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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Turn 42 - Demon Goddess

Turn 42 – Demon Goddess

 

 

„Hier wohnst du also?“, erkundigte sich Zanthe und sah sich in Anyas unaufgeräumtem Zimmer eingehend um. „Irgendwie habe ich genau das erwartet. Blutige Poster, Spielkonsolen en masse, überall Klamottenstapel, einen aufgemotzen Baseballschläger neben dem Bett … der sieht ja noch schärfer aus als der letzte.“

„Halt die Klappe!“, raunte die Besitzerin dieses chaotischen Reichs und schmiss ihren Koffer neben das Bett, auf welches sie sich anschließend niederließ. Es war schon schlimm genug, dass sie 'Ken' nicht aus Dice hatte mitnehmen können, Flugkontrollen und der ganze Scheiß. Da musste er jetzt nicht noch Salz in die Wunde streuen! 'Barbie' würde wohl weiterhin Single bleiben …

 

Endlich wieder zuhause, dachte sie, streckte sich und atmete tief durch.

Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, die Begegnung mit Kyon und dem Sammler, der Kampf gegen Zanthe … die ganze nächste Woche hin bis zu Redfields Hochzeit würde sie ausspannen. Zumindest wollte sie das gerne, aber dummerweise hatte sie Verpflichtungen, die sich Arbeit schimpften.

Jetzt stand aber erst einmal das bevorstehende Wochenende auf dem Programm! Da Valeries Hochzeit erst am nächsten Freitag stattfand und sie von ihrer Mutter schon gehört hatte, das ihre Erzrivalin samt Verlobten Marc bereits aus Florida eingeflogen war und dafür eigens ihr Studium unterbrochen hatte, wollte sie die verbliebenen, kitschfreien Tage für sich selbst nutzen! Und nur für sich!

Während Nick unten noch den Taxifahrer bezahlte, der sie vom Flughafen hierher chauffiert hatte, überlegte Anya, wie sie diese mehr oder weniger freien Tage verbringen wollte.

 

„Und wo soll ich schlafen?“, unterbrach Zanthe sie gerade bei der Vorstellung, wie sie zwischen den Regalen der Videothek entlang schlenderte und sich ein paar nette, nicht jugendfreie Ballerspielchen auslieh – lies, erst zurück brachte, wenn der Laden pleite war. Er stand auf der Türschwelle und wartete.

Voller Unverständnis reckte Anya den Kopf in seine Richtung und sah ihn an, als stamme er von einem anderen Planeten. „Was?“

Mit den Augen rollend, verschränkte ihr Gegenüber die Arme und lehnte sich schräg an den Türrahmen. „Ein Hotel kann ich mir nicht leisten.“

„Niemand hat dich gebeten mitzukommen“, erwiderte Anya gallig, die schon ahnte, worauf das hinauslaufen würde, „nicht mein Problem!“

„Ich werde wohl kaum Nick fragen können, ob ich bei ihm bleiben kann. Er kann mich nicht ausstehen.“

„Kann ich auch nicht, also wo liegt das Problem? Frag jemand anderen!“

„Ich kenne niemanden!“ Eilig rutschte der junge Mann auf den Knien zum Bettrand. „Bitte Anya, ich brauche deine Hilfe! Du bist doch die allerbeste, netteste und warmherzigste Person in Livington! … okay, das war gelogen, aber du weißt, was ich meine.“

Die Blondine wusste nicht, ob sie ihn wegen der Schleimspur oder dem „nett“ erschlagen sollte. Aber selbst wenn sie ihre Gleichgültigkeit seiner Lage gegenüber abstreifen könnte, reichte schon ein einziger Grund aus, warum sie ihm unmöglich Unterschlupf gewähren konnte.

„Das geht nicht! Mum würde mich umbringen!“

„Ich kann mich als dein Freund ausgeben“, schlug Zanthe mit schelmischen Grinsen vor.

 

Welches eine ganz und gar schiefe Form annahm, als Anya ihm mit voller Wucht die Faust gegen die Wange donnerte. Kaum schlug er auf dem Boden auf, spürte er schon, wie sich das Mädchen auf ihn setzte und am Kragen packte.

„Nie-im-Leben!“, fauchte sie, wobei ihre Augen gefährlich aus den Höhlen traten.

„Nur'n Witz!“, lächelte er beschwichtigend und schob die Hände nach vorn, an ihren Armen vorbei. „So tief würde ich niemals sinken.“

„Was!? Bin ich etwa nicht gut genug für dich!?“, kreischte sie außer sich und schüttelte ihn heftig.

„Nicht ansatzweise! Außerdem bist du 'ne Frau, Gerüchten zufolge jedenfalls!“

Gerade wollte Anya mit Speichel vor dem Mund zum Würgegriff ansetzen, da wurde sie von hinten gepackt und fortgerissen.

„Lass mich los, Nick!“, keifte sie und versuchte nach dem am Boden liegenden Zanthe zu treten, leider erfolglos.

Ihr hochgewachsener Freund stöhnte, während er die einen Kopf kleinere Anya unter Mühen wegzerrte. „Sobald du aufhörst, ihn umbringen zu wollen.“

„Als ob sie das könnte“, setzte Zanthe nach und löste damit einen wütenden Kreischanfall bei der Furie in Menschengestalt aus.

„Dich reiß ich in Fetzen, bis du selbst unterm Mikroskop nicht mehr zu erkennen bist, elende Mistmade! Wenn ich erst deinen Hohlschädel wie eine Nuss geknackt habe, wirst du schon sehen, was du davon hast, eine Anya Bauer zu beleidigen! Und jetzt lass mich gefälligst los, Nick, ehe ich dir sehr, sehr weh tun muss!“

„100$ damit du aufhörst“, bot dieser und hielt Anya prompt den versprochenen Schein vor die aufgerissen Guckhöhlen, welcher sie ohne Verzug einhalten ließ. Er schwenkte den Zaster verführerisch vor ihrer Nase hin und her.„Na? Na?“

 

Als sie aber nach ihm schnappen wollte, zog Nick ihn weg und ließ von Anya ab.

„Der ist dafür, dass du ihn bei dir wohnen lässt. Die Idee mit dem Freund ist gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, wie sehr sich deine Mutter wünscht, dich endlich vergeben zu sehen“, taktierte Nick und schritt durch das Zimmer. „Ihr werdet ja nicht gleich den Bund fürs Leben schließen, oder?“

Die Antwort kam synchron. „Niemals!“

Anya und Zanthe folgten ihm mit entgeisterten Blicken, bis er sich zu ihnen umdrehte.

„Hört mal“, meinte Nick beruhigend, „ich werde eine Weile brauchen, bis ich den nächsten Kandidaten auf der Liste ausfindig gemacht habe. Solange wäre es toll, wenn ihr euch nicht gegenseitig zerfleischen würdet.“

Zanthe raffte sich schließlich auf und rieb sich dabei den Hals. „Mir ist es egal. Ich kann auch unter der Brücke schlafen, wenn sie will.“

„Anya?“, hakte Nick mit einem scharfen Blick auf seine Freundin gerichtet nach.

Die rümpfte die Nase. „Pft! Solange er nicht mit dieser Freund-Nummer kommt, kann er meinetwegen hier bleiben, wir haben eh 'n Gästezimmer frei. Ich tische Mum schon irgendwas auf. Und jetzt gib mir die Kohle, Harper!“

„Geht doch“, lobte Nick die beiden, stützte sich mit einer Hand an Anyas Schreibtisch ab und richtete sein Wort an Zanthe, wobei er den Schein dort liegen ließ, „wie sieht's aus. Ist der Magen voll?“

„Macht so schnell keine Probleme“, winkte der ab.

„Das hoffe ich für dich. Dann würde ich vorschlagen, ruhen wir uns nach dem anstrengenden Flug erstmal für heute aus. Ich melde mich bei dir, wenn ich was Neues in Erfahrung bringe, Anya.“

„D-danke.“

 

So geschah es, dass Nick sich von den beiden verabschiedete und mit dem noch wartenden Taxi nach Hause fuhr. Anya zeigte Zanthe das Gästezimmer, einigte sich nur mühevoll mit ihm auf die Erklärung, er wäre einer von Abbys Stiefbrüdern – Mrs. Bauer hatte nämlich so ihre Schwierigkeiten, jene auseinander zu halten – und müsse erst einmal hier bleiben, weil sein Zimmer im Haus der Masters gerade renoviert wurde.

