Zum Inhalt der Seite

Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Turn 32 - Puppetmaster

Turn 32 – Puppetmaster

 

 

Eine kalte, grausame Lache hallte höhnisch durch den Kristallsaal. Von den Bewusstlosen hatte diese eine Person sich letztlich erhoben und straffte den roten Mantel.

Das süffisante Grinsen auf Alastairs vernarbten Gesicht war jedem Zweifel erhaben. Er hatte erreicht, wonach er so lange gestrebt hatte. Den Fuß von dem Feuerzeug nehmend, das neben Henrys regungsloser Hand lag, grinste triumphal. Das Geschenk des Sammlers löste sich in einer Flamme auf.

Ein neckischer Trick, um den Fängen des Turms zu entkommen. Vergebliche Liebesmüh, damit hatte er gerechnet.
 

Er, Refiel. Nein, er war nicht Refiel. Nie gewesen. Diese Identität konnte er jetzt endlich abstreichen wie eine Haut, die nicht länger benötigt wurde.

Dieser Narr Alastair, er war all die Jahre über so leicht zu kontrollieren gewesen. So sehr er sich in seinem Elysion auch zu wehren versuchte, er war durch die Einwirkung Edens stillgelegt. Für immer. Genau wie die anderen, die in ihrer letzten Zuflucht gefangen waren.

 

Das Wesen, das sich Alastair bemächtigte, schritt durch die Reihen der Bewusstlosen. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit.

Die Gründerin, Valerie Redfield, Marc Butcher, Melinda Ford, der Freund seines Gefäßes und schließlich jenes selbst. Fünf Opfer. Nein, sogar eins mehr, wenn man Henry Ford noch hinzu zog. Es konnte schließlich nie schaden, eine Notreserve zu haben, falls einer absprang.

Wie hatte Anya Bauer es geschafft, sie trotz ihrer feindseligen Art um sich im Turm zu versammeln? Ihm erschien es wie ein Wunder. Aber es war Realität. Mehr brauchte er nicht zu wissen.

 

Er trat seelenruhig an das Mädchen heran, das auf dem Thron saß und wirkte, als wäre es einfach nur eingenickt. In Alastairs Augen spiegelte sich das goldene Licht, das über dem Thron hervor trat, doch er konzentrierte sich ganz auf die Gründerin.

Vor ihr angelangt, griff er sie am Kinn und bewegte ihren Kopf zur Seite, um sie genauer zu betrachten.

„Levrier ist fast fort. Nicht mehr lange und er hat seinen Zweck erfüllt“, murmelte er zufrieden.

Den Zweck, den er einst für Levrier bestimmt hatte. Für einen Abkömmling Isfanels war dieses Exemplar ziemlich langlebig, das musste er den beiden zugestehen. Nicht so wie seine eigenen.

Schließlich ließ er von Anya Bauer ab und sah nun hinauf.

Da war es. Das Tor Eden. Das, wonach er seit Jahrhunderten gesucht, das, was sein ganzes Leben bestimmt hatte.
 

Kreisrund war es, schwebte mitten in der Luft über dem Thron. Von schlichter Eleganz, ragten an den Rändern der kristallisch-silbernen Oberfläche spitze Dornen heraus, die dem Gebilde eine besondere Form gaben. Fast wie eine Sonne. Aber jene war noch nicht aufgegangen. Das Innere des Tors war durch dicke Schichten jenes Kristalls ähnlich Blüttenblättern verdeckt, doch Alastair konnte durch jene hindurch bunte Lichter erkennen.

Die Spitzen des Tores strahlten zudem elektrische Schläge aus, die es wie ein Netz in der Luft hielten, denn jene Strahlen waren mit den Kristallstalaktiten und -stalagmiten verbunden, die sich im näheren Umfeld des Throns befanden.

„Ein wundervoller Anblick“, schwärmte er. „All die Arbeit-!“

 

Ein leises, schleifendes Geräusch ließ den besessenen Alastair herumwirbeln. Allerdings bewegte sich keines der Opfer auch nur im Geringsten. Wie könnten sie auch, Edens Präsenz hatte sie in ihren Elysien versiegelt. Diese Menschen würden nie wieder erwachen.

Der besessene Alastair wandte sich wieder dem Tor zu, als eine Hand auf ihn zuschoss und am Hals packte. Mit einem Ruck war Anya aufgesprungen, lehnte sich mit der Seite an den Körper des Hünen und sah ihn von unten herauf mit einem unwirklichen, manischen Blick an.

„Sieh an, sieh an“, gurrte sie heimtückisch, „scheint, als wäre ich nicht die Einzige, die ihr eigenes Ding dreht, Narbenfresse … oder wer immer du wirklich bist.“

Der Mann stellte tonlos fest: „Du bist wach?“

„Hör mal, Buddy“, erwiderte sie versöhnlich und ließ zugunsten des Nackens von seinem Hals ab, während ihren Kopf auf seine Brust legte, „keine Ahnung, was zum Teufel du hier treibst, aber die da“, sprachs und zeigte mit dem Zeigefinger der freien Hand auf die anderen, „sind nicht dein Spielzeug, klar? Also verpiss' dich!“

Das gesagt, riss sie am Nacken seinen Kopf herab und rammte gleichzeitig ihr Knie in seinen Unterleib, schubste ihn anschließend von sich weg und begann zu rennen.

 

„Aufwachen ihr Idioten, es gibt Ärger im Nimmerland!“, schrie sie dabei, während sie ihn hinter sich zurückließ und auf die Gruppe der Bewusstlosen zusteuerte. „Scheinbar hat der Engel die Seiten gewechselt!“

Das Mädchen stellte mit einem Blick über die Schulter überrascht fest, dass Refiel ihr nicht zu folgen schien, sondern ihr stattdessen nur nachdenklich hinterher sah.

Vor Matt ließ Anya sich auf die Knie fallen, rutschte über den glatten Kristallboden und packte den Dämonenjäger an den Schultern. Ihn heftig schüttelnd, rief sie: „Nun mach die Augen auf, Mistkerl!“

„Er wird nicht erwachen“, hallte Alastairs Stimme durch den Saal.

Anya drehte den Kopf zu ihm und pfiff abfällig durch die Zähne. „Das hast du von mir aber auch gedacht, nicht wahr? Was soll dieser Mist überhaupt!? Was-!“

Erst jetzt fiel Anyas Blick auf das Tor Eden, das in all seiner Pracht über dem Thron hing und goldenes Licht ausstrahlte. Ihre Kinnlade klappte herunter und ließ sie die Dinge vergessen, die sie sagen wollte.
 

„Mist? Warst es nicht du, die das Ritual starten wollte? Denn es hat begonnen, jenes Ritual. Ich habe gar nichts getan. Ganz allein du, Anya Bauer.“

Zwar bekam sie am Rande mit, was Refiel sagte, doch Anya hatte nur noch Augen für Eden. Das war es? Zu dem Ding sollte sie werden? Aber Moment! Sie existierte noch! Dann-!

„Du fragst dich jetzt, warum Eden hier ist, du aber noch lebst?“ Alastair ging zum Thron und ließ sich mit einem erschöpften Stöhnen darauf niedersinken. „Gemach. Es dauert ein wenig, bis das Ritual beendet ist. Obwohl ich zugeben muss, nicht damit gerechnet zu haben, dass du dabei wach sein würdest.“

„Du wolltest das die ganze Zeit, huh!? Dich bei Gott einschleimen, oder was?“ Anya wandte sich wieder Matt zu und rüttelte heftig an ihm, verpasste ihm sogar Ohrfeigen – mit der Faust.

„Aufwachen! Aufwachen! Aufwachen!“

„Natürlich wollte ich das. Aber nur um meinetwillen.“ Der vermeintliche Refiel sah herauf zum Tor über ihm. „Es ist wunderschön. Sobald es offen ist, wird meine Mission endlich erfüllt sein. Nach so langer Zeit.“

„Keine Ahnung, was du da fasel- Urgh!“

Anya keuchte auf und fasste sich an die Brust, die plötzlich heftig zu Schmerzen begann. Matt vor ihr verschwamm, ihre Kräfte ließen nach, sie sackte zusammen und landete auf ihm.

„Wehre dich nicht, Anya Bauer. Du bist die Gründerin, der Eckstein. Dachtest du, du würdest nicht absorbiert werden? Ich muss dich enttäuschen, dieses Schicksal wird euch allein zuteil werden. Selbst meinem Gefäß.“ Er lachte amüsiert. „Außerdem … ist das nicht auch, was du wolltest? Auch wenn du sie ohnehin nicht aufwecken könntest, musst du es auch nicht. Sie können dich nicht mehr daran hindern, eins mit Eden zu werden. Der Limbus, du musst ihn nicht mehr fürchten.“
 

Mit aller ihr noch zur Verfügung stehenden Kraft versuchte Anya sich zu erheben, stützte sich mit den Händen von Matts Brust ab. Der atmete zwar noch, aber das war auch das einzige Lebenszeichen, das er von sich gab. Jedoch gelang Anya der Versuch nicht, sie knickte wieder ein und konnte nur aus einem halb geöffneten Auge Alastair ansehen, wie er da auf dem Thron saß und die Szene zu genießen schien.

„Ich will aber nicht mehr Eden werden“, presste Anya hervor und grinste bösartig, „nicht, wenn so'n Trottel wie du was davon hat.“

„Oh? Das hat mich jetzt aber sehr getroffen“, erwiderte der Mann spitz und seufzte, woraufhin er in fast kindlich beleidigter Manier weitersprach, „du solltest mir dankbar sein, dummes Ding. Ich hab dir geholfen die Opfer zu versammeln. Meine Güte, dir kann man es aber auch nie recht machen!“

„Wenn ich zwischen denen und dir wählen muss, sind mir Redfield und der Rest deutlich lieber, Mistmade!“

„Hmm, scheinbar wirkt sich Eden schon auf deine Ausdrucksweise aus. Ich möchte wetten, dass du im Normalzustand viel fiesere … und vor allem kreativere Dinge von dir gibst.“ Er lachte hysterisch, was bei Alastairs tiefer Stimme regelrecht absurd klang. „Ist ja auch egal. Ich hab gewonnen, nicht du. Also kuschel dich an die Brust deines Ritters, solange du noch kannst. Vielleicht willst du ihm ja einen letzten Kuss stehlen? Nur zu, ich mag solche Momente! Haaaah, die Jugend …“

„Niemals!“, hallte es da durch den Saal – von zwei Stimmen.
 

