Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 74: Turn 69 - Names To Cross Off ---------------------------------------- Turn 69 – Names To Cross Off     Es war ein gewöhnlicher Mittwochmorgen, als Nick Harper seiner Freundin und Schwester Anya Bauer die Hand reichte. In dieser Hand befand sich eine kleine, schwarze Box. Für Außenstehende hatte sie keinerlei Bedeutung, doch Anya bedeutete sie die Welt. In ihr befanden sich nicht nur Karten, sondern auch Erinnerungen. Und als das Mädchen die Box entgegen nahm, schenkte sie Nick das, wonach er sein ganzes Leben gesucht hatte: Ein aufrichtiges, glückliches Lächeln.   „Ich habe nachgesehen“, sagte der junge, zerzauste Mann, der seine Windjacke anbehalten hatte, „keine fehlt, zumindest keine von der ich weiß.“ Anya, die aufrecht vor ihm neben dem runden Frühstückstisch stand, strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Danke.“ Direkt neben ihr schnitt Zanthe seinen Pfannkuchen. „Ende gut, alles gut.“ Und das Lächeln wich schlagartig aus Anyas Zügen. „Einen Teil des Satzes hat der Flohpelz vergessen. Diebin tot?“ „Nein. Sie ist entkommen. Aber sie wird es nicht nochmal versuchen, davon bin ich überzeugt.“ „Wo ist sie?“, verlangte Anya zu wissen und rückte Nick so nah auf die Pelle, dass sie aufsehen und den Popel in seinem linken Nasenloch sehen konnte. „Ich will Vergeltung!“ „Ich weiß es nicht, sie hat ihr Smartphone weggeschmissen, also kann ich sie nicht mehr orten.“ Matt, der Zanthe gegenüber saß, mischte sich ein: „Willst du es nicht gut sein lassen?“ Wie ein verschrecktes Huhn riss er den Kopf in den Nacken, als Anya den ihren zu ihm herum ruckte. „Im Ernst, Summers!? Nach allem, was ich wegen ihr durchmachen musste!?“ „Ja, die vielen Duelle, die du mit einem geliehenen Deck besser bestritten hast, als du es vermutlich mit deinem eigenen getan hättest. Das Deck des Mannes, der dich eiskalt abserviert hat und dessen Existenz du es indirekt verdankst, dass ihr euch wieder vertragen habt“, murmelte Zanthe schnippisch vor sich hin, „ganz zu schweigen von deiner Qualifikation fürs Halbfinale. Böse Diebin, wirklich …“ „Schnauze, Flohpelz!“ „Ich mein ja bloß. Und übrigens, wenn selbst die Rückkehr deines Decks dich nur für magere fünf Sekunden glücklich macht, dann bedaure ich den armen Tropf, der eines Tages für deine Orgasmen zuständig ist.“ Matts Messer fiel laut klimpernd auf den Teller. Es war mucksmäuschenstill im Restaurant des Ephemeria Grand Hotels. Und auch wenn Zanthe spürte, wie alle Blicke auf ihn gerichtet waren, aß er doch mit regelrechtem Genuss weiter, als wäre nichts geschehen. Was sowieso seine neue Strategie zu sein schien.   Nick räusperte sich und drehte Anya an den Schultern in seine Richtung, versuchte ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ehe ein tragisches, bewusst provoziertes Unglück geschah. „Hey, ich würde gerne noch länger bleiben, aber ich muss zurück nach Livington.“ Anya sah ihn abwesend an. Ihr Gehirn hatte offensichtlich noch nicht rebootet, wahrscheinlich hatte es sich am Input 'Orgasmus' aufgehangen. „Das Projekt geht langsam in die nächste Phase über und die brauchen mich dort. Sollte es also irgendetwas geben, wobei ich dir helfen kann …“ „So wie den Werwolf umbringen?“, fragte Anya in einem völlig untypischen, zuckersüßen Tonfall und tastete nebenbei den Tisch nach einem Messer ab. Was Nick unterband, indem er ihre Hand schnell in die seine nahm. „Ich meinte eher Geld oder andere …“ „Geld für eine Waffe ist auch gut.“ „Keine Waffe!“ Nick seufzte. „Wenn ich etwas für dich tun kann, was ich später nicht bereuen muss, sag es mir am besten jetzt.“ Als sie ihn immer noch ansah, halb in Trance, welche eigentlich nur die tatsächliche Mordlust verbarg, richtete sich Nick tonlos an Matt. „Oder falls ihr etwas braucht …“ „Kennst du gute Bestattungsunternehmen?“, fragte der scherzhaft und nickte zu Zanthe herüber. Sofort wurde er deutlich daran erinnert, dass Nick ihn nicht leiden konnte. „Nein. Also, Anya, kann ich dich ruhigen Gewissens mit den beiden alleine lassen?“ Sie zuckte förmlich zusammen, ihr Blick wurde schlagartig klar. „Ja, kein Problem. Dieses Turnier hab ich so gut wie in der Tasche, jetzt wo ich meine Karten zurück habe.“ Nicht vollständig überzeugt, nickte der zerzauste, junge Mann und sah die Drei der Reihe nach an. „Also dann, viel Erfolg. Meldet euch hin und wieder, ich will auf dem Laufenden bleiben.“ „Ganz sicher ...“, raunte Matt mürrisch und nahm das Messer von seinem Teller wieder auf, um sein Brötchen zu beschmieren. Zu guter Letzt legte Nick noch einmal die Hand auf Anyas Schulter. „Pass auf dich auf, okay?“ Mit fettem Grinsen im Gesicht, deutete sie mit dem Daumen auf ihre Brust. „Ich bin Anya Bauer. Aufpassen müssen nur die anderen.“   Das gesagt, verabschiedete Nick sich und schritt von dannen. Er wusste bereits, dass er keine drei Schritte getan haben würde, bis seine Schwester explodierte. Das Klimpern von Besteck war zu hören und wie dieses mit voller Wucht in einen Teller gerammt wurde, sodass dieser zerbrach. Das Knacken deutete daraufhin, dass besagtes Messer – etwas anderes konnte es nicht sein – glatt durch den Tisch gejagt wurde. Die entsetzten Schreie eines Werwolfs erklangen, als eine Furie sich auf seinen Schoß schwang und würgte. Der Knall eines nach hinten gefallenen Stuhls rundete den Vorfall schließlich ab, welcher am nächsten Tag für Schlagzeilen sorgen würde.   Und als Nick Harper das Restaurant verließ und in der Lobby des Hotels angelangte, wartete bereits eine Alexandra Russo auf ihn, die erstaunt die Augenbrauen angehoben hatte. „Ignorier' den Krach“, sagte er ihr friedlich, als sie nebeneinander zum Ausgang schritten. „Solltest du sie wirklich allein lassen? Das sah böse aus, wie sie versucht hat, ihm mit der Gabel die Nase auszureißen“, fragte die Blonde verunsichert, welche ihre Augen hinter einer Sonnenbrille verbarg. „Der kann das ab.“ Seine Gefährtin zog ihre beige Jacke enger um sich, als sie in die Drehtür eintraten. „Deine Freunde sind unheimlich und das sagt jemand, dem schon viele unheimliche Personen begegnet sind.“ Nick sah sie von der Seite her künstlich lächelnd an. „Und ich bin darunter die schlimmste.“ Sie rümpfte die Nase. „Zweifelsohne. Und jetzt?“ „Nutzen wir deine Beziehungen aus. Die der unheimlichen Sorte.“ Zusammen traten sie auf die Straße, wo Nick sich erst einmal streckte und tief durchatmete. Der Tag hatte wirklich gut begonnen, also sprach nichts gegen ein paar 'Unterhaltungen'.   ~-~-~   Wenig später, Nick und Alexandra waren schon fort, fanden sich Anya, Matt und Zanthe vor dem Eingang des Restaurants neben ihrem Hotel wieder. „Großartig“, schnaubte Zanthe und hielt Anya sein in der Mitte durchgerissenes Kopftuch vor die Nase, „sieh' es als Metapher unseres Rufes an.“ Sein schwarzes Haar war durcheinander, genauso wie Anyas blondes. Nur noch einzelne Strähnen ihres Pferdeschwanzes wurden von Haargummi gehalten, der Rest stand kreuz und quer ab. Matt, der einzig unversehrt Gebliebene von ihnen, merkte betrübt an: „Ich glaube, da brauchen wir uns jetzt nicht mehr blicken lassen.“ „Mir doch egal!“, stampfte Anya wütend auf. „Mir aber nicht!“, donnerte Matt unerwartet zurück. „Was zum Henker ist los mit euch!?“ Keiner bemerkte, dass die Leute hinter der Fensterfassade sie in einer Mischung aus Furcht und Neugier beobachteten.   Abwechselnd starrte er die beiden auffordernd an, besonders die Blonde, da er zumindest bei ihr wusste, wo ihr Frust begraben lag. Dementsprechend harsch richtete er seine Worte an sie: „Sag ihm, was dir auf der Seele liegt, sonst müssen wir uns irgendwann noch nach einem neuen Schlafplatz umsehen!“ Wie man es aber von Anya erwarten konnte, verzog die nur die Lippen. „Ich habe nichts zu sagen!“ „Und du?“, wandte sich Matt an den Werwolf, der mit der Hand sein Haar glatt zu streichen versuchte. Ihm fiel auf, dass dieser ungewöhnlich blass wirkte. „Dito.“ „Anya“, wirbelte Matt wieder scharf zu ihr herum und machte ihr mit einer nickenden Kopfbewegung mehr als deutlich, wer den ersten Schritt zu machen hatte.   Frustriert seufzend ließ jene sich auf einen der leeren Stühle fallen, da sich hinter ihnen mehrere Tische befanden, die von Schirmen vor der grellen Sonne geschützt wurden. Auch hier gab es Gäste, die den Streit drinnen wie draußen gespannt verfolgten. Und es war Anya auch egal, dass an diesem, -ihrem- Tisch bereits ein älteres Ehepaars saß, das verschreckt die Augen weitete. „Können -wir- nicht mal wieder etwas zusammen unternehmen?“, fragte sie an Zanthe gewandt. „Wieso? Wir haben doch eben gefrühstückt.“ „Ich meinte etwas Richtiges. Wo man Spaß hat. Nicht, dass mir das eben keinen Spaß gemacht hat, aber …“ Matt, der schon kommen sah, wie dieses Gespräch ohne 'Leitung' verlaufen würde, sprach aus, wofür Anya noch mindestens eine halbe Stunde brauchen würde. „Uns ist aufgefallen, dass du dich immer mehr zurückziehst. Wir machen uns Sorgen um dich, insbesondere Anya.“ Für einen Moment verloren sich Zanthes grimmige Gesichtszüge. Dann lächelte er gutmütig. „Braucht ihr nicht. Mir geht es gut.“ „Wann hast du das letzte Mal … du weißt schon?“, fragte Matt ernst. „Du bist schneeweiß.“ „Hört zu. Es gibt da jemandem, dem ich helfen muss. Und er hilft im Gegenzug mir“, versuchte Zanthe seine Freundschaft mit Exa zu umschreiben. Anya lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Warum treffen wir uns dann nicht zusammen, huh? Ist ja schön, dass du auch andere Freunde hast, aber scheiße, vergiss uns dabei nicht!“ Für einen kurzen Moment wandte Zanthe den Blick ab, suchte nach den passenden Worten. „Es ist kompliziert. Ohne mich ist er … gewissermaßen verloren. Ich bringe ihm Duel Monsters bei, damit er sich etwas Geld in Untergrund-Duellen verdienen kann.“ Als er sich wieder Anya zudrehte und die entsetzten Blicke der beiden Senioren bemerkte, fügte er noch bestimmend hinzu: „Das haben Sie nicht gehört!“ „Warum helfen wir ihm dann nicht gemeinsam?“, fragte Anya voller Unverständnis. „Das geht nicht!“ „Warum!?