Als Anyas Mutter von ihrer Arbeit schließlich nach Hause kam, nahm sie die Erklärung ihrer Tochter wie üblich überhaupt nicht ab und vermutete zunächst, dass es sich bei Zanthe um eine Geisel handelte. So eine hatte Anya mit Leslie Connors aus ihrem Mathematikkurs nämlich vor Jahren schon einmal genommen und tagelang gezwungen, so zu tun, als wäre jene freiwillig hier. Schließlich war Leslie durch einen glücklichen Zufall die Flucht gelungen, als Anya gerade dabei war, das Haarfärbemittel ihrer Mutter im Bad zu suchen. Was sie damit vorgehabt hatte, darüber sprach Leslie selbst heute noch nicht.

Letztlich war es Anya dann aber doch gelungen, ihre Mutter von ihren reinen Absichten zu überzeugen, wenn auch eine gewisse Skepsis geblieben war. Die allerdings aus dem Weg geräumt wurden beim gemeinsamen Abendbrot, wo Zanthe sich tatsächlich wie ein Klon Abbys verhielt – friedlich, freundlich und geschwätzig.

Anschließend zockten die beiden noch zusammen in Anyas Zimmer Duel Monsters, wobei die Gastgeberin ohne Levriers Hilfe Schwierigkeiten hatte, mit Zanthe mitzuhalten.

 

„Zehn zu zehn“, schloss Zanthe, nachdem er mit [Constellar Pleiades] den ausgleichenden Sieg einfahren konnte.

Zusammen hockten die beiden inmitten des Zimmers und duelliert sich auf einem Spielplan, den Anya mal aus irgendeinem Starterdeck erhalten, aber nie benutzt hatte.

Das Mädchen gab einen frustriert Laut von sich. „Man, ich hab keinen Bock mehr! Ich glaube, ich geh pennen!“

Zanthe warf einen Blick herüber zum Wecker, der auf Anyas Nachttisch stand. „Schon 2 Uhr. Wäre wohl das Beste. Ich geh auch schlafen.“

 

Beide erhoben sich. Zanthe steuerte auf die Tür zu und drehte sich noch einmal um, da fiel ihm auf, dass Anya abgelenkt etwas auf ihrem Schreibtisch anstarrte. Und zwar nicht etwa den Geldschein, der immer noch dort lag. Also ging er zurück und sah über ihre Schulter.

Neben einem Foto, was wohl Anyas Abschlussklasse vor der Kulisse eines großen, weißen Anwesens abbildete, lag am hinteren Rand des Schreibtisches auch eine silberne, fragile Krone, die schon ein wenig eingestaubt war.

„Was ist das?“, erkundigte er sich neugierig.

„Die habe ich bekommen, weil ich Ballkönigin geworden bin“, antwortete Anya tonlos.

Zanthe konnte sich einen Lacher nicht verkneifen. „Du!?“

„Ich hab sie mir erkämpft. War das beste Duell meines Lebens.“

„In einem Duell? Wusste nicht, dass Ballköniginnen so gewählt werden, aber okay.“ Er wollte nach der Krone greifen, um sie sich genauer anzusehen, doch wurde von Anya am Handgelenk gepackt.

„Fass das nicht an“, knurrte sie plötzlich zornig.

„Oookay?“, erwiderte er und zog den Arm zurück, sie ließ es geschehen.

Irgendwie benahm sie sich auf einmal seltsam, schoss es ihm dabei durch den Kopf. Vielleicht wäre es besser, wenn er sie jetzt wirklich alleine ließ.

„Also ich bin dann mal schlafen“, meinte er schulterzuckend und drehte ab, „gute Nacht.“

„Nacht“, murmelte sie, gewann dann aber ihren typischen Biss zurück, „und wehe, du spannst, während ich schlafe.“

Was der junge Mann mit dem Kopftuch auf dem Haupt nur lachend quittierte. „Glaub mir, das ist mit das Letzte was ich sehen will.“

Damit schritt er aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

 

~-~-~

 

„Das sieht aber lecker aus“, staunte Sheryl, als Zanthe am nächsten Morgen gegen neun Uhr mit einer Bratpfanne bewaffnet zum runden Holztisch der kleinen Küche schritt. Dort drinnen brutzelten formschöne Spiegeleier mit etwas Basilikum garniert, die Zanthe vorsichtig auf einen Teller hievte. Zum Glück war Anya noch in ihrem Zimmer, sonst hätte sie sicher einen abfälligen Spruch abgelassen, dachte der schwarzhaarige, junge Mann erleichtert. Der konnte man sicher auch beim Essen nichts recht machen.

„Meine Mum ist die beste Lehrerin, die man sich vorstellen kann“, log Zanthe nebenher ohne Rot zu werden, „sie hat mir alles beigebracht. Nur bei Fleisch, Fisch und Dergleichen bin ich noch ein unbeschriebenes Blatt.“

Die Mitvierzigerin, deren dunkelblondes, gelocktes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden war – Sheryl kopierte neuerdings die Frisur ihrer Tochter – lachte mitfühlend auf. „Oh, das glaube ich dir gern. Deine Mutter ist in der Hinsicht sehr streng, war sie schon immer. Wenn du möchtest, bereite ich dir heute zum Mittag ein saftiges Steak zu.“

Zanthe stellte die Pfanne auf die Herdplatte in der Küchenzeile zurück, drehte sich um und rieb sich verlegen mit dem überproportionalen Kochhandschuh an seiner Rechten den Hinterkopf. „Wirklich? Ich weiß nicht …“

„Du solltest es zumindest probieren.“

„Also gut“, grinste er, „wenn Sie schon ein so nettes Angebot machen, wie könnte ich da ablehnen?“

 

Die beiden wurden in ihrem Plausch unterbrochen, als es an der Tür klingelte.

„Ich gehe schon“, sagte Sheryl und erhob sich von ihrem Platz, zog nebenbei ihren dünnen, beigen Poncho etwas zurecht, da dieser verrutscht war.

Wenige Minuten später kam sie wieder, in Begleitung Nicks, der sofort die Nase in die Höhe reckte und zu schnüffeln anfing. „Riecht das gut!“

„Oh, du hier?“ Zanthes gute Laune war wie verflogen. Gezwungen höflich fragte er: „Was gibt’s denn?“

„Anya hat noch die Unterlagen, die ich für die Recherche brauche“, antwortete Nick, „ich wollte nachher damit anfangen. Aber gegen eine Einladung zum Frühstück hätte ich nichts einzuwenden, hehe.“

„Oh, gerne doch, Nick. Setz' dich“, bot Sheryl ihm lächelnd an, wobei sie ihm mütterlich über den Rücken strich. „Was recherchierst du denn?“

Nick gluckste, als er sich zusammen mit Anyas Mutter am runden Tisch niederließ. „Die Auswirkungen von Videospielen auf den Charakter, Mrs. Bauer.“

„Ahja?“, staunte die und stöhnte. „Na dann ist Anya wohl die beste Wahl als Forschungsobjekt. Du hast wohl auch Duel Monsters miteinbezogen?“

Nick hob seinen Arm an, an dem eine Duel Disk befestigt war. „Nein, die hab ich aus einem anderen Grund mitgenommen. Anya soll mich damit verdreschen, damit ich auch das Maß ihrer Kraft einschätzen kann, hehe.“

„W-wie du meinst“, stotterte Sheryl irritiert.

Strich. Als solchen konnte man Zanthes Mund bezeichnen, denn der hatte sehr wohl etwas dagegen einzuwenden, dass er für diesen Typen jetzt auch noch kochen durfte. Nick konnte ihn nicht leiden. Und er konnte Nick nicht leiden. Hauptsächlich deshalb, weil er etwa so humorvoll war wie Margarethe Thatcher während ihrer Amtszeit. Das waren noch Zeiten … aber dass er, Zanthe, ein Werwolf war, nahm Nick ihm offenbar noch zusätzlich übel. Und die Duel Disk hatte er sicher auch nicht ohne Grund mitgenommen. Der war hier um zu bleiben.

„Ich mache noch ein paar Eier“, meinte jener wenig begeistert und wandte sich wieder dem Herd zu. Mit dem festen Vorsatz, sie anbrennen zu lassen.

 

Er sollte aber nicht dazu kommen, denn ein dumpfes Poltern und aufgebrachtes Geschrei rissen die Drei aus ihrer mehr oder weniger harmonischen Stimmung.