Ehe Anya sich versah, wurde sie von Matts Brust geschleudert, als der sich ruckartig aufrichtete und perplex ins Leere starrte. Er stöhnte und fasste sich an die Stirn. „Verdammt, was war das für ein Albtraum. Erst dreht Alastair durch und dann soll ich Anya küssen? Haha! Ich bin doch nicht lebensmü- … de.“

Als Matt mit seltsam schmerzenden Backen jedoch Alastair auf dem Thron und über ihm Eden erblickte, traf ihn die Wahrheit wie ein Schlag ins Gesicht. Serviert von Anya Bauers Faust. Nie war Wahrheit so voller Substanz gewesen.

„Ow!“, schrie er und hielt sich die Wange.

„Bin ich dir etwa nicht gut genug!?“, fauchte Anya und blinzelte anschließend verdutzt. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie auf allen Vieren vor Matt verharrte und wieder bei Kräften war.

 

Gleichzeitig ging noch mehr Gestöhne durch den Kristallsaal. Auch Marc richtete sich mit schüttelndem Kopf auf, neben ihm Valerie, etwas weiter weg auch Melinda und Henry. Letzterer war es auch, der als Erster das Wort ergriff. Auf dem Hintern sitzend, sah er seine Hand an, die er vor sich ausstreckte und welche zitterte wie Espenlaub. „Er hat sein Wort gehalten … der Zauber wirkt!“

Hastig griff Henry in die Brusttasche seines Trenchcoats und zog daraus drei Karten hervor, die Xyz-Monster [Lavalval Chain], [Daigusto Emeral] und ein weiteres, was von den anderen beiden verdeckt wurde. Von allen dreien gingen bunte Lichter aus.

„Welcher Zauber!?“, schoss es aus Anya heraus. „Diese Karten da!? Was geht hier überhaupt ab!? Ich glaube, ich verliere langsam den Überblick! Klär mich auf, Schnöselkind!“

„Dir muss ich nichts erklären!“, erwiderte Henry bockig und steckte die Karten wieder weg.

 

Er wusste, dass sie nicht ewig halten würden. Auch sie hatte er sich unter hohem Preis erkauft, um sich der hypnotischen Kraft Edens zu entziehen. Dabei hatte er diverse Kompromisse eingehen müssen, darunter auch, dass Anya ebenfalls betroffen war. Denn sie war die Schnittstelle zwischen ihm und den anderen Zeugen, ohne sie miteinzubeziehen wirkte der Zauber nicht – daher die symbolische Verschmelzung ihrer Gem-Knights mit seinen Gustos, war er schließlich das Medium für den Zauber. [Daigusto Emeral], der vogelhafte Ritter, war die entsprechende Verkörperung des Zaubers.

Ähnlich verhielt es sich auch zwischen den anderen beiden Karten. Marcs und Valeries Verbindung war [Lavalval Chain]. Jene hatte er nicht bezahlen müssen, da diese Karte bereits entstanden war, als Valerie ihren Wunsch vor dem Sammlerdämon vorgetragen hatte. Sie war die Kette, die die drei einzelnen Zauber zu einem verband.

Die letzte Karte war dementsprechend dazu gedacht, Matt und Alastair zu beschützen. Sie war die Quelle der Kraft für den Zauber.

Zwar verstand Henry nur bedingt, wie diese Karten wirkten, aber der Sammler hatte ihm immer wieder gesagt, nicht zu viel Zeit im Turm zu verbringen. Lange würde die Magie also nicht halten.

 

„Oh? Noch ein Gimmick des Sammlers?“ Der schwarzhaarige Mann auf dem Thron schmunzelte amüsiert und warf den langen Pferdeschwanz von seiner Brust über die Schulter. „Meine Güte, hast du ihm etwa deine Organe verkauft, um so ein Arsenal an Taschenspielertricks zu erhalten?“

Henry, der sich stöhnend die Stirn hielt, sah herüber zu Alastair und weitete die Augen. „Wieso-! Wieso bist ausgerechnet du-!?“

„Dachtest du, Anya Bauer wäre die Einzige, die an Eden Interesse hat? Mitnichten.“

 

Ehe Henry etwas darauf erwidern konnte, stieß er einen schmerzhaften Schrei aus und hielt sich die Brust. Er musste genau hinsehen, um einen hauchdünnen Faden aus blauem Licht zu erkennen, der in seiner Brust verschwand.

„W-was ist das!?“

Er verfolgte den Strang zum Ursprung, was jedoch angesichts des grellen Lichts des Tores letztlich unmöglich war. Aber auch so gab es keinen Zweifel, woher der Faden kam. Und nicht nur er war betroffen, auch die anderen bemerkten den Fremdkörper, der direkt in ihren Herzen zu verschwinden schien. Alle außer Anya.

Was jene dennoch nicht davon abhielt, die anderen auf das Offensichtliche aufmerksam zu machen. „Heiliger Kackmist von Scheißhaufen, was ist das schon wieder!?“

„Das, was euch mit Eden verbindet und eigentlich dafür sorgen sollte, dass ihr wie kleine Lämmer schlaft“, antwortete ihr Alastair und gluckste. „Aber der Zauber eures Freundes hat die Wirkung etwas … hinausgezögert. Aber es dauert nicht lange, dann werdet ihr von Eden absorbiert werden.“

„Das lass ich nicht zu!“, donnerte Matt aufgebracht. „Wir sind hier, um Eden zu zerstören! Wer bist du und was hast du mit Alastair gemacht!?“

„Und warum bin ich die Einzige, die nicht an so'nem komischen Faden hängt!?“, stimmte Anya mit ein und fügte kleinlaut hinzu: „Nicht, dass ich mich beschwere oder so!“

„Ihr seid wirklich nicht die hellsten Löffelchen in der Besteckschublade, oder? Du lieber Himmel, dagegen war dieser Nick Harper ein echtes Genie“, spottete Alastair jedoch nur, „und vor allem war er willensstärker als ihr, der hat sich schließlich keinen Pakt aufdonnern lassen, lieber Matt Summers. Wer würde euch schon ernst nehmen? Für mich gibt es keinen Grund mehr, noch Angst zu haben. Vor euch.“

Er spuckte dabei voller Verachtung aus.
 

„D-diese Art zu reden“, schnappte Matt plötzlich laut und weitete die Augen, „die kenne ich! Du bist-!“

Es war nur eine Eingebung, aber-!

„Another, ja.“

„Den Namen habe ich irgendwo schon mal gehört“, grübelte Anya und schnippte bei der anschließenden Erkenntnis mit dem Finger. „Klar! Du bist doch der Todfeind von dem Freak, den du gerade kontrollierst!“

„Das kann nicht sein!“, schrie Matt erschrocken und sprang auf. „Du kannst unmöglich in ihm sein! Du bist-!“

„Dein Paktdämon?“ Alastair setzte ein fieses Grinsen aus. „Oh, bist du wirklich so naiv? Natürlich bin ich -dein- Paktdämon. Und seiner“, er zeigte auf sich selbst, „und ihrer auch.“

Valerie zuckte zusammen, als der Finger auf sie gerichtet wurde. „W-wie? Ich verstehe nicht, ich bin nicht-!“

„Habt ihr es immer noch nicht durchschaut?“ Gelangweilt stemmte der Schwarzhaarige seine Wange auf die Faust und schloss die Augen, wie er da majestätisch auf seinem Thron saß. „Ich habe nicht umsonst den Namen 'Another' für mich gewählt. Ein anderer, das bin ich. Ob Joan, Refiel, was macht den Unterschied? Ich bin der Puppenmeister und ihr alle seid meine Marionetten, seit ich Levrier ausfindig gemacht habe. Alles, was bis zum heutigen Tag geschehen ist, wurde von mir überwacht und gelenkt.“

Matt schwankte benommen zurück und fasste sich an die Brust, denn sie schmerzte fürchterlich. „U-und der Turm!? Du wolltest ihn zerstören!“

„Alles nur ein Vorwand, um euch in den Turm zu locken. Die Fäden in eurer Brust sind der Beweis für euren Status. Und nun seid brave Lämmer und legt euch wieder schlafen. Der Zauber des Sammlers hält ohnehin nicht lange an.“

Henry biss sich wütend auf die Lippen und ließ sich von Melinda aufhelfen. „Er hat recht, viel Zeit bleibt uns nicht! Aber er hat das Feuerzeug zerstört! Ohne kommen wir hier nicht raus!“
 

„Aber das geht nicht!“, protestierte der jüngere Dämonenjäger weiter und warf dabei einen Blick herüber zu Valerie, die sich mit versteinerter Miene an Marc schmiegte, welcher ihr tröstend zuredete. In ihren Augen stand das blanke Entsetzen. Sie zitterte am ganzen Leib und warf unfähig, den Betrug zu begreifen. Konnte nicht verstehen, dass Joan nicht echt war.

„Was geht nicht?“

Matt wirbelte zu Another herum. „Dämonen können nicht mehr als einen Pakt gleichzeitig aktiv halten!“

„Korrektur, mein Lieber: Isfanel kann das nicht. Du hast sicher gemerkt, dass ein Pakt selbst weiterbesteht, wenn der 'Dämon' das Gefäß verlässt.“ Another legte gespielt nachdenklich Mittel- und Zeigefinger an die Schläfe. „Aber ich habe gehört, dass das Versprechen, auf das ein Pakt beruht, solange existiert, bis es eingelöst wurde. Deswegen seid ihr immer noch Zeugen der Konzeption.“

„Das erklärt nicht-!“

„Lass mich ausreden, Matt Summers“, bat Another seelenruhig, „Isfanel kann tatsächlich nicht überall gleichzeitig sein. Weil seine Kräfte, sich aufzuspalten“, das nächste Wort sprach er mit besonderer Boshaftigkeit aus, „mangelhaft sind. Woran ich übrigens nicht ganz unbeteiligt bin. Deswegen vergleiche mich nicht mit dem. Geschweige denn diesem Blindgänger Levrier. Von seinesgleichen kann ich Hunderte kreieren, ohne zu viel meiner Macht einzubüßen.“

 

„Das wird mir langsam zu viel! Können wir den Kerl endlich kalt machen!?“, verlangte Anya ungeduldig und zeigte auf den Puppenmeister, wie er sich selber bezeichnete. „Ich meine, was sollen wir sonst tun!? Uns einfach ergeben und zu Eden werden!?“

„Anya …“ Matt schluckte und trat einen Schritt auf sie zu, sah sie bedrückt an. „Du weißt, was es bedeuten würde, gegen ihn zu kämpfen.“

Das Mädchen drehte ruckartig den Kopf weg und verschränkte beleidigt die Arme. „Hältst du mich für blöd? Klar weiß ich das! Aber ich habe euch in die Scheiße reingeritten, also hole ich euch da auch wieder raus!“

„Anya …“, murmelte Valerie leise, die an Marcs Brust lehnte und sich dort festkrallte.