“ Zanthe schnappte zurück: „Weil er es so will und das muss ich respektieren! Und nebenbei bemerkt, ich bin gleich mit ihm verabredet. Also bis dann!“ Der Schwarzhaarige nutzte die Gelegenheit und ließ die verdutzte Anya einfach sitzen, rauschte quer über die Straße und wäre dabei fast noch angefahren worden.   Völlig unfähig, seinen Ausbruch zu verarbeiten, saß Anya mit geweiteten Augen da. Matt stellte sich neben sie und sah dem Werwolf hinterher, der die andere Straßenseite erreichte. „Wow. Willst du ihm nach?“ „Tch“, zischte das Mädchen, wieder zu Sinnen kommend, „der würde sofort bemerken, wenn wir ihm folgen.“ „Ja, würde er. Wirklich schlauer sind wir nicht geworden. Wobei die Sache mit den Untergrund-Duellen nicht gerade gut klingt. Und meine Frage hat er glatt ignoriert.“ Anya sprang auf. „Mir doch egal. Wenn er meint, dann soll er doch! Pft!“ Kurzerhand schnappte sie sich das Stück Kuchen, das auf dem Teller ihres Tischnachbarn lag, und warf ihm einen eisigen Blick zu, der in etwa sagte: „Ich brauch das jetzt, wenn dir das nicht passt, können wir das gerne in einem Zweikampf klären! Keine Waffen, nur Fäuste!“ Sich das ganze Stück mit einem Mal in den Rachen schiebend, stampfte Anya in die von Zanthe entgegengesetzte Richtung davon. Was sagte dieser blonde Weirdo von neulich doch gleich? Sie solle ihre letzten Tage genießen. Und genau das würde sie jetzt auch tun! „Wo willst du hin?“, rief Matt ihr hinterher. Anya schluckte erst hinunter, ehe sie erwiderte: „Es wird Zeit, endlich meine „Pitchest Black“-Liste abzuarbeiten. Ich muss mich jetzt nämlich dringend abreagieren! Und frag gar nicht erst, das ist ein Geheimnis!“ Sprachs und ließ Matt einfach so stehen. Der warf dem älteren Ehepaar einen um Entschuldigung bittenden Blick zu, die ihm ihrerseits mit versteinerten Minen sehr deutlich machten, dass seine Anwesenheit keine Sekunde länger toleriert wurde. „Und was soll ich jetzt machen?“, fragte er verloren vor sich hin. Anya würde ihn auf der Stelle umbringen, wenn er ihr hinterher rannte. Zumal er gar nicht wissen wollte, was diese Liste genau war …   ~-~-~   Etwa eine halbe Stunde später hielt ein Taxi vor dem Anwesen an, in dem die Eröffnungsveranstaltung des Legacy Cups stattgefunden hatte. Von der Fahrerseite stieg niemand Geringeres als Anya aus, wirbelte einmal um den Wagen und riss die Tür des Beifahrers auf. „Wir sind da!“ Völlig verängstigt kauerte dort ein schwarzer Mann mittleren Alters und wagte es nicht einmal, seine Chauffeurin nur anzusehen. Stattdessen schlug er die Hände über dem Kopf zusammen und das in einer Haltung, die stark an die eines Fötus im Mutterleib erinnerte. „Man, das habe ich echt mal gebraucht“, schwärmte Anya von der Fahrt, „oh und keine Sorge, die Cops haben wir abgehängt, als wir uns im U-Bahn-Schacht versteckt haben.“ Was dem Mann ein entgeistertes Quieken unterdrückter Erinnerungen entlockte. „Also“, raunte Anya und hielt ihm die offene Handfläche vor die Nase, „das macht dann 100$.“ Prompt hatte sie gleich die ganze Brieftasche des eigentlichen Taxifahrers in der Hand, welcher sich schnell auf den Fahrersitz schob, schreiend aufs Gaspedal trat und mit Vollgas das Weite suchte. „Das wär' doch nicht nötig gewesen“, rief Anya ihm hinterher, mit der Geldbörse winkend.   Anya Bauer, dir ist doch klar, dass du ihm die zurückgeben wirst, oder? … Aber um seiner eigenen, mentalen Sicherheit Willen gib sie bitte in einem Fundbüro ab. Ich glaube nämlich nicht, dass sein Herz noch einer Begegnung mit dir standhalten wird.   „Ich sollte echt überlegen, das beruflich zu machen“, stellte Anya zufrieden mit sich selbst fest und stopfte sich das gute Stück in die hintere Hosentasche ihrer Jeans. Melinda ist also die Nächste auf deiner 'Pitchest Black'-Liste?   Anya trat zu dem hohen Tor mit der Freisprechanlage heran. Sie erinnerte sich noch, wie sie sich beim letzten Besuch über die Spitzen des zwei Meter hohen, schwarzen Zauns hinweg geschwungen hatte. Sie war schon im Begriff, eine der speerartigen Zaunlatten zu packen, da hallte es in ihrem Kopf:   Nein. Du benutzt die Tür.   „Da komme ich aber nicht rüber?“, erwiderte Anya verwundert.   Ich bitte dich, genug Straftaten für einen Tag! Denk dran, die Presse hat ein Auge auf dich geworfen! Du klingelst gefälligst!   Missmutig ließ Anya vom Zaun ab und machte einen Schritt zur Freisprechanlage. „Schon gut …“ Nachdem sie geklingelt hatte, hallte eine irgendwie vertraute, männliche Stimme freundlich zu ihr. „Ja bitte?“ „Den kenn' ich doch. Hank?“, erinnerte sich Anya an den dicklichen Wachmann. „Ja. Wer spricht da?“ „Ich bin's, Anya Bauer, Schnöselschw- Melindas Freundin von neulich. Die, die ihr Deck verloren hat. Ist sie da?“ Hank lachte. „Du bist das. Ja, Miss Ford befindet sich derzeit im Garten. Warte, ich mache dir auf.“ Kurzerhand schwang das Flügeltor auf und Anya konnte passieren. Sie schritt eilends vorbei an den Blumenfeldern, direkt auf das Anwesen mit seinen Bogensäulen zu. Gerade erreichte sie den Eingang, da tauchte der Mann in Blau mit der Halbglatze zu ihrer Linken auf. Dabei hielt er ein Smartphone an sein Ohr. „Ja, sie steht gerade vor mir. Okay, Melly, sag ich ihr.“ Dann legte er auf. „Sie wartet auf dich, hinten beim Eingang des Parks.“ „Cool, danke“, erwiderte Anya. Siehst du, wie einfach man mit ein wenig Freundlichkeit bekommt, was man will?   „Beängstigend“, schnarrte Anya leise, während sie dem untersetzten Mann ins Anwesen folgte. Er führte sie durch den leeren Ballsaal zu einer Terrasse nach draußen, wo Melinda bereits auf sie wartete.   Geradezu euphorisch stürmte der Rotschopf auf sie zu. In einer himmelblauen Stoffhose und weißer Bluse steckend, fiel das ältere der Ford-Geschwister Anya um den Hals. „Wie schön dich zu sehen!“ Vor Freude strahlend, schob sie Anya ein Stück weit an den Armen von sich weg, um sie zu betrachten. Die starrte mit weit geöffneten Augen zurück. „Hi, Schnöselschwester … Lässt du mich freiwillig los, oder muss ich dir erst ein paar Knochen brechen?“ Sofort kam Melinda der eindeutigen Aufforderung nach. „'tschuldige.“ „Hast du gekokst, dass du so gut drauf bist?“, fragte Anya unverblümt wie immer. „Nein, ich nehme keine Drogen mehr, seit ich 25 bin“, winkte die ab und deutete mit ausgestreckter Handfläche an, dass ihre Freundin ihr bitte folgen möge. Sie nahmen ein paar Stufen der Marmorterrasse herab und hielten auf die riesige Parkanlage zu. Von hier aus sahen die Hecken, die die Außenlinien beschrieben, gar nicht so hoch aus. In der Mitte der Wiese befand sich ein großer Springbrunnen, umgeben von vier Statuen von Reitern, allesamt auf das Wasserspiel gerichtet. „So lange kann das noch nicht her sein, oder?“, fragte Anya verspätet auf die etwas seltsame Antwort der Rothaarigen. Die winkte ab. „Ich verarsch' dich doch bloß. Darf ich mich nicht freuen, dass du mich besuchst?“ Normale Menschen freuen sich nicht darüber. Sag ihr das, Anya Bauer.   „Kommt drauf an? Du weißt, dass ich nur komme, wenn ich etwas von dir will, oder?“ Die beiden liefen einen Kiesweg am Rande der Anlage entlang. Melinda reagierte gar nicht auf Anyas Frage, sodass diese ungehalten wurde. „Willst du gar nicht wissen, was es ist?“ Mit einem Schlag blieb ihre Freundin stehen und wirbelte zu ihr herum. „Ganz egal, was es ist, mir ist so verdammt langweilig, also sag einfach Hü und ich sag Hott! Immer nur Papierkram, Anrufe von Investoren, Gespräche mit Reportern … ich dreh langsam durch!“ Anya zog eine Augenbraue an, was nicht unerheblich an ihrem angezogenen Sprechtempo lag. „Ich dachte, dir macht dieser Kram Spaß?“ „Ist ja auch so. Aber ich brauche eine Pause, etwas Abwechslung! Ich hab mich schon so gefreut, als … egal, jetzt sag, warum bist -du- hier?“ Erwartungsvoll wurde die Blonde angesehen. Die hielt sich gewohnt knapp. „Ich will 'ne Revanche. Außerdem … will ich lernen, wie man gegen Pendel kämpft. Ihr habt die Scheiße jetzt auf den Markt geschmissen und ich fürchte, irgendwann kommt der Tag, an dem ich dagegen ran muss. Dann würde ich gerne gleich wissen, womit ich es zu tun habe.“ Das ist so erstaunlich voraussehend, ich glaube, mir kommen glatt die Tränen. Wie du dein eines selbstsüchtiges Anliegen mit diesem unerwarteten zweiten verbunden hast, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob Melinda Ford überhaupt Zeit dafür opfern kann. … zu schade, dass ich nicht weinen kann.   Anya wollte das -wirklich- kommentieren, aber als sie sah, wie in Melindas Gesicht förmlich die Sonne aufging, tat sie es jener stattdessen einfach gleich. Melinda Fords Name würde noch heute von der 'Pitchest Black'-Liste gestrichen werden. Der Liste, auf der der Name eines jeden stand, den sie einmal in einem Duell besiegen musste.   „Natürlich helfe ich dir!“, sprach Melinda aufgeregt, „Komm, ich zeig dir was!“ Sie führte sie über den Kiesweg zum hinteren Teil der Anlage. Und Anya musste bei dessen Anblick staunen. So hohe Hecken hatte sie noch nirgendwo gesehen, an die drei Meter mussten sie mittlerweile erreicht haben. Die waren ihr gar nicht aufgefallen. Angeordnet in einem Quadrat, gab es zu jeder Himmelsrichtung in der Mitte eine große Öffnung, durch die man ins Innere des abgegrenzten Gebiets gelang. „Insgesamt ist die Fläche innerhalb der Hecke fünfundzwanzig mal fünfundzwanzig Meter groß, also mehr als 600 Quadratmeter.“ Das Mädchen neben ihr runzelte die Stirn beim Anblick dessen, was sich hier befand. Nämlich nichts außer einer Rasenfläche. „Und wozu das Ganze?“ Mit einem Ruck streckte die Rothaarige ihre Arme aus und tänzelte einmal um die eigene Achse vorwärts, dann rückwärts, als schwebe sie auf einer Wolke. Einige Schritte von Anya entfernt, wandte sie sich ihr grinsend zu. „Eines Tages soll hier ein Labyrinth gepflanzt werden. Aber bis alles fertig ist, dauert es noch Jahre. Ich hoffe, irgendwann mit meinen Kindern hier durchlaufen zu können.“ „Du hast Kinder!?“, fiel Anya aus allen Wolken. „Nein, Dummerchen. Aber irgendwann möchte ich welche haben. Am besten zwei Jungen und zwei Mädchen“, schwärmte die Ältere, blinzelte jedoch verwundert, als sie Anyas verstörten Gesichtsausdruck bemerkte, „hast du noch nie daran gedacht, wie es ist, Mutter zu werden?