„Oh man“, stöhnte Zanthe, der gerade die Eier in die Bratpfanne schlagen wollte, „hat sie wieder einen Wutanfall?“

„Der Anya-Muffin hat bestimmt wieder ein Spiel verloren“, gluckste Nick und erhob sich, „ich gehe sie mal eben retten.“

Weiteres Geschrei erschütterte die Gemäuer des kleinen, zweistöckigen Einfamilienhauses. Sheryl seufzte schicksalsergeben. Derart infernalisches Gebrüll war sie schon seit den Tagen gewohnt, als Anya noch im Kinderwagen gelegen hatte. „Mach das, Nick. Sag ihr, sie soll runterkommen, sonst frühstücken wir ohne sie.“

 

Vergnügt pfeifend schlenderte Nick von der kleinen Küche ins Wohnzimmer, ab in den Flur und die Treppen hoch, wo er scharf nach links abbog und sich vor der Tür wiederfand, an der schon ein gelbes Warndreieck mit „Keep out!“-Schriftzug angebracht war. Darunter war mit roter Farbe, die eindeutig Blut darstellen sollte, noch vermerkt: „Oder es ist das Letzte, was du tust!“

Sich von der Warnung nicht weiter beeindrucken lassend, verschaffte sich Nick Einlass – und stieß ungewollt mit der Tür gegen Anya.

„Ich bin gerade beschäftigt!“, fauchte die, noch in Boxershorts und Pyjamahemd eingekleidet. Und einer halb geflickten, schwarzen Lederjacke, an der noch die Nähnadel samt Garn hing.

Sofort fiel Nick ihre verkrampfte Haltung auf – und Barbie, ihr mit Nägeln und Rasierklingen bespickter Baseballschläger, den sie wie ein Schwert vor sich hielt.

„Gib das her!“, verlangte Anya, die offenbar beim Flicke ihrer Jacke eingeschlafen war, zornesrot im Gesicht.

Erst jetzt wanderte Nicks Blick über das mit Tretminen in Form von Wäschebergen, Comicheften und anderen Sachen überfüllte Zimmer herüber zu Anyas Schreibtisch. Auf dem eine maskierte Gestalt in schwarzer Kutte in der Hocke verharrte. In ihren Händen hielt sie Anyas Abschlusskrone.

„W-was!?“, stammelte Nick und stellte sich neben Anya. „Wer ist das!?“

„Keine Ahnung, als ich aufgewacht bin, war der Dreckskerl einfach da“, knurrte sie und ließ jenen nicht aus den Augen, „muss durchs Fenster gekommen sein!“

Jenes, welches direkt neben dem unordentlichen Schreibtisch zu finden war, stand sperrangelweit offen.

„Das kann nicht sein …“

Nick war sich sicher, dass man unmöglich bis nach dort oben klettern konnte, dafür gab es zu wenig Halt an der Hausfassade. Zudem niemand so dumm sein würde, weil Anyas Fenster der Straße zugewandt war. Kein Mensch bei klarem Verstand würde mitten am helllichten Tag ein Haus, dazu noch -dieses- Haus, hochklettern – niemand außer Anya zumindest, bei der wäre das nicht weiter ungewöhnlich. Bloß war die in dem Fall das Opfer. Umso erstaunlicher erschien es ihm, dass es dieser Person nichts ausmachte gesehen zu werden. Mehr noch, sie wollte allen Anschein nach gesehen werden!

 

„Ich wiederhole mich nicht nochmal“, brummte Anya gefährlich und nahm nun einen Schritt nach vorne, „gib die Krone her, aber dalli! Dann kommst du auch nur mit ein paar Knochenbrüchen davon!“

Stumm hob der maskierte Fremde die Abschlussball-Krone an, als wolle er sich vergewissern, dass Anya auch wirklich jene meinte. Er sah sie kurz an, dann sprang er rückwärts vom Schreibtisch und landete gebeugt vor dem Fenster. Noch zum Abschied winkend, dauerte es nur einen Herzschlag, ehe er sich über die Fensterbank schwang und verschwunden war.

Anya und Nick sahen sich an wie Kühe wenn es donnerte.
 

„Oh fuck!“, platzte es aus dem Mädchen heraus, die sofort an Nick vorbei aus dem Zimmer stürmte. „Den krieg' ich, aus dem Weg!“

Wie von der Tarantel gestochen flitzte sie die Treppen herunter.

Derweil eilte Nick zum Fenster und sah unten auf der anderen Straßenseite den Vermummten mit der Krone winken.

„Keine Ahnung, wer du bist“, murmelte Nick, „aber wenn das eine Herausforderung ist, nehme ich sie an.“

„Oh fuck!“, kam Anya zur selben Zeit wieder ins Zimmer gestürmt, da sie in ihrem Outfit unmöglich auf die Straße konnte.

Doch da war Nick ebenfalls schon aus dem Fenster gesprungen.

 

Dieser landete federnd auf den Füßen, verlor jedoch das Gleichgewicht und kippte nach vorn. Im Fall sah er auf der anderen Straßenseite, wie sich der Maskierte umdrehte und zu rennen begann. Schnell rappelte Nick sich auf, nahm augenblicklich die Verfolgung in Angriff.

Man mochte es ihm zwar nicht ansehen, aber Nick Harper war ein exzellenter Läufer. Das musste man auch sein, wenn man Anya Bauer seine Freundin nannte – nicht, dass ein Unterschied darin bestand, wenn man stattdessen ihre Feindin war. So oder so, gegen ihre Laune des Verderbens war Flucht nicht selten die sinnvollste Option, besonders wenn man, wie Nick, gerne noch Öl ins Feuer goss.

So war es auch nicht weiter schwer für Nick, mit dem Fremden mitzuhalten. Sie fegten durch die Straßen, langsam, aber bestätigt holte der hoch gewachsene, junge Mann den fast um einen Kopf kleineren Dieb ein.

Es kam ihm wie ein endlos langer Wettstreit vor. Der Maskierte war ziemlich ausdauernd, schaffte es, bis ins Stadtzentrum unter Nicks Verfolgung vorzudringen. Dabei nahm er auch keine Rücksicht auf die Leute, die unterwegs waren, um sich Brötchen oder Ähnliches zu kaufen.

Der schmächtige Ernie Winter, ehemaliger Klassenkamerad Nicks, welcher an einem Eisstand mit zwei prächtigen Waffeln bewaffnet gerade zurück zu seiner Freundin watete, die auf die Fahrräder der beiden aufpasste, wurde gnadenlos von dem Unbekannten umgerannt. Die Eistüten flogen nur so durch die Luft und landeten auf seinem Haupt, während Nick über ihn herüber sprang und dabei eine Entschuldigung nuschelte.

 

Dennoch merkte Nick zunehmend, wie ihn seine Kräfte verließen. Das Seitenstechen konnte er nicht länger ignorieren, auch die Puste ging ihm jetzt endgültig aus. Er wurde langsamer, während der Unbekannte noch scheinbar fit über die Straße rannte und kurz darauf nach rechts in eine Seitengasse einbog.

Nick schleppte sich ebenfalls über die Straße, wurde dabei fast noch von einem Auto angefahren, weil er nicht auf den Verkehr achtete. Unter lautem Hupkonzert eilte er herüber zu dem Ort, wo er den Fremden zuletzt gesehen hatte.

„So ein Mist“, fluchte er leise. Bestimmt hatte der Dieb ihn längst abgehängt.

 

Keuchend bog Nick in die enge Seitenstraße ein. Es war … eine Sackgasse? Perfekt, daraus konnte der Unbekannte nicht flüchten! Dank der hohen Häuserwände war von dem sonnigen Tag hier nicht viel zu sehen, die Gasse stand in tiefen Schatten.

Als Nick jedoch in seiner dunklen Nische bemerkte, dass der Dieb sich ihm zugewandt hatte und seelenruhig stehen blieb, ahnte er bereits, dass jener es gar nicht weiter auf eine Flucht anlegte.

Er war in eine Falle getappt, was ein surrendes Geräusch hinter ihm bestätigte. Nick wirbelte um und bemerkte, dass der Weg zurück zum Bürgersteig durch eine gelbe Barriere blockiert war.

„Gib dir keine Mühe“, drang es hinter ihm dumpf hervor, „man kann uns jetzt weder sehen noch hören.“

 

Der großgewachsene, junge Mann wirbelte wieder herum.

