh ja, denn Turles würde sich nicht zum Affen machen, nur um die anderen zu belustigen.   Das hatte er nun wirklich nicht nötig. Immerhin war dieser Stand noch immer für die – anlässlich seines Ausbruchs ebenfalls entgeisterten – Kinder gedacht, die das hart verdiente Gold ihrer Eltern hier ließen, um irgendein Plüschtier zu gewinnen, das schlussendlich doch in der hintersten Ecke des Kinderzimmers landen würde.   „Beruhige dich, Turles. Du machst ihnen Angst“, beklagte Kakarott, dessen Finger auf die Kinder zeigte.   Sollten Kakarotts Worte ein Wink mit dem Zaunpfahl sein? Das dachte Turles zumindest, denn unweigerlich war sein Blick nach links gewandert, um Bulma achtsam nachzusehen, die indes schon das Gespräch mit Kuririn gesucht und ihren Körper peinlich berührt zur Seite gedreht hatte. Irritiert davon, sah er zu Kakarott zurück, der derweil kopfschüttelnd die Augen verdrehte, ehe er an Turles vorbeiging, um sich an dem Gespräch zwischen Bulma und Kuririn zu beteiligen.   Und es fiel ihm wie Schuppen von den Augen... Stirnrunzelnd war ihm aufgegangen, dass sie anscheinend hoffte, dass er ihr eines der Plüschtiere schenkte und mit jedem weiteren Gedankengang daran, wurden seine schwarzen Augen größer, die Erkenntnis umso klarer – ebenso wie die Silhouette von Lunch, die jählings vor ihm erschienen war.   „Sehr feinfühlig, Arschloch!“, donnerte sie ihm entgegen, bevor sie ihre Haare nach hinten warf, die Hände in ihre Hüten stemmte und zu den anderen ging.   Scheiße! Bulma erhoffte sich tatsächlich, dass er ihr etwas schenkte, aber wozu? Er kannte sie doch im Endeffekt gar nicht, er wusste nichts – rein gar nichts – über sie. Anhand welcher Reaktion hätte er herauslesen können, was sie wollte und was nicht? Er war kein Hellseher, wenngleich sie alle den Anschein machten, als wären sie allesamt Profis...   Tja, Turles war kein Profi. Im Umgang mit Frauen war er eine glatte Null – eine schöne elliptische Null, die nicht wusste, was Frau wollte.   Bevor Bulma in sein Leben getreten war, waren stets andere Sachen wichtiger und nun wurde seine Präzedenz auf etwas anderes gelenkt, womit er zuvor nie konfrontiert worden war. Erwartete sie demnach, dass er beim ersten Mal alles richtig machte?   Er fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes hilflos, weshalb er auch mit leicht gesenktem Haupt, während seine Hand verkrampft durch seine abstehenden Haare fuhr, zu den anderen aufschloss und sich absichtlich neben Bulma stellte.   „Alles in Ordnung?“, fragte er heiser nach – noch immer die Hand in seinen Haaren vergraben, die mittlerweile in alle Richtungen standen.   „Sicher“, nickte sie ihm aufmunternd zu. „Bei dir auch?“   Statt ihn böse anzusehen, blickte sie ihm doch tatsächlich lächelnd entgegen, was ihm zum wiederholten Mal den Wind aus den Segeln nahm. Auch die Tatsache, dass sie sich nach seinem Wohlbefinden erkundigte, war etwas, was Turles nicht kannte. „Äh... Ja, bei mir ist auch alles klar.“   „Gut.“ Zugegeben, sie war verletzt, aber nicht wegen Turles, sondern wegen ihrer eigenen Erwartungen, die nicht erfüllt wurden. Aber woher sollte er auch wissen, was Bulma wollte? Außerdem fing sie an zu glauben, dass jedwede Situation, die sich zum Guten wenden sollte, stets dazu entschloss, die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen, um die ehemalige Physikstudentin zu ärgern.   Ach, wie gerne würde sie jetzt in einer ihrer langweiligen Vorlesungen sitzen und ihrem Professor lauschen, statt hier zu stehen und in Schamesröte zu versinken?   Kakarott indessen, der die Situation entschärfen wollte, trat an Bulma heran, legte einen Arm um sie und führte sie zu einem Getränkestand, wo er seinen Arm auf die polierte Theke platzierte und mit den Fingern schnipste, um die Aufmerksamkeit der Bedienung zu erhaschen. Unterdessen neigte er seinen Kopf zur Seite, um Bulma ein strahlendes Lächeln zu schenken, das sie prompt erwiderte. „Was möchtest du trinken?