“ Anya schüttelte mechanisch mit dem Kopf.   Und wir sind dir auch sehr dankbar dafür.   „Das kommt noch.“ „Wir beenden dieses Gespräch auf der Stelle“, forderte Anya und streckte panisch den Arm nach vorne, an dem sich ihr D-Pad befand – das schwarze von Logan wohlgemerkt! „Lass uns lieber das tun, wofür ich hergekommen bin. Nicht, dass ich am Ende noch Ausschlag vom bloßen Gedanken an … wusstest du eigentlich, dass ich Kinder hasse? So richtig? Nein? Dann weißt du's jetzt!“ Das beruht ganz gewiss auf Gegenseitigkeit.   Melinda nahm noch ein paar Schritte zurück, bestückte ihren Arm jedoch bereits mit ihrem eigenen D-Pad, der roten Hausmarke. „Irgendwann siehst du das sicher anders. Aber du hast Recht, wir sollten jetzt erstmal zusehen, unser eigenes Kind auszuleben. Und glaub mir: Darin bin ich besser als du denkst.“ „Wehe wenn nicht“, murrte Anya mit dem Anflug eines Grinsens, „nochmal lasse ich dir eine Performance wie auf dieser dämlichen Party nicht durchgehen.“   Während die beiden sich gegenseitig anheizten, näherte sich noch eine weitere Person dem leeren Heckenlabyrinth. Melinda bemerkte sie, doch wurde durch die Geste eines Zeigefingers auf der Lippe des Neuankömmlings zum Schweigen aufgefordert. Dann verschwand jener hinter der Hecke.   „Duell!“, rief Anya deshalb alleine, da Melinda etwas verloren an ihr vorbei starrte.   [Anya: 4000LP / Melinda: 4000LP]   „Ich fange-“ „-nicht an“, kam der Rotschopf Anya nur einen Moment später frech in die Quere und schob schnell eine Zauberkarte in ihr D-Pad. „Nimm's mir nicht übel.“ Der missmutigen Fratze ihrer Gegnerin zu urteilen, nahm jene ihr es durchaus übel. Doch das störte Melinda nicht, im Gegenteil, sie streckte Anya frech die Zunge heraus. Dann sagte sie: „Tja, da du das letzte Mal so enttäuscht von den Performapals warst, müssen wir einige Änderungen an der Besetzung vornehmen.“ Die Zauberkarte stellte sich aufrecht vor ihr auf. Das ältere der Ford-Geschwister nahm drei ihrer vier Handkarten und zeigte sie Anya. Es waren [Performapal Hip Hippo], [Performapal Skimmer Skeeter] und [Performapal Sword Fish]. „Das erreiche ich durch [Performapal Recasting]. Sie schickt beliebig viele meiner Freunde ins Deck zurück, um mich dann genauso oft und einmal mehr aufziehen zu lassen. Also viermal insgesamt.“ Die Gestalten eines rosa Nilpferds mit Zylinder, eines überdimensionierten Wasserläufers und eines Fischs mit der Frisur eines Schwertes tauchten vor Melinda auf, nur um hinter einem roten Vorhang wieder zu verschwinden. Jene zog auf fünf Handkarten auf und grinste. „Na, das hätte besser ja gar nicht laufen können. Du willst also lernen, gegen Pendelmonster zu kämpfen?“ „Ach, das hast du auch endlich kapiert? Glückwunsch!“, zischte Anya zynisch. „Dann werde ich mich gar nicht erst mit langen Erklärungen aufhalten“, störte sich Melinda nicht an der kratzbürstigen Ader ihrer Freundin. Stattdessen nahm sie zwei Karten aus ihrem Blatt und legte sie ganz auf die äußersten Randzonen ihres D-Pads. „Ich aktiviere [Performapal Pendulum Sorcerer] mit dem Pendelbereich 2 und [Performapal Lizardraw] mit dem Pendelbereich 6! Pendulum Scales Set!“ Zwei blaue Lichtsäulen schossen links und rechts neben Melinda aus dem Boden. In der einen befand sich ein Zirkusmagier in rotem Mantel, welcher ein an einen Traumfänger erinnerndes Pendel vor sich ausschwingen ließ. Dagegen tauchte in der von der Rothaarigen aus rechten eine orangefarbene, aufrecht stehende Echse auf, die in einem Dompteurkostüm steckte, dessen Kragen aus Duel-Monsters-Karten bestand. „Die sind immer noch genauso lächerlich wie letztes Mal“, meckerte Anya, während beide Monster in die Höhe stiegen.   <2> Melindas Pendelbereich <6>   „Pendulum Summon!“, rief Melinda diese jedoch mit nach oben gestrecktem Arm aus. Ein Portal öffnete sich weit über ihr, umschlungen von dutzenden Lichtellipsen. Zwei rote Lichtstrahlen schossen daraus nach unten, direkt vor die Füße des Mädchens. „[Performapal Silver Claw], [Performapal Camelump], los!“ Jene gewannen vor ihr die Formen eines silbergrauen Wolfes mit gepunkteter Fliege um den Hals und eines gelben Kamels mit Melone auf dem Kopf, während der Rotschopf beider Karten auf das rote D-Pad legte.   Performapal Silver Claw [ATK/1800 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/800 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>]   „Das ist -auch- noch genauso langweilig wie letztes Mal!“, beschwerte sich Anya ungeduldig. Melinda nahm ihre letzte Karte und legte sie in das D-Pad ein. „Ich habe dir letztes Mal eine Menge Spaß versprochen, aber mich nicht daran gehalten. Diesmal wird das anders laufen, glaub mir.“ Die gesetzte Karte materialisierte sich zischend vor ihren Füßen. Honigsüß zwinkerte der Rotschopf ihr zu: „Du bist dran.“   „Draw!“, raunte Anya grimmig und zog auf eine sechste Handkarte auf. Dann hielt sie mit den Karten zwischen den Fingern geklemmt ihrer Gegnerin sozusagen die Pistole in Form ihrer Hand vor die Nase. „Das hoffe ich auch für dich, Schnöselschwester! Was ihr für mich getan habt war echt cool, aber wenn du nicht 200% gibst, geb' ich dir für jedes fehlende Prozent eine Nackenklatsche!“ Melinda streckte ihr kess die Zunge raus. Was Anyas Mimik sofort aufhellte. Genau so wollte sie ihre Gegnerin, unnachgiebig und gefälligst besser als sie selbst! „Sieh' her, das habe ich eine verdammt lange Zeit nicht mehr gemacht“, verlangte Anya dann und riss eine Zauberkarte aus ihrem Blatt, „ich aktiviere [Gem-Knight Fusion]!“ Über ihr entstand ein Sog, in den aus allen Richtungen aus dem Nichts auftauchende Edelsteine gezogen wurden. Der Rotschopf machte zunächst große Augen, dann klatschte sie fröhlich in die Hand. „Du hast es wieder!“ „Das ist kein Grund zur Freude, nicht für dich! Ich verschmelze [Gem-Knight Iolite] und [Gem-Knight Lazuli] von meiner Hand!“ Zunächst tauchte ein in Hellblau gerüsteter Ritter über Anya auf, welcher eine Wasserklinge schwang, danach eine lehmfarbene Kriegerin, von deren Helm zwei lange Stoffbänder herabhingen. Beide wurden in den Strom gezogen, aus dem im Anschluss ein heller Blitz drang. „Fusion! Erscheine, [Gem-Knight Amethyst]!“, donnerte Anya. Aus dem Vortex heraus sprang ein violetter Ritter, welcher sich mit einem kreisrunden Schild und einer Armklinge wappnete, beide komplett aus Eis.   Gem-Knight Amethyst [ATK/1950 DEF/2450 (7)]   Anya zeigte indes schon die Karte von [Gem-Knight Iolite] vor. „Weißt du, was praktisch ist? [Gem-Knight Lazulis] Effekt. Wenn sie auf dem Friedhof landet, bekomme ich von dort ein normales Monster wieder.“ „Und da Iolite ein Zwillingsmonster ist und diese auf dem Friedhof als normale Monster behandelt werden, funktioniert deine Kombo wunderbar“, erklärte Melinda das Ganze aus für Anya nicht nachvollziehbaren Gründen. Daher schnarrte die auch: „Das weiß ich selbst.“ „Ich wollte nur sichergehen“, erwiderte ihre Gegnerin und zwinkerte dabei den unerwarteten Zuschauer zu, der zur Hälfte von der Hecke hinter Anya verborgen lag. „Und ich geh sicher, dass ich dich fertig mache! Effekt von meinem Extradeck!“, bellte Anya und nahm ihr Deck auf, zeigte daraus eine ganz bestimmte Karte hervor. „Indem ich ein Licht-Monster von meinem Deck auf den Friedhof sende, kann ich es als Empfänger auf eines meiner Monster auf dem Feld abstimmen!“ Vor ihr tauchte ein braunes Fellknäuel auf, dessen Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt lagen. Sein graues Cape flatterte unstet umher, obwohl es windstill war. „Stufe 1 [Kuriboss] auf Stufe 7 [Gem-Knight Amethyst]!“, rief Anya aus. Der Anführer der Kuriboh-Familie stieg meterweit in die Höhe und zersprang in einen transparenten, grünen Lichtring, der wiederum als goldener feste Form annahm, Vier schneeweiße Engelsschwingen spreizten sich von diesem. „From the light of a different world, the herald of starlight descends upon the ravaged land! By discarding a single star, I call upon you!“ Amethyst zerplatzte in sieben grüne Lichtkugeln, die in einer Reihe durch die wässrige Oberfläche innerhalb des goldenen Rings schossen und verschwanden. „Synchro Summon! Shine forth, [Angel Wing Dragon]!“ In dem Moment schoss ein greller Lichtblitz aus dem Gebilde hervor. Und im Anschluss zur Mitte des Feldes ein weißer, schlangenhafter Körper. Um den Kopf des Drachen befand sich ein goldenes Kragengestell, welches ihn wie eine Kobra aussehen ließ. Gleichzeitig verließ auch ein weißer Schweif nach hinten weg den goldenen Ring, bis die beiden Körperhälften perfekt aneinander passten. Kaum vollendet, stieß Angel Wing ein majestätisches Gebrüll aus.   Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]   Plötzlich fror vor Anya das Gras ein. Der Effekt bewegte sich rasend schnell auf Melinda zu, die nur noch erstaunt schauen konnte, als ihre gesetzte Karte ebenfalls mit Eis überzogen wurde und zersprang. „Das ist der Effekt von [Gem-Knight Amethyst], wenn er auf den Friedhof geschickt wird. Dann gibt er alle gesetzten Backrow-Karten meines Gegners auf dessen Hand zurück.“ „Oh! Deshalb hast du dich für ihn entschieden, guter Plan!“, lobte Melinda und nahm ihre Falle aus dem entsprechenden Slot zurück aufs bis dato nicht existierende Blatt. Anya grinste keck. „Hör auf zu schleimen, Schnöselschwester! Oder eher, heb' dir das für später auf. Ich verbanne [Gem-Knight Lazuli] von meinem Friedhof, wodurch ich [Gem-Knight Fusion] recyceln kann!“ Erstgenannte landete prompt in Anyas Hosentasche, wohingegen sie ihre zurückgewonnene Zauberkarte zusammen mit zwei Monstern vorzeigte. „Zeit für noch eine Fusion! Ich verschmelze [Gem-Knight Garnet] und [Gem-Knight Iolite] von meiner Hand!“ Erneut öffnete sich zwischen ihr und Angel Wing ein wirbelnder Edelsteinstrom, welcher einen in bronzener Rüstung steckenden Ritter und den Wasserkrieger Iolite in sich aufnahm. „Fusion Summon!“, schrie Anya förmlich. „Gib alles, [Gem-Knight Ruby]!“ Grelle Funken schlugen aus dem Vortex, welcher einen roten Ritter in blauem Umhang ausspuckte. Jener landete mit einem Satz vor Anya und wirbelte stolz mit seiner Lanze in der Hand, welche er in einer gekonnten Bewegung auf Melinda und ihre beiden Monster richtete.   