Da stand der Dieb nun, in seinen schwarzen Mantel, die Kapuze tief über den Kopf gezogen. Das, was vom Gesicht zu sehen war, wurde durch eine weiße, ausdruckslose Maske vollständig bedeckt. Sie sorgte auch dafür, dass Nick nicht einzuordnen wusste, ob ihm hier Männlein oder Weiblein gegenüber stand.

„Gib das zurück“, forderte er dennoch direkt und zeigte auf Anyas Krone, die der Fremde in der rechten Hand hielt.

„Hol sie dir doch“, kam es nur provozierend zurück.

Nick wollte gerade einen Schritt auf sein Gegenüber zugehen, da hob jener den anderen Arm unter dem Mantel hervor – und offenbarte eine rote, längliche Duel Disk, einem V gleich.

„Zusammen mit dem hier“, drang es dazu leise hinter der Maske hervor.

Nick, der seine eigene Duel Disk umgeschnallt hatte, weil er ursprünglich während seines morgendlichen Besuches vorgehabt hatte, Zanthe auf seine Duellkünste zu prüfen, wusste bereits, worauf das hinauslaufen sollte.

„Was willst du überhaupt?“, hakte er im harschen Tonfall nach. „Du stiehlst Anyas Krone? Und sperrst mich hier ein?“

„Rache.“

An Anya, schoss es Nick verwirrt durch den Kopf. Oder etwa gar an ihm!?

„Wofür?“

„Geht dich nichts an. Du solltest eigentlich gar nicht hier sein.“

Also tatsächlich an seiner Freundin! Und wenn das so war …

 

Nick hob den Arm mit der Duel Disk und betätigte einen kleinen Schalter an deren Unterseite, der dafür sorgte, dass die Sicherheitsbarrieren der Hologramme deaktiviert wurden – was eigentlich nur bestimmten Nutzergruppen gestattet war. Zu dumm, dass er sich nach längerer Pause sofort wieder in jene eingeschleust hatte, nachdem er Zanthe für Anya ausfindig gemacht hatte.

Wenn diese Person dort Anya schaden wollte, würde er keine Gnade mit ihr kennen!

 

„Sag mir wenigstens deinen Namen!“, verlangte er aufgebracht.

„Du kannst mich Kali nennen.“ Noch hinzu fügte die Person: „Die Dämonengöttin!“

Also stand er einer Frau gegenüber, schloss Nick erstaunt. Zudem fühlte er sich bei diesem Namen sofort an die Göttin des Todes und der Zerstörung aus dem Hinduismus erinnert. Ein Zufall?

„Bist du wirklich eine Dämonengöttin oder ist das nur ein Titel, den du dir selbst gegeben hast?“, hakte Nick provokativ nach.

Nicht weniger herausfordernd kam es zurück: „Find' es doch heraus!“

 

Wie eine Dämonin drückte sie sich jedenfalls nicht aus, überlegte er dabei. Im Endeffekt war es ihm gleich, wer oder was da vor ihm stand. Da sie offenbar kein Interesse zeigte, ihre Motive zu erklären, würde sie mit den Konsequenzen leben müssen. Und wer weiß, vielleicht würde ein bisschen Schmerz sie zur Vernunft bringen?

 

Beide gingen in stillem Einverständnis in Duellposition. Kali ließ ihre V-Duel Disk ausfahren, dann riefen beide lautstark: „Duell!“

 

[Nick: 4000LP / Kali: 4000LP]

 

„Ich beginne“, entschied Nick, ehe seine Gegnerin ihm zuvor kommen konnte.

Zusätzlich zu seinem Startblatt fügte er noch eine weitere Karte seiner Hand hinzu. Jene neue war es auch, die er nach kurzer Überlegung als Erstes ausspielte. „Ich beschwöre [Wind-Up Rabbit]!“

Vor ihm materialisierte sich ein roter Robohase, dessen Ohren so lang und schwer waren, dass sie ihm über das Gesicht hingen.

 

Wind-Up Rabbit [ATK/1400 DEF/600 (3)]

 

„Zug beendet!“, entschied Nick schließlich.
 

„Halt dich ja nicht zurück!“, verlangte Kali in einem nahezu drohendem Tonfall. Dann griff sie nach ihrem Deck und zog schwungvoll. „Draw!“

Energisch fischte sie eine Zauberkarte aus ihrem Blatt hervor und hielt sie demonstrativ nach vorn, damit Nick sie sehen konnte. „Ich aktiviere [Destructo Gear]! Damit kann ich eine Zauberkarte von meinem Deck verbannen!“

Genau das tat sie auch, als lauter Zahnräder um ihre Duel Disk erschienen, sich mit jener zusammenschlossen und zu drehen begannen, wobei Kali einen Zauber namens [Banished Power Gear] in einen Seitenschlitz des langen Apparats schob.

„Und als Nächstes dieses hier! Ich beschwöre [Celestial Gear – Synthetic Sparrow]!“

Das war der Moment, in dem es bei Nick Klick machte. Über Kali erschienen lauter weiße Lichtkugeln, die eine merkwürdige Formation einnahmen. Sie verbanden sich gegenseitig mit grünen Linien, sodass sie tatsächlich eine riesige Vogelgestalt mit vergleichsweise kleinen Flügeln, dafür mit etwas zu viel Unterleib zeichneten, die über den Dächern flog. Das Besondere an ihr war, dass man hinter einer grünen Lichtschicht in das mechanische Innere der Kreatur hineinsehen und all die Zahnräder und Getriebe erblicken konnte.

 

Celestial Gear – Synthetic Sparrow [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

Nick weitete die Augen. Zwar hatte er diesem Deck nie selbst gegenüber gestanden, aber viel von Anya darüber gehört. Es war das Deck, das Isfanel im Turm von Neo Babylon eingesetzt hatte. Das Deck, welches Marc, als er aus Isfanels Griff befreit war, Anya geschenkt hatte. Das Deck … das Anya vor vielen Monaten gestohlen worden war, woraufhin sie alles und jeden wochenlang verdächtigt hatte.

Kali war der Dieb von damals!

„Überrascht?“, fragte sie kalt. „Sieht so aus, als hätte ich mehr als nur die Krone deiner 'Freundin' mitgehen lassen.“

Noch völlig verblüfft von dieser Wendung, fragte Nick: „Wieso hast du-!?“

„Wie ich bereits sagte: Rache. Nun der Effekt meines Monsters! Einmal pro Zug kann ich einen Zauber von meinem Friedhof verbannen.“ Schon schob sie [Destructo Gear] in denselben Schlitz, den sie schon für [Banished Power Gear] verwendet hatte. „Und jetzt sieh her! Ich greife dein albernes Spielzeug mit Sparrow an! Los, Celestial Pride! Und da [Banished Power Gear] verbannt ist, werden Celestial Gears im Kampf vorübergehend um 500 Punkte stärker.“

 

Celestial Gear – Synthetic Sparrow [ATK/1000 → 1500 DEF/1800 (4)]

 

Im Schnabel der Kreatur sammelte sich grünliche Energie, die jene schließlich in einem gewaltigen Energiestrahl auf Nicks Monster abfeuerte. Jener wusste, dass er schnell eine Entscheidung treffen musste. Und die war eindeutig.

„Ehe es dazu kommt, aktiviere ich [Wind-Up Rabbits] Effekt! Es kann sich oder ein anderes Wind-Up-Monster bis zu meiner nächsten Standby Phase verbannen. Damit weicht es dem Angriff aus!“

Der Aufziehschlüssel auf dem Rücken des Hasen begann sich rapide zu drehen, was dafür sorgte, dass jener wie wild geworden durch die Seitengasse hoppelte und sich schließlich hinter einer Mülltonne seitlich von Nick versteckte, womit er dem Einschlag des Angriffs entkam.

„Das macht dich nur zum Ziel für einen direkten Angriff!“, konterte Kali.

Dessen war sich Nick bewusst. Der riesige Vogel lenkte seinen Strahl daraufhin auf den jungen Mann, welcher, von der Attacke getroffen, gegen die gelbe Mauer knallte, die ihn von der Außenwelt abschnitt.

„Argh!“

Sein grünes 'Kermit der Forsch'-T-Shirt war damit wohl im Eimer. Am Bauch, wo er getroffen wurde, war es aufgerissen. Darunter lag seine gerötete, leicht verbrannte Haut.

 

[Nick: 4000LP → 2500LP / Kali: 4000LP]

 

Kali schnaufte und zeigte dann mit erhobener Hand zwei Karten mit deren Rücken zu Nick gerichtet vor. „Das war schwach. Diese beiden setze ich. Zugende!“

Schon materialisierten sich die beiden Fallen zu ihren Füßen.