„Bist du dir sicher?“, fragte jener zweifelnd. „Ganz nehme ich dir den Sinneswandel nämlich nicht ab.“

„Ich bin sicher“, zischte Anya ihn an, so laut, dass es durch den Kristallsaal hallte. „Wenn du mir nicht vertraust, bitteschön, mir egal! Aber denk an deine Schwanenprinzessin da!“

„Alastair …“ Matt sah herüber zu seinem Freund, der auf dem Thron saß und die Szene gespannt verfolgte. „Wir können ihn nicht töten. Es muss einen Weg geben, Another aus ihm zu vertreiben!“

„Auf welchem Planeten lebst du eigentlich!?“, fauchte Anya und packte Matt am Kragen seines schwarzen Mantels. „Hast du nicht kapiert, dass das nicht geht!? Nichtmal, indem man den Tod überlebt!? Ein-Pakt-kann-nicht-gebrochen-werden!“

 

Gleichzeitig legte Melinda ihrem Bruder die Hand auf die seine, während er die Knie anwinkelte und im Begriff war aufzustehen. Die beiden saßen etwas abseits der Gruppe auf dem kalten Kristallboden. „Der Sammler lag also richtig damit, dass noch jemand anderes als Anya versuchen könnte, uns ins Verderben zu ziehen.“

„Darum geht es also“, murmelte Henry und kniff die Augen zusammen. Nebenbei schob er seine freie Hand unter den Trenchcoat und griff nach etwas in dessen Innentasche. „Hätte ich mir denken können. Egal wer hierher kommt, das Ziel ist immer das gleiche.“

„H-Henry!“, stotterte Melinda, welcher dämmerte, was ihr Bruder jetzt vorhatte. „Tu das nicht!“

Another schlug ein Bein über das andere und lächelte amüsiert. „Gewiss. Wie viel hat der Sammler dir erzählt?“

„Was spielt das noch für eine Rolle?“, antwortete Henry kühl und erhob sich langsam. Dabei zog er einen Revolver aus seinem Mantel und richtete den Lauf auf den besessenen Dämonenjäger. „Ich habe für alles vorgesorgt.“

„Du willst mich erschießen?“ Another lachte herzhaft auf und winkte mit seiner Rechten Henry zu sich. „Nur zu!“

Die anderen verharrten gebannt auf der Stelle beim Anblick der Pistole in den Händen des brünetten, jungen Mannes.

„Am liebsten hätte ich mir vom Sammler eine Kugel erkauft, die Dämonen tötet. Aber das konnte ich mir nicht leisten“, erklärte Henry dazu und schwang den Arm mit der Waffe zur Seite aus. „Deswegen müssen normale Patronen reichen.“

 

Ein Schuss hallte durch den Kristallsaal. Fassungslos folgten die anderen der Richtung, in die Henry geschossen hatte und erkannten mit Entsetzen, dass ein blutiges Loch Marcs Stirn zierte, ehe er letztlich zur Seite klappte.

„Marc!“, schrie Valerie aufgelöst und stürzte sich auf ihn.

Gleichzeitig ließ Henry die Waffe sinken und atmete tief durch, ehe er den Arm wieder hob und sich den Lauf an die Schläfe hielt. „Ein Opfer weniger. Wenn du noch eins verlierst, kann Eden nicht mehr erwachen.“

„W-was geht mit dir ab!?“, schoss es aus Matt heraus, der Henry anspringen wollte, doch verharrte, als dieser einen Schritt zurück nahm und den Abzug ein Stück weit betätigte.

„Das ist die letzte Möglichkeit, das Ganze zu verhindern!“, rechtfertigte sich Henry aufgebracht. „Auch wenn unsere Male verblasst sind, wir sind weiterhin Zeugen der Konzeption! Nichts kann das ändern! Solange wir leben, sind wir Opfer für Eden!“

„Henry, tu das nicht!“, flehte Melinda und zerrte an seinem Arm, doch er stieß sie von sich.

„Es gibt keinen anderen Weg! Denkst du, ich will das tun!? Aber nur ich bin noch frei von einem Paktdämonen! Zu groß ist die Gefahr, dass eure euch heilen!“

„Fein“, hallte da Anothers Stimme zu ihnen und kicherte amüsiert, „drück ab. Ruiniere meinen Plan. Wenn du kannst.“

Panisch wirbelte Henry in seine Richtung. „Was soll das heißen!? Bist du etwa auch noch Isfanel!?“

„Lass das, Henry!“, bettelte Melinda und fiel ihren Bruder wieder an, versuchte ihm, die Pistole abzunehmen. „Bitte!“

Gleichzeitig schüttelte Valerie verzweifelt ihren leblosen Verlobten, badete regelrecht in seinem Blut, das sich in einer Lache immer weiter ausbreitete. „Du kannst nicht sterben! Du darfst nicht! Alles was ich getan habe-!“

„Ist alles, was ich dir aufgetragen habe, Valerie Redfield“, schnitt Another ihr das Wort ab. „Du hast durch dein Opfer meine Schachfigur zum Leben erweckt. Dafür danke ich dir.“

„Du!“, wandte sie sich mit Tränen in den Augen an ihn. „Du hast das alles geplant! Du bist an allem Schuld, hast uns alle nur benutzt! Und wegen dir ist er jetzt tot! Tot!“

„Sagen wir, ich habe einkalkuliert, dass Isfanel mir die Tour vermasseln will. Dass Marc Butcher gestorben ist, war bedauerlich, aber schlimmer hätte mich der Tod der Gründerin getroffen.“

 

Another sah herüber zu Anya, die auf den Knien neben dem stehenden Matt lag und ihn sprachlos ansah. „In der Tat hast du mich wirklich beeindruckt, Anya Bauer. Deine Willenskraft, dein Credo, nie aufzugeben. Mit jedem anderen wäre ich vermutlich gescheitert.“

„Du … du Feigling!“, spie sie daraufhin vor Verachtung. „Du elender Drecks-!“

„Als ich diesen Schattengeist besiegt habe, hast du dich für ihn eingesetzt. Für einen Moment habe ich deinen Worten wirklich Gehör geschenkt. Eine Welt, in der keine Vorurteile existieren. Es klingt schön, wenn man das so sagt. Aber am Ende bist du ebenso feige und hinterhältig, wie du es den Engeln vorgeworfen hast, die nicht einmal existieren.“

Ein Aufschrei ging durch die Gruppe.

Der besessene Another lächelte. Es war ein dünnlippiges, falsches Lächeln. „Ihr hört recht. Ich hatte wirklich Glück, dass der Sammler seinem Schergen verboten hat, über dieses Geheimnis zu sprechen. Es hätte meinen ganzen Plan vernichten können.“

Langsam richtete er sich vom Thron auf, trat einen Schritt auf die fassungslose Gruppe zu und breitete die Arme aus. „So viele Hindernisse. Ihr habt mir immer wieder Steine in den Weg gelegt. Es war nicht leicht, eine so große Gruppe aus Dickschädeln dazu zu bringen, diesen Turm zu betreten. So oft glaubte ich, dass ich scheitern würde. Musste umdenken. Meine Schachfiguren neu positionieren und gleichzeitig die des Gegners dazu bringen, neue Pakte zu formen. Angst ist wahrlich eine große Antriebsquelle. Und ich hatte Angst!“

Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, ballte nebenbei die ausgestreckten Hände zu Fäusten. „Verzeiht mir, aber es wird mir unsägliche Freude bereiten, dass eure Leben den Pfad zu den Toren Edens pflastern werden.“

„Denk nicht, dass ich es dir so leicht machen werde!“, fauchte Henry mit der Pistole an der Schläfe.

Mit einem Stoß der freien Hand schubste er Melinda erneut von sich weg, die rückwärts stolperte. Ihr Blick weitete sich, als sie realisierte, was gleich geschehen würde. Denn er sagte: „Ich bin schon einmal gestorben, vor dem Tod habe ich keine Angst mehr!“

„Ist dem so? Dann tu, was du tun musst.“ Another lächelte mild.

Keuchend schloss Henry die Augen – und drückte ab.
 

Leises Klimpern hallte durch den Kristallsaal. Zufrieden grinsend ließ Another die Patronenhülsen aus seiner Hand auf den spiegelnden Boden fallen und lachte.

Als Henry realisierte, dass es keinen Schuss gegeben hatte und daraufhin die Augen öffnete, stieß er einen erschrockenen Schrei aus.

„Diesmal war ich schneller als du“, erwiderte der Puppenspieler zufrieden.

„Wie hast du-!?“, stammelte Henry und drückte abermals ab. Immer wieder, aber egal wie oft er es auch versuchte, die Pistole wollte seinem Leben kein Ende setzen.

„Dachtet ihr, meine Macht würde sich darauf beschränken, Pakte und Kopien meiner selbst zu formen?“ Another lachte arrogant, was als Echo durch den ganzen Saal hallte. „Dumme Menschen! Es gab eine Zeit, da waren -wir- etwas, das ihr als Götter bezeichnen würdet!“

„Gott hin oder her“, zischte Anya und erhob sich langsam. „Ich hab die Schnauze voll von dir!“

Matt, der neben ihr stand, sah sie nachforschend an, ehe er nickte. „Seh' ich ähnlich-!“

 

Doch ein spitzer Schrei Valeries unterbrach ihn abrupt. Die Schwarzhaarige, die neben dem toten Marc kniete, wurde zurück auf ihren Hintern geworfen, als ein weißer Lichtstrahl aus dem Mund ihres Verlobten schoss.