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 DEF/1300 (6)]   Die heimliche Zuschauerin, die all dies hinter ihrem Versteck beobachtete, sprach leise vor sich hin: „Kein Beschwörungsspruch? Aber du hast doch sonst …“ Valerie Redfields Züge gewannen etwas Sorgenvolles. Die junge Frau, gekleidet in schwarzen Overknee-Stiefeln, einem brauen Rock und cremefarbenem, ärmellosen Top, musste zum zweiten Mal an diesem Tag staunen. Zuerst forderte ausgerechnet Anya Melinda am selben Tag wie sie aus offensichtlich denselben Gründen zu einem Duell heraus. Und jetzt stellte sich nicht nur heraus, dass sie endlich ihr Deck zurückbekommen hatte, nein, wenn Valerie es nicht besser wüsste, schien Anya jegliche Wertschätzung in dieser Hinsicht verloren zu haben. Zwar konnte die Schwarzhaarige es nicht recht erklären, aber sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Anya vergaß nicht einfach so Beschwörungssprüche, schon gar nicht zweimal hintereinander, außer sie war emotional zerrissen. Was sie, da sie das Mädchen lange genug kannte, in diesem Moment getrost ausschließen konnte. „Sag mir nicht …“, murmelte Valerie unter dem Anflug wütender Enttäuschung. Kurz darauf verschwand ihr Antlitz wieder hinter der Hecke. Nicht ahnend, dass ihr Spiel mit kritischen Augen beobachtet wurde, schwang Anya unter einem selbstbewussten Grinsen den Arm aus. „Macht Platz für mein Assmonster! [Angel Wing Dragon], röste den bösen Wolf! Seraphim Judgment!“ Der schlangenhafte Drache öffnete das Maul und lud darin weiße Energie auf, die er sogleich als mächtigen Strahl abfeuerte, um den eine goldene Flammenspirale kreiste. Die Attacke schlug in Silver Claw wortwörtlich ein wie eine Bombe und löste eine Explosion aus, nach der von dem Zirkustier nichts mehr übrig blieb.   [Anya: 4000LP / Melinda: 4000LP → 3100LP]   „Hm?“, wunderte sich Anya, als sich zwischen dem Magier und der Dompteurechse in den Lichtsäulen das Dimensionsloch öffnete, aus dem die Pendelmonster vorhin erschienen waren. Es absorbierte einen roten Lichtstrahl, abgehend von Melindas D-Pad, ehe es sich wieder schloss. Das Mädchen schüttelte den Kopf. Denselben Mist hatte ihre Gegnerin doch schon letztes Mal abgezogen, ohne dass danach etwas passiert war. Schulterzuckend schwang die Blonde den Arm aus. „Und jetzt du, Ruby! Sparkling Lance Thrust!“ Mit gezückter Lanze schnellte der Ritter wie ein Pfeil auf das gelbe Kamel zu und spießte es gnadenlos auf, sodass es in tausend Teile zersplitterte. Die weiter in feinen Staub zersprangen, welcher den Ritter in sich einzuschließen begann, als dieser gerade mit seiner Waffe weiter ausholte und Melinda am Oberschenkel traf.   [Anya: 4000LP / Melinda: 3100LP → 2400LP]   „Ruby fügt Durchschlagschaden zu, falls du es nicht weißt.“ Als Anya bemerkte, wie ihr Ritter immer stärker zu husten begann, fügte sie hinzu: „Was ist jetzt los?“ „Oh, naja, [Performapal Camelump] bestraft das Monster, das es im Kampf zerstört, mit einem Angriffsmalus von 800.“ „Indem es Ruby mit Feenstaub vergiftet?“ Anya rollte mit den Augen. Ihr Ritter torkelte mehr als dass er lief zu ihr zurück. Gleichzeitig öffnete sich das Ellipsentor erneut über Melinda und zog einen weiteren Lichtstrahl von ihrem D-Pad in sich hinein.   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 → 1700 DEF/1300 (6)]   „Ernsthaft, wer hatte die Idee zu diesen Witzfiguren?“ „Ich“, strahlte Melinda. Anya entfuhr ein tonloses: „Oh. Nichts für ungut. Zug beendet.“   Kaum hatte der Rotschopf aufgezogen, kicherte sie: „Keine Sorge, mein nächster Geniestreich wird ein Totenkopf-Thema, das dem Gegner das Blut, also die Lebenspunkte, aus den Knochen saugt.“ „Darf ich die Artworks designen?“, kam es von Anya wie aus der Pistole geschossen. „... nein, wir wollen nicht von wütenden Eltern verklagt werden.“ Als Melinda die Mundwinkel ihrer Freundin in den Boden krachen sah, fügte sie hinzu: „Ich könnte es mir aber noch einmal überlegen. Wenn du mir erzählst, was es mit der 'Pitchest Black'-Liste auf sich hat.“ „W-wann hab ich die erwähnt-!?“ „Gar nicht, aber deine Lippen haben dieses Wort geformt, als ich deine Herausforderung angenommen habe.“ Melinda grinste breit. „Das machst du öfter, also stumm mit dir selbst sprechen.“ Anya klappte die Kinnlade herunter. Das war ihr nie bewusst gewesen! Oh Gott, -deshalb- hatte Rosie Parks damals in der Middle School dieses Gerücht verbreitet, Anya würde heimlich auf Jonas Meyer stehen! Weil sie -dachte-, dass sie auf ihn stehen und jeden einzelnen seiner Wirbel mit ihren Zehen zum Brechen bringen würde! Jetzt wurde ihr einiges klar! „Ich warte.“ „Sorry, ich war grad' woanders.“ Melinda zog scheel die Augen zusammen. „Bei Rosie Parks?“ Erschrocken schlug sich Anya die Hände vor den Mund. Dann schüttelte sie verärgert den Kopf. Wenn sie das seit jeher tat, warum hatte Levrier ihr das nie erzählt!? Und wieso konnte die Schnöselschwester so verdammt gut Lippen lesen!? „Hör zu, eigentlich ist die 'Pitchest Black'-Liste mein Geheimnis. Aber da du das eh von den Lippen lesen kannst, meinetwegen, erzähl' ich's dir eben“, brummte Anya. Eigentlich war sie sogar ein kleines bisschen stolz drauf, wenn sie ehrlich mit sich selbst war. „Auf der Liste steht eine Reihe von Namen, Leute, die ich unbedingt besiegen muss. Ohne … fremde Hilfe. Nicht einmal, wenn es Kräfte wären, die mir gehören.“ „Das ist … schön“, erwiderte Melinda aus Ermangelung eines passenderen Wortes. Obschon sie aufrichtig dabei lächelte. „Und ich bin eine von denen?“ Anya nickte. „Cool. Wer noch?“ „Das bleibt geheim.“ „Komm schon“, bettelte Henrys Schwester jedoch sofort drauf los, „wenigstens ein Name!“ Im Anschluss kniff sie wieder die Augen fest zusammen und konzentrierte sich ganz offensichtlich auf Anyas Lippen, sodass die mit den Augen rollte und die Arme ausstreckte. „Fein, mein Bruder zum Beispiel! Ich hatte zwar Levrier, aber ich hab's geschafft, es ohne seine Hilfe durchzuziehen.“ „Das bedeutet dir viel, oder?“, fragte Melinda nachdenklich und ließ den Schabernack sein. Ihre Freundin senkte den Blick. „Yeah. Mein Traum wird erst erfüllt sein, wenn diese Liste leer ist.“   „Dann darfst du mich so oft herausfordern wie du willst“, strahlte Melinda und nur eine Sekunde darauf verhärtete sich ihr Gesichtsausdruck, „auch wenn du ein paar Anläufe brauchen wirst. Mein Zug!“ Anya sah mit einem Schmunzeln auf. Die Schnöselschwester hatte es verstanden. Da jene bereits aufgezogen hatte, streckte sie kurzerhand den Arm in die Höhe. „Mach dich bereit für ein Wiedersehen! Schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum!“ Über ihr öffnete sich das kreisrunde Portal, umgeben von unzähligen Lichtellipsen. Aus ihm schossen drei rote Lichtstrahlen, die vor der Rothaarigen einschlugen. „Pendulum Summon! Von meinem Extradeck [Performapal Silver Claw] und [Performapal Camelump]! Und aus meiner Hand [Performapal Trumpanda]!“ Der Wolf mit der Fliege um den Hals sowie das gelbe Kamel mit der Melone auf dem Kopf nahmen vor ihr Gestalt an, zusammen mit einem Baby-Pandabären, der eine Tuba mit sich führte. „W-woher kommen die denn, ich dachte-!?“ Mit erhobenem Zeigefinger erklärte Melinda: „Anya, das hatte ich damals doch erwähnt. Pendelmonster, die vom Feld auf den Friedhof gelegt werden, landen stattdessen auf dem Extradeck. Und von dort können sie per Pendelbeschwörung zurückgerufen werden.“ „Was auch immer“, rümpfte ihre Gegnerin die Nase, „sieh' dir die Schwächlinge an! Selbst deine Silver Claw kommt höchstens gegen Ruby an. Aber das wird Angel Wing nicht zulassen, denn so funktioniert das: Die nützlichen Monster geben auf die weniger nützlichen Acht!“ Der Mundwinkel ihres Gegenüber zuckte ungewollt nach oben. „Und weil das so ist, wirst du jetzt gleich große Augen machen …“ Denn plötzlich ließ der in Rot gekleidete Magier in seiner Lichtsäule das Pendel in seiner Hand ausschwingen. Strahlende Funken regneten davon hinab auf Melindas Monster, um welche sich weiße Auren entfachten.   Performapal Silver Claw [ATK/1800 → 2800 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/800 → 1800 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/800 → 1800 DEF/800 (3) PSC: /3>]   „Eh!?“, fiel Anya aus allen Wolken. „Aber-!?“ „Das ist der Effekt von Pendulum Sorcerer, solange er in einer Pendelzone liegt. Immer wenn eine Pendelbeschwörung auf meiner Seite durchgeführt wird, stärkt er sämtliche Performapals um 1000 Angriffspunkte bis zum Zugende.“ Melinda zuckte demonstrativ mit den Schultern. „Jetzt sind sie auf einmal gar nicht mehr süß und schwach, oder?“ „Süß waren diese Missgeburten noch nie!“ „Wir bringen dich schon noch auf den Geschmack“, zwinkerte Melinda ihrer Gegnerin zu und schwang den Arm aus. „Nicht wahr, [Performapal Silver Claw]? Angriff auf [Angel Wing Dragon]!“ Den Rücken durchdrückend und dabei in die Luft starrend, stieß der Wolf ein sentimentales Geheul aus …   Performapal Silver Claw [ATK/2800 → 3100 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/1800 → 2100 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/1800 → 2100 DEF/800 (3) PSC: /3>]   … welches die weißen Auren der Zirkustiere in lodernde Flammen umwandelte. „Das ist der Effekt von Silver Claw, solange er ein Monster ist! Er und all seine Kumpel erhalten bei einem Angriff bis zum Zugende einen Stärkebonus von 300! Jetzt kann's losgehen!“ Anya, die auf Melindas Erklärung hin nur perplex blinzelte, bekam gar nicht so schnell mit, wie der Wolf zum Sprint ansetzte. Sie sah nur noch silbrig blaues Fell durch die Luft zischen, da wurde ihr Drache auch schon angefallen und mit einem Pfotenschlag zu Fall gebracht. Niedergerungen, explodierte er unter einem gequälten Schrei. „K-kein Kampfschaden für mich, wenn Angel Wing-“, stotterte Anya, wurde aber jäh unterbrochen. „Weiß ich! Camelump, nimm dir [Gem-Knight Ruby] vor!“ Die Blonde konnte gar nicht so schnell gucken, da wurde ihr Ritter von einem Geschoss getroffen und zersprang in alle Einzelteile seines Hologramms. Das blöde Kamel hatte ihn niedergespuckt und sie beinahe mit dazu!   [Anya: 4000LP → 3600LP / Melinda: 2400LP]   Ein gefährliches Funkeln lag in Melindas Augen, als sie befahl: „Aller guten Dinge sind drei! Direkter Angriff, Trumpanda!“ Jener blies in sein Musikinstrument, aus dessen Trichter nacheinander Schallwellen auf Anya abgefeuert worden – umgeben von bunten Musiknoten. Mit lächelnden Gesichtern! Als das Mädchen getroffen wurde, wusste sie nicht, ob sie vor Ekel einfach nur schreien oder gleich einen epileptischen Anfall bekommen sollte.   [Anya: 3600LP → 1500LP / Melinda: 2400LP]   „Ist doch cool, oder?“, fragte Melinda vergnügt. „Ganz egal, wie oft du Pendelmonster besiegst, sie kommen -immer wieder-!“ Dass sie den letzten Teil des Satzes bewusst düster betonte, war für Anya der ultimative Beweis, dass hinter der harmlosen Fassade purer Sadismus steckte! „Dann setze ich meine Karte aus der letzten Runde mal wieder, hm?“ Das gesagt, schob die Hauptorganisatorin des Legacy Cups die Falle wieder in das rote D-Pad, wodurch jene mit einem Zischen zu ihren Füßen auftauchte. „Das heißt dann wohl, mein Zug ist beendet, wodurch die Werteveränderungen verfallen.“ Die Flammen des Ehrgeizes erloschen um ihre drei Monster.   Performapal Silver Claw [ATK/3100 → 1800 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/2100 → 800 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/2100 → 800 DEF/800 (3) PSC: /3>]   „Effekt von Angel Wing! In der End Phase kann ich zwei Stufe 4-Monster von meinem Friedhof verbannen, um ihn zurückzurufen!“, rief Anya und zeigte [Gem-Knight Iolite] und [Gem-Knight Garnet] vor, die beide in ihre Hosentasche wanderten. Kurz darauf stieg über ihr der goldene, von vier Flügeln besetzte Ring in die Höhe und begann sich zu drehen, ehe der weiße Drache aus der wässrigen Schicht in seiner Mitte herausschoss.   Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]   „Gut, dich zurückzuhaben“, rief Anya dem Monster zu, welches jedoch nicht reagierte. Dann sah sie angespannt Melinda an. „In gewisser Hinsicht ist er mein ganz eigenes Pendelmonster …“ Entschlossen griff sie nach ihrem Deck. Jetzt hatte sie bekommen, was sie wollte: Eine Herausforderung. „Draw!“ Mit Schwung riss sie die oberste Karte von ihrem Deck und betrachtete sie nachdenklich. War doch eigentlich ein Vorteil für sie, wenn Melinda diese Kackbratzen jede Runde erneut beschwor. So konnte -sie- ihnen wieder und wieder aufs Maul geben! Und so schwach, wie sie jetzt waren, würde das eine Menge Spaß mit sich bringen, oh ja! „Normalbeschwörung“, verlautete Anya und knallte ein Monster auf ihr schwarzes D-Pad von Logan, „[Gem-Knight Alexandrite]!“ Ein in weißer Rüstung steckender Ritter entstieg vor ihr aus dem Boden. Seine Panzerung war an Armen und Beinen mit verschiedenfarbigen Edelsteinen versehen.   Gem-Knight Alexandrite [ATK/1800 DEF/1200 (4)]   „Leider ist er nur für einen Kurzauftritt hier“, rief Anya und nahm seine Karte im selben Moment vom D-Pad, „denn ich opfere ihn durch seinen eigenen Effekt, um ein normales Gem-Knight-Monster von meinem Deck zu beschwören!“ Der Ritter löste sich in pures Licht auf, das als weiße Funken aufstieg. Anya nahm ihr Deck aus der Halterung und durchsuchte es. Und das, obwohl das Gerät über eine ziemlich genaue Spracherkennung verfügte, die sie selbst schon öfter genutzt hatte. Mit deinem Deck hast du auch deine alten Angewohnheiten zurückbekommen, hm?   Anya musste schmunzeln, da auch Levrier dies sofort aufgefallen war. Nichtsdestotrotz war sie hier in einem wichtigen Duell, also keine Ablenkungen mehr! „Ich beschwöre [Gem-Knight Crystal]!“, verlautete sie, nachdem sie dessen Karte gefunden und auf die Monsterkartenzone neben Angel Wing gelegt hatte. Eine Lichtsäule schoss aus dem Boden und brachte einen weißen Ritter mit sich, mit Kristallen an den Schulterplatten und den Enden seiner Handschuhe, welcher stolz seine Hände in die Hüften stemmte.   Gem-Knight Crystal [ATK/2450 DEF/1950 (7)]   „Verglichen mit Angel Wing ist er langweilig, aber hey, selbst mit ihm kann ich diese Dinger ordentlich vermöbeln!“ Anya streckte den Zeigefinger aus. „Los, greife den Panda an. Gott, ich hasse diese Viecher, wenn sie nicht gerade abgefahrene Mönchkrieger sind! Clear Punishment!“   Indes lehnte sich Valerie mit dem Rücken gegen die Heckenwand. Obwohl sie das Duell nicht mehr beobachtete, hatte sie einen Überblick über die Situation. Auch wenn diese sie weitaus weniger beschäftigte als so manche Aussage von Anya. Den blauen, wolkenlosen Himmel ansehend, stieß sie einen gedämpften Seufzer aus.   Crystal holte mit seiner rechten Faust aus und rammte sie in die Erde. Dort bildete sich ein schmaler Riss, der zunehmend wuchs und sich seinen Weg in [Performapal Trumpandas] Richtung bahnte. Immer schneller wurde er dabei, bis zahllose Kristallspitzen daraus hervor schnellten, unmittelbar auf das unscheinbare Wesen gerichtet. „Dir werd' ich den Marsch blasen“, kicherte Melinda und schnippte mit dem Finger, „Trumpanda, Effekt bitte!“ Einmal tief Luft holend, blies dieser in sein Instrument und sendete aus dessen Trichter eine einzelne, kunterbunte Schockwelle, die den nahenden Kristallstacheln entgegen schlug und sie zerbersten ließ. Anya setzte einen entgeisterten Blick auf, als wären es ihre Träume, die auf der gegenüberliegenden Spielfeldseite ineinander zusammenbrachen. „Huh!?“ „Dummerchen, Trumpanda kann einen Angriff auf ein Pendelmonster abwehren.“ „Tch! Wie nervig!“ Anya schnaubte. „Aber nur einen? Das ist einer zu wenig! Angel Wing, nimm es auseinander! Seraphim Judgment! Rest in pieces, Miststück!“ Der weiße Drache öffnete sein Maul und entfesselte daraus einen weißen Lichtstrahl, um den eine goldene Feuerspirale kreiste. Die Attacke schlug mit voller Wucht ein und wirbelte holografischen Staub und Rauch auf.   [Anya: 1500LP / Melinda: 2400LP → 500LP]   Als dieser sich legte, öffnete sich über Melinda das Himmelsportal und absorbierte einen roten Lichtstrahl von ihrem D-Pad. Anya zog die Stirn kraus. Langsam kapierte sie, worum es bei den Pendelmonstern ging. Sie waren nicht besonders stark, aber jede Runde aufs Neue verfügbar. Selbst eine Witzfigur wie dieser Panda hatte seinen Nutzen, wenn er jedes Mal erneut einen Angriff für seinen Besitzer abwehren konnte. Genau das würde in ihrem nächsten Zug auf sie warten, so wusste Anya jetzt schon. „Egal wie oft ich sie zerstöre, sie kommen immer wieder …“ Wie konnte sie dem entgegenwirken, fragte sich Anya verloren beim Anblick ihres Blatts. Diese Erkenntnis hatte sie noch nicht gewonnen. „Was auch immer, ich finde einen Weg! Die setze ich, Zug beendet!“ Sie rammte ihre vorletzte Handkarte in das schwarze D-Pad, sodass sie in vergrößerter Form vor ihren Füßen erschien.   „Du zerbrichst dir echt den Kopf was? Soll ich dir einen Tipp geben?“, fragte Melinda und zog nebenbei auf. Anya schüttelte jedoch vehement den Kopf. „Wenn ich nicht selber auf die Lösung komme, ist sie nichts wert! Mir fällt schon was ein! Außerdem ist das hier ein Pitchest Black-Duell, schon vergessen!?“ „'tschuldige!“ Der Rotschopf sah ihre einzige Handkarte an und legte dann den Zeigefinger mit nachdenklichem Gesichtsausdruck auf die Unterlippe. Welche sich in ein spitzbübisches Grinsen einfügte. „So wird'n Schuh draus! Effekt von [Performapal Lizardraw] in meiner Pendelzone!“ Der Kragen des Echsendompteurs, welcher aneinander gereihten Karten mit einem Fragezeichen in der Mitte nachempfunden war, begann bunt zu blinken. Vom Boden aus stieg eine Schockwelle die blaue Lichtsäule, in der er sich befand, entlang. „Er kann sich selbst in der Pendelzone zerstören, damit ich eine Karte ziehen darf!“, erklärte Melinda. In diesem Moment wurde die Echse getroffen und zerplatzte in ein kunterbuntes Feuerwerk. Unter diesem riss Melinda eine Karte von ihrem Deck.   <2> Melindas Pendelbereich   Anya weitete die Augen. „Dann kannst du nicht mehr- Moment mal!“ Das ist es, erkannte das Mädchen. Wenn sie die Pendelbeschwörung übertrumpfen wollte, durfte sie es erst gar nicht dazu kommen lassen! Zum Beispiel indem sie den Pendelbereich des Gegners dazu brachte, unvollständig zu sein! Die Errungenschaft ihrer Erkenntnis stand dem Mädchen so sehr ins Gesicht geschrieben, dass Melinda zufrieden grinste. Zumindest für einen kurzen Augenblick, denn ihre Stimme nahm einen ernsten Unterton an, als sie verkündete: „Tut mir leid, dass deine Freude nur so kurz anhalten wird. Jetzt, wo die Pendelzone frei ist, kann ich sie mit einem neuen Monster besetzen! Ich aktiviere [Performapal Cheermole] mit dem Pendelbereich 5! Pendulum Scale Set!“ Direkt neben ihr schoss eine neue, blaue Lichtsäule aus dem Boden. In ihr stieg ein kleines Maulwurfmädchen in die Höhe, das in einer grün-weißen Cheerleader-Uniform steckte und sich hinter ihren Pompons verbarg.   <2> Melindas Pendelbereich <5>   „Schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum!“, rief Melinda und streckte den Arm in die Höhe. Über ihr öffnete sich das Himmelsportal und schoss zwei rote Lichtstrahlen hinab. „Pendulum Summon! Von meinem Extradeck, [Performapal Trumpanda] und [Performapal Lizardraw]!“ „Eh!?“, machte Anya große Augen. Zwischen Silver Claw und Camelump nahmen der Baby-Panda und der Echsendompteur Gestalt an. Gleichzeitig begann das Pendel des Zauberers in der Lichtsäule wieder auszuschlagen. „Da staunst du, was?“, kicherte Melinda und legte den Zeigefinger an die Wange. „Jep, auch wenn Pendelmonster in den Pendelzonen zerstört werden, werden sie aufs Extradeck gelegt. Und da sie gerade von dort beschworen wurden, gibt es jetzt dank [Performapal Pendulum Sorcerer] einen dicken 1000 Punkte-Boost.“ „Eh!?“, wiederholte Anya ihre letzte Aussage eindringlicher. „Ah, und weil [Performapal Cheermole] in einer Pendelzone liegt, bekommen alle Pendel nochmal 300 Punkte obendrauf.“ Es folgte eine schier unendlich lang gezogene Aussage. „Eh!?“ Die eine ganze Oktave in die Höhe schoss, als Anya das Ganze bildlich vor Augen hatte, wie die vier Zirkustiere in weißer Aura aufgingen, über ihnen der Magier sein Pendel drehen ließ und dazu noch ein nerviger, kleiner Maulwurf unverständliche Lobeshymnen sang und dazu tanzte.   