 

Nick, der derweil die Energiemauer hinab gerutscht und auf dem Hosenboden gelandet war, raffte sich mühselig auf. Schwankend trat er einen Schritt vor.

Dieses Deck durfte er auf keinen Fall unterschätzen! Damit hatte es Isfanel damals fast geschafft Anya zu besiegen, obwohl sogar Valerie und Henry als Verstärkung dabei waren. Gerade deshalb stellte es eine interessante Herausforderung dar. Allerdings war Nick nicht die Sorte Mensch, die daran Gefallen finden konnte, wenn im Hintergrund das Wort Rache in Verbindung mit Anya stand.

Also schob er den reizvollen Gedanken des Kräftemessens beiseite und fokussierte sich darauf, Kali gnadenlos zu überrollen. So schrie er: „Ich ziehe!“

Was er auch tat. Sofort streckte er den Arm aus. „In meiner Standby Phase kehrt [Wind-Up Rabbit] zurück!“

Schon kam der Hase hinter der Mülltonne wieder hervorgesprungen.

 

Wind-Up Rabbit [ATK/1400 DEF/600 (3)]
 

Sein Besitzer derweil legte gleich zwei Karten in dessen Duel Disk ein. „Ich beschwöre [Wind-Up Magician] und aktiviere den Zauber [Wind-Up Factory]!“

Während vor ihm ein kleiner Spielzeugmagier auftauchte, der in seinen Zangenhänden einen Zauberstab hielt, klappte ebenfalls die Zauberkarte auf, deren Animation aufgrund von Platzmangel nicht ausgeführt werden konnte.
 

Wind-Up Magician [ATK/600 DEF/1800 (4)]

 

„Effekt des Rabbits!“, setzte er seinen Zug fort. „Ich verbanne es durch seinen eigenen Effekt bis zu meiner nächsten Standby Phase! Damit aktivieren sich die Effekte von [Wind-Up Magician] und [Wind-Up Factory]!“

Sein Magier schwang den Zauberstab und ließ neben ihm einen kleinen orangefarbenen Krieger mit massiven Zangenhänden erscheinen, welche er schützend vor sich hielt. Gleichzeitig nahm Nick sein Deck in die Hand und begann zu erklären: „Nur einmal, solange der Magier offen liegt, kann ich ein Wind-Up-Monster von meinem Deck beschwören, wenn ein anderes seinen Effekt aktiviert, wie es bei Rabbit der Fall war. Außerdem erhalte ich dank Factory einmal pro Zug ein Wind-Up auf die Hand, wenn selbige Bedingung erfüllt ist.“

Kali verschränkte die Arme abwartend voreinander, als er [Wind-Up Shark] vorzeigte. „Zwei Fliegen mit einer Klappe? Pft.“

„Durch Magicians Effekt habe ich [Wind-Up Warrior] gerufen“, erklärte Nick weiter.

 

Wind-Up Warrior [ATK/1200 DEF/1800 (4)]

 

„Da ein Wind-Up beschworen wurde, kann ich außerdem noch [Wind-Up Shark] von meiner Hand spezialbeschwören!“

Kaum tauchte der blaue Spielzeughai vor ihm auf, begann sich der Schlüssel auf seinem Rücken im Uhrzeigersinn zu bewegen.

 

Wind-Up Shark [ATK/1500 DEF/1300 (4 → 5)]

 

„Wie du siehst, kann er seine Stufe verändern, in dem Fall um eins nach oben“, rief er, doch ließ er das Effektgewitter damit nicht versiegen, fuhr fort: „Ebenso wie mein [Wind-Up Warrior], der einmalig die Stufe eines Wind-Ups um 1 und dessen Angriffskraft um 600 erhöhen kann. Die des Magiers!“

Auf den Rücken beider Monster begannen sich die Aufziehschlüssel langsam, dann immer schneller zu drehen.

 

Wind-Up Magician [ATK/600 → 1200 DEF/1800 (4 → 5)]

 

„Und jetzt sieh her!“, forderte Nick und streckte eine Faust gen Himmel. „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen Stufe 5-Monstern wird ein Rang 5-Monster!“

Ein schwarzer Wirbel öffnete sich inmitten des Spielfelds und saugte Hai und Magier als blaue beziehungsweise rote Lichtstrahlen in sich auf.

„Xyz-Summon! Sei meine Klinge, [Wind-Up Arsenal Zenmaioh]!“

Aus dem Strom erhob sich ein für Nicks Spielzeuge vergleichsweise großer, roter Roboter mit einem Bohrarm und einer normalen Faust. Um ihn kreisten zwei Lichtsphären.

 

Wind-Up Arsenal Zenmaioh [ATK/2600 DEF/1900 {5} OLU: 2]

 

„In dir steckt ja doch etwas Können“, kommentierte Kali das Ganze abfällig, „scheint, als hättest du deiner geliebten Anya wohl nur etwas vorgemacht. All die Jahre.“

Woher wusste diese Person das, schoss es Nick durch den Kopf. Offensichtlich musste sie ihn und Anya ziemlich gut kennen, aber er hatte keine Ahnung, wer jene Kali sein könnte, die ihm da gegenüberstand. Nichts an ihr war ihm vertraut.

„Das sind alte Kamellen“, winkte er daher ab, nicht den Drang verspürend, sich rechtfertigen zu müssen, „sieh lieber zu, dass du vor lauter Staunen nicht das Duell verpasst! Ich aktiviere Zenmaiohs Effekt!“

Mit dem Bohrer absorbierte der große Roboter eines der Xyz-Materialien, die ihm ihn kreisten.

 

Wind-Up Arsenal Zenmaioh [ATK/2600 DEF/1900 {5} OLU: 2 → 1]
 

„Er kann so zwei gesetzte Karten pro Zug zerstören. Wovon du glücklicherweise ja genug hast!“

Unter einem verächtlichen Stöhnen wich Kali zurück, als Zenmaioh auf sie zugeschossen kam und die beiden gesetzten Karten der Reihe nach mit seinem Bohrer vernichtete. Dadurch blieb ihr nur noch der Mechavogel.

Noch während Nicks Monster zu ihm zurückkehrte, rief der: „Und jetzt Angriff auf [Celestial Gear – Synthetic Sparrow]! Wind-Up Power Punch!“

„Vergiss nicht, dass Celestial Gears im Kampf kurzweilig stärker werden durch den Effekt der verbannten Zauberkarte [Banished Power Gear]!“

 

Celestial Gear – Synthetic Sparrow [ATK/1000 → 1500 DEF/1800 (4)]

 

Trotzdem feuerte Zenmaioh seine Faust auf seinen Feind in Form des Cyberspatzen ab, welcher mitten in die Brust getroffen und dadurch zu Fall gebracht wurde. Die einzelnen Teile gingen auf Kali hinunter wie ein grausamer Regen, denn als eines der Zahnräder sie an der Schulter traf, kippte sie nach vorn und schrie vor Schmerz auf.

 

[Nick: 2500LP / Kali: 4000LP → 2900LP]

 

„Tut weh, was?“, hakte Nick eiskalt nach, noch während der Körper des Vogels auf Kali zu stürzen drohte.

„Nicht annähernd genug um mich zu beeindrucken!“

Gleichzeitig verwandelten sich die verbliebenen Trümmerteile in leuchtende Funken, die sich zusammen in Kalis ausgestreckter Hand zu einer Karte formten. Was sie davor bewahrte, von ihrem eigenen Monster erschlagen zu werden.

„Wenn Celestial Gears zerstört werden, kommen sie auf meine Hand zurück, statt im Friedhof zu landen“, erklärte die Frau und raffte sich auf.

Und obwohl sie so tat, als hätte Nicks Treffer ihr nichts ausgemacht, hielt sie sich die Schulter und stöhnte auf.

 

Was Nick interessiert zur Kenntnis nahm. Eine Dämonengöttin konnte sie wohl kaum sein, wenn schon so ein Treffer sie aus der Bahn brachte. Trotzdem schloss der junge Mann nicht aus, dass sie vielleicht von einem Immateriellen kontrolliert wurde.

Es ergab Sinn. Als Anya und Matt Another töteten, hatten sie auch verhindert, dass das Tor Eden geöffnet wurde. Ergo war es den Immateriellen unmöglich, diese Welt zu verlassen. Vielleicht wollte Kali hierfür Rache nehmen? Oder sie stand, ähnlich wie Urila damals, in direkter Verbindung mit Another und verlangte nun nach dem Blut seiner Mörder?