„Marc!“, kreischte sie aufgelöst, erhob sich torkelnd.

„Es beginnt also“, stellte Another seinerseits fest und schmunzelte, „du kannst uns ja nicht ewig warten lassen, nicht wahr, Isfanel? Damit betritt auch der letzte Akteur die Bühne.“

Plötzlich fasste sich auch Anya an den Hals und begann, ein weißes Sekret hervorzuwürgen, das wie Nebel aus ihrem Mund trat. Aber nicht nur sie, denn auch Melinda und Henry erging es ähnlich.

„Anya!“, stieß Matt erschrocken hervor und hielt das Mädchen am Arm fest, welches rückwärts stolperte und in die Knie ging. „Was ist mit ihr!?“

Gleichzeitig begann Marcs ganzer Körper in weiße Flammen aufzugehen. Valerie schrie nach Leibeskräften nach ihren Geliebten, aber ehe sie sich versah, war die hustende Melinda zu ihr geeilt und hielt sie an den Schultern fest.

„Geh da nicht hin!“, würgte sie hervor.

„Aber er brennt!“

„Wenn du ihn jetzt berührst, urgh … könnte alles Mögliche passieren!“, redete die brünette Frau auf die Jüngere ein und zog jene davon, wich dann aber von ihr zurück und umfasste ihren Hals mit beiden Händen.

Valerie gab sich aber nicht damit zufrieden. „Was geschieht mit ihm!?“

„Seht, wie aus dem Meister und seinem Abkömmling wieder eins wird!“, lachte Another laut auf.

Anya, Henry und Melinda würgten unter Qualen die weiße Masse hervor. Matt, der seine Hand auf die Schulter der Blondine gelegt hatte, wusste nicht, wie er ihr helfen konnte.

Der Nebel, den sie auswarf, glitt wie eine Schlange über den Kristallboden und stieg vor Marcs loderndem Leichnam hoch in die Luft, wo er sich mit den anderen beiden und dem Strahl, der aus dem Mund des Footballspielers trat, verband. Damit kehrte sich die Wirkung um und die vier Strahlen wurden von Marcs Körper inhaliert. Dabei explodierten die Flammen um ihn herum regelrecht und nahmen immer mehr Platz ein.

„Marc!“, schrie Valerie verzweifelt, streckte den Arm nach ihm aus.

„Du kannst ihm nicht helfen, das ist nicht Marc!“, redete Melinda krächzend auf sie und hatte ihre Mühen, das Mädchen von der Stelle wegzuzerren.
 

Mit einem Mal hustete Anya, als die weiße Substanz auch aus ihr vollkommen herausgequollen war. Schwach kippte sie nach vorn und wurde von Matt gehalten.

„Bist du in Ordnung!?“

„Geht schon“, ächzte die Blondine und wischte sich über den Mund, ehe sie fassungslos über ihre Schulter sah. „Verdammte Scheiße, was ist hier los!? Was war das!?“

„Warten wir doch mit der Erklärung, bis Isfanel wiederauferstanden ist“, antwortete Another und sah gespannt herüber zu Marcs leblosen Körper.

Dieser erhob sich mit einem Ruck und kam auf die Beine. Nichts mehr an ihm zeugte noch von Marc, denn die weißen Flammen hatten ihn komplett eingenommen. Dunkle Streifen unterbrachen das Bild, welche von seinen Beinen den Oberkörper hinauf bis zum Gesicht verliefen. Mit einem Knall schossen zwei schwingenartige Auswüchse aus seinem Rücken, ebenfalls komplett aus Feuer bestehend.

„Marc!“, schrie Valerie abermals. „Er lebt! Er lebt!“

Aus weißen, pupillenlosen Augen starrte die feurige Gestalt sie an. „Du irrst dich. Ich bin nicht Marc. Ich bin … Isfanel. Der wahre Isfanel.“

„Ich habe auf dich gewartet, alter Freund“, rief ihm Another zu und schritt durch den Kristallsaal. „Erinnerst du dich wieder? An alles?“

„Ja“, erwiderte die Gestalt mit unheimlich tiefer, widerhallender Stimme, „langsam ergibt alles einen Sinn.“

 

„Was geschieht hier!?“, fauchte Anya, als Another an ihr und Matt vorbei schritt.

Statt aber eine Antwort abzuwarten, warf sie sich einfach auf den Hünen, den Alastairs Körper darstellte. Mit einer Handbewegung Anothers wurde sie jedoch meterweit von einer unsichtbaren Kraft durch den Saal geschleudert. Schreiend rutschte sie über den Boden und stieß gegen den perplexen Henry, welcher vorne über stolperte und seine nutzlose Waffe dabei fallen ließ.

Wie die Gruppe jedoch schnell erkannte, hatte Anothers Geste Anya das Leben gerettet, denn an Ersterem war ein weißer Flammenstrahl vorbeigeschossen, der gegen die hintere Wand des Saals, neben dem Tor Eden einschlug und eine Explosion auslöste.

„Du verlierst keine Zeit, nicht wahr? Die zu eliminieren, die Eden erwecken sollen.“

Auf Anothers Worte reagierte dieser neue Isfanel gar nicht, sondern drehte seinen Kopf in Melindas und Valeries Richtung.

„Runter!“, schrie Henrys Schwester, als sie die Gefahr erkannte und schmiss sich zusammen mit der Schwarzhaarigen auf den Boden. Über ihnen schoss haarscharf ein weiterer Flammenstrahl hinweg, dessen Ursprung Isfanels Arm war.

Erneut drehte jener seinen Kopf herum, richtete seinen Blick auf Another und schoss einen dritten Flammenschwall direkt auf ihn. Doch mit einer wegwischenden Handbewegung lenkte jener ihn gegen das kuppelförmige Dach des Kristallsaals. „Hör auf damit!“

„Ich werde nicht eher aufhören, bis ich deinem Unterfangen ein Ende gesetzt habe!“

Matt, der nicht zwischen den Kämpfenden stehen wollte, begann kurzerhand zu rennen und steuerte Anya und Henry an.

„Als ob ich das nicht wüsste. Aber zulassen kann ich das nicht!“

Diesmal feuerte Another pechschwarze Flammen direkt auf Isfanel, doch dieser schwang den Arm aus und ließ sie in der Ecke rechts hinter ihm explodieren.

„Was du tust ist Verrat an den Opfern, die wir erbracht haben!“, fauchte der weiße Flammendämon nun aufgebracht. „Deine Taten werde ich dir nicht vergeben!“

„Wenn du nicht so blind wärst, wüsstest du, dass das, was ich tue, das Richtige ist!“ Zornig schleuderte Another gleich eine ganze Salve schwarzer Flammenkugeln auf Isfanel, welche jener doch mit verschiedenen Handbewegungen ablenken konnte. Überall im Saal gab es Explosionen.

 

„Scheiße, was geht denn jetzt ab!? Das wird mit jeder Minute besser!“ Anya ließ sich von Matt und Henry aufhelfen, doch sogleich mussten sie sich wieder ducken, da Isfanel auf sie aufmerksam geworden war. Infolgedessen zog über sie ein Flammenstrahl hinweg.

„Wieso kämpfen die!?“, fragte Anya dabei. „Und wichtiger, wieso zielt der so verdammt schlecht!? Wenn ich das wäre, würde-“

„Ist doch klar, eine Meinungsverschiedenheit bezüglich Eden! Aber für Spekulationen haben wir keine Zeit, wir müssen hier raus!“, meinte Matt und half dem Mädchen abermals auf. Henry stand nur fassungslos neben ihnen und beobachtete, wie Another und Isfanel gegenseitig hitzige Angriffe austauschten. Bis einer von ihnen eine andere Route einschlug.

„Henry, weich aus!“, hörte er nur Matt rufen, aber sein Körper war unfähig sich zu rühren.

Plötzlich weitete Henry die Augen, in denen sich das weiße Feuer widerspiegelte, das direkt auf ihn zuschoss. Aus seinem Mund quoll weißer Nebel, wie er da regungslos stand.

„Henry!“, kreischte Melinda panisch.

Der Feuerstahl hatte ihn fast erreicht – ehe er nach links davon driftete. Daraufhin prustete Henry los und würgte das letzte bisschen Isfanel aus sich heraus.

„Denkt nicht mal dran abzuhauen!“, rief Another ihnen zu, der seine Hand nach ihnen ausgestreckt hatte, um sie zu beschützen. „Ihr könnt nicht gehen! Die Party hat gerade erst angefangen!“

Damit schwang er seinen anderen Arm aus und feuerte eine weitere Salve schwarzer Flammenbälle auf Isfanel, welcher diese abermals in alle Himmelsrichtungen abzuwehren vermochte. „Und du hör damit auf, dein altes Gefäß zu manipulieren!“

„Es war zumindest einen Versuch wert“, quittierte Isfanel dies und drehte seinen Kopf zur Seite.

 

Gleichzeitig zerrte Melinda an Valeries Arm. Jene lag am Boden und weinte bitterlich.

„Komm Valerie, wir müssen uns bewegen! Hier gibt es nirgendwo Schutz! Wenn wir auf der Stelle verharren, sind wir leichte Ziele!“

„Geh ohne mich weiter!“, wimmerte Valerie und schüttelte den Kopf. „Es ist doch sowieso alles sinnlos!“

Melinda sah sich daraufhin hilflos im Saal um, schrie, als ihr Bruder um ein Haar Opfer von Isfanels Flammen geworden wäre. Zu jenem wanderte dann auch ihr fassungsloser Blick, doch erregte etwas hinter ihm augenblicklich ihre Aufmerksamkeit.

„Valerie, sieh, da hinten!“

Als keine Reaktion folgte, wurde Melinda deutlicher und rief durch den Saal: „Da ist ein Loch direkt bei dem Eingang, durch den wir hier reingekommen sind! Ich sehe die Treppe! Los, alle dorthin!“

Während die anderen sich perplex danach umsahen, riss Melinda wieder an Valeries Arm, doch die schubste sie mit einem Stoß davon. Kurz darauf schlug eine weiße Flamme zwischen ihnen beiden ein und löste eine Explosion aus.