Performapal Silver Claw [ATK/1800 → 3100 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/800 → 2100 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/800 → 2100 DEF/800 (3) PSC: /3>] Performapal Lizardraw [ATK/1200 → 2500 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]   „Aber, aber“, stammelte Anya mit Tränen purer Frustration in den Augen, „wie!? Und wieso!?“ Sie erntete ein verspieltes Zwinkern. „Die Macht der Pendel. Du wolltest sie sehen, also da, hier ist sie!“ Die Blonde stampfte mit dem Fuß auf. „Nicht fair!“ „Doch fair“, widersprach Melinda belustigt und streckte den Zeigefinger aus, „noch etwas Salz in die Wunde, hm? Silver Claw, greife [Angel Wing Dragon] an! Dafür gibt es noch einmal 300 Angriffspunkte für alle! Hopp!“ Woraufhin der dunkelblaue Wolf erst einmal die Sonne anheulte und das gesamte Ensemble in sichtbar feurigen Eifer versetzte. Im Anschluss sprintete er auf den majestätischen Drachen zu.   Performapal Silver Claw [ATK/3100 → 3400 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/2100 → 2400 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/2100 → 2400 DEF/800 (3) PSC: /3>] Performapal Lizardraw [ATK/2500 → 2800 DEF/600 (3) PSC: <6/6>] Unnötig zu erwähnen, dass nur ein Schlag mit der Pfote ausreichte, um den wesentlich größeren Drachen quer über die Heckenwand hinweg zu fegen, als wäre er ein Tennisball. Und auch wenn Anya keinen Kampfschaden dank Angel Wings Effekt erlitt, sprachen ihre nach unten hängenden Mundwinkel Bände. Geschichten unverhohlenen Selbstmitleids. „Will nich' mehr …“ „Uh-uh-uhhu!“, ließ Melinda den Zeigefinger wackeln. „Jetzt nicht kneifen! Wir befinden uns hier in einer wichtigen Phase der Selbsterkenntnis.“ „Scheiße, jetzt hörst du dich schon wie Abby an!“ „Angriff aus allen Rohren, Lizardraw! Vernichte Crystal, stampf' ihn ein, mach ihn alle!“ Korrektur, dachte Anya grimmig, so hörte sich nur eine Schnöselschwester an, mit der gerade die Pferde und oder der Größenwahn durchgingen! Was auch nichts daran änderte, dass die kleine Echse die Karten von seinem Kragen griff und sie wie Messer auf den prächtigen Ritter schleuderte, der aufgespießt wurde und explodierte.   [Anya: 1500LP → 1150LP / Melinda: 500LP]   Mit scheelem Blick verschränkte Melinda die Arme. „Mal sehen, wie lange du meinen Angriffen standhalten kannst. Direkter Angriff, Trumpanda!“ Ohne Umschweife trötete jener eine chaotische Melodie, die sich in mehreren Schallwellen voller bunter Musiknoten und -schlüssel präsentierte. In einer Reihe nahmen sie Kurs auf Anya, die sich jedoch nicht so leicht ins Bockshorn jagen lassen würde. „[Kuriboss]!“, befahl sie jenen zu sich. Aus ihrem Friedhofsschacht schob sich dessen Karte, wodurch das braune Fellknäuel im Cape und mit Sonnenbrille auf der nicht existierenden Nase plötzlich vor Anya auftauchte. Panisch mit seinen Stummelarmen wedelnd, wurde der Anführer der Kuribohs zum primären Opfer des Lärms, welcher ihn zum Platzen brachte. Farbenfrohes Konfetti flog durch die Luft. „Hmpf“, schnaubte Anya und zeigte die Karte vor, „ich kann [Kuriboss] vom Friedhof verbannen, um Kampfschaden zu negieren.“ „Das klappt aber nur einmal, meine Liebe“, konterte Melinda ehrgeizig und setzte ein siegesgewisses Lächeln auf, „und ich kann noch mit [Performapal Camelump] angreifen. Also, wenn du noch eine Revanche willst, nur zu. Los!“ Das gelbe Kamel blähte die Backen auf, aber Anya winkte mit der flachen Hand ab. „Als ob ich darauf nicht vorbereitet wäre …“ Im selben Moment, als Camelump nach dem Mädchen spuckte, fuhr dessen verdeckte Schnellzauberkarte auf. Und ein unerwarteter Gast gewann erneut Gestalt vor ihr – [Kuriboss]. „Kuri!“, jammerte dieser, als er von dem Speichel getroffen und in alle Richtungen zu funkelnden Wasserfontänen zersprang. Anya schnarrte: „So viel dazu … [Burial From A Different Dimension] ist eine nette Karte, die mich verbannte Monster auf die Friedhöfe zurücklegen lässt.“ „Hm. Scheiße“, fluchte Melinda auf einmal leise vor sich hin. Jedoch fand sie ihr strahlendes Lächeln schneller wieder, als Anya lieb war. „Ach, eigentlich auch nicht so schlimm. Du bist.“ Die Ankündigung sorgte dafür, dass die brennenden Auren um ihre Monster sich wieder auflösten, die eigentlich unsichtbare um Anya wiederum nicht. Denn die streckte ehrgeizig den Arm gen Himmel. „Damit kann ich zwei Stufe 4-Monster von meinem Friedhof verbannen, um Angel Wing zu reanimieren! So leicht kriegst du den nicht klein!“ Tatsächlich waren es die Gem-Knights Iolite und Garnet, die in ihre Hosentasche wanderten. Jene hatte sie zusammen mit [Kuriboss] durch ihre Zauberkarte wieder friedhoftauglich gemacht, andernfalls wäre es ihr nicht möglich gewesen, ihren Liebling zurück aufs Feld zu holen. Dessen goldener Ring stieg in die Luft auf. Unter wütendem Gebrüll schoss der weiße Drache daraus hervor und bäumte sich wie eine lauernde Kobra weit über den im Vergleich dazu winzigen Zirkustieren auf, ganz als wolle er ihnen verdeutlichen, dass mindestens einer davon im nächsten Zug gefressen würde.   Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)] Performapal Silver Claw [ATK/3400 → 2100 DEF/700 (4) PSC: <5/5>] Performapal Camelump [ATK/2400 → 1100 DEF/1800 (4) PSC: <2/2>] Performapal Trumpanda [ATK/2400 → 1100 DEF/800 (3) PSC: /3>] Performapal Lizardraw [ATK/2800 → 1500 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]   Die Blonde legte ihre Finger ans Deck und betrachtete das Spielfeld. Solange Melinda dieses Mistvieh von Panda kontrollierte, konnte sie einen Angriff abwehren. Also musste sie diesen zunächst aus der Reserve locken. „Verdammt, sind diese Dinger nervig“, knurrte sie vor sich hin. Pendelmonster in den Pendelzonen zu erledigen brachte nur etwas, wenn der Gegner keine neuen ausspielen konnte. Und wenn dessen Deck voll davon war, erwies sich diese Option als unzureichend. Aber was konnte sie dann tun, fragte sich Anya ratlos.   Erstmal ziehen, riet sie sich selbst mit einem festen Nicken und schrie, während sie schwungvoll ausholte: „Draw!“ Die aufgezogene Zauberkarte erstaunt betrachtend, blickte Anya nachdenklich auf. Tatsächlich hatte sie eine Idee, wie sie diese Biester aus der Reserve lockte – indem sie genau das nicht tat. Solange Melinda keine Pendelbeschwörung durchführte, konnte der Zauberer dort oben nichts unternehmen, um die Performapals zu stärken. Andererseits, wenn Melinda noch eines dieser Viecher in der Rückhand hielt, immerhin besaß sie noch eine Handkarte, oder wenn sie eines nachzog, dann war Anya geliefert … „Sorry, Schnöselschwester“, murmelte Anya enttäuscht, „aber ich habe keine Lösung gefunden, wie ich deine Pendelmonster besiegen kann.“ „Niemand erwartet das beim ersten Versuch. Auch V-“ Jedoch wurde dem Rotschopf harsch ins Wort geschnitten. „Ich habe gesagt 'deine Pendelmonster', nicht 'dich'! Aber das ist okay, schätze ich. Beim nächsten Mal mach ich's besser, das weiß ich.“ Anya zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Wenn es nicht mit Strategie ging, half im Endeffekt nur eins: Rohe Gewalt. Und für die war sie mehr als qualifiziert. So schmetterte sie ihr letztes Monster förmlich auf das D-Pad. „Mach dich bereit, [Gem-Knight Tourmaline]!“ In goldener Rüstung stieg er aus einem Portal im Gras vor ihr auf, der Ritter, der zwischen seinen Händen elektrische Ladungen austauschte.   Gem-Knight Tourmaline [ATK/1600 DEF/1800 (4)]   „Du kannst einen Angriff abwehren? Schön für dich!“ Anya rammte ihre geballte Faust in die andere Handfläche. „Dann werd' ich dafür sorgen, dass es einer zu wenig ist! Tourmaline, Angriff auf [Performapal Trumpanda]!“ Ihr strahlender Krieger breitete die Handflächen so weit wie möglich auseinander, um über sich einen Bogen aus Blitzen zu bilden. Diesen bündelte er dann derart effektiv, indem er beide Handflächen zu seiner Linken aufeinander presste, dass er im Anschluss eine wahre Donnerkugel auf den Tuba spielenden Pandabären abfeuerte. Jener trötete panisch in das Instrument und schoss seine Schockwelle daraus ab, wodurch beide Angriffe in der Mitte des Feldes aufeinander prallten und eine blitzende, bunte Lichtshow erzeugten. „Das klappt nur einmal, Schnöselschwester!“, rief die Blonde ihrer Gegnerin zu und schwang den Arm aus. „[Angel Wing Dragon], streich' ihren Namen von der 'Pitchest Black'-Liste! Seraphim Judgment!“ Im Angesicht des sie bei Weitem überragenden Drachen, der in seinem Maul weiße Energie aufzuladen begann, konnte Melinda nur eins: Schmunzeln. „Ich glaube, ich habe ein Déjà-vu!“ „Ein was?“ Anya zog eine halb irritierte, halb ablehnende Grimasse. Im selben Augenblick entfesselte ihr Drache seinen mächtigen Lichtstrahl, wieder umkreist von einer goldenen Flammenspirale. „Die eine sagt, sie kann's“, erwiderte der Rotschopf keck und ließ den Arm ausschwenken, „die andere beweist das Gegenteil. Falle, [Performapal Pinch Helper]!“ Jene sprang sofort auf. Da es wieder der Panda war, der Anyas grenzenloser Abneigung ausgesetzt war und somit das Ziel von Angel Wings Angriff, war es auch er, um den sich plötzlich ein kuppelförmiges Kraftfeld bildete. „Diese Falle hilft mir, Performapals vor Kampfschaden zu schützen!“, erklärte Melinda ihr. Fröhlich begann [Performapal Trumpanda] seine Tuba zu spielen. „Auch wenn ich sie opfern muss. Und mit sie meine ich die Falle und den Performapal, denn eigentlich schützt die Karte mich, nicht sie.“ Das Seraphim Judgment prallte auf das Kraftfeld und wurde in alle Richtungen abgelenkt. Trotzdem brach es ein und eine Lichtexplosion blendete die Turnierorganisatorin für einen kurzen Augenblick. Als sie die Augen öffnete, war von ihrem Pandabären nichts mehr übrig. Sofort griff Melinda nach ihrem Deck und zog drei Karten. „Pech für dich! Das ist Lizardraws Monstereffekt. Wenn du einen seiner Kumpel ausrangierst, ziehe ich für jeden verbliebenen eine Karte. Hey, nimm's mir nicht übel, aber-“ Melinda brach mitten im Satz ab. Anya stand da. Nicht mit einem zornigen Gesichtsausdruck, weil man ihr die Tour vermasselt hatte. Sie stand da wie eine Gewinnerin, mit verschränkten Armen. Über ihr stand ein Vortex aus buntem Licht offenen, jedoch wurden in ihn keine Edelsteine hineingezogen. „Sorry, Schnöselschwester. Im Endeffekt gab es nur eine Lösung für das Pendelproblem“, sagte Anya tonlos, „sie zu ignorieren und das tun, was ich am besten kann: Einfach draufkloppen.