Aber es waren nur Vermutungen. Sie würde von sich aus reden, wenn er sie erst noch mehr in die Ecke drängte.
 

„Ich setze diese verdeckt“, sprach er gelassen und schob die Falle in den dafür vorgesehenen Schlitz, woraufhin sie auch gleich vor seinen Füßen erschien, „und beende den Zug.“

Mit Zenmaioh als Angreifer und Gefahrentilger, Warrior als Verteidiger und seiner Factory als Nachschublieferantin hatte er ideale Voraussetzungen für das weitere Duell.

 

„Mein Zug, Draw!“, fauchte Kali regelrecht und riss die nächste Karte von ihrem Deck. Mit dem Finger zeigte sie unbarmherzig auf Nick. „Du wirst mich nicht daran hindern, das zu nehmen, was mir zusteht! Du hast keine Ahnung, mit wem du da befreundet bist!“

Nick, der wusste, dass Anya in ihrem Leben schon vielen Menschen geschadet hatte, konnte zwar einerseits den Drang nach Rache nachvollziehen … aber irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass es sich hierbei nicht um die typischen Anya-Vergehen handeln konnte. So voller Hass zu sein, das konnte nur etwas Schwerwiegendes ausgelöst haben.

„Was hat Anya dir getan?“, versuchte er daher, es ruhiger angehen zu lassen.

„Sie hat mein Leben zerstört“, erwiderte Kali grimmig, „und jetzt ist es an mir, ihres zu zerstören! Ich rufe [Celestial Gear – Synthetic Sparrow] als Normal- beziehungsweise Rückbeschwörung!“

Ohne Vorwarnung setzte Kali zu ihrem Zug an. Über ihr tauchten wieder die Lichtkugeln auf, die den grün leuchtenden Mechavogel zeichneten.

 

Celestial Gear – Synthetic Sparrow [ATK/1000 DEF/1800 (4)]
 

„Jetzt beginnt der wahre Effekt Sparrows zu wirken“, erklärte sie völlig mitgerissen vom Geschehen, „nur einmal während des Duells wird jener bei einer Rückbeschwörung ausgelöst, was allerdings die Verbannung in der End Phase nach sich zieht! Sparrow kann mir eine Fusionskarte vom Deck auf die Hand geben und ich wähle [Celestial Gear Polymerization]!“

Kali zeigte die Karte umgehend vor, auf dem je ein in violetter und in blauer Aura gehüllter Mechavogel abgebildet waren, die sich inmitten zweier schwarzer Soge über und unter ihnen befanden.

„Sie aktiviere ich auch gleich, um Sparrow auf dem Feld mit [Celestial Gear – Synthetic Albatross] von meiner Hand zu verschmelzen! Zwei Zahnräder verbinden sich und formen eine neue Kraft!“

„Also eine Fusionsbeschwörung“, rekapitulierte Nick. Von so etwas hatte Anya ihm nicht erzählt!

Ein nach oben verlaufender, schwarzer Sog tauchte über Kali auf. Er riss ihren Mechavogel auf dem Feld und einen weiteren, in roter Aura gehüllten ins Verderben. Ein greller Lichtblitz unterbrach kurzzeitig das Geschehen.

„Erscheine, [Celestial Gear – Synthetic Armored Finch]!“

Als Nick nicht mehr geblendet wurde, erkannte er mit Schrecken den in gelber Aura gehüllten Mechavogel über Kali. Anders als seine Artgenossen, konnte man nur an Beinen und Flügeln in sein Inneres sehen, da die Brust mit einer weißen Panzerung bedeckt war.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Finch [ATK/2000 DEF/0 (4)]

 

Die pupillenlosen Augen des Finken leuchteten rot auf, als seine Besitzerin erklärte: „Wird Finch beschworen, erhalte ich eine Gear- oder Synthetic-Zauberkarte.“

Sich die passende aus ihrem Deck aussuchend, zeigte sie jene vor. Und zu Nicks Erstaunen handelte es sich um eine zweite Kopie von [Celestial Gear Polymerization].

„Du willst nochmal fusionieren?“, fragte Nick erstaunt.

Dabei besaß sie nur noch drei Handkarten, es würde all ihre Ressourcen fressen.

„Nein“, erwiderte Kali, schob jedoch geradezu paradoxerweise die Karte trotzdem in ein Fach ihrer V-Duel Disk, „tatsächlich ist [Celestial Gear Polymerization] keine reine Fusionskarte. Sie kann ebenso gut Rituale an Celestial Gears durchführen.“

Verblüfft horchte Nick auf. „Eine Karte … die sowohl Rituale, als auch Fusionen rufen kann?“

„Es kommt noch besser. Für jede meiner verbannten Zauberkarten wird die benötigte Stufenzahl des zu rufenden Ritualmonsters um 2 verringert. Ergo kann ich momentan bis zu Stufe 4-Rituale kostenlos beschwören und genau das tue ich jetzt auch! Aus zwei Zahnrädern wird ein neues geboren! Erscheine, [Celestial Gear – Synthetic Armored Halcyon]!“

Nick schrie erstaunt auf, als aus dem Boden vor Kali ein weiterer Mechavogel brach und abhob. Dieser besaß eine pinkfarbene Aura, war ebenso an der Brust gepanzert und konnte dazu noch einen schlanken Körperbau samt überragend langem Schnabel aufweisen.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Halcyon [ATK/1000 DEF/2200 (4)]

 

Mit ebenjenem pickte er vor Kali in den Asphalt, ehe er sich in die Höhe zu seinem Artgenossen begab. Und aus dem Loch vor ihr entstieg eine gesetzte Karte.

Dazu erklärte sie: „Halcyon setzt einen Zauber oder eine Falle von meinem Deck, wenn er per Ritual gerufen wird! Allerdings kann ich jene Karte erst im nächsten Zug benutzen! Das Beste aber ist, dass du nicht erfahren wirst, worum es sich dabei handelt!“

Das war in der Tat ein Problem, sagte sich Nick. Andererseits besaß er mit Zenmaioh die perfekte Waffe gegen Kalis gesetzte Karte. Darüber hinaus, selbst mit dem Boost von [Banished Power Gear] waren ihre Monster zu schwach, seinen Roboter zu zerstören.

Jedoch streckte die Frau plötzlich ihren Arm in die Höhe. „Wusstest du, dass Halcyon ein Empfänger ist? Wenn nicht, pass' gut auf! Ich stimme ihn auf meinen Stufe 4-Finch ein!“

„Jetzt auch noch eine Synchrobeschwörung!?“, schoss es aus Nick heraus.

Während der Fink in vier grüne Lichtkugeln zersprang, formte sich sein Artgenosse zu ebenso vielen Energieringen, welche von den Sphären passiert wurden.

„Clashing gears form a new entity of overwhelming might! With each turn the iron will grows stronger and stronger! Synchro Summon!“, schrie Kali aufgebraucht. „Rise, [Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk]!“

Ein weiterer Lichtblitz blendete Nick und als er vorbei war, sah er sich einem gewaltigen Mechanikfalken gegenüber, dessen braune Aura regelrecht glühte. Auch er war gut gepanzert.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 DEF/2400 (8)]
 

„... so ein Mist“, fluchte Kali plötzlich laut, „wie konnte ich das vergessen!?“

Überrascht wandte Nick den Blick von dem Monstrum ab und sah zu seiner Gegnerin herüber, die scheinbar alles andere als zufrieden war.

„Was ist los?“

„Das geht dich nichts an! Außerdem spielt es keine Rolle, denn ich werde dich so oder so besiegen! Los, Hawk, greif sein Monster an!“ Kali schwang den Arm aus. „Celestial Overflare!“

Im Schnabel des Falken bündelte sich eine grelle Flamme, die dieser schließlich auf Zenmaioh abfeuerte. Nick wusste, dass es kein wirklicher Gleichstand zwischen den beiden Monstern war, denn Kalis Zauberkarte stärkte ihre Kreatur aus dem Hinterhalt.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 → 3100 DEF/2400 (8)]
 

Allerdings hatte er mit so etwas schon gerechnet.