Melinda wurde davon geschleudert, schaffte es jedoch wie durch ein Wunder, durch torkelnde Schritte ihre Balance wiederzufinden und sich auf den Beinen zu halten. Als sie jedoch nur noch weiße Flammen dort sah, wo eben noch Valerie gelegen hatte, legte sich in ihrem Kopf ein Schalter um. Valerie war tot!
 

Die brünette Frau wirbelte herum und begann direkt auf den rettenden Ausgang zu zu rennen. Dabei duckte sie sich unter Isfanels Angriffen hinweg und rief: „Los Leute, folgt mir!“

Der Rest der Gruppe hatte sich ebenfalls aufgerafft und begann zu dem Loch im Boden zu sprinten.

„Das werdet ihr- Urgh!“

Another, abgelenkt von Melindas tollkühner Flucht nach vorn, hatte nicht rechtzeitig auf einen Angriff Isfanels reagieren können und wurde direkt in die Brust getroffen. Noch während er fort geschleudert wurde, schoss er aus seinem Arm einen silbrigen Energiestrahl in Melindas Richtung.

Während Matt, Anya und Henry noch weit von dem Loch entfernt waren, hatte Melinda es fast erreicht. Instinktiv spürte sie, dass etwas hinter ihr im Anmarsch war und ließ sich mit einem Hechtsprung fallen.

Auf dem Bauch schlitterte sie direkt durch das Loch und knallte gegen die Außenwand des Turms, während sie Stufe um Stufe die Treppen hinab rollte. Dabei sah sie im Fall noch, wie sich spitze Kristalle über der Öffnung zum Kristallsaal ausbreiteten und den Fluchtweg binnen Sekunden fast vollständig blockierten.

„Melinda!“, schrie Henry und beschleunigte seinen Spurt zu der Stelle, an der nun ein gewaltiger Kristall thronte. Wie ein Schneekristall sah das silberne Gebilde aus.

Gleichzeitig musste der junge Ford-Spross den Angriffen Isfanels ausweichen, bis jener schließlich wieder von Another in Schach gehalten wurde, welcher auf die Beine gekommen war und neue Flammen auf Isfanel hetzte, um von Henry abzulenken.

„Verdammt, ist das nervig!“, schrie er dabei und wich nur knapp einer von Isfanels Attacken aus. „Ich hätte nicht gedacht, dass das Levrier-Upgrade dich so stark werden lässt!“

„Wenn mich meine Erinnerungen nicht trügen, hast du damals nur durch eine List gewonnen!“, erwiderte Isfanel und konzentrierte seine Angriffe auf Another. Denn sein Gefäß zu zerstören würde schon reichen, Edens Erwachen zu verhindern.

 

Derweil war Henry endlich bei dem Kristall angekommen und suchte hinter ihm Schutz vor den Angriffen. Unter den spitzen Dornen konnte er durch diverse Spalten die Stufen der Treppe sehen.

„Melinda, bist du okay!?“, rief er zu ihr hinab.

„Mir geht’s gut!“ Kaum hörte er das, sah er ihre grünen Augen, wie sie zu ihm hoch starrte. Dabei hielt sie sich den Unterleib. „Kannst du das Ding irgendwie bewegen?“

Henry, kurz einen Blick zu Another und Isfanel werfend, stöhnte. „Anya und Matt schaffen es nicht, durch das Schlachtfeld der beiden zu kommen!“

„Ich sag das nur ungern, aber das ist jetzt egal!“

„Du hast recht!“ Sofort versuchte Henry, irgendwie den gewaltigen Kristall wegzuschieben. Doch die vielen Dornen machten es ihm unmöglich, einen Halt zu finden. Stattdessen schnitt er sich nur an ihnen, als er abrutschte. „Argh! Ich kann hier nichts tun!“

Das Ding wäre vermutlich ohnehin zu schwer, selbst zu dritt, dachte er sich dabei verzweifelt.

„… Henry, ich habe eine Idee.“

„Was?“ Irgendetwas an dem Ton seiner Schwester machte ihn stutzig.

„Wir haben nicht viel Zeit. Versucht irgendwie zu überleben, so lange es geht! Ich werde den Sprengstoff scharf machen!“

„W-was!?“

Melindas Stimme zitterte regelrecht. „Die einzige Möglichkeit, euch da rauszukriegen ist die, diesen Kristall zu sprengen. Hör mir zu, ich werde einen Sprengsatz so einstellen, dass er innerhalb der nächsten Stunde explodiert, um euch hinauszulassen! Während dieser Zeit mache ich die anderen Sprengsätze scharf und warte unten auf euch!“

„W-was redest du da!?“

„Wir müssen diese Verrückten aufhalten, Henry! Eden aufhalten!“ Sie sammelte kurz ihre Gedanken, stöhnte überfordert. „Sobald der Weg frei für euch ist, werdet ihr nicht viel Zeit haben! Lasst alles stehen und liegen und rennt die Treppe nach unten! Ich werde die Timer so einstellen, dass sie zeitversetzt nach der ersten Explosion hochgehen werden, ihr müsst euch auf dem Weg nach unten also beeilen! Keine Sorge, ich stell sie so ein, dass ihr dafür genug Zeit haben werdet.“

„W-warum-!?“

„Das war doch der Plan“, meinte Melinda hilflos, „vielleicht können wir Anya dadurch retten! Aber wichtiger ist, dass Eden zerstört wird!“

„Ich weiß nicht mal, ob der Zauber des Sammlers so lange hält! Und für Anya werde ich mich keine ganze Stunde mit diesen Irren anlegen!“, widersprach Henry und forderte: „Spreng' das Ding sofort weg!“

„Nein, Henry, ich werde dich nicht dabei unterstützen, so kaltherzig zu anderen zu sein!“

Der junge Ford-Spross glaubte sich verhört zu haben. „Sie ist doch diejenige, die uns opfern wollte!“

„Henry, denk nach“, forderte Melinda unruhig, „selbst wenn ihr sofort hier raus könntet, würden diese Dinger euch nur verfolgen. Ihr müsst sie irgendwie ausschalten, eher kommen wir hier sowieso nicht raus!“

Henry schluckte. „I-ich weiß, was du meinst, aber-!“

„Das ist mein letztes Wort! Ich hol' euch hier auf meine Weise heraus! Was würde Mutter von uns denken, wenn wir nur darauf fixiert wären, uns selbst zu retten!?“
 

Henry sah sich perplex nach den anderen um, Isfanel hatte sich wieder darauf konzentriert, Anya und Matt anzugreifen, während Another alle Hände voll zu tun hatte, sie zu beschützen.

Dann wandte er sich wieder Melinda zu. „Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist? Solange überleben wir doch niemals!“

„Eine bessere haben wir nicht, oder!?“

Schluckend nickte Henry. Es war riskant, aber die anderen Optionen waren wenig berauschend. Entweder wurden sie von Eden absorbiert oder von Isfanel getötet. Wenn es eine Chance gab, hier herauszukommen, dann mussten sie sie nutzen! Er hatte letztlich keine andere Wahl, als auf das zu hören, was Melinda sagte.

„... also schön! Wir werden die beiden ablenken! Aber pass' auf dich auf! Und flüchte, wenn es Schwierigkeiten gibt!“

„Als ob ich dich hier zurücklassen würde“, klagte Melinda wütend, „Dummkopf! Pass einfach auf dich auf, okay? Und nimm das hier, vielleicht hilft es dir. Immerhin ist es deins.“

Damit reichte sie Henry eine Deckbox durch eine Lücke zwischen den Dornen, die dieser nickend annahm. „Okay! Ich werde durchhalten, versprochen!“

„Gut, dann bereite ich jetzt alles vor!“

 

Damit wandte sich Henry von dem Kristall ab und sah herüber zum Kampfgeschehen.

„Du kommst wohl langsam aus der Puste, Isfanel“, keuchte Another und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Hast wohl deine Kräfte langsam aufgebraucht?“

„Von dir könnte man dasselbe behaupten.“ Äußerlich war der engelsgleichen, weißen Flammengestalt jedoch keine Erschöpfung anzusehen.

Anya und Matt standen abseits von ihnen, wobei Letzterer schützend den Arm vor Anya hielt um jene davon abzuhalten, nicht auf Another loszugehen.

„Allerdings ist es an der Zeit, unsere Differenzen beizulegen. Sie wollen den Turm zerstören“, sprach Isfanel weiter.

Sein und Anothers Blick fielen plötzlich auf Henry.

„Was!?“, donnerte der besessene Alastair erschrocken. „Dann müssen wir sie aufhalten! Du weißt, dass das niemals geschehen darf!“

„Wir müssen die Schwester des Jungen dort töten.“

„Tch!“, zischte Another daraufhin angewidert und kniff die Augen zusammen. „Soll das etwa heißen, dass wir kooperieren müssen?“

Isfanel nickte. „Die Sicherheit des Turms hat oberste Priorität. Du weißt was geschieht, wenn er zerstört wird. Und auch wenn ich verhindern werde, dass Eden geöffnet wird, darf das Tor ebenfalls nicht vernichtet werden!“

„Also schön“, erwiderte Another daraufhin und schritt langsam auf den Kristall zu, vor den sich Henry stellte, um seine Schwester zu beschützen. „Aus dem Weg, Bursche!“

„Niemals!“
 

Allerdings hielt er inne, als Anya und Matt an ihm vorbei rannten und sich solidarisch vor Henry stellten.

„Nicht so hastig!“, rief Matt. „Wir sind auch noch hier, schon vergessen?“

„Macht Platz!“, verlangte Another aufgebracht. „Ihr habt keine Ahnung, was ihr da tut!“

„Sonst was? Willst du uns umbringen, Narbenfresse 2.0?“, fragte Anya giftig, verschränkte die Arme und grinste bösartig. „Na dann probiere es doch. Auf eigene Gefahr versteht sich!“

Zornesfalten bildeten sich auf der Stirn Alastairs, da Another wusste, dass er den Dreien kein Haar krümmen durfte.

Isfanel gesellte sich neben seinen alten Bekannten und hob den flammenden Arm, doch Another hob die Hand, um ihm Einhalt zu gebieten. „An deiner Stelle würde ich nicht noch weiter angreifen! Sieh dich um, wir haben bereits viel zu viel Schaden angerichtet!“

 

Und damit hatte er recht. Überall im Kristallsaal waren Boden und Wände zersplittert durch die Explosionen. Regelrechte Krater hatten sich durch den Kampf der beiden gebildet, an einer Stelle war sogar der Sternenhimmel am Firmament zu sehen.