“ „Das ist aber keine Lösung.“ Ihre Gegnerin sagte das mit einem betrübten Unterton. „Weiß ich. Aber was hätte ich sonst tun können? Ich bin nicht bereit, den Marsch dieser Dinger im Keim zu ersticken. Ich werde gerade so mit dir fertig.“ Auch Anya klang nicht gerade glücklich. „Aber ein Sieg ist ein Sieg. Und jetzt, da ich nichts mehr zu befürchten habe, kann ich das hier machen: [Flash Fusion]!“ Die Karte des Schnellzaubers stand bereits vor dem Mädchen in aufgerichteter, vergrößerter Form. „'ne saucoole Karte ist das. Sie verschmilzt zwei meiner Monster vom Feld. Scheiße, hätte nie gedacht, das zu sagen, aber Angel Wing ist sogar dazu gut, Teil einer Gem-Knight-Fusion zu sein.“ Melinda formte die Hände zu einem T. „Auszeit! Es gibt doch gar keine Gem-Knights, die mit Drachen fusionieren können!“ „Doch, eine gibt es!“ Anya streckte die Hand in die Höhe. Sogleich wurden der goldene Blitzritter Tourmaline und der mächtige Schlangendrache in den Vortex gezogen, der sie wie in einem Mixer durchwirbelte. „Mach dich bereit! Fusion Summon! Das Attribut Licht trifft auf den Edelstein, [Gem-Knight Seraphinite]!“ Mit flatterndem, weißem Umhang schoss sie aus dem Strom. Die Rüstung hatte einen leichten, grünlichen Schimmer an sich, wohingegen die durchsichtigen Flammenschwingen, die sich an ihren Schultern ausbreiteten, hellblau waren. Die Ritterin zog im Flug ihr kristallenes Rapier.   Gem-Knight Seraphinite [ATK/2300 DEF/1400 (5)] „Gem Cutting Edge“, murmelte Anya vor sich hin. Wie ein Pfeil rauschte die Kriegerin an dem gelben Kamel [Performapal Camelump] vorbei und rammte die Klinge direkt in die Brust der überrumpelten Melinda. Dann flog der Kopf ihres Monsters mit heraushängender Zunge an ihr vorbei …   [Anya: 1150LP / Melinda: 500LP → 0LP]   … und die Hologramme lösten sich auf. „Sorry“, murmelte Anya und sah den Boden verhalten an, „hätte gerne cooler gewonnen.“ Sie hob ihr Haupt wieder an und schritt mit ausgestreckter Hand auf Melinda zu. Die nahm sofort an. Gegenseitig sagten sie sich: „Gutes Spiel.“ Und damit war Melindas Name von der 'Pitchest Black'-Liste gestrichen. Eine Tatsache, die Anya entgegen ihrer ursprünglichen Erwartung nur ein schwächliches Grinsen abgewann. „Du bist nicht zufrieden mit dir selbst, oder?“, stellte Melinda auf den ersten Blick fest. „Nicht so richtig“, gestand Anya erstaunlich offen. Schon wurde sie an die Seite der jungen Frau gezogen, wie sie zusammen zum Ausgang des unfertigen Heckenlabyrinths wateten. Jenem, dem Anya den Rücken zugekehrt hatte. „Dann verrate ich dir mal was: Stimmt, die Pendelmonster hast du heute noch nicht absolut fertig gemacht. Aber du hast sie und mich besiegt. Sei nicht so streng mit dir selbst.“ Das fast einen Kopf kleinere Mädchen sagte nichts. Also ließ Melinda durch ihre Umarmung einen Ruck gehen, sodass Anya beinahe umkippte. „Mach nicht so ein Gesicht, das gibt Falten!“ Gerade hatten sie das Ende der Wiese erreicht, stimmte jemand von der Seite ein. „Den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden ist in Ordnung. Aber man sollte nie vergessen, dass man erst säen muss, bevor man ernten kann.“ Anya fuhr zusammen und beugte sich nach vorne. Dort stand Valerie, die linke Hand an die Hecke gelegt, und sah die beiden mit undurchschaubarer Mimik an. „Redfield!?“, platzte es sofort aus deren selbst erkorener Erzfeindin hinaus. „Den Spruch hast du von mir geklaut“, gluckste Melinda und ließ von ihrer Begleiterin ab. „Aber schön, du hast ihn dir gemerkt. Und Anya wird das bestimmt auch, gelle?“ Die war aber bereits viel zu sehr damit beschäftigt, haltlose Anschuldigungen zu erfinden. Wie: „Bist du mir etwa gefolgt!? Stalkst du mich etwa!? Klar, du willst auf mich vorbereitet sein, falls wir-!“ „Ich war vor dir hier, Anya“, stellte Valerie unterkühlt klar, ohne sich von der Stelle zu rühren. Was deren Vorwürfe vorzeitig im Keim erstickte. „Oh …“   „Wisst ihr was?“ Melinda, die zwischen den beiden stand, wirbelte um die eigene Achse und entfernte sich rückwärts auf Zehenspitzen laufend von den beiden. „Ich glaube, ich lasse euch beide alleine. Anya, tausch' dich doch mit Valerie aus, immerhin geht es ihr ähnlich wie dir.“ Sie zwinkerte verschwörerisch. „Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss ganz dringend auf die Toilette!“ Dann drehte sie sich um und rannte ihnen schlichtweg davon. „Sie ist schon manchmal etwas komisch“, sah Valerie ihr schulterzuckend hinterher. „Yeah, definitiv. Denkst du, sie nimmt nicht vielleicht doch Drogen?“ Doch Anya erlebte einen geradezu erschreckend spontanen Sinneswandel, denn eine Sekunde später keifte sie schon: „Moment mal, was machst du dann überhaupt hier!?“ Die Schwarzhaarige atmete tief durch. „Ich schätze, wir beide hatten dieselbe Idee. Ich wollte auch gegen jemanden mit Pendelmonstern kämpfen.“ „Das gibt’s doch nicht!“ Vor Wut über die bloße Tatsache, dass ihre Erzrivalin das so offen zugab, stampfte Anya mit dem Fuß auf. Verdammte Mistkuh, die hatte alles mit angehört. Dann wusste sie auch von der Liste, und oh scheiße, hatte sie sonst irgendetwas gesagt, was nicht für die Ohren von Redfield bestimmt war!? „Reg' dich ab, ich hatte auch meine Probleme mit Melindas Deck. Ich hatte schon vorher einen Ansatz, der auch ganz gut ist, aber eben noch nicht ausgereift ist. Willst du ihn hören?“ Anya starrte sie an, als hätte Valerie gerade den Legacy Cup gewonnen. „… nein.“   Unter dem Anflug selbstsüchtigen Trotzes wirbelte Anya herum und rauschte den Kiesweg entlang wie ein frisches Sommergewitter. Was dachte die blöde Schnepfe sich bloß dabei!? Konnte man denn nirgendwo mehr hingehen, ohne dass die auftauchte und die Stimmung ruinierte!? Warum genau sie wütend war, wusste Anya nicht genau. Vermutlich, weil Redfield ihr mal wieder zuvor gekommen war. Weil sie nicht die Erste und Einzige war, die sich weiterentwickeln wollte, was auch immer. „Bist du jetzt ernsthaft sauer auf mich?“, hörte Anya sie schon hinter sich in ihrem typisch neunmalklugen, ach-so-coolen Ton rufen. Es dauerte keine zehn Sekunden, da hatte Valerie sie eingeholt. Aber Anya schenkte ihr nicht die Genugtuung indem sie zugab, dass sie voll ins Schwarze mit ihrer Aussage traf. Stattdessen stampfte sie wütend vor sich hin. Die Büsche und Blumenbeete flogen an ihnen vorbei, der Springbrunnen mit den Reiterstatuen. Anya drosselte nach und nach das Tempo, als der erste Frust durch die Bewegung abgebaut war.   Hin und wieder warf die Blonde ihrer Erzrivalin einen verstohlenen Blick zu. Obwohl sie selbst nicht erklären konnte warum, wurmte es sie tierisch, dass auch Valerie Melinda um eine Trainingsstunde gebeten hatte. Vielleicht lag es ja wirklich nur daran, dass sie sich das Gleiche dabei gedacht hatten. Was Anyas Ansicht nach Grund genug war, sich die nächste Brücke hinunter zu stürzen. Sie durften nicht einer Meinung sein, das verstieß gegen ungeschriebene Naturgesetze! „Hattest du Spaß beim Spionieren?“, stichelte sie daher in einem Anflug aus Frustration. „Schmollst du etwa immer noch? Du warst gut.“ Anya runzelte verärgert die Stirn. „Ich habe gewonnen!“ „Das war ein Kompliment, falls du es nicht bemerkt hast“, entgegnete die Schwarzhaarige tonlos. „Klang aber nicht danach. Was wolltest du überhaupt noch hier, nachdem du-?“ Anya blieb stehen. Als ihre Freundin ungehemmt weiter ging, rief sie wütend hinterher: „Hey!“ Valerie hielt an und sah über ihre nackte Schulter. „Ich musste es nochmal erleben. Wie sie funktionieren. Es ist immerhin möglich, dass Othello Nikoloudis ins Finale einzieht.“ Perplex blinzelnd, musste Anya das eben Gehörte erst verarbeiten. Wieso redete Redfield schon vom Finale, immerhin musste erst entschieden werden, wer überhaupt ins Halbfinale einzog!? „Denkst du etwa“, murmelte sie fassungslos, als sie deren Anwärter im Kopf durchging, „dass Marc es nicht schaffen wird? Gegen Kakyo?“ Ihr Gegenüber senkte den Kopf. Ein leichter Windhauch zog durch den Park und strich um ihr seidiges, schwarzes Haar. „Irgendwo ist für jeden Schluss.“ Anya wollte nicht glauben, was sie da hörte. Wütend stampfte sie auf Valerie zu und baute sich mit ihren 160 cm vor ihr auf wie ein Ausbilder der US-Army. Nur dass sie wesentlich emotionaler auf die Freundin einredete. „Ist das dein Ernst!? Er ist dein Verlobter, solltest du nicht an ihn glauben!?“ „Sei mir nicht böse“, meinte Valerie und das schlechte Gewissen stand in ihren traurigen Gesichtszügen geschrieben, „ich weiß, wie gut Marc ist. Aber die anderen sind …“ „Besser“, brachte Anya es grimmig auf den Punkt. „Ja und nein, es ist … komplizierter.“ „Weißt du Redfield, ich wollte gegen Pendelmonster kämpfen, weil ich in Zukunft vielleicht noch öfter gegen sie ran muss. Und wenn einer meiner Feinde sie benutzt – und wir wissen ja, wie die in letzter Zeit aus dem Boden ploppen – dann will ich wenigstens wissen, womit ich es zu tun habe. An den Krüppel habe ich dabei allerdings überhaupt nicht gedacht.“ Valerie biss sich auf die Lippe, als wolle etwas über ebendiese kommen, das nicht für fremde Ohren gedacht war. Nur war Anya keine Fremde mehr. Und das schlechte Gewissen letztlich zu stark. „Ich will nicht, dass Marc ins Finale einzieht.“ „Aber warum!?“, verstand Anya nicht und breitete die Arme aus. „Was ist daran so schlimm!?“ „Weil ich es nicht sein will, die seinen Traum beendet!“ Als die Blonde jedoch nur verwirrt blinzelte, fuhr Valerie sie verzweifelt an. „Mach dir doch nichts vor, wer würde das Turnier nicht gerne gewinnen wollen? Ich bin seine Verlobte! Ich will nicht diejenige sein, die ihm das zerstört!“ Es dauerte einen Moment, bis Anya dazu etwas sagen konnte. Aber als es soweit war, tat sie es mit einer von ihr selten erlebten Beherrschung. Eisiger Beherrschung. „Ich sag dir was, Redfield. Vor Marc komme erstmal ich. Und ich könnte ganz gut damit leben, -dich- aus dem Turnier zu schmeißen.