„Verdeckte Falle!“, rief er daher aus und aktivierte diese mit einem Knopfdruck, wodurch sie vor ihm aufsprang. „[Half Or Nothing]! Sie halbiert die Basiskraft all deiner Monster oder bricht die Battle Phase gleich ab. Deine Entscheidung!“

„Als ob mich so etwas beeindruckt! Mach weiter, Hawk!“

Das traf Nick völlig unvorbereitet. Sie würde ihr Monster dabei verlieren! Oder? Ihn beschlich eine dunkle Vorahnung. Obwohl gleißende Blitze um den Mechavogel schlugen, setzte dieser seinen Flammenangriff auf Zenmaioh ungestört fort.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 → 1300 → 1800 DEF/2400 (8)]

 

Jener holte seinerseits mit der abtrennbaren Faust aus und schoss sie direkt in den Feuerstrahl. Dieser wurde einfach gespalten, was darin endete, dass Hawk einen mächtigen Kinnhaken abbekam und rücklings zu Fall gebracht wurde.

Wieder ging ein Hagelschauer aus Trümmerteilen auf Kali nieder, doch sie ertrug es mit Fassung.

 

[Nick: 2500LP / Kali: 2900LP → 2100LP]

 

Als sie jedoch nach oben blickte, und gerade zum Sprechen ansetzte, traf sie eines der kleineren Trümmerteile des wie in Zeitlupe herabstürzenden Falken im Gesicht und prallte an der Maske ab. Diese bekam daraufhin einen Sprung, der dafür sorgte, dass ein schmaler Teil am rechten Auge der Frau abplatzte, welche ihrerseits zurücktorkelte. Und eine strahlend blaue Iris offenbarte.

„Argh! Nicht schlecht“, lobte sie Nick und richtete den Blick auf ihn. Dabei kniff sie das Auge fest zusammen. „Aber nicht gut genug! Denn Hawk kehrt nur einmal im Duell nach seiner Zerstörung zurück aufs Feld!“

Plötzlich rauschten die in der Luft und am Boden verteilten Trümmer wieder zurück zum Körper des halb zerstörten Falken und setzten ihn neu zusammen, sodass er ohne Vorwarnung wieder funktionsfähig war.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 DEF/2400 (8)]

 

„Jetzt, von der Wirkung deiner Falle befreit, ist er wieder er selbst, wenn auch nur bis zur End Phase, in der er verbannt wird“, rief Kali, „aber das ist nicht alles! Auf diese Weise beschworen, halbiert er die Lebenspunkte meiner Feinde!“

Sofort begann von der Brustmitte der Panzerung ein gleißendes Strahlen auszugehen, welches Nick erfasste. Dieser machte instinktiv einen Hechtsprung zur Seite und wich damit knapp einem glühend heißen Energiestrahl aus, der ihm sonst zweifelsohne schwere Verbrennungen zugefügt hätte.

 

[Nick: 2500LP → 1250LP / Kali: 2100LP]

 

Noch während er am Boden lag, befahl Kali: „Los, Hawk, zweiter Angriff! Celestial Overflare!“

Der Falke öffnete seinen Schnabel und ließ eine weitere Lichtflamme auf Zenmaioh niedergehen. Und diesmal konnte Nick ihn nicht beschützen.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 → 3100 DEF/2400 (8)]

 

In einer mächtigen Explosion wurde [Wind-Up Arsenal Zenmaioh] regelrecht in seine Einzelteile zerrissen. Für Nick war dies ein herber Schlag, denn er hatte damit sein mächtigstes Monster verloren. Mehr noch, einen ganzen Batzen an Lebenspunkten durch Kalis geschicktes Manöver.

 

[Nick: 1250LP → 750LP / Kali: 2100LP]

 

Zumindest [Wind-Up Warrior] war ihm geblieben, dachte er angespannt.

Indes zeigte Kali ihre letzte Handkarte vor. „Weil ich diese Runde bereits mindestens zwei Zauber benutzt habe, kann ich [Synthetic Transformation] aktivieren. Sie opfert Hawk, den ich sowieso verloren hätte.“

„Und weiter?“, ächzte Nick, während er sich langsam aufrappelte.

„Danach erhalte ich je ein Monster mit höherer und niedrigerer Stufe von meinem Deck. Allerdings kann ich beide nicht sofort im Anschluss beschwören, sondern muss einen Zug warten.“

Nick bekam nur mit, dass sie ein Stufe 4-Celestial Gear und ein sehr hochstufiges Monster, welches er nicht erkennen konnte, ihrer Hand hinzufügte.

„Zug beendet“, bekräftigte sie daraufhin und hinterließ, abseits ihrer durch Halcyon gesetzten Karte, ein leeres Feld.

 

Ihr Gegner atmete schwer. Die Strapazen des Duells machten sich langsam bemerkbar. Die ganze Seitengasse hatte sich in ein Abbild der Zerstörung gewandelt, symbolisch für seine Erschöpfung.

Wer auch immer diese Kali war, sie war keine schlechte Duellantin, vielleicht sogar auf demselben Level wie Valerie oder Abby.

„Also ist es wieder mein Zug? Draw“, verkündete er leise und zog eine interessante Falle nach.

Damit kehrte auch der rote Spielzeughase auf seine Seite zurück.

 

Wind-Up Rabbit [ATK/1400 DEF/600 (3)]

 

Dies war seine Chance, das Spiel zu gewinnen. Allerdings hatte sie mit ihrer Falle vorgesorgt und würde seinen Angriff blocken, um nächste Runde jenes mächtige Monster zu beschwören, welches sie aufs Blatt genommen hatte. Dafür musste Nick auch nicht das Genie sein das er war, um dies zu erkennen.

Aber mit [Wind-Up Rabbit] hatte er den Vorteil auf seiner Seite – sollte sie seine Monster zerstören wollen, konnte er wenigstens eines davon retten! Er musste angreifen!

Ohne Umschweife nahm er ein Monster von seiner Hand und legte es auf die Duel Disk. „Ich beschwöre [Wind-Up Dog]!“

Vor ihm tauchte ein kleiner, blauer Spielzeughund auf, der in einem mechanischen Tonfall zu kläffen begann.

 

Wind-Up Dog [ATK/1200 DEF/900 (3)]

 

[Wind-Up Warrior] würde er vorsichtshalber im Verteidigungsmodus lassen, überlegte Nick, denn seine beiden anderen Monster reichten bereits aus. Zumindest, wenn Kali nur bluffte und nichts zum Blocken besaß – was er aber bezweifelte.

„Okay! Zuerst greift [Wind-Up Rabbit] dich direkt an!“, entschied Nick und streckte den Arm aus.

„Soll er doch“, erwiderte seine Gegnerin grantig.

Energisch hoppelte der Robohase auf die junge Frau zu und machte zum Abschluss einen Satz, um ihr den Schädel in den Magen zu rammen. Prustend wurde Kali zurückgeworfen und knallte gegen den abtrennenden Zaun hinter sich, sackte halb zusammen.

„Urgh!“

 

[Nick: 750LP / Kali: 2100LP → 700LP]

 

Überrascht stellte Nick fest, dass sie den Angriff hatte durchgehen lassen. War ihre gesetzte Karte also wirklich nur eine Finte?

„Noch hast du die Chance zu reden“, bot er ihr an.

„Ich hab dir nichts zu sagen!“

 

Der junge Mann kratzte sich am Kinn. Ein Angriff seines Hundes würde ihr vermutlich keine schlimmen Verletzungen zufügen. Allerdings wäre es gut, wenn er sie irgendwie bewusstlos schlagen würde, um sie gefangen zu nehmen. So jemanden konnte man nicht frei herumlaufen lassen … sollte Anya sie zum Reden bringen. Wenn es eines gab, was seine Freundin gut konnte, dann andere in Panik zu versetzen. Der Blondine würde bestimmt etwas einfallen, schließlich war sie für ihre Kreativität bezüglich schmerzhafter Erfahrungen berühmt-berüchtigt in Livington.

 

„Wenn das so ist, dann habe ich dir auch nichts mehr zu sagen. [Wind-Up Dog], direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte! Beende es!“

Der Spielzeughund vor ihm setzte sich auf sein Hinterteil und stieß ein hohles, künstliches Heulen aus, welches sich in gelben Schallwellen auf Kali zubewegte.

„Nein! Ich werfe [Celestial Gear – Synthetic Stork] ab! Er verringert für diesen Zug jeden Schaden, den ich erleide, um die bereits zugefügte Summe an Schaden! Damit ist dein Angriff aufgehoben!“

Sie schob ihre vorletzte Handkarte in den Friedhofsschacht, was dafür sorgte, dass sich eine Schar schwarzer und weißer metallischer Federn vor ihr wie ein Schild zusammenzog. Dieser wehrte die Schallwellen mühelos ab, ehe er zusammenbrach.