 

„Wir können nicht riskieren, den Turm noch weiter zu beschädigen!“, untermauerte Another seinen Standpunkt. „Wenn es noch nicht zu spät ist, heißt es …“

Anya schnaufte derweil wütend, da sie insgeheim gehofft hatte, dass einer der beiden so dumm war, sie trotzdem anzugreifen. Damit hätte sich das Problem mit dem Kristall ganz einfach lösen lassen.

Die Blondine trat einen Schritt vor und zeigte mit dem Finger auf Isfanel. „Keine Ahnung, wer oder was du jetzt bist, du loderndes Miststück! Aber dafür, dass du Redfield umgenietet hast, wirst du zahlen!“

Gleichzeitig realisierte Anya, dass Another bei deren Tod kein Theater veranstaltet hatte. Demnach musste Isfanel immer noch als Zeuge zählen, sonst wäre der Plan des Puppenspielers längst in sich zusammengefallen, weil sie ohne Redfield und Marc nur noch vier Zeugen wären.

„Und Marc ist wegen dir gestorben!“, donnerte Matt in Anothers Richtung. „Wenn ihr beide glaubt, wir würden uns kampflos ergeben, habt ihr euch geschnitten! Ihr kommt hier nur vorbei, wenn keiner von uns noch ein Fünkchen Leben mehr in sich hat!“

„Das war aber nicht Melindas Plan“, flüsterte Henry ihm von hinten verärgert zu. „Wir sollen die beiden ablenken, und nicht blindlings ins Verderben rennen! Was hilft es uns, wenn sie den Weg freimacht, wir aber längst den Heldentod gestorben sind!?“

„Wir müssen das tun!“, verteidigte sich Matt aufgebracht. „Wenn nicht wir, wer sonst!?“

„Ich hab sowieso nichts zu verlieren, mir ist's egal, ob ich durch einen verpatzten Pakt, Eden oder diese Deppen sterbe!“ Anya stöhnte genervt. „Vollkommen egal, ich geh hier sowieso drauf …“

„Dann aber wenigstens mit einem Knall, nicht wahr, Anya?“

Verblüfft schauten die Drei herüber zu Isfanel, hinter dem plötzlich Valerie auftauchte – vollkommen unverletzt. Seelenruhig schritt sie zu ihren Freunden und bezog neben ihnen Stellung.

„Vier gegen zwei also? Da mache ich mit“, sagte sie gefasst und nahm Isfanel ins Visier. „Allein ihm zuliebe …“

„D-du lebst!?“, stotterte Anya fassungslos. „Ich dachte du wärst krepiert!? Ein Häufchen Asche, siehst die Radieschen von unten wachsen!?“

„Anscheinend … nein, ist nicht so wichtig. Er hat mich verfehlt.“
 

Valerie hatte jedoch insgeheim die leise Hoffnung, dass dies kein Zufall gewesen war. Vielleicht steckte noch irgendetwas von Marc in diesem Ding. Deshalb hatte Isfanel sie nicht töten können, Marc hatte ihn davon abgehalten.

Sie wusste nicht, wie das möglich war, was überhaupt geschehen war. Aber wenn noch die leiseste Hoffnung bestand, dass sie ihren Geliebten retten konnte, würde sie sich nicht einfach gehen lassen!

 

„Wenn wir sie ablenken sollen, dann hiermit!“, wandte Valerie ihr Wort an den Rest der Gruppe und hob den Arm, an dem ihre blaue Duel Disk befestigt war.

Überrascht begutachtete Anya den ihren, an dem die alte Battle City-Duel Disk ihres Vaters hing. „Oh! Das hab ich ganz vergessen. Wusst' ich doch, dass ich die noch brauchen würde!“

Matt zog unter seinem schwarzen Mantel das schmale D-Pad hervor. „Irgendwie denken wir alle ziemlich ähnlich, oder?“

„Allerdings“, bestätigte ihm Henry und aktivierte die schwarze Disk von Abby an seinem Arm seufzend. „Und das macht mir Sorgen.“

„'kay, Leute!“, verlautete Anya daraufhin gefasst und trat wie eine Anführerin einen Schritt nach vorn. „Zeigen wir diesen Deppen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind!“

 

„Sieht so aus, als ob wir nicht so schnell zu unserem letzten Kampf kommen. Sieh nur, Isfanel, wie tapfer sie sich gegen ihr Schicksal auflehnen“, sagte Another mit dem Anflug eines Lächelns. „Aber es sind nur vier Menschen. Ohne unsere Kräfte sind sie machtlos. Sich mit ihnen zu duellieren ist besser, als weiterhin mit unseren Angriffen den Turm zu gefährden.“

Isfanel verschränkte die Arme, bevor die weißen Flammen um ihn bedrohlich aufzulodern begannen. „Unterschätze sie nicht. Nicht einmal habe ich es geschafft, einen von diesen Menschen zu besiegen.“

„Weil du schwach bist …“

„Anya, überlass mir Alastair!“, verlangte Matt.

„Du spinnst wohl!? Das Narbengesicht gehört mir!“

„Ich bin sein Freund!“, widersprach der Dämonenjäger und wandte sich mit flehendem Blick an Anya. „Es ist meine Verantwortung, ihn-“

Er ließ den Kopf hängen. Anya zischte laut und schlug ihre Faust in die Handflächen. Sie hatte keine Lust auf lange Diskussionen. „Fein, dann nehme ich eben den anderen. Mit dem habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen!“

„Nicht nur du.“

Erstaunt zog die Blondine eine Augenbraue hoch, als Valerie plötzlich neben ihr stand und ihren Arm mit der Duel Disk hob. „Er hat meinen Verlobten.“

„Und er ist derjenige, der meiner Schwester und mir so viel Leid zugefügt hat!“ Auch Henry hatte sich zu den beiden Mädchen gesellt. „Lasst uns das ein für alle Mal beenden!“

In Marcs brennendem Körper schüttelte Isfanel ungläubig den Kopf. „Drei gegen einen also? Das ist mir nur recht. Dann werde ich diese Gelegenheit ergreifen, um euch zu töten. Zum Wohle des Turms und um zu verhindern, dass Eden sich öffnet!“

Henry wandte sich an die anderen. „Das geht doch in Ordnung, oder? Isfanel ist im Moment die größere Gefahr, weil er uns an den Kragen will.“

 

Als er von allen Bestätigung geerntet hatte, machte der andere Dämon seinem vermeintlichen Unmut Luft.

„Und ich bekomme nur einen Gegner? Anscheinend habt ihr vergessen, wer all dies in Gang gesetzt hat“, beschwerte sich Another. Allerdings lächelte er hinterhältig durch Alastairs Fassade. „Aber umso besser für mich, denn je schneller ich diese Made besiegt habe, desto eher wirst du fallen, mein lieber Freund Isfanel. Du solltest wachsam sein … nicht, dass versehentlich einer meiner Angriffe sein Ziel verfehlt!“

„Bist du dir da sicher?“, fragte Matt unbeeindruckt. „Wenn du ihn so leicht töten könntest, hättest du es schon längst versucht. Aber du brauchst ihn, weil er Marcs Körper am Leben hält. In Wirklichkeit willst du Isfanel durch einen Kampf nur solange hinhalten, bis Eden uns absorbiert hat! Außerdem seid ihr auch betroffen von dem Effekt des Tores. Eure Kräfte werden immer schwächer, nicht wahr?“

„Für ein paar Menschlein reicht es allemal“, erwiderte Another arrogant, „und vergiss nicht, dass im Turm immer noch ein 'Ersatz' ist, falls es einen von euch erwischen sollte.“
 

Henry stieß erschrocken hervor: „Melinda! Dazu werde ich es nicht kommen lassen!“

Er griff in eine Brusttasche seiner beigefarbenen Jacke und reichte Matt die vierte und letzte Karte, die er vom Sammler erhalten hatte. Dieser nahm sie entgegen und blinzelte verdutzt.

„Eigentlich wollte ich die selbst benutzen, aber du brauchst sie wohl nötiger als ich. Wag' es ja nicht zu verlieren“, mahnte Henry ihn.

Matt sah nur kurz auf die Karte und nickte dann, ehe er sie in das Deck in seiner Duel Disk schob. „Verlass dich auf mich!“

„Ein Ass im Ärmel?“ Another summte vergnügt. „Wie interessant. Aber warum fangen wir nicht an? Ihr habt nicht viel Zeit, Zeugen der Konzeption. Und wir ebenfalls nicht!“

„Ich werde dich büßen lassen …“ Erstaunt sah Isfanel zu, wie Anya langsam den Arm erhob. „Büßen dafür, dass du Levrier getötet hast! Du hast ihn aus mir hinaus gesaugt, ist doch so, oder!?“

„Er ist ein Abkömmling von mir. Es lag in seiner Natur, irgendwann zu mir zurückzukehren.“

Matt nickte daraufhin nachdenklich. „Also deshalb ist vorhin …“

„Dennoch! Es ist deine Schuld, dass er jetzt endgültig weg ist und nie mehr wiederkommen wird!“ Mit hasserfülltem Blick zeigte Anya auf ihn. „Dafür werde ich dich zahlen lassen!“

Ihre beiden Partner schwiegen, doch in ihren Augen brannte die Entschlossenheit, Anya zu unterstützen. Und auch wenn jene nie damit gerechnet hätte, jemals mit ihren beiden größten Rivalen ein Team zu bilden, würde sie es ihnen dieses eine Mal durchgehen lassen.

Isfanel nickte. „Du hast recht mit deinen Worten, Anya Bauer. Aber sie sind mir … gleich. Um das kommende Unglück zu verhindern, werde ich alles tun, was nötig ist.“

„Und ich werde alles tun, um meinen Freund zurückzubekommen!“, stimmte Matt mit ein.