“   Darauffolgend betrachtete Bulma die Getränkekarte. „Das musst du nicht, Son Goku. Die Preise sind -“   „Egal. Such dir was aus.“ Neben ihm standen etliche Saiyajins, die ebenfalls der unermüdlichen Sonne trotzten und dennoch ihr kühles Getränk genossen. „Also?“   Just in dem Moment, bevor Bulma antworten konnte, drängte sich Turles zwischen die beiden, der etwas gut machen wollte, nachdem er Bulma so angegangen hatte. „Lass gut sein, Kakarott. Ich... mache das.“ Anschließend legte er mehrere saiyajinische Goldmünzen auf den Tresen.   „Meinetwegen“, begrüßte er Turles' Aussage, ehedem er sich klammheimlich zurückzog und den beiden den Moment der Zweisamkeit gönnen wollte.   Turles hingegen sah seinem Ebenbild argwöhnisch und mit hochgezogener Augenbraue nach, bevor er sich wieder an Bulma wandte. „Ähm... gut. Was möchtest du?“   „Hm...“ Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie nochmals die Karte, während sie mit ihrem Zeigefinger grübelnd gegen ihre Unterlippe tippte. „Ein Bier? Und du?“   „Na dann. Bedienung, zwei Bier!“, rief er der schwarzhaarigen Saiyajin zu, die nickend seine Bestellung bestätigte und zwei bis zum Rand gefüllte Bierkrüge vor seine Nase stellte.   „Ich wusste gar nicht, dass du so spendabel bist, Turles“, quittierte der hinzukommende Saiyajin feixend, der um einen stämmigen Mann herum getreten war und in den Fokus des angesprochenen Saiyajins trat. „Seit wann ist das so?“ Im Augenwinkel beobachtete er jede ihrer Bewegungen haargenau, was aber nicht notwendig gewesen wäre, da sie inmitten ihrer Bewegung – den Krug anzuheben – inne hielt und perplex zu ihm starrte.   „Majestät, ich -“ „Spar dir die Mühen, Turles.“ Ehe er seine kalte Rache in die Tat umsetzen konnte, schnaufte er verdrießlich, in der Hoffnung, die Ketten um seinen Körper zerbersten zu können, da sie ihn am Vorwärtsgehen hindern wollten. Indessen hob sich seine Brust langsam nach oben und im dem Moment, als er ausatmete, schossen seine Hände nach vorne, die sich augenblicklich um Bulmas Nacken legten.   Ohne Rücksicht auf Verluste, zog er sie zu seinem Körper heran, ungeachtet dessen, wie verblüfft Turles, Kakarott und zwei weitere Saiyajins ihn ansahen. Die Blicke waren ihm egal. Hier ging es um seine Rache. Es interessierte ihn nicht, dass sein Kopf im selben Augenblick schrie, das Mädchen loszulassen, das scheinbar nicht in seine, sondern in Turles' Arme wollte.   Oh Gott, wie sehr er diesen Saiyajin verachtete – noch mehr als zuvor.   Aber egal. Was zählte, war, sie in Misskredit zu bringen – vor all ihren Freunden und vor Turles... Ja... Das, und dass sie sich vor ihnen erklären müsste, war sein Ziel gewesen, das er endlich erreicht hatte. Abschließend würde er sie angrinsen, sie intensiv ansehen und gehen... Vegeta würde sie mit ihrem wütenden Blick zurücklassen. Er würde sie mit zahllosen Fragen alleine lassen, so dass sie gezwungen war, ihm nachzulaufen.   Ha, jawohl! Doch bis dahin wollte er den Moment genießen. Bestimmend zog er Bulma weiter zu sich heran, die ihn vor Schreck gewähren ließ. Quälend langsam sank sein Kopf zu ihrem herab. Vegeta wollte Herr über die Zeit werden, diesen Moment einfrieren, indem er einen kurzen Moment mit seinen Lippen vor ihren verweilte, um sich noch einmal in ihrem sonst so angriffslustigen Blick zu spiegeln, doch alles, was ihm entgegensah, waren blaue Augen, welche panisch in ihren Augenhöhlen umher huschten. Es dauerte keine zehn Sekunden, da ging Vegeta zum zweiten Teil seiner Rache über, indem er ihre Starre ausnutzte. Eiskalt ausnutzte und seine Lippen beharrlich auf ihre presste. Währenddessen war eine seiner Hände über ihren Rücken geglitten, hinab zu ihrer Taille, um den Kuss zu intensivieren und sie gleichzeitig in Schach zu halten...   Und es war ein verdammt gutes Gefühl, ihre Lippen zu berühren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)