„Verstehe, so wolltest du dich also schützen“, kommentierte Nick das Geschehen gelassen, „dann ist es jetzt an mir, eine defensive Haltung einzunehmen! Ich erschaffe das Overlay Network!“

Vor ihm öffnete sich der schwarze Strudel nun ein zweites Mal und absorbierte Rabbit und Dog als braune Lichtstrahlen.

„Aus meinen beiden Stufe 3-Monstern wird ein Rang 3-Monster! Xyz-Summon! Erscheine, unzerstörbare Kampfmaschine, [Wind-Up Zenmaines]!“

Vor Nick erhob sich eine jetartige, violette Kreatur, von deren Schultern Flugzeugflügel abgingen, an denen sich Propeller drehten. Vor dem Kampfbomber schwebten zusätzlich zwei massive Zangenhände, die bedrohlich ins Nichts schnappten. Zwei Lichtsphären tanzten um ihn wie Glühwürmchen.

 

Wind-Up Zenmaines [ATK/1500 DEF/2100 {3} OLU: 2]

 

Daran würde Kali sich die Zähne ausbeißen und dazu noch eine böse Überraschung erleben, sollte sie versuchen, Zenmaines zu zerstören, dachte Nick zufrieden. Mehr noch, er würde ihr jede Chance auf den Sieg nehmen!

„Ich spiele zwei Karten verdeckt. Zug beendet!“

Die zwei Fallen materialisierten sich vor seinen Füßen. Mit zwei verteidigenden Monstern und den gesetzten Karten war er stark genug, sie endgültig in die Schranken zu weisen!

 

„So ein Pech, du hättest mich diese Runde besiegen sollen!“, tönte Kali und zog nebenbei von ihrem Deck. „Denn das war deine letzte Gelegenheit dazu! Verdeckte Falle aktivieren! [Negative Gate]!“

Nick wiederholte stumm den Namen der Karte, die vor Kali aufsprang.

Gleichzeitig schoss ein etwa drei Meter hohes Monument aus dunklem Kristall vor ihr aus dem Boden.

Kali erklärte: „Wenn diese Karte aktiviert wird, kann ich Monster, die ich normalerweise vom Feld für die Beschwörung eines Monsters verbannen müsste, stattdessen vom Friedhof aller anwesenden Spieler verbannen.“

Nick weitete die Augen, als er sich erinnerte, wie Anya ihm den Zug beschrieben hatte, mit dem Isfanel sie damals fast besiegt hätte.

„Ich verbanne Halycon, das Ritual, Finch, die Fusion, Hawk, das Synchro und deinen Zenmaioh, das Xyz-Monster, von unseren Friedhöfen!“

Mit Schrecken beobachtete ihr Gegner, wie von seinem Friedhof eine schwarze Sphäre in einen kleinen Spalt des Monuments gezogen wurde. Gleichzeitig geschah dasselbe mit einer weißen, blauen und violetten Lichtkugel auf Kalis Spielfeldseite. Das Monument bekam immer tiefere Risse, während unerwartet ein greller Blitz von dessen Mitte in die Höhe schoss.

„Erscheine aus deinem tiefen Schlummer, die, die du im Pakt mit Eden stehst!“, schrie Kali mit ausgestreckten Armen gen Himmel. „Vernichte meine Feinde!“

„Nein!“, brüllte Nick. „Das lasse ich nicht zu! Falle aktivieren, [Solemn Judgment]! Für die Hälfte meiner Lebenspunkte annulliert sie eine Beschwörung!“

„Zu spät!“, hallte es jedoch zu ihm zurück. „Das funktioniert nicht bei dem, was ich beschwören werde! Und nun erwache, [Sophia, Goddess Of Rebirth]!“

Schlaff ließ Nick die Glieder sinken, als er zusah, wie das Monument in sich zusammenbrach. Stattdessen war da jetzt ein mehrere Meter hoher Dimensionsriss, auf dessen Mitte sich plötzlich lange, spitze Finger schoben.

Er sank fassungslos in die Knie.

„Du weißt es, nicht wahr?“, lachte Kali verächtlich. „Was passiert, wenn Sophia beschworen wird? Nichts kann dich vor ihrem Zorn beschützen. Es ist aus!“

 

Sophia, Goddess Of Rebirth [ATK/3600 DEF/3400 (11)]

 

Nick schloss die Augen und schluckte.

 

~-~-~

 

Ein schrecklicher, gequälter Schrei hallte durch die Seitenstraße.

Anya und Zanthe, die zwischenzeitlich nach Nick gesucht, aber seine Spur verloren hatten, hörten ihn nicht allzu weit von sich entfernt. Auch andere Fußgänger drehten sich überrascht um, darunter auch Ernie Winter.

„Oh nein, Nick! Der wird doch nicht-!?“, schoss es aus Anya heraus.

„Scheinbar ist ihm sein Alleingang zum Verhängnis geworden. Mir nach!“

Während Anya schon ziemlich außer Puste war, konnte Zanthe mühelos weiter rennen und übernahm die Führung. Obwohl es nur wenige Meter waren, kam es Anya wie eine Ewigkeit vor, wie sie durch die Stadt rannte und ihren Nicht-mehr-ganz-Freund suchte.

 

Als Zanthe sie letztlich in die Seitenstraße führte, von der er den Schrei vernommen hatte, blieb sie mit aufgerissenen Augen stehen.

Da lag er, verkrümmt und leblos. Die Augen geschlossen, zeugte sein blutverschmierter Körper von dem harten Kampf, den er durchlebt hatte.

Sofort stürmten beide auf ihn zu, Anya glitt auf die Knie und nahm seinen Kopf in die Hände. „Nick! Nick!“

„Er atmet noch“, stellte Zanthe fest, als er sich über ihn beugte.

Noch einen Moment in der Schockstarre verharrend, schwang Anyas Angst schnell in Wut um. Welche sie unglücklicherweise direkt an Nick in Form einer mächtigen Ohrfeige entlud.

„Wach auf!“, brüllte sie.

Stöhnend öffnete er einen Spalt die Augen, drohte aber gleich wieder in die Bewusstlosigkeit abzurutschen.

„Was ist passiert? Wer hat dir das angetan!?“, wollte Anya wissen.

Deutlich orientierungslos, streckte Nick den Arm in eine scheinbar willkürliche Richtung aus, wobei er den Namen murmelte, den Anya hören wollte. „Kali …“

Damit driftete er wieder ab, ließ den Arm sinken.

Anya blickte rat- wie hilflos zu Zanthe auf. „Wer zum Geier ist Kali!?“

„Keine Ahnung“, zuckte der mit den Schultern, „aber scheinbar kann er oder sie dich nicht sonderlich gut leiden.“

Und deutete damit auf die Bruchstücke der Krone, die neben Nick lagen.

 
 

Turn 43 – Reunion

Wenige Tage später – Nick hat sich inzwischen einigermaßen von dem Duell mit Kali erholt – fahren er, Anya und Zanthe zum Flughafen, um Abby abzuholen. Jene ist für die bevorstehende Hochzeit von Valerie und Marc angereist und sorgt im ersten Augenblick für verwunderte Blicke. Allerdings erkennt sie sofort, dass Anya etwas belastet. Doch als die nicht mit der Sprache herausrücken will, entflammt ein Duell zwischen den beiden Freundinnen, das …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2017-07-17T17:33:49+00:00 17.07.2017 19:33
Hi
Super Kapitel, Zanthe passt irgendwie gut zu Anya auch wenn sie das nicht zugeben will. Aber was Zanthe und Nick bloß gegeneinander haben, mal sehen.
Diese Kali hat also das Deck geklaut, dass bedeutet definitiv Probleme, armer Nick.
Aha Anya hat also die Krone bekommen, wenn Valerie den Kommentar mit dem besten Duell gehört hätte, hätte Anya bestimmt jemanden erschlagen.
Bin gespannt wie es weiter geht.
Lg fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
20.07.2017 17:24
Hey,
Zanthe und Anya sind wie Feuer und Wasser und das macht sie zu einem explosiven Gespann. Zanthe ist nicht umsonst einer meiner Lieblingscharas. :-)
Nick ... naja, das wirst du bald sehen. Und Kali ist ein wichtiger Plotpoint.

LG,
-Aska-


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