Was Another nicht unkommentiert ließ. „Das würde ich zu gerne sehen.“

Doch der Dämonenjäger war zuversichtlich. „Glaub mir, das wirst du!“

Und so hallten sechs Stimmen gleichzeitig durch den Kristallsaal. „Duell!“

 

~-~-~

 

Derweil verbrachten Abby und Nick ihre Zeit in einer völlig überfüllten Notaufnahme. Das Erscheinen des Turms hatte dafür gesorgt, dass viele Leute sich durch die Ablenkung und Panik verletzt hatten. Bei den meisten handelte es sich um Unfälle, die durch erschrockene Autofahrer verursacht worden waren. Dazu kam noch, dass kurz nachdem sie beide die Notaufnahme des Krankenhauses betreten hatten, eine Meldung für das Krankenhauspersonal durchging, dass sich die gesamte Polizeistation in einem komatösen Zustand befand, woraufhin alle verfügbaren Krankenwagen mobilisiert wurden.

Was allerdings auch die Wartezeit verlängerte, da das Personal alle Hände voll zu tun hatte.
 

Inmitten einer Schar anderer Patienten saßen die beiden in dem quadratischen Warteraum auf zwei nebeneinander stehenden Stühlen. Abby presste ihre Hand auf die Schulter, wobei sie auf den weißen Laminatboden starrte.

„Sie sind jetzt schon eine ganze Weile dort drin“, murmelte Abby sorgenvoll.

„Denen kommt das aber bestimmt nicht halb so lang vor wie uns“, versuchte Nick sie abzulenken und schaute durch den Türrahmen herüber zur Aufnahme. „Merken die denn nicht, dass deine Verletzung wichtiger ist als die Wehwehchen irgendwelcher Halbstarken!? Wieso kümmert sich niemand um dich!?“

Die Aufnahme befand sich direkt im Eingangsbereich des Krankenhauses und war in quadratischer Form um eine Säule erbaut worden. Ganze sechs Schwestern bedienten dort die Besucher, während zu jeder Seite von diesem Tresen ein Gang abging.

„Ich meine, was passiert da oben? Ich habe Angst“, gestand Abby und lehnte sich an Nicks Schulter an.

Jener, völlig überrascht davon, legte unsicher seinen Arm um die Schulter des Mädchens.

„Keine Sorge, ihnen wird es gut gehen. Bestimmt. Anya findet einen Ausweg, der alle glücklich machen wird.“

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht“, brummte Abby, musste aber verhalten auflachen. „Wir reden hier von Anya.“

„Aber sie hat Valerie und Matt mit sich. Und die sind ziemlich vernünftig.“

„Wenn Anya wenigstens auf sie hören würde … Nick, wir hätten mitgehen sollen!“

Der langgewachsene, junge Mann schüttelte den Kopf. „Nein. Was immer im Turm passiert … es ist das Beste, wenn wir nicht dabei sind. Am Anfang habe ich auch oft daran gedacht, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich Anya nicht so helfen kann, wie ich es gerne würde. Am Ende stünde ich ihr nur im Weg und … das will ich nicht. Nicht mehr.“

Abby wusste sofort, worauf er anspielte. Woraufhin sie sich von ihm löste und demonstrativ in die andere Richtung sah.

„Vielleicht“, erwiderte sie steif, „aber wir werden das womöglich nie erfahren.“

„Vielleicht“, wiederholte Nick niedergeschlagen.

 

~-~-~

 

Um mehr Platz zu haben, hatten die sechs Duellanten sich im ganzen Kristallsaal verteilt. Matt und Another duellierten sich in der linken Hälfte, wobei Matt den Kristall im Rücken hatte, welcher den einzigen Ausgang blockierte. Another hatte sich Alastairs D-Pad umgeschnallt und war in eine Diskussion mit Matt vertieft.
 

Gleichzeitig standen Anya, Valerie und Henry mit etwas Abstand zueinander auf einer Höhe und warteten auf Isfanel, welcher vor dem Thron verharrte. An seinem Arm befand sich ebenfalls eine Duel Disk, doch diese war geradezu abstrakt. Von roter Farbe, bestand sie nur aus zwei Ausläufern, die gut einen halben Meter lang waren und wie Klingen wirkten. In einer waren die Zonen für den Spielplan eingelassen, während am Verbindungsstück die üblichen Fächer für Deck, Friedhof und Extradeck zu finden waren.

„Jetzt wird’s ernst“, meinte Henry und wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken von der Stirn. „Melinda sagte, wir müssen etwa eine Stunde durchhalten. Also gebt euer Bestes!“

„Das musst du mir wohl nicht zweimal sagen, Schnöselkind!“, fauchte Anya aufgebracht. Dabei betonte sie besonders: „Mir kann das egal sein, ich geh sowieso drauf!“

„Seit wann so negativ, Anya?“

„Schnauze, Redfield!“

Valerie seufzte resignierend. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Irgendwie werden wir dich auch retten. Und nicht nur dich …“

Schließlich meldete sich Isfanel zu Wort.

„Da ich den entscheidenden Nachteil besitze, beginne ich dieses Duell“, bestimmte er, nachdem seine Gegner bereits allesamt ihr Startblatt gezogen hatten. „Draw.“

 

[Anya: 4000LP Valerie: 4000LP Henry: 4000LP //// Isfanel: 4000LP]

 

Gleichzeitig wusste Anya nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Jetzt stand sie hier, mit ihren schlimmsten Rivalen und war im Begriff Marc erneut zu gefährden, sofern es da überhaupt noch etwas zu gefährden gab. Und mehr noch, für sie bedeutete dieses Duell höchstwahrscheinlich das Ende.

Aber nachdem sie diese Blicke erlebt hatte. Diese Blicke voller Enttäuschung, konnte sie sich ihrer Verantwortung nicht entziehen. Trotz ihres Verrats hielten die anderen noch zu ihr und wollten einen Weg finden, wie auch sie gerettet werden konnte. Aber gab es eine Möglichkeit, sie aus dem Pakt mit dem Gründer zu befreien?

Anya bezweifelte es und dachte an Levrier. Wie wäre seine Reaktion auf die Wahrheit um Another ausgefallen? Würde er immer noch Eden werden wollen? Wie sie ihn einschätzte, vermutlich. Andererseits, wie gut kannte sie Levrier schon? Im Endeffekt schien er ja auch nichts weiter gewesen zu sein, als vom selben Schlag wie diese Dinger aus Victim's Sanctuary! Nichts als ein Geist!
 

„Lass jetzt nicht den Kopf hängen!“, wies Valerie sie plötzlich harsch an. „Das können wir uns nicht erlauben. Schuldgefühle müssen warten!“

„Tch, ich glaub du verwechselst da was, Redfield! Wer sagt, dass ich Schuldgefühle habe? Ich helfe euch nur, weil mich dieser Typ ankotzt!“

Gleichzeitig nahm die Gestalt, die einst Marc gewesen war, eine Karte aus ihrem Blatt, welche auf wundersame Weise kein Feuer fing. „Meine Wahl fällt auf [Celestial Gear – Synthetic Albatross].“

Anya schnaubte wütend. „Da kommt es!“

 

Die drei Duellanten sahen überrascht zur hohen Kuppel der Turmspitze. Mindestens ein gutes Dutzend an leuchtenden, roten Sphären war über Isfanel erschienen. Zwischen ihnen zeichneten sich parallel diverse Linien aus weißem Licht. Es war, als würde vor ihren Augen ein Bild gezeichnet werden.

„Was ist das?“, entfleuchte es Henry nervös. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen.

Blitzschnell verbanden die Strahlen die einzelnen Sphären, bis man schließlich die Form des Monsters erkennen konnte: es war ein gigantischer Vogel mit gespannten Flügeln, der nun hinab zu Isfanel stieg, welcher zwischen seinen riesigen Beinen stand. Das Außergewöhnliche an dieser Kreatur war jedoch, dass man durch die rötliche, durchsichtige Oberfläche das mechanische Innenleben sehen konnte. Zahnräder waren miteinander verbunden, zu viele, um sie alle zu zählen.

„Alter Falter“, gab Anya zum Besten und pfiff anerkennend. Der riesige Albatros streckte seinen langen, gebogenen Mechanikschnabel vor und gab einen hohlen Schrei von sich.

 

Celestial Gear – Synthetic Albatross [ATK/500 DEF/0 (4)]

 

„Es hat wenig Angriffspunkte, aber wir sollten dennoch vorsichtig sein“, riet Valerie ihren Mitspielern. Auf ihrer Stirn hatte sich der Schweiß gebildet. Es war schrecklich zu wissen, dass dieses Wesen dort ihr Marc war. Und dass sie gegen ihn kämpfen musste, um zu überleben.

Endlich verstand sie, was Anya hatte durchmachen müssen. Nur, dass sie darum niemals gebeten hatte.

Henry stimmte ihr zu. „Ja. Vermutlich wird er es im nächsten Zug für etwas Stärkeres verwerten, da wir eine Runde mit unseren Angriffen warten müssen.“

„Ihr werdet überrascht sein“, sagte Isfanel ruhig, „ich setze eine Karte verdeckt. Damit ist mein Zug beendet.“

Vor ihm materialisierte sich die Karte.

 

„'kay, dann bin ich!“, entschied Anya aufgebracht und zog ausholend. „Draw! Redfield, du kommst nach mir dran, dann du, Pennerkind!“

Kaum hatte sie ihre neue Karte aufgenommen, schwang Isfanel den Arm über die vor ihm liegende Fallenkarte, die daraufhin aufsprang. „Ich aktiviere [Synthetic Gears Of Time].“

Anya unterdrückte einen überraschten Ausruf, als um ihr Team herum dutzende Zahnräder erschienen, die sich ineinander verkeilten und zu drehen begannen.

Und etwas störte sie massiv an ihrem Gegner. Dieser Isfanel, er war ganz anders. Er war nicht so arrogant und selbstherrlich wie damals, sondern viel mehr wie …

Die weiß lodernde Gestalt streckte den Arm mit seinem Blatt in der Hand vor. „Diese Falle kann nur aktiviert werden, wenn ich über ein Celestial Gear-Monster verfüge. Sie verbannt all meine Handkarten und alle Karten auf meinem Feld, mit Ausnahme genau eines Celestial Gear-Monsters.“

Verblüfft beobachteten die Drei, wie sich die Karten in Isfanels Hand auflösten.