“   Sprachs und stampfte davon. Verzweifelt eilte Valerie ihr nach. „Anya, warte! Es tut mir leid, so war das nicht gemeint!“ Doch die sagte kein Wort mehr, stürmte stur geradeaus auf das Anwesen zu, das nicht mehr weit entfernt lag. „Ich würde dir den Titel gönnen! Hauptsache einer von uns gewinnt das Duell mit Claire. Aber versteh doch, wenn es wirklich so kommt und Marc ausscheiden muss, dann doch lieber durch jemanden wie Kakyo oder Othello.“ Nein, widersprach ihr Anya im Stillen. Das war nur eine Ausflucht. In Wirklichkeit nahm Valerie sie nicht ernst, die dämliche Ziege spielte scheinbar nicht einmal mit dem Gedanken, gegen sie zu verlieren. Sie rechnete sich gleich aus, im Finale gegen den Rollstuhlheini zu kämpfen, weil der sie ja in den Vorrunden einmal abserviert hatte!   Es kam ganz plötzlich. Ein fürchterliches Stechen in ihrer Magengegend. Anya kam zum Stehen und hielt sich die schmerzende Stelle. „Anya, was ist los?“, fragte Valerie erschrocken und packte die Freundin von hinten an den Schultern. Doch die riss sich widerspenstig los. „Lass mich!“ Der Schmerz wurde immer schlimmer, er raubte ihr zunehmend die Luft zum Atmen. Ihre Beine fühlten sich mit einem Male an wie Pudding, sie gaben nach und Anya stürzte auf die Knie. „Oh Gott, wir müssen einen Krankenwagen rufen!“ Ihre Freundin hatte schon ihr weißes Smartphone gezückt, doch Anya, die über ihre Schulter blickte, raunte: „So'n Quatsch, mir geht’s gut. Pack das Ding weg.“ Sich mit einer Hand im Kies abstützend und mit der anderen den Bauch haltend, schloss Anya die Augen. Atmete tief durch und wartete, bis der Schmerz langsam nachließ. Gut … dieser Anfall war nicht ganz so schlimm gewesen. Als sie sich aufrichtete und erhob, geriet das Mädchen jedoch ins Schwanken. Valerie eilte unter ihre Schulter und stützte sie ab. „Anya, du bist kreidebleich, nichts ist in Ordnung!“ „Redfield, kein Arzt der Welt könnte etwas dagegen tun! Also lass es, verdammt!“ Erschrocken erwiderte Valerie: „Kommt das daher, dass dir die Lebenskraft genommen wurde!?“ „Wahrscheinlich … ich habe es erst seit einigen Monaten, nachdem dieser Dreckskerl von Sammler mich ausgesaugt hat wie … scheiße, mir fällt keine einzige Nicht-Vampir-Metapher dazu ein!“ Anya nahm selbstständig den Arm von der Schulter ihrer Freundin und ging ohne Hilfe weiter. „Tut mir leid, aber du hast mir gerade noch einen Grund gegeben, dich im Halbfinale fertig zu machen.“ Auf Valeries Aussage hin lachte Anya höhnisch auf. „Gewinn erstmal dein Viertelfinale heute.“ „Dessen wirst du dich nachher vor Ort überzeugen können.“ „Hatte nichts anderes vor. Immerhin will ich sehen, was für Tricks du inzwischen auf Lager hast“, sprach die Blonde mit einer Spur grimmiger Vorfreude, als sie die Terrasse der Villa erreichten. Und Valerie lachte nicht weniger selbstbewusst: „Ha ha. Glaub mir, es gefällt mir gar nicht das zu sagen, denn für dich habe ich etwas ganz Besonderes geplant. Aber sag mal … Wenn es eine Person gäbe, der du unbedingt beweisen willst, wie gut du bist. Welche wäre das?“   Irritiert drehte Anya sich zu ihr um, als sie die kleine Treppe hinauf beschritt. „Wieso fragst du das plötzlich?“ „Weil ich wissen möchte, ob es nur mir so geht.“ Erwartungsvoll starrte die Schwarzhaarige sie an. „Und? Gibt es da jemanden?“ Darüber hatte sie nie wirklich nachgedacht, grübelte Anya. Hauptsächlich kämpfte sie für ihre Ziele und im weiteren Sinne für ihren Traum. Also war es das Wichtigste, die eigens gestellten Anforderungen zu erfüllen. Ob sie jemandem 'gefallen' wollte?   And the winner is: Logan Carter!   Oh Gott, wieso musste sich dieser Trottel -jetzt- einmischen!? Die ganze Zeit war er so schön still gewesen! Sorry, Daddy Bauer, für dich reicht's nur für den zweiten Platz!   „Was für ein Schwachsinn! Halt die Schnauze, Levrier, du hast keine Ahnung!“ Sich an die von dem Ausbruch erschrockene Valerie wendend, fauchte Anya: „Nein, es gibt absolut niemanden! Kann ja nicht jeder einen Marc haben!“ Plötzlich brach Valerie in heiteres Gelächter aus. Um jedoch nicht von Anya erschlagen zu werden, die gleich darauf wie ein wütender Stier zu schnauben begann, fügte sie hinzu: „Kleiner Tipp: Ich habe eine solche Person. Und nein, es ist nicht Marc und es bist auch nicht du. Genau genommen kennst du diese Person vermutlich nicht einmal. Frag erst gar nicht, um wen es sich handelt.“ Anya blinzelte missmutig. „Hatte ich nicht vor.“ „Dann ist ja gut. Und da du bestimmt immer noch nicht zum Arzt willst, sollten wir uns ein Taxi rufen, damit wir pünktlich im Stadion sind.“ „Sag mal, Redfield, wenn ich vielleicht -doch- zum Arzt wollen würde … würdest du dann mitkommen?“ Jetzt war es ihre Freundin, die genau einmal mit den Augen klimperte. „Und vielleicht mein Spiel verpassen? … nein.“ „Shit, hätte ja klappen können!“ Und auch wenn sie sich wieder gegenseitig neckten, so würde Anya das, was Valerie über Marc gesagt hatte, nicht so schnell vergessen …   ~-~-~   Mit verschränkten Armen saß Anya neben Marc in der untersten Reihe der Arena. Gerade zog Valerie schwungvoll auf. Eines war Anya während des Duells aufgefallen: Weder Mr. C, noch das Publikum zeigten sich sonderlich begeistert von Valeries Performance. Der Schlagabtausch zwischen ihr und Valmiro Guerri, einem jungen Mann mit dunklem Teint und schulterlangem, schwarz gelocktem Haar, hatte sich bisher als sehr ausgeglichen herausgestellt. Jeder der beiden schaffte es Zug um Zug, den anderen zu übertrumpfen, ohne aber eine wirkliche Dominanz aufzubauen.   [Valerie: 400LP / Valmiro: 1200LP] „Könnte diese Karte endlich die Entscheidung bringen?“, hallte die Stimme des Kommentators durch das Stadion. Viele riefen Valmiros Namen, der in Texas, seinem Heimatstaat, eine kleine Berühmtheit zu sein schien. „Was finden die bloß an der Schmalzlocke?“, äußerte Anya ihre Gedanken dazu grimmig. „Er ist in einer Band. Kein Wunder, dass die Leute da kaum auf Valerie achten“, lieferte Marc ihr die passende Erklärung. „Aber mach dir nichts draus, sie kann das ab.“   Mit einem strengen Blick sah sich Valerie ihre drei Handkarten an. Dank des [Beast King Barbaros'], welcher in der Gestalt einer aufrecht stehenden, humanoid-angehauchten Mischung aus Pantherunterleib und Löwentorso mit Lanze und Schild daher kam, hatte sie in der letzten Runde ihr komplettes Feld verloren.   Beast King Barbaros [ATK/3000 DEF/1200 (8)]   Jedoch hatte auch Valmiro bis auf dieses Monster all seine Ressourcen verbraucht. „Ich aktiviere die Ritualzauberkarte [Forbidden Arts Of The Gishki]!“, rief Valerie aus und rammte jene in ihr rotes D-Pad. „Schon wieder ein Ritual!?“, beklagte sich Valmiro mit der Spur eines mexikanischen Akzents. „Ja, aber diesmal opfere ich dein Monster!“, verkündete die Schwarzhaarige konzentriert. Unter dem bestialischen Krieger des jungen Mannes öffnete sich ein Runenzirkel, der ihn in die Tiefe zog. „Ritualbeschwörung! [Evigishki Levianima]!“ Eine Wasserfontäne schoss vor Valerie aus dem Boden und als diese versiegte, befand sich vor ihr eine amphibische, drachenähnliche Gestalt, welche ein Schwert mit sich führte. Die dunkelblaue Haut wurde erstaunlicherweise von Kleidung bedeckt. „Ein durch die verbotenen Künste beschworenes Ritualmonster verliert die Hälfte seiner Angriffspunkte und verhindert, dass ich in diesem Zug angreifen kann“, erklärte dessen Besitzerin.   Evigishki Levianima [ATK/2700 → 1350 DEF/1500 (8)]   „Jedoch“, sprach sie weiter, „brauche ich das gar nicht mehr.“   Indes rieb sich Marc verwundert seinen Kinnbart. „Was hat sie vor?“ „Gewinnen, was sonst?“ Wobei Anya insgeheim selber nicht wusste, wie ihre Erzrivalin das anstellen wollte. Was das Ganze nur umso interessanter machte.   Ihre letzte Handkarte in das D-Pad einschiebend, atmete Valerie mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen tief durch. „Die hier habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Ich aktiviere [Misfortune], eine Zauberkarte.“ Schwarze Entladungen begannen sich rund um den geflügelten Levianima auszubreiten. Erstaunte Ausrufe aus den Zuschauerrängen drangen von allen Seiten zum Spielfeld. „Heute ist dein Pechtag, Valmiro“, erklärte Valerie, „denn indem ich auf die Battle Phase verzichte, kann mein Monster dir die Hälfte seiner Angriffspunkte direkt als Effektschaden zufügen!“ Der gebürtige Mexikaner wich erschrocken zurück. Mr. C hingegen klang unsicher, als er rief: „Eine interessante Strategie von Valerie Redfield. Statt einen Nachteil daraus zu ziehen, dass ihre Ritualzauberkarte sie diese Runde am Angriff hindert, nutzt sie eine zweite Karte mit demselben Haken, um daraus einen Vorteil zu machen. Aber kann das funktionieren?“ „Nein!“, donnerte Valmiro Guerri überzeugt. „Dein Monster hat zu wenig Angriffspunkte übrig.“ „Ich fürchte nicht, denn die Berechnungsgrundlage ist der Originalwert, nicht der aktuelle.“ Das hübsche Mädchen legte ein bedauerndes Lächeln auf. „Tut mir leid.“ In diesem Moment öffnete Levianima sein Maul, welches die schwarzen Blitze um ihn herum in sich aufsog und entfesselte diese als mächtigen Strahl. Dieser schlug direkt in den Körper von Valeries Kontrahenten ein, welchem ein erschrockener Schrei entglitt.   [Valerie: 400LP / Valmiro: 1200LP → 0LP]   „Großartig!“, schrie Marc und sprang auf. Viele der Zuschauer applaudierten und riefen Valeries Namen, einige wenige hielten sogar Banner und Schilder mit Namen oder Bildern der Schwarzhaarigen in die Luft. Diese winkte ihren Fans bescheiden zu, drehte sich dann jedoch zu ihren beiden Freunden in der ersten Reihe um. „Gut gemacht, Redfield“, bewegte die sitzende Anya ihre Lippen, ohne jedoch einen Ton zu sagen. Und der entschlossene Blick der zweiten Halbfinalistin des Legacy Cups sagte: „Du bist die Nächste.“     Turn 70 – Clash Of Ambitions Während die zweite Paarung des Halbfinales schließlich feststeht, erfährt Nick durch Alexandra ein interessantes Detail über die Hüterartefakte. Für Anya hingegen ist der Tag, an dem sie Valeries Namen von ihrer Liste streichen will, endlich gekommen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)