„Warum opferst du all deine Handkarten!?“, verlangte Valerie zu wissen. „Bist das du, Marc? H-hilfst du uns etwa!?“

„Ich fürchte, dem ist nicht so. [Synthetic Gears Of Time] mag einen hohen Preis haben, aber der Effekt ist dafür sehr mächtig. All eure Züge werden nun übersprungen, sodass ich wieder am Zug bin.“

Gleichzeitig erklang es synchron von Anya, Valerie und Henry: „Was!?“

Sofort sah die Blondine auf den Lebenspunkte-Stand ihrer Duel Disk, der auch Phasenwechsel anzeigte. Und tatsächlich, dort wechselten die Phasen in einem regelrechten Eiltempo, bis End Phase dort stand, danach schließlich wieder ihre 4000 Lebenspunkte. Ähnlich erging es auch ihren Partnern.

 

Die Zahnräder um sie lösten sich schließlich damit auf, als bei Henrys Duel Disk die End Phase angezeigt wurde.

„Somit ist es jetzt mein Zug“, erklärte Isfanel.

„Was hat dir das gebracht, außer etwas Zeitschinderei und ein verlorenes Blatt?“, wollte Henry irritiert wissen. „Für so ein Manöver war es definitiv zu früh-!“

„Du wirst es jetzt sehen“, unterbrach sein Gegner ihn und ließ eine Karte in seiner Hand erscheinen. „Anstatt meine normale Draw Phase durchzuführen, kann ich die verbannte [Infinite Pressure]-Zauberkarte auf meine Hand nehmen. Und ich aktiviere sie sogleich.“

Mit einem Schlag ging eine Schockwelle durch den Kristallsaal, der Anya, Valerie und Henry in die Knie zwang. Die Schwarzhaarige fasste sich sogar an die Brust, da sie glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Ihr ganzes Umfeld war plötzlich verschwommen, sodass sie mehrmals blinzelte, wodurch sich die Sicht aber nicht besserte. Es lag nicht an ihr, sondern dem Zauber.

„Diese Karte zu aktivieren ist ein schwieriges Unterfangen, denn das vermag ich nur, wenn die einzige Karte unter meiner Kontrolle ein Celestial Gear mit höchstens 1000 Angriffspunkten ist. Zudem darf ich außer [Infinite Pressure] keine anderen Karten auf der Hand halten.“

„Deswegen also“, würgte Henry hervor. „Das war also alles Teil einer Kombo?“

„Korrekt. Nun zur Wirkung meiner Zauberkarte. Alle Spieler müssen ihr Blatt auf den Friedhof schicken.“

Einen Moment lang herrschte entsetztes Schweigen, ehe Anya als Erste zu ihrer Stimme zurückfand. „Willst du mich veräppeln!? Was soll denn dieser Kackmist!?“

„Das ist der Effekt meiner Karte.“

„Eiskalt“, murmelte Henry mit manischem Blick auf seine Handkarten. Es war das erste Mal seit Langem, dass er das Gusto-Deck benutzte und dann das! „Eine eiskalte Technik, um uns auszuschalten …“

„Das ist hart, aber wir dürfen nicht aufgeben“, sagte Valerie. „Das Duell hat gerade erst begonnen und wir sind zu dritt!“

Schließlich trennten die Drei sich von ihrem Blatt, als aus Anyas Friedhof plötzlich zwei Karten geschossen kamen. „Tch! Die zwei Trottel da kannst du damit vielleicht überraschen, aber nicht mich!“

Die Blondine nahm unter den überraschten Blicken ihrer Partner die beiden Monster entgegen und zeigte sie Isfanel. „Die Linke da ist [Gem-Knight Lazuli]. Wenn die durch einen Karteneffekt auf den Friedhof geschickt wird, erhalte ich ein normales Monster von dort zurück. Was mich zu der rechten Karte bringt, [Gem-Knight Tourmaline]. Der passt nämlich auf diese Beschreibung wie meine Faust auf dein Glubschauge, Mistkerl!“

Ein fieses Grinsen breitete sich auf Anyas Gesicht aus. Dieser Trottel würde noch bereuen, was er da eben getan hatte!

„Unwichtig. Denn nun wirkt der zweite Effekt von [Infinite Pressure].“

Henry verlor in dem Moment vollends die Fassung. „Noch einer!?“

Plötzlich öffnete der mechanische Vogel, dessen Oberfläche wie eine Sternenkonstellation anmutete, seinen gebogenen Schnabel.

„Dieser Effekt ändert den Lebenspunktestand aller Spieler zum Doppelten der Angriffskraft des Celestial Gear-Monsters, das bei der Aktivierung von [Infinite Pressure] auf dem Spielfeld liegt.“

Schreie puren Entsetzens drangen zu Isfanel, doch der schwang nur seinen flammenden Arm aus.

Damit schoss sein Albatros der Reihe nach drei rote Laserstrahlen auf Anya, Valerie und Henry, die in den darauffolgenden Explosionen untergingen. Anschließend beugte sich der riesige Mechavogel nach unten, lugte durch seine Beine und schoss auch einen Energiestrahl durch den lodernden Körper seines Besitzers, was jedoch nur ein Loch auf Brusthöhe einbrannte, welches sich kurz darauf schloss.

 

[Anya: 1000LP Valerie: 1000LP Henry: 1000LP //// Isfanel: 1000LP]

 

Die Drei lagen allesamt am Boden und rührten sich kaum merklich. Valerie war die Erste, die die Kraft fand, sich mit den Händen vom Boden aufzustemmen und in Isfanels Richtung zu schauen.

Genau wie bei ihren Mitstreitern, hatte der Angriff seine Spuren an ihr hinterlassen. Ein Teil ihrer Kleidung war zerfetzt, ihr linker Arm blutete stark. Ihre Hose war noch von Marcs Blut beschmiert. Doch Valerie biss die Zähne zusammen.

„Damit hast du dir keinen Gefallen getan“, meinte sie leise, mit widerspenstigem Blick. „Ein Angriff von uns kann es jetzt beenden.“

„Zuvor ist es aber an mir, einen von euch anzugreifen.“ Isfanel streckte den Arm aus und fuhr der Reihe nach über Anya, dann Valerie und schließlich Henry. Dann schwenkte er zurück zur Schwarzhaarigen, die deutlich zusammenzuckte. „Du. Du bist die Person, die am gefährlichsten einzustufen ist. Deswegen greife ich dich nun direkt an. [Celestial Gear – Synthetic Albatross], Celestial Overburst!“

Valerie weitete die Augen, als der riesige Mechavogel abermals den Schnabel öffnete und eine rote Energie darin auflud.

„Nun zum Effekt meiner Zauberkarten [Gear Backwards] und [Banished Power Gear]“, kündigte Isfanel unverhofft während des Angriffs an.

Valerie kam wackelig auf die Beine und trat protestierend einen Schritt vor. „Aber da sind keine Zauberkarten! Die hast du alle verbannt!“

„Korrekt. Und nur von der verbannten Zone aus entfalten sie ihre Wirkung. [Gear Backwards] erhöht jedes Mal, wenn ein Celestial Gear-Monster meinem Feind Kampfschaden zufügt, meine Lebenspunkte um dieselbe Menge.“

„D-deswegen bist du so unbesorgt …“, presste Valerie hervor und fasste sich an die Stirn dabei.

„Und [Banished Power Gear] erhöht die Angriffs- und Verteidigungskraft eines Celestial Gears während des Kampfes temporär um 500 Punkte.“

 

Celestial Gear – Synthetic Albatross [ATK/500 → 1000 DEF/0 (4)]

 

Fassungslos ließ Valerie ihre Hand sinken. Sie bemerkte die Blicke der anderen beiden nicht, die nicht weniger geschockt waren als der ihre.

Im Inneren des Albatros begannen sich die Zahnräder wie wild zu drehen, alle Maschinen arbeiteten plötzlich auf Hochtouren.

„Celestial Overburst!“

In den Augen des Mädchens spiegelte sich der rote Laserstrahl wieder, der auf sie abgefeuert wurde. Sie war wie gelähmt, konnte nichts tun, um auszuweichen.

Dann kam der Einschlag. Valerie spürte, wie sie durch die Luft geschleudert wurde. Sogar zum Schreien war sie zu schwach. Schwach, ja. Das war sie. Besiegt. Einfach so … Marc war so unendlich weit entfernt …

 

[Anya: 1000LP Valerie: 1000LP → 0LP Henry: 1000LP //// Isfanel: 1000LP → 2000LP]

 

„Das macht Nummer eins“, kommentierte Isfanel das Geschehen kalt. Um ihn herum tauchten lauter Zahnräder auf, die sich zunächst im, dann schließlich gegen den Uhrzeigersinn zu drehen begannen.

Gleichzeitig landete Valerie meterweit von den anderen entfernt auf dem kalten Boden und rutschte noch ein gutes Stück weiter, ehe sie einfach nur liegen blieb und sich nicht mehr rührte.

Anya und Henry starrten dem Mädchen hinterher, blanke Panik stand in ihren Gesichtern geschrieben.

Schließlich stieß die Blondine einen fürchterlichen Schrei aus: „Redfield!“

„Zug beendet“, stand Isfanels ruhige Art dem dazu in Kontrast.

 

 

Turn 33 – Isfanel's Heart

Geschockt von Valeries gnadenlosen Ausscheiden aus dem Duell, vereinen Henry und Anya ihre Kräfte, um sich gegen Isfanel zu behaupten. Gleichzeitig eröffnet er ihnen, was vor Jahrhunderten der Anlass dazu war, Eden zu versiegeln. Auf der anderen Seite muss sich Matt Another in Form des besessenen Alastairs stellen. Und dieser erweist sich nicht weniger erbarmungslos im Umgang mit ihm, als Isfanel mit den anderen …



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fubukiuchiha
2017-06-01T20:09:01+00:00 01.06.2017 22:09
Hi
Geniales Kapitel, die Wendungen habe ich nicht kommen sehen, aber die lassen sich nicht unterkriegen. Jetzt ist Marc schon wieder tot, ich hab so das Gefühl das du den nicht leiden kannst, hoffentlich hat der Collector eine Geld-zurück-Garantie...
Isfanel hat ein ganz schön brutales Deck, bin gespannt ob das gut geht.
Freue mich schon drauf.
Lg fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
03.06.2017 10:22
Hey,
vielen Dank. Schön, dass ich dich überraschen konnte. Ich hab nix gegen Marc, aber er ist irgendwie immer der Gearschte. Beim Collector gibts keine Geld-zurück-Garantie, leider.

LG,
